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Full text of "Jahrbuch der Kèoniglich Preussischen Geologischen Landesanstalt und Bergakademie zu Berlin fèur das Jahr .."

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Landesanstalt  und  Bergakademie 


Berlin 


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1881. 


Berlin. 

Verlag  der  Simon  ScHROPp’schen  Hof- Landkartenhandlung 
(J.  H.  Neumann). 

1882. 


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Inhal  t. 

I.  Mittheilungen  aus  der  Anstalt. 

Seite 

1.  Bericht  über  die  Thätigkeit  der  Königl.  geologischen  Landosanstalt  im 

Jahre  1881 vii 

2.  Arbeitsplan  für  die  geologische  Landesaufnahme  im  Jahre  1882  . . . xiv 

3.  Personal -Nachrichten xix 

II.  Wissenschaftliche  Mittheilungen. 

Abhandlungen  von  Mitarbeitern  der  Königl.  geologischen 
Landesanstalt. 

Geologische  und  petrographische  Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes.  Von 
Herrn  K.  A.  Lossen  in  Berlin.  II.  Ueber  den  Zusammenhang  zwischen 

Falten,  Spalten  und  Eruptivgesteinen  im  Harz 1 

Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm  am  Nordrande  des  rheini- 
schen Schiefergebirges.  Von  Herrn  E.  Kayser.  (Hierzu  Tafel  I — III.)  51 
Das  ostthüringische  Roth.  Von  Herrn  E.  E.  Schmid  in  Jena.  (Hierzu 

Tafel  IV.) 1)2 

Terebratula  Ecki  nov.  sp.  und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen. 

Von  Herrn  W.  Frantzen  in  Meiningen 157 

Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss  der  cambrisch  - phyllitischen  Schieferreihe 

in  Thüringen.  Von  Herrn  II.  Loretz  in  Frankfurt  a.  M 175 

Ueber  Transversalschieferung  und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen 

Schiefergebirge.  Von  Demselben.  (Hierzu  Tafel  VII.) 258 

Diabas  im  Culm  bei  Ebersdorf  in  Ostthüringen.  Von  Herrn  E.  Dathe 

in  Berlin 307 

Gletschererscheinungen  im  Franken walde  und  vogtländischen  Berglande. 

Von  Demselben 317 

Ueber  die  geologischen  Verhältnisse  der  Seeberge  und  des  Galberges  bei 
Gotha,  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Lagerungsverhältnisse. 

Von  Herrn  Max  Bauer  in  Königsberg  i.  Pr.  (Mit  Tafel  VIII  und  IX.)  331 
Ueber  die  Bimssteine  des  Westerwaldes.  Von  Herrn  Gustav  Angelbis 
in  Bonn 


a 


393 


Seite 


Lieber  das  Spaltensystem  am  SW.- Abfall  des  Broekenmassivs,  insbesondere 
in  der  Gegend  von  St.  Andreasberg'.  Von  Herrn  E.  Kayser  in  Berlin. 

(Hierzu  Tafel  X und  XI.) 412 

Ueber  das  Ober-Rothliegende,  die  Trias,  das  Tertiär  und  Diluvium  in  der 

Trier’schen  Gegend.  Yon  Herrn  H.  Grebe  in  Trier.  (Hierzu  Tafel  XII.)  455 
Die  Sande  im  norddeutschen  Tieflande  und  die  grosse  diluviale  Abschmelz- 
periode. Von  Herrn  G.  Berendt  in  Berlin 482 

Ein  Süsswasserbecken  der  Diluvialzeit  bei  Korbiskrug  nahe  Königs- Wuster- 
hausen. Von  Herrn  Ernst  Läufer  in  Berlin 496 

Die  Lagerungsverhältnisse  des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 

Von  Demselben.  (Hierzu  Tafel  XIII,  XIV  u.  XV.) 501 

Aufschlüsse  in  den  Einschnitten  der  Stargard- Cüstriner  Eisenbahn.  Von 

Demselben.  (Hierzu  Tafel  XVI.) 523 

Ueber  das  Vorkommen  geschiebefreien  Thones  in  den  obersten  Schichten 
des  Unteren  Diluviums  der  Umgegend  von  Berlin.  Von  Herrn  Felix 

Wahnschaffe  in  Berlin 535 

Die  Lagerung  der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder.  Von  Herrn 

Alfred  Jentzsch  in  Königsberg  i.  Ostpr.  (Hierzu  Tafel  XVII.)  . . . 546 

Ueber  Kugelsandsteine  als  charakteristische  Diluvialgeschiebe.  Von  Dem- 
selben. (Hierzu  Tafel  XVIII.) 571 

Ein  Tiefbohrloch  in  Königsberg.  Von  Demselben 583 

Die  Steinkohlen -führenden  Schichten  bei  Ballenstedt  am  nördlichen  Harz- 
rande. Von  Herrn  Ch.  E.  Weiss  in  Berlin 595 

Briefliche  Mittheilung.  Herr  H.  Bücking  an  Herrn  W.  Hauchecokne.  Ueber 

basaltische  Gesteine  der  nördlichen  Rhön 604 

Abhandlungen  von  ausserhalb  der  Geologischen 
Landesanstalt  stehenden  Personen. 

Die  Entwickelung  des  Plaeners  im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger 

Waldes  bei  Lengeri eh.  Von  Herrn  R.  Windmöller.  (Hierzu  Tafel  XIX.)  3 
Die  Löwenberger  Kreidemulde , mit  besonderer  Berücksichtigung  ihrer 
Fortsetzung  in  der  preussischen  Ober-Lausitz.  Von  Herrn  G.  Williger. 

(Hierzu  Tafel  XX  u.  XXL) 55 

Beschreibung  des  Strontianit- Vorkommens  in  der  Gegend  von  Drensteinfurt, 
sowie  des  daselbst  betriebenen  Bergbaues.  Von  Herrn  Paul  Menzel 

in  Bochum 125 

Fossile  Hölzer  aus  der  Sammlung  der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt 

zu  Berlin.  Von  Herrn  Conwentz  in  Danzig 144 


I. 

Mittheilungen  aus  der  Anstalt. 


1. 

Bericht  über  die  Thätigkeit 
der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt 
im  Jahre  1881. 


Wie  in  den  Vorjahren  waren  der  Harz,  Thüringen,  die  Pro- 
vinz Hessen-Nassau,  die  Rheinprovinz  und  die  Provinz  Branden- 
burg auch  im  Jahre  1881  die  Gebiete,  welchen  die  Aufnalnne- 
thätigkeit  der  geologischen  Landesanstalt  fast  ausschliesslich  zu- 
gewendet wurde.  Eine  Erweiterung  der  Arbeitsgebiete  fand  nur 
durch  die  ersten  Anfänge  geologisch-agronomischer  Aufnahmen  in 
Ost-  und  Westpreussen  statt. 

Im  Mittelharz  ist  von  dem  Landesgeologen  Professor  Dr.  1.  Der  Harz. 
Lossen  die  Untersuchung  der  Lagerungsververhältnisse  der  Elbin- 
geroder  Devon-Mulde  in  den  Sectionen  Elbingerode  und  Blanken- 
burg und  der  dort  auftretenden  Eruptivgesteine  fortgesetzt  worden. 

Weiter  hat  derselbe  einen  Theil  der  Aufnahmezeit  auf  die  Durch- 
forschung des  Granit-  und  Gabbro  - Gebietes  der  Gegend  von 
Harzburg  verwendet. 

Landesgeologe  Professor  Dr.  Kayser  hat  innerhalb  der  im 
Vorjahre  vollendeten  Section  Riefensbeek  die  Anschlüsse  an  die 
Section  St.  Andreasberg  revidirt  und  den  Verlauf  der  aus  dem 
Oderthaie  nach  NW.  über  den  Acker  - Bruchberg  setzenden 
neuaufgefundenen  Hauptverwerfung  verfolgt.  Demnächst  ist  von 
demselben  die  Aufnahme  der  Section  St.  Andreasberg  vollendet 
und  sind  insbesondere  die  innerhalb  derselben  aufsetzenden  Gang- 
spaltennetze  speciell  untersucht  und  kartirt  worden. 


VITT 


2.  Das  thürin- 
gische Becken. 


Im  Westharze  ist  von  Bergrath  Dr.  von  Groddeck  die 
Revision  der  früheren  Aufnahmen  behufs  Uebertragung  auf  die 
neubearbeiteten  Generalstabskarten  fortgesetzt  worden.  Derselbe 
hat  den  Versuch  einer  Gliederung  der  Oberharzer  Culm-Grauwacke 
durch  Kartirung  charakteristischer  Conglomeratvorkommnisse  in 
Angritf  genommen.  Sodann  ist  von  demselben  ein  zuerst  im 
Jahre  1877  bekannt  gewordenes  Vorkommen  eines  eruptiven  Ge- 
steins in  der  Nähe  von  Lautenthal  näher  untersucht  und  als  ein 
weithin  aushaltender  Gesteinsgang  verfolgt  worden. 

Sekretär  Halfar  hat  die  vielfach  gestörten  Lagerungsverhält- 
nisse der  Devonbildungen  in  der  Umgebung  des  Auerhahn  in  der 
Section  Zellerfeld  untersucht  und  kartirt. 

Am  Nordrande  des  Harzes  ist  durch  den  Landesgeologen 
Professor  Dr.  Kayser  die  Untersuchung  der  jüngeren  Gebirgs- 
schichten  zwischen  Blankenburg  und  Ilsenburg  in  Angritf  ge- 
nommen worden. 

Südlich  von  Halle  sind  von  Professor  Dr.  von  Fritsch  die 
Sectionen  Halle,  Gröbers,  Merseburg,  Kötschau,  Weissenfels  und 
Lützen  in  der  Aufnahme  soweit  gefördert  worden,  dass  sie  nur 
noch  einer  Schlussrevision  bedürfen.  Auch  innerhalb  der  Sectionen 
Kölsa,  Schkeuditz  und  Mölsen  sind  von  demselben  Aufnahme- 
arbeiten ausgeführt  worden. 

Landesgeologe  Dr.  Speyer  hat  die  Bearbeitung  der  Sectionen 
Berlingerode  und  Dingelstedt  westlich  des  Ohmgebirges  in  An- 
griff genommen. 

Von  Professor  Dr.  Bauer  ist  in  der  Section  Fröttstedt  die 
Fortsetzung  der  an  den  Seebergen  und  dem  Galgenberg  bei  Gotha 
auftretenden  Verwerfungserscheinungen  kartirt  worden.  Weiter 
hat  derselbe  die  Bearbeitung  der  Section  Ohrdruf  südlich  von 
Gotha  mit  einer  ersten  Orientirung  in  den  Formationen  des  Roth- 
liegenden,  des  Zechsteins  und  des  Buntsandsteins  begonnen  und 
das  Blatt  Langula  druckfertig  hergestellt. 

Im  Thüringer  Walde  selbst  setzte  Landesgeologe  Professor 
Dr.  WEISS  die  Untersuchungen  in  der  Section  Brotterode  fort. 
Dieselben  erstreckten  sich  auf  den  südlichen  Tlieil  des  Rothliegenden 
von  Winterstein  und  die  dortigen  Eruptivgesteine,  sowie  auf  das 


IX 


krystallinische  Grundgebirge  und  die  Zechsteinformation  der  Gegend 
von  Liebenstein. 

Professor  Dr.  von  Fritsch  brachte  die  Sectionen  Suhl  und 
Schleusingen  zum  Abschluss.  Ferner  bearbeitete  er  die  nord- 
östlichen Gebirgspartien  von  Section  Schwarza,  sowie  in  Section 
Themar  das  Zechsteinvorkommen  von  Eichenberg  und  Grub. 

Professor  Dr.  Bücking  brachte  in  dem  ehemaligen  Aufnahme- 
gebiet des  Directors  Dr.  Emmrich  die  Revision  der  Section  Ober- 
katz  zum  Abschluss.  Im  Thüringer  Walde  bearbeitete  er  im 
Anschluss  an  die  Aufnahmen  des  Landesgeologen  Professor  Dr. 
Weiss  auf  Section  Brotterode  den  nordwestlichen  Theil  der  Section 
Schmalkalden. 

Bergingenieur  Frantzen  vollendete  die  Neubearbeitung  der 
Section  Meiningen. 

Dr.  Proesci-ioldt  bearbeitete  die  Triasgebiete  innerhalb  der 
Sectionen  Schwarza  und  Themar  östlich  von  Meiningen , sowie 
den  grössten  Theil  der  Section  Rentwertshausen. 

Geheimer  Hofrath  Professor  Dr.  Schmid  brachte  die  Unter- 
suchung und  Kartirung  der  Sectionen  Arnstadt,  Plaue,  und  Ilmenau 
zum  Abschluss. 

Professor  Dr.  Liebe  setzte  die  Aufnahmearbeiten  im  östlichen 
Thüringer  Wald  in  den  Sectionen  Waltersdorf,  Naitschau,  Greiz, 
Schleiz  und  Hirschberg  fort. 

Dr.  Datiie  kartirte  die  nördliche  Hälfte  der  Section  Loben- 
stein sowie  innerhalb  der  Section  Hirschberg  den  Weidmannsheiler 
Forst. 

Dr.  Loretz  revidirte  und  ergänzte  seine  Aufnahmen  der 
Sectionen  Eisfeld,  Steinheide,  Spechtsbrunn,  Meeder,  Neustadt  und 
Sonneberg  im  südlichen  Theil  von  Meiningen,  welche  nunmehr 
druckfertig  vorliegen.  Derselbe  begann  alsdann  die  Untersuchung 
der  angrenzenden  Sectionen  Masserberg,  Breitenbach,  Coburg  und 
Steinach. 

In  der  Provinz  Hessen-Nassau  setzte  Landesgeologe  Dr.  Moesta 
seine  Arbeiten  für  die  Sectionen  Melsungen,  Altmorschen,  Seifferts- 
hausen  und  Ludwigseck  im  nördlichen  Theil  des  Regierungsbezirks 
Cassel  fort. 


Hessen- 

Nassau. 


X 


Professor  Dr.  von  Könen  revidirte  seine  Aufnahmen  der 
Sectionen  Eiterfeld  und  Geisa  nördlich  der  Rhön,  welche  nebst 
den  Sectionen  Hersfeld,  Friedewald,  Dorndorf  und  Lengsfeld 
druckfertig  hergestellt  worden  sind. 

Landesgeologe  Dr.  Speyer  begann  die  Untersuchung  und 

o o o o 

Kartirung  der  Sectionen  Salzschlirf  und  Hünfeld  bei  Fulda,  von 
welchen  die  erstere  innerhalb  des  Preussischen  Antheils  bis  auf 
eine  letzte  Revision  fertiggestellt  wurde.  Demnächst  wurde  von 
ihm  ein  Theil  seiner  früheren  Aufnahmen  in  den  Sectionen  Grossen- 
lüder  und  Fulda  revidirt. 

Im  nördlichen  Theil  des  Regierungsbezirks  Wiesbaden  hat 
Dr.  Angelp.is  die  im  Vorjahre  begonnene  Kartirung  der  Section 
Westerburg  beendet,  welche  nebst  den  druckfertigen  Sectionen 
Langenbach,  Wildenstein,  Marienberg,  Rennerod  und  Mengers- 
kirchen den  hohen  Westerwald  zur  Darstellung  bringt.  Derselbe 
hat  weiter  die  dem  westlichen  Abfall  dieses  Gebietes  angehörende 
Section  Selters  druckfertig  hergestellt. 

Im  südlichen  Theile  des  Regierungsbezirks  Wiesbaden  hat 
Landesgeologe  Dr.  Koch  seine  Thätigkeit  der  Vollendung  der 

O O O O 

Sectionen  Limburg,  Eisenbach,  Kettenbach,  Idstein,  Feldberg 
und  Homburg  gewidmet,  welche  er  dem  ' Abschluss  nahe  ge- 
führt hat. 

4.  Die  Kheiu-  Im  südlichen  Theile  der  Rheinprovinz  hat  Landesgeologe 

provmz.  Grebe  an  der  Mosel  und  nördlich  derselben  die  Sectionen  Bitburg, 

Dreis,  Wittlich  und  Bernkastel  zum  Abschluss  gebracht  und  die 
Section  Echternacher  Brücke  zum  grössten  Theil  bearbeitet. 

5.  Die  Gegend  In  diesem  Gebiete,  innerhalb  dessen  bei  der  geologischen 

von  Berlin  und  Aufnahme  zugleich  die  agronomischen  Verhältnisse  untersucht  und 

kartirt  werden,  führten  südwestlich  von  Berlin  Dr.  Läufer  und 
Dr.  Wahnschaffe  die  letzte  Revision  der  Sectionen  Ketzin  und 
Werder  aus,  so  dass  die  Publikation  der  die  weitere  Umgebung 
von  Potsdam  umfassenden  Sectionen  Ketzin,  Fahrland,  Werder, 
Potsdam,  Beelitz  und  Wildenbruch  in  Angriff  genommen  werden 
konnte. 

Die  Sectionen  Berlin  und  Friedrichsfelde  sind  von  Professor 
Dr.  Berendt  unter  Hülfeleistung  des  Dr.  Keilhack  druckfertig 
hergestellt  worden. 


XI 


Südöstlich  von  Berlin  hat  Dr.  Wahnschaffe  den  grösseren 
Theil  der  Section  Rüdersdorf  aufgenommen. 

Aus  dem  Gebiete  nordöstlich  von  Berlin  ist  die  Section 
Bernau  durch  Dr.  Läufer  vollständig,  die  Section  Schönerlinde 
durch  Dr.  Keilhack  etwa  zur  Hälfte  kartirt  worden. 

Behufs  der  Ergänzung  der  geologischen  Uebersichtskarte  der 
Umgegend  Berlins  in  1 : 100  000  ist  ferner  die  Section  Grünthal 
durch  Dr.  Läufer,  die  Section  Werneuchen  durch  Dr.  Wahn- 
schaffe untersucht  worden. 

In  dem  Aufnahmegebiet  westlich  der  Elbe  bei  Stendal  be- 
endete Professor  Dr.  Scholz  die  Aufnahme  der  Section  Klinke 
und  begann  diejenige  der  Section  Gardelegen. 

Professor  Dr.  Grüner  vollendete  die  Untersuchung  der  Section 
Lüderitz  und  ging  demnächst  zur  Bearbeitung  der  Section  Scherne- 
beck  über. 

In  der  Provinz  Westpreussen  begann  Dr.  Jentzscfi  die  Auf- 
nahmen mit  der  Untersuchung  der  Section  Marienwerder.  Ein 
Theil  der  westlich  angrenzenden  Section  Münsterwalde  ist  von 
Dr.  Meyer  bearbeitet  worden. 

In  der  Provinz  Ostpreussen  wurden  von  Dr.  Klebs  die  Auf- 
nahmen mit  der  Untersuchung  der  Section  Süssenberg  bei  Ileils- 
berg  eröffnet. 

Im  Laufe  des  Jahres  sind  zur  Publikation  gelangt: 

1.  Lieferung  XVII,  enthaltend  die  südthürin- 
gischen Blätter  Roda,  Gangloff,  Pörmitz, 

Triptis,  Neustadt  und  Zeulenroda  ....  6 Blätter. 

2.  Lieferung  XIX,  enthaltend  die  nordthürin- 
gischen Blätter  der  Gegend  südwestlich  von 
Halle:  Riestädt,  Schraplau,  Teutschenthal, 

Ziegelroda,  Querfurt , Schafstedt , Wiehe, 


Bibra  und  Freiburg 9 » 

zusammen  15  Blätter. 

Bisher  waren  publicirt 76  » 

Es  sind  mithin  im  Ganzen  publicirt  . . .91  Blätter. 


Weiter  gelangten  zur  Ausgabe  von  Abhandlungen  und  sonstigen 
Arbeiten : 


6.  West- 
preussen. 


7.  Ostpreussen. 


Stand  der 
Publikationen. 


XII 


Debit  der 
Publikationen. 


1.  Abhandlungen,  Band  III,  Heft  2 : Untersuchung  des  Bodens 
der  Umgegend  von  Berlin,  bearbeitet  von  Dr.  E.  Läufer 
und  Dr.  F.  Wahnschaffe,  283  S. 

2.  Abhandlungen,  Band  III,  Heft  3:  Die  Bodenverhältnisse 
der  Provinz  Schleswig-Holstein,  von  Dr.  Ludwig  Meyn, 
mit  Anmerkungen  sowie  dem  Schriftenverzeichnisse  und 
Lebensabrisse  des  Verfassers  von  Dr.  G.  Berendt,  52  S. 
Nebst  einer  geologischen  Uebersichtskarte  der  Provinz 
Schleswig  - Holstein  im  Maassstabe  1:300  000  von  Dr. 
L.  Meyn  und  einem  Bildniss  desselben  in  Lichtdruck. 

3.  Jahrbuch  der  Königlich  Preussischen  geologischen  Landes- 
Anstalt  und  Bergakademie  zu  Berlin  für  das  Jahr  1880. 
Gross  8°,  CV  und  350  S.  Nebst  X Tafeln. 

4.  Aus  der  Flora  der  Steinkohlenformation  von  Dr.  E.  Weiss. 

Nach  dem  vorjährigen  Berichte  betrug  die  Zahl  der  debitirten 
Kartenblätter  am  Schlüsse  des  Jahres  1880  (S.  CV)  8496  Blätter. 
Im  Jahre  1881  wurden  verkauft: 


von 

Lieferung  I,  Gegend  von 

Nordhausen 

40  Bl. 

» 

» II, 

» » 

J ena  .... 

38 

» 

» 

» III, 

» » 

Bleicherode 

19 

» 

» 

» IV, 

» » 

Erfurt  .... 

21 

» 

» 

V, 

» » 

Halle  .... 

10 

» 

» 

» VI, 

» » 

Saarbrücken 

I.  Theil  . . . 

69 

» 

» 

» VII, 

» » 

II.  » ... 

63 

» 

» 

» VIII, 

» » 

Rieche!  sdorf  . 

39 

» 

» 

X, 

» » 

Saarburg 

40 

» 

» 

» XI, 

» » 

Berlin  (Nauen  etc.) 

4 

» 

» 

» XII, 

» » 

Naumburg  a.  S.  . 

22 

» 

» 

» XIII, 

» » 

Gera 

50 

» 

» 

» XIV, 

y>  » 

Berlin  (Oranien- 

bürg) 

18 

y> 

» 

» XV, 

» » 

Wiesbaden 

111 

» 

» 

» XVII, 

» » 

Triptis,  Neustadt 

456 

» 

» 

» XIX, 

» » 

Querfurt  . . . 

585 

» 

so  dass  im  Ganzen  im  Handel  debitirt  sind  . . .10081  Blätter. 


/ 


XIII 


Von  Abhandlungen  wurden  verkauft: 

Band  I,  Heft  1.  (Eck,  Rüdersdorf) 3 Exempl. 

» » » 2.  (Schmid,  Thüringischer  Keuper)  . 3 » 

» » » 3.  (Laspeyres,  Rothliegendes  von  Halle)  3 » 

» » » 4.  (Meyn,  Insel  Sylt) 3 » 

Band  II,  » 1.  (Weiss,  Steinkohlen-Calamarien)  . . 6 » 

» » »2.  (Orth,  Rüdersdorf) 2 » 

» » » 3.  (Berendt,  Umgegend  Berlins,  Nord- 
west)   2 » 

» » » 4.  (Kayser,  Devonfauna  des  Harzes)  . 2 » 

Band  III,  » 1.  (Weiss,  Flora  von  W ünschendorf ) . 7 » 

» » »2.  (Läufer  und  Wahnschaffe,  Boden- 

untersuchung) 44  » 

» » » 3.  (Meyn,  Schleswig-Holstein)  . . .131  » 

Von  den  sonstigen  Publikationen  wurden  verkauft: 

Jahrbuch  der  Anstalt  für  das  Jahr  1880  ....  26  Exempl. 

Weiss,  Aus  der  Flora  der  Steinkohlenformation  . .261  » 


XIV 


2. 

Arbeitsplan 

für  die  geologische  Landesaufnahme 
im  Jahre  1882. 

I.  Harz. 

Im  Mittelharz  wird  der  Landesgeologe  Professor  Dr.  Lossen 
die  Aufnahme  der  Elbingeroder  Mulde  in  den  Sectionen  Blanken- 
burg und  Elbingerode  und  demnächst  die  Untersuchung  der  kry- 
stallinischen  Gresteine  westlich  des  Brockens  in  der  Section  Harz- 
burg fortsetzen. 

Im  Westharz  wird  Bergrath  Dr.  von  Groddeck  die  Revision 
seiner  früheren  Aufnahmen  auf  der  Grundlage  der  neuen  topo- 
graphischen Generalstabskarte  fortsetzen. 

Sekretär  Halfar  wird  die  Abgrenzung  der  Calceola-Schichten 
in  der  Section  Zellerfeld  vollenden  und  seine  früheren  Arbeiten 
im  nördlichen  Theil  dieser  Section  in  Zusammenhang  und  zum 
Abschluss  bringen. 

Am  Nordrande  des  Harzes  wird  Professor  Dr.  Dames  die 
Section  Quedlinburg  fertigstellen  und  die  Bearbeitung  des  nicht 
paläozoischen  Theiles  der  Sectionen  Blankenburg  und  Derenburg 
beginnen. 

Am  Westrande  des  Harzes  wird  Professor  Dr.  von  Könen 
die  Bearbeitung  der  Section  Gandersheim,  deren  Aufnahme  bereits 
durch  den  Landesgeologen  Dr.  Speyer  begonnen  worden,  weiter- 
führen. 


XV 


2.  Im  nördlichen  Thüringen 

wird  Professor  Dr.  von  Fritsch  die  Aufnahmen  in  den  Sectioneu 
Halle,  Gröbers,  Kölsa,  Merseburg,  Kötschau,  Weissenfels  und 
Lützen  revidiren. 

Geheimer  Hofrath  Professor  Dr.  Schmid  wird  die  Section 
Dietendorf  bearbeiten. 

Professor  Dr.  Bauer  wird  die  Aufnahme  der  Section  Ohrdruf 
fortsetzen. 

Dr.  Bornemann  wird  die  Section  Wutha  zum  Abschluss  zu 
bringen  suchen. 

Ingenieur  Frantzen  wird  die  Gliederung  des  unteren  Muschel- 
kalks innerhalb  eines  Theiles  der  Section  Berka  in  ihrer  Beziehung 
zu  der  Entwickelung  im  Meiningen'schen  durchzuführen  versuchen. 


3.  Im  Thüringer  Wald  und  südlich  desselben 

wird  der  Landesgeologe  Professor  Dr.  Weiss  die  Bearbeitung  der 
Sectionen  Brotterode  und  Friedrichsroda  fortsetzen.  Derselbe  wird 
ferner  in  Gemeinschaft  mit  Herrn  Professor  Dr.  von  Fritsch 
eine  vergleichende  Untersuchung  des  Rothliegenden  in  der  Um- 
gebung  des  Granits  von  Zella  und  Goldlauter  ausführen. 

Professor  Dr.  von  Fritsch  wird  die  Aufnahmen  der  Sectionen 
Suhl  und  Schleusingen  und  des  nordöstlichen  Theiles  der  Section 
Schwarza  revidiren. 

Derselbe  wird  auf  Section  Tambach  das  Gebiet  untersuchen, 
welches  südlich  des  von  Herrn  von  Seebach  bearbeiteten  Theiles 
der  Section  liegt,  jedoch  unter  Ausschluss  des  von  der  Strasse 
von  Schnellbach  nach  Steinbach-Hallenberg  gegen  Südwesten  be- 
legenen  Flächenraumes,  welchen  Professor  Dr.  Bücking  bear- 
beiten wird. 

Professor  Dr.  Bücking  wird  nächst  der  Aufnahme  des  er- 
wähnten Theiles  der  Section  Tambach  die  Section  Schmalkalden 
zum  Abschluss  bringen  und,  wenn  die  Zeit  es  gestattet,  den 
nördlichen  Theil  des  Gebietes  westlich  des  Schwarza -Thaies  auf 
Section  Schwarza  bearbeiten. 


XVI 


Ingenieur  Frantzen  wird  den  südlichen  Theil  dieses  Gebietes 
in  Section  Schwarza  untersuchen  und  die  Aufnahme  der  Section 
Dingsleben  in  Angriff  nehmen,  wobei  er  von  Norden  her  be- 
ginnen wird. 

Dr.  Proesciioldt  wird  die  Section  Rentwertshausen  revidiren 
und  die  Aufnahme  der  Section  Themar  zum  Abschluss  bringen. 

Weiter  wird  derselbe  innerhalb  der  Section  Schwarza  das 
Triasgebiet  östlich  des  Schwarza-Thaies  fertig  kartiren. 

Geheimer  Hofrath  Professor  Dr.  Schmid  wird  die  Aufnahme 
der  Sectionen  Crawinkel  und  Stadt  Ilm  weiterführen. 

Dr.  Loretz  wird  die  Bearbeitung  der  Section  Masserberg 

Ö Ö 

unter  Berücksichtigung  des  Anschlusses  an  die  Sectionen  Schleu- 
singen und  Ilmenau  zum  Abschluss  bringen  und  demnächst  die 
Revision  der  Section  Gräfenthal  weiterführen.  Sofern  die  Zeit  es 
gestattet,  wird  er  die  Aufnahme  der  Sectionen  Steinach,  Oeslau 
und  Coburg  fortsetzen. 

Professor  Dr.  Liebe  wird  die  Aufnahme  der  Sectionen 
Naitschau  und  Greiz  zum  Abschluss  zu  bringen  suchen  und  die 
der  Sectionen  Gefell,  Schleiz,  Hirschberg  und  Lobenstein  weiter 
fördern. 


4.  In  der  Provinz  Hessen -Nassau 

wird  Landesgeologe  D»  Moesta  die  Blätter  Melsungen,  Alt- 
morschen,  Seiffertshausen  und  Ludwigseck  zum  Abschluss  bringen. 
Sofern  die  Zeit  es  gestattet,  wird  er  demnächst  die  Bearbeitung 
der  Sectionen  Cassel  und  Oberkaufungen  in  Angriff  nehmen. 

Professor  Dr.  Bücking  wird  die  Kartirung  der  Section  Kella 
beginnen. 

Professor  Dr.  Bauer  wird  die  Aufnahme  der  Section  Tann 
weiterführen. 

. Professor  Dr.  Kayser  wird  im  Taunus  die  noch  erforderliche 
Revision  einzelner  Theile  der  Sectionen  Feldberg  und  Homburg 
ausführen  und  die  Aufnahme  der  Section  Schaumburg  im  An- 
schluss an  die  Vorarbeiten  des  Landesgeologen  Dr.  Koch  be- 
ginnen. 


XVI! 


I)r.  Angelbis  wird  die  Aufnahme  der  Sectionen  Montabaur 
und  Girod  vollenden  und,  wenn  die  Zeit  es  gestattet,  die  Tertiär- 
und  Basaltvorkomxnen  in  der  Section  Hadamar  bearbeiten. 

5.  In  der  Rheinprovinz 

wird  Landesgeologe  Gkebe  die  Sectionen  St.  Wendel  und  Freisen 
der  bayerischen  Grenze  entlang  revidiren  und  demnächst  die  Auf- 
nahmearbeiten in  dem  nördlich  der  Mosel  liegenden  Theile  des 
Regierungsbezirks  Trier  weiterführen. 

6.  In  der  Provinz  Schlesien 

wird  Dr.  Dathe  die  Aufnahmearbeiten  in  den  Sectionen  Neurode, 
Wünscheiburg  und  Frankenstein  beginnen. 

7.  Im  Aufnahmegebiet  des  Flachlandes 

a)  westlich  der  Elbe 

werden  Professor  Dr.  Scholz  und  Professor  Dr.  Grüner  die 
Aufnahme  der  Sectionen  Gardelegen  und  Schernebeck  zum  Ab- 
schluss bringen  und  demnächst  die  Bearbeitung  der  Sectionen 
Stendal,  bezw.  Tangermünde  in  Angriff  nehmen. 

Dr.  Klockmann  wird  die  Aufnahme  der  Section  Arneburg 
beginnen. 

b)  in  der  Umgegend  von  Berlin 
wird  Professor  Dr.  Berendt  die  im  Maassstabe  1 : 100  000  be- 
reits ausgeführte  Section  Biesenthal  im  Specialkarten -Maassstabe 
1 : 25  000  fertigstellen. 

Dr.  Läufer  wird  in  gleicher  Weise  die  bereits  im  Maass- 
stabe 1 : 100  000  aufgenommene  Section  Grünthal  bearbeiten. 

Dr.  Waiinschaffe  wird  die  Section  Rüdersdorf  zum  Abschluss 
bringen  und  die  in  1 : 100  000  bereits  vorliegenden  Sectionen  Alt- 
Landsberg  und  Werneuchen  fertigstellen. 

o O 

Dr.  Keilhack  wird  die  begonnene  Section  Schönerlinde  be- 
enden und  die  in  1 : 100  000  aufgenommene  Section  Wandlitz  im 
Specialkartenmaassstab  bearbeiten. 


XVTII 


c)  in  Westpreussen 

wird  Dr.  Jentzsch  die  im  Vorjahre  begonnene  Aufnahme  der 
Section  Marienwerder  abschliessen  und  alsdann  die  anstossende 
Section  Rothhof  fertig  zu  stellen  suchen. 

d)  in  O s t p r e u s s e n 

wird  Dr.  Klees  in  gleicher  Weise  Section  Süssenberg  abschliessen 
und  das  anstossende  Blatt  Heilsberg  bearbeiten. 

e)  in  der  Gegend  von  Halle 
wird  Dr.  Läufer  nach  Abschluss  der  Aufnahmen  in  der  Umgegend 
Berlins  das  Diluvial-  und  Alluvialgebiet  im  nördlichen  Theil  der 
Sectionen  Gerbstädt , Gönnern  und  Gröbzig  einer  vergleichenden 
Untersuchung  und  Kartirung  im  Hinblick  auf  die  bei  Berlin  aus- 
geführten Arbeiten  unterziehen. 


XIX 


3. 

Personal  - Nachrichten. 


Die  Bergakademie  erlitt  am  10.  März  1881  durch  den  Tod 
des  Professors  Albert  Rhodius,  Docent  der  höheren  Mathematik 
und  der  Markscheide-  und  Messkunst,  einen  schweren  Verlust. 

Die  von  demselben  vorgetragenen  Lehrgegenstände  sind  auf 
zwei  Lehrkräfte  vertheilt  worden. 

Die  mathematischen  Vorträge  und  Uebungen  hat  Professor 
Dr.  A.  W angerin  von  der  Berliner  Universität  mit  Beginn  des 
Sommersemesters  1881  übernommen. 

Als  Docent  der  Markscheide-  und  Messkunst  ist  der  Ober- 
bergamts-Markscheider  A.  Schneider,  bis  dahin  bei  dem  König- 
lichen Oberbergamte  in  Bonn,  mit  Beginn  des  Wintersemesters 
1881/82  berufen  worden. 

Bei  der  geologischen  Landesanstalt  ist  Dr.  II.  Bücking  in 
Folge  seiner  Berufung  als  ausserordentlicher  Professor  bei  der 
Universität  Kiel  am  1.  October  1881  ausgeschieden. 

Die  Stelle  desselben  ist  dem  Dr.  E.  Dathe  von  demselben 
Zeitpunkt  ab  verliehen  worden. 

In  der  Flachlandsabtheilung  sind  die  Geologen  Dr.  A.  Jentzscii 
und  Dr.  R.  Klebs  in  Königsberg  vom  1.  April  und  Dr.  C.  Iveilhack 
in  Berlin  vom  1.  Juni  1881  ab  als  Hiilfsarbeiter  einejetreten. 


II. 


Wissenschaftliche  Mittheilungen. 


' 


Abhandlungen 


von 


Mitarbeitern 

der  König!,  geologischen  Landesanstalt. 


I 


Geologische  und  petrographische  Beiträge 

zur 

Kenntniss  des  Harzes. 

Von  Herrn  K.  A.  Lossen  in  Berlin. 

II.  lieber  den  Zusammenhang  zwischen  Falten, 
Spalten  und  Eruptivgesteinen  im  Harz  l). 

Spalten,  gleichviel  ob  erfüllt  als  (fange  oder  leer  als  Klüfte, 
sind  Ibisse,  Sprünge,  wie  man  wohl  im  gewöhnlichen  Lebeh  sagt, 
während  der  Bergmann  und  Geolog  das  letztere  Wort  nur  da 
an  wenden , wo  zugleich  längs  der  Zerreissung  der  Gebirgsglieder 
eine  gleichzeitig  oder  nachträglich  erfolgte  Verschiebung  des  Aus- 
einandergerissenen  — eine  Verwerfung  — stattgefunden  hat.  An 
die  Erklärung  der  Entstehung  solcher  Risse  wird  man  in  einem 
gefalteten  Gebii’ge  erst  dann  herantreten  dürfen,  nachdem  einiger- 
massen  Klarheit  gebracht  ist  in  den  gefalteten  Schichtenaufbau; 
greifen  aber  in  diesen  letzteren  überdies  noch  ungeschichtete 
Eruptivmassen  ein,  so  wird  auch  das  Verständniss  der  Art  und 
Weise  ihres  Zusammenhanges  mit  dem  geschichteten  Gebirgskörper 
als  Vorbedingung  zur  Erklärung  der  Spalten  gelten  müssen. 

Somit  kann  es  nicht  Wunder  nehmen,  dass  trotz  des  früh- 
zeitigen Bergbaues  im  Harze  und  trotz  der  demzufolge  frühzeitigen 

O O ö O 

')  Nach  einer  Reihe  von  dem  Autor  vor  der  D.  geol.  Ges.  gehaltenen  Vor- 
trägen, ergänzt  durch  einige  im  Sommer  1881  gewonnene  Resultate.  Zur  besseren 
Orientirung  für  den  Leser  diene  des  Autors  geognostische  U ebersich tskarte  vom 
Harz  (1:100  000)  und  die  auf  gleicher  topographischer  Grundlage  (Auhagen’s 
Harzkarte)  von  der  geologischen  Landesanstalt  herausgegebene  Höhenschichtenkarte. 


1 


2 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


geologischen  Würdigung  des  Gebirges  Versuche  zur  Erklärung 
der  Entstehung  des  Harzer  Gangspaltennetzes  relativ  spät  auf- 
treten.  Zwar  konnte  man  nicht  wohl  übersehen,  dass  die  vorzüg- 
lichsten durch  den  Bergbau  bekannt  gewordenen  Erz  - Gänge  im 
Oberharze  und  im  Unterharze  (Neudorf  - Strassberger  und  Harz- 
geroder  Gänge)  im  Allgemeinen  im  Sinne  der  Gebirgsaxe  aus 
OSO.  nach  WNW.  und  somit  quer  gegen  das  in  h.  3 angesetzte 
Generalstreichen,  richtiger  gegen  die  herrschendere  südwestnord- 
östliche Streichrichtung  der  Schichten  verlaufen.  Dabei  blieb 
aber  auch  die  längste  Zeit  die  Erkenntniss  stehen,  gleichviel  ob 
man  sich  mit  den  ältesten  Forschern  die  Schichtenmasse  mit  ge- 
meinsamem Streichen  und  südöstlichem  Fallen  als  Ganzes  oder 
aber  lieber  nach  Hausmann ’s  Anschauung  als  durch  die  Diabas- 
eruptionen schollenweise  zerstückt  gehoben  vorstellte.  Ein  Fort- 
schritt war  erst  möglich , nachdem  palaeontologische  und  bei  dem 
notorischen  Versteinerungsmangel  in  den  allermeisten  Harzschichten, 
namentlich,  jenen  voraufgehend  und  folgend,  sehr  mühsame  petro- 
graphisch-stratographische  Detailuntersuchungen  ein  reich  geglieder- 
tes lebendiges  Bild  an  Stelle  jenes  eintönigen  Schiefergebirges  mit 
der  schematischen  Generalstreichlinie  hatten  treten  lassen. 

Viele  haben  an  diesem  Bilde  gearbeitet.  Lange  Zeit  be- 
schränkte  sich  die  eingehendere  Kenntniss  der  Gebirgsschichten 
fast  ausschliesslich  auf  das  nordwestliche  Drittel  des  Gebirges,  auf 
das  natürliche  Beobachtungsgebiet  der  Klausthaler  Geologen  und 
des  Oberharzer  Bergmanns.  Zu  isolirt  lagen  weiter  östlich  die 
Arbeitsfelder  des  bis  in  hohes  Alter  emsigen  Jasche  und  des 
genialen  thatkräftigen  J.  C.  L.  Zincken.  Später  gewann  vorzüglich 
F.  A.  Roemer  auch  dem  Unterharze  scliätzenswerthe  und  in  ge- 
wissem Sinne  grundlegende  Resultate  ab,  leider  aber  wesentlich  nur 
palaeontologische,  deren  zu  einer  geologischen  Uebersichtskarte 
des  Gebirgs  versuchte  Verwerthung  misslingen  musste,  weil  sie 
der  nur  Hand  in  Hand  mit  der  petrograpliisch  - stratographischen 
Forschung  zu  gewinnenden  Klarlegung  der  Schichtengliederung 
und  des  Schichtenaufbaues  vorauseilte. 

Erst  den  frühesten  Forschungen  der  geologischen  Landesanstalt 
blieb,  wie  der  Nachfolger  auf  E.  A.  Roemer’s  Lehrstuhl  ausdrücklich 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


3 


anerkannt  hat,  Vorbehalten  vom  Ostharze  her  den  Faltenbau  des 
Gebirges  aufzuhellen1).  In  einer  ersten,  zu  Eude  des  Jahres2) 
1867  von  dem  Verfasser  gegebenen  Zusammenfassung  der  durch 
die  Arbeiten  E.  Beyrich’s,  R.  Stein ’s  und  die  eigenen  bis  dahin 
gewonnenen  Einzelerfahrungen  zum  Gesammtergebniss  wurden  be- 
reits nach  Aufzählung  der  vielfach  neu  erkannten  oder  abweichend 
von  F.  A.  Roemer  geordneten  Formationsglieder  die  Sattelaxe 
der  Tauner  (»liegenden«)  Grauwacke  im  Unterharze  und  die 
drei  Muldensysteme  dieses  Gebirgstheiles,  die  Süd  mul  de,  die 
Ost-  oder  Selke-  Mulde,  und  die  Elbingeroder  Mulde, 
hervorffehoben  und  zugleich  die  l>is  dahin  geläufige  irrige  Vor- 
Stellung  von  dem  durch  den  ganzen  Harz  fast  ausnahmslos  herr- 
schenden südwestnordöstlichen  Generalstreichen  widerlegt. 

Derselbe  Aufsatz  wies  auch  bereits  dein  Di  alias  und  Granit 
eine  von  der  Auffassung  Hausmann 's  wesentlich  verschiedene 
Rolle  zu.  Ersterer  wurde  im  Einklang  mit  den  trefflichen  localen 
Beobachtungen  Obebeck ’s  3)  aus  der  Umgebung  von  Goslar  und 
Wolfshagen,  in  seinen  einzelnen  Varietäten  als  niveaubeständig 
innerhalb  der  Schichtenreihe,  als  symmetrisch  wiederkehrend  in 
den  einzelnen  Sattel-  und  Muldenflügeln  und  somit  als  älter  wie 
die  Schichtenfaltungen  und  denselben  nur  passiv  eingefügt  er- 
kannt. Dagegen  wurde  dem  Granit,  welcher  anfänglich  der 
Werner  sehen  Schule  als  ältestes  Formationsglied  und  Basis  für 
das  ganze  Gebirgsgerüst,  v.  Raumer  sodann  als  Einlagerung  zwi- 
schen den  Schichten,  L.  v.  Buch,  Hausmann,  Fr.  Hoffmann  end- 
lich als  eine  dem  Schichtenbaue  fremde,  störend  von  unten  ein- 
gedrungene Masse  gegolten  hatte,  damals  schon  eine  activ  bei 
dem  Gebirgsbau  mitwirkende  Rolle  zugewiesen,  aber  nicht  in  dem 
Sinne  der  Erhebungstheorie 4).  Es  wurde  vielmehr  ausgeführt, 
dass  die  Massive  des  Granits  nach  Lage  und  Umriss  die  deut- 
lichsten Beziehungen  zum  Verlaufe  der  Schichten  erkennen  lassen, 


')  v.  Gp.oddeck,  Zeitschr.  f.  d.  Berg-,  Hütten-  und  Salinenwesen  im  preuss. 
Staat,  1873,  Bd.  21,  S.  1. 

2)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XX,  S.  216  ff.,  vergl.  auch  Bd.  XXI,  S.  283. 

3)  Maja,  1856,  S.  50  ff. 

4)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XX,  S.  224  bis  225,  Bd.  XXI,  S.  328. 

1* 


4 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


dergestalt,  dass  sein  Eindringen  zwischen  die  Sedimente  in  den 
bereits  im  Zug  begriffenen  Faltungs-  und  Gebirgsbildungsprocess 
formgebend  eingegriffen  haben  müsse. 

O o o 

Die  weitere  Entwicklung  dieses  Gedankens  an  der  Iland  der 
eigenen  Beobachtungen  und  derjenigen  sämmtlicher  Vorgänger  und 
Mitarbeiter  führte  dann  zu  dem  als  Schlüssel  für  den  Bau  des 
H arzes  aufgestellten  Satze,  dass  die  einseitig  (heteroklin) 
zusammengeschobene  Falte  bei  gesteigertem  Drucke 
in  eine  dem  Streichen  nach  durchrissene  Falte  mit  auf- 
wärts geschobenem  Hangenden  und  diese  bei  abermali- 
ger fortgesetzter  Steigerung  des  Drucks  in  eine  Zer- 
spaltung mit  aufgepressten  Eruptivgesteinen  übergehen 
könne.  Damit  war  die  Grundlage  für  jene  einheitliche 
Auffassung  von  dem  inneren  Baue  des  Gebirgs  gegeben, 
welche  zugleich  mit  diesem  Satze  ausgesprochen  wurde  und  welche 
die  Berechtigung  gab,  nunmehr  zur  Publication  der  geognostischen 
Uebersichtskarte  des  Harzes,  verbunden  mit  einer  Irlöhenschichten- 
karte  auf  derselben  topographischen  Grundlage  (Auhagen  s Harz- 
karte 1 : 100  000),  vorzuschreiten. 

Diese  der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft  zuerst  im  Früh- 
jahre 1876  und  wiederholt  1877  auf  der  Generalversammlung  in 
Wien  von  dem  Verfasser  vorgetragene  Theorie x)  erklärt:  Der 
Harz,  dieser  »eine  Berg«  des  Lasius,  das  » unzer  stückte 
Massengebirge«  Fr.  Hoffmann’s,  ist  getreu  seiner  orographi- 
schen  Gestaltung  und  seiner  geographischen  Lage  zwischen  dem 
Rheinisch  - Westfälischen  Schiefergebirge  im  Westen  und  den 
Hercynisch - Sudetischen  Gebirgen  im  Süden  und  Osten,  so  wie 
äusserlich,  so  auch  innerlich  ein  Gebirgsknoten,  in 
welchem  sich  die  beiden  einseitig  von  SO.  und  von  SW.  her 

*)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXVIII,  S.  168.  Vergl.  auch  Sitzungsberichte 
der  Ges.  naturforschend.  Freunde  z.  Berlin,  1881,  S.  24  ff.,  wo  der  Zusammen- 
hang mit  den  Lothablenkungszahlen  erörtert  wurde.  Zur  Orientirung  sei  dabei 
bemerkt,  dass  die  dort  mitgetheilten  Lothablenkungswerthe  seither  durch  das 
geodätische  Institut  eine  kleine  Correctur  erfahren  haben,  darum  nicht  genau  mit 
den  richtigeren  Zahlen  der  Uebersichtskarte  stimmen;  diese  Correctur,  die  von 
der  Messungsgrundlage  (Seeberg  bei  Gotha)  ausgeht,  betrifft  die  Zahlen  in  gleichem 
Sinne,  ändert  daher  an  dem  Resultat  nichts. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


5 


zusammengeschobenen  Faltensysteme  jener  Nachbargebirge  kreuzen, 
durchdringen  und  hemmen.  In  den  rechtwinklig  aufeinander  stehen- 
den Hauptdurchmessern1)  der  Granit -Massive  des  Brockens  und 
des  Rammbergs  kehren  die  Streichrichtungen  der  beiden  sich 
kreuzenden  Faltensysteme  wieder.  Lage  und  Umriss  dieser  zwei 
Haupt  - Granitmassive  und  ihrer  Contacthöfe,  verglichen  mit  dem 
Schichtenbaue,  weisen2)  deutlich  darauf  hin,  dass  Brocken  und 
Rammberg  einseitig  südost-  und  südwestwärts  geneigt  in  den 
dynamischen  Brennpunkten  des  kreuzweise  durcheinander  gefalteten 
Gebirgsbaues  stehen,  als  in  den  Maximaldruckregionen  einseitig 
geneigt  in  magmatischem  Zustande  aufgepresste  Eruptivmassen.  Es 
tragen  sonach  die  Granitstöcke  auf  den  einander  zugekehrten  weniger 
steilen  Seiten  in  ihrem  Hangenden  die  durch  Druck  und  Gegen- 
druck  stark  ineinander  gepressten,  dem  Fallen  und  Streichen  nach 
gestauten,  verbogenen,  schliesslich  tief  aufgeborstenen  und  dem- 
zufolge von  Eruptivgängen  durchsetzten  älteren  Schichtgruppen, 
umgekehrt  sind  auf  den  von  einander  abgekehrten  Steilseiten  im 
Liegenden  jüngere  Schichtgruppen  niedergedrückt 3). 

Aus  dem  Verständnisse  der  beiden  sich  kreuzenden  Falten- 
systeme und  der  darin  eingezwängten  in  ihren  Druckwirkungen 
auf  den  Schichtenbau  sich  Widerpart  haltenden  Granitkerne  er- 
wuchs wie  von  selbst  die  Auffassung,  dass  die  das  Gebirge  durch- 
setzenden Gangspalten  als  F o 1 g e w i r k un g gehe m m t e r F a 1 1 ung, 
beziehungsweise  einer  dabei  bis  zur  Schichtenzerreissung  gesteiger- 
ten Spannung  zu  betrachten  sind.  Schon  1870  war  in  den  Erläute- 
rungen zu  der  die  Südmulde  darstellenden  ersten  Lieferung  der 
Detailkarten  des  Harzes4)  darauf  hingewiesen  worden,  dass  die 


])  II  auptdurclimesser,  weil  im  Brockenmassiv  deutlich  ein  zweiter  kürzerer 
Durchmesser  zwischen  Hasserode  und  Harzburg  hervortritt,  welcher  in  seiner 
kercynischen  Richtung  dem  Rammberge  entspricht. 

2)  Unter  Berücksichtigung  cles  weiter  unten  näher  zu  besprechenden  Um- 
stands, dass  in  der  Nordhälfte  des  Brockenmassivs  ein  dem  Rammberg  ver- 
gleichbarer hercynischer  Antheil  sich  geltend  macht. 

3)  So  ist  es  wenigstens  im  Grossen  und  Ganzen,  auf  die  Zugwirkungen,  die 
neben  den  Druckwirkungen  nicht  fehlen,  ist  weiter  unten  hingewiesen. 

4)  Geol.  Specialkarte  v.  Preussen  u.  d.  Thüring.  Staaten.  1.  Lief.,  Text  zu 
Bl.  Benneckenstein,  S.  7 ; Bl.  Hasselfelde,  S.  8. 


6 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrograpbische 


ungleiche  physikalische  Beschaffenheit  der  in  Faltung  begriffenen 
Massen  eine  ungleiche  Widerstandsfähigkeit  und  zufolge  dessen 
eine  trotz  ursprünglicher  gleichartiger  Lagerung  im  Endresultat 
bis  zur  Discordanz  gesteigerte  ungleiche  Art  der  Fortpflanzung  des 
Faltungsdruckes  verursache.  Speciell  war  die  grössere  Beweglich- 
keit des  in  sich  verschiebbaren  und  dadurch  faltungs-  und  pres- 
sungsfähigeren Schiefersediments  gegenüber  der  grösseren  Sprödig- 
keit und  Steifheit  des  Grauwacken-  und  z.  Th.  auch  des  Kiesel- 
schiefersediments betont  worden.  Zahlreiche  seitliche  und  geneigte 
Ausquetschungen,  oder  aber  Verdrückungen  der  Schiefer  zwischen 
den  mehr  als  Ganzes  bewegten,  gestauten,  örtlich  über  die  Schiefer 
hinweg  geschobenen  oder  dieselben  zusammendrückenden  spröden 
Massen  führten  zu  dieser  Erklärung. 

Die  fortgesetzte  Detailaufnahme  gab  häufig  Veranlassung  zur 
Anwendung  dieser  Grundsätze  auf  bestimmte  Theile  des  Gebirgs. 
Insbesondere  aber  war  die  in  Verdrückung,  Ueberschiebung  und 
Querfaltung  bis  zur  Schichtenzerreissung  und  -Verwerfung  ausge- 
drückte Deformirung  der  SW.  — NO.  eingesenkten  Selkemulde  durch 
das  Auszwängen  des  NW. — SO.  gerichteten  Rammberg- Massivs, 
sowie  überhaupt  das  Verhält n iss  der  dieses  Massiv  umgebenden 
Schichten  zum  Granitkerne  Gegenstand  der  Betrachtung  des  Ver- 
fassers Q.  Dabei  ergab  sich  von  selbst,  dass  die  jener  lediglich 
aus  dem  Schichtenbaue  nachgewiesenen  grossen  Querverwerfungl 2 3) 
im  Selkethal  parallel  laufenden  altbekannten  Unterharzer  Erzgänge, 
besonders  der  weithin  fortsetzende  Neudorf-Strassberger  Gangzug, 
auf  die  gleiche  Ursache  zurückzuführen  seien.  Als  dann  die  Detail- 
untersuchungen des  Verfassers  in  die  nordöstliche  Umgebung  des 
Brocken-Massivs  vor  und  damit  dem  Oberharze  näher  rückten,  damals 
galt  es  die  dort  von  A.  v.  Groddeck  und  A.  Halfar  und  die  weiter 
gegen  Harzburg  und  südöstlich  bis  Andreasberg  und  bis  über  Elend 
hinaus  durch  E.  Kayser  gewonnenen  Resultate  mit  den  Ergebnissen 

l)  Vergl.  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  1872  — 1874,  Bd.  XXIY,  S.  177;  Bd. 

XXVI,  S.  376  (wo  Z.  17  von  oben  der  Bindestrich  zwischen  >NW.«  und  »Ueber- 
schiebungen«  als  sinnstörender  Druckfehler  zu  tilgen  ist),  Bd.  XXVII,  S.  448  ff. 

3)  Siehe  die  am  meisten  thalabwärts  das  Selkethal  kreuzende  goldene  Ver- 
werfungslinie in  der  Uebersichtskarte. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


7 


älterer  Forscher  und  den  eigenen,  vor  Allem  aber  mit  den  aus  dem 
Unterharze  geschöpften  Grundzügen  vom  Baue  und  der  Gliederung 
des  Gebirges  zu  jenem  Gesammtbilde  zusammenzufassen.  Diese 
durch  freundliches  Entgegenkommen  seitens  der  genannten  Herren 
Mitarbeiter  unterstützte  Arbeit  ist,  soweit  sie  den  Zusammenhang- 
der  Oberharzer  mit  den  Unterharzer  Schichten  betrifft,  ausser  in 
der  seit  1867  begonnenen,  jetzt  vollendeten  Uebersichtskarte  in 
einem  in  der  Zeitschrift  der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft 
Bd.  XXIX,  S.  612 — 624  veröffentlichten  Artikel  dargestellt. 

Es  lag  nahe  die  am  Rammberge  gewonnene  Anschauung  von 
der  Entstehung  der  Gang-  und  Verwerfungsspalten  durch  die  Ein- 
wirkung der  hercyni sehen  Granitaufpressung  auf  das  bereits  gefaltete 
Schichtgebirge  mutatis  mutandis  auch  für  eine  Erklärung  des  Ober- 
harzer Gangspaltensystems  zu  verwerthen.  Denn  es  konnte  der 
Beobachtung  nicht  entgehen,  dass  in  der  grossen  als  Brockenmassiv 
zusammengefassten  Eruptivmasse,  wie  schon  Jasche  nach  seiner 
Auffassungsart  erkannt  hatte  und  die  Entdeckung  der  dem  Bode- 
gange entgegenstrebenden  Hasseröder  granophyrischen  Granitapo- 
physen  bestätigte1),  neben  dem  nordostwärts  gegen  den  Unterharz 
streichenden  Granitsystem  zugleich  auch  ein  hercynisch  gerichtetes 
gegen  Unter-  und  Oberharz  gekehrtes  vorhanden  ist.  So  hat  sich 
denn  auch  der  Verfasser  in  einem  Pfingsten  1876  auf  Wunsch  des 
Herrn  Berghauptmanns  Ottiliae  vor  dem  Oberbergamtscollegium 
in  Klausthal  gehaltenen  und  später  vor  der  Deutschen  geolo- 
gischen Gesellschaft  noch  eingehender  ausgeführten2),  ungedruckt 
gebliebenen  Vortrage  kurz  dahin  ausgesprochen,  das  einseitige  An- 
drängen des  Granits  in  der  hercynischen  Richtung  lediglich  gegen 
die  nördliche  Hälfte  des  Oberharzes,  wie  es  sich  in  der  auffälligen 
Breite  und  intensiven  Wirkung  der  Contacterscheinungen  abspiegelt 
und  im  Ockerthaler  Granit  durch  die  Erosion  blosgelegt  ist,  habe 
jene  Spannung  im  Schichtenbaue  erzeugt,  als  deren  Ausgleichung 
das  Oberharzer  Gangspaltennetz  aufzufassen  sei.  Wohl  auch  wurde 
im  Einzelnen  dabei  auf  die  umgebogenen,  gebrochenen  und  längs 


0 Zeitschr,  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXVIII,  S.  405  ff. 

2)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXIX,  S.  206. 


8 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


reciproker  Spalten  verrückten  Streichlinien  der  Schichten  in  den 
beiden  Parallelprofilen  Ober  - Schulenberg  - Ocker  und  Gosethal- 
Rammelsberg,  auf  die  Aufstauung  und  Heraushebung  der  Unter- 
devonschichten bei  Ocker,  auf  das  Absinken  der  Schichten  südlich 
des  Lautenthal  - Festenburger  Gangzuges  zufolge  dieses  Heraus- 
hebens u.  a.  hingewiesen  als  Deformirungserscheinungen  an  dem 
ursprünglich  in  gerader  ungebrochener  Linie  SW. — NO.  streichen- 
den Devonsattel  zwischen  dem  Innerste-  und  Ockerthale,  hervor- 
gerufen durch  den  quer  dagegen  andrängenden  Granit.  Auch 
wurde  dieses  Andrängen  nie  nach  dem  durch  die  Erosion  bloss- 
gelegten oberen  Querschnitte  des  Gebirges  allein  beurtheilt,  viel- 
mehr stets  ein  unterirdischer  Zusammenhang  aller  Granitmassen 
des  West-Harzes  und  speciell  des  Ockergranits  mit  dem  abweichend 
von  der  Hauptmasse  des  Brockengranits  im  Sinne  des  Rammberg- 
Massivs  hercynisch  erstreckten  Granite  zwischen  Hasserode  und 
Harzburg  vorausgesetzt  und  das  nachweislich  relativ  jüngere  Alter 
der  hercynischen  Faltung  gegenüber  der  nordost- südwest  gerich- 
teten niederländischen  betont.  Im  klebrigen  wurde  von  einer 
detaillirteren  Auseinandersetzung  Abstand  genommen  bis  dahin,  dass 
die  Fortschritte  der  Detailkartirung  der  Gegend  zwischen  Ilse  und 
Ocker  ein  klareres  Yerständniss  des  Verhältnisses  des  Granits  zum 
Gabbro  und  beider  zu  dem  Schichtgebirge  mit  seinen  eingelagerten 
alten  Eruptivgesteinen  gebracht  haben  würden. 

Unterdessen  hat  v.  Groddeck  im  Spätjahre  1876  (Bd.  XXIX 
der  Zeitschrift  der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft,  S.  442  ft'.), 
anknüpfend  an  seine  wichtige  Entdeckung  der  die  Schichten  ver- 
werfenden Keilwasserspalte,  eine  detaillirtere  Theorie  von  der  Ent- 
stehung der  Oberharzer  Gangspalten  gegeben.  Indem  er  den  durch 
sein  auffällig  gegen  NNW.  gerichtetes  Streichen  von  den  nam- 
hafteren Oberharzer  Gangspalten  abweichenden  Gang  in  die 
BoRCHERs’sche  Gangkarte  eintrug,  fiel  ihm  auf,  »dass  alle  Gänge 
des  Oberharzes,  im  grossen  Ganzen,  strahlenförmig  vom  oberen  Kell- 
wasserthal  auslaufen.  Es  tx-eten  deutlich  3 Hauptgangstrahlen 
hervor.  Der  südliche  Strahl  mit  einem  Generalstreichen  in  h.  7, 
wird  von  dem  Silbernaaler  Gang,  vereinigter  Burgstädter  und 
Rosenhöfer  Zug  und  dem  Schulthaler  Zug  gebildet.  Der  östliche 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


9 


Strahl  ist  der  neue  in  h.  12  streichende  Gang.  Den  mittleren 
Gang  bilden  der  Lautenthaler  Hahnenkleer  und  der  Bockswieser 
Festenburger  Schulenberger  Zug,  die  einem  Generalstreichen  in 
h.  9 folgen.  Der  südliche  und  östliche  Strahl  laufen  von  der 
Steilen  Wand  im  oberen  Kellwasserthale  aus,  wo  Bruchbergquarzit 
und  Brockengranit  zusammenstossen. « 

Diese  formalen  Verhältnisse,  zusammengehalten  mit  dem  Um- 
stande, dass  die  Schichten  an  der  Steilen  Wand  und  im  Fort- 
streichen so  auf  der  ganzen  Flucht  » an  den  nordwestlichen  Ab- 
hängen des  Bruchbergs  und  Brockens«  stark  zusammengefaltet 
sind  und  unter  steilen  Winkeln  südostwärts  fallen,  während  sich 
je  mehr  gegen  NW.  von  diesen  Abhängen,  um  so  mehr  eine  all- 
mäliffe  Verflachung  der  Schichtenfalten  einstellt,  führten  v.Groddeck 
zu  der  Annahme,  »dass  bei  der  Hebung  des  Gebirges  der  Bruch- 
bergquarzit und  der  Brockengranit  sich  in  der  Richtung  von  SO. 
nach  NW.  bewegten  und  dabei  die  vor  ihnen  liegenden  Schichten 
zusammenschoben.«  Aus  der  ferneren  Annahme,  »dass  diese  Ge- 
steinsmassen mit  verschiedener  Intensität  auf  die  in  der  Be- 
wegungsrichtung vor  ihnen  liegenden  Schichten  einwirkten«,  wird 
alsdann  das  sternförmige  Zerreissen  der  also  zusammengeschobenen 
Schichten,  »das  Ausstrahlen  der  oberharzer  Gangspalten  vom  oberen 
Kellwasserthale  aus,  wo  Bruchbergquarzit  und  Brockengranit  zu- 
A b sammenstossen« , nach  nebenstehen- 

dem Schema  hergeleitet.  Mein  sehr 

^ CK  ^ t t 

verehrter  Freund  sehliesst  seinen  Auf- 

< — ** 

£'  ß satz  mit  der  Bemerkung,  es  könne 

, ^ meine  Ansicht,  dass  am  Harze  ein 

<_/? und  dieselbe  Kraft  die  Schichten  über- 

einander geschoben  und  die  Granit- 
massen emporgepresst  habe  und  dass  durch  die  bei  der  Granit- 
eruption eingetretene  Spannung  in  den  Gesteinsschichten  die  Harzer 
Gangspalten  aufgerissen  seien,  mit  seiner  Theorie  anscheinend  in 
besten  Einklang  gebracht  werden. 

In  der  That  ist  diese  Uebereinstimmung  bis  zu  einem  ge- 
wissen Grade , aber  auch  nur  bis  zu  einem  gewissen  Grade , vor- 
handen. Sie  besteht  darin,  dass  wir  beide  für  die  von  meinem 


10 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrograpliische 


Freunde  so  vortrefflich  geschilderte  einseitig  von  SO.  her  zu- 
sammengeschobene,  in  anderen  Theilen  des  Harzes  ähnlich  wieder- 
kehrende Faltung  des  Oberharzes,  eine  aus  dieser  Richtung  her 
wirkende  Kraft  annehmen,  dass  wir  beide  dem  Granit  eine  Rolle 
bei  der  Faltung  zuweisen  und  dass  wir  aus  den  Beobachtungen 
auf  eine  ungleiche  Einwirkung  auf  die  nordöstliche  und  die  süd- 
östliche Schichtenhälfte  des  Oberharzes  schliessen.  Der  Unter- 
schied in  der  beiderseits  entwickelten  Anschauung  liegt,  sowie  mir 
scheint,  vorzugsweise  an  der  Verschiedenheit  des  Standpunktes  bei 
dem  Ueberblick  über  den  ganzen  Gebirgsbau.  Mein  um  die 
Kenntniss  des  Oberharzes  und  speciell  um  die  geologische  Rolle 
seiner  Gangspalten  als  Verwerfer  der  Schichtenfalten  so  hoch  ver- 
dienter Freund,  dem  seine  mannichfaltigen  Berufsgeschäfte  nicht 
gestatten  in  erster  Linie  Harzgeologe  zu  sein,  schaut  meiner 
Meinung:  nach  die  Frage  etwas  einseitig  von  dem  allzusehr  be- 
schränkten  und  scheinbar  relativ  einfach  gebauten  Gebirgs- 
fragmente  des  Oberharzes  an.  Nur  so  wird  es  verständlich,  dass 
seine  Theorie  ganz  absieht  von  dem  einen  der  beiden  Falten- 
systeme, die  den  Gebirgsbau  des  Harzes  beherrschen  und  von  deren 
gegenseitigem  Altersverhältnisse  *),  wie  ich  es  z.  B.  in  der  Defor- 
mirung  der  mit  dem  Oberharzer  Schichtensysteme  gleichgerichteten 
Selkemulde  durch  das  jüngere  hercynische  Rammbergmassiv  aus- 
gedrückt  fand.  Nur  so  kann  man  ferner  die  Unbestimmtheit  in 
der  Rolle,  die  er  dem  Granit  anweist*  2),  gerecht  beurtheilen.  Es 

:)  Wenn  ick  1867  in  jener  allerersten  Mittheilung  über  die  in  den  Faltenbau 
des  Harzes  umformend  eingreifende  Graniteindrängung  dieses  Eindringen  der 
Granitstöcke  als  »wesentlich  gleichzeitig«  bezeichnet  habe,  so  trifft  dies  ja  für  die 
Eruptionszeit  in  der  Zeit  der  productiven  Steinkohlenformation  wesentlich  zu. 
Den  relativen  Unterschied  ergaben  erst  spätere  Untersuchungen. 

2)  Das  im  Frühjahr  1876,  allerdings  nur  sehr  summarisch  zusammengefasst, 
in  den  Sitzungsberichten  der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft  mitgetheilte 
Haupt -Erg ebniss  meiner  Studien  über  den  Bau  des  Harzes,  in  dem  das  jüngere 
Alter  des  hercynischen  Systems,  wie  es  sich  schon  aus  der  Deformirung  der 
Selkemulde  und  aus  dem  Bodegange  ableiten  liess,  nicht  ausdrücklich  erwähnt 
und  von  dem  hercynischen  Antheil  des  Brocken-Granitmassivs  nicht  speciell  die 
Rede  ist,  war  meinem  Pfingsten  1876  überdies  von  Klausthal  abwesenden  Freunde 
vor  der  ersten  Aufstellung  seiner  Theorie  wohl  entgangen  und  so  hat  er  meine 
ihm  über  die  Entstehung  der  Oberharzer  Gangspalten  und  des  Rammeisbergs 
zufolge  der  Einwirkung  des  Ockerthaler  Granits  auf  den  Devonsattel  angedeuteten 
Mittheilungen  missverstanden  (vergl.  v.  Groddeck  a.  a.  0.  S.  447). 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


11 


galt  ihm  eben  nur  den  mechanischen  Effect  ungleichen  Drucks 
hervorzuheben,  darum  wird  geradezu  gesagt,  man  könne  sich  an 
Stelle  des  Brockengranits  ebensogut  eine  gleich  grosse  Dolomit- 
masse denken ; ob  der  Granit  fest  oder  flüssig1  gewesen  sei , das 
wird  mit  vollem  Bewusstsein  unentschieden  gelassen.  So  wenig 
man  nun  aber  den  Oberharz  als  für  sich  entstanden  von  dem 
übrigen  Gebirgsbaue  des  Harzes  getrennt  denken  kann,  so  wenig 
ist  eine  solche  Selbstbescheidung  consequent  durchführbar.  Denn 
obwohl  v.  Groddeck  weder  feststellt,  ob  der  Bruchbergquarzit 
oder  der  Granit  grösseren  Druck  ausgeübt  habe,  noch  auch,  ob 
beide  gleichzeitig  oder  einer  nach  dem  anderen  und  welcher  von 
beiden  zuletzt  gedrückt  habe,  deutet  er  doch  ausser  der  lediglich 
auf  die  Faltungsweise  der  nordwestlich  angrenzenden  Schichten 
basirten  schlichten  Aussage,  der  Granit  sei  bei  der  Hebung  des 
Gebirges  in  der  Richtung  von  SO.  nach  NW.  bewegt  worden, 
als  gewissenhafter  Beobachter  das  Grenzverhältuiss  zwischen  Quarzit 
und  Granit  an  der  Ausstrahlungsstelle  an.  Dabei  zeigt  sich  nun, 
dass  die  Schichtenverwerfung,  welche  zu  der  schönen  Entdeckung 
der  auch  örtlich  durch  Aufschürfung  als  Gang  erkannten  Kell- 
wasserspalte  führte,  den  Quarzit  selber  verwirft,  so  dass  der  Granit 
nicht  nur,  wie  v.  Groddeck  hervorhebt,  beiderseits  der  Spalte 
hinter  dem  Quarzit  folgt,  sondern  auch  längs  der  Bruchlinie  öst- 
lich der  Steilen  Wand  netten  den  diese  Wand  zusammen- 
setzenden, quer  gegen  das  Streichen  durchbrochenen 
Quarzitschichten  steht.  Damit  wird  aber  der  Strahlungspunkt 
für  diese  h.  12  streichende  Spalte  um  die  Breite  der  Steilen 
W and  gegen  S.  gerückt  und  hört,  da  nach  v.  Groddeck’s  eigner 
Angabe  der  ideal  verlängerte  Schulenberger  Zug  überhaupt  nicht 
in  das  obere  Kellwasserthal  hineinläuft,  für  alle  drei  Strahlen  auf 
Strahlungspunkt  zu  sein.  Der  südliche  und  der  mittlere  Gangzug 
v.  Groddeck’s  laufen  vielmehr,  wie  ein  Blick  auf  die  Karte  lehrt, 
unter  etwas  verschiedenem  Winkel  spiesseckig  auf  die  Keil  wasser- 
spalte zu,  ganz  wie  der  Gemkenthaler  Zug  weiter  nördlich:  das 
Ausstrahlen  von  einem  Punkte  ist  für  mich  nicht  bewiesen. 

Es  fordert  die  Theorie  streng'  genommen  auch  gar  keine 

ö O O 

Strahlung,  vielmehr  wird  ein  einfacher  Querriss  EF  nach  um- 
stehendem Schema  unter  sonst  gleichen  Umständen  stets  die  ein- 


12 


K.  A.  Losskn,  geologische  und  petrographische 


fachste  Folge  des  rechtwinklig  un- 
gleich stark  wirkenden  Faltungs- 
drucks  sein , falls  sich  letzterer 
überhaupt  im  Beissen  und  nicht 
vielmehr  im  höheren  Anschwellen 
und  convexen  Vorbiegen  der  Falte 
gegenüber  dem  stärkeren  Drucke 
äussert.  Zugleich  aber  drängt  sich 
unwillkürlich  die  der  Auffassunarsweise  v.  Groddeck’s  fernliee;ende 
Frage  auf:  hat  der  Granit  als  Eruptivgestein  längs  der  Steilen 
Wand  den  Quarzit  durchrissen  und  seitwärts  verdrängt  oder  ist 
auch  er,  wie  der  Quarzit,  verworfen? 

Diese  Frage,  die  bei  der  Zusammenstellung  der  Harzüber- 
sichtskarte Ende  1876  an  mich  herantrat,  weist  freilich  auf  die 
Unterliarz-Seite  des  Brockengranits  nach  St.  Andreasberg  hinüber. 
Gerade  hierbei  aber  sollte  sich  die  Zugehörigkeit  der  altehrwürdigen 
Bergstadt  und  ihres  Beviers  zum  Oberharz,  beziehungsweise  der 
untrennbare  Zusammenhang  zwischen  Unter-  und  Oberharz  in 
einer  ganz  überraschenden,  für  die  Weiterentwicklung  der  Kennt- 
niss  vom  geologischen  Bau  des  Harzes  folgenreichen  Art  erweisen. 
Für  St.  Andreasberg  lag  damals  ausser  Hermann  Credner's  vor- 
trefflicher, auf  den  langjährigen  Erfahrungen  des  Bergraths  Strauch 
fassender  Abhandlung  aus  den  sechziger  Jahren  Q eine  vorläufige, 
von  Gängen  und  Büscheln  zunächst  abstrahirendeKartirung(l  : 25000) 
voiiE.Kay.ser  auf  einer  nur  unvollkommenen  topographischen  Grund- 
lage2) aus  dem  Sommer  1874  vor,  also  aus  einer  Zeit,  in  der  uns  die 
Kenntniss  von  der  Kellwasserspalte  noch  fehlte  und  in  der  mein 
Freund  noch  viel  weniger  über  meine  Vorstellung  von  dem  Verhältnisse 
des  Granits  zu  den  Schichtfalten  näher  unterrichtet  sein  konnte, 
als  v.  Groddec.k  zur  Zeit  der  Aufstellung  seiner  Strahlungstheorie. 
Abstossen  der  Schichten  gegen  den  Granit  galt  ihm  sonach  als 
ein  Durchgreifen  des  Eruptivgesteins  und  die  Frage  nach  der 
Verwerfung  des  Granits  mitsammt  den  Schichtgesteinen,  welche 
sich  auch  mir  hier  zum  erstenmal  im  Harze  aufdrängte,  lag  ihm  fern. 

r)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  1865,  Bd.  XVII,  S.  163  ff. 

2)  Die  metrische  Aufnahme  des  Generalstabs  fehlte  damals  noch, 


Beiträge  zur  Kermtniss  des  Harzes. 


13 


Als  ich  nun  bei  Zusammenstellung  der  v.  GRODDECK’schen 
und  KAYSER’schen  Kartirungsresultate  wahrnahm,  dass  unten  im 
Oderthaie  unter  den  Hahnen  kl  eer  Klippen  die  Grauwacken-  und 
Schiefer-Hornfelsschichten  ebenso  gegen  den  gegenüber  unter  den 
Rehberger  Klippen  hoch  aufragenden  Granit  abstossen,  wie  jenseits 
des  Oderteiches  der  Granit  gegen  den  Quarzit  der  Steilen  Wand, 
dass  also  eine  gleichsinnige  Verschiebung  längs  der  gerade  in  s 
Oderthal  hineinfallenden  Verlängerung  der  Keil wasser-Spalte  statt- 
habe, da  stand  das  Bild  einer  grossartigen  Spaltenverwerfung 
mit  einmal  klar  vor  mir.  Ich  erinnerte  mich,  dass  schon  den 
Alten  das  obere  Oderthal  in  seinem  geradgestreckten,  dem  oberen 
Kellwassertlial  entgegengesetzten  Laufe  als  Spaltenthal  gegolten 
hat;  ich  sah  die  überraschende  Harmonie  zwischen  dem  Gebirgs- 
relief  und  der  Verwerfung.,  indem  ich  die  das  Hahnenkleer  Plateau 
um  300  Fuss  J)  überragende  Rehbergswand  gleich  der  Steilen 
Wand  als  den  höher  stehenden  Gebimstheil  im  Lienenden  der 
nach  der  Aufschürfung  steil  ostwärts  einsenkenden  Verwerfungs- 
spalte  erwog;  ich  maass  die  Höhendifferenz  der  unteren  Grenze 
der  beiden  dem  Granit  des  Rehbergs,  wie  des  Hahnenklees  auf- 
ruhenden Grauwackenhornfelsdecken  im  Betrag  von  rund  400  Fuss1) 
und  ich  zeichnete  die  Verwerfungslinie  vorläufig  in  die  Karte  ein. 

Dabei  aber  fiel  mir  zugleich  sehr  auf,  dass  wenig  südlich  von 
der  Stelle,  wo  die  Seitenverschiebungen  längs  der  aus  dem  Keil- 
wasser ins  Oderthal  in  idealer  Linie  quer  durch  den  Granit  ge- 
zogenen Spalte  auf  hören,  die  Ruschein  von  St.  Andreasberg  an- 
heben. 

Ich  zeichnete  mir  dieselben  aus  Strauch  -Credner’s  Grund- 
riss 2)  in  das  geologische  Bild  der  Gegend  ein  und  fand,  dass  sie 
sehr  spiesseckig  gegen  die  Schichten  und  circa  00°  gegen  die 
Oder-Spalte3)  streichen.  Es  traf  also  die  bisher  geläufige  Ansicht, 

0 Decimalfuss  = 0,37662  Meter. 

2)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XVII,  Taf.  HI. 

3)  Der  Kürze  halber  werde  ich  fortab  die  meiner  Ueberzeugung  nach  aus 
dem  Keilwasser  ins  Oderthal  übersetzende  Spalte  die  Oderspalte  nennen.  Es 
sprechen  hierfür  aber  auch  sachliche  Gründe.  Einmal  kann  man  nirgends  im 
Harz  den  Effect  der  Spialten-Verwerfung  mit  einem  Blick  so  sichtlich  wahrnehmen 
als  im  Oderthaie;  sodann  giebt  es  nur  einen  Oderfluss  im  Harz,  während  die 


14 


K.  A.  Lossen,  geologische  and  petrographische 


dass  Ruschein  und  Schichten  parallel  streichen,  nicht  zu;  überdies 
erinnerte  ich  mich  der  meiner  Erfahrung  nach  meiner  Haupt-Quarzit- 
Zone  angehörigen  von  F.  A.  Roemer  bekannt  gegebenen  Unter- 
Devon -Fauna  von  dem  Dreijungferngraben  und  ich  kam  zum 
Schluss,  dass  Schichten  eines  relativ  so  hohen  Niveaus  der  Tauner 
Grauwacke  des  Sagemühlenbergs  nur  zufolge  einer  Verwerfung 
so  nahe  kommen  könnten.  Fs  befestigte  sich  in  mir  die  Vorstellung, 
die  Ruschein  möchten  einen  längs  der  nördlichen  Neufanger  Ruschei 
normal  eingesunkenen  und  längs  der  südlichen  Fdelleuter  Ruschei 
durch  eine  Ueberschiebung  begrenzten  Gebirgskeil  einschliessen,  und 
ich  war  sehr  befriedigt,  aus  Urei »neu  s sorgfältigen  Aufzeichnungen 
der  langjährigen  Erfahrungen  Strauch  s zu  ersehen,  dass  der  Treff- 
punkt der  den  Keil  einschliessenden  Ruscheln  gegen  W.  wohl  be- 
kannt, gegen  O.  dagegen  mindestens  fraglich  sei* 2);  ich  schloss 
daraus,  die  Ruscheln  möchten  gegen  O.,  d.  h.  gegen  die  Oder- 
spalte, sich  überhaupt  nicht  vereinigen. 

Im  Herbste  1879  ging  ich  auf  einige  Tage  nach  St.  Andreas- 
berg, um  selbst  an  Ort  und  Stelle  die  bei  der  Ausarbeitung  der 
Harzübersichtskarte  gewonnene  und  in  Vorträgen  vor  der  Deutschen 
geologischen  Gesellschaft  vertretene  Auffassung  zu  prüfen.  Eei 
der  Begehung  des  zum  nicht  geringsten  Tlieile  aus  Schiefer-  und 
Kalkhornfelsen  bestehenden  Gebietes  kam  mir  die  Erfahrung  vom 
Rammberge  her  trefflich  zu  statten.  Sofort  am  ersten  Tage  konnte 
ich  an  zwei  Stellen  die  Verwerfung  der  Schichten  längs  der  Neu- 
fanger Ruschei  feststellen:  einmal  in  den  Feldern  nördlich  des 
Schachtes  der  Grube  Katharina  Neufang,  wo  der  Hauptquarzit 
südlich  der  Ruschei  bis  auf  ganz  geringen  Abstand  an  die  Tauner 
Grauwacke  nördlich  der  Ruschei  herantritt;  sodann  im  Sperren- 
thale,  wo  die  Schichten  oberhalb  und  unterhalb  der  hier  das  Thal 
durchquerenden  und  im  Lettenstollen  abgebauten  Ruschei  im  Bach- 
bette und  in  den  Thalgehängen  deutlich  anstehen,  so  dass  sich 

Bezeichnung  Kellwasser  nur  allzu  häufig  wiederkehrt,  wie  denn  z.  B.  gerade  in 
der  Nähe  der  südlichen  Endigung  der  von  Norden  her  aus  dem  Kellwasser  ins 
Oderthal  herüberstreichenden  Verwerfungsspalte  ein  zweites  Kellwasser  in  die 
Oder  einmündet;  ein  drittes  tliesst  vom  Schneeloch  her  in  die  Ilse. 

J)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XX1N,  S.  614 — 615. 

2)  a.  a.  0.  S.  185. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


15 


das  Abstossen  der  beiderseits  abweichend  (in  h.  2'ä/^  nnd  h.  4 1/2) 
orientirten  Streichlinien  an  der  Ruschei  direct  beobachten  lässt. 
Mit  Freund  Kayser,  der  nun  von  Sieber  herüberkam  und  alsbald 
meiner  Auffassung  beitrat,  konnte  ich  westwärts  bis  zum  Treff- 
punkte der  Grenzruscheln  noch  eine  ganze  Reihe  bestätigender  Beob- 
achtungen machen.  Ostwärts  dagegen  verloren  wir  bald  die  Spur 
der  Neufanger  Ruschei  und  konnten  uns  ebensowenig  von  der 
idealen  Ergänzung  Strauch ’s  bis  zu  einem  Treffpunkte  im  Oder- 
thaie überzeugen.  Dagegen  richtete  ich  die  Aufmerksamkeit  auf 
den  Wenn  sglückter  (Gideoner)  Gang,  der  nach  der  Mittheilung 
Credner’s1)  durch  Mächtigkeit,  Nebengesteins-Füllung  nnd  Hohl- 
räume ein  so  ganz  abweichendes  Verhalten  von  allen  dortigen 
Silbererzgängen  zeigt  und  als  östlichster  Gang  nach  heutiger 
Erfahrung  eher  als  Ostgrenze  der  reichen  Edelgänge  gelten  darf,  als 
jene  ideale,  wie  mir  scheint,  der  Symmetrie  halber  in  der  Fortsetzung 
der  nachgewiesenen  Neufanger  Ruschei  ersonnenen  Bogenlinie  bis 
zum  Oderthaie,  der  immerhin  einzelne  verruschelte  Stellen  im 
Gebirge  als  hypothetische  Anhaltspunkte  gedient  haben  mögen. 

Damit  war  eine  neue  Grundlage  gegeben  für  eine  eingehen- 
dere geologische  Untersuchung  des  St.  Andreasberger  Gangreviers 
im  Zusammenhänge  mit  der  Kartirung  der  ganzen  Gegend.  War 
die  von  Hrm.  Credner  vertretene  Auffassung2)  von  der  Entstehung 
der  Ruschein  im  Gefolge  der  Diabas  - Eruption  von  dem  Augen- 
blicke an  hinfällig,  da  der  Diabas  von  dem  Verfasser  als  all- 
gemein vor  der  Faltung  des  Gebirges  in  bestimmten  Horizonten 
zwischen  den  Schichten  desselben  eingeschaltet  uachgewieseu 
war,  so  trat  mit  dem  Nachweise  der  Verschiebungen  auch  der 
Di  ab  asmassen  längs  der  Ruscheispalten  das  Bildungsgesetz  der 
letzteren  in  den  Rahmen  des  Entstehungsgesetzes  der  Harzer 
Ueberschiebungen  oder  Verwerfungen  schlechthin  ein.  Ruschein 

o o 

sind  wohl  niemals  offene  Spalten  gewesen,  welche,  wie  Credner 
annahm,  durch  einfallende  Gesteinswände  gefüllt  wurden,  sie  sind 
vielmehr  eine  Verrusehelung  d.  h.  Zerdrückung  der  Schichten  längs 
parallel  oder  sehr  spiesseckig  zu  den  Falten  verlaufenden  Gleit- 


J)  a.  a.  0.  S.  197. 

2)  a.  a.  0.  S.  230. 


16 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


flächen,  liervorgegangen  aus  reinen  Falten  Verwerfungen  oder  ans 
einem  windschiefen  Verbiegen,  beziehungweise  Ueberbiegen  schief 
gedrückter  oder  gedrehter  Falten.  Also  gilt  es  nunmehr  aus  dem 
Faltungsprocesse  und  dem  Eingreifen  des  Granits  in  denselben 
die  Bildung  der  Kuscheln  darzuthun. 

Auch  in  den  Profilen  des  Oderthaies  und  längs  des  Rehberger 
Grabens,  die  ich  im  verflossenen  Frühjahre  noch  ein  zweitesmal 
auf  anderthalb  Tage  besucht  habe,  konnte  ich  den  ersten  Beob- 
achtungen Kaysers  manches  hinzufügen,  was  meine  Deutung  der- 
selben im  Sinne  der  aus  dem  Keilwasser  ins  Oderthal  fortsetzen- 
den Spaltenverwerfung  bekräftigte.  Dreierlei  sei  daraus  angeführt: 
Geht  man  vom  Grabenhause  am  Graben  entlang  nach  dem  Oder- 
teiche hin  zu,  so  gelangt  man  bald  aus  den  Hornfelsen  der  Tauner 
Grauwacke  in  den  Granit,  doch  so,  dass  man  bis  jenseits  der  be- 
rühmten Rehberger  Klippen  die  Unterkante  der  Grauwackendecke 
nicht  allzu  hoch,  höchstens  100  Fuss,  meist  aber  in  geringerem  Ab- 
stande zur  Linken  über  sich  hat.  Untersucht  man  das  Gestein  ge- 
nauer, so  bemerkt  man  bald,  dass  es  auf  diese  ganze  Erstreckung 
zur  porphyrartigen  Structur  hinneigt,  einmal  wurden  sogar  Stücke 
mit  der  für  abnorm  erstarrten  Granit  oft  so  charakteristischen 
Granophyrstructur  gefunden.  Erst  in  weiterer  Entfernung  gegen 
N.,  wo  die  untere  Grenze  der  Grauwacke  mehr  in  die  Höhe  rückt, 
folgt  am  Graben  ein  gleichmässig  körniger  Normalgranit:  es  ist 
also  jene  abweichende  der  Porphyrstruetur  angenäherte  Ausbildung 
an  die  ursprüngliche,  durch  die  Grauwacke  vor  der  Erosion  hier 
bewahrte  Erstarrungsrinde  des  Granits  gebunden,  ln  dem  Steil- 
absturze  der  Rehbergswand  zwischen  dem  Graben  und  dem  Oder- 
thaie steht  der  normale  Granit  an,  jenseits  des  Flusses  und  der 
unter  dem  Thalschutte  herstreichenden  Verwerfungslinie  dagegen 
kehrt  da,  wo  sich  in  der  Tiefe  der  Granit  neben  der  Fahrstrasse 
unter  dem  Grauwackenhornfels  hervorhebt,  die  porphyrartige  Structur 
des  Gesteins  wieder  und  so  kann  man  die  Verwerfung  des  Granits 
direct  aus  der  Verrückung  seiner  Erstarrungsrinde  nachweisen. 

Auch  die  kleinen  von  unten  in  die  Grauwackenhornfeldsdecke 
verzweigten  Granitapophysen,  denen  seit  F.  Hoffmann's  meister- 
hafter Beschreibung  der  Rehberger  Graben  seine  Anziehungskraft 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


17 


verdankt,  so  sehr,  dass  das  Auge  von  der  viel  grossartigeren  Er- 
scheinung der  Spaltenverwerfung  abgelenkt  worden  ist,  finden  sich 
in  der  Tiefe  des  Oderthaies  wieder.  Es  giebt  daselbst  unmittel- 
bar nördlich  der  zweiten  oberhalb  des  Andreasberger  Rinderstall’s 
gelegenen  Oderbrücke  eine  mir  durch  Kayser’s  Kartirung  be- 
kannt gewordene  Stelle,  welche  besondere  Aufmerksamkeit  ver- 
dient, weil  auf  kurze  Erstreckung  die  Grauwacken  vom  Hahnen- 
klee herüber  auf  das  andei’e  Oderufer  übertreten,  so  dass  hier  der 
Fuss  der  Rehbergswand  eine  niedrige  Vorlage  von  Grauwacke  be- 
sitzt.  Hier  fand  ich  im  Bette  der  Oder  selbst,  da  wo  der  Fluss  über 
die  Grauwackenklippen  rauscht  , 400  Fuss  Q unter  den  Rehberger 
Klippen,  die  kleinen  Granitgänge  in  der  Grauwacke  wieder. 

Der  Zweck,  der  mich  an  diese  Stelle  geführt,  war  indessen 
ein  anderer.  Ich  hoffte  hier,  wo  die  Verwerfungsspalte  nicht  unter 
dem  Thalschutte  liegen  kann,  sondern  zwischen  jener  Grauwacken- 
vorlage und  der  Granitwand  des  Rehbergs  hindurchstreichen  muss, 
Ganggestein  als  directen  Beweis  für  ihr  Vorhandensein  zu  finden. 
Das  Resultat  war  indessen  trotz  zweier  sehr  mühsamer  Klettertouren 
an  den  steilen,  mit  Granitblockwerk  überrollten  und  mit  dichtem  Un- 
terholze bewachsenen  Gehängen  leider  ein  ungünstiges.  Nur  einen 
Brocken  quarzigen  Ganggesteins  fand  ich  an  der  übrigens  durch 
Wasserreichthum  ausgezeichneten  unteren  Contactstelle  von  Granit 
und  Grauwacke.  Günstigere  Resultate  erzielte  ich  in  der  Auf- 
suchung von  Ganggestein  in  der  Umgebung  des  Oderteiches. 
Hier  konnte  ich  Freund  Kayser  alsbald  eine  Anzahl  durch  Quarz- 
blöcke, z.  Th.  mit  Manganerzeinwachsungen,  ausgezeichnete  Stellen 
namhaft  machen,  die  zur  näheren  Festlegung  des  Verlaufs  der 
Gangspalte,  da  wo  sie  beiderseits  von  Granit  begrenzt  wird,  dienen 
konnten.  Die  auffälligste  dieser  Stellen,  welche  Niemand  über- 
sehen kann,  ist  in  der  Serpentine,  mit  der  die  Oderthalstrasse  vom 
Oderteiche  zum  Thal  niedersteigt.  Ebenso  leicht  zu  finden  ist  eine 
zweite,  ausser  durch  manganerzführende  Gangquarze  durch  Nässe 
und  Eisenocherbildung  ausgezeichnete  Stelle  nahe  der  SO. -Ecke 
des  Teiches  in  dem  nach  Oderbrück  führenden  Fusswege.  Ganz 


Decimalfuss  = 0,37662  Meter. 


2 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


dieselben  Gangquarze  fand  ich  bei  dem  Grabenhause  aufgestapelt 
und  erfuhr  durch  Nachfragen  von  dem  Grabensteiger  Hipperling, 
dass  sie  1866  bei  dem  Ablassen  des  Oderteiches  in  grosser  An- 
zahl aus  dem  Teichgrunde  gewonnen  worden  seien.  So  forschte 
ich  denn  auch  nicht  vergebens  auf  der  Westseite  der  Nordhälfte 
des  Teiches  nach  solchen  Blöcken  zwischen  dem  z.  Th.  auch  hier 
in  porphyrartiger  Structur  ausgebildeten  Granitblock  werk.  Wenn 
man  weithin  im  anstehenden  Granit,  wie  z.  B.  im  Profile  längs 
des  Rehberger  Grabens,  keine  Spur  von  einem  Quarzgange  gefunden 
hat  und  dann  mit  einmal  auf  so  auffällige  Blockanhäufungen  stösst, 
kann  man  nicht  daran  zweifeln,  dass  sie  einem  durchsetzenden  Gange 
ihr  Dasein  verdanken.  Die  Füllung  der  Gänge  ist  dabei  für  den 
Geologen,  der  zunächst  die  Entstehung  des  Spaltennetzes  im 
Zusammenhänge  mit  der  Gebirgsfaltung  und  Hervorpressung  der 
Eruptivgesteine  verfolgt,  erst  von  secundärer  Bedeutung;  dass  aber 
auch  Bergbau  umging  in  der  Nachbarschaft  der  Oderspalte,  dafür  habe 
ich  in  3 alten,  im  östlichen  Ufer  der  Oder  im  Forstorte  Dietrichs- 
thal zwischen  dem  Hahnenklee  und  dem  Rinderstalle  angesetzten 
Stölln  und  zugehörigen  Pingen  Belege  gefunden.  Die  meines 
Wissens  bisher  nirgends  in  der  Harzliteratur  oder  auf  mir  zugäng- 
lichen Karten  und  Rissen  erwähnten  Baue  dienten  zur  Auf- 
schliessung von  vorzugsweise  Quarz,  Eisenglanz,  Kalkspath  und 
Kupferkies  führenden,  von  der  Endigung  der  Hauptspalte  seitwärts 
ablaufenden  Gangtrümern,  welche  ich  in  h.  8 gegen  OSO.  bis 
zu  den  Dreekthälern  hinüber  verfolgen  konnte,  also  bis  in  die 
Nähe  des  zwischen  dem  Rinderstalle  und  dem  Ostende  der  Edel- 
leuter  Ruschei  beiderseits  der  Oder  bekannten  Gangsystems. 

Damit  schloss  ich  meine  durch  die  Ausarbeitung  der  Harz- 
übersichtskarte bedingte  Recognoscirung  des  Oderthaies  und  des 
St.  Andreasberger  Gangreviers  ab,  indem  die  weitere  Aufhellung 
des  geologischen  Zusammenhanges  der  Oderspalte  und  der  südlich 
davon  folgenden  Gänge  mit  den  Ruschein  selbstverständlich  nur 
von  der  meinem  Collegen  Kayser  anvertrauten  geologischen 
Detailaufnahme  der  ganzen  Gegend  erwartet  werden  durfte  ’). 


J)  Vergl.  E.  Kayser’s  Abhandlung  in  diesem  Bande  dieses  Jahrbuches. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


19 


Welches  aber  auch  das  Resultat  dieser  eingehenderen  Unter- 
suchungen sein  wird,  wie  immer  dieselben  mit  den  vom  Oberharze 
her  gegen  den  Bruchberg  hin  fortgesetzten  sich  die  Hand  reichen 
mögen  zur  Vervollständigung  und  zum  besseren  Verständnisse  der 
Entstehung  des  Gangspaltennetzes  im  Westharze,  stets  wird  die 
nur  durch  die  vereinigte  Forschung  der  Harzgeologen  nach  Richtung 
und  Wirkung  ermittelte  mindestens  14  Kilom.  lange  Oder- Spalte 
eine  normgebende  Linie  ersten  Ranges  im  Spalten-  und  Falten- 
systeme des  Harzes  bleiben  müssen  und  darum  mag  es  meinem 
Freunde  v.  Groddeck,  der  mit  der  Entdeckung  des  Nord- 
endes »die sei'  Verwerfüngsspalte  mir  den  Hebel  zur  Bewältigung 
des  Problems  darreichte,  immerhin  zur  aufrichtigen  Freude  ge- 
reichen, dass  ich  ihm  seinen  Strahlungspunkt  von  der  Steilen  Wand 
südwärts  bis  zu  den  Andreasberger  Ruschein  gerückt  habe.  Denn 
es  wird  wohl  allseitig  gern  zugestanden  werden,  dass  der  Kraft, 
welche  den  Granit  und  das  ihm  aufruhende  Schichtgebirge  ein- 
schliesslich der  obersten  Culmschichten  durchgespalten  hat,  eine 
Hauptrolle  im  Gebirgsbildungsprocesse  zufallen  müsse. 

Wie  aber  lässt  sich  diese  Kraftäusserung  mit  dem  Satze,  dass 
im  Harze  ein  und  dieselbe  Kraft  die  Schichten  übereinandergeschoben 
und  die  Granitmassen  emporgepresst  habe  und  dass  durch  die  bei 
der  Graniteruption  eingetretene  Spannung  die  Harzer  Gangspalten 
aufgerissen  seien,  in  Einklang  bringen?  Ich  glaube  nicht  im  Sinne 
des  durch  v.  Groddeck  für  die  Ausstrahlung;  der  Gänge  von  einem 
Punkte  geltend  gemachten,  meines  Erachtens  allzuscharf  formulirten 
Satzes1):  »Hängt  die  Spaltenbildung  mit  der  Faltung  genetisch  zu- 
sammen, so  lässt  sich  das  nur  durch  einen  bei  der  Faltung  senkrecht 
gegen  die  Streichungsrichtung,  nicht  überall  gleich  stark  wirkenden 
Druck  erklären.«  Denn,  wenn  wir  uns  nun  den  Ausstrahlungspunkt 
bis  zu  den  Ruschein  von  St.  Andreasberg  nach  S.  gerückt  vorstellen, 
so  giebt  der  Verlauf  der  südostwärts  noch  weiter  zurückliegenden 
Massen,  der  Diabase  und  der  Tauner  Grauwacke  in  der  Gegend 
von  Oderhaus  u.  s.  w.,  uns  gar  keinen  Anhaltspunkt  für  einen 
solchen  von  SO.  her  rechtwinklig  aber  ungleich  wirksam  gewesenen 
F altungsdruck. 

Die  Lehre  von  den  Lagerstätten  der  Erze,  1879,  S.  316. 


2 


20 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographisclie 


Die  Gangspalten  im  Harze  verlaufen  überhaupt,  vielleicht  mit 
ganz  geringfügigen  Ausnahmen,  sammt  und  sonders  nicht  quer- 
s cli  1 ägig,  sondern  spiess eckig  zu  den  Streichen  der  Schichten; 
solche  spiesseckigen  Brüche  hängen  aber  nicht  so  sehr  von  einem 
»bei  der  Faltung«  senkrecht,  aber  ungleich  gegen  das 
Streichen  der  Schichten  wirkenden  Drucke,  als  vielmehr  von  einem 
solchen  ab,  der  schief  gegen  schon  mehr  weniger  gefaltete 
Schichten  wirkt;  sie  sind  meist  die  Ausgleichungen  einer  Span- 
nung, hervorgerufen  durch  Druck  oder  Zug,  welcher  die  gefalteten 
Schichten  ihrer  Streichlinie  nach  umzubiegen  oder  zu  knicken  und 
zu  falten  bestrebt  ist.  . 

In  der  meinerseits  schon  1867  (vergl.  oben)  ganz  bestimmt 
formulirten  Auffassung,  dass  die  Graniteruption  in  das  bereits  in 
Faltung  begriffene  Gebirge,  die  Faltung  vollendend,  umformend 
und  unterbrechend  eingegriffen  habe,  liegt  ebenso,  wie  in  der 
eingangs  erwähnten,  1870  in  den  Texten  zu  der  ersten  Lieferung 
der  Specialkarte  des  Gebirges  gegebenen  Darlegung  von  der  ver- 
schiedenen Nachgiebigkeit  der  Gesteine  gegen  den  Faltungsdruck 
je  nach  ihrer  grösseren  Steifigkeit  oder  aber  Faltungs-  und  Pressungs- 
fähigkeit, ein  leicht  verständlicher  Hinweis  auf  die  Herkunft  eines 
solchen  schief  zu  der  ursprünglichen  Faltungswirkung  wirkenden 
Druckes  oder  Zuges.  In  der  aus  der  deformirten,  quer  gegen  die 
ursprüngliche  Muldenlinie  gefalteten,  rückwärts  gestauten  und  durch- 
rissenen  Selkemulde  vorzüglich  abgeleiteten  und  auch  sonst  vom 
Harze  und  anderwärts  her  best  beglaubigten  Theorie  von  dem  jün- 
geren Alter  der  liercynischen  Faltung  gegenüber  dem  im  Harze 
herrschenden  niederländischen  Faltensysteme  ist  aber  ein  noch  viel 
ausgesprochenerer  Hinweis  darauf  gegeben.  Am  Unterharze  kann 
man  sehr  deutlich  allerwärts  den  Zusammenhang  zwischen 
dem  Streichen  und  dem  Fallen  nach  windschief  gebo- 
genen Falten  und  spiesseckigen  Spalten  nachweisen. 

Wenn  der  Nachweis  eines  solchen  Zusammenhanges  vom 
Oberharze  her  trotz  der  dort  die  Forschung  begünstigenden  unter- 
irdischen Aufschlüsse  noch  nicht  versucht  worden  zii  sein  scheint 
— ich  finde  in  v.  Groddeck’s  vortrefflicher  Lagerstättenlehre  zum 
wenigsten  darüber  nichts  — , so  mag  das  z.  Th.  an  der  Monotonie 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


21 


des  Culms,  z.  Th.  aber  daran  liegen,  dass  man  dort  die  Theorie 
vom  Gebirgsbaue  mit  Vorliebe  nach  dem  Baue  der  Alpen  be- 
misst1).  Es  ist  ja  nur  zu  begreiflich,  dass  die  grossartige 
Heim’ sehe  Leistung,  die  übrigens  nach  dem  Satze  »viel  Feind, 
viel  Ehr«  auch  in  manchem  Punkte  lebhaft  bekämpft  wird,  die 
wohlverdiente  Beachtung  findet,  und  gern  spreche  ich  hier  dankbar 
aus,  dass  dies  Buch,  wie  Suess’  Meisterwerk  über  die  Alpen  und 
auch  die  Discussion  mit  den  Klausthaler  Freunden  in  mancher 
Hinsicht  klärend  auf  meine  von  Haus  aus  mir  eigene  Theorie 
über  den  Bau  des  Harzes  eingewirkt  hat.  Aber  »eines  schickt 
sich  nicht  für  alle«  : der  Harz  ist  nun  einmal  kein  Kettengebirge, 
sondern  ein  als  Gebirgsknoten  nachgewiesenes  wind- 
schiefes, elliptisches  Massengebirge  mit  ausgepresstem 
Eruptivmagma  in  den  dynamischen  Brennpunkten, 
eine  Gebirgsform , die  in  Heim  s Eintheilung  der  Gebirge  nicht 
vorkommt2);  Ueberschiebungen  von  verschiedenen  Seiten  her,  von 
Heim  kaum  gefunden3),  sind  im  Harze  recht  häufig;  in  ihm  herrschen 
Schiefer  und  Grauwacken,  Diabas  und  Granit,  nicht  aber  Kalksteine 
vor;  da,  wo  diese  letzteren  aber  einmal  local  herrschen,  wie  in  der 
Gegend  von  Elbingerode,  ist  zufolge  ihres  spröden  Materials  die 
ungleichförmige  Lagerung,  d.  h.  wie  ich  letzten  Sommer  nachge- 
wiesen habe,  spiesseckige  Schichtenverwerfung4)  ganz  allgemein. 
Wenn  in  dem  von  Heim  bearbeiteten  Antheile  der  Alpen  thatsächlich 
wesentlich  nur  Falten,  Spalten  aber  nur  höchstens  ganz  untergeordnet 


*)  Yergl.  die  Citate  aus  Heim  in  v.  Groddecis’s  Lagerstättenlehre,  S.  24  und 
315,  sowie  in  G.  Köhler’ s u.  F.  Wunderlich’s  neueren  lehrreichen  Schriften. 

2)  Untersuchungen  über  den  Mechanismus  der  Gebirgsbildung,  Bd.  II,  S.  220 
erklärt  A.  Heim  »die  sogenannten  Gebirgsknoten«  gradezu  als  »nur  durch  die 
Erosion  modellirte  Gestalten,  die  nicht  in  der  Faltung  der  Erde  begründet  sind«; 
den  Harz  speciell  kennt  Heim  so  wenig,  dass  er  denselben  (a.  a.  0.  S.  208)  mit 
dem  Wesergebirge  in  ein  gegen  NW.  abgeschwächt  gefaltetes  Kettengebirge 
zusammenzieht. 

3)  a.  a.  0.  S.  221. 

4)  In  die  Ueber sichtskarte  konnten  diese  Discordanzen  noch  nicht  als  Ver- 
werfungslinien eingetragen  werden,  wie  denn  deren  auch  in  der  ersten  Lieferung 
des  detaillirten  Harzkartenwerkes  manche  fehlen  und  es  überhaupt  misslich  ist, 
dass  wir  in  unseren  geologischen  Karten  bislang  vorzugsweise  nur  die  Spalten, 
nicht  aber  die  Falten  Verwerfungslinien  deutlich  hervortreten  lassen. 


22 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


zu  finden  sind,  was  Angesichts  der  Grossartigkeit  der  Dislocat-ionen 
und  Presslings  Wirkungen  vielleicht  doch  noch  der  Bestätigung  be- 
darf,  so  passt  er  zum  Vergleich  mit  dem  Harze  jedenfalls  nur  in 
beschränkter  Weise.  Wenn  man  daher  am  Oberharze  bereits  dahin 
gelangt  ist,  Diabase  als  bis  zu  einem  gewissen  Grade  plastisch 
gemacht J)  anzusehen  und  selbst  der  Bammelsberger  Erzcoloss  als 
im  festen  Zustande  gefältelt  und  bis  zum  Lettenbesteg  im  Mittel- 
schenkel verquetscht* 2)  erachtet  wird,  so  will  ich  jetzt  und  an  dieser 
Stelle  die  Berechtigung  zu  solchen  Vorstellungen,  so  wenig  wie 
die  ganze  HEiM’sche  Theorie  discutiren.  Die  Theorie  vom  Baue 
des  Harzes  ist  auf  Harzer  Boden  seit  1867,  also  vor  der  erst  1878 


x)  F.  Wunderlich,  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Kieselschiefer  u.  s.  w. , S.  9. 
Wenn  ich  mich  hier  abgeneigt  zeige,  eine  solche  einfach  theoretisch  gefolgerte 
Plasticität  alter  Eruptivgesteine  entgegenzunehmen,  so  geschieht  dies  mit  dem 
Hinweise  darauf,  dass  gerade  die  genaue  Untersuchung  solcher  nach  primärer 
Structur  und  primärem  Mineralbestande  wohlbekannter  Massen  uns  einen  Grad- 
messer für  die  Richtigkeit  der  Theorie  giebt;  in  welcher  Weise  die  Diabase  im 
Harz  unter  Ausbildung  secundärer  Mineralien  als  metamorphische  Eruptivgesteine 
Druckschieferung  angenommen  haben,  habe  ich  mehrfach  gezeigt  (vergl.  Zeitschr. 
d.  D.  geol.  Ges.  1872,  Bd.  XXIV,  S.  706 — 707  in  Anm.  *)  und  S.  763;  Sitzungsber. 
d.  Ges.  naturf.  Freunde  in  Berlin,  März  1878);  vergl.  auch  den  Text  zu  BlattWippra. 

2)  Erfreut,  dass  die  von  mir  1876  auf  Grund  eigener  Untersuchungen  unter 
und  über  Tag  den  bisherigen  Anschauungen  entgegengestellte  Auffassung  über 
Stellung  der  Erzlagerstätte  im  Gebirgsplan  und  Genesis  derselben  eine  so  rege 
Betheiligung  der  Fachgenossen  (vergl.  A.  Stelzner’s  Brief  an  K.  A.  Lossen  in 
Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXII,  S.  809  und  G.  Köhler,  die  Störungen  des 
Rammeisberger  Erzlagers  bei  Goslar  in  Zeitschr.  f.  Berg-,  Hütten-  u.  Salinen- 
Wesen  XXX,  Heft  1)  an  der  Untersuchung  des  Rammeisberges  hervorgerufen 
hat,  kann  ich  doch  an  dieser  Stelle  nicht  in  die  Discussion  der  complicirten  Frage 
eintreten.  Es  sei  daher  hier  nur  constatirt,  dass  Stelzner  wie  Köhler  der  von 
mir  gegebenen  Deutung  der  sogenannten  WiMMER’schen  Leitschicht  im  Liegenden 
der  Lagerstätte  als  Ruschei  beitreten  und  dass  auch  der  Zusammenhang  zwischen 
flacher  Lagerung  und  steilstehender  Transversalschieferung  jenseits  der  Ruschei 
mit  der  steilstehenden,  der  Schieferung  wesentlich  confonnen  Schichtung  diesseits 
von  Köhler  ganz  in  meinem  Sinne  aufgefasst  wird.  Auch  die  von  mir  nach  den 
Schichtenbiegungen  über  Tag  und  den  Rissen  Wimmer ’s  angedeutete  Verbindung 
des  alten  und  des  neuen  Lagers  im  Sinne  einer  Falte  im  Streichen  kehrt  (a.  a.  0. 
Texttafel  b,  Fig.  3)  bei  Köhler  wieder.  Kurz,  die  Grundlinien  für  die  durch 
Wimmer’s  Deutung  des  sogen,  hangenden  Trums  angeregte  Auffassung  der  Lager- 
stättenform sind,  wie  mir  scheint,  nahezu  die  gleichen,  nur  in  der  genetischen 
Deutung  liegt  die  Differenz  (vergl.  unten). 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


23 


gegebenen  theoretischen  Darlegung  Heim ’s,  langsam  aber  stetig 
gewachsen.  Dass  sie  sich  in  dem  einen  ihrer  Grundprincipien, 
dem  Uebergange  einseitig  zusammengeschobener  Falten  in  Falten- 
verwerfungen (Wechsel)  mit  aufgepresstem  Hangenden,  mit  Heim’s 
Theorie  begegnet,  kann  für  mich  nur  einen  Grund  mehr  abgeben, 
auf  dem  Boden  der  eigenen  Beobachtungen  zu  bleiben,  wie  denn 
ja  auch  mein  hochverehrter  Freund  v.  Groddeck  seine  Gangtheorie 
(1876)  vor  der  Publication  I I ei  m s und  vom  Harze,  allerdings  ein- 
seitig vom  Oberharze  her,  entwickelt  hat. 

Um  gerecht  zu  sein,  muss  ich  nun  anerkennen,  dass  der  Ober- 
harz im  Bruchberge  und  Acker  ein  kleines  Kettengebirge  für  sich 
ganz  allein  besitzt.  Dass  die  Gangtheorie  v.  Groddeck ’s  unter 
Vorzugs  weiser  Berücksichtigung  dieser  Kette  entstanden  ist,  hat 
ihr  das  Gepräge  des  nur  aus  einer  Himmelsrichtung  her  recht- 
winklig, aber  ungleich  stark  wirkenden  Massenschubs  aufgedrückt. 
Wäre  mein  Freund  von  seiner  Auseinandersetzung  über  das  Ver- 
halten der  Ganglinien  zu  dem  Kalkmassiv  des  Ibergs  in  erster 
Linie  ausgegangen,  er  wäre  vielleicht  zu  einem  ganz  anderen  End- 
resultate gelangt.  Hier  ist  das  Gangnetz  so  zersplittert,  dass  das 
»Generalstreichen«,  der  Fluch  aller  darauf  basirten  geologischen 
und  besonders  aller  Gangtheorieen,  ganz  verloren  geht.  Aber  auch 
sonst  ist  im  ganzen  Oberharze  lange  nicht  soviel  Generalstreichen 
vorhanden,  wie  es  auf  den  ersten  flüchtigen  Blick  scheint.  Die  starke 
Zusammenpressung  der  Schichten  im  SO.  bedingt  ja  allerdings  im 
Allgemeinen  eine  viel  grössere  Geradlinigkeit  der  Streichen,  als  in 
den  meisten  Tlieilen  des  Unterharzes,  das  erleichtert  aber  nicht 
sowohl  die  klare  Erkenntniss  des  Schichtenbaues,  im  Gegentheil 
erschwert  es  dieselbe.  Bei  seiner  seit  1876  sehr  vorgeschrittenen, 
ebenso  mühevollen,  als  verdienstlichen  Detailgliederung  und  -Kar- 
tirung  der  Oberharzer  Culmformation  wird  das  meinem  Freunde 
so  wenig  entgangen  sein,  als  der  Umstand,  dass  auch  in  der  Fall- 
linie durch  Faltenverwerfungen  bedingte  complicirtere  Verhältnisse, 
als  die  in  seinem  Profile  durch  den  Oberharzer  Grünsteinzug  ge- 
zeichneten  ])  vorhanden  sind.  Auch  der  Bruchberg,  an  welchem 


) Zeitsehr.  d.  D.  geol.  Ges.  1876,  Bd.  XXVIII,  S.  366. 


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K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


ich  solche  »Wechsel«,  d.  h.  in  der  Streichlinie  oder  nahezu  in 
derselben  verlaufende  Störungen  mit  Aufschiebung  des  Hangenden, 
als  an  dem  grossartigsten  Beispiele  unseres  Gebirges,  für  den  Ober- 
harz zuerst  zu  erläutern  suchte x),  ist  nicht  so  nach  der  Schnur  ge- 
richtet, wie  man  den  Worten  v.  Groddeck’s  »das  parallele  Streichen 
(h.  3 — 5)  und  gleichgerichtete  steile  Einfallen  (ca.  60  — 70°  SO.) 
sämmtlicher  Schichten  zwischen  Osterode  und  Harzburg,  welches 
auch  durch  die  Ockerthaler  Granitpartie  nicht  wesentlich  geändert 
wird« *  2)  entnehmen  könnte.  Gerade  ihn  haben  die  älteren  Harz- 
geologen, die  doch  gewiss  dem  Generalstreichen  huldigten,  wegen 
seiner  »in  h.  2 streichenden«,  in  »mehrerer  Rücksicht  als  ein  be- 
sonderes Lagerungsganze«  zu  betrachtenden,  »z.  Th.  diagonal  gegen 
die  umgebenden  Schieferschichten  gerichteten  und  nur  theilweise 
der  Schichtung  des  Grauwacken-Thonschiefergebirges  conformen«  3) 
Massen  besonders  hervorgehoben.  In  der  That  ist  der  mehr  nord- 
wärts gerichtete  Stauungsknick  in  der  Axe  der  Quarzitkette  zwischen 
Acker  und  Bruchberg  auffällig  genug,  um  so  auffälliger,  als  eine 
Depression  der  Höhe  damit  verbunden  ist  und  der  fast  h.  12  strei- 
chende Schatzkammerzug  bei  Altenau  verlängert  darauf  trifft. 
E.  Kayser,  dessen  Aufmerksamkeit  ich  auf  diese  Unregelmässigkeit 
im  Baue  des  Bruchberges  lenkte,  hat  durch  seine  überraschenden 
Resultate  gezeigt  4),  wie  lohnend  es  sein  kann,  Knickungen  in  der 
Streichlinie  zu  beachten. 

Viel  auffälliger  noch  sind  indessen  im  nördlichen  Oberharze  die 
oben  schon  (S.  7 u.  8)  theilweise  als  Deformirung  des  Devonsattels 
daselbst  bezeiehneten , aber  auch  in  den  Culmschichten  bemerk- 
lichen  Abweichungen  der  Streichlinien:  am  Tillyberge  bei  Riechen- 
berg zwischen  Langelsheim  und  Goslar  und  vom  Rammeisberge 
bis  in’s  Eckerthal  oberhalb  der  Rabenklippe  misst  man  auf  Schritt 
und  Tritt  Streichen  in  Stunde  2,  1,  12,  11,  10,  9,  8,  7,  6 oder 

B Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.,  Bd.  XXIX,  S.  620  ff,  vergl.  auch  v.  Groddeck, 
ibid.  S.  444  und  A.  Halfar,  ibid.  Bd.  XXXIII,  S.  350. 

2)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.,  Bd.  XXIX,  S.  440. 

3)  Zimmermann,  Harzgebirge,  S.  81  u.  117. 

4)  Vergl.  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  1881,  Protocoll  der  April-  und  der 
November -Sitzung,  über  die  »Ackerspalte«,  sowie  den  Aufsatz  des  genannten 
Autors  in  diesem  Bande  des  Jahrbuchs. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


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eine  in  solchen  Stunden  gerichtete,  die  Streichlinien  schneidende 
Transversstructur , d.  h.  Pressungsstructur.  Was  ich  gegenüber 
dein  trügerischen  Generalstreichen  seit  1867  für  den  Unterharz 
geltend  gemacht  habe,  gilt  auch  hier.  Dieselbe  Tendenz  einer 
gegen  0.  convexen  Umstauung  des  herrschenden  nieder- 
ländischen Falten  Systems  in  das  her  cyni  sehe,  welche  in 
der  Selkemulde,  in  der  Elbingeroder  Mulde  bei  Hüttenrode  wie 
auf  der  Ostseite  des  Brockens,  kurz  überall  gegen  den  Nordrand 
des  Gebirges  hinzu  sich  geltend  macht,  kehrt  auch  hier  mit 
charakteristischen  Schichtbrüchen  verknüpft  deutlich  wieder. 

Am  reinsten  aber  tritt  diese  gegen  Ost  gespannte  Bogenlinie 
als  Ausdruck  der  aus  der  älteren  Richtung  in  die  jüngere  über- 
gegangenen Druckwirkung  im  Ostrande  des  Brockenmassivs  aus 
dem  Grundplane  des  Gebirges  hervor.  Die  tektonische  Bedeu- 
tung der  Oder-Spalte  spricht  sich  nun  darin  deutlich 
aus,  dass  ihre  von  allen  weithin  fortsetzenden1)  Gängen 
des  Oberharzes  abweichende  nordnordwestliche  Rich- 
tung der  Sehne  oder  Drehungsaxe  zu  diesem  Bogen 
entspricht  und  ebenso  ihre  östliche  Fallrichtung  der 
Spannung  dieses  Bogens:  Die  Zerspaltung  des  im  Sinne 
des  niederländischen  Faltungssyste m s aufgepressten 
Granits  von  St.  Andreasberg  ist  sonach  als  Folge  des 
Wechsels  der  Faltungsrichtung  im  Sinne  des  hereyni- 
schen  Systems  aufzufassen,  wobei  sich  das  östliche  Einfallen 
der  Spalte  als  Resultirende  aus  der  nordwestlichen  Druckrichtung  des 
niederländischen  Systems  und  der  südwestlich  gekehrten  Rückstau- 
richtung des  im  oberen  Querschnitt  durch  die  Erdkruste  grossen theils 
entgegengesetzt  wirkenden  hercynischen  Systems  erklärt.  Auf  der 
Ostseite  des  Brockens  kehren  in  der  Elbingeroder  Mulde  solche 
Verwerfungslinien  mehrfach  wieder.  Am  grossartigsten  aber  tritt 
uns  die  Zerspaltung  des  ganzen  Gebirges  nach  der  Streich-  und 


0 Als  Gänge  von  kürzerer  Erstreckung  in  der  Streichrichtung  der  Oder- 
spalte sind  zu  verzeichnen:  der  Schatzkammerzug  bei  Altenau,  der  Segen  des 
Herrn  westlich  von  Ober- Schulenberg  und  die  Schwerspathgänge  südlich  des 
Jägersblecker  Teichs,  letztere  beide  sind  bei  der  Eintragung  in  die  Uebersichts- 
karte  übersehen  worden. 


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K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


der  Fallrichtung  der  Oderspalte  in  dem  durch  die  Porphyre  und 
Melaphyre  von  unten  auf  erfüllten  Gangsysteme  im  Zwischen- 
gebiete  zwischen  Brocken  und  Rammberg  entereffen. 

Ich  habe  die  Bedeutung  dieser  Gänge  gerade  in  dem  am 
meisten  gestörten  Gebirgsbaue  zwischen  den  einander  zugekehrten 
Seiten  der  Granitstöcke  schon  mehrfach  hervorgehoben  und  dabei 
auch  ihren  Verlauf  in  der  Richtung  einer  Sehne  der  gegen  Ost 
convexen  Schichtenbögen  oder  einer  Mittellinie  (Drehungsaxe,  ver- 
gleiche weiter  unten)  der  Z-förmig  zusammengezogenen  Stauungs- 
falten jenes  Zwischengebietes  betont1).  Aber  erst,  nachdem  ich  die 
petrographische  Beschaffenheit  der  einzelnen  Spaltengesteine  näher 
untersucht  hatte,  gelang  mir  dann  im  Frühjahr  1880  der  bündige 
Nachweis  des,  wie  ich  darthun  zu  können  glaube , für  den  Bau 
des  ganzen  Gebirges  wichtigen  Spaltenbildungsgesetzes.  Die  Klar- 
legung desselben  kann  zugleich  als  Maassstab  für  unsere  einstige 
und  jetzige  Kenntniss  vom  Harze  dienen. 

Der  vortreffliche  Beobachter  Zimmermann  hatte  schon  in 
seinem  Harzgebirge  eine  für  das  in  Rede  stehende  Gesetz  bedeut- 
same Mittheilung  gemacht.  Er  giebt  (S.  489)  gelegentlich  der 
Beschreibung  des  Tanner  Bergreviers  von  einem  im  Hasselhäu 
zwischen  Trautenstein  und  Tanne  beobachteten  Porphyrgange  an: 
»hier  zeigt  es  sich,  dass  der  Porphyr  das  ältere  Gestein  ist,  denn 
während  derselbe  bis  an  den  Grünstein  (sc.  Diabas)  heransetzt, 
wird  er  von  diesem  abgeschnitten,  findet  sich  aber  auf  der  anderen 
Seite  desselben  in  den  Heiligenstöcken  und  nach  Königshof  hin 
wieder.«  Als  ich  diese  Stelle  las,  fand  ich  in  ihr  eine  evidente 
Bestätigung  meines  Gesetzes,  obwohl  ich  das  Alter  der  beiden 
einander  kreuzenden  Eruptivgesteine  gerade  umgekehrt  dahin  dar- 
gethan  habe,  dass  der  pr aegr an i tische  Diabas  schon  vor  dem 
Hauptfaltungs-  und  Gebirgsbildungsprocesse  zwischen  die  Schichten 
eingeschaltet  wai^  der  postgraniti sehe  Porphyr  dagegen  Spalten- 
räume erfüllt,  deren  Entstehung  nur  zufolge  der  Gegenwirkung 
der  beiden  sich  in  ihrer  Richtung  kreuzenden  Faltungs-  und  Granit- 
auspressungsprocesse  verstanden  werden  kann.  Es  setzt  offenbar, 

!)  Zeitsehr.  d.  D.  geol.  Ges.,  Bd.  XX,  S.  453;  Bd.  XXVIII,  S.  406;  Bd.  XXIX, 
8.  201;  auch  E.  Kayser  an  der  zuletzt  angezogenen  Stelle. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


27 


und  darin  liegt  ein  Theil  jener  erkannten  Gesetzmässigkeit,  der 
zufolge  gehemmter  Faltung  in  dem  ganz  in  einander 
gepressten  Gebirgstheile  aufgerissene  und  zugleich1) 
mit  Porphyr  erfüllte  B erstungsriss  an  der  ein  Hemmniss 
bildenden  Diabasmasse  ab  und  erleidet  eine  (bis  zu 
einem  gewissen  Grade  der  Auslenk u n g d e r S p a 1 1 e n v e r- 
gleichbare)  seitliche  Verschiebung.  Was  hier  an  einer 
Stelle  und  für  eine  Spalte  beobachtet  worden  ist,  das  lässt  sich 
an  den  nahezu  parallelen  1 1 Hauptgangspalten , welche  zwischen 
Königshof  und  Neuwerck  die  Bode  kreuzen,  und  auch  an  den 
Spalten  des  Auerbergsystems  in  häufiger  Wiederholung  nachweisen. 
Bis  auf  ganz  vereinzelte  Ausnahmefälle  findet  die  z.  Th.  unter  der 
Mitwirkung  meines  Freundes  Kayser  in  nahezu  100  Fällen  kar- 
tirte  Spaltenverschiebung  durch  den  ganzen  Harz,  vom  Poppenberge 
bei  Ilfeld  bis  nach  Wernigerode  und  vom  Auerberge  bis  in  die 
Nähe  von  Benzingerode  stets  in  dem  Sinne  statt,  dass  das  nörd- 
lichere Stück  des  abgelenkten  Ganges  nach  Osten  ge- 
rückt ist.  Dieses  staffelförmig  aus  Südwest  gegen  Nordost  ge- 
ordnete Vorrücken  der  einzelnen  dem  Streichen  nach  zwischen 
Stunde  1 1 und  1 durchschnittlich  schwankenden  ein  und  dem- 
selben Zuge  angehörigen  Gangstücke  entspricht  den  in  dieser 
SW.  — NO.- Richtung  und  nicht  umgekehrt  zusammengedrückten 
Z-förmigen  Stauungsknicken.  Man  sieht  leicht  ein,  wie  durch  den 
Verschiebungsprocess  zufolge  des  Parallelismus  der  11  Gänge 
Gangstücke  ganz  verschiedener  Gangzüge  und  darum  von  ganz 
abweichendem  Gesteinscharakter  in  ein  und  dieselbe  Flucht  des 
geraden,  wenn  auch  unterbrochenen  Fortstreichens  gelangen  müssen. 
An  anderer  Stelle  soll  der  petrographische  Charakter  der  Einzel- 
spalten, dessen  Verständniss  erst  die  Lösung  des  Problems  ermög- 
lichte, gemeinsam  mit  einer  topographisch  geologischen  Beschreibung 
des  Gangspaltennetzes  erläutert  werden. 


1 ) Dass  die  Ausfüllung  dieser  Berstungsrisse  mit  der  Entstehung  der  Spalten 
zusammenfallen  muss,  was  ich  früher  Angesichts  der  Abhängigkeit  ihrer  Richtung 
vom  Faltungsprocesse  für  nicht  noth wendig  erachtet  habe,  folgt  zweifelsohne  aus 
der  Ausfüllung  der  gleichsinnig  abgelenkten  Einzelrisse  ein  und  desselben  Spalten- 
zuges durch  dasselbe  Eruptivmaterial. 


28 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrograpkische 


Nur  einiger  für  den  Gebirgsbau  nicht  unwesentlicher  Umstände 
sei  hier  noch  gedacht  : 

Ich  habe  diese  Eruptivgesteine  als  postgranitisch  bezeichnet, 
weil  ich  das  Entstehen  solcher  Berstrisse,  die  alle  Falten  schneiden 
und  an  den  gefalteten  Gesteinen  zersplittern  und  abgelenkt  werden, 
mir  nur  nach  dem  unter  Auszwängung  der  Granitmassen  erfolgten 
Maximum  des  Faltenwerfens  vorstellen  kann.  Dafür  spricht  ausser 
der  mittleren  Streichrichtung  aber  auch  die  Gesammtform  des 
Spaltensystems,  das  in  der  Richtung  einer  Linie  vom  Ende 
des  Bodegangs  auf  die  Hasseröder  Granophyr-  Apophysen  hinzu 
bei  Elbingerode  sichtlich  eingeschnürt  ist,  nördlich  und  südlich 
dieser  Linie  aber  divergirt,  und  zwar  in  dem  nördlichen,  dem 
Brockenmassiv  näher  liegenden  und  darum  nach  der  Ostgrenze 
desselben  orientirten  Theile  am  wenigsten,  in  dem  südlichen,  der 
Rammbergaxe  mehr  parallelen  Theile  innerhalb  weniger  intensiv 
ineinandergepresster  Schichten  am  meisten.  Verwerfungen  längs 
dieser  Gesteinsgänge  sind  recht  selten,  sonst  müssten  sie  in  der 
Elbingeroder  Mulde,  wo  der  Wechsel  mächtiger  Kalk-,  Grauwacken-, 
Diabas-  oder  Schalsteinbildungen  die  Controle  sehr  erleichtert, 
ausserordentlich  oft  zu  beobachten  sein;  das  eben  charakterisirt  diese 
Spalten  als  relativ  junge  Berstrisse  in  einem  durch  die  Faltung  ganz 
versteiften  Gebiete,  wie  denn  ja  auch  der  dem  rheinischen  Schiefer- 
gebirge zugekehrten  steilen  Westseite  des  Gebirges  ein  gleichge- 
richteter junger  Hauptbruch  zu  Grunde  zu  liegen  scheint.  Doch 
fehlen  Verwerfungen  nicht  ganz,  wie  ein  sehr  schönes  Beispiel 
an  dem  von  der  Marmormühle  unterhalb  Rübeland  nach  dem 
Garkenholze  übersetzenden  Alelaphyrgange  zeigt,  auf  dessen  Ost- 
seite im  Hangenden  ein  normaler  Sattel  gegen  N.  abgesunken  ist, 
während  westlich  im  Liegenden  eine  krummlinige  westsüdwestlich 
weithin  fortsetzende  spiesseckige  Hauptverwerfung  mit  geringeren 
Nebenstörungen  angrenzt.  Hier  deckt  sich  also  wohl  der  Berstriss 
mit  einer  älteren  gleichsinnigen  Spaltlinie.  Andererseits  kommen 
solche  nahezu  westöstlich  gerichteten  spiesseckigen,  z.  Th.  deutlich 
mit  Ueberschiebung  der  angrenzenden  liegenden  Schichten  auf  die 
jüngeren  Kalk-  und  Diabasmassen  verbundenen  Störungen,  welche 
den  Andreasberger  Ruschein  am  besten  verglichen  werden  können, 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


29 


in  der  Elbingeroder  Mulde  oft  vor  und  werden  daher  oft  von  den 
Eruptivgängen  gekreuzt.  Dabei  nimmt  man,  abgesehen  von  dem 
soeben  besprochenen  Falle,  in  dem  die  spiesseckige  Störung  an  dem 
Gesteinsgange  endet,  meistens  ein  ungehindertes  Hindurchsetzen  des 
Ganges  durch  die  Störungslinie  wahr,  zuweilen  aber  wird  auch  der 
Gang  an  der  Verwerfung  abgelenkt.  Es  zeigt  sich  hier  also  ganz 
deutlich  das  jüngere  Alter  der  die  Berstungsrisse  erfüllenden  Gesteins- 
gänge und,  sieht  man  einmal  von  dieser  ihrer  besonderen  Natur  ab, 
aus  dem  Vergleiche  der  beiden  letzteren  Fälle  mit  dem  ersterwähnten, 
dass  die  nahezu  nordsüdlich  gerichteten  Spalten  zwar  meistens  jünger, 
als  die  fast  ostwestlich  gerichteten  sind,  dass  dies  jedoch  nicht  all- 
gemein im  Harze  gilt.  Es  wiederholen  sich  hierin  Verhältnisse 
im  Grossen,  wie  man  sie  im  Kleinen  durch  den  St.  Andreasberger 
Bergbau  seit  längerer  Zeit  kennt.  Dort  sind  die  nahezu  südwärts 
fällenden  Ruschein  älter  als  die  nordostwärts  fällenden  Gänge  inner- 
halb der  Ruschein , die  in  ihrer  Streichlinie  sich  der  Oderspalte 
nähern,  dagegen  lenken  der  Gnade  Gottes’er  und  der  Berginanns- 
troster  Gang  bei  fast  nördlichem  Einfallen  und  einem  den  Ruschein 
nahezu  parallelen  Streichen  wieder  an  diesen  ersteren  Gängen  aus. 
Alles  in  Allem  mahnen  derartige  Erfahrungen  zu  grosser  Vorsicht 
gegenüber  einem  Versuche,  lediglich  aus  der  Streichrichtung  der 
Gänge  eine  Eintheilung  oder  einen  Altersnachweis  herzuleiten. 

Am  Oberharze  habe  ich  im  Laufe  des  vergangenen  Sommers 
unter  Anwendung'  der  Unterharzer  Erfahrungen  in  Begleitung  meines 
Freundes  v.  Groddeck,  durch  welchen  ich  die  erste  Kunde  von  dem 
Vorkommen  erhielt,  nördlich  vom  Gegenthaler  Gangzuge  im  linken 
Gehänge  des  Innerstethaies  einen  Quarz,  Glimmer  und  Feldspat h 
führenden,  z.  Th.  stark  zersetzten  porpliyrischen  Eruptivgang  ver- 
folgt, der  offenbar  in  die  Gruppe  der  postgranitischen  Eruptiv- 
gesteine gehört1).  Derselbe  streicht  den  Eruptivgängen  zwischen 

1 ) Die  local  längs  der  Gangspalte  bemerkliche  Umwandlung  der  oberdevo- 
nisclien  Schiefer  und  Kalke  in  Hornfels  und  Kalkhornfels,  welche  vor  der  Kennt- 
niss der  Streichrichtung  des  Ganges  eine  dem  Bodegang  - Porphyr  analoge 
Porphyrfacies  des  Granits  voraussetzen  liess,  steht  doch  in  vortrefflichem  Ein- 
klänge mit  den  Contactinetamorphosen,  welche  die  postgranitischen  Porphyre  und 
Melaphyre  in  den  durchsetzten  Devonkalken  von  Elbingerode  und  Rübeland  her- 
vorgerufen haben. 


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K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


Brocken  und  Rammberg  und  der  Oder -Spalte  parallel  und  darf 
nach  dem  Voraufgehenden  sonach  als  weiterer  Beweis  für  die 
Wirkung  der  hercynischen  Kraft  im  Oberharze  gelten. 

Was  nun  die  übrigen  Oberharzer  Gangspalten  betrifft,  so 
können  dieselben,  wie  das  v.  Groddeck  ja  auch  annimmt,  nur  im 
Zusammenhänge  mit  seiner  Kellwasser-Spalte  oder  jetzt  der  Oder- 
Spalte  erklärt  werden.  Die  Ausgleichung  der  durch  Einwirkung 
des  hercynisch  gerichteten  Granits  auf  den  ursprünglich  rein  nieder- 
ländischen Faltenbau  des  Oberharzes  hervorgerufenen  Spannungen 
wird  also  auch  hier  den  Erklärungsgrund  abgeben  müssen.  Im 
Einzelnen  wird  ein  Erklärungsversuch  ausser  der  Streich  - und 
Fallrichtung  und  dem  Verwerfungseffecte  der  Gangspalten  die  Ein- 
senkungsrichtungen der  Sattel-  und  Muldenlinien  des  Faltenbaues, 
die  örtliche  Häufung  der  Falten  und  Faltenverwerfungen,  ihre  aus 
der  steigenden  oder  abnehmenden  Aufrichtung  ein  und  derselben 
Schicht  im  geraden  Fortstreichen  und  aus  dem  einseitigen  Aus- 
bleiben eines  Theils  der  normalen  Schichtfolge  ersichtliche  Ver- 
biegung, die  aus  solchen  Verbiegungen  hervorgehenden  Stauungs- 
knicke und  Kuschelbildungen,  schliesslich  die  Discordanz  zwischen 
dem  Streichen  und  Fallen  der  Schichtung  und  demjenigen  der 
Transversal-,  d.  h.  Pressungsstructur  in  Rechnung  ziehen  müssen. 

Ehe  die  Vollendung  der  Detailkartirung  eine  eingehende  Ver- 
gleichung  und  Abwägung  dieser  zahlreichen  Einzelerscheinungen 

O o O O O 

des  Gebirgsbaues  ermöglicht  haben  wird,  lässt  sich  eine  allseitig 
befriedigende,  jedenfalls  aber  nicht  auf  einseitige  Druck- 
wirkung, sondern  auf  die  beiden  im  Harz  nachgewie- 
senen Faltungssysteme  unter  Berücksichtigung  von 
Zug  und  Druck  zu  basirende  Theorie  selbstverständlich  nicht 
geben.  Grade  die  der  grossartigen  Ueberschiebnng  des  Bruch-  und 
Ackerherges  zugekehrte  Seite  des  Oberharzes,  welche  v.  G roddeck, 
E.  Kayser  und  A.  Halfar  neuerdings  so  beachtenswerthe  For- 
schungsergebnisse geliefert  hat,  dürfte  auch  der  fortgesetzten  sorg- 
fältigen Untersuchung  den  Lohn  nicht  versagen,  zu  geschweigen 
von  der  erst  theilweise  in  Angriff  genommenen  Detailkartirung  der 
Gegend  beiderseits  des  Kahleberg-Rammelsberger  Sattels  von  Lan- 
gelsheim bis  zur  Ecker. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


31 


Immerhin  ladet  das  in  der  Uebersiclitskarte  dargestellte  Bild 
des  Oberharzes,  für  welches  ich  vorwiegend  auf  die  Resultate 
meiner  drei  Herren  Mitarbeiter  angewiesen  war,  zu  einem  prüfenden 
Erklärungsversuche  ein.  Dabei  tritt  zunächst  der  Umstand  hervor, 
dass  auf  der  ganzen  SO.- Seite  des  Oberharzes,  von  der  Gegend 
des  Austrittes  der  Söse  aus  dem  Gebirge  an  bis  zur  Kattenäse 
östlich  Harzburg,  Mittel-  und  Oberdevon  Q zwischen  dem  unter- 
devonischen Bruchbergquarzite  oder  dem  Granite  und  der  Südost- 
grenze der  Culmformation  fehlen,  weiter  nordwestwärts  dagegen 
auf  der  ganzen  Flucht  von  Osterode  bis  Harzburg , die  kurze 
Strecke  zwischen  dem  Polsterthaler  Teiche  und  dem  Kellwasser 
beiderseits  Altenau  ausgenommen,  aus  dieser  Formation  auftauchen 
in  einem  langgestreckten  Zuge  von  Sattelfalten,  richtiger  in  einer 
der  auf  die  Culmschichten  übergeschobenen  Bruchbergkette  paralle- 
len Reihe  von  Faltenverwerfungen.  Darf  man  darin  den  Ausdruck 
einer  anfänglich  gleich mässig  von  SO.  nach  NW.  fortschrei- 
tenden  Zusammenschiebung  des  ganzen  Oberharzer  Schichten- 

O O 

Systems  erblicken,  wobei  die,  wie  aus  dem  Ausbleiben  des  Mittel- 
und Oberdevons  zwischen  Quarzit  und  Culm  ersichtlich,  ungleich- 
mässigen  Gleitbewegungen  wesentlich  nur  in  der  Ebene  der  Fall- 
richtung  stattfanden,  so  fällt  nun  um  so  mehr  auf,  dass  die  Bruch- 
bergkette selbst  keineswegs  eine  so  gleichmässige  Ausdehnung 
durch  das  ganze  Gebirge  besitzt,  vielmehr  an  den  Radauquellen 
rasch  abbricht  und  erst  jenseits  des  in  der  hereynischen  Richtung 
gegen  den  Oberharz  vortretenden  Granits  zwischen  der  Ecker  und 
Radau  wieder  fortsetzt  in  jener  1877  von  mir  näher  beschriebenen *  2) 
gegen  den  Unterharz  muldenförmig  aushebenden  und  dabei  theil- 
weise  diesem  Granitantheile  parallel  gerichteten  Erstreckung.  Es 
fällt  dies  bei  Betrachtung  des  Grundplanes  des  Gebirges  doppelt 
auf,  weil  weiter  in  NW.  gegenüber  dieser  Lücke  in  der  Quarzit- 
kette im  SO.,  sich  der  ansehnliche,  gegen  NW.,  bezw.  SW.,  ilber- 

:)  Oberdevon , welches  von  diesem  oder  jenem  als  muthmaasslich  vorhanden 
betrachtet  ist,  wäre  doch  erst  sicher  nachzuweisen,  immerhin  würde  das  Fehlen 
des  Mitteldevons  auch  dann  noch  obige  Darstellung  gerechtfertigt  erscheinen 
lassen. 

2)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXIX,  S.  620  ff. 


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K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


schobene  Kalileberg-Rammelsberger  Unterdevonsattel  aufthürmt,  in 
dessen  dem  Hügellande  zugekehrter  breiter  Stirn  der  Nordrand 
des  Gebirges  culminirt. 

Untersucht  man  dann  die  Grenze  des  Brockengranits  gegen 
den  Oberharz,  so  bemerkt  man,  dass  von  SW.  nach  NO.  fort- 
schreitend immer  jüngere  Schichtgruppen  an  dieselbe  herantreten: 
unterhalb  Schlaft  die  Tauner  Grauwacke,  oberhalb  Schlaft  bis  zur 
Steilen  Wand  der  Untere  Wieder  Schiefer,  an  der  Steilen  Wand 
und  den  Lerchenköpfen  der  Bruchbergquarzit,  jenseits  der  Lerchen- 
köpfe Culmschichten.  Dieselbe  Erscheinung  kehrt  auf  der  Nord- 
westseite des  Bruchberges  wieder,  unter  der  Schusterklippe  und 
noch  bis  über  das  Schneedwasser  grenzen  Culmschiefer  und  Culrn- 
kieselschiefer  an  den  Quarzit,  unter  der  Wolfsklippe  bis  zum 
Radauthal  dagegen  Culingrauwacke ; auch  diese  Culmkieselschiefer 
selbst  sind  im  SW.  in  normaler  Ordnung  auf  Culmschiefer  (Aequi- 
valente  der  Posidonienschiefer)  aufgeschoben,  weiter  nordöstlich 
dagegen  auf  Culingrauwacke.  Aehnliche  Ungleichheiten  in  der 
Begrenzung  lassen  sich  auch  an  der  zerrissenen  und  gegen  NW. 
überschobenen  Sattelfalte  des  Osteroder  Grünsteinzugs  und  an  den 
zahlreichen  kleinen  zwischen  ihm  und  dem  Bruchberge  naclige- 
wiesenen  analogen  Auffaltungen  des  Culms  erkennen.  Sie  alle  ge- 
hören  in  die  Kategorie  der  spiess eckigen  Faltenverwerfungen1). 

Da,  wo  die  Faltenverwerfung  im  Liegenden  des  überge- 
schobenen  Formationsglieds  gleichsinnig  nach  einer  Richtung,  wie 


x)  Seit  der  Auffindung  von  Homalonoten  in  dem  Wissenbaclier  (Goslarer) 
Schiefer  auf  der  NW. -Seite  des  Osteröder  Diabaszugs-  (vgl.  A.  Halfar  und 
E.  Beyrich  in  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXIII,  S.  502  und  518)  können 
diese  auf  der  Uebersichtskarte  mit  den  über  den  Calceolaschiefern  lagernden  echten 
mitteldevonischen  Goslarer  Schiefern  zusammengefassten  Schichten  nicht  mehr  als 
mitteldevonisch  gelten , sie  treten  vielmehr  in  Beziehung  zu  den  echten  unter- 
devonischen Wissenbacher  Schiefern  am  Rhein  und  zu  den  Zorger  Schiefern  mit 
nautilinen  Goniatiten  am  Herzoglichen  Wege  bei  Hüttenrode  im  Unterharz  (vgl. 
Lossen  in  ds.  Jahrb.  Bd.  I,  S.  44).  Zur  Erkehntniss  des  Diabaszugs  als  eines 
mit  Faltenverwerfung  verbundenen,  nicht  aber  normalen,  einseitig  zusammen- 
geschobenen Sattels  bedurfte  es  gleichwohl  dieses  wichtigen  Fundes  nicht;  das 
einseitig  nordwestliche  Auftreten  der  genannten  Schiefer  und  das  Angrenzen 
sehr  verschiedener  Glieder  der  Culmformation  auf  beiden  Seiten  genügten 
sattsam  dazu. 


Beiträge  zur  Kermtniss  des  Harzes. 


33 


längs  der  nordwestlichen  Brockengranitgrenze  gegen  NO.,  zuuimmt, 
kann  wohl  kein  Zweifel  obwalten,  dass  ein  von  SW.  nach  NO. 
wachsender  Druck  aus  SO.  oder  aber  Zug  immer  jüngere 
Schichten  untergestaut  hat  unter  die  aufwärts  geschobenen  Massen. 
Es  ist  also  a priori,  keineswegs  ausgemacht,  dass  ein  Druck  constant 
im  Sinne  der  niederländischen  Faltung  rechtwinklich  aus  SO. 
gegen  die  gefalteten  Schichten  des  Oberharzes  fortwirkend  gedacht 
werden  dürfe,  wie  das  von  meinem  Freunde  entworfene  Schema 
zu  seiner  Ausstrahlungstheorie  voraussetzt.  Wenden  wir  hier,  wo 
wir  es  mit  dem  Bruch-  und  Ackerberge,  der  einzigen  deutlichen 
Bergkette,  welche  im  Harz  auftritt,  zu  thun  haben,  einmal  die  von 
Herrn  Heim  vertretenen  Anschauungen  an  x),  so  müsste  man  unter 
der  Voraussetzung:  der  Fortdauer  des  Faltungsdruckes  aus  SO.  und 
einer  von  SW.  gegen  NO.  wachsenden  Steigerung  desselben  eine 

O O O O 

gegen  den  Oberharz  gerichtete  Convexität  in  der  Faltenbildung 

O ö O O 

ausgedrückt  finden.  Eine  solche  ist  indessen  nicht  oder  doch  so 
gut  wie  nicht  vorhanden;  wohl  biegen  die  Schichten  in  der  De- 
pression zwischen  Bruchberg  und  Acker  in  Stunde  2 um  und  auf 
der  SO. -Seite  der  Steilen  Wand  ist  eine  ähnliche  Stelle  vorhan- 
den, indessen  gerade  hier  durchsetzen  und  verrücken  die  Acker- 
spalte* 2) und  die  Oderspalte  die  Kette,  die  jenseits  der  letzteren 
rasch  versinkt,  so  dass  den  gewaltigen  Massen  des  Brockens  gegen- 
über nur  mehr  das  im  Verhältniss  zur  Kette  viel  niedrigere  Culm- 
Plateau  längs  der  concaven  Granitgrenze  erscheint. 

Die  Convexität  und  der  Steilabfall  des  Brocken- 
massivs liegen  vielmehr  sehr  deutlich  auf  der  Unter- 
harz-Seite,  das  lehrt  nicht  nur  die  von  der  Erosion  doch  nicht 
ganz  ins  Gegentheil  des  ursprünglichen  Reliefs  verkehrte  Ver- 
theilung  der  Haupterhebungen,  vielmehr  noch  der  Bogen  der 
Granitgrenze  selbst  und  der  sich  ihm  ansclnniegende  Verlauf  der 
nordnordöstlich  bis  Stunde  D/2  umwendenden  und  hier  allerwärts 

»)  a.  a.  0.  Bd.  2,  S.  222  ff. 

2)  Ueber  die  von  E.  Kayser  entdeckte  Ackerspalte,  die,  wie  so  manche 
anderen  schönen  neueren  Beobachtungen  meines  Freundes  nicht  mehr  in  die 
Ueber  sichtskarte  eingetragen  werden  konnte,  vergleiche  dessen  Abhandlung  in 
diesem  Jahrbuche. 


3 


34 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


vom  Granit  Q abfallenden  Schichten  in  der  unmittelbaren  Nach- 
barschaft dieser  Grenze.  Doch  nur  schmal  ist  diese  Anschmie- 
gungszone, bald  folgt  das  vom  Nordostrande  des  hercynischen 
Brockengranitantheils  auslaufende,  der  Oderspalte  nahezu  parallele 
Hasseroder  Quarz-  und  Erzgangspaltensystem,  dessen  gegen  S. 
durch  das  Drengethal  u.  s.  w.  bis  mindestens  zum  Spitzenholze  zu 
verlängerende  Verwerfungslinie  die  Westgrenze  des  stark  gefalteten 
Senkungsgebiets  der  Elbingeroder  Devonmulde  und  des  ganzen 
unter  jenen  hercynischen  Granit  gedrückten  Gebirgstheils  bildet. 
In  diesem  Senkungsgebiete,  namentlich  aber  in  der  von  N.  her 
auf  die  jüngeren  Devonschichten  aufgeschobenen  Randzone  des 
Gebirges  ist  der  Kampf  der  beiden  den  Gebirgsbau  bedingenden 
Faltensysteme  so  augenscheinlich,  dass  das  an  jener  Anschmie- 
gungszone leicht  irregeführte  Urtheil  sich  alsbald  Orient irt  und 
dieselbe  nunmehr  im  Zusammenhänge  mit  den  früheren  Dar- 
legungen (vergl.  S.  25)  als  eine  bis  zur  Zerreissung  gespannte 
Aufbiegungszone  bereits  gefalteter  Schichten  erkennt;  als  Maass- 
stal) für  die  Aufbiegung  möge  die  Mittheilung  dienen,  dass  z.  II. 
die  am  Hahnenklee  bei  St.  Andreasberg  in  1900  Decimalfuss 
Höhe  anstehenden  Kalkhornfelsschichten  auf  dem  Hohnekopfe 
2275  Fuss  hoch  lagern.  Sattelfalten  als  östliche  Vorlagen  vor 
dieser  Aufbiegungszone  erkennt  man  leicht  in  der  Elbingeroder 

O o O 

Mulde,  so  s.  B.  in  den  Kieselschiefer -Massen  des  Schäbenholzes 

u.  s.  w. 

Also  Concavität  des  Brocken -Granitmassivs  gegen  den  Ober- 
harz, Convexität  gegen  den  Unterharz,  Biegung,  Brechung  und 
Unterstauung  der  Bruchbergkette  von  SW.  gegen  NO.  dort.  Auf- 
biegung  der  Schichten  in  gleicher  Richtung  hier,  westlich  jener 
Niederziehung  das  Auftauchen  des  gegen  NO.  immer  straffer  ge- 
spannten  Kahleberg-Rammelsberger  Devonsattels,  östlich  dieser  Auf- 
biegung die  überaus  stark  gefaltete,  tief  eingesenkte  Elbingeroder 
Devonmulde ; das  sind  offenbar  in  Wechselwirkung 
stehende  tektonische  Ve r h ä 1 1 n i s s e ! Sieht  man  unter  diese m 
Gesichtspunkte  die  langgedehnten  Faltenlinien  der  dem  Brocken 


Syenit- Granit  und  Diorit  etc.  mit  eingerechnet. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


35 


zugekehrten  Oberharzregion  an,  so  erkennt  man  deutlich,  wie  Anzahl 
und  Breite  der  Falten  oder  Faltenverwerf ungen  «re^eu  SW.  hin 
sich  steigert,  wie  die  Falten  dagegen  gegen  den  Concavitäts- 
winkel  der  Granitgrenze  hinzu  immer  schmaler  und  spärlicher 
werden,  gleichsam  wie  Wellen,  die  in  ein  Strudelloch  laufen.  Demi 
jeue  breiten  Heraushebungen  der  mittel-  und  oberdevonischen  Erup- 
tivgesteine des  Schmalen-  und  Breitenbergs  bei  Harzburg,  die  man 
wohl  als  das  Wiederauftauchen  des  Osteroder  Diabaszugs  be- 
zeichnet hat,  sind  mit  nichten  dessen  directe  streichende 
Fortsetzung.  Dieselbe  ist  vielmehr  in  der  ganz  schmalen 
Diabas-  und  Magneteisenerzmasse  des  Spitzenberges  zu  finden, 
welche  neben  der  breiten  Diabasmasse  des  hinteren  Schmalen- 
bergs herstreicht  und  dann  gegen  ONO.  unter  den  Culmschichten 
untertaucht.  Zwischen  ihr  und  den  beiden  in  unregelmässiger  ein- 
seitiger  Aufschiebung  hervorgestossenen  breiten  Massen  *),  die  ich 
als  die  Vorläufer  des  in  der  Verschiebung  seiner  Süd-  und  Nord- 
hälfte ganz  analogen  Bammelsberg-Kahleberger  Sattels  ansehe,  muss 
eine  namhafte  Ruschelkluft  vorhanden  sein,  an  der  die  Oderspalte 
abzusetzen  scheint,  und  die  nach  Westen  z.  Th.  in  den  Gemken- 
thaler  Gangzug  übergehen  mag,  der  nach  ihr  umbiegt,  ähnlich,  wie 
sich  der  Burgstädter  Zug  an  das  rusclielartige  Gangstück  zwischen 
dem  Rosenhöfer  und  dem  Schulthaler  Gangzuge  anschliesst  und 
diese  letzteren  beiden  Gänge  desgleichen. 

Obwohl  keine  Karte  und  kein  Riss  meines  Wissens  diese 
Ruschelkluft  angiebt,  muss  sie  vorhanden  sein,  denn  sie  ist  die 
Grenze  zweier  Gebirgstheile , die  ganz  verschiedene  Bewegungen 
gemacht  haben,  des  einen,  dessen  Sattellinien  gegen  NO.  in  den 


D Erst  die  Gliederung  dieser  Massen  in  Eruptivgesteine  verschiedener  Art 
und  verschiedenen  Alters  lässt  einigermaassen  auch  deren  tektonische  Rolle  er- 
kennen. Dieser  Gliederung  standen  und  stehen  noch  grosse  Schwierigkeiten  ent- 
gegen zufolge  der  ausserordentlich  intensiven  Contactmetamorphosen,  welche  diese 
Eruptivgesteine  erlitten  haben.  Im  Allgemeinen  sind  aber  die  Orthoklas-Gesteine 
die  ältesten,  die  Granat-reichen  Diabas- Gesteine  die  mittleren  Alters  ( Blatterstein- 
Aecpuivalente)  und  die  häufig  variolitähnlich  ausgebildeten  körnigen  Diabas-Gesteine 
die  jüngsten.  Letztere  setzen  ausser  der  in  der  Ueber sichtskarte  bereits  ange- 
gebenen Partie  am  Schmalenberge  auch  die  nordnordwestliche  Hälfte  des  Breiten- 
bergs zusammen,  so  dass  die  einseitige  Heraushebung  der  Massen  sehr  deutlich  ist. 

3* 


30 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


einspringenden  Winkel  der  Granitgrenze  hinein  einsenken,  und 
des  anderen,  dessen  Sattellinien  sich  in  der  gleichen  Richtung  heraus- 
heben. Solche  Ruschein  oder  spiesseckige  Falten  Verwerfungen, 
längs  derer  also  seitlich  gleitende  neben  den  in  der  Fallrichtung 
gehenden  Bewegungen  stattgehabt  haben,  die  zum  Verquetschen 
ganzer  Schichtengruppen  führen  können,  sind  für  den  Zusammen- 
hang zwischen  Falte  und  Spalte  sehr  bedeutsam.  Sie  sind  offen- 
bar älter,  als  die  echten  Spalten,  welche  an  ihnen  absetzen  oder  in 
weniger  spiesseckiger  Richtung  von  ihnen  ablaufen.  Die  Oder- 
spalte und  die  Oberharzer  Gänge  sind  also  etwas  jüngeren  Alters 
als  dieselben. 

Auch  die  Granitgrenze  gegen  den  Oberharz  stellt,  wie  wir 

O o O J 

oben  gesehen,  auf  lange  Erstreckung  eine  solche  spiesseckige  Linie 
dar,  längs  welcher  zwei  Gebirgsstücke  ganz  verschiedene  auf-  und 
niedergehende  Bewegungen  vollzogen  haben.  Wie  aber  ist  das  oben 
geschilderte  Verhalten  des  Granits  zu  erklären?  Wie  kommt  es, 
dass  die  Bruchbergkette  von  SO.  her  gegen  den  Oberharz  ge- 
schoben ist,  längs  der  in  der  Fortsetzung  der  Kette  folgenden  Granit- 
grenze aber  die  Wirkungen  eines  Zugs  gegen  den  Unterharz 
hin  sich  bemerklich  machen?  Ich  kann  darauf  nur  erwidern, 
dass  ich  den  für  den  Harz  durchweg  erkannten  Umschlag  der 
ursprünglich  niederländischen  Faltungsrichtung  in  die  jüngere  her- 
cynische  als  zureichenden  Grund  ansehe.  Vergegenwärtigen  wir 
uns  den  Effect  eines  solchen  Wechsels  aus  der  Vorstellung  des 
Vorgangs  selbst.  Es  sollen  aus  SO.  einseitig  zusammengeschobene 
Falten  in  solche  umgestellt  werden,  die  aus  SW.  her  einseitig 
zusammengeschoben  sind,  es  sollen  also  die  Streichlinien  der  Falten 
um  einen  rechten  Winkel  etwa  gedreht  werden;  nun  streichen 
aber  die  älteren  niederländischen  Falten  nicht  nur  aus  SW.  gegen 
NO. , sondern  sie  stehen  zugleich  so  zu  sagen  auf  einer  schiefen 
gegen  NW.  einsinkenden  Treppe  und  haben  überdies  eine  Fall- 
richtung der  Sattellinie,  die  wir  nach  dem  breiten  Faltenwürfe 
zwischen  Osterode  und  Lauterberg  für  die  zerrissene  Sattelfalte 
der  Tanner  Grauwacke  von  Andreasberg,  wie  für  die  Faltenver- 
werfung der  Bruchbergkette  nur  als  gegen  NO.  gerichtet  ansetzen 
können;  ebenso  stehen  die  hercynischen  Falten  auf  einer  NO.-wärts 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


37 


niederfülirenden  Treppe  und  auch  sie  haben  eine  Senkung  der 
Sattellinie,  die  deutlich  gegen  NW.  neigt.  Daraus  erhellt  doch 
soviel,  dass  Drehungsbewegungen  oder,  wo  sie  gehemmt  sind, 
D rehungsspannung  und  zwar  nicht  nur  im  horizontalen, 
sondern  auch  im  vertikalen  Sinne,  also  Spiraldrehungen1) 
stattfinden  müssen.  Auch  das  lässt  sich  sagen,  dass  diese  spi- 
ralen Verbiegungen  rechts  gewunden  sein  müssen, 
denn  da  im  NW.  sich  der  Treppenfuss  des  vorhandenen  nieder- 
ländischen Faltenbaues  mit  dem  Tiefpunkte  der  Sattellinie  des 
angestrebten  hercynischen  begegnet,  so  findet  dort  unter  Zug- 
wirkung von  O.  her  eine  abwärtsgehende  Bewegung  jüngerer 
Schichten  statt,  und  da  im  SO.  der  Treppenkopf  des  ersteren  mit 
dem  Höhenpunkt  der  Sattellinie  des  letzteren  zusammentrifft,  nach 
dieser  Richtung'  unter  Faltenwerfen  ein  Aufsteigen  relativ  älterer 
Schichten.  In  SW. , wo  der  Höhenpunkt  der  Sattellinie  der 
niederländischen  Falten  liegt  und  der  Treppenkopf  der  hercynischen 
entstehen  soll,  wird  naturgemäss  am  meisten  Ruhe  sein  und  nur 
der  Beginn  der  steigenden  Bewegung  sich  zeigen,  die  andererseits 
schliesslich  gegen  NO.  mehr  und  mehr  in  eine  absteigende  über- 
geht, weil  hier  der  Tiefpunkt  der  Sattellinie  des  älteren  Falten- 
systems und  das  Absteigen  der  Treppe  des  in  Bildung  begriffenen 
Zusammentreffen. 

Das  Endresultat  wird  nun  sein,  dass  die  von  Haus  aus  ein- 
seitig, also  mit  steilerem  NW.  - Flügel  gebaute  und  in  der  Sattel- 
linie gegen  NO.  geneigte  Falte  sich  gegen  O.  immer  convexer 
krümmt  und  aufstaut,  während  gegenüber  auf  der  Westseite  jener 
einspringende  Winkel  sich  mehr  und  mehr  ausbildet,  wo  starker 
Zug  die  südwestnordöstlich  streichenden  Falten -Wellen  so  zu 
sagen  ins  Strudelloch  reisst.  Die  Sattellinie  aber  wird,  je  tiefer 
sie  liegt,  umsomehr  gegen  NW.  umgestaut  und  niedergezogen, 

B Schon  1872  habe  ich  die  im  Fallen  und  im  Streichen  hin-  und  her-,  auf- 
und  niedergebogenen  »Korkzieherfalten«  der  Tanner  Grauwacke  in  der  Umgebung 
des  Rammbergs  hervorgehoben  (vergl.  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXIV, 
S.  177)  und  schon  1867  der  »durch  die  Verdrückung  der  Schichten  zwischen 
Brocken  und  Rammberg  in  Folge  der  Gegenwirkung  der  beiden  Eruptivmassen 
entstandenen  Z-  Knicke«  Erwähnung  gethan  (vergl.  dieselbe  Zeitschr.  Bd.  XX, 
S.  223  — 224.  Danach  E.  Suess,  d.  Entstehung  d.  Alpen,  S.  76). 


38 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


wobei  die  Falte  nothwendigerweise  im  oberen  Querschnitt  durch 
die  Erdkruste  der  hercynischen  Druckrichtung  entgegen  nach  SW. 
übergebosren  und  aufgeschoben  wird.  Sie  wird  also  in  den  ein- 
springenden  Winkel  hineingedrückt,  so  dass  da,  wo  zu  Beginn 
des  Umstauungsprocesses  starker  Zug  aus  OSO.  und  O.  herrschte, 
nunmehr  starker  Druck  aus  O.  und  ONO.  wirkt.  Am  entgegenge- 
setzten südwestlichen  Ende  des  Sattels  macht  sich  das  Bestreben  eines 
Ausweichens  der  hier  herrschenden  Specialfalten  gegen  W.  geltend. 

Das  ist  der  Vorgang  der  Deformirung  solcher  niederländisch 
streichenden  Sättel  des  Harzes  im  Sinne  des  jüngeren  hercynischen 
Faltensystems,  das  ist  zugleich  der  Schlüssel  für  das  Verhalten  des 
Brockengranits  zu  den  ihn  umgebenden  Schichten. 

Diese  Auffassung,  zu  der  ich  bei  aufmerksamer  Betrachtung 
der  geognosti sehen  Uebersichtskarte  gelangt  bin,  führt  zu  der 
Erkenntniss  von  dem  windschiefen  Baue  des  ganzen  Gebirges, 
welcher  sich  auch  in  der  Richtung,  in  welcher  der  Diluvial-Lehm 
von  aussen  in  den  Harz  eindringt,  und,  wie  der  Vergleich  der 
Höhenschichtenkarte  lehrt,  auch  im  Gebirgsrelief  und  in  dem  Thal- 
verlaufe deutlich  ausgedrückt  findet. 

Die  Harzer  Gangspalten  und  auch  die  allermeisten 
Ruschein  oder  spiesseckigen  Faltenverwerfungen  er- 
kennt man  nunmehr  deutlich  als  Torsionsspalten.  Ihre  Streich-, 
F all-  und  V erwerfungsrichtung  ist  leicht  verständlich  im  Sinne  des 
Ausgleiches  der  bei  der  Schichtenverbiegung  entste- 
henden Spannungen.  Die  Ruschein  wurden  oben  im  Allge- 
meinen als  die  älteren  Störungen  bezeichnet,  denn  die  in  der 
Streich-  und  Fallebene  gleitenden  Bewegungen,  welchen  sie  ihre 
Entstehung  verdanken,  schaffen  ja  erst  die  Hauptspannung;  eine 
absolute  Giltigkeit  ist  diesem  höheren  Alter  aber  nicht  beizumessen. 
Die  Oderspalte  verläuft  in  der  Sehne  der  Verbiegungsbögen  oder 
wie  wir  jetzt  richtiger  sagen  in  der  Axrichtung  der  Spiral- 
drehung,  sie  scheint  von  keiner  anderen  Spalte  gekreuzt;  ihre, 
wie  der  Ackerspalte  und  der  Andreasberger  Ruschein  Entstehung 
hängt  deutlich  zusammen  mit  dem  convexen  Vorstauen  der  Granit- 
massen gegen  den  Unterharz,  mit  dem  Auf  biegen  der  Schichten 
daselbst  und  mit  dem  Biegen,  Brechen  und  Unterdrücken  der 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


39 


Bruchbergkette  auf  der  Concavseite.  Deutlich  kann  man  meines 
Erachtens  z.  B.  in  den  von  Kayser  so  trefflich  dararestellten 

O 

Verbiegungen  der  Sättel  und  Mulden  in  der  Region  zwischen 
Lauterberg  und  dem  Westende  der  Andreasberger  Ruschein  jenes 
Hinstreben  der  Massen  nach  der  Unterdrückungsstelle  auf  der 
Westseite  des  Granitmassivs  erkennen. 

Andere  Spalten,  diejenigen  der  altbekannten  Oberharzer  Gänge, 
hängen  ebenso  deutlich  mit  dem  Andrängen  des  Granits  gegen  den 
Rammelsberg-Kahleberger  Sattel  zusammen.  Nach  dem  Unterbiegen 
der  Bruchbergkette  muss  das  Eruptivmagma  in  breiter  Masse  nord- 
westwärts  gedrungen  sein,  so  dass  dadurch  die  scheinbar  so  unge- 
störten, aber  in  grosser  Ausdehnung  bis  westwärts  der  Oderspalte 
metamorphosirten  Culmschicliten  etc.  unten  abgehoben  sind.  Der 
uns  in  seinen  Verzerrungsverhältnissen  jetzt  besser  verständliche 
Devonsattel,  dessen  nordwestwärts  gekehrte  Sattelspitze  unter  dem 
Flötzgebirge  ruht,  zeigt  den  charakteristischen  einspringenden  Winkel 
auf  der  Westseite.  Dorthin  strebt  sichtlich  die  bis  zum  Hessenkopfe 
vorgeschobene,  schwerlich  ungestörte,  Muldung  des  Oberdevons, 
der  andererseits  von  dorther  die  Ruscheizone  (sogenannte  Leit- 
schicht) des  Rammeisbergs  entgegen  läuft.  Flach  wellig  liegen 
die  transversal  gepressten  Schichten  auf  der  Nordseite  dieser 
Störungszone,  auch  sind  hier,  wie  so  oft  im  Harz,  die  Diabaslager 
einseitig  allein  vorhanden ; auf  der  Südseite  dagegen  finden  wir 
wieder  langgezogene,  über  den  Glockenberg  und  Thomasmartins- 
berg u.  s.  w.  hinziehende  Falten  und  Faltenverwerfungen,  die  gegen 
den  einspringenden  Winkel  hinzu  sich  verlieren,  während  jenseits  im 
Ockerthale  an  der  convexen  Ostseite  des  Hauptsattels  sich  die  steil 
aufgerichteten  Falten  gegen  NO.  drängen.  An  Stelle  einer  scharf 
ausgeprägten  Convexität  tritt  hier  ein  die  Bogenspannung  durch- 
reissender  Quersprung1),  der  Birkenthal  er  Gang,  drüben  auf  der 
Concavseite  ist  mehr  Biegung  vorhanden,  doch  setzt  auch  hier  ein 
reciproker  Sprung  durch  den  südlichen  Schenkel  des  einspringen- 

J)  Dass  auch  Zerspaltung  im  Sinne  der  Oderspalte  nicht  ganz  fehlt,  scheinen 
mir  die  zahlreichen  kleinen  Erzgänge  im  Steinbruche  über  dem  Bremsberge  am 
Rammeisberg  und  die  gleichsinnigen  in  dem  weiter  nordöstlich  gelegenen  Noth- 
durft1  sehen  Bruche  zu  beAveisen. 


40 


K.  A.  Lossen,  geologische  und.  petrographische 


den  Winkels.  Diese  beiden  Sprünge,  welche  die  Nord-  und 
die  Südhälfte  des  Sattels  in  der  Torsionsrichtung  gegen 
einander  verschieben,  lehren,  dass  hier  die  Schichten  schon 
recht  steif  waren,  so  dass  sie  der  Verbiegung  nur  schwierig 
folgten.  Um  so  grossartiger  ist  das  Oberharzer  Gangspaltennetz 
südlich  des  Sattels,  vor  allem  der  vereinigte  Lautenthal -Hahnen- 
kleeer  und  Bockswiese-Festenburg-Schulenberger  Zug,  neben  der 
Bruchberg-Ueberschiebung  und  der  Oderspalte  die  wichtigste  tekto- 
nische Linie  des  Oberharzes  und  gleich  diesen  beiden  noch  deut- 
lich im  Relief  des  Gebirges  kenntlich.  Auch  hier  und  in  den 
weiter  südlich  folgenden  gleichsinnigen  Sprüngen  hat  die  Ver- 
werfung im  Sinne  der  Drehung  stattgefunden.  Es  steht  aber  die 
Grossartigkeit  dieses  Gangspalten  Systems  im  umge- 
kehrten Verhältnisse  zu  der  relativ  geringen,  wenn  auch 
immerhin  sehr  kenntlichen,  Deform irung  des  Devonsattels: 
begreiflicherweise,  denn  je  weniger  der  hercynische  Faltungsdruck 
zur  Umgestaltung  der  älteren  niederländischen,  schon  zu  sehr  ver- 
steiften Falten  fähig  war,  um  so  mehr  musste  er  sie  brechen. 

Leicht  auch  versteht  man,  dass  jene  grossen  Verwerfungs- 
linien nicht  auf  der  Nordwest-,  Nord-  oder  Ostumgrenzung  des 
Sattels  gegenüber  oder  in  der  Nähe  des  Ockergranits  aufsetzen; 
hier  sind  die  Massen  zu  sehr  ineinandergezwängt , Verwerfungen 
aber  bedingen,  wie  H.  v.  Dechen  (Ueber  grosse  Dislocationen 
S.  10)  treffend  ausführt,  ein  Auseinanderziehen  der  Schichten,  im 
Gegensatz  zur  Faltung  und  Pressung;  dazu  gehört  aber  die  Mög- 
lichkeit des  Auseinanderweichens  und  diese  kann  bei  derart  recht- 
sinnig  verdrehten  SW.  — NO. -Sätteln  vorzüglich  gegen  SW.,  wo 
während  des  ganzen  Faltenumstauungsprocesses  in  den  hangenden 
Schichten  nothwendig  am  wenigsten  Störung  eintrat,  gesucht  werden. 
Ein  Blick  auf  den  Rammberg,  die  deformirte  Selkemidde  mit  dem 
gegen  SO.  vorliegenden  diabasreichen  Sattel  der  Unteren  Wieder 
Schiefer  und  das  dem  grösseren  Viaass  der  Faltung  dort  ent- 
sprechend schwächer  ausgebildete  Unterharzer  Gangspaltensystem 
zeigt  ein  ganz  analoges  Verhältniss. 

Was  nun  das  Divergiren  der  Spalten  nach  W.  hin  anlangt, 
welches  in  der  Strahlungstheorie  v.  Groddeck's  eine  gewisse  Rolle 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


41 


spielt,  so  erklärt  sich  die  Gesammtheit  des  Spaltenverlaufs  wohl 
am  einfachsten  aus  dem  Gesammtverlaufe  der  Falten  und  Falten- 
verwerfungen. Hier  hat  ja  mein  sehr  verehrter  Freund1)  schon  in 
sehr  ansprechender  Weise  die  Wechselwirkung  der  Masse  des 
Ibergs  und  des  Bruchbergs  hervorgehoben 2).  Die  zahlreichen 
neuen  Spalten,  welche  E.  Kayser3)  in  der  Umgebung  von  Andreas- 
berg kennen  gelehrt  hat,  werden  nebst  den  von  A.  Halfar  und 
vor  Allem  den  in  Klausthal  selbst  gesammelten  Erfahrungen,  wenn 
man  Gänge  und  Ruschein  auseinander  hält,  sicherlich  gestatten, 
dereinst  ein  auch  in  den  Detailzügen  klares  Bild  des  Ganzen  zu 
geben. 

Da  die  Oder-  und  Ackerspalte,  wie  auch  die  Andreasberger 
Ruschein  in  Anbetracht  des  südlich  von  einer  Ueberschiebung  be- 
grenzten tiefliegenden  keilförmigen  Stückes,  welches  sie  ein- 
schliessen,  gegen  O.,  NO.  und  NON.,  also  im  Sinne  der  Nieder- 
drückung  der  Bruchbergkette  die  Schichten  gesenkt  haben  und  da 
wir  uns  dieses  Unterdrücken  in  Beziehung  gedacht  haben  mit  dem 
Herausheben  des  Rannnelsberg -Ivahleberger  Unterdevonsattels,  so 
wird  man  sich  auch  n o th  w e 1 1 d Ger w eise  die  von  St.  Andreasberg  aus- 

O o 

strahlenden  Spalten  in  gleicher  Wechselbeziehung  zu  den  Oberharzer 


x)  a.  a.  0.  S.  446. 

2)  v.  Groddeck  hält  das  NW. — SO.  erstreckte  Massiv  des  Ibergs  und  Winter- 
bergs für  einen  ungeschichteten  Kalkstock  (Korallenstock),  der  »bei  der  Faltung 
des  Gebirges  seine  Lage  nicht  wesentlich  geändert  hat«,  er  schliesst  dies  aus 
dem  Verhalten  der  meist,  aber  doch,  wie  die  nach  den  Aufnahmen  meines 
Freundes  eingetragenen  Fallen  und  Streichen  lehren,  nicht  durchaus  SW.  — NO. 
streichenden  Falten  der  Culmgrauwacken , welche  ȟber  und  an  den  Kalk  ge- 
lagert« sind  (a.  a.  0.  und  daselbst  Bd.  XXX,  S.  540).  Ich  gestehe  offen,  dass 
ich  nach  meinen  Erfahrungen  aus  der  Gegend  von  Elbingerode  und  Rübeland 
hier  meinem  Freunde  nicht  ganz  zu  folgen  vermag  und  dass  ich,  gestützt  auf 
die  einseitige  Verbreitung  von  unteren  Culmschichten , welche  er  selbst  auf  der 
Nord-  und  Nordostseite  des  Kalkstocks  nachgewiesen  hat,  in  demselben  eher  eine 
einseitig  im  Sinne  des  hercynischen  Systems  aufwärts  gestossene  ältere  Masse 
erblicken  möchte.  Immer  aber  salvo  judicio  meliore , gern  lasse  ich  mich  durch 
die  in  Aussicht  gestellte  Detailbeschreibung  eines  Besseren  belehren.  Ohnedies 
wird  durch  diese  meine  abweichende  Auffassung  an  der  Rolle  der  Kalkmasse  als 
Hemmniss  für  das  Spaltenwerfen  und  somit  Ursache  für  die  Zersplitterung  des 
Spaltennetzes  mit  Annäherung  an  dieses  Hemmniss  nichts  geändert. 

3)  Siehe  dessen  Abhandlung  in  diesem  Jahrgange  des  Jahrbuchs. 


42 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


Gängen  denken  müssen;  wenn  wir  also  oben  die  Entstehung  der 
einen  Spaltengänge  mit  dem  ersteren,  die  der  zweiten  mit  dem 
letzteren  Faltungsvorgange  in  engere  Beziehung  gebracht  haben, 
so  darf  doch  nicht  vergessen  werden,  dass  ein  und  dieselbe 
Ursache,  der  Wechsel  in  der  Faltungsrichtung  und 
demzufolge  die  Spiraldrehung  der  Schichten,  alle  diese 
Erschein un ge n b e h e r r s c h t. 

Denkt  man  an  eine  Altersfolge  der  Spalten,  so  wird  nach 
dem  Vorstehenden  naturgemäss  die  Andreasberger  Gruppe  für 
etwas  älter  gelten  müssen  als  die  Oberharzer;  innerhalb  der  beiden 
Gruppen  aber  wird  man  dem  Effecte  der  treppenförmigen  Ab- 
stufung der  Sprünge  folgend  das  Alter  in  der  ersteren  für  die 
Ruschein  als  das  älteste  und  für  die  Oderspalte  als  das  jüngste 
anzusetzen,  in  der  Oberharzer  Gruppe  dagegen  umgekehrt  von 
NO.  gegen  SW.  vorschreitend  immer  jüngere  Sprünge  anzunehmen 
haben,  soweit  es  sich  um  echte  Gänge  und  nicht  um  spiesseckige 
F altenverwerfungen  handelt. 

Wir  haben  oben  von  absteigenden  Treppen  gesprochen,  auf 
welchen  die  Falten  des  Harzer  Schichten  Systems  stehen. 
Was  sind  diese  Treppen?  Ich  antworte  im  Sinne  meiner  Theorie 
vom  Baue  des  Harzes:  der  staffelförmig  abgestufte  Granit.  Längst 
kannten  wir  aus  Friedrich  TIoffmann’s  Mittheilungen  der  v.  Velt- 
HElM’schen  und  der  eigenen  Beobachtungen das  steile  staffel- 
förmige  Aufsteigen  des  die  Schichten  über  sich  »abhebenden«  Ross- 
trappe-Granits  auf  der  dem  Aussenrande  des  Harzes  zugekehrten 
Seite,  als  ich  zeigte,  dies  sei  die  liegende  Seite* 2)  des  Stockes  und 
je  tiefer  die  Stufe,  um  so  jünger  die  darauf  stehende  Schicht.  Ich 
werde  daher  nicht  unverständlich  sein,  wenn  ich  meine  Theorie 
bildlich  dahin  erläutere,  dass  ich  sage,  es  steigen  im  Hangenden  über 
dem  Granit  die  älteren  Schichtensysteme  auf  der  flacheren  Granit- 
treppe aufwärts,  im  Liegenden  so  zu  sagen  unter  dem  Granit  die 


L Uebersickt  d.  orograph.  u.  geognost.  Verhältn.  d.  nordwestl.  Deutschlands, 
S.  387  ff. 

2)  Ueber  das  Verhalten  des  Granits  auf  der  entgegengesetzten,  hangenden 
Seite  vergl.  Zincken’s  Aufsätze  in  Karsten  und  v.  Dechen’ s Arch,  und  Brandes 
in  Zeitschr,  f.  d.  Gesammt-Naturw.  1869,  S.  7, 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


43 


jüngeren  Schichten  die  steilere  Treppe  abwärts.  Die  Treppen  sind 
die  Wellenberge  des  Granit ischeu  Magmas,  welche  die  Bewegungen 
des  Faltungsprocesses  der  festen  Kinde  mitmachen.  Wie  auch  immer 
das  Verhältnis  des  in  der  Kruste  eingeschlossenen  Magmas  zu  den 
Schrumpfungsbewegungen  gedacht  werden  mag,  aus  den  räum- 
lichen Beziehungen  von  Granit  und  Schichtgebirge  im  Harze  folgt 
deutlich,  dass  die  Bewegungen  des  Granits  und  der  Schichten  im 
Grossen  und  Ganzen  gleichsinnige  gewesen  sein  müssen.  Den- 
noch wird  man  nie  den  Unterschied  ausser  Acht  lassen  dürfen,  der 
darin  liegt,  dass  flüssige  Massen  den  Druck  anders  fortpflanzen  als 
feste J),  wenn  auch  noch  so  sehr  biegsam  gedachte,  und  dass  sie  für 
Ebl  )e  - und  Fluthwirkungen  empfänglicher  sind.  Wir  kennen  zur 
Stunde  die  Ursache  nicht,  welche  die  Richtung  des  Faltungsdrucks 
bestimmt,  oder  den  Umschlag  einer  solchen  Richtung  in  eine  andere 
bewirkt,  wir  wissen  daher  auch  nicht,  welche  Rolle  bei  einem  solchen 
Richtungswechsel  etwa  diese  Differenzen  spielen  können.  Das  aber 
dürfen  wir  wohl  voraussetzen,  dass  sich  ein  solcher  Richtungs- 
wechsel im  Magma  leichter  und  rascher  vollzieht,  als  in  der  darauf 
ruhenden  Kruste,  sowie  dass  das  Magma  an  allen  jenen  Eigen- 
schaften Tlieil  hat,  welche  wir  an  den  unter  hohem  Druck  ein- 


U Da  ich  in  allen  meinen  Arbeiten  über  clen  Harz  der  Diagenesis  Guembel's 
gegenüber  stets  consequent  den  Dislocationsmetamorphismus  vertreten 
und  bereits  1867  in  meiner  Arbeit  über  die  linksrheinische  Fortsetzung  des 
Taunus  (vergl.  E.  Sukss,  die  Entstehung  d.  Alpen,  S.  13)  die  Beziehungen  des 
Metamorphismus  zum  gebirgsbilclenden  Processe  erörtert  habe , da  ich  ferner  ge- 
zeigt habe,  wie  sich  Contact-  und  Regionalmetamorphismus  dynamisch  gestörter 
Gebiete  auch  auf  die  passiv  dem  Gebirgsbaue  eingeschalteten  alten  Eruptivge- 
steine erstreckt,  da  ich  überdies  zahlreiche  Beispiele  windschief  gedrehter  und  ver- 
worfener Plagioklaslamellen  und  dergl.  unter  dem  Mikroskope  im  polarisirten  Lichte 
beobachtet  habe,  so  ist  die  physikalische  und  chemische  Umformung  fester 
Massen  für  mich  kein  fremder  Gedanke,  dennoch  liebe  ich  es  nicht,  einseitig 
die  Festigkeit  der  Gesteine  bei  der  Gebirgsbildung  zu  betonen;  das  Gestein,  wie 
es  jetzt  fertig  vor  uns  liegt,  ist  mir  vielmehr  der  Ausdruck  für  die  seit  seiner 
ersten  Sedimentirung  oder  Erstarrung  durchgemachte  geologische  Geschichte,  gleich- 
viel, ob  lose  oder  mehr  oder  weniger  fest;  es  ist  aber  vielleicht  verzeihlich,  wenn 
wir  nach  dem  Sprachgebrauchs  des  gewöhnlichen  Lebens  das  Wort  fest  statt  fertig 
unwillkürlich  gebrauchen  und  dieser  Ungenauigkeit  des  Ausdrucks  habe  auch  ich 
mich  schon  schuldig  gemacht  (vergl.  jedoch  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  1872, 
Bd.  XXI Y,  S.  741). 


44 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


geschlossenen  Laven  voraussetzen  dürfen  und  die  sich  aus  den  zahl- 
reichen Flüssigkeits-Einschlüssen  und  den  Einschlüssen  von  liquider 
Kohlensäure  im  Granit,  sowie  aus  seinen  Contactwirkungen  einiger- 
maassen  herauslesen  lassen.  Man  darf  sich  also  die  in  gewissem  Sinne 
unter  dem  Bilde  einer  hydraulischen  Presse  verständliche  Druck- 
wirkung des  Granitmagmas  gegen  die  Schichten  nicht  allzu  sche- 
matisch nach  der  Schablone  des  Faltenbildungsgesetzes  vorstellen. 

Dessen  muss  man  sich  erinnern,  wenn  man  daran  geht  die 
bisher  nicht  in  Betracht  gezogenen  Beziehungen  der  Harzburger 
Gabbrostöcke  zum  Brockengranit  zu  erörtern.  Dieselben 
liegen  im  einspringenden  Winkel  auf  der  Concavseite 
der  Granit masse,  also  da,  wo  die  Quarzitkette  des  Bruchbergs 
mit  dem  Richtungswechsel  des  Faltendrucks  untergedrückt  wurde, 
wo  Zug  nach  dem  Unterharze  hin  und  demzufolge  Spannung  sich 
einstellte.  Ich  glaube  nicht  fehlzugehen,  wenn  ich  mir  die  Gabbro- 
stöcke in  Berstungsrissen  in  diesem  gespannten  Rindentheile  auf- 
gepresst vorstelle,  die  sich  zufolge  des  Unterdrückens  der  gewal- 
tigen Quarzitkette  bildeten,  wie  ja  auch  nach  Seckendorff’s  und 
Hausmann  s Mittheilungen  Quarzitstücke  mit  Unterdevonversteine- 
rungen, denen  des  Kahlebergs  analog,  im  Gabbro  gefunden  sind. 
Der  nach  E.  Iva  yser's  Darstellung  in  die  Karte  eingetragene  Yer- 
lauf  der  durch  Anorthit,  Bronzit  (Bastit)  und  Serpentin  (Olivin) 
ausgezeichneten  Zonen  im  Gabbro  streicht  Stunde  2 oder  — im 
obersten  fiscalischen  Steinbruche  bei  dem  Radau -Wasserfalle  — 
Stunde  1 1 ; zwischen  beiden  Stunden  schwanken  auch  die  meiner- 
seits gemessenen  Streichrichtungen  zahlreicher  feinkörniger,  durch 
Wechsel  feldspathreicher  und  feldspatharmer  Zonen  gebänderter 
Schlierenstreifen,  welche  ich  in  den  weiter  thalabwärts  gelegenen 
Brüchen  prächtig  aufgeschlossen  fand.  Dabei  ist  das  Einfallen  stets 
sehr  steil  gegen  W.  gerichtet.  Das  sind  also  die  Streichstunden 
der  Eruptivspalten  des  Mittelharzes,  die  wir  oben  bereits  als  Berst- 
risse bezeichnet  haben.  Dass  aber  Gabbro  und  nicht  Granit  darin 
aufgestiegen  ist,  lässt  sich  unter  der  Annahme  verstehen,  dass  die 
zu  oberst  unter  der  festen  Kruste  lagernde  sauere  Magmenzone  zu 
der  Zeit,  da  der  Richtungswechsel  des  Faltendruckes  die  Granit- 
massen gegen  den  Unterharz  hin  am  höchsten  aufgepresst  hatte, 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


45 


unter  dieser  Region  des  Harzes  vorübergehend  durch  die  Aufpres- 
sung erschöpft  war,  so  dass  die  tiefer  lagernde  basische  in  der 
Aufpressung  nachrückte.  Dass  aber  eine  solche  Erschöpfung  that- 
sächlich  sich  einstellte,  dafür  darf  auch  das  Vorhandensein  eines 
schmalen  Saumes  basischerer  körniger  Eruptivgesteine,  Quarz- 
diorite,  Augitquarzdiorite  u.  s.  w.,  am  Ostrande  des  Massivs, 
also  da,  wo  die  tiefgelegensten  Massen  durch  den  Faltendruck  auf- 
wärts geschoben  wurden,  angeführt  werden.  Als  dann  das  Cfranit- 
magma  allmälig  wieder  aus  den  nachbarlichen  Regionen  sich  ergänzt 
hatte,  fand  bei  seinem  Nachschub  die  eigenthümliche  Verquickung 
beider  Magmen,  welche  sich  auf  beiden  Seiten  und  local  in  der 
Mitte  des  Massivs  (Meinekenberg,  Grube)  nach  weisen  lässt,  und 
das  gangförmige  Eindringen  des  hercynischen  Granits  in  die  bereits 
mehr  oder  weniger  festen  Gabbromassen  statt. 

Im  ein  springenden  Winkel  des  durch  die  hercy- 
nische  Faltungsrichtung  deformirten  Rammelsbero-- 
Kahleberger  Sattels  liegt  die  Erzlagerstätte  des  Ram- 
me lsb  er  ge  s.  Diese  ihre  geologische  Stellung  im  Ge- 

sammtbaue  des  Harzes  ist  die  Grundlage  meiner  übrigens  auf 
die  W immer1  sehe  Auffassung  des  hangenden  Trums  als  einer  Falte 
und  überdies  auf  achttägige  eigene  Beobachtungen  unter  und  über 
Tag  zwischen  der  Hohekehl  und  der  Bleiche  basirten  Anschauung 
über  ihre  Entstehung,  wie  ich  dieselbe  in  einem  bislang  ungedruckt 
gebliebenen  Berichte  an  die  Vorgesetzte  Behörde  aus  dem  Früh- 
jahre 1877  darzulegen  versucht  habe.  Heute  würde  ich  mich  selbst- 
verständlich im  Einzelnen  bestimmter  und  mich  selbst  berichtigend 
aussprechen,  bestimmter  auch  als  in  den  1880  Freund  Stelzner 
mündlich  gemachten  Mittheilungen.  Nur  ein  Punkt  sei  hier  hervor- 
gehoben: Wenn  im  einspringenden  Winkel  auf  der  Nordwestseite 
des  Brockenmassivs  Berstrisse  Gabbro  ausquellen  Hessen,  so  ist 
meiner  Ansicht  nach  in  jenem  einspringenden  Winkel  bei  Goslar 
eine  Gabbro  - Therme  zur  Zeit,  als  dort  Zug  vorherrschte,  in  die 
zufolge  der  Zugwirkung  entstandenen  Erzräume  aufgestiegen;  dass 
die  Absätze  dieser  Therme  dann  später,  als  bei  fortgesetzter  Ver- 
biegung des  Sattels  dessen  Nordende  über  die  Massen  im  einsprin- 
genden Winkel  aufgeschoben  wurde,  durch  den  Druck  im  Detail 


46 


K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


gefaltet  und  schliesslich,  worauf  Stelzner  Werth  legt,  noch  etwas 
transversal  gepresst  und  zerklüftet  worden  sind,  scheint  mir  ganz  ein- 
leuchtend. Auch  hier  gilt  es  also  die  be iden  Faltungsrichtungen 
des  Harzes,  Druck  und  Zug,  Biegungen  und  Quetschungen  in 
der  Fall-  und  in  der  Streichrichtung,  Faltung,  Drehung, 
Spannung,  Zerreissung,  Pressung  in  richtiger  Aufeinander- 
folge in  Betracht  zu  ziehen.  Wenn  ich  erwäge,  ein  wie  so 
rascher  Umschwung  in  der  Auffassung  der  noch  vor  wenigen 
Jahren  nach  Art  der  Nierenkalkstructur  beurtheilten  Lagerstätten- 
form  sich  vollzogen  hat,  seit  Wimmer  s Darlegung  des  hangenden 
Trums  als  einer  Falte  und  meiner  Darlegung  der  »Leitschicht« 
als  einer  Büschel  zwischen  dem  flach  wellig  gelagerten  gepressten 
Dachschiefergebiete  und  der  steilstehenden,  überschobenen,  in  ge- 
neigte und  streichende  Stauungsfalten  gezwängten  Lagerstätten- 
region, so  giebt  mir  das  einige  Zuversicht  auch  auf  einen  weiteren 
Umschwung  der  Auffassung.  Einstweilen  befriedigt  es  mich  nicht 
wenig,  in  dem  gründlichen  Kenner  des  dem  Harze  so  verwandten 
norwegischen  Gebiets,  in  Altmeister  Kjerulf,  dem  Vertreter  »der 
Erzlineale«  1),  einen  erprobten  Kampfgenossen  zu  besitzen.  Die 
ausgezeichneten  Beobachtungen  Köhler  s,  welche  bereits  anfangen 
neben  den  Faltungen  in  der  Fallebene,  auch  den  Falten  im  Streichen 
am  Kammeisberge  gerecht  zu  werden,  geben  mir  Hoffnung,  dass 
wir  der  richtigen  Auffassung  der  Lagerstätte  immer  näher  rücken. 
Welches  nun  auch  das  Endergebniss  sein  möge,  soviel  erhellt  doch 
auch  aus  dieser  Controverse , dass  nur  die  Kenntniss  von  dem 
geologischen  Baue  des  ganzen  Gebirges  die  richtige  Grundlage  für 
das  tiefere  Verständniss  auch  der  Erzlagerstätten  abgeben  kann. 

Als  Beleg  dafür  sei  noch  kurz  angemerkt:  Sind  wir  im  Recht 
mit  unserer  Vorstellung  von  dem  räumlichen  Verhältnisse  des 
Granits  und  der  ihm  vergesellschafteten  Eruptivgesteine  zu  dem 
Faltenbaue,  so  folgt  daraus  unmittelbar  der  Satz,  dass  ein  und 
dieselbe  mehr  weniger  querschlägig,  bezw.  spiesseckig 
zu  den  Falten  verlaufende  Gangspalte  in  der  heutigen 


*)  Siehe  dessen  Geologie  des  südlichen  und  mittleren  Norwegens.  Gurlt’s 
Uebersetzung  S.  293  ff.  Taf.  XVIII  und  XIX. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


47 


Gebirgsob erfläche  in  sehr  verschiedenem  Niveau  über 
der  welligen  Granitoberfläche  in  der  Tiefe  herstreicht. 
Das  wird  man  zu  beachten  haben,  wenn  man  daran  geht,  die  Aus- 
füllung unserer  Gangspalten  in  Beziehung  zum  geologischen 
Baue  verstehen  zu  lernen.  Dass  dies  Verständniss  für  die  aller- 
meisten und  namentlich  die  grossen  Gänge  des  Harzes  nicht  im 
Sinne  einer  reinen  Lateralsecretion  zu  suchen  sei,  darüber  wird 
der  Harzer  Bergmann  kaum  jemals  im  Zweifel  gewesen  sein,  heute 
aber  liegt  das  klar  zu  Tage.  Es  ist  doch  unverkennbar,  wie  die 
Rothgiltigerze1)  und  andere  edle  Silbererze,  die  Antimon-  und  Arsen- 
erze, die  Kobalt-,  Nickel-  und  Wismutherze  und  der  Magnetkies 
von  St.  Andreasberg  über  Braunlage  bis  nach  Hasserode  eine 
z u s a m m e n g e h ö r i g e E r z f o r m a t i o n im  Hangenden  des 
Brockengranitmassivs  darstellen,  die  ihren  grössten  'Reichthum 
in  dem  gegen  die  Granitoberfläche  eingesunkenen  Keile  zwischen 
den  Ruschein  entwickelt,  wo  ihr,  um  auch  aus  der  beibrechenden 
Gangmasse  und  dem  Nebengesteine  etwas  Charakteristisches  zu  er- 
wähnen,  der  Flussspath  und  Kalkspath  neben  dem  Quarze  und 
zufolge  der  Einwirkung  auf  die  Diabase  die  Zeolithe2),  der  Axinit, 
der  Epidot  und  der  Granat  nicht  fehlen.  Wie  so  ganz  anders  ist 
die  viel  höher  über  der  Granitoberfläche  stehende  Erz- 
führung und  Füllung  im  Ober  harze  jenseits  auf  der  Concav- 
seife  oder  der  liegenden  Seite  des  B r o c k e n g r a n i t s ! 
Zwischen  beiden  Gangsystemen  liegt  die  0 d e r s p a 1 1 e als  reineres 
Quarzgang  syst  ein,  das  doch  ausser  den  Eisen-  und  Mangan- 
oxyden  hie  und  da  arme  Kupfererze  und  etwas  Kalkspath 

x)  Nach  Zuckert  (Zincken,  östl.  Harz,  S.  134)  auch  auf  dem  Ludwig  Rudolf 
auf  dem  Steinfelde  bei  Braunlage. 

2)  Nach  des  um  die  Diabase  des  Harzes  so  wohl  verdienten  0.  Schilling’s 
Nachrichten  auch  zu  Braunlage.  Auch  den  Kalkspathreicbthum  der  Andreasberger 
Gänge  darf  man  wohl  ungezwungen  auf  die  Berührung  der  Thermalwasser  mit  den 
von  unten  her  in  die  hängenderen  Schichten  des  Ruschelellipsoids  sattel-,  nicht 
gangförmig,  hereinragenden  Diabasmassen  beziehen;  dass  die  Diabase  zur  Zeit  der 
productiven  Steinkohlenformation,  der  Gebirgskernbildungszeit  des  Harzes,  schon 
kalkspäthige  Zersetzungsprodukte  führten,  geht  zweifellos  daraus  hervor,  dass  in 
den  Granitcontacthöfen  jedes  Kalkspathmändelchen  des  metamorphosirten  passiven 
Eruptivgesteins  zu  einem  kleinen  Predazzo  wird  (Spitzenberg,  Riefenbachthal  und 
Schmalenberg  bei  Harzburg,  Braunlage  an  der  warmen  Bode  u.  s.  w.). 


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K.  A.  Lossen,  geologische  und  petrographische 


(vgl.  oben  S.  18)  zu  führen  scheint  und  sich  hierin  den  Trese- 
burger  Gängen  und  denjenigen  in  der  näheren  Umgebung  des  Ranun- 
bergs 1)  und  in  dem  Granit  des  Rammbergs  selbst  analog  zeigt. 
Gerade  die  Oderspalte,  aus  deren  Fortsetzung  auf  dem  Ochsenberge 
(vgl.  v.  Groddeck  a.  a.  O.  S.  443)  man  Gangletten,  Gangthon- 
schiefer, Gangkalkspath  mit  Schwefelkiesconcretionen  erschürft  hat, 
streicht  oberflächlich  durch  sehr  verschiedene  Schichten,  doch  darf 
man  nicht  das  Abheben  der  Schichten  durch  den  Granit  von  unten 
vergessen,  denn  die  Oderspalte  läuft  auf  ihre  ganze  Erstreckung 
durch  Granit  und  metamorphische  Schichten,  im  letzteren  Falle 
nach  aller  Erfahrung  im  Harz,  wie  mir  scheinen  will,  zu  nah  über 
der  alten  Granitoberfläche,  als  dass  sie  reiche  Anbrüche  erhoffen 
lassen  dürfte.  Am  Unterharze  setzt  bei  der  Erichsburg  ein  Gang 
im  Granit  auf,  der  Quarz,  Flussspath  und  etwas  Kupferkies  führt, 
das  ist  also  ein  Repräsentant  dieser  quarzreichen,  er z armen 
Formation,  der  uns  nach  Lage  und  Füllung  hinüberleitet2)  zu 
der  Unter  harzer  Gangformation.  Es  giebt  für  einen  geo- 
logisch geschulten  Bergmann  wohl  kaum  ein  dankbareres  Thema, 
als  ein  Vergleich  der  Anhaltinisch  - Stoibergischen  mit  den  Ober- 
harzer Gängen  unter  Berücksichtigung  der  durch  die  geognostische 
Uebersichtskarte  und  ihr  Verständniss  gegebenen  Gesichtspunkte! 
von  einer  erschöpfenden  Behandlung  dieses  Themas  kann  selbst- 
verständlich nicht  die  Rede  sein,  nur  das  sei  für  eine  solche 
Zukunftsarbeit  bemerkt:  Die  Gangform  des  Unter  harzer 

Spaltennetzes  nähert  sich,  namentlich  in  dem  mäch- 
tigen und  weithin  fort  setz  enden  Neudorf-Stras  sb  erg  er 
Gangzuge  der  Form  der  Oberharzer  Gänge,  trotzdem 
nähert  sich  die  Füllung  durchweg  unter  Bewahrung  ihrer 

■ o o ö 

V Daraus  führt  Zincken  (Acta  Acad.  Caes.  Leop.  Carol.  Nat.  Cur.  Yol.  XXI, 
P.  II.  S.  708)  auch  Schwefel-  und  Arsenikkies  an;  zu  Treseburg  und  Altenbrak 
neben  dem  Kalkspath  auch  Flussspath,  unter  den  Kiesen  aucli  Magnetkies. 

2)  Bergrath  Kegei.  in  Goslar,  dem  wir  so  scharfsinnige  Beobachtungen  über 
die  Anhaitinischen  Gänge  verdanken  (vergl.  Berg-  u.  Hüttenmänn.  Zeit.  1877, 
S.  397  ff.),  theilt  mir  mit,  dass  von  Neudorf  gegen  Harzgerode  und  Mägdesprung 
hinzu,  also  gegen  den  Granit  hinzu,  wie  ich  es  auffasse,  der  Quarz  als  Ganggestein 
mehr  und  mehr  zunimmt,  und  dass  dasselbe  Verhalten  in  den  Oberharzer  Spalten 
gegen  N.  und  0.,  also  gegen  den  Ockergranit  hinzu,  statthat. 


Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


49 


Eigenart  viel  mehr  der  des  St.  Andreasberg-Hasseroder 
(rang Systems,  das  rührt  offenbar  daher:  die  Gänge  durchsetzen 
das  Hangende  des  Rammberg-Granits,  nicht  das  Liegende 
des  Granits,  wie  die  Oberharzer  Gänge,  aber  in  weiteren 
Abständen  von  dem  Contacthofe  als  bei  St.  Andreas- 
berg. Daher  die  gemischte  Natur  ihrer  Füllung.  So  finden  wir 
denn  hier  den  bei  St.  Andreasberg  wenig  hervortretenden  Flussspath 
z.  Th.  in  ausserordentlich  grossen  Massen  (Suderliolz,  Flussschacht, 
Louise)  und  von  grosser  Verbreitung  neben  Spatheisenstein,  Quarz, 
Kalkspath  und  -selbst  etwas  Schwerspath  (Stollngang)  1 ) , ferner 
Bleiglanz,  Schwefelkies,  Kupferkies,  Blende,  Bournonit,  Zundererz, 
Federerz,  Fahlerz  wie  am  Oberharze,  wo  jedoch  die  Rolle  der 
4 letztgenannten  Andreasberger  Mineralien  meines  Wissens  viel 
mehr  zurücktritt,  schliesslich  aber  Nickelglanz,  Antimonnickelglanz, 
Arsenik-  und  Magnetkies,  Wolfram  und  Scheel  kalk.  Die 
beiden  letztgenannten  Mineralien  allein  genügten  den  Zusammen- 

ö O ö 

hang  der  Gangbildung  mit  der  Granitaufpressung  augenfällig  zu 
machen , wenn  man  auch  nicht  auf  der  Grube  Birnbaum 2)  mit 
dem  Gange  den  Porphyr  (Facies  des  Granits?)  seiner  Zeit  an- 
gefahren hätte.  Rechnet  man  noch  den  Antimonreichthum  und 
Arsengehalt  der  in  Quarz  brechenden  Erze  des  Wolfsberger 
Gangsystems3)  hinzu,  so  tritt  die  stoffliche  Verwandtschaft  mit 

')  Zincken,  a.  a.  0.  Acta  Leopold,  cet.  S.  706. 

2)  Bübert,  Karst.  Arch.  Bd.  XVI,  S.  204  ff. 

3)  Wohl  ist  mir  bekannt,  dass  Zincken  und  nach  ihm  wohl  andere  (Schönichen 
z.  B.)  dieses  System,  sowie  die  Gänge  in  der  Krummschlacht  und  bei  Stolberg 
überhaupt  auf  die  Porphyreruption  des  Auerbergs  beziehen.  Es  würde  zu  weit 
führen,  hier  die  Beziehungen  von  Rammberg  und  Auerberg  zu  besprechen,  es 
genüge  die  Mittheilung,  dass  ich  das  Auerbergsystem,  welches  nach  seinem  Spalten- 
verlauf und  seiner  Spaltenverschiebung  gegen  SW.  (vgl.  oben  S.  27)  den  post- 
granitischen  Massen  angehört,  gleichwohl  als  eine  sehr  frühzeitig  erfolgte  Wieder- 
holung des  Ausbruchs  der  saueren  Massen  der  Rammbergregion  aufzufassen  mich 
genöthigt  sehe.  Der  sehr  krystallreiche  Porphyr  führt  Turmalin  in  mikroskopischen 
Krystallgruppen  und  nähert  sich  dadurch  wie  durch  andere  Eigenschaften  dem 
Bodegange  (Porphyr-Facies  des  Rammbergs).  Auch  fällt  auf,  dass  diese  ansehn- 
liche granitverwandte  Porphyrmasse  als  Ganzes  ebenso  jenem  Verschiebungsgesetze 
gegen  SW.  zu  gehorchen  scheint,  wenn  man  ihre  Ausbruchstelle  mit  der  Lage  des 
Rammbergs  vergleicht,  und  zwar  fällt  dies  um  so  mehr  auf,  als  auch  zwischen  dem 
östlichsten,  Glimmer  führenden  Melaphyrgange  im  Harz  und  der  glimmerführenden 


4 


50  K.  A.  Lossen,  geolog.  und  petrograph.  Beiträge  zur  Kenntniss  des  Harzes. 


den  Gängen  auf  der  hangenden  Seite  des  Brockens  noch  mehr 
hervor 1). 

Und  sind  sie  denn  alle  versiecht  diese  erzspendenden  Granit-, 
Gabbro-  oder  Porphyr-Thermen?  Hat  der  der  Basalteruption,  der 
Säuerlinge  und  der  eigentlichen  Heilquellen  ledige  Harz  ausser 
seinen  schwachen  Salzsoolen,  die  aus  dein  unter  seinen  Nordrand 
untergequetschten  salzführenden  Flötzgebirge  aufsteigen,  kein  ein- 
ziges thätiges  Zeugniss  mehr  aus  der  unter  der  Mitwirkung  der 
Granit-  und  Gabbro-Aufpressung  zur  oberen  Carbonzeit  erfolgten 
Gebirgskernbildung ? Wer  freute  sich  nicht  mit  mir,  hier  zum 
Schlüsse  auf  die  dem  Bodegange  entquellende  Salz-  und 
Schwefelquelle  bei  Ludwigs hütte  hindeuten  zu  dürfen!  Wo 
der  Schöpfer  Gesetze  gegeben  hat,  versagt  er  dem  in  treuer  Hingabe 
an  die  Aufgabe  Forschenden  den  Hinweis  darauf  nicht.  Diese 
Quelle,  die  schon  Zincken  2)  in  seiner  systematischen  Uebersiclit 
der  Gänge  und  Lager  des  Harzes,  welche  metallführend  sind,  ganz 
folgerichtig  mit  einreiht  in  die  Spaltenausfüllungen,  riecht  und 
schmeckt  intensiv  nach  Schwefelwasserstoff,  scheidet  Schwefel  auf 
der  Oberfläche  des  Quellspiegels  ab  und  führt  Kochsalz,  Chlor- 
calcium, Chlormagnesium,  kohlensaure  Kalk-  und  Talkerde. 

Melaphyrdecke  bei  Neustadt,  zwischen  den  Melaphyrgängen  überhaupt  und  der 
llfelder  Melaphyrdecke , zwischen  den  Granitporphyren  und  der  Decke  des  nahe 
verwandten,  nur  etwas  plagioklasreicheren  llfelder  Porphyrits,  schliesslich  zwischen 
dem  Brocken  und  dem  Porphyr  des  Rabensbergs,  und  vielleicht  auch  zwischen  Ocker- 
granit und  Knollen-Porphyr,  dasselbe  Verschiebungsgesetz  zu  herrschen  scheint. 

x)  Die  Schwerspath  und  Anhydrit  führende  Gangformation  bei  Lauterberg 
zu  besprechen  liegt  fern,  so  lange  E.  Kaysek’s  Bericht  darüber  fehlt;  dauerte  die 
Schwerspathbildung  am  Oberharze,  wie  v.  Groddeck  auf  Grund  des  Rösteberger 
Vorkommens  annimmt,  bis  in  die  Zechsteinzeit  fort,  so  sind  die  Verhältnisse  solcher 
Gangfüllung,  da  zwischen  der  Ablagerung  des  Rothliegenden  und  der  des  discordant 
dazu  liegenden  Zechsteins  der  Harz  als  Ganzes  bereits  eine  Schwankung  ausgeführt 
haben  muss,  nicht  mehr  so  einfach;  es  ist  auffällig,  dass  Schwerspath  von  den 
Gängen  im  Grünen  Schiefer  zu  Mohrungen  an . und  im  llfelder  Porphyrit  bis  zu 
denen  unter  dem  Zeclisteine  des  Röstebergs,  bezw.  zu  den  Oberharzer  Gängen, 
vorzüglich  der  Süd-  und  Westseite  des  Harzes  angehört. 

2)  a.  a.  0.  Act.  Leop.  cet.  S.  704,  sowie  ausführlich  im  Braunschw.  Magazin, 
47.  Stück,  Sonnabends,  d.  22.  Nov.  1817,  S.  737 — 746. 

Berlin,  Mitte  März  1882. 


K.  A.  Lossen. 


Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevoii  und 
Culm  am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefer- 
gebirges. 

Von  Herrn  E.  Kayser. 

(Hierzu  Tafel  I— III.) 


Y o r b e m e r k n n g e n. 

Im  Winter  1880/81  lag  mir  eine  Examenarbeit  des  damaligen 
Bergreferendars,  jetzigen  Bergassessors,  Herrn  MatthiaSS  über  die 
Schichten  zwischen  dem  Elberfelder-  oder  Stringocephalenkalk  und 
dem  Flötzleeren  Sandstein  in  der  Gegend  von  Velbert  uördl. 
Elberfeld  zur  Beurtlieiluug  vor.  Unter  den  Belegstücken  zu  dieser 
Arbeit  fielen  mir  besonders  ein  paar  bis  2 Zoll  lange,  grobrip- 
pige  Exemplare  von  Productus  aus  dem  dunklen  Schiefer  der 
(auf  Bleiglanz  und  Blende  bauenden)  Grube  Prinz  Wilhelm  bei 
Velbert  auf,  weil  solche  Formen,  so  gewöhnlich  sie  auch  im 
Kohlengebirge  sind,  für  das  Devon  (dem  sie  gemäss  ihres  Fund- 
ortes nach  der  DEOHBN’schen  Karte  unbedingt  angehören  mussten) 
eine  völlig  neue  Erscheinung  waren. 

Diese  grossen  Producten,  wie  auch  die  bemerkenswerthen  sie 
begleitenden  Formen  — darunter  mehrere  deutliche  Reste  von 
Phacops  — riefen  in  mir  den  Wunsch  hervor,  die  Fundstätte  der 
interessanten  Fauna  durch  eigene  Anschauung  kennen  zu  lernen. 
Im  vergangenen  Sommer  (1881)  habe  ich  alsdann  in  Folge  eines 
meinem  Wunsche  entgegenkommenden  Auftrages  der  Direction 
der  geologischen  Landesanstalt  acht  Tage  auf  eine  Begehung  der 


4 


52 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


Grenzbildungen  zwischen  Devon  lind  Kohlengebirge  verwenden 
können.  Besondere  Aufmerksamkeit  widmete  ich  bei  dieser  Be- 
gehung dem  Aufsammeln  von  Versteinerungen,  und  es  ist  mir 
denn  auch  gelungen,  sowohl  in  den  oberdevonischen  Schichten 
der  Prinz  Wilhelmgrube  und  der  Umgebung  von  Velbert  überhaupt 
als  auch  im  Culm  von  Aprath  (zwischen  Elberfeld  und  Wülfrath) 
eine  reiche  Ausbeute  an  interessanten,  für  diese  Gegend  zum 
grossen  Theil  neuen  Formen  zu  machen,  die  zu  beschreiben  der 
Zweck  dieses  Aufsatzes  ist. 

Zur  allgemeinen  Orientirung  über  die  geognostischen  Ver- 
hältnisse der  fraglichen  Gegend  verweise  ich  auf  Blatt  Düsseldorf 
der  grossen  DECHENsclien  Karte  von  Rheinland -Westfalen  (Maass- 
stab 1 : 80,000).  Man  ersieht  aus  derselben , dass  die  Schichten 
des  Oberdevon,  die  in  der  Gegend  von  Iserlohn,  Hagen  und  El- 
berfeld ein  verhaltnissmässig  nur  schmales  Band  zwischen  Stringo- 
cephalenkalk  und  Culm  bilden,  im  NW.  von  Elberfeld,  in  der 
Gegend  von  Wülfrath,  Neviges  und  Velbert  in  Folge  einer  breiten, 
sich  hier  ausbildenden,  im  Einzelnen  wieder  aus  zahlreichen  Special- 
falten zusammengesetzten  Schichtenaufsattelung  eine  sehr  bedeu- 
tende räumliche  Ausdehnung  erlangen. 

Am  S.O.-rande  dieser  Oberdevonausbreitung  erscheinen  über 
den  obersten  Devonschichten  — wie  überall  weiter  östlich  — als 
tiefstes  Glied  des  Kohlengebirges  Culmscliichten,  ein  schmales 
Band  zwischen  Oberdevon  und  Flötzleerem  bildend.  Weiter  nach 
N.  und  W.  aber  (schon  bei  der  ehemaligen  Kopfstation  Neviges) 
schiebt  sich  als  ein  weiteres  Glied  des  Kohlengebirges  unter  dem 
Culm  noch  Kohlen  kalk  ein,  als  eine  zuerst  nur  wenige  Fuss 
starke,  weiter  gegen  W.  aber  immer  mächtiger  werdende  Bildung, 
die  schon  nördl.  Velbert  über  100'  und  bei  Ratingen  unweit  Düssei- 
dorf  mehrere  100'  Dicke  erlangt.  In  demselben  Grade  aber,  als 
der  Kohlenkalk  an  Mächtigkeit  allmälig  zunimmt,  nimmt  der  Culm 
ab,  bis  er  endlich  auf  der  linken  Rheinseite  (bei  Aachen  und  im 
Belgischen)  gänzlich  verschwunden  ist. 

w as  die  Zusammensetzung  der  Schichtenfolge  zwischen  Mittel- 
devon und  Flötzleerem  in  der  fraglichen  Gegend  betrifft,  so  ist 
dieselbe  aus  mehreren  älteren  und  neueren  Arbeiten  des  Herrn 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


53 


von  Deciien  bekannt1).  Nach  diesen  Arbeiten,  denen  meine 
eigenen  Begehungen  kaum  etwas  Neues  zuzufügen  vermochten, 
gliedert  sich  jene  Schichtenfolge  von  oben  nach  unten  in  fol- 
gender Weise: 

Hangendes : Flötzleerer  Sandstein. 

Alaunschiefer,  Posidonienscliiefer,  Kieselschiefer  und 
Kalksteine. 

Obere  Dolomitzone  (Ratingen). 

Hellfarb.,  dickbäuk.,  lialbkrystall.  Kalkstein. 

. Blaulichgraue  bis  grünliche  Schiefer  und  Sandsteine 
mit  schwachen  Kalkeinlagerungen. 

An  der  Basis : schwärzliche  sandige  Schiefer  (Aequi- 
valente  des  Flinz?). 

Liegendes : Stringocephalenkalk. 

Am  schwankendsten  ist  in  dieser  Schichtenfolge  die  Aus- 
bildung des  Culm.  Zwar  liegt  — soweit  ich  mich  überzeugen 
konnte,  allenthalben  — an  seiner  obersten  Grenze  eine  Zone  von 
Alaunschiefer;  dagegen  weisen  die  unter  diesem  liegenden  Schichten 
fast  in  jedem  Profile  kleine  Unterschiede  auf,  die  besonders  durch 
die  sehr  verschiedene  Mächtigkeit  und  Reinheit  der  Kieselschiefer 
und  Kalksteine  bedingt  werden.  Die  Verknüpfung  des  Culm  und 
Kohlenkalks  ist  eine  weit  engere,  als  man  bei  der  grossen  petro- 
graphischen  Verschiedenheit  beider  Bildungen  anzunehmen  geneigt 
sein  könnte.  Die  Zusammengehörigkeit  beider  spricht  sich  nicht 
nur  in  der  oben  erwähnten  Reciprocität  der  Mächtigkeitsverhältnisse 
aus,  sondern  auch  in  einer  innigen  petrographischen  Verknüpfung, 
die  dadurch  entsteht  , dass  nicht  blos  inmitten  des  reinen  Kohlen- 
kalks mitunter  mehr  oder  minder  mächtige  Einlagerungen  von 
Kieselschiefer  oder  schwarzem  alaunschieferartigen  Schiefer2)  auf- 

x)  Ueber  die  Schichten  im  Liegenden  des  Steinkohlengebirges  an  der  Ruhr 
(Verhandl.  des  naturhistor.  Yer.  f.  Rheinl.-Westf.,  Bd.  VII,  1850).  Geognostiscke 
Uebersicht  des  Regierungsbezirks  Arnsberg  (Ebendas.  Bd.  XII,  1855).  Geogn. 
Beschaffenheit  des  Regierungsbez.  Düsseldorf  (in  v.  Mülmann’s  Statistik  des  Reg.- 
Bez.  Düsseldorf,  Bd.  I,  1864). 

2)  In  den  gewaltigen  Steinbrüchen  im  Kohlenkalk  bei  Hefel  nördl.  Velbert 
erreicht  eine  solche  Schiefereinlagerung  1 1/2  Met.  Mächtigkeit. 


Oberdevon : 


Culm : 
Kohlenkalk : 


54 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


treten,  sondern  dass  sogar  mitunter  an  der  Grenze  beider  Bildungen 
ein  förmliches  Alterniren  von  hellfarbigen,  kohlenkalkähnlichen 
Kalkbänken  und  Kieselschieferlagen  stattfindet  (zwischen  der  Prinz 
Wilhelmgrube  und  der  Gemeinde  Richrath). 

Was  die  Ausbildung  des  Ober  de  von  betrifft,  so  fällt  be- 
sonders die  grosse  Entwickelung  der  oberen  Abtheilung  desselben, 
des  sog.  Kramenzel  auf,  während  die  untere,  anderweitig  aus 
schwarzen,  mehr  oder  weniger  reinen  Schiefern  bestehende  Stufe  des 
Oberdevon,  der  bei  Elberfeld  noch  deutlich  hervortretende1)  Flinz, 
schon  wetiig  weiter  westlich,  bei  Wülfrath,  nicht  mehr  mit  Sicherheit 
zu  erkennen  ist.  Es  wäre  indess  möglich,  dass  gewisse,  daselbst  un- 
mittelbar über  dem  Stringocephalenkalke  liegende,  nach  oben  ganz 
allmälig  in  die  Kramenzelschichten  übergehende,  schwärzliche,  san- 
dige Schiefer  jene  Stufe  repräsentiren.  Was  den  Kramenzel  selbst 
betrifft,  so  ist  seine  obere  Grenze  gegen  das  Kohlengebirge,  mag 
dasselbe  nun  mit  Culm  oder  Kohlenkalk  beginnen,  überall  scharf 
und  leicht  aufzufassen.  Im  Allgemeinen  ist  für  den  Kramenzel 
in  der  Gegend  zwischen  Elberfeld  und  Düsseldorf  das  fast  voll- 
ständige Zurücktreten  der  weiter  östlich  so  häufigen  rothen  und 
grünen  Schiefer,  sowie  der  Kalknieren-führenden  Schiefer  oder  der 
reineren  Knollenkalkbänke  charakteristisch.  Statt  ihrer  herrschen 
sandige  Schiefer  und  Sandsteine  von  im  frischen  Zustande  blau- 
bis  grünlich  - grauer , bei  beginnender  Verwittenmg  aber  gelblich 
oder  bräunlich  werdender  Färbung  vor,  in  denen  nur  hie  und  da 
bis  ein  paar  Zoll  starke  Einlagerungen  von  unreinem , plattigem 
Kalkstein  auftreten.  Sehr  verbreitet  ist  sowohl  in  den  sandigen 
als  auch  in  den  schieferigen  Gesteinen  ein  Gehalt  an  weissem 
Glimmer  in  kleinen  Blättchen  und  Schüppchen  — übrigens  eine 
Eigentümlichkeit  fast  aller  sandigen  Oberdevongesteine  im  Gebiete 
des  rheinisch-belgischen  Schiefergebirges.  Etwas  auffallend  ist  auf 
den  ersten  Blick  die  dunkelblauschwarze  Farbe  des  kalkigen 
Schiefergesteins,  welches  den  grössten  Theil  der  Halden  der  Prinz 

1)  In  der  Sammlung  des  Herrn  Pastor  Heinersdorff  in  Elberfeld  sah  ich  mit 
Cardiolci  retrostriata  und  Tentaculiten  erfüllte  Linsen  von  dunklem,  bituminösen 
Kalkstein,  die  aus  den  Flinzschichten  der  nächsten  Umgebung  stammend,  den 
ähnlichen  Vorkommen  von  Altenau  und  Bicken  täuschend  ähnlich  sind. 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


55 


Wilhelmgrube  zusammensetzt.  Sieht  man  aber  von  der  dunkelen 
Färbung  ab,  welche  offenbar  mit  der  frischen  Beschaffenheit  zu- 
sammenhängt, welche  die  an  der  Oberfläche  stets  gebleichten  Ge- 
steine in  grösserer  Tiefe  besitzen,  so  weist  auch  hier  sowohl  der 
Glimmergehalt  als  auch  das  nicht  seltene  Sandigwerden  des  Gesteins 
auf  dessen  Zugehörigkeit  zum  Oberdevon  hin. 

Es  sollen  nun  zunächst  die  im  Oberdevon  von  Velbert,  dann 
die  im  Culm  von  Aprath  gesammelten  Arten  beschrieben  werden. 


Beschreibung  der  Arten. 

Arten  aus  dem  Oberdevon  von  Velbert. 

Die  in  der  Gegend  von  Velbert  gesammelten  Arten  stammen 
theils  aus  den  eben  erwähnten  dunkelen  Schiefern  der  Prinz 
Wilhelm  grübe  (aus  dem  Liegenden  der  ca.  horall  streichenden 
Erzgänge),  theils  aus  den  stark  zersetzten,  gelblichen,  mürben, 
grauwackenartigen  Sandsteinen  im  O.,  S.  und  N.  der  Stadt,  be- 
sonders im  Osten  der  Chaussee  nach  Werden,  auf  dem  Wege 
nach  Hefel,  unweit  der  Kohlenkalkgrenze. 

In  Betreff  des  Erhaltungszustandes  der  Versteinerungen  ist 
zu  bemerken,  dass  die  aus  dem  schwärzlichen,  kalkigen  Schiefer 
der  Prinz  Wilhelmgrube  stammenden  Reste  zum  grossen  Theil 
noch  mit  der  ursprünglichen  Kalkschale  versehen  sind,  z.  Th.  aber 
in  Steinkernen  vorliegen.  Leider  sind  die  hier  vorkommenden 
Versteinerungen  in  der  Regel  mehr  oder  weniger  verdrückt.  Was 
weiter  die  in  den  sandigen  Gesteinen  von  Hefel  gefundenen  Fos- 
silien betrifft,  so  kommen  dieselben  nur  in  Steinkernen  und  Ab- 
drücken vor,  welche  letztere  aber  oft  von  ausgezeichneter  Feinheit 
sind.  Giesst  man  sie  mit  Kautschuk  aus,  so  erhält  man  das  Bild 
der  ursprünglichen  Schale,  und  wenn  man  ausserdem  noch  den 
Steinkern  besitzt,  so  kann  man  sowohl  die  äusseren  als  auch  die 
inneren  Charaktere  des  Fossils  auf  das  Vollständigste  ermitteln. 


56 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


Phacops  granulatns  Münst. 

Taf.  I,  Fig.  1,  2. 

— — Salter,  Monogr.  Brit.  Trilob.  p.  18,  tb.  1,  f.  1 — 4. 

— — Gümbel,  Fichtelgebirge,  p.  494,  tb.  A,  f.  15. 

Von  diesem  Trilobiten  liegt  das  abgebildete  und  ein  zweites, 
weniger  gut  erhaltenes  Kopfschild  sowie  eine  Anzahl  Pygidien  vor. 

Nach  Gümbel,  der  die  Art  zuletzt  beschrieben  und  der  Ge- 
legenheit hatte,  Graf  Münster’ s Originalexemplare  zu  vergleichen, 
unterscheidet  sich  dieselbe  von  dem  verwandten  Ph.  latifrons  durch 
ihre  starke  Granulation , durch  die  nach  der  Stirn  zu  ausseror- 
dentlich breit  werdende,  sich  beträchtlich  über  den  Randsaum  er- 
hebende Glabella,  das  Fehlen  stärkerer  Höcker  (sowohl  des  mitt- 
leren als  auch  der  seitlichen)  auf  dem  sog.  Zwischenring,  sowie 
endlich  durch  die  grosse  Breite  des  Randsaums,  namentlich  an 
den  Hinterecken,  in  der  Richtung  nach  vorn. 

Besonders  das  letztgenannte  Merkmal  tritt  bei  unseren  rhei- 
nischen Stücken  in  auffälliger  Weise  hervor.  Aber  auch  die  starke 
Granulation  und  die  ausserordentliche  Verbreitung  der  Glabella 
an  der  Stirn  sprechen  dafür,  dass  nicht  Phacops  latifrons,  sondern 
die  MÜNSTER’sche  Art  vorliegt.  Die  mit  den  beschriebenen  Kopf- 
schildern zusammen  gefundenen  Schwänze  unterscheiden  sich  von 
denen  von  Phacops  latifrons  nur  durch  ihre  stark  entwickelte  Gra- 
nulation. 

Ph.  granulatus  ist,  wie  es  scheint,  ganz  auf  das  Oberdevon 
beschränkt.  Graf  Münster  beschrieb  ihn  aus  dem  Fichtelgebirge, 
Salter  aus  England.  Aus  dem  rheinischen  Gebirge  ist  er,  soviel 
ich  weiss,  bisher  nur  ein  einziges  Mal  angegeben  worden  (Zeitschr. 
d.  Deutsch,  geol.  Ges.  1873,  p.  659),  während  er  aus  Belgien  un- 
bekannt ist.  Es  wird  indess  zu  untersuchen  sein,  ob  der  in  Belgien 
nach  Angabe  der  dortigen  Geologen  im  Oberdevon  nicht  seltene, 
bis  an  die  Basis  des  Kohlengebirges  hinaufgehende,  als  latifrons 
aufgeführte  Phacops  wirklich  dieser  oder  vielleicht  ebenfalls  der 
MÜNSTER’schen  Art  angehört  !). 


*)  Ich  benutze  diese  Gelegenheit  zu  der  Bemerkung,  dass  sich  unter  dem 
Namen  Ph acops  latifrons , soweit  er  auf  Trilobiten  aus  dem  Eifeier  Mitteldevon 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


57 


Gyroceras  cnf.  cancellatum  F.  Röm. 

Taf.  1,  Fig.  7. 

Gyrtoceratites  cancellatus  F.  Römer,  Rhein.  Uebergangsgeb.  p.  80,  tb.  6,  f.  4. 
Ein  flachgedrücktes,  gegen  25  Millimeter  langes  und  etwa 
10  Millimeter  breites  Bruchstück  einer  Windung,  welches  in  Ab- 
ständen von  3 Millimetern  starke,  leistenförmige  Querrippen  zeigt, 
die  von  feinen,  gedrängten,  weniger  als  */2  Millimeter  von  einander 

angewandt  wird,  zwei  specifisch  wohl  unterschiedene  Arten  verstecken.  Die  eine 
ist  in  F.  Römer’ s Letlmea  palaeozoica  tb.  31,  f.  2 a und  2 b abgebildet.  Diese 
weitaus  häufigere,  kleinere  Art  zeichnet  sich  durch  ein  stark  gewölbtes, 
namentlich  nach  den  Seiten  rasch  abfallendes  Kopfschild  aus.  Die  Glabella  ist 
verhältnissmässig  schmal,  breit  gewölbt  und  erhebt  sich  mit  parabolischer 
Contour  beträchtlich  über  den  Stirnsaum.  Die  zweite  Art  ist  in  dem 
genannten  RöMER’schen  Atlas  auf  derselben  Tafel  in  Fig.  2 c abgebildet.  Sie  wird 
erheblich  grösser  und  lässt  sich  sofort  durch  das  breitere,  flachere  Kopfschild, 
sowie  besonders  durch  die  breitere,  flachere  Glabella  unterscheiden,  die  an  der 
Stirn  mit  flachbogiger  Linie  endigt  und  sich  nicht  oder  nur  sehr 
wenig  über  dem  Randsaum  erhebt.  Auch  sonst  sind  noch  Unterschiede 
vorhanden,  wie  dass  der  sog.  Palpebralhöcker  und  der  Zwischenring  bei  der  grösseren 
Form  im  Allgemeinen  stärker  entwickelt  sind,  als  bei  der  kleineren ; und  da  beide 
Formen  auch  eine  verschiedene  vertikale  Verbreitung  zu  besitzen  scheinen,  — ich 
habe  die  grössere  immer  nur  im  Stringocephalenkalk  gefunden  — so  dürfte  eine 
specifische  Trennung  beider  durchaus  erforderlich  sein. 

Weniger  einfach  ist  die  Entscheidung  der  Frage,  mit  welchen  Namen  die 
beiden  Arten  bezeichnet  werden  sollen.  Bronn  hat  (Leonhard’s  Zeitschr.  f.  Mineral. 
1825,  p.  317,  tb.  2)  für  die  Eifel  2 Arten,  Ph.  latifrons  und  Schlotheimi,  Steininger 
(Mem.  de  la  Soc.  Geol.  de  France,  I,  p.  350  und  Geogn.  Besehr.  d.  Eifel  p.  87) 
noch  eine  dritte,  Ph.  Latreillii  unterschieden;  aber  die  späteren  Autoren,  wie 
F.  Römer  und  die  Brüder  Sandberger  haben  diese  vermeintlichen  Species  wieder 
zusammengezogen  und  seitdem  werden  alle  mittel  devonischen  Phacopsformen  der 
Eifel  als  latifrons  bezeichnet.  Ich  habe  mich  nun  festzustellen  bemüht,  ob  sich 
vielleicht  eine  der  Bronn ’schen  oder  Steininger ’schen  Arten  mit  einer  der  von 
mir  oben  unterschiedenen  Arten  deckt.  Die  Abbildungen  und  Beschreibungen 
der  genannten  Autoren  sind  indess  so  ungenügend,  dass  mir  dies  trotz  aller  Mühe 
nicht  gelungen  ist.  Es  wäre  möglich,  dass  der  Bp.oNN’sche  Name  Schlotheimi  sich 
auf  die  oben  beschriebene,  häufigere  kleinere,  sein  latifrons  aber  auf  die  grössere 
Art  beziehen  soll.  Wenn  ich  aber  schon  darüber  zu  keinem  sicheren  Resultate 
gelangen  konnte,  so  gilt  dies  noch  mehr  von  den  Steinin ger’ sch en  Namen,  über 
deren  Bedeutung  man  wohl  kaum  jemals  ganz  in’s  Klare  kommen  dürfte.  Unter 
diesen  Umständen  möchte  ich  mir  den  Vorschlag  erlauben,  den  alten  Namen 
latifrons , der  wohl  zu  den  in  der  Literatur  am  meisten  eingebürgerten  gehört  und 
daher  mit  möglichster  Schonung  zu  behandeln  ist,  auf  die  nicht  nur  in  der  Eifel 


58 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


abstehenden  Längsrippchen  durchkreuzt  werden.  Möglicherweise 
könnte  die  Art  auf  F.  Römer’ s Gyr.  cancellatum  zu  beziehen 
sein,  eine  Form  ans  dem,  dem  obersten  Mitteldevon  angehörigen 
Rotheisenstein  der  Gegend  von  Brilon.  Prinz  Wilhelmgrube. 


Loxonema  aiiglicum  d’ORB. 

Taf.  I,  Fig.  3. 

— — de  Köninck,  Foss.  Paleoz.  Nouv.  Galles  du  Sud,  p.  124,  tb.  4,  f.  9. 

Diese  Art  zeichnet  sich  durch  ein  sehr  lang-conisches,  aus 
sehr  zahlreichen  (im  erwachsenen  Zustande  gegen  20)  Windungen 
bestehendes  Gehäuse  aus.  Dieselben  nehmen  langsam  und  gleich- 
mässig  an  Höhe  und  Breite  zu  und  tragen  12  — 14  starke,  etwas 
gebogene,  rippenförmige  Tuberkel,  welche  fast  die  ganze  Höhe 
der  Windung  einnehmen,  indess  nicht  ganz  bis  an  die  obere  Sutur 
heranreichen,  unter  welcher  letzteren  in  Folge  dessen  ein  schmales, 
glattes  Band  frei  bleibt.  Spiralwinkel  12°,  Mündung  oval. 

Von  dieser  schönen  Art  liegt  mir  ein  von  Herrn  Matthiass 
in  einem  Steinbruche  nördlich  und  ganz  nahe  von  Velbert  in  un- 
reinen, kalkigen  Sandsteinen  gefundener  Hohldruck  vor,  nach  dessen 
Ausguss  die  Abbildung  Fig.  3 hergestellt  worden  ist.  Der  untere 
Tlieil  des  Gehäuses  mit  der  Mündung  ist  nicht  mehr  vorhanden, 
dagegen  die  6 ältesten  Windungen  noch  recht  gut  erhalten,  und 
diese  stimmen  in  jeder  Beziehung,  namentlich  in  der  äusseren 
Sculptur,  mit  der  Abbildung  und  Beschreibung  de  Könincks 
überein. 

Die  Muschel  wurde  zuerst  von  Piiillipps  aus  dem  Oberdevon 
von  Brushford  (Palaeoz.  foss.  tb.  38,  f.  188)  abgebildet,  aber  auf 
eine  ähnliche  carbonische  Art,  nämlich  L.  rugiferum  desselben 
Autors  bezogen,  welche  sich  durch  grösseren  Spiralwinkel  (18- — 20°) 
und  fast  die  ganze  Breite  der  Umgänge  einnehmende  Rippen 
unterscheidet  (vergl.  de  Köninck,  1.  c.  und  Faune  du  Calc.  Car- 
bonif.  de  la  Belgique,  3.  part.,  Gasterop.  1881,  p.  60).  d’Orbigny 

weitaus  häufigste,  sondern  auch  anderwärts,  wie  in  Belgien,  England  und  Nord- 
Amerika  (Ph.  bufo  Green)  verbreitetste  Art  zu  beschränken,  die  oben  unterschiedene 
grössere,  dem  Stringocephalenniveau  angehörige  Form  aber  neu  zu  benennen  und 
hinfort  als  Phacops  Eifeliensis  aufzuführen. 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


59 


schlug  später  (Prodrome  I,  p.  62)  für  die  devonische  Schnecke 
den  Namen  L.  anglicum  vor.  Dieselbe  besitzt  eine  grosse  Ver- 
breitung, da  sie  sich  nicht  nur  am  Ilmensee  (Eichwald,  Leth. 
rossica,  I,  p.  1116),  sondern  auch  in  Neusüdwales  (de  Köninck,  1.  c.) 
wiederfindet.  Ihr  Wiedervorkommen  in  den  obersten  Devonschichten 
des  rheinischen  Gebirges  ist  sehr  interessant.  Wahrscheinlich  gehört 
auch  die  von  Trenkner  (Paläontolog.  Novitäten  I [Abhandl.  d. 
Naturf.  Gesellsch.  zu  Halle,  Bd.  X]  tb.  1,  f.  19)  aus  dem  ober- 
devonischen  Kalk  des  Iberges  im  Harz  als  L.  rugifera  abgebildete 
Form  hierher. 

Euomphalus  aff.  Schnurii  Arch.  Vern. 

Taf.  I,  Fig.  10. 

- — — Archiac  & Vernkuil,  Transact.  Geol.  Soc.  Lond.,  2.  ser.,  p.  364,  tb.  34,  f.  7. 
— acuticosta  Sandbercer,  Rhein.  Sch.  Nass.  p.  210,  tb.  25,  f.  2. 

Ein  in  den  Schiefern  der  Prinz  Wilhelmgrube  gefundener 
Abdruck , nach  dessen  Ausguss  die  obige  Abbildung  angefertigt 
worden  ist.  Nur  der  äussere  Umgang  ist  noch  leidlich  erhalten, 
die  inneren  dagegen  kaum  mehr  zu  erkennen.  Jener  äussere  Elm- 
gang  ist  in  der  Mitte  zu  einem  hohen,  markirten  Längskiel  erhoben 
und  mit  zahlreichen  feinen  aber  scharfen  Querstreifchen  bedeckt. 

Eine  nähere  Bestimmung  ist  bei  der  ungenügenden  Erhaltung 
nicht  ausführbar ; die  Art  könnte  indess  mit  der  oben  genannten, 
im  rheinischen  Stringocephalenkalk  nicht  seltenen,  nach  Angabe 
der  Gebrüder  Sandberger  (1.  c.)  auch  im  oberdevonischen  Eisen- 
stein von  Oberscheld  vorkommenden  Art  verwandt  sein. 


Cucullaea?  Hardingii  Phill.? 

— — Phillips,  Palaeoz.  foss.  p.  40,  tb.  18,  f.  67. 

Zu  dieser  in  den  sandigen  Ablagerungen  des  englischen  und 
belgischen  Oberdevon  sehr  verbreiteten,  auch  im  gleichalterigen, 
den  Kohlenkalk  unterlagernden  Verneuili  - Sandstein  der  Gegend 
von  Aachen  sich  findenden  Art  gehört  wahrscheinlich  eine  oval- 
geformte, gegen  30  Millimeter  breite,  etwa  halb  so  lange  Muschel 
aus  den  dunkelen  Schiefern  der  Prinz  Wilhelmgrube.  Der  nicht 


60 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


erhaltene  Wirbel  lag  offenbar  zwischen  Mitte  und  Vorderseite. 
Die  äussere  Oberfläche  ist  glatt,  mit  zahlreichen  starken,  aber 
ungleichmässigen  Rippen  bedeckt. 


Cypricardiiiia?  sp. 

Tat.  I,  Fig.  9. 

Ein  ebenfalls  auf“  der  Halde  der  Prinz  Wilhelmgrube  gefun- 
dener  Zweischaler  von  schräg  - ovalem  Umriss  mit  ganz  nach 
vorn  gerücktem  Wirbel  und  zahlreichen,  etwas  wulstig  vortretenden 
Anwachsringen,  die  — ähnlich  wie  bei  Cypr.  elongata  Arch.  Vern.  — 
von  gedrängten,  fadenförmigen  Radialrippchen  durchkreuzt  werden. 

Spirifer  Verneuili  Murcii. 

Tat.  II,  Fig.  12-14. 

disjunctus  Davidson,  Mon.  Brit.  Devon.  Brachiop.  p.  28,  tb.  5,  6. 

Es  liegen  mehrere  Exemplare  dieser  bekannten  und  wichtigen 
oberdevonischen  Leitform  vor,  sowohl  aus  den  Schiefern  der  Prinz 
Wilhelmgrube  (Fig.  13),  als  auch  aus  den  Sandsteinen  der  Um- 
gebung von  Velbert,  besonders  von  Hefel  (Fig.  12  u.  14).  Die 
hier  vorkommende  Abänderung  besitzt  eine  hohe  Area  und  flügel- 
förmig  vei’längerte  Seiten. 


Spiriferina  laminosa  MUoy? 

Tat'.  I,  Fig.  8. 

Spirifera  — Davidson,  Brit.  Carbon.  Brach,  p.  36,  tb.  7,  f.  17 — 22. 

Spiriferina  — » » » » Suppl.  p.  277. 

Ein  in  den  Sandsteinen  bei  Hefel  gefundener  Hohldruck, 
nach  dessen  Ausguss  die  obige  Abbildung  angefertigt  worden 
ist,  zeigt  eine  stark  cpier  ausgedehnte,  an  den  Schlossecken  flügel- 
förmig  ausgezogene  Ventralklappe.  Der  Sinus  wird  mässig  breit, 
aber  nicht  tief.  Auf  beiden  Seiten  desselben  zählt  man  etwa  12 
starke,  schmale  Radialrippen,  die  von  sehr  zahlreichen  und  mar- 
kirten  concentrischen  Anwachsstreifen  durchschnitten  werden. 

Es  ist  namentlich  das  letztgenannte  Merkmal,  welches  es 
mir  wahrscheinlich  macht,  dass  die  beschriebene  Klappe  auf  die 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


61 


M’Coy'sche  Art  zu  beziehen  ist,  die  zwar  vorwiegend  carbonisch 
ist,  aber  gelegentlich  in  England  wie  auch  in  Belgien  schon  im 
allerobersten  Devon  auftritt. 

Ich  muss  übrigens  noch  hervorheben,  dass  so  stark  geflügelte 
Formen,  wie  die  unsere,  im  Carbon  noch  nicht  beobachtet  zu 
sein  scheinen. 


Athyris  concentrica  v.  Buch. 

Taf.  I,  Fig.  4. 

Eine  lose  Y entralklappe  von  typischer  Gestalt  und  Sculptur. 
Grube  Prinz  Wilhelm. 


Rhynclionella  pleurotlon  Piiill. 

Taf.  I,  Fig.  5. 

— — Davidson,  Brit.  Carbon.  Brach,  pl.  23. 

» Brit.  Devon.  Brach,  pl.  13,  f.  11  — 13. 

Zu  dieser  besonders  im  Kohlengebirge  sehr  verbreiteten,  aber 
in  England  und  in  Belgien  auch  im  Ober-  und  mitunter  schon 
im  Mitteldevon  auftretenden  Art  gehört  wohl  unzweifelhaft  das 
abgebildete  Exemplar  aus  den  sandigen  Schichten  von  Hefel, 
sowie  ein  zweites  aus  den  Schiefern  der  Prinz  Wilhelmgrube. 
Die  kleine  Muschel  hat  einen  gerundet  vierseitigen,  quer  aus- 
gedehnten Umriss.  Beide  Klappen  sind  ziemlich  stark  gewölbt, 
Sinus  und  Sattel  wohl  entwickelt.  Auf  denselben  liegen  3 — -4, 
auf  jeder  Seite  gegen  7 einfache,  starke,  schon  an  den  Buckeln 
deutlich  vortretende  Kippen. 

Orthis  bergica  n.  sp. 

Taf.  II,  Fig.  6 — 11. 

Orthis  tioga  Hadl  var.  ? 

Von  gerundet  vierseitigem  Umriss,  erheblich  breiter  als  lang. 
Grosse  Klappe  ziemlich  schwach,  die  kleine  etwas  stärker  gewölbt. 
Schlossrand  stets  erheblich  kürzer,  als  die  grösste,  in  der  Mitte 
liegende  Breite  der  Muschel,  die  Schlossecken  gerundet.  Schnabel 
der  grossen  Klappe  nicht  merklich  vorragend,  die  Areen  beider 
Klappen  sehr  schmal.  Das  auszeichnende  Merkmal  der  Art  liegt 


62 


E.  Kaiser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


in  einer  mehr  oder  weniger  starken  kielförmigen  Erhebung  auf 
der  Mitte  der  Ventralklappe  und  einer  entsprechenden  sinusför- 
migen Einsenkung  der  Dorsalklappe.  Oberflächlich  sind  beide 
Klappen  mit  zahlreichen,  starken,  sich  durch  häufige  Spaltung 
vermehrenden  und  zuweilen  etwas  gebündelten  Radialrippchen, 
sowie  mit  einigen  ziemlich  markirten,  concentrischen  Anwachs- 
streifen versehen. 

Das  Innere  der  Ventralklappe  zeigt  einen  stark  vertieften, 
verlängert  fünfseitigen  Muskeleindruck,  der  am  unteren  Ende  von 
einer  flachen,  breit-leistenförmigen  mittleren  Erhebung  halbirt  wird. 
Im  Innern  der  Dorsalklappe  beobachtet  man  ausser  zwei  kräftigen 
divergirenden  Zahnplatten  einen  einfachen,  sich  nach  unten  in  eine 
kurze  Meridianleiste  fortsetzenden  Schlossfortsatz.  Unter  demselben 
liegt  ein  vierlappiger  Muskeleindruck,  von  welchem  vier  sich  nach 
dem  Rande  zu  verästelnde  Gefässstämme  aus  laufen. 

Die  beschriebene  Art  stellt  das  häufigste  in  den  oberdevoni- 
schen Schichten  von  Velbert  vorkommende  Fossil  dar  und  findet 
sich  sowohl  in  den  schwarzen  Schiefern  der  Prinz  Wilhelmgrube 
als  auch  in  den  glimmerigen  Sandsteinen  bei  Hefel. 

Unter  den  mir  bekannten  europäischen  Devonarten  kann 
Orthis  interlineata  Sow.  (Davidson,  Brit.  Devon.  Brach,  p.  91, 
tb.  17,  f.  18  — 23)  aus  dem  englischen  Oberdevon  zum  Vergleich 
herangezogen  werden.  Diese  Art  ist  der  unserigen  durch  ihre 
gerundet  vierseitige,  stark  quer  ausgedehnte  Gestalt,  den  überaus 
kurzen  Schnabel  und  die  geringe  Wölbung  des  Gehäuses  ähnlich. 
Sie  unterscheidet  sich  aber  von  der  rheinischen  Form  durch  noch 
grössere  Flachheit,  besonders  der  Dorsalklappe,  sowie  durch  das 
Fehlen  des  mittleren  Sinus  und  Sattels. 

Wenn  demnach  eine  Verwechselung  mit  der  genannten  engli- 
schen Oberdevonart  nicht  möglich  ist,  so  könnte  eine  solche  sehr 
leicht  mit  einer  Form  des  nordamerikanischen  Oberdevon,  nämlich 
Orthis  tioga , aus  den  schieferigen  Sandsteinen  der  Chemung- 
gruppe  (J.  Hall,  PalaeontoL,  N.-York,  vol.  IV,  pl.  8)  stattfinden. 
Denn  sowohl  im  äusseren  Umriss  wie  auch  in  dem  Grade  der 
Convexität  beider  Klappen,  der  geringen  Länge  und  Krümmung 
des  Ventralbuckels,  dem  Vorhandensein  eines  mittleren  Sinus  und 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


63 


Sattels  auf  der  Dorsal-  resp.  Ventralklappe , sowie  endlich  auch 
in  der  Beschaffenheit  der  äusseren  Rippchen , die  Hall  als  öfters 
gebündelt  beschreibt  und  von  denen  in  der  oberen  Hälfte  des 
Gehäuses  jede  zweite,  in  der  unteren  aber  jede  dritte  bis  vierte 
stärker  als  die  benachbarten  sein  soll  — in  allen  diesen  Merk- 
malen findet  eine  Uebereinstimmung  mit  unserer  bergica  statt. 
Ich  würde  diese  letztere  daher  ohne  Bedenken  als  Varietät  zu 
tioga  gezogen  haben,  wenn  nicht  Hall  den  Schlossfortsatz  seiner 
Art  als  zweitheilig  beschriebe,  während  derselbe  bei  der  rheini- 
schen Form  ungetheilt  ist.  Auch  sonst  scheint  das  Innere  der 
kleinen  Klappe  (vergl.  Halls  Abbildungen,  Fig.  25  u.  32)  etwas 
von  dem  der  rheinischen  Muschel  abzuweichen,  so  dass  ich  es 
für  besser  halte,  die  letztere  mit  dem  neuen  Namen  0.  bergica  zu 
belegen.  Auf  alle  Fälle  aber  bleibt  ihre  grosse  äussere  Aehu- 
lichkeit  mit  der  gleichalterigen  amerikanischen  Form  sehr  interessant. 


Streptorliynclms  iiinbraculum  Schloth. 

Taf.  I,  Fig.  10  u.  11. 

— — Davidson,  Brit.  Devon.  Brach,  p.  76,  tb.  16,  18. 

Zu  dieser  bekannten,  weit  verbreiteten  Devonart  möchte  ich 
ein  sowohl  in  den  Schiefern  der  Prinz  Wilhelmgrube  (Fig.  11)  als 
auch  in  den  Sandsteinen  bei  Hefel  nicht  selten  vorkommendes,  recht 
beträchtliche  Dimensionen  erreichendes  Fossil  rechnen.  Denn  in 
zwei  Merkmalen,  die  M Coy  für  umbraculum  (im  Gegensatz  zum 
carbonisclien  crenistria  Phill.)  als  charakteristisch  anführt,  nämlich 
in  der  grösseren  Convexität  der  Dorsalklappe  und  im  Vorhandensein 
eines  (in  Fig.  12  deutlich  hervortretenden)  Sinus  auf  jener  Klappe 
findet  eine  offenbare  Uebereinstimmung  mit  dem  devonischen  Typus 
statt.  Nur  in  der  äusseren  Schalensculptur  spricht  sich  eine  Hin- 
neigung zum  carbonisclien  crenistria  aus.  Denn  während  nach 
M’Coy  die  Zwischenräume  der  Rippen  bei  umbraculum  glatt  oder 
nur  mit  schwachen  und  gleichmässigen  Querstreifen  erfüllt  sind, 
sollen  dieselben  bei  crenistria  von  starken,  unregelmässigeren,  eine 
starke  Kerbung  der  Radialrippen  erzeugenden  Querrunzeln  einge- 
nommen werden  (vergl.  Davidson ’s  Abbildungen  1.  c.  tb.  19,  f.  1 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


64 

und  2).  Dies  aber  ist  endlich  auch  die  Beschaffenheit  der  Quer- 
sculptur  bei  der  in  Rede  stehenden  rheinischen  Form,  so  dass 
diese  mit  der  äusseren  Gestalt  der  devonischen  Form  eine  Sculptur 
verbindet,  die  derjenigen  der  carbonischen  Art  nahe  steht. 

Es  ist  übrigens  hervorzuheben,  dass  Davidson,  der  an  der 
specifischen  Selbständigkeit  von  umbraculum  und  crenistria  noch 
starke  Zweifel  hegt,  gewisse  Steinkerne  und  Abdrücke  aus  dem 
englischen  Oberdevon  (1.  c.  p.  81,  tb.  18,  f.  4)  nicht  zu  umbraculum, 
sondern  zu  Str.  crenistria  zieht. 

Clionetes  sp. 

Ein  schlecht  erhaltenes  Exemplar  eines  kleinen,  stark  quer 
ausgedehnten  Clionetes  aus  den  Schiefern  der  Prinz  Wilhelmgrube 
sowie  ein  Abdruck  einer  ähnlichen  Form  aus  dem  Sandstein  von 
Hefel.  Die  Längsrippen  vermehren  sich  hie  und  da  durch  Dicho- 
tomie (oder  auch  durch  Einschaltung?)  und  sind  durch  etwa  ebenso 
breite  Zwischenräume  getrennt.  Sie  werden  von  zarten,  gedrängten 
Querstreifen  durchschnitten,  ähnlich  wie  bei  Ch.  elegans  de  Kon. 
(Monogr.  Product.  Chonet.  pl.  20,  f.  13)  und  Ch.  setigera  Hall  und 
Logani,  Nop.w.  & Pratt.  (Hall,  Pal.  N.-York  IV,  tb.  22).  Eine 
nähere  Bestimmung  der  vorliegenden  Reste  ist  nicht  möglich. 


Stroplialosia  prodnctoides  Murch. 

Tat.  II,  Fig.  3 u.  4. 

— ■ — Davidson,  Br.  Devon.  Brach,  p.  97,  tb.  19. 

Eine  im  Devon  und  zwar  besonders  in  dessen  jüngeren  Niveaus 
häufige,  ausserordentlich  weit  verbreitete  Art.  Sie  kommt  bei  Vfelbert 
sowohl  im  Haldengestein  der  Grube  Prinz  Wilhelm  als  auch  in  den 
sandigen  Schichten  bei  Hefel  vor,  woher  die  beiden  abgebildeten 
Stücke  stammen.  Ein  unvollständiges  Stück  von  der  Prinz  Wil- 
helmgrube zeigt  dieselbe  feine,  wellig- runzelige  Q.uersculptur,  wie 
sie  Davidson  (1.  c.  Fig.  20)  bei  Exemplaren  bei  Phillips"  Str. 
( Productus ) membranacea  abbildet. 


am  Norctrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


65 


Productus  praelongus  Sow. 

Taf.  II,  Fig.  1 u.  2. 

— — Davidson,  Mon.  Brit.  Devon.  Brach,  p.  102,  tb.  19,  f.  22 — 25. 

Eine  ziemlich  erhebliche  Dimensionen  erreichende  Muschel 
von  4 seifigem,  überwiegend  längsausgedehntem  Umriss  mit  kräf- 
tigem, stark  gekrümmtem  Schnabel.  Ohren  rechteckig,  nieder- 
gedrückt. Der  mittlere  Tlieil  der  grossen  Klappe  wird  von  einer 
flachen,  ziemlich  breiten,  longitudinalen  Einsenkung  eingenommen, 
in  deren  Mitte  sich  eine  starke,  mitunter  (Fig.  1)  durch  eine  seichte 
mittlere  Furche  getheilte,  gerundete  Falte  erhebt.  Auf  dieser  Falte 
erheben  sich  hinter  einander  einige  Stachelröhren.  Die  seitlichen 
Theile  der  Muschel  sind  mit  ziemlich  starken,  aber  etwas  ungleich- 
mässigen  Radialrippen  bedeckt. 

Von  dieser  interessanten  Muschel  liegt  mir  ein  halbes  Dutzend 
mehr  oder  minder  gut  erhaltener  Steinkerne  aus  dem  dunkelen 
Schiefergrestein  der  Prinz  Wilhelmgrube  vor.  Sie  stellt  weitaus 

O O 

die  grösste,  mir  bis  jetzt  aus  devonischen  Ablagerungen  bekannt 
gewordene  Procluctus-  Art  dar. 

Die  rheinische  Form  stimmt  sehr  gut  mit  den  Abbildungen 
(namentlich  mit  Fig.  24  u.  25)  überein,  welche  Davidson  (1.  c.) 
von  einer  häufigen,  aber  ebenfalls  nur  in  Steinkernen  vorkommenden 
Muschel  aus  den  schieferig-sandig  oberdevonischen  Marwood-  und 
Piltonbeds  von  North  Devon  und  West  Somerset  gegeben  hat,  nur 
dass  die  englische  Form  kaum  halb  so  gross  ist,  als  die  deutsche. 
Beiden  Formen  gemein  ist  die  vierseitige,  verlängerte  Gestalt,  der 
stark  gebogene  Ventralbuckel,  die  mittlere  Einsenkung  der  Ventral- 
klappe, die  sich  darin  erhebende,  mit  Stacheln  besetzte  Längsfalte 
und  die  Radialrippen  auf  den  Seiten. 

Wenn  ich  demnach  die  rheinische  Form  mit  gutem  Recht  mit 
dem  Sowerby  'sehen  Productus  praelongus  identificiren  zu  dürfen 
glaube,  so  kann  ich  doch  andererseits  meine  Bedenken  in  Betreff 
der  specifischen  Selbständigkeit  dieser  Art  nicht  ganz  unterdrücken. 
Sie  besitzt  nämlich  so  grosse  Aehnlichkeit  mit  Phillips  carbo- 
nischem  mesolobus  (vergl.  Davidson,  Brit.  Carbonif.  Brach,  tb.  31, 
f.  6 — 9),  dass  es  mir  fraglich  erscheint,  ob  beide  Formen  mit 
Recht  getrennt  werden.  Nach  M’Coy  und  Davidson  soll  der 


66 


E.  Kayser,  Beitrage  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


Hauptunterschied  beider  Formen  darin  liegen,  dass  die  seitlichen 
Theile  bei  mesolobus  glatt,  bei  praelongus  dagegen  gerippt  sind. 
Stücke,  wie  das  von  Davidson  1.  c.  Fig.  6 abgebildete,  zeigen 
indess,  dass  Rippen  auch  der  carbonischen  Art  wenigstens  nicht 
gänzlich  fehlen.  Es  scheint  mir  daher  noch  etwas  fraglich,  ob 
man  beide  Formen  auf  die  Dauer  wird  getrennt  halten  können. 
Will  man  indess  an  der  Selbständigkeit  der  devonischen  Form 
festhalten,  so  müsste  man  den  Hauptnachdruck  legen:  1)  auf  die 
stärkere  Entwickelung  der  seitlichen  Rippen  und  2)  auf  das  Be- 
schränktsein der  Stachelröhren  der  Ventralklappe  auf  die  Mittel- 
rippe , während  bei  mesolobus  die  Stacheln  über  die  ganze  Schale 
zerstreut  sind. 


Productus  sp. 

Tat.  II,  Fig.  5. 

In  den  glimmerigen  Sandsteinen  von  Hefel  hat  sich  noch  ein 
anderer  Productus  gefunden,  von  dem  aber  leider  nur  der  einzige 
abgebildete  Abdruck  der  Dorsalschale  vorliegt.  Die  stark  concave, 
ungemein  stark  in  die  Quere  ausgedehnte  Klappe  hat  eine  glatte, 
nur  mit  schwachen,  etwas  welligen  Querstreifen  bedeckte  Oberfläche. 
Dieselbe  war  mit  sehr  zahlreichen  dünnen,  über  die  ganze  Schale 
zerstreuten  Stachelröhrchen  bedeckt,  die  im  Abdruck  natürlich  als 
vertiefte,  Nadelstich -ähnliche  Punkte  erscheinen  müssen. 


Crania  trigonalis  M’Coy. 

Tat.  I,  Fig.  6. 

— — Davidson,  Brit.  Carbon.  Brach,  p.  196,  tb.  48,  f.  14. 

Nach  der  von  Davidson  gegebenen  Abbildung  zeichnet  sich 
die  freie  Klappe  dieser  Art  durch  flach  konische  Gestalt,  einen 
gerundet  vierseitigen,  trapezförmigen  Umriss,  nahe  an  die  kürzeste 
Seite  des  Trapezes  herangerückten  Scheitel  und  von  demselben 
auslaufende  gedrängte,  markirte,  nach  dem  Rande  zu  durch 
Spaltung  vermehrte  Rippen  aus. 

Mit  dieser  dem  irischen  Kohlenkalk  angehörigen  Form  stimmt 
ein  von  mir  in  den  glimmerigen  Sandsteinen  bei  Hefel  gefundener 

o o O 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


67 


Abdruck  der  kegelförmigen  Oberschale  in  allen  Stücken  gut 

o O O 

überein.  M’Coy  hatte  die  Art  ursprünglich  zu  Orbicula  gerechnet, 
Davidson  stellte  sie  zu  Crania , jedoch  mit  Zweifel,  da  auch 
ihm  das  Innere  unbekannt  war.  Der  von  mir  abgebildete  Abdruck 
der  Innenseite  der  Oberschale  zeigt,  dass  Davidson’ s Classification 
die  richtige  war. 

Die  beschriebene  Art  ist  die  einzige  in  unserer  Fauna,  welche 
bisher  nur  aus  dem  Kohlengebirge  bekannt  war. 


Cyathophylliun  ? sp. 

Sowohl  in  den  schwarzen  Schiefern  der  Prinz  Wilhelmgrube 
als  auch  im  Sandstein  von  Hefe!  finden  sich  nicht  selten  bis  ein 
paar  Zoll  lang  werdende,  hornförmig  gestaltete  Einzelkelche  einer 
rugosen  Koralle,  die  vielleicht  zu  dieser  Gattung  gehören. 


Arten  aus  dem  Culm  von  Aprath. 

Die  Versteinerungen  der  Culmscliiefer  von  Aprath  sind  bereits 
im  Jahre  1857  Gegenstand  einer  Dissertation  Seitens  des  seitdem 
verstorbenen  J.  H.  Sarres  gewesen.  ( De  petref actis  quae  in  schisto 
posiclonico  prope  Elberfeldam  urbern  inveniuntur.  Dissert.  inauguralis. 
Berolini  1857.)  Trotzdem  dieselbe  manches  Neue  enthält  — der 
Verfasser  beschreibt  unter  Anderem  3 neue  Producten,  sowie  ein 
Pleurodictyum  — so  ist  die  Arbeit  doch  first  ganz  unbekannt  ge- 
blieben. Nicht  einmal  Herr  von  Dechen  in  seiner  sonst  so  voll- 
ständigen Uebersicht  der  mineralog.  und  geolog.  Literatur  der 
Provinzen  Rheinland -Westfalen  (Bonn,  1872)  erwähnt  dieselbe. 
Schon  dieser  Umstand  liess  es  mir  nützlich  erscheinen,  neue  Mit- 
theilungen über  die  Aprather  Fauna  zu  geben  und  die  3 Producten, 
die  Sarres  beschrieben,  aber  nicht  bildlich  dargestellt  hat,  ab- 
bilden zu  lassen.  Herr  Geheimrath  Beyrich  stellte  mir  zu  diesem 
Zweck  die  im  hiesigen  Universitätsmuseum  aufbewahrten  Origi- 
nalien des  Herrn  Sarres  gütigst  zur  Verfügung. 

O O o o 


5* 


G8 


E.  Kays  er,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


Ich  selbst  hatte  den  Vortheil,  bei  Aprath  unter  der  local- 
kundigen  Führung  des  Herrn  Pastor  Heinersdorff  aus  Elberfeld 
sammeln  zu  können  und  in  Folge  dessen  in  kurzer  Zeit  eine 
sehr  gute  Ausbeute  zu  machen.  Unter  den  von  mir  gefundenen 
Fossilien  lege  ich  einen  besonderen  Werth  auf  vollständige  Exem- 
plare  zweier  wichtigen  Phillipsia  - Arten.  Ich  habe  dieselben  auf 
Tafel  III  abbilden  lassen  und  freue  mich  darüber  umsomehr,  als 
in  der  Literatur  bis  jetzt  noch  keine  einzige  Abbildung  eines 
vollständigen  rheinischen  Culmtri  lobiten  existirt  und  des- 
halb die  Frage,  welche  der  sich  so  häutig  findenden  isolirten  Köpfe 
und  Schwänze  als  zusammengehörig  zu  betrachten  seien,  noch 
keineswegs  entschieden  war. 

In  Betreff  des  Erhaltungszustandes  der  Aprather  Culmver- 
steinerungen  bemerke  ich,  dass  dieselben  fast  ausnahmslos  in 
Steinkernen  und  Abdrücken  Vorkommen,  welche  letztere  indess 
in  den  dünnschichtigen,  meist  etwas  kieseligen  bis  wetzschiefer- 
ähnlichen Schiefern  mitunter  von  grosser  Schönheit  sind. 


Phillipsia  aequalis  H.  v.  Meyer. 

Tat.  III,  Fig.  7 u.  8. 

Calymene  (?)  aequalis  v.  Meyer,  N.  Acta  Aead.  Leopold.  Carol.  XV,  2,  p.  100, 
tb.  36,  f.  13,  1831. 

Cylindraspis  latispinosa  Sandberger,  Rhein.Schicht.Nass.,p.33,tb.3,f.4,4a(excl.caet.) 
Proetus  laevi-cauda  Sarres,  Dissert.  p.  28  (ex  parte?) 

Die  Autoren,  welche  nach  H.  v.  Meyer  den  Namen  aequalis 
gebraucht  haben,  Burmeister,  Emmricii,  Sändberger,  Sarres, 
F.  Römer,  v.  Könen,  haben  darunter  sehr  Verschiedenes  ver- 
standen. Ein  Blick  auf  die  betreffenden  Abbildungen  und  Be- 
schreibungen zeigt,  dass  der  mit  jenem  Namen  belegte  Trilobit 
bald  ein  längliches,  spitz  zulaufendes,  bald  ein  kui’zes,  breites 
Kopfschild  besitzen,  bald  mit  längeren,  bald  mit  kürzeren  Hörnern 
an  den  Hinterecken  ausgestattet  sein,  bald  eine  breite,  fast  cylin- 
drische,  bald  eine  spitz  zulaufende,  spindelförmige  Glabella  haben 
soll.  Das  sind  so  grosse  Unterschiede,  dass  die  fraglichen  Tri- 
lobiten  unmöglich  alle  derselben  Art  angehören  können. 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


G 9 


Zur  Feststellung  der  Charaktere  der  Speeles  muss  man  auf 
die  alte,  aber  gar  nicht  so  üble  Abbildung  H.  v.  Meyer’s  zurück- 
gehen, welche  sich  auf  Reste  eines  Trilobiten  von  Herborn  be- 
zieht. Das  von  Meyer  abgebildete  Kopfschild  besitzt  einen  hoch- 
parabolischen,  an  der  Stirn  etwas  spitzbogig  gebrochenen  Umriss 
und  eine  schlanke,  spindelförmige  Glabella , deren  Breite  hinter 
derjenigen  der  Seitentheile  etwas  zurückbleibt.  Seitenfurchen  sind 
auf  ihr  nicht  wahrzunehmen.  Die  Hinterecken  des  Kopfschildes 
sind  zwar  etwas  zugespitzt,  aber  nicht  in  Hörner  verlängert. 

Die  Sammlung  unserer  Landesanstalt  besitzt  nun  ein  Kopfschild 
mit  noch  erhaltener  Kalkschale  von  Herborn,  welches  im  Umriss 
wie  auch  in  der  Form  der  (übrigens  ungefurchten)  Glabella  sehr 
gut  mit  H.  v.  Meyer’s  Abbildung;  übereinstimmt.  Es  unterscheidet 
sich  von  der  letzteren  lediglich  durch  das  Vorhandensein  von 
Hörnern,  die  indess  kaum  die  halbe  Länge  des  Kopfes  erreichen. 
Dieser  scheinbare  Unterschied  erklärt  sich  indess  daraus,  dass 
unser  Stück  zu  den  seltenen  bei  Herborn  zu  machenden  Funden 
mit  noch  erhaltener  Schale  gehört,  während  das  von  Meyer  ab- 
gebildete Stück  offenbar  nur  Steinkern  war.  Ich  glaube  daher 
nicht  fehl  zu  gehen,  wenn  ich  annehme,  dass  die  Art  stets  mit 
Hörnern  versehen  war,  wenn  dieselben  auch  erheblich  kürzer 
blieben,  wie  bei  der  folgenden  Species. 

Was  nun  den  Taf.  III,  Fig.  7 in  natürlicher  Grösse  abgebil- 
deten Trilobiten  von  Aprath  betrifft,  so  stimmt  das  Kopfschild 
vollständig  mit  dem  oben  beschriebenen  Herborner  sowie  mit 
H.  v.  Meyer’s  Abbildung  überein  und  ich  zweifle  daher  nicht, 
dass  die  Aprather  Form  wirklich  dessen  aequalis  entspricht. 

Ich  gehe  nun  zu  einer  kurzen  Beschreibung  meines  Aprather 
Steinkerns  über. 

Kopfschild  von  hoch -parabolischem,  vorn  etwas  spitzbogig 
gebrochenem  Umriss,  wenig  breiter  als  lang.  Um  dasselbe  läuft 
ein  verhältnissmässig  breiter,  flacher,  (auch  auf  der  äusseren 
Schale)  parallelgestreifter  Randsaum  [der  ursprünglich  an  den 
Hinterecken  in  nicht  sehr  lange  Hörner  ausgezogen  war].  Die 
ziemlich  stark  gewölbte,  scharf  begränzte  Glabella  ist  hinten 
etwa  so  breit,  als  die  Seiten,  verjüngt  sich  nach  vorn  allmälig  und 


70 


E.  Kaysek,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


endigt  unweit  des  Randsaums  mit  gerundeter  Spitze.  Seitenfurchen 
[auch  auf  dem  Herborner  Exemplar]  nicht  mit  Bestimmtheit  er- 
kennbar. Nackenfurche  tief,  Nackenring  breit,  mit  einem  kleinen, 
mittleren  Tuberkel  (Fig.  8 und  mein  Herborner  Kopf).  Verlauf 
der  Gesichtsnähte  aus  Fig.  7 u.  8 ersichtlich.  Augen  schmal, 
halbmondförmig,  reticulirt,  etwa  in  der  Mitte  zwischen  Stirn-  und 
Hinterrand  liegend  und  nahe  an  die  Glabella  herangerückt.  Das 
ganze  Kopfschild,  besonders  die  Glabella,  ist  fein  granulirt. 

Der  Rumpf  zählt  an  meinem  Aprather  Stücke  nur  8 Ringe. 
Dies  hängt  indess  offenbar  mit  dem  noch  unausgewachsenen 
Zustande  des  fraglichen  Exemplars  zusammen,  da  ältere  Indi- 
viduen wahrscheinlich  mindestens  9 Rumpfringe  besitzen.  Die  Axe 
ist  ziemlich  breit,  die  Pleuren  schwach  umgebogen  und  durch  eine 
starke,  wenn  auch  nicht  lange  Furche  getheilt. 

Py  gidium  von  halb  - elliptischem  Umriss,  etwas  kürzer  als 
das  Kopfschild,  von  einem  ziemlich  breiten,  glatten,  ebenfalls 
parallel  gestreiften  Randsaum  umgeben.  Axe  bis  an  den  Rand- 
saum reichend  und  ziemlich  spitz  endigend.  Sie  ist  sehr  schwach 
gegliedert,  ihr  Abdruck  sogar  fast  glatt.  Auch  die  Seiten  sind 
nur  undeutlich  gegliedert. 

Um  nun  zum  Schluss  noch  einige  Mittheilungen  über  die  von 
verschiedenen  Autoren  unter  dem  Namen  aequalis  gegebenen  Ab- 
bildungen zu  machen,  bemerke  ich,  dass  der  von  Burmeister 
(Organisat.  d.  Trilobiten,  tb.  5,  f.  3)  als  Arcliegonus  aequalis  nach 
einem  Original  des  hiesigen  Universitätsmuseums  abgebildete  Tri- 
lobit  von  Altwasser  in  Schlesien  mit  einer  nach  der  Stirn  zu 
nicht  verschmälerten,  sondern  erweiterten  Glabella  unmöglich  zu 
H.  v.  Meyer’ s Art  gehören  kann,  wie  dies  denn  auch  schon  von 
den  Brüdern  Sandberger  (Rhein.  Schichtens.  Nassau  p.  33)  her- 
vorgehoben worden  ist.  Aber  auch  die  von  F.  Römer  aus  den 
Culm-Schiefern  von  Bautsch  in  Mähren  (Geologie  von  Oberschlesien, 
tb.  6,  f.  6)  abgebildete  und  fraglich  auf  Phillipsia  latispinosa  Sandb. 
— aequalis  H.  v.  Meyer  bezogene  Form  mit  breitem,  flachbogig 
begränzten  Kopfschild  und  sehr  breiter,  nach  vorn  zu  nicht  ver- 
jüngter Glabella  muss  ich  für  eine  ganz  verschiedene  Art  halten. 
Was  weiter  den  von  Emmricii  (Schulprogramm  1844,  f.  6)  als 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


71 


Phillipsia  aequalis  abgebildeten  Kopf  von  Herborn  betrifft,  so 
möchte  ich  denselben  mit  Herrn  von  Könen  (Neues  Jahrb.  f. 
Mineralogie  etc.  1879,  p.  312)  für  wenig  glücklich  restaurirt  halten. 
Die  kurzen  Hörner  scheinen  auf  die  Zugehörigkeit  zu  H.  v.  Meyers 
Art  hinzuweisen  und  auch  die  Gestalt  der  Glabella  würde  nicht 
gerade  dagegen  sprechen.  Das  von  den  Gebrüdern  Sandberger 
(1.  c.  tb.  3,  f.  4)  abgebildete  Kopfschild  endlich  möchte  ich,  auch 
wenn  es  nach  vorn  nicht  ganz  so  spitz  zuläuft,  wie  bei  meinem 
Herborner  und  Aprather  Exemplar,  dennoch  auf  aequalis  beziehen. 
Die  Naht  verläuft  nach  den  nassauischen  Autoren  vor  dem  Aug-e 
etwas  stärker  nach  auswärts,  als  bei  der  Aprather  Form.  Die 
von  denselben  Gelehrten  mit  dem  erwähnten  Kopfe  zu  einer  Art 
verbundenen  Rumpf-  und  Schwanzreste  dagegen  gehören  sicherlich 
einer  anderen  Art  an.  Denn  jene  Schwänze  sind  nicht  blos  breiter 
und  kürzer,  sondern  auch  ohne  Randsaum  und  — was  das  wich- 
tigste ist  — auf  der  Axe  wie  auf  den  Seiten  deutlich  gegliedert, 
während  der  Schwanz  der  Aprather  Form  im  Gegentheil  nur  sehr 
schwach  gegliedert  ist. 

Phillipsia  longicornis  n.  sp. 

Taf.  III,  Fig.  9,  10. 

Der  zweite  von  mir  bei  Aprath  gefundene  vollständige  Trilobit, 
der  in  Fig.  9 in  natürlicher  Grösse,  in  9 a in  3facher  Vergrösserung 
abgebildet  ist,  dürfte  wohl  ohne  Zweifel  eine  von  Ph.  aequalis  ver- 
schiedene Art  darstellen. 

Das  Kopfschild  ist  breiter,  als  bei  H.  v.  Meyer ’s  Art  und 
läuft  nach  der  Stirn  nicht  spitz  zu,  sondern  endigt  hier  vielmehr 
mit  flachbogiger  Contour.  Es  wird  von  einem  ganz  ähnlichen 
Randsaum  umgeben,  wie  aequalis,  nur  dass  derselbe  an  den  Hinter- 
ecken zu  langen , der  Gesammtlänge  des  Kopfschildes  gleichkom- 
menden  Hörnern  ausgezogen  ist  — ein  Unterschied,  der  schon 
allein  zur  specifischen  Unterscheidung  der  in  Rede  stehenden  Form 
hinreichen  würde.  — Die  Glabella  ist  verhältnissmässig  schmäler, 
als  bei  aequalis,  aber  nach  vorn  etwas  schwächer  verjüngt.  Sie 
reicht  bis  in  die  Nähe  des  Randsaums  und  endigt  liier  mit  ziemlich 


72 


E.  Kaiser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


breiter  Rundung.  Von  einer  Furchung  derselben  ist  Nichts  wahr- 
zunehmen. Der  Nackenring  meines  Stückes  ist  schlecht  erhalten, 
ich  kann  daher  über  seine  Form  nichts  Genaueres  aussagen.  Die 
Form  und  Lage  der  Augen  sowie  der  Verlauf  der  Gesichtsnähte 
bei  der  fraglichen  Art  stimmen  wesentlich  mit  Ph.  aequalis  überein. 

Der  Rumpf  zeigt  auch  bei  dem  in  Rede  stehenden  Stücke 
nicht  die  volle  Zahl  von  Ringen,  sondern  nur  7,  was  ebenfalls  mit 
dem  jugendlichen  Zustande,  ausserdem  aber  auch  mit  einer  geringen 
Aufschiebung  des  Kopfes  auf  den  Rumpf  zusammenhängt,  durch 
die  der  Nackenring  fast  ganz  zerstört  worden  ist.  Axe  ziemlich 
stark  gewölbt,  erheblich  schmäler  als  die  Seiten.  Pleuren  durch 
starke,  weiter  als  bei  aequalis  zurückreichende  Furchen  getheilt. 

Schwanzs  c h i 1 d in  Umriss  und  Beschaffenheit  des  Randsaums 
nicht  erheblich  von  aequalis  verschieden.  Dagegen  ist  die  ziemlich 
stark  gewölbte  Axe  vergleichsweise  schmäler  und,  ebenso  wie  die 
Seiten,  deutlich  gegliedert.  Auf  der  Axe  zähle  ich  etwa  14,  auf 
den  Seiten  8 Ringe.  Die  Seitenringe  sind,  ähnlich  wie  die  Pleuren, 
durch  starke,  schon  in  der  Mitte  der  Ringe  beginnende  Rand- 
furchen gespalten. 

Das  Fig.  10  abgebildete  isolirte  Randschild  eines  Kopfes  möchte 
wohl  ebenfalls  unserer  neuen  Art  angehören. 

Zu  dieser  Art  gehört  sehr  wahrscheinlich  auch  ein  vollständiges 
sich  im  Besitz  unserer  Sammlung  befindliches  Exemplar  eines 
kleinen  Trilobiten  von  Pierborn.  Derselbe  besitzt  bei  ähnlich  con- 
tourirtem  Kopfschilde  noch  längere,  der  ganzen  Körperlänge  gleich- 
kommende Hörner.  Die  ganze  Körperaxe  sammt  der  Glabella  ist 
verhältnissmässig  breiter,  als  bei  der  Aprather  Form,  aber  der 
Abdruck  des  Schwanzes  zeigt  dieselbe  kräftige  Gliederung  und 
die  Pleuren  dieselbe  Spaltung  durch  tiefe,  lange  Furchen.  Da  es 
bekannt  ist,  dass  bei  vielen  Trilobiten  bei  sonst  wesentlich  gleich- 
bleibenden Merkmalen  breite  kurze  und  schmale  lange  Formen 
nebeneinander  Vorkommen  (Unterschiede,  die  von  manchen  Forschern, 
wie  Salter,  vielleicht  nicht  mit  Unrecht  als  sexuell  gedeutet  werden), 
so  würde  auch  das  fragliche  Herborn  er  Exemplar  als  breite  Form 
des  Fig.  9 abgebildeten  Aprather  longicornis  angesehen  werden 
können. 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


73 


Eine  andere,  ebenfalls  breite  Form  unserer  Art  stellt  vielleicht 
auch  Richters  langhörn  iger  Proetus  posthumnus  (Zeitschr.  d.  Deutsch, 
geol.  Ges.  XYI,  tb.  3,  f.  1)  aus  dem  thüringischen  Cuhn  dar. 

Es  ist  möglich,  dass  die  Brüder  Sandberger  zu  ihrer  Cylin- 
draspis  latispinosa  (=  C.  aequalis  H.  v.  Meyer)  auch  zu  longicornis 
gehörigen  Reste  gezogen  haben;  allein  thatsächliche  Anhaltspunkte 
habe  ich  für  diese  Annahme  nicht.  Die  Beschreibung  und  Ab- 
bildung, welche  die  genannten  Forscher  vom  Kopfschild  von  lati- 
spinosa geben,  passt  ganz  gut  auf  aequalis,  und  was  die  von  ihnen 
zu  latispinosa  gerechneten  Schwänze  betrifft,  so  können  dieselben 
bei  dem  völligen  Mangel  eines  Randsaums  weder  zu  aequalis  ge- 
hören — wie  Herr  von  Ivönen  (1.  c.  p.  312  u.  315)  annimmt  — 
noch  auch  zu  longicornis.  Es  würde  daher  auch  ganz  ungerecht- 
fertigt sein,  wenn  ich  etwa  den  Sandberger  sehen  Namen  lati- 
spinosa für  meine  langhörnige  Art  beibehalten  wollte. 


Phillipsia  cnf.  Eichwaldi  Fisch. 

Taf.  III,  Fig.  6. 

Es  liegt  mir  von  Aprath  ein  Kern  eines  ungewöhnlich  grossen 
Schwanzschildes  vor.  Dasselbe  ist  von  kurz-halbelliptischem  Um- 
riss und  besitzt  einen  breiten,  parallel-gestreiften,  schwach  concaven 
Randsaum,  der  ein  paar  Millim.  tiefer  liegt,  als  das  übrige  Pygi- 
dium.  Die  deutlich  begränzte  Axe  ist  schwach  gewölbt  und  sehr 
breit  und  endigt  schon  in  einiger  Entfernung  vom  Randsaum  mit 
stumpf  gerundeter,  noch  immer  sehr  breiter  Spitze.  Sie  besteht 
aus  10 — 12  deutlichen  Ringen.  Die  Seiten  sind  sehr  schwach 
gewölbt  und  lassen  8 — 9 massig  starke,  nach  dem  Randsaum  zu 
verschwindende  Ringe  erkennen,  die  (wenigstens  auf  dem  vor- 
liegenden Steinkerne)  nicht  durch  Furchen  getheilt  sind. 

Das  beschriebene  Pygidium  erinnert  durch  seine  kurz-elliptische 
Gestalt  und  breite  Axe  an  Fischer' s Ph.  Brongniarti  (de  Köninck, 
Anim.  foss.  calc.  carb.  etc.  pl.  53,  f.  7)  aus  dem  belgischen  Kohlen- 
kalk, mit  dem  de  Iyoninck  auch  den  ähnlichen  von  Phillips 
(Geol.  Yorkshire  II,  p.  239,  tb.  22,  f.  4)  unter  der  Bezeichnung 
Asaphus  obsoletus  abgebildeten  Schwanz  vereinigt.  Beide  Arten 


74 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


erklärt  v.  Möller  (Trilob.  d.  russ.  Steinkoblenformation,  Separatabz. 
aus  Bull.  Soc.  Imp.  Natural.  Moscou  1867,  p.  14,  74)  für  synonym 
mit  Phillipsia  ( Asaphus ) Eichwaldi  Fisch.  Indess  endigt  die  Axe  des 
Apratlier  Schwanzes  noch  etwas  stumpfer,  als  bei  dem  oben  an- 
gezogenen, von  de  Köninck  abgebildeten  und  gleicht  in  dieser 
Hinsicht  mehr  dem  von  Phillips  abgebildeten  Pygidium.  Noch 
spitzer  endigt  die  Axe  bei  der  Abbildung,  die  Herr  v.  Möller 
(1.  c.  Fig.  3)  von  dem  Schwänze  des  russischen  Eichwaldi  giebt. 

Phillipsia  sp. 

Tat.  III,  Fig.  11. 

Ein  anderes  Apratlier  Pygidium  zeichnet  sich  bei  massiger 
Grösse  durch  kurzelliptischen  Umriss  und  flach  gewölbte  Axe  und 
Seiten  aus.  Die  Axe  ist  in  der  Mitte  schwach  kielförmig  erhoben, 
erheblich  schmäler  als  die  Seiten,  verjüngt  sich  nach  hinten  rasch 
und  läuft  in  einiger  Entfernung  vom  Rande  in  eine  schmale,  dolch- 
förmige Spitze  aus.  Man  zählt  auf  der  Axe  13  deutliche  Ringe. 
Auf  den  Seiten  liegen  9 markirte,  flach -bogige  Rippen,  die 
schon  in  geringer  Entfernung  von  der  Axe  durch  eine  nach  dem 
Rande  zu  ziemlich  breit  werdende  Mittelfurche  getheilt  werden. 
In  der  Nähe  des  Randes  verschwinden  die  Rippen  und  es  entsteht 
dadurch  eine  Art  glatter  Randsaum. 

Die  auszeichnenden  Merkmale  des  beschriebenen  Schwanzes 
liegen  in  seiner  kurzen,  breiten  Gestalt,  seiner  Flachheit,  der  deut- 
lichen Gliederung  von  Axe  und  Seiten  sowie  in  der  langen,  dolch- 
förmigen Endigung  der  in  der  Mitte  etwas  kielförmig  erhobenen 
Axe.  Auch  bei  der  bekannten  Ph.  mucronata  M Coy  läuft  die 
Axe  in  eine  lange  Spitze  aus,  aber  hier  ist  das  ganze  Hinterende 
des  Pygidiums  iu  eine  Spitze  ausgezogen. 

Ich  kenne  keine  ähnliche  Art. 

Sarres  beschreibt  (1.  c.  p.  30)  noch  eine 

Phillipsia  emarginata  n.  sp. 

Die  Glabella  dieser  Form  soll  nach  der  Stirn  zu  erweitert 
sein,  so  dass  hier  ein  Griffithides  vorliegen  würde.  Sie  soll  ein 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


75 


Paar  Seiten-Furchen  besitzen,  welche  jederseits  an  der  Basis  einen 
3 eckigen  Lappen  abscheiden.  9 Rumpfringe. 

Das  Schwanzschild  wird  als  lang  und  zugespitzt  ( subacumi - 
natum')  und  von  einem  glatten  Randsaum  umgeben  beschrieben. 
Axe  mit  15,  Seiten  mit  8 Ringen. 

Ich  kenne  diese  Form  nicht  aus  eigener  Anschauung,  da  das 
Original  in  der  Universitätssammlung  nicht  vorhanden  ist, 

Cypritlina  subglobulosa  Sandb. 

Sandberger,  1.  c.  p.  6,  tb.  1,  f.  4. 

Diese  Art  ist  bei  Aprath  nicht  selten,  aber  wenig  gut  erhalten. 
Goniatites  crenistria  Phill. 

Sandberger,  tb.  5,  f.  1. 

Sarres,  p.  27. 

Goniatites  mixolobus  Phill. 

Sandberger,  tb.  3,  f.  13;  tb.  5,  f.  1. 

Sarres,  p.  27. 

Orthoceras  scalare  Goldf. 

Sandberger,  tb.  19,  f.  5. 

Sarres,  p.  28. 

Orthoceras  striolatum  PI.  v.  Meyer. 

Sandberger,  tb.  19,  f.  3. 

Sarres,  p.  28. 

Pleurotomaria  sp. 

Sarres  (Dissert.  p.  26)  beobachtete  Fragmente  von  Pleuroto- 
marien,  die  wahrscheinlich  mehr  als  einer  Art  angehören. 

Posidonia  Becheri  Bronn. 

— acuticosta  Sandberger,  tb.  30,  f.  9. 

Sarres,  p.  26. 

Alle  diese  5,  im  rheinischen  Culm  so  häufige  Arten  sind 
auch  bei  Aprath  vertreten. 


76 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


Pecteii  densistria  Sande. 

— — Sandberger,  p.  296,  tb.  30,  f.  12. 

— — Sarres,  p.  24. 

— — v.  Könen,  Neues  Jahrb.  f.  Min.  1879,  p.  327,  tb.  6,  f.  2 

Es  liegt  ein  guter  Abdruck  der  rechten  Klappen  vor,  der  mit 
der  von  Herrn  von  Könen  gegebenen  Abbildung  gut  überein- 
stimmt, nur  dass  das  Byssusohr  etwas  stärker  vorspringt.  Mit  der 
Abbildung  der  Brüder  Sandberger  stimmt  mein  Stück  weniger 
gut  überein. 

Sarres  beschreibt  (p.  24)  noch  einen  Pecten  plicatus  n.  sp., 
den  er  mit  densistria  vergleicht , von  dem  sich  seine  Art  indess 
durch  ungleich  grosse  Ohren  unterscheiden  soll.  Da  aber  auch 
die  Ohren  von  densistria  nicht  gleich  gross  sind,  so  kann  Herr 
v.  Könen  mit  seiner  Vermuthung,  dass  die  SARREs’sche  Art  mit 
densistria  ident  sei,  Recht  haben. 

Pecten  cnf.  grandaevus  Golde. 

Sarres  , p.  26. 

Sarres  beschreibt  (1.  c.  p.  22)  unter  dem  Namen  P.  margi- 
natus  eine  Art,  die  er  mit  dem  bekannten  GoLDFüSs’schen  gran- 
daevus (=  subspinulosus  Sandb.  1.  c.  tb.  80,  f.  11)  vergleicht,  die 
sich  aber  durch  Ungleichseitigkeit  [dieselbe  kommt  auch  gran- 
daevus zu],  stärkere  Breitenausdehnung,  schwächere  bis  fehlende 
Längsfalten  auf  den  Ohren,  Fehlen  der  für  grandaevus  charakte- 
ristischen knotenförmigen  Höcker  auf  den  Radialfalten,  sowie  end- 
lich durch  dichter  stehende  Anwachsstreifen  unterscheiden  soll. 

Die  Prüfung  des  im  hiesigen  Museum  aufbewahrten  Originals 
hat  meine  Zweifel,  ob  nicht  doch  nur  ein  schlecht  erhaltener  Ab- 
druck von  P.  grandaevus  vorliegt,  nicht  zu  zerstreuen  vermocht. 

Pecten  Lossen i v.  Könen? 

Neues  Jahrb.  f.  Min.  p.  328,  tb.  6,  f.  1. 

Zu  dieser  neuen  Art  ist  Herr  von  Könen  geneigt,  den  durch 
Sarres  (p.  24)  als  linteatus  Goldf.  (Petref.  Germ.  II,  tb.  114,  f.  9) 
beschriebenen  Pecten  zu  rechnen.  Das  Original  befindet  sich  nicht 
im  hiesigen  Museum, 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


77 


Rhynchonella?  papyracea  A.  Röm. 

Terebratula  — A.  Röm.,  Beitr.  z.  Kennte,  d.  n.  w.  Harzgeb.,  I,  p.4S,  tb.  8,  f.  3 (1850). 
Rhynchonella  — Sarres,  1.  c.  p.  15. 

Streptorhynclms  crenistria  Phill. 

Taf.  III,  f.  12. 

— — Davidson,  Monogr.  Brit.  Carbonif.  Brach,  tb.  26,  27. 

Diese  bekannte,  weitverbreitete  Leitform  des  Kohlengebirges 
kommt  in  sehr  kleinen  Individuen  auch  bei  Aprath  vor.  Ich  habe 
dort  einige  sehr  deutliche  Exemplare  gesammelt.  Der  kaum  ge- 
krümmte Schnabel,  die  verhältnissmässig  hohe,  rechtwinkelig  zur 
Längsaxe  der  Muschel  stehende,  in  der  Mitte  von  einer  dreieckigen 
Oeffnung  durchbrochene  Area  und  die  starken , sich  nach  dem 
Rande  zu  durch  Einschiebung  vermehrenden  Radialstreifen  lassen 
an  der  Zugehörigkeit  der  nur  wenige  Mill.  lang  und  breit  werden- 
den Form  zur  PHiLLiPs'schen  Art  keinen  Zweifel. 

Strophomeiia  analoga  Phill. 

— — Davidson,  1.  c.  tb.  28. 

Von  dieser  Art  liegt  ein  deutlicher  Steinkern  vor. 

Chonetes  Laguessiana  de  Kon. 

Taf.  III,  f.  17  — 18. 

— — de  Köninck,  Monogr.  Product.  Chonet.  p.  198,  tb.  20,  f.  6. 

— Hardrensis  Phile.,  Davidson,  Mon.  Br.  Carbon.  Brach,  p.  186,  tb.  47,  f.  12 — 25. 

— tuberculata  M’Coy,  Sarres,  1.  c.  p.  18  (ex  parte). 

Eine  kleine,  kaum  über  8 Mi  11  im.  lang  und  16  Millim.  breit 
werdende,  halbkreisförmige,  stets  stark  quer  ausgedehnte,  convex- 
concave  Muschel.  Die  grösste  Breite  liegt  im  Schlossrand  oder 
zwischen  diesem  und  der  Mitte.  Der  Ventralbuckel  ist  klein  und 
hängt  nicht  über  den  Schlossrand  über,  die  Area  ist  massig  gross, 
und  in  der  Mitte  von  einer  dreieckigen,  durch  ein  Pseudodeltidium 
überdeckten  Oeffnung  durchbrochen.  Auf  jeder  Seite  des  Buckels 
treten  auf  der  Ventralklappe  in  der  Nähe  des  Schlossrandes  2 — 3 
schräg  nach  aussen  gerichtete  Stachelröhren  auf.  Die  Oberfläche 
der  Schale  ist  mit  zahlreichen  fadenförmigen  Radialrippchen  be- 


78 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntnis®  von  Oberdevon  und  Culm 


deckt,  die  sich  durch  häufig  wiederholte,  in  verschiedener  Ent- 
fernung zwischen  Buckeln  und  Rand  stattfindende  Spaltung  ver- 
mehren und  deren  man  am  Rande  zwischen  50  und  70  zählt. 

Diese  Art  ist  bei  Aprath  häufig.  Sie  stimmt  gut  mit  den 
Beschreibungen  und  Abbildungen  überein,  die  de  Köninck  und 
Davidson  von  der  Muschel  des  belgischen  und  englischen  Kohlen- 
kalks gegeben  haben. 

Sarres  hat  die  Art  auf  M Coy's  Ch.  tuberculata  bezogen, 
eine  Art  des  irischen  Kohlenkalks,  die  sich  nach  de  Köninck  (Mon. 
Prod.  Chon.  222,  pl.  19,  f.  4)  von  der  ihr  ähnlichen  Laguessiana, 
durch  die  eigentümliche  Sculptur  ihrer  Rippen  unterscheiden  soll, 
welche  in  der  ersten  Hälfte  glatt,  in  der  zweiten  aber  mit  einer 
Anzahl  kleiner  Tuberkel  versehen  sind 1).  Die  in  der  hiesigen 
Universitätssammlung  aufbewahrten  Originalexemplare  von  Sarres 
lassen  indess  nichts  von  einer  derartigen  Sculptur  erkennen.  Da- 
gegen kommt  bei  Aprath  eine  andere  Art  (67t.  rectispina ) vor, 
welche  granulirte  Rippen  besitzt.  Sie  ist  es  wahrscheinlich,  bei 
der  Sarres  die  Granulation  beobachtet  hat,  die  er,  da  er  bei 
Aprath  nur  eine  Chonetes-Art  annahm,  allen  dort  vorkommenden 
Choneten  zugeschrieben  hat. 


Chonetes  rectispina  v.  Könen? 

Tat.  III,  Fig.  13,  14. 

Chonetes  rectispina  v.  Könen,  Neues  Jahrb.  f.  Min.  1879,  p.  327,  tb.  7,  f.  4. 

? Chonetes  longispina  A.  Rom.,  Beitr.  n.  w.  Harzgeb.  I,  p.  47,  tb.  8,  f.  2,  1850. 

Eine  bei  Aprath  ziemlich  häufige,  bis  8 Millim.  lang  und 
12  Milim.  breit  werdende  Art  von  halbkreisförmigem,  stets  in  die 
Quere  ausgedehntem  Umriss.  Die  grosse  Klappe  mässig  stark 
convex,  die  kleine  entsprechend  concav.  Die  Oberfläche  ist  mit 
zahlreichen  feinen,  oft  dichotomirenden  Rippchen  bedeckt,  deren 
am  Rande  80  oder  mehr  liegen.  Unter  der  Lupe  zeigen  sie  bei 


!)  Davidson  (1.  c.  p.  191)  scheint  die  Selbständigkeit  der  M’Cov’schen  Art 
nicht  anerkennen  zu  wollen,  da  er  sie  als  »very  doubtfull  so  termed  species« 
anführt. 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


79 


erhaltener  Schale  oder  im  Abdruck  eine  ziemlich  starke  Granu- 
lation. Das  auszeichnendste  Merkmal  der  Art  aber  liegt  in  dem 
Vorhandensein  von  2 (oder  vielleicht  auch  3)  langen,  nahezu  recht- 
winkelig zum  Schlossrande  stehenden  Stachelröhren  auf  jeder  Seite 
des  Ventralbuckels. 

Die  Art,  die  Herr  von  Könen  unlängst  aus  dem  Culm 
von  Herborn  beschrieben,  ist  mit  der  Aprather  wahrscheinlich 
ident,  v.  Könen  zählte  am  Rande  gegen  100  Rippen,  über  deren 
etwaige  Granulation  indess  keine  Angaben  gemacht  werden.  Viel- 
leicht  gehört  hierher  auch  A.  Römer’s  Chon,  longispina  aus  dem 
Culm  von  Lautenthal,  die  2 lange,  ähnlich  stehende  Stacheln  auf 
jeder  Seite  des  Ventralbuckels  und  am  Rande  80  Rippchen  besitzt. 
Sie  weicht  nur  durch  stärkere  Querausdehnung  und  etwas  flügel- 
förmig vortretende  Seitenecken  ab  1). 

Möglicherweise  könnte  sich  unsere  Art  auch  mit  der  schon 
vor  langer  Zeit  durch  M Cov  aus  dem  irischen  Kohlenkalk  be- 
schriebenen  (Carbon,  foss.  Ireland,  tb.  21,  f.  9;  de  Köninck,  Mon. 
Product.  Chonet.  tb.  20,  f.  11)  Chon,  perlata  decken,  einer  kleinen, 
ebenfalls  stark  quer  ausgedehnten,  fein  gerippten  Form  mit  vier 
rechtwinkelig  stehenden  Stachelröhren  auf  jeder  Seite  des  Wirbels. 
Die  Beschreibung  M’Cov’s  ist  indess  zu  unvollständig,  um  hierüber 
in’s  Klare  zu  kommen  2). 

Auch  in  den  jüngsten  Devonbildungen  des  Staates  N.-York, 
in  den  Chemung  - Schichten , kommt  eine  verwandte  Art  vor, 
Ch.  setigera  Hall  (Palaeont.  N.-York  IV,  p.  129,  tb.  21,  22).  Die- 
selbe stimmt  in  ihrer  halbkreisförmigen,  quer  ausgedehnten  Gestalt 
und  den  2 — 3 nahezu  rechtwinkeligen,  sich  auf  jeder  Seite  des 
Schlossrandes  erhebenden  Stacheln  ganz  mit  der  oben  beschriebenen 
Muschel  überein  und  unterscheidet  sich  von  derselben  nur  durch 
die  geringere  Zahl  der  Rippen  (36  — 50). 


')  Ist  die  Römer’ sehe  Muschel  wirklich  ident,  so  würde  der  Name  longispina 
die  Priorität  haben. 

2)  Davidson  (Mon.  Brit.  Carbon.  Brach,  p.  189)  will  der  fraglichen  Form 
die  specifische  Selbständigkeit  absprechen  und  betrachtet  sie  als  Varietät  seiner 
Ilardrensis  (==  Languessiana). 


80 


E.  Kayser,  Beitrüge  zur  Kenntniss  von  Oberdeyon  und  Culm 


Chonetes  Buchiana  de  Kon. 

Taf.  III,  Fig.  16. 

— — de  Köninck,  Mon.  Product.  Chonet.  p.  218,  tb.  20,  f.  17. 

— — Davidson,  Mon.  Br.  Carbon.  Brach,  p.  184,  tb.  47,  f.  1 — 7. 

Von  dieser  leicht  erkennbaren,  bereits  aus  dem  Carbon  Eng- 
lands, Belgiens  und  der  Alpen  (Bleiberg)  bekannt  gewordenen 
Art  liegt  nur  ein  Steinkern  einer  sehr  kleinen,  in  Fig.  16  dreifach 
vergrösserten  Ventralschale  vor.  Dieselbe  ist  halbkreisförmig,  stark 
in  die  Breite  ausgedehnt  und  von  massig  starker  Wölbung.  Area 
massig  hoch,  mit  mittlerer  Oeffnung  und  Pseudodeltidium  ver- 
sehen. Die  im  Vergleich  zu  den  beiden  -vorigen  Arten  sehr 
kräftigen  Rippen  sind  durch  nahezu  ebenso  breite  Zwischenräume 
getrennt.  Die  mittleren  Rippen  sind  alle  einfach,  die  seitlichen 
aber  hie  und  da  gespalten.  Man  zählt  ihrer  am  Rande  im  Ganzen 
gegen  30.  Von  der  Quersculptur,  die  Davidson  (1.  e.  tb.  55,  f.  12) 
abgebildet  hat,  ist  an  meinem  Steinkerne  nichts  wahrzunehmen. 


Chonetes  polita  M’Coy. 

Taf.  III,  Fig.  15. 

— — Davidson,  Br.  Carb.  Brach,  p.  190,  tb.  47,  f.  8 — 11. 

Die  einzige  bekannte  völlig  glatte,  nur  mit  schwachen  concen- 
trischeu  Anwachsstreifen  bedeckte  Art.  In  diesem  Merkmal,  sowie 
in  der  sehr  starken  Querausdehnung  und  der  beträchtlichen,  na- 
mentlich am  Buckel  und  in  der  Mittellinie  starken  Convexität  der 
Ventralklappe  stimmt  die  Aprather  Form  gut  mit  Davidson  s 
Abbildungen  überein. 

Es  liegen  mir  zwei  Steinkerne  der  Ventralklappe  vor. 
Productus  laevipuuctatus  Sarres. 

Taf.  III,  Fig.  5. 

— — Sarres,  dissertat.  p.  21. 

Eine  kleine  Form  aus  der  nächsten  Verwandtschaft  des  be- 
kannten carbonischen  Prod.  sublaevis  de  Köninck  (Monogr.  Pro- 
duct. Chonet.  p.  75,  pl.  7,  f.  1 ; Davidson,  Brit.  Carbon.  Brach. 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


81 


p.  177,  tb.  31,  f.  1 — 2)  = humerosus  Sow.  1),  die  mit  demselben 
in  der  vierseitigen,  längs  ausgedehnten  Gestalt,  dem  langen,  stark 
gekrümmten  Wirbel  und  dem  Vorhandensein  eines  schmalen, 
furchenförmigen  Sinus  auf  der  Mitte  der  Ventralklappe  überein- 
stimmt, die  sich  aber  von  jener  Art  durch  die  Glätte  der  Schale 
und  eine  eigenthümliche , aus  kleinen  knotenförmigen  Tuberkeln 
bestehende  Sculptur  der  Epidermis  auszeiclmet  (Fig.  5 a). 

Vou  dieser  Form  liegt  mir  das  Originalstück  von  Sarres  vor, 
ein  vortrefflicher  Abdruck  der  Ventralklappe,  nach  deren  Abguss 
meine  Abbildung  Fig.  5 angefertigt  worden  ist,  und  ausserdem 
noch  ein  kleinerer  Steinkern.  Ich  war  längere  Zeit  ungewiss, 
ob  die  Form  nicht  doch  mit  humerosus  zu  vereinigen  sei,  da 
bekanntlich  die  Radialstreifung  dieser  Art  durch  Abreibung  leicht 
verloren  geht.  Allein  bei  der  vortrefflichen  Erhaltung  der  Ober- 
fläche  (wenn  auch  nur  im  Abdrucke)  würde  eine  solche  Annahme 
wenig  Wahrscheinlichkeit  haben;  ausserdem  aber  ist  eine  ähnliche 
Sculptur  der  Epidermis,  wie  sie  oben  beschrieben  wurde,  bei 
humerosus  meines  Wissens  noch  nie  beobachtet  worden.  Es  scheint 
daher  geboten,  die  Sarres’ sehe  Art  bis  auf  Weiteres  als  selb- 
ständige Species  anzusehen. 

Prod.  humerosus  ( sublaevis ) selbst  glaubt  Herr  von  Koenen 
im  Culm  von  Herborn  beobachtet  zu  haben  (Neues  Jahrb.  f. 
Mineral.  1879,  p.  326). 

Productus  plicatus  Sarres. 

Taf.  III,  Fig.  1 u.  2. 

— — Saures,  Dissertat.  p.  20. 

? Productus  Carringtonianus  Davidson,  Brit.  Carb.  Brach,  p.  274,  tb.  55,  f.  5. 

Sarres  beschreibt  diese  Art  als  deprimirt,  von  halbkreisförmiger, 
quer  ausgedehnter  Gestalt  (Breite  : Länge  = 13  : 8),  mit  schwach 
gewölbter  Ventralklappe  und  niedrigem,  schwach  gekrümmtem 
Schnabel.  Die  äussere  Oberfläche  soll  mit  ca.  16  etwas  unregel- 

x)  Davidson  hat  neuerdings  die  interessante  Beobachtung  gemacht,  dass  die 
mit  dem  Namen  Pr.  humerosus  belegten  Kerne  nichts  weiter  als  Steinkerne  des 
Inneren  von  sublaevis  darstellen  (Supplement  Carbonif.  Brach,  p.  306,  1880).  Da 
der  SowERBY’sche  Namen  älter  ist,  als  der  de  Konincic’ sehe,  so  muss  die  Species 
fortan  als  humerosus  bezeichnet  werden. 


6 


82 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


massigen,  flachen,  concentrischen  Querringen,  sowie  mit  ca.  30,  in 
concentrischen  Reihen  über  die  ganze  Oberfläche  vertheilten 
Stachelröhren  bedeckt  sein.  Die  Unterschiede  von  Prod.  punctatus 
Mart,  findet  der  Autor  in  weniger  zahlreichen,  unregelmässiger 
angeordneten  Querringen  und  im  Fehlen  eines  Sinus,  durch  welches 
letztere  Merkmal  die  Aprather  Form  auch  von  plicatilis  Sow.  und 
anderen  verwandten  Formen  unterschieden  sein  soll.  Während 
Herrn  Sarres  nur  ein  paar  schlecht  erhaltene  Stücke  zu  Gebote 
standen,  hatte  ich  das  Glück,  einige  ausgezeichnet  gut  erhaltene 
Exemplare  (Fig.  1 u.  2)  aufzufinden.  Die  auszeichnenden  Merk- 
male der  Muschel  liegen  in  ihrem  halbkreisförmigen,  quer  ver- 
längerten Umriss,  der  grossen  Flachheit  und  Sinuslosigkeit  der 
Ventralklappe,  dem  kleinen,  sich  kaum  über  den  Schlossrand  er- 
hebenden Wirbel  und  der  aus  ziemlich  gedrängt  stehenden,  wenig 
erhobenen  Querringen  bestehenden  Oberflächensculptur.  In  dei 
Vertheilung  der  sehr  lang  werdenden,  schlanken  Stachelröhren 
finde  ich  keine  Gesetzmässigkeit. 

Alle  diese  Merkmale  sind  so  eigenthümlich,  dass  die  SARRES’sche 
Art  nicht  leicht  mit  einer  anderen,  bis  jetzt  beschriebenen  zu 
verwechseln  ist.  Nur  aus  England  hat  Davidson  eine  Species, 
Pr.  C ar  ring  tonianus  bekannt  gemacht,  die  nach  Abbildung  und 
Beschreibung  mit  der  rheinischen  grosse  Aehnlichkeit  besitzen 
muss.  Denn  auch  die  englische  Form  zeichnet  sich  durch  halb- 
kreisförmigen, quer  ausgedehnten  Umriss,  schwach  gewölbte  Ven- 
tralklappe, sehr  niedrigen  Ventralbuckel  und  mässig  regelmässige, 
die  ganze  Oberfläche  bedeckende,  concentrische  Querrunzeln  aus. 
Es  wäre  daher  sehr  möglich,  dass  beide  fragliche  Formen  der- 
selben Art  angehören  x). 

1)  In  Begleitung  von  Productus  Carringtonianus  findet  sieb  (bei  Narrowdale 
in  Staffordshire)  noch  eine  eigenthümliche  Rhynclionella , Rh.  Wettonensis  Davids. 
(1.  c.  p.  274,  pl.  55,  f.  1 — 3).  Auch  diese  Form  scheint  mit  einer  Art  des  deutschen 
Culm  ident  zu  sein,  nämlich  mit  der  von  A.  Römer  (Beitr.  z.  Kenntn.  d.  nord- 
westl.  Harzgeb.  I,  1850,  p.  31,  tb.  4,  f.  25)  aus  den  Culmkalken  von  Grund 
beschriebenen,  durch  einen  Sinus  auf  der  kleinen  und  einen  Sattel  auf  der  grossen 
Klappe  ausgezeichneten  Rhynclionella  ( Terehratula ) contraria.  Die  Ver- 
gleichung von  Originalexemplaren  der  harzer  Art  mit  Davidson’s  Abbildungen 
der  englischen  Muschel  hat  mir  kaum  einen  Zweifel  an  der  Identität  beider 
Formen  übrig  gelassen. 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


83 


Productus  concentricus  Sarres. 

Taf.  III,  Fig.  3 u.  4. 

— — Sarres,  Dissertat.  p.  21. 

Sarres  beschreibt  von  Aprath  noch  eine  dritte  Productus- 
art,  die  ebenfalls  eine  flach  gewölbte,  stark  quer  ausgedehnte 
(Breite  : Länge  = 8 : 4)  Ventralklappe  besitzen,  sich  aber  von  dem 
vorhin  beschriebenen  plicatus  durch  nur  10,  weiter  von  einander 
abstehende  Querringe  und  einige  wenige,  unregelmässig  ver- 
theilte Stachelröhren  auszeichnen  soll.  Ausserdem  giebt  Sarres 
noch  an,  dass  der  Stirnrand  etwas  eingebuchtet  und  die  Schloss- 
ecken rechteckig  seien. 

Das  einzige,  im  Besitz  der  Universitätssammlung  befindliche 
Originalexemplar  — der  Abdruck  einer  Ventralklappe,  nach  deren 
Abguss  die  Abbildung  Fig.  4 angefertigt  worden  ist  — lässt  in  Be- 
zug auf  Erhaltung  viel  zu  wünschen  übrig.  Besser  erhalten  sind 
ein  paar  andere,  von  mir  selbst  gesammelte  Steinkerne  und  Ab- 
drücke, deren  grösster  in  Fig.  3 abgebildet  worden  ist. 

Durch  die  gelänge  Wölbung  der  Ventralklappe,  den  kaum 
über  den  Schlossrand  vorragenden  Wirbel  und  die  concentrische 
Quersculptur  ist  die  Form  offenbar  mit  Sarres  plicatus  verwandt. 
Die  Hauptunterschiede  von  dieser  Art  würden  in  der  noch  stär- 
keren Querausdehnung,  der  geringen  Zahl  und  Stärke  der  con- 
centrischen  Querringe,  der  schwachen  Einbuchtung  des  Stirnrandes 
und  den  — wie  es  in  der  That  scheint  — weniger  zahlreichen 
Stachelröhren  zu  suchen  sein.  Ich  bin  indess  nicht  ganz  sicher, 
ob  concentricus  wirklich  eine  selbständige  Art  oder  nur  eine  Ab- 
änderung von  plicatus  darstellt.  Durch  weiteres,  besseres  Material 
wird  diese  Frage  entschieden  werden  können. 

Die  Fig.  3 abgebildete  Ventralklappe  gleicht  den  zwei 
Fig.  1 und  2 dargestellten  Ventralklappen  von  plicatus  auch  in 
der  grossen  Länge  der  Stachelröhren.  Dieselben  beschränken  sich 
aber  bei  dem  fraglichen  Exemplar  auf  den  Schlossrand  und  sind 
auf  beiden  Seiten  des  Wirbels  schräg  nach  aussen  gerichtet. 


6 


84 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


Discina  sp. 

Discina  marginata  Sarres,  Dissertat.  p.  22. 

Diese  von  den  Brüdern  Sandberger  (rhein.  Sch.  Nassau, 
p.  372)  aus  den  Schiefern  von  Wissenbach  beschriebene  Art 
soll  nach  Sarres  auch  bei  Aprath  Vorkommen.  Bei  der  grossen 
Verschiedenheit  des  geognostischen  Niveaus  scheint  diese  Angabe 
wenig  glaubhaft. 

Pleurodictynm  Decheniaimm  is.  sp. 

Tat.  III,  Fig.  20,  21. 

v.  Dechen,  Verhandl.  Naturhist.  Ver.  f.  Rkeinl.-Westf.  VII  (1850),  p.  201. 

Pleurodictynm  sp.  indet.  Sarres,  Dissertat.  p.  12. 

Herr  von  Dechen  hat  zuerst  das  Vorkommen  eines  Pleuro- 
dictyum  in  den  Kieselschiefern  der  Culmformation  in  der  Gegend 
von  Elberfeld  (Peters-Katernsberg  im  NW.  der  Stadt)  bekannt  ge- 
macht. Er  präcisirt  die  Unterschiede  der  fraglichen  Form  vom 
unterdevonischen  Pleurodictynm  problematicum  dahin,  dass  die 
Polypiten  derselben  fast  drehrund  (bei  probl.  prismatisch),  die 
reihenweise  geordneten  Tuberkeln  auf  den  letzteren  [die  Ausfüllun- 
gen der  die  Wände  der  Polypiten  durchbohrenden  Verbindungs- 
poren] zahlreicher,  die  Form  des  Stockes  mehr  kugelig  (bei  probl. 
mehr  scheibenförmig)  und  der  serpelähnliche , in  der  Mitte  von 
problematicum  zu  beobachtende  Körper  nicht  vorhanden  sei. 

Auch  Sarres  findet  die  Hauptunterschiede  der  carbonischen 
Form  in  der  stärkeren  Wölbung  des  Stockes  und  der  gerundeten 
Gestalt  der  Polypiten,  welche  er  als  kurzkonisch  beschreibt. 

Ich  habe  bei  Aprath  mehrere  Exemplare  des  fraglichen  Fossils 
gesammelt  und  kann  mich  der  Ansicht  der  beiden  Autoren , dass 
eine  von  problematicum  verschiedene  Species  vorliegt,  nur  an- 
schliessen. 

Die  Culmform  ist  viel  kleiner,  stärker  gewölbt  bis  halbkuge- 
lig und  von  rundem  (bei  probl.  meist  von  ovalem)  Umriss.  Die 
meist  nicht  sehr  zahlreichen  Polypiten  sind  kürzer  und  ge- 
drungener, als  bei  der  Unterdevon  - Art,  indess  — ebenso  wie  bei 
dieser  — von  mehr  oder  weniger  unregelmässig  polygonaler  Ge- 
stalt. Die  benachbarten  Polypiten  sind  durch  zahlreiche,  ver- 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


85 


hältnissmässig  starke,  in  geraden  Reihen  geordnete  Querstäbchen 
verbunden.  Die  bei  problematicum  ausser  diesen  letzteren  noch 
vorhandenen  (von  Dörnchen  auf  der  Innenseite  der  Kelchwandungen 
herrührenden)  vertieften  Punkte  habe  ich  an  meinen  Aprather 
Stücken  ebensowenig  wahrnehmen  können,  als  die  bei  der  Devon- 
form nicht  selten  zu  beobachtende  (von  Radiallamellen  herrührende) 
Längsstreifung  der  Polypitenkerne. 

Pleurodictyum  Sei canum  Giebel  (Kayser,  älteste  Devonfauna 
des  Harzes,  Abhandl.  z.  geol.  Specialkarte  von  Preussen  etc. 
Bd.  II,  Heft  4,  tb.  33,  f.  8)  scheint  der  Culmform  näher  zu  stehen, 
als  problematicum.  Dasselbe  hat  mit  Dechenianum  die  geringe  Grösse, 
stärkere  Wölbung  und  rundlichen  Umriss  des  Stockes  gemein 
und  unterscheidet  sich  vielleicht  nur  durch  verhältnissmässig  län- 
gere und  schlankere,  sehr  regelmässig  prismatische  Polypiten. 

Eine  andere  Art  des  Harzer  Unterdevon,  PL  Zorgense  Kayser 
(1.  c.  f.  9,  10)  unterscheidet  sich  von  der  Aprather  auf  den  ersten 
Blick  durch  die  sehr  unregelmässige,  sich  von  der  polygonal- 
prismatischen  sehr  entfernende  Gestalt  der  Polypiten. 

Cladochonus  Michelini  M.  Edw.  & IIaime. 

Taf.  III,  Fig.  19. 

Pyrgia  — M.  Edw.  H.,  Polyp,  foss.  terr.  paleoz.  1851,  p.  310,  tb.  17,  f.  8. 

Cladochonus  — de  Köninck,  Nouv.  rech.  Anim.  foss.  etc.  1872,  p.  153,  tb.  15,  f.  6. 

— — F.  Römer,  Letlmea,  palaeozoica  1867,  tb.  39,  f.  8. 

— — Nicholson,  Geolog.  Magazin  1879,  p.  289. 

Eine  ausgezeichnete  kleine  Form,  deren  Stöcke  ans  Polypiten 
bestehen,  die  von  den  Autoren  treffend  mit  einem  Tabakspfeifchen 
verglichen  worden  sind.  Die  kleinen  trichterförmigen  Kelche,  in 
denen  Edwards  & IIaime  sowie  de  Köninck  Andeutungen  von 
etwa  20  Radiallamellen  beobachtet  haben,  setzen  sich  nämlich  nach 
unten  mit  schwacher  Krümmung  in  einen  langen  schlanken  Stiel 
fort,  dessen  dicke  Epithek  eine  schwache  Querstreifung  zeigt. 
Besonders  charakteristisch  ist  die  Vermehrungsweise  der  Polypiten, 
die  in  der  Weise  erfolgt,  dass  an  der  Aussenseite  eines  älteren 
Kelches,  dicht  unter  dessen  Mündung,  ein  oder  meist  zwei  neue 
Polypiten  hervorsprossen,  die  sich  von  dem  älteren  unter  grossem 


86 


E.  Kaysee,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


Winkel  divergent  nach  aussen  entfernen,  um  sich  an  ihren  Enden 
unter  Umständen  wieder  in  gleicher  Weise  zu  vermehren. 

Bei  Aprath  ist  die  interessante  kleine  Koralle  nicht  selten. 
Ich  sammelte  sie  in  mehreren  Exemplaren,  welche  die  schwache 
Runzelung  der  starken  Epithek  und  die  Pseudosepten  im  Innern 
der  Kelchmftndungen  gut  erkennen  lassen.  Das  Fossil  stimmt 
sehr  gut  mit  dem  des  Tournaier  Kohlenkalks,  aus  dem  die  Art 
zuerst  bekannt  wurde.  Später  hat  Nicholson  sie  auch  in  den 
unteren  Carbonbildungen  von  Schottland  nachgewiesen. 

o O 


Zaphrentis?  sp. 

Kleine,  bei  Aprath  sich  nicht  selten  findende  hornförmige 
Einzelkelche  einer  rugosen  Koralle  könnten  dieser  Gattung  an- 
gehören. 

Pflanzenreste 

sind  bei  Aprath  sehr  häufig.  Sie  gehören  besonders  Algen  an, 
befinden  sich  aber  gewöhnlich  in  einem  Erhaltungszustände, 
der  nach  dem  Urtheile  meines  Collegen  E.  WEISS  keine  nähere 
B estimmung  erlaubt. 

Sarres  beschrieb  aus  dem  Aprather  Culm  von  Pflanzen 
Drepanophycus  distans  n.  sp.  und  Noeggerathia  tenuistria  Goepp. 
(Dissert.  p.  11,  12). 


Sch  ln  ssbem  erklingen. 

Im  Vorstehenden  wurden  beschrieben: 
a)  aus  dem  Oberdevon: 

1.  Phacops  granulatus  Mst. 

2.  Gyroceras  cnf.  cancellatum  F.  Röm. 

3.  Loxonema  anglicum  d'Orb. 

4.  Euomphalus  aff.  Schnurii  Arch.  Vern. 

5.  Cuctdlaea?  Hardingii  Phill.? 

6.  Cypricardinia  ? sp. 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


87 


7.  Spirifer  Verneuili  Murch. 

8.  Spiriferina  laminosa  M’Coy? 

9.  Athyris  concentrica  v.  Buch. 

10.  Rhynchonella  pleurodon  Phill. 

11.  Orthis  bergica  n.  sp. 

12.  Streptorhynchus  umbraculum  Schl. 

1 3.  Chonetes  sp. 

14.  Strophalosia  productoides  Murch. 

15.  Productus  praelongus  Sow. 

16.  Productus  sp. 

17.  Crania  trigonalis  M’Coy. 

18.  Cyaihophyllum  sp. 

b)  aus  dem  Culm: 

1.  Phillipsia  aequalis  v.  Meyer. 

2.  Phillipsia  longicornis  n.  sp. 

3.  Phillipsia  cnf.  Eichwaldi  FlSCH. 

4.  Phillipsia  sp. 

5.  Phillipsia  emarginata  Sarres. 

6.  Cypridina  subglobulosa  Sandb. 

7.  Goniatites  crenistria  Phill. 

8.  Goniatites  mixolobus  Phill. 

9.  Orthoceras  scalare  Gdf. 

10.  Orthoceras  striolatum  v.  Meyer. 

1 1 . Pleurotomaria  sp>. 

12.  Posidonia  Becheri  Bronn. 

13.  Pecten  densistria  Sandb. 

14.  Pecten  cnf.  grandaevus  Gdf. 

15  Pecten  Losseni  v.  Koenen? 

16.  Rhynchonella ? papyracea  A.  Rom. 

17.  Streptorhynchus  crenistria  Phill. 

18.  Strophomena  analog a Piiill. 

19.  Chonetes  Laguessiana  de  Kon. 

20.  Chonetes  rectispina  v.  Koen.? 

21.  Chonetes  Buchiana  de  Kon. 

22.  Chonetes  polita  M’Coy. 


88 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


23.  Productus  laevipunctatus  Sarres. 

24.  Productus  plicatus  Sarres. 

25.  Productus  concentricus  Sarres. 

26.  Piscina  sp. 

27.  Pleurodictyum  Dechenianum  n.  sp. 

28.  Cladochonus  Michelini  Edw.  & H. 

29.  Zaphrentis  ? sp. 

Was  zunächst  die  oberdevonische  Fauna  betrifft,  so  liegt 
ihr  Hauptinteresse  darin,  dass  wir  hier  zum  ersten  Male  aus  der 
oberen  Abtheilung  des  rheinischen  Oberdevon,  der  Clymenienstnfe, 
eine  reichere  Brachiopodenfanna  kennen  lernen.  Ueber- 
all,  wo  sich  jene  Stufe  im  rheinischen  Gebirge  versteinerungs- 
führend zeigte,  hatte  man  bisher  ausser  Cephalopoden,  die  sowohl 
an  Arten  als  auch  besonders  an  Individuenzahl  sehr  zu  über- 
wiegen pflegen,  in  einiger  Häufigkeit  nur  Lamellibranchiaten 
und  Gastropoden  angetroffen,  während  andere  Thierordnungen, 
namentlich  Brachiopoden,  so  gut  wie  gänzlich  unbekannt  ge- 
blieben waren.  Ueberhaupt  sind  solche  meines  Wissens  in  einiger 
Häufigkeit  nur  in  der  Gegend  von  Aachen  angetroffen  worden, 
in  den  mächtigen  gelblichen  Sandsteinen,  die  dort  als  Unter- 
lage des  Kohlenkalkes  auftreten  (vgl.  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol. 
Ges.  XXVII,  1879,  p.  852).  Während  aber  auch  bei  Aachen  das 
Vorkommen  von  Brachiopoden  sich  auf  einige  wenige  Arten 
(. Spirifer  Verneuili , Rhynchonella  cnf.  pleurodon  und  Streptorhyn- 
chus  umbraculum')  beschränkt,  so  sind  im  Obigen  aus  der  Gegend 
von  Velbert  11  Bracliiopodenarten  beschrieben  worden  und  allem 
Anschein  nach  würde  sich  diese  Zahl  durch  längeres  Sammeln 
noch  sehr  vermehren  lassen. 

Durch  diesen  Reichthum  an  Brachiopoden  neben  Zweischalern 
und  Gastropoden,  aber  fast  ganz  zurücktretenden  Cephalopoden 
steht  die  Fauna  von  Velbert  der  Fauna  der  jüngeren  Oberdevon- 
schichten des  südlichen  Belgiens  und  der  angrenzenden  Ge- 
genden von  Nord -Frankreich  nahe.  Denn  auch  hier  kommen 
trotz  der  weiten  Verbreitung,  die  im  genannten  Gebiete  gerade 
das  Oberdevon  hat,  die  bezeichnenden  Clymenien  vielleicht  nur 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


an  einem  Punkte,  in  der  Gegend  von  Etroeungt  vor1),  während 
Brachiopoden  durch  die  ganze  Schichtenfolge  des  Famennien  Gos- 
selet’s  hindurchgehen  und  überall  so  häufig  sind,  dass  dieser 
Autor  auf  sie  seine  Zoneneintheilung  basirt  (Yergl.  Gosselet, 
Esquisse  geol.  du  Nord  de  la  France  etc.  I,  p.  852.  Lille  1880). 

Zu  den  wichtigsten  Brachiopoden  des  Famennien  gehören 
nach  Gosselet  Spirifer  Verneuili , Cyrtia  Murchisoniana , mehrere 
z.  Th.  neue  Rhyn  choneilen,  Atrypa  reticularis , Athyris  Royssii,  Spi- 
riferina  laminosa,  Spirifer  mosquensis,  Streptorhynchus  crenistria  etc. 
Ausserdem  führt  Mourlon  aus  den  sandigen  Gliedern  der  Schichten- 
folge, den  sog.  Psammiten  des  Condroz,  noch  Productus  praelongus, 
Strophalosia  productoid.es , Rhynchonella  pleurodon  und  pugnus  und 
einige  andere  Arten  an  (Bull.  Acad.  R.  Belgique,  2.  s.  Bd.  39, 
No.  8,  p.  52.  1875).  Es  ist  bemerkenswerth,  dass  ganz  ähnlich, 
wie  bei  Velbert  neben  überwiegenden  devonischen  Formen  auch 
ein  paar  Carbonarten  ( Spiriferina  laminosa  und  Crania  trigonalis ) 
erscheinen,  auch  in  den  obersten  Devonschichten  Belgiens  Arten 
wie  Spiriferina  laminosa,  Spirifer  mosquensis,  Athyris  Royssii  und 
Streptorhynchus  crenistria  auftreten,  Formen  die  gewöhnlich  nur  im 
Carbon  Vorkommen.  Bei  der  Lagerung;  der  betreffenden  Schichten 
an  der  unmittelbaren  Basis  des  Kohlengebirges  kann  diese  Er- 
scheinung  indess  nicht  befremden;  und  dass,  die  fraglichen  Ablage- 
rungen trotz  dieser  Beimengung  vereinzelter  carbonischer  Typen 
doch  noch  der  Devonformation  angehören,  das  geht  schon  aus  dein 
Vorkommen  der  Gattung  Phacops  (in  Belgien  latifrons,  bei  Velbert 
granulatus ) selbst  in  den  allerobersten  Schichten,  dicht  unter  dem 
Kohlengebirge  hervor. 

Eine  ganz  ähnliche,  brachiopodenreiche  Fauna  wie  bei  Velbert 
und  in  Belgien  findet  man  endlich  auch  in  den  allerobersten  De- 
vonbildungen des  nördlichen  Devonshire,  den  Pilton-  und 
Marwood- Schichten  wieder.  In  diesen  wesentlich  sandig  ausge- 
bildeten Ablagerungen,  die  Salter  als  in  seichterem  Meere  sedi- 

Sie  wurden  hier  schon  vor  langer  Zeit  durch  Hebert  angegeben  (Bull.  Soc. 
geol.  de  France  2.  s.  VII,  p.  1165).  Ihr  Vorkommen  scheint  indess  nicht  ganz 
zweifellos  zu  sein,  da  dasselbe  weder  von  Gosselet  noch  von  einem  anderen 
neueren  französischen  oder  belgischen  Autor  erwähnt  wird, 


90 


E.  Kayser,  Beiträge  zur  Kenntniss  von  Oberdevon  und  Culm 


mentirte  Aequivalente  der  bekannten  Clymenienkalke  von  Pether- 
win  ansieht,  tritt  eine  ziemlich  reiche  Fauna  auf,  die  aber  eben- 
falls fast  gar  keine  Cephalopoden,  dagegen  sehr  zahlreiche  Brachio- 
poden  und  daneben  Lamellibranchiaten  und  Gastropoden  enthält 
(Yergl.  Salter,  Q,u.  J.  Geol.  Soc.  Lond.  1863,  p.  474).  Aus 
deu  an  der  Basis  des  Carbon  liegenden  Piltonbeds  nennt  Salter 
Spirifer  Verneuili,  Athyris  concentrica , Productus  praelongus,  Stro- 
phalosia  productoides,  Orthis  interlineata,  Streptorhynchus  crenistria , 
Phacops  latifrons  etc.;  aus  den  darunter  liegenden  Marwoodbeds 
dagegen  Spirifer  Verneuili , Spiriferina  laminosa , Rhynchonella  pleu- 
rodon  und  viele  Zweischaler,  wie  Cucullaea  Hardingii,  Avicula 
Damnoniensis  etc.  Auch  hier  treffen  wir  demnach  zum  grossen  Theil 
ganz  dieselben  Brachiopodenarten  wieder,  wie  in  Belgien  und  bei 
Velbert.  Auch  hier  ist  die  Gattung  Phacops  noch  vorhanden, 
daneben  aber  treten  schon  vereinzelte  carbonische  Typen  auf. 


Was  nun  die  oben  beschriebene  C ulmfauna  betrifft,  so 
haben  wir  über  diese  nur  wenig  zu  sagen. 

Die  Culmbildungen  werden  jetzt  wohl  allgemein  als  Flach- 
meeräquivalente des  in  tieferem  und  offenerem  Meere  abgelagerten 
Kohlenkalks  angesehen.  Diese  Auffassung  wird  durch  die  Fauna 
beider  Bildungen  durchaus  unterstützt.  Denn  während  der  Kohlen- 
kalk eine  reiche,  sehr  mannigfaltig  aus  Cephalopoden,  Gastropoden, 
Zweischalern , Korallen  etc.  zusammengesetzte  Fauna  besitzt,  so 
hat  die  Culmfauna  eine  sehr  eintönige  und  gleichartige  Zusammen- 
setzung aus  einigen  wenigen  Cephalopoden  ( Goniatiten  und  Or- 
thoceren)  und  Pelecypoden,  während  Brachiopoden  sehr  zurück- 
treten und  Gastropoden  und  Korallen  ganz  zu  fehlen  pflegen. 
Dass  indess  die  Culmfauna  unter  Umständen  eine  mannigfaltigere 
und  damit  derjenigen  des  Kohlenkalks  ähnlichere  Zusammen- 
setzung erlangen  kann,  beweisen  die  Culmkalke  des  Iberges  bei 
Grund  im  Harz,  welche  eine  Reihe  für  den  Culm  ungewöhnlicher 
Cephalopoden  und  Brachiopoden  ( Nautilus , Bactrites , Productus, 
Spirifer ) und  Gastropoden  enthalten  (Vergl.  A.  Römer,  Beitr.  z. 
Kenntn.  des  n.  westl.  Harzgeb.  V,  1866,  p.  32,  ff.).  Für  das 


am  Nordrande  des  rheinischen  Schiefergebirges. 


91 


rheinische  Schiefergebirge  hat  uns  eine  solche  grössere  Formen- 
Mannigfaltigkeit  erst  die  unlängst  erschienene  Arbeit  von  Könen’ s 
über  die  Culmfauna  von  Herborn  kennen  gelehrt  (Neues  Jahrbuch 
f.  Mineralog.  etc.  1879).  Unter  44  von  dem  genannten  Autor 
im  Ganzen  aufgeführten  Arten  treffen  wir  nicht  nur  ein  Gyroceras 
und  zwei  (nicht  bestimmte)  Nautilusarten,  sondern  auch  mehrere 
Brachiopoden,  unter  denen  zwei,  Terebratula  hastata  und  Procluctus 
humerosus  (=  sublaevis')  zugleich  Haupt  leit  formen  des  Kohlen- 
kalks sind,  sowie  ein  Cyathophyllum.  Etwas  ganz  Aehnliches  finden 
wir  nun  auch  bei  Aprath  wieder.  Denn  auch  hier  treten  in  Be- 
gleitung der  gewöhnlichen  Culmfossilien  mehrere  Korallen,  ver- 
schiedene Arten  von  Productus  und  Chonetes,  eine  Strophomena , 
ein  Streptorhynchus  und  Pleurotomarien  auf.  Es  ist  bemerkens- 
werth,  dass  etwa  die  Hälfte  dieser  für  das  Culm  ungewohnten 
Formen  bekannte  Kohlenkalkarten  darstellen,  wie  Cladochonus 
Michelini,  Chonetes  Buchiana , polita  und  Laguessiana,  Strophomena 
analoga  und  Streptorhynchus  crenistria 1). 

!)  Es  sei  hier  noch  erwähnt,  dass  von  Dechen  (Verhandl.  Naturhistor.  Ver. 
f.  Rheinl.  - Westf.  VII,  p.  200)  aus  dem  Plattenkalk  von  Iserlohn  zwei  andere 
typische  Kohlenkalkarten,  Productus  latissimus  und  semistriatus  (=  antiquatus) 
anführt. 


Das  osttliiirin gische  Rötli. 

Von 

Herrn  E.  E.  Schmid  in  Jena. 

(Hierzu  Tafel  TV.) 


E i n 1 e i t u n g. 

Nach  dem  Abschlüsse  der  geologischen  Kartographirung  Thü- 
ringens durch  B.  v.  Cotta  und  Heinr.  Credner  kannte  man  nur 
zwei  scharf  und  durchgreifend  geschiedene,  allerdings  sehr  ungleich 
mächtige  Abtheilungen  der  Formation  des  Buntsandsteins,  von 
denen  man  nach  den  darin  vorwaltenden  Gesteinen  die  obere, 
minder  mächtige,  als  diejenige  der  bunten  Mergel  oder  des 
Röths,  die  untere,  weitaus  mächtigere,  als  diejenige  der  bunten 
Sandsteine  im  engeren  Sinne  bezeichnete.  Diese  letztere  nahm 
auf  den  Karten  einen  so  breiten  Raum  ein,  dass  durch  ihre 
Abgrenzung  die  Lagerungsverhältnisse  nur  unvollkommen  veran- 
schaulicht wurden.  Aus  diesem  Grunde  war  ein  wesentlicher 
Fortschritt  darin  anzuerkennen,  dass  Beyrich  die  unteren  Sand- 
steine am  Südrande  des  Harzes  nochmals  in  zwei  Abtheilungen 
sonderte  je  nach  dem  Vorwalten  starker  Sandsteinbänke,  oder 
sandig-thoniger  Schiefer  (Letten)  und  diese  Sonderung  schon  auf 
den  ersten  Lieferungen  der  geologischen  Specialkarte  des  König- 
reichs Preussen  und  der  thüringischen  Staaten,  kartographisch 
durchgeführt,  vorlegte.  Die  weitere  Durchführung  namentlich 
nach  dem  Ostrande  des  Thüringer  Beckens  zwischen  der  Saale 
und  Elster  bot  jedoch  erhebliche  Schwierigkeiten,  weil  gerade  die 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Röth. 


93 


untersten  Schichten  des  bunten  Sandsteins,  welche  neben  der 
Elsteraue  unterhalb  Gera  anstehen,  recht  dickbänkig  sind  und  den 
Abhängen  das  Aussehen  der  mittleren  Buntsandsteine  verleihen. 
Nach  vielfacher  Begehung  des  weder  sonst  interessanten,  noch 

wegen  des  ausgebreiteten  Waldbestandes  gut  aufgeschlossenen 
Sandsteingebietes  fasste  ich  ein  Niveau  mitten  im  Buntsandstein 

auf,  unter  welchem  der  Abhang  vielorts  scharf,  fast  überall  deut- 

lich steiler  einfällt  und  unzweifelhaft  auf  einen  verschiedenen 
Widerstand  gegen  die  Erosion  zu  Folge  verschiedener  Reichlich- 

o o o 

keit  der  thonigen  Beimengungen  hinweist.  Nachdem  ich  dieses 

o o o 

Niveau  im  östlichen  Thüringen  als  ein  beständiges  erkannt  hatte, 
wurde  mir  durch  Beyrich  die  günstige  Gelegenheit  dargeboten, 
es  in  seiner  Begleitung  mit  demjenigen  zu  vergleichen,  welches 
im  nördlichen  Thüringen  und  am  Fusse  des  Harzes,  speciell  längs 
der  Unstrutaue  bei  Wiehe  als  Grenze  zwischen  mittleren  und 
unteren  Buntsandstein  angenommen  worden  war  und  mich 
von  ihrer  Uebereinstimmung  zu  überzeugen.  Dieses  Niveau  ist 
es,  welches  sich  auf  den  von  mir  bearbeiteten  Blättern  Bürgel, 
Roda,  Stössen,  Eisenberg,  St.  Gangloff  u.  a.  der  geologischen 
Specialkarte  des  Königreichs  Preussen  und  der  thüringischen  Staaten 
als  Grenzlinie  eingezeichnet  findet.  Freilich  ist  es  nicht  in  Ab- 
rede zu  stellen,  dass  dasselbe  nicht  an  allen  Stellen  gleich  deut- 
lich hervortritt,  an  manchen  sogar  zweifelhaft  ist  in  Folge  des 
Uebergangs  der  untersten  Glieder  des  mittleren  Buntsandsteins  aus 
festem  Sandstein  in  losen  Quarzsand  und  Quarzstaub,  der  zwar 
au  den  meisten,  aber  doch  nicht  an  allen  Stellen  stetig  im  Fort- 
streichen nachweisbar  ist.  Diese  losen  Sande  habe  ich  zum  mitt- 
leren Buntsandstein  stellen  zu  müssen  geglaubt,  indem  ich  nicht 
sowohl  die  Gebundenheit  der  Gesteine,  als  vielmehr  ihren  Thon- 
gehalt als  entscheidend  ansehe.  Freilich  ist  ferner  anzuerkennen, 
dass  den  unteren  Buntsandsteinen  Ostthüringens  zwischen  Saale 
und  Elster  eine  Einlagerung  fast  gänzlich  fehlt,  die  für  diejenigen 
des  Harzrandes  charakteristisch  ist,  nämlich  die  der  sogenannten 
Rogensteine.  Aber  eine  wenn  auch  wenig  mächtige  und  ausge- 

o o o o 

dehnte,  so  doch  ganz  typisch  entwickelte  Einlagerung  davon  fand 
ich  jenseits  der  Elster,  am  Wege  von  Crossen  nach  Cosweda 


94 


E.  E.  Sch.mil)  , das  osttliüringische  Rötk. 


(s.  Blatt  Langenberg)  auf,  und  später  wurde  noch  eine  andere 
durch  Liebe  aufgefunden. 

Von  dem  Elstergrunde  bei  Gera  aus  bilden  mittlerer  und 
unterer  Buntsandstein  den  Rand  der  Thüringer  Mulde  über  die 
Hochflächen  um  Münchenbernsdorf  hinweg;  nach  dem  Orlagrunde 
oberhalb  Neustadt  und  begleiten  denselben  bis  Blankenburg  a.  d. 
Schwarza.  Weiter  nordwestlich  durchschneidet  eine  Spaltung,  zu 
deren  beiden  Seiten  zufolge  einer  Verwerfung  Dyas  und  mittlerer 
Buntsandstein  in  gleiches  Niveau  gerückt  , und  der  untere  Bunt- 
sandstein von  der  Oberfläche  verdrängt  ist,  den  Fuss  des  Thüringer 
Waldgebirges.  Die  westlichen  Ränder  der  Thüringer  Mulde  fallen 
in  längster  Erstreckung  mit  den  Höhen  des  Eichsfeldes  zusammen, 
welche  wenig  unterbrochen  von  höheren  Abtheilungen  der  Trias 
eingenommen  werden. 

Im  Innern  der  Thüringer  Mulde  wird  Buntsandstein  in  dem 
Faltungsgebiete  von  Blankenhein,  Kranichfeld  und  Berka  an  die 
Oberfläche  gepresst,  und  zwar  nur  mit  seiner  oberen  und  mittleren 
Abtheilung. 

Theilt  man  die  ganze  Formation  des  Buntsandsteins  in  oberen, 
mittleren  und  unteren,  so  wird  die  vorstehende  Betrachtung  ge- 
nügen , diese  Eintheilung  als  eine  gut  durchführbare  zu  erweisen. 
Aber  für  den  Maassstab  der  neuen  geologischen  Specialkarte  des 
Königreichs  Preussen  und  der  thüringischen  Staaten  macht  sich 
das  Bedürfniss  nach  weiterer  Gliederung  geltend.  Für  den  unteren 
Buntsandstein  längs  dem  Fusse  des  Harzes  sind  zu  diesem  Zwecke 
die  bereits  erwähnten  mehrfachen  Rogensteinbänke  mit  bestem 
Erfolge  benutzt  worden.  Aber  diese  Bänke  fehlen  im  Osten  und 
Süden  Thüringens.  Für  den  mittleren  Buntsandstein  könnte  man 
an  die  zugleich  technisch  so  bedeutsamen  kaolinischen  Einlage- 
rungen  denken,  aber  deren  kartographische  Benutzung  würde  eine 
nicht  geringe  Zahl  für  diesen  Zweck  ausgeführter  Anschürfungen 
erfordern.  Die  conglomeratischen  Bänke  sind  weder  so  mächtig, 
noch  so  ausgebreitet,  noch  so  beständig,  um  für  diesen  Zweck  ins 
Auge  gefasst  werden  zu  können. 

Der  obere  Buntsandstein  scheint  einer  speciellen  Gliederung 
am  zugänglichsten  zu  sein,  da  er  eine  Mannichfaltigkeit  durchaus 


E.  E.  Schmid,  das  ostthiiringisclie  Roth. 


95 


verschiedenartiger  Gesteine  in  sich  scliliesst,  und  eine  Mehrzahl 
wohlerhaltener  Versteinerungen  darbietet,  während  die  beiden 
unteren  Abtheilungen  ausser  den  Chirotherien- Fährten,  den  Schalen- 
abdrücken der  Gervillia  Murchisoni , kaum  nennenswerthe  organische 
Ueberreste  enthalten. 

Zu  untersuchen,  wie  weit  dieser  Schein  der  Wahrheit  ent- 
spreche, war  mir  besonders  nahe  gelegt,  weil  mir  ein  ansehnlicher 
Theil  desjenigen  Gebietes  zur  Aufnahme  anvertraut  war,  welches 
die  besten  und  desshalb  die  entscheidenden  Aufschlüsse  darbietet; 
ich  nenne  besonders  die  Blätter  Jena,  Bürgel,  Cahla  und 
Blankenhain. 

Diese  Untersuchung  erhielt  unwillkürlich  eine  grössere  Breite 
und  ein  ferneres  Ziel,  indem  sie  sich  auf  die  Gesammtheit  der 
Gesteine  des  ostthüringischen  Röth , auf  die  Verwandschaft  der- 
selben unter  sich  und  zu  denjenigen  des  übrigen  Buntsandsteins 
ausdehnte.  Sie  gehörte  geraume  Zeit  zu  den  stehenden  Aufgaben 
des  hiesigen  mineralogischen  Institutes  und  wurde  namentlich  von 

o o 

zweien  meiner  älteren  Schüler,  Dr.  Popp  und  Dr.  Prausnitz  mit 
Eifer  und  Erfolg  betrieben.  Namentlich  verdanke  ich  diesen 
Beiden  die  chemischen  Analysen  einer  Anzahl  von  Röthgesteinen, 
welche  im  hiesigen  agricultur  - chemischen  Laboratorium  unter 

o o 

Leitung  von  Professor  Reiciiardt  ausgeführt  wurden. 

O o 


GemeogtSieife  der  Gesteine  des  ostthüringischen  Röth. 

Die  grosse  Mannichfaltigkeit  und  Buntscheckigkeit  der  Ge- 
steine des  ostthüringischen  Röth  beruht  nicht  sowohl  auf  einer 
grossen  Anzahl  verschiedenartiger  Gemengtheile,  als  vielmehr 
auf  einer  grossen  Verschiedenheit  der  Mengungsverhältnisse  von 
wenigen  wesentlichen  Gemengtheilen , nämlich  von  thonigen 
Silicaten,  dolomitischen  Carbonaten,  Ferrit,  Quarz  und  Gyps 
mit  noch  einigen  anderen  mehr  als  accessorisch  anzusehenden 
Mineralien. 


96 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Röth. 


I.  Silicate. 

Die  Silicate  sind  theils  mechanische  Trümmer  älterer  Gesteine, 
theils  chemische  Zersetzungen  und  Umwandlungen  derselben,  theils 
endlich  beides  zugleich. 

1.  Glimmer  und  seine  Abkömmlinge. 

Unter  den  mechanischen  Trümmern  sind  Glimmerblätter 
die  auffälligsten  und  häufigsten.  Viele  von  ihnen  sind  von  ma- 
kroskopischer Grösse,  die  meisten  jedoch  nur  von  mikroskopischer. 
Die  Blattflächen,  entsprechend  der  vollkommenen  Spaltungsrichtung 
des  Glimmers,  sind  gewöhnlich  glatt  und  eben,  sehr  selten  gebogen, 
noch  seltener,  und  zwar  nur  im  Falle  sehr  fester  Cämentation  des 
Gesteins,  flach  gefaltet  (s.  Fig.  8).  Der  Band  zeigt  zwar  hin 
und  wieder,  aber  nie  ringsum  geradkantige , d.  h.  unzweifelhaft 
krystallinische  Begrenzung,  zumeist  jedoch  trägt  er  die  Kenn- 
zeichen von  Abreibung:  und  Abbruch  an  sich.  Die  abgeriebenen 
Ränder  sind  uneben  und  lassen  Auflockerung  nach  der  Haupt- 
spaltungsrichtung an  mehrfachen,  nicht  gleichlaufenden  Umrissen 
erkennen.  Die  Abbrüche  lassen  sich  sehr  treffend  mit  Scherben 
dünnen  Fensterglases  vergleichen,  besonders  wegen  ihrer  Schärfe 
und  Glätte.  Wenn  sich  Querschnitte  darbieten,  zeigen  sie  häufig 
eine  Aufblätterung  nach  der  Spaltungsrichtung.  Bei  Weitem 
die  meisten  Glimmer  sind  farblos,  aber  auch  gelbe,  braune  und 
grüne,  jedoch  immer  blasse  Farben  treten  auf.  Bei  einiger  Inten- 
sität der  Färbung  fehlt  Dichroismus  in  der  dem  Glimmer  eigen- 
thümlichen  Weise  nicht.  Krystallinische  Einschlüsse,  gegen  deren 
Ursprünglichkeit  Nichts  einzuwenden  ist,  sind  ebenso  selten,  als 
eigenthümlich.  Bei  schwacher  Vergrösserung  erscheinen  sie  als 
feine,  schwarze,  gerade  Linien,  bei  starker  erhalten  sie  deutlich 
doppelte,  breite  und  dunkle  Umrisse,  innerhalb  deren  auch  im 
polarisirten  Lichte  und  zwischen  verdrehbaren  Nikols  dieselbe  Hel- 
ligkeit und  Färbung  hervortritt,  wie  ausserhalb.  Es  liegt  daher 
durchaus  kein  Grund  vor,  einen  Unterschied  zwischen  Einschluss 
und  Umschluss  anzunehmen.  Sieht  man  aber  demnach  die  spies- 
sigen  Leisten  für  denselben  Glimmer  an,  wie  den  Umschluss  und 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringiscke  Röth. 


97 


die  breiten  Seiten  der  Leisten  ebenso  wie  diejenigen  der  sie  ein- 
schliessenden  Blätter  für  die  Richtung  der  Hauptspaltbarkeit,  so 
passt  dazu  die  Form  der  ersten  nicht.  Diese  lässt  sich  wohl  noch 
bei  dem  farblosen  Glimmerblatt  von  Fig.  1 auf  bisher  bekannt  ge- 
wordene Glimmerleisten  beziehen,  aber  nicht  mehr  bei  dem  grünen 
Glimmer  von  Fig.  2.  Die  Leisten  dieses  Glimmers  verschmälern 
sich  stetig  und  laufen  in  nadelförmige  Spitzen  aus.  Jedenfalls 
liegt  in  diesen  Vorkommnissen  eine  Verwachsung  von  Glimmer 
mit  Glimmer  vor,  aber  doch  nicht  eine  gleichartige  mit  den  von 
G.  Rose1)  beschriebenen.  Rose  hebt  es  nachdrücklich  hervor, 
dass  wenn  verschiedenartige  Glimmer  mit  einander  verwachsen 
sind,  ihre  Lage  zu  einander  und  zu  dem  Umschluss  eine  krystal- 
lographisch  bestimmte  ist.  Beides  trifft  in  den  vorliegenden  Fällen 
nicht  zu,  namentlich  in  dem  in  Fig.  2 dargestellten  unbestimmt 
büschelförmiger  Aneinanderlagerung  der  Einschlüsse.  Mitunter 
krystallinisch , gewöhnlich  amorph,  machen  sich  gelbbraune,  roth- 
braune  und  opake  Ferritumhüllungen  und  Einlagerungen  bemerk- 
bar (s.  Fig.  8).  Sie  zeigen  ganz  das  Verhalten  von  Eindring- 
lingen, die  mit  der  Wasserführung  des  ganzen  Gesteins  Zusammen- 
hängen und  von  Ausscheidungen,  die  mit  der  Zersetzung  des 
Glimmers  selbst  in  ursächlichem  Zusammenhänge  stehen. 

Die  Zersetzung  der  Glimmer  kann  allerdings  deren  chemische 
Zusammensetzung  durchgreifend  verändert  und  zur  Bildung  kaolin- 
artiger Substanzen,  d.  h.  wasserhaltiger  Thonerde-Silikate  geführt 
haben,  ohne  dass  äussere  Form  und  optisches  Verhalten  es  erkennen 
lassen,  wie  ich2)  am  Beispiele  der  kaolinischen  Beimengungen  zu 
dem  mittleren  und  unteren  Buntsandsteine  des  östlichen  Thüringen 
nachgewiesen  habe.  Dieselbe  ist  aber  auch  mit  sehr  augenfälligen 
Formveränderungen  verbunden,  welche  in  der  Zusammenziehung 
zu  nierförmigen  oder  traubigen  bis  oolithischen  Massen  an  der  Ober- 
fläche und  zwischen  den  Blätterdurchgängen  und  im  Zerfällen  zu 
einzelnen  sphärischen  Linsen  besteht.  Die  Substanz  dieser  Um- 


1)  S.  Pogg.  Ann.  138,  177  ff.  1869. 

2)  S.  E.  E.  Schmid,  die  Kaoline  des  thüringischen  Bundsandsteins  in  Zeitschr. 
der  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  28,  S.  87  ff.  1876. 


7 


98 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringische  Röth. 


wandlungsformen  ist  farblos,  homogen  und  einfach  brechend 
bis  auf  eine  mitunter  eben  wahrnehmbare  Spur  von  Aggregat- 
Polarisation.  Sie  sind  scharf-  Umrissen  und  schmal  - umsäumt, 
obgleich  sie,  wie  Fig.  6 und  7 zeigen,  nicht  eben  sehr  flach -ge- 
wölbte oder  in  grösserer  Breite  ebene  Oberflächen  besitzen.  Nicht 
nur  nach  ihrer  Grösse,  sondern  auch  nach  ihrem  übrigen  Habitus 
lassen  sie  sich  in  drei  Abtheilungen  bringen,  zwischen  denen  ein 
stetiger  Uebergang  nicht  stattfinden  dürfte.  Die  erste  Abtheilung 
umfasst  die  nierförmigen  Aggregate  mit  den  längsten  Krümmungs- 
halbmessern, aber  ohne  allseitig  scharfe  Sonderung  der  einzelnen 
Knollen  (s.  Fig.  3),  die  zweite  die  traubigen  Aggregate  mit  deut- 
licher Sonderung  der  einzelnen  Knollen  (s.  Fig.  4),  die  dritte  die 
oolithischen  Aggregate  einzelner  sphärisch  umgrenzter  Linsen 
(s.  Fig.  5). 

Die  nierförmigen  Aggregate  lassen  sich  treffend  als  Miniatur- 
bilder von  Haufwolken  ( Cumuli ),  wie  sie  vom  aufsteigenden  Luft- 
strom unserer  heissen  Sommertage  erzeugt  werden,  bezeichnen. 
Sie  ragen  nicht  selten,  wie  es  Fig.  3 zeigt,  über  den  Bruchrand 
des  Glimmerblättchens  hinaus;  ob  sie  schon  gebildet  waren  bevor 
das  Blättchen  zerbrach,  oder  ob  sie  sich  auf  dem  schon  abge- 
brochenen Blättchen  fortentwickelten  über  die  Grundlagen  desselben 
hinaus,  muss  dahingestellt  bleiben. 

Die  traubigen  Aggregate  sind  meist  dicht  geschlossen,  indem 
die  einzelnen  Knöllchen  so  eng  aneinander  stossen,  dass  die  wegen 
seitlichen  Reflexes  unter  dem  Mikroskope  düster  erscheinenden 
Fugen  zwischen  ihnen  auf  der  Grundlage  der  Glimmerspaltungs- 
fläche, auf  der  sie  auf  liegen,  ein  stumpf  polygonales  Netz  bilden 
und  sich  erst  weiter  nach  aufwärts  selbständig  abrunden;  dieselben 
haben  aber  auch  häufig  theilweise  oder  ganz  — d.  h.  ringsum  — 
freie  Ränder;  ihr  Durchmesser  beträgt  0,03  bis  0,015  Millim. 

Die  oolithischen  Aggregate  sind  Miniaturbilder  der  Kalk-  und 
Eisen-Oolithe  namentlich  der  letzteren,  deren  Knöllchen  mit  den  vor- 
liegenden Strukturlosigkeit  gemein  haben.  Der  Rand  der  Knöllchen 
erscheint  vollkommen  kreisförmig;  ihr  Durchmesser  beträgt  0,005 
bis  0,003  Millimeter.  Gewöhnlich  liegen  auf  demselben  Glimmer- 
blatt nur  einerlei  Aggregate  nebeneinander  wie  bei  Fig.  4 und  5, 

oo  © Ö 7 


E.  E.  Schmid  , das  ostthiiringische  Roth. 


99 


mitunter  auch  alle  drei  Arten  derselben  bald  bis  zur  Berührung 
zusammengedrängt,  bald  durch  freie  Glimmerflächen  von  einander 
getrennt,  wie  in  Fig.  3.  Sie  erscheinen  auch  einzeln  von  der 
Glimmerunterlage  abgelöst.  Jedoch  machen  gerade  diese  letzteren 
keinen  beträchtlichen  Theil  der  lockeren  und  durch  Schlämmen 
nach  der  Feinheit  der  Theilchen  scheidbaren  Silicatgesteine  aus. 

Es  ist  mir  aus  der  Literatur  nicht  bekannt,  dass  der  eben 
geschilderte  Process  der  Form  Veränderung  des  Glimmers  schon 
beachtet  worden  wäre.  Ich  kann  daher  über  die  Weite  seiner 
Bedeutung  keine  Vermutlmng  aussprechen;  nur  zu  der  Behauptung 
berechtigen  mich  meine  eigenen  Beobachtungen,  dass  dieselben 
Umsetzungsformen  der  Glimmer  auch  im  mittleren  und  unteren 
Buntsandstein  Ostthüringens  sehr  gewöhnliche  Erscheinungen  sind. 

Das  Urtheil  über  die  Stellung,  welche  die  vorliegenden  Glimmer 
innerhalb  der  Glimmergruppe  einnehmen,  entbehrt  einer  genügenden 
erfahrungsmässigen  Grundlage.  Die  Glimmerblättchen  treten  in 
keinem  der  von  mir  eingehend  geprüften  Rö  tilgest  ei  ne  für  sich 
auf,  sondern  im  Gemenge  mit  anderen  gleich  leicht  aufschlämm- 
baren  Silicaten;  dieselben  sind  so  klein,  dass  ihre  optischen 
Charaktere  bezüglich  der  Lage  der  optischen  Axen  nicht  festge- 
stellt werden  können.  Die  später  anzuführenden  chemischen  Unter- 
suchungen ergeben,  dass  der  eine  Theil  von  ihnen  zu  den  leicht 
aufscliliesslichen  Magnesium  reichen  Glimmern  gehört,  der  andere 
zu  den  Magnesium  armen,  schwer  oder  nicht  aufscliliesslichen ; 
keinesfalls  sind  sie  fluorreich,  wahrscheinlich  fluorfrei.  Die  Kao- 
linisirung  derselben  ist  nicht  soweit  vorgeschritten,  wie  derjenigen 
des  mittleren  Buntsandsteins,  welche  bei  nahezu  gleicher  Klarheit 
und  Grösse  der  Blättchen  fast  ganz  in  wasserhaltige  Thonerde- 
Silicate,  also  in  kaolinische  Substanzen  übergegangen  und  technisch 
als  solche  verwendbar  sind. 

Wenn  überhaupt  die  nierförmigen,  traubigen  und  oolithischen 
Aggregate  Umwandlungsprodukte  des  Glimmers  sind,  an  den  sie 
sich  so  innig  anschliessen,  so  liegt  die  Vermuthung  nahe,  die 
Umwandlung  sei  eine  kaolinische,  d.  li.  sie  bestehe  vornehmlich 
in  Wegführung  von  Alkalien  und  alkalischen  Erden  mit  einem 
Theile  der  Kieselsäure  und  Zuführung  von  Wasser,  wenn  sie  auch 

7 * 


100 


E.  E.  Schmid  , das  osttküringische  Roth. 


nicht  immer  zu  einem  reinen  wasserhaltigen  Thonerde-Silicate  ge- 
führt  hat.  Diese  Vermuthung  begründet  sich  auf  die  schon  mehr- 
fach betonte  Analogie  mit  den  Kaolinen  des  mittleren  Buntsand- 
steins und  mit  ihr  stehen  die  Resultate  der  chemischen  Analyse 
im  Einklang.  Dieselben  Aggregate  fielen  mir  bei  der  Unter- 
suchung der  kaolinischen  Gemengtheile  und  Gesteine  des  mittleren 
Buntsandsteins  allerdings  weniger  auf,  weil  sie  weniger  massenhaft 
und  scharf  hervortreten,  sind  jedoch  auch  in  ihnen  so  weit  ver- 
breitet, dass  man  annehmen  darf,  sie  theilen  die  Zusammensetzung 
derselben  als  wasserhaltiger  Thonerde-Silicate.  Sie  gehören  aber 
zu  den  leichter  zersetzbaren  Modificationen  derselben,  da  sie  unter 
dem  Rückstand  der  Digestion  eines  mergeligen  Dolomites  mit 
Chlorwasserstoffsäure  zwar  noch  reichlich  und  wasserhaltend  ge- 
funden wurden,  dagegen  aus  dem  Rückstände  einiger  daran  reicher 
dolomitischer  Mergel  nach  anhaltender  Digestion  und  wiederholter 
Eindampfung  mit  Chlorwasserstoffsäure,  Aufnahme  der  gelösten 
Theile  durch  Wasser  und  der  frei  gewordenen  Kieselsäure  durch 
Sodalösung  spurlos  verschwunden,  während  die  Glimmerblätter 
selbst  nicht  eben  auffällig  vermindert  waren. 

Glaukonitische,  d.  h.  wasserhaltige,  eisenschüssige,  amorphe 
Silicate  sind  als  Verwitterungs-,  oder,  allgemeiner  gesagt,  Um- 
setzungsprodukte der  Glimmer  recht  selten  zu  beobachten. 

Die  Glimmer  und  ihre  Abkömmlinge  sind  durch  die  Röth- 
Gesteine  wohl  am  weitesten  verbreitet  und  nehmen  an  ihrer  Bildung 
einen  ebenso  massenhaften  als  wesentlichen  Antheil. 

2.  Feldspath  und  seine  Abkömmlinge. 

Gemengtheile,  an  denen  sich  nicht  nur  die  krystallographischen 
und  physiographischen , sondern  auch  die  chemischen  Charaktere 
des  Feldspath  es  nachweisen  lassen,  kommen  im  mittleren  Bunt- 
sandstein, namentlich  in  seinen  conglomeratischen  Entwickelungen 
noch  von  recht  leicht  fassbarer  Grösse  vor,  im  oberen  Buntsand- 
stein erreichen  sie  nicht  mehr  makroskopische  Grösse.  Selbst 
solche  rhombisch-  oder  oblong-tafelförmige  oder  prismatische  Körner, 
wie  sie  in  Figur  10,  11  und  12  dargestellt  sind,  gehören  zu  den 
Seltenheiten.  Die  krystallinische  Umgrenzung  derselben  ist  seltener 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Röth. 


101 


einfach,  als  durch  Vor-  und  Rücksprünge  abgesetzt;  ihre  Spaltbar- 
keit ist  durch  Haarspalten  oder  langgezogene  Cav erneu  angezeigt; 
ihre  bräunliche  Farbe  löst  sich  bei  stärkster  Vergrösseruna:  weder 
immer,  noch  vollständig  in  Durchstäubung  auf;  chromatische 
Polarisation  ist  vorhanden,  aber  nicht  lebhaft  und  nie  in  der  den 
Viellingen  eigenen  bandartigen  Streifung;  auch  tritt  nicht  immer 
zwischen  gekreuzten  Nikols  vollständige  Verdunkelung  ein.  Das 
Verhalten  dieser  Feldspathkörner  ist  also  ganz  dasjenige  der 
Ortholdas-Feldspathe  alter,  mannichfaltigen  Umwandlungsprocessen 
ausgesetzter  Gesteine.  Selbst  solche  Feldspathkörner,  die  mit  bald 
scharfkantigen,  bald  weniger  oder  mehr  abgeriebenen  Spaltungs- 
stücken Übereinkommen,  machen  einen  beträchtlichen  Gemengtheil 
nur  weniger  Röthgesteine  aus.  Unregelmässig  abgerundete,  wohl 
abgeriebene,  sehr  trübe  und  nicht  deutlich  spaltbare  Brocken, 
welche  sich  mindestens  sehr  wahrscheinlich  aufFeldspath  beziehen 
lassen,  sind  häufiger. 

Daran  schliessen  sich  mit  ebenfalls  sehr  grosser  Wahrschein- 
lichkeit als  Feldspathabkömmlinge  dunkle,  von  vielfach  sich 
kreuzenden,  unebenen  Sprüngen  durchzogene,  in  krümeligem  Zer- 
falle begriffene  Brocken  an,  die  allmälig  in  Aggregate  sehr  kleiner, 
sich  von  einander  lösender  Knöllchen  übergehen.  Sie  sind  nur  an 
ihren  äuss ersten , dünnsten  Rändern  gelblich  durchsichtig.  Die 
einzelnen  Knöllchen  (s.  Fig.  13)  sind  sehr  klein;  ihr  Durch- 
messer beträgt  nur  0,010 — 0,017  Millimeter;  sie  sind  alle  abge- 
rundet, aber  ebensowenig  sphärisch,  als  einheitlich;  sie  haben  viel- 
mehr meist  deutlich  traubige  Gestalten  und  lassen  zwischen  den 
einzelnen  Trauben  auch  wohl  opake  Einklemmungen  erkennen, 
welche  mitunter  Aehnliclikeit  mit  Kernen  erhalten.  Das  V orkommen 
der  Kerne  ist  aber  durchaus  kein  wesentliches  und  die  dadurch 
erzeugte  Aehnlichkeit  der  Knöllchen  mit  Aggregaten  von  orga- 
nischen Elementartheilen  oder  Zellen  dürfte  eine  rein  zufällige  sein. 
Die  Knöllchen  brechen  das  Licht  nicht  einfach,  jedoch  so,  dass 
sie  nicht  nur  im  Ganzen,  sondern  auch  in  ihren  einzelnen  Trauben 
aus  optisch  verschiedenartig  orientirten  Theilen  bestehen.  Die  eben 
beschriebenen  Aggregate  sowohl,  als  auch  die  Knöllchen,  in  welche 
sie  zerfallen,  sind  sehr  verbreitet  und  nehmen  einen  beträchtlichen 


102 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringisclie  Roth. 


Antheil  an  der  Bildung:  der  thonigen  Gesteine  oder  der  Letten. 
Aehnliche  Formen  von  Abkömmlingen  der  Feldspathe,  namentlich 
kaolinartiger,  sind  mehrfach  gegeben  worden;  ohne  mich  auf  eine 
specielle  Vergleichung  einlassen  zu  wollen,  schliesse  ich  mit  der 
Bemerkung,  dass  ich  mir  Mühe  gegeben  habe,  ihre  Beschreibung 
und  Abbildung  naturgetreu  zu  geben  mit  Fernhaltung  krystallo- 
graphischer  oder  organologischer  Vorurtheile. 

In  einem,  allerdings  günstigen,  Falle  (Hornstein  vom  Jenzig 
bei  Jena)  ergeben  die  oben  beschriebenen  Spaltungsstücke  noch 
sehr  nahe  die  Zusammensetzung  eines  trisilicatischen  Kali-Natron- 
Feldspathes,  in  einem  anderen  sehr  analogen  Falle  dagegen  (Horn- 
stein vom  Kugelberg  bei  Calda)  fehlten  Alkalien  gänzlich,  war 
aber  nur  wenig  Wasser  dafür  eingetreten.  Die  durch  Chlor- 
wasserstoffsäure unlöslichen  und  unaufschliesslichen  Theile  von 
Letten,  Mergeln  und  Dolomiten  bieten  häufig  Zusammensetzungen, 
die  auf  Gemenge  von  Kali- Natron -Feldspath  mit  Glimmer  und 
Kaolin  hinweisen,  wenn  auch  der  erste  wegen  sehr  feiner  Ver- 
theilung  mikroskopisch  nicht  exact  nachweisbar  ist. 

Ueber  die  chemischen  Verhältnisse  der  Knöllchenaggregate 
lässt  sich  nur  so  viel  sagen,  dass  die  Lösungsrückstände,  in  denen 
sie  vorwalten,  im  Vergleich  zu  dem  gewöhnlichen  Kaolin  wasserarm 
sind,  ihr  Wassergehalt  schwankt  bei  fünf  Proben  zwischen  0,5  °/o 
und  7 %,  und  dass  sie  zugleich  7 — 8 °/o  Alkalien  enthalten,  dem- 
nach ihre  Stellung  zu  den  Kaolinen  schlechthin  bedenklich  er- 
scheint, vielmehr  als  ein  Zwischenstadium  zwischen  Feldspath  und 
Kaolin  zu  bezeichnen  ist.  Im  Rückstände  einiger  mergeliger  Letten 
nach  anhaltender  Digestion  mit  Chlorwasserstoffsäure  und  nachher 
Sodalösung  erscheinen  sie  gemengt  mit  Glimmerblättchen  und 
wenigen  Feldspath  ähnlichen  Brocken  sehr  reichlich  und  ebensogross 
wie  unter  den  aufgeschlämmten  Theilen  des  Lettens,  aber  fast  ganz 
frei  von  gelblicher  oder  bräunlicher  Färbung  oder  Bestäubung  und 
zugleich  nahe  wasserklar.  Jedenfalls  gehören  sie  zu  den  sehr  schwer 
zersetzbaren  Umwandlungsprodukten  des  Feldspathes. 

Die  Feldspathe  und  ihre  Abkömmlinge  stehen  hinsichtlich  ihrer 
Verbreitung  durch  die  Gesteine  des  Rothes  den  Glimmern  und 
Quarzen  nur  wenig  nach,  treten  jedoch  viel  weniger  selbständig  auf. 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Röth. 


103 


3.  Mikroschörlit.  4.  Mikrozirkon.  5.  Mikrolithen. 

Kleine  Krystalle,  wie  sie  hin  und  wieder  im  mittleren  Bunt- 
sandstein Vorkommen,  fehlen  auch  dem  oberen  nicht.  Beispielsweise 
mögen  die  folgenden  Erwähnung  finden. 

In  dem  nach  Digestion  mit  Chlorwasserstoffsäure  zurückge- 
bliebenen Rückstände  eines  thonigen  Dolomits  vom  östlichen  Ab- 
hange des  Jenzig  bei  Jena  fand  ich  ein  Krystallfragment  von 
hexagonalem  Habitus  und  derjenigen  Aehnlichkeit  mit  Turmalin 
(s.  Fig.  14),  welche  mir1)  bereits  bei  Untersuchung  der  Kaoline 
des  mittleren  Buntsandstein  aufgefallen  und  von  mir  als  Mikro- 
schörlit benannt  worden  war,  ohne  dass  damit  mehr  als  die 
Form- Aehnlichkeit  behauptet  sein  sollte.  Einige  dieser  Vorkomm- 
nisse haben  später  WiCHMANN  2)  voi’gelegen;  dieselben  sind  von 
ihm  als  wirkliche  Turmaline  anerkannt  und  als  authigene  Sand- 
gemengtheile  in  Anspruch  genommen  worden. 

In  demselben  Rückstände  lagen  noch  zwei  offenbar  abgeriebene, 
aber  sehr  glatte,  durch  sehr  lebhafte  chromatische  Polarisation 
ausgezeichnete  Krystalle  von  tetragonal  - prismatischem  Habitus 
(s.  Fig.  15),  die  ich  vorläufig  wegen  ihrer  Formenähnlichkeit  mit 
Zirkon  als  Mikrozirkon  bezeichne,  ohne  damit  mehr  als  die 
Möglichkeit,  oder  auch  Wahrscheinlichkeit  der  Zugehörigkeit  zur 
Species  Zirkon  behaupten  zu  wollen. 

Demselben  Rückstände  waren  ausserdem  noch  Bröckchen  aus 
gelben,  braunen  bis  opaken  Theilen  zusammengesetzt,  beigemengt, 
die  deutliche  Doppelbrechung  besitzen  und  gelbe,  einfachbrechende 
Kry Stallkörnchen.  Die  specifische  Stellung  beider  lasse  ich  dahin 
gestellt  sein. 

Die  Dünnschliffe  der  Hornsteine  lassen  namentlich  in  der 
Umgebung  grösserer  Quarzkrystalle  und  Krystallbrocken , gelbe 
Stäbchen  und  gelbliche  Körnchen  erkennen.  Die  Stäbchen  liegen 
oft  parallel  zu  einander  und  rechtwinklig  gegen  die  Quarzflächen.  Ich 
wage  nicht,  sie  mit  einer  besonderen  Mineralspecies  zu  vergleichen, 
muss  sie  daher,  wie  die  vorigen,  bei  den  Mikrolithen  belassen. 

!)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  28,  S.  94,  95,  1876. 

3)  Neues  Jahrb.  für  Min.  1880,  Bd.  2.  Briefwechsel  S.  2. 


104 


E.  E.  Schmid,  das  osttMringisclie  Roth. 


II.  .Freie  Kieselsäure. 

6.  Quarz  und  Chalcedon. 

Die  den  Gesteinen  des  Rötli  beigemengten  Quarze  erreichen 
nur  selten  makroskopische  Grösse;  sie  stellen  sich  selten  als  ganze 
Krystalle  dar  oder  auch  nur  als  Bruckstücke  von  Krystallen,  die 
wenigstens  zum  grösseren  Theile  ihres  Umfangs  geradkantig  be- 
grenzt  sind,  sondern  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  als  lediglich  von 
unebenen  Bruchflächen  umschlossene  Brocken.  Diese  Quarze  sind 
von  Cavernen  durchschwärmt,  von  denen  bei  schwacher  Ver- 
grösserung  die  wenigsten  sich  deutlich  öffnen,  bei  starker  Ver- 
grösserung  hingegen  alle  unvollkommen  abgerundete  Umrisse  erhal- 
ten, innerhalb  deren  Libellen  eingeschlossen  sind.  Die  Cavernen 
sind  theils  scharf-  und  schmal-,  theils  breit -umsäumt.  Glas  ei  er, 
sowie  vom  Bande  aus  eingestülpte  Glasschläuche  bieten  sich 
häufig  genug  dar,  um  die  Herkunft  der  Quarze  aus  porphyrischen 
Gesteinen  wahrscheinlich  zu  machen.  Auch  kleine  Apatitprismen 
und  Mikrolithe  fehlen  als  Einschlüsse  in  ihnen  nicht. 

Neben  den  Körnern  und  Brocken  ächten  d.  h.  optisch  ein- 
heitlich orientirten  Quarzes  finden  sich  auch  Ausfüllungsmassen 
von  optisch  confus  orientirten,  fest  miteinander  verbundenen  Quarz- 
keilen und  Flasern  oder  Chalcedonen,  innerhalb  deren  übrigens 
ebenfalls  Cavernen,  Apatite  und  Mikrolithe  anftreten. 

Der  Umstand,  dass  die  Quarzkörner  und  Brocken  nie  quar- 
zitiscli  überkrustet  sind,  erscheint  deshalb  bemerkens werth,  weil 
solche  Ueberkrustungen  im  mittleren  Buntsandstein  sehr  gewöhn- 
lich sind. 

Quarzitische  Einstreuungen  fehlen  nur  sehr  wenigen  Köth- 
gesteinen,  namentlich  den  lettigen ; viele  derselben  sind  reich  daran, 
werden  dann  sandig  und  gehen  in  eigentliche  Sandsteine  über. 

III.  Carbonate. 

7.  Dolomite. 

Die  carbonatisclien  Gemengtheile,  als  Ganzes  zusammenge- 
nommen, enthalten  stets  Calcium  und  Magnesium  zugleich,  und 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


105 


zwar  oft  in  so  nahe  gleichen  Aequivalenten,  dass  man  sie  danach 
als  echte  Dolomite  zn  bezeichnen  hätte.  Allein  sie  lösen  sich 
bereits  in  verdünnter  und  kalter  Chlorwasserstoffsäure  so  rasch  auf, 
dass  sie  wahrscheinlicher  mechanische  Gemenge,  als  isomorphe 
Mischungen  sind.  Gewöhnlich  tritt  auch  Eisencarbonat  hinzu, 
welches  jedoch  meist  unter  Verfärbung  der  Gesteine  in  das  Gelbe 
und  Braune  in  Eisenoxydhydrat  übergegangen  ist.  Von  Mangan- 
Carbonat  sind  nur  Spuren  nachweisbar.  Obgleich  die  carbonati- 
schen  Gemengtheile  sowohl  makroskopisch  als  auch  mikroskopisch 
nur  selten  krystallographisch  bestimmbar  sind,  so  liegt  doch  kein 
Grund  vor,  sie  einem  anderen  Krystallsystem , als  dem  rhomboe- 
drischen  unterzuordnen,  wofür  ja  auch  der  meist  hohe  Magnesium- 
gehalt spricht,  der  den  rhombischen  Carbonaten  fern  bleibt.  Die 
Carbonate  walten  nicht  selten  bis  zur  Selbständigkeit  vor;  sie 
treten  ebenso  häutig;  bis  zum  vollständigen  Verschwinden  zurück. 

8.  Malachit. 

Kleine,  aber  doch  makroskopisch  deutliche  Malachitkörn- 
chen, Rothkupfererzkerne  umschli essend,  sind  seltene  Accessorien, 
namentlich  der  Hornsteine. 

IV.  Sulpliate. 

Von  Sulphaten  nimmt  Gyps  einen  sehr  wesentlichen  Antheil 
an  der  Bildung  des  Röth,  Bittersalz  und  Cölestin  einen  sehr  un- 
bedeutenden. Das  erstere  stets  als  secundärer,  der  zweite  nur  als 
accessorischer  Gemengtheil. 

9.  Gyps. 

Der  Gyps  ist  stets  krystallinisch,  häufig  polysynthetisch  ent- 
wickelt. Er  erscheint  jedoch  gewöhnlich  nur  kurz-  und  schmal- 
späthig,  schuppig,  oder  faserig,  seltener  breitspäthig,  am  seltensten 
feinkörnig  bis  makroskopisch  dicht. 

Sein  Vorkommen  ist  ein  sehr  verbreitetes,  theils  selbständiges, 
theils  an  andere  Mineralien,  namentlich  dolomitische  Carbonate, 
thonige  Silicate  und  Quarzite  gebundenes. 


106 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Röth. 


10.  Bittersalz. 

Die  Ausblühung  des  Bittersalzes  an  den  Gypsfelsen  der 
Teufelslöcher  bei  Jena  ist  bereits  von  dem  ebenso  scharfsinnig 
beobachtenden,  als  genau  beschreibenden  Bätsch1)  bemerkt  und 
festgestellt  worden.  Wackenroder2)  hat  dieselbe  aus  der  Ein- 
wirkung des  Wassers  auf  ein  Gemenge  von  Calcium-Sulphat  und 
Magnesium  - Carbonat  erklärt.  Enthielte  der  Gyps  das  Bittersalz 
als  eine  ursprüngliche  Beimengung,  so  würde  es  sich  an  jeder 
feuchten  Gypswand  zeigen;  das  ist  aber  nicht  der  Fall,  vielmehr 
ist  es  gerade  an  den  Teufelslöchern  mit  feinst  vertheiltem  Dolomit 
gemengt.  Das  Bittersalz  ist  ein  secundäres  Mineral,  welches  sich 
an  der  Aussenseite  und  zwischen  den  klaffenden  Schichtenfugen 
derjenigen  Gypswände  reichlich  ansammeln  kann,  die  gegen  Wind 
und  Regen  einigermaassen  geschützt  sind.  Die  Ausblühung  ist 
während  trockener  Sommer  und  Herbste  mitunter  so  reichlich, 
dass  sie  den  Gypswänden  ein  schneeweiss  - bestäubtes  Aussehen 
giebt.  Sie  besteht  übrigens  nicht  ausschliesslich  aus  Bittersalz, 
sondern  aus  einem  Gemenge  desselben  mit  Gyps,  Dolomit  und 
Letten.  Eine  technische  Bedeutung  hat  sie  nicht,  wohl  aber  übt 
der  Bittersalzgehalt  des  Wassers,  welches  durch  dolomitführende 
Gypsfelsen  hindurch  gegangen  ist,  gelegentlich  einen  Einfluss  auf 
den  Gesundheitszustand  der  Wohnstätten  aus,  welche  sich  solchen 
Wassers  für  ökonomische  Zwecke  bedienen  müssen.  Eine  Bitter- 
salzhaltige Quelle,  welche  aus  den  Gypsfelsen  der  Teufelslöcher 
entspringt,  hat  man  zwar  als  einen  Gesundbrunnen  gerühmt;  die 
Quellen,  auf  deren  Benutzung  J ena-Priessnitz  bei  J ena  angewiesen 
ist,  wirken  dagegen  während  anhaltend  trockner  Sommer  und 
Herbste  entschieden  gesundheitswidrig. 

11.  Cölestin. 

Von  Cölestin  finden  sich  im  Röth  blos  Spuren  und  zwar 
nur  im  mittleren  Rhizocoralliumdolomit  und  im  Hornstein,  welche 

!)  Bätsch,  Taschenbuch  für  mineralogische  Excursionen  in  die  umliegende 
Gegend  von  Jena.  Weimar  1802.  S.  303. 

2)  Wackenroder,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Formation  des  Muschelkalkes 
und  des  bunten  Sandsteins  bei  Jena.  Jena  1830.  S.  22  ff. 


E.  E.  Schmid,  das  ostthöringisclie  Roth. 


107 


am  Abhange  des  Hausberges  ziemlich  breit,  ausstreichen.  Diese 
Spuren  sind  deutlich  krystallinisch,  namentlich  spaltbar,  aber  doch 
nicht  krystallographisch  definirbar,  blass-  bis  dunkel  fleischroth. 
Im  lüiyzocoralliumdolomit  treten  sie  häufiger  auf,  als  im  Horn- 
stein. Der  erste  ist  cavernös  von  resorbirten  Muschelschalen, 

und  an  der  Innenseite  solcher  Cavernen  sitzen  die  Cölestine  gruppen- 
weise häufiger  auf,  als  sie  in  einzelnen  Körnchen  von  der  Gesteins- 
masse eingeschlossen  sind,  wie  in  den  Hornsteinen.  Vor  dem  Lötli- 
rohre  decrepitiren  sie  so  heftig,  dass  es  schwer  hält,  eine  Probe 
davon  so  lange  in  der  Flamme  zu  erhalten,  bis  sie  ge- 
schmolzen ist  und  carminroth.es  Glühlicht  giebt.  Mit  Natrium- 
carbonat schmelzen  sie  zu  einem  weissen  hepatischen  Email 
zusammen ; in  Salpetersäure  lösen  sie  sich  sehr  langsam  und 
schwer  auf.  Die  rothe  Färbung  ist  allerdings  den  Cölestinen 
nicht  gewöhnlich,  ist  aber  von  mir  Q gerade  bei  einem  aus- 
gezeichneten Cölestinvorkommen  in  der  Trias  beobachtet  worden, 
nämlich  bei  dem  der  untersten  Keuperschichten  im  Salzschachte 
bei  Erfurt. 


V.  Phosphate. 

12.  Apatit. 

Die  Beimengung  des  Apatits  ist  eine  zwar  sehr  sparsame, 
aber  zugleich  allgemein  verbreitete.  Sie  ist  eine  theils  selbstän- 
dige, d.  h.  gleichwerthige  mit  den  übrigen  Gemengtheilen  und 
dann  von  wenigstens  mikroskopisch  ansehnlicher  Grösse  (s.  Fig.  12), 
theils  eine  den  Quarzkörnchen  untergeordnete,  dann  sehr  minutiöse. 
Der  Apatit  erscheint  stets  iu  deutlich  hexagonalen,  wenn  auch 
krystallographisch  nicht  ins  Einzelne  definirbaren  Krystallen  von 
meist  gelber  bis  gelbbrauner,  düsterer  Farbe,  herrührend  von  fer- 
ritischen  Beimengungen;  parallel  der  Hauptaxe  sind  längliche,  die 
äusseren  Umrisse  mehr  oder  weniger  genau  wiederholenden  Hohl- 
räume oder  Einschlüsse  nicht  eben  selten. 


!)  Pogg.  Ann.  120,  637  ff.  (1863). 


108 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Röth. 


Der  Gehalt  an  Apatit  beträgt  nach  Maassgabe  der  später  auf- 
zufülirenden  chemischen  Analysen  in  den  Hornsteinen  zwischen 
0,19  °/o  und  0,4  °/0,  in  den  Mergeln  0,29%  bis  1,187%,  in  den 
Dolomiten  etwa  1,58%. 

VI.  Chloride. 

13.  Steinsalz. 

Wie  den  mittleren,  so  darf  man  auch  den  oberen  Buntsand- 
stein Ostthüringens  nicht  zu  den  Salz  führenden  Formationsgliedern 
der  Triasgruppe  zählen,  die  man  im  Uebrigen  als  das  Salzgebirge 
zu  bezeichnen  für  gut  befunden  hat. 

Steinsalz  selbst  ist  im  thüringischen  Röth  noch  nicht  auf- 
gefunden  worden,  auch  wird  sein  Vorkommen  durch  einen  mehr 
als  gewönlichen  Salzgehalt  der  aus  ihm  entspringenden  Quellen 
nicht  angezeigt,  sondern  nur  durch  verzogene  cubische  Hervor- 
ragungen  über  die  Schichtflächen  gypsführender  Sandsteine,  welche 
die  charakteristischen  Eigentümlichkeiten  der  Chlornatrium  -Kry- 
stalle  an  sich  tragen,  in  welchen  man 1)  desshalb  Afterkrystalle  von 
Steinsalz  anerkennt.  Ich  habe  ausser  der  einen  schon  vor  langer 
Zeit  von  mir2)  beschriebenen  Fundstätte  dieser  sogenannten  kry- 
stallisirten  Sandsteine  am  Hausberge,  da  wo  sich  der  Oberweg 
von  Jena  nach  Ziegenhain  mit  einer  breiten  Regenfurche  kreuzt, 
einen  weiteren  aus  der  Umgebung  von  Jena  nicht  namhaft  zu 
machen.  Wohl  aber  hat  Speyer3)  schwache  Sandsteinschichten 
mit  der  gleichen  Steinsalz  - Pseudomorphosen  den  Röthmergeln 
zwischen  Freiburg  a.  U. , Donndorf  und  Querfurt  eingelagert  ge- 
funden. 

VII.  Oxyde  und  Oxydhydrate. 

14.  Ferrit. 

Obgleich  die  sehr  oft  tiefrothe  Farbe  des  Röth  lediglich  von 
beigemengten  Eisenoxyd  und  Eisenoxydhydraten,  mitunter  wohl 

J)  S.  Zenker,  Historisch- topographisches  Taschenbuch  v.  Jena. 

2)  S.  Schmid  und  Schleiden,  die  geognostischen  Verhältnisse  des  Saalthaies 
bei  Jena.  3,  12. 

3)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  gool.  Ges.  Bd.  29,  S.  205.  (1877). 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


109 


auch  etwas  Eisenoxydoxydul,  also  Roth-,  Brauu-  und  Magnet- 
eisenstein, die  unter  dem  Namen  Ferrit  zusammengefasst  werden 
sollen,  herrührt,  so  zeigt  sie  doch  nicht  sowohl  einen  hohen  Gehalt, 
als  vielmehr  eine  sehr  feine  Vertheilung  an. 

Grössere  Anhäufungen  von  reinem  Ferrit  fehlen  gauz;  die- 
selben erreichen  nicht  einmal  makroskopische  Grösse  und  stellen 
sich  unter  dem  Mikroskop  vorzugsweise  als  Durchstäubung  und 
Trübung,  oft  von  kaum  körnig-auflösbarer  Feinheit  dar.  Roth- 
eisenstein erweist  sich  überall  als  primärer  Gemengtheil;  Braun- 
eisenstein dürfte  meist  als  ein  Verwitterungsprodukt  eisenschüssiger 
Carbonate  anzusehen  sein;  auf  Magneteisenstein  werden  wohl  die 
opaken  Ein-  und  Umlagerungen  des  Glimmers  zu  beziehen  sein. 

15.  Rothkupfererz. 

Die  dunkeln  Kerne  der  Malachiteinschlüsse  in  den  Horn- 
steinen sind  so  klein  und  selten,  dass  nur  wenige  Versuche  mit 
ihnen  angestellt  werden  konnten.  Vor  dem  Löthrohr  lassen  sie 
sich  zu  Kupfer  reduciren;  sie  geben  nur  schwache,  ja  nicht  ein- 
mal deutliche  Schwefel  -Reactioneu;  sie  sind  weder  milde  noch 
glänzend;  ihr  Strich  ist  rothbraun.  Ihr  Verhalten  stimmt  demnach 
mit  dem  des  Rothkupfererzes  überein,  dem  mitunter  etwas  Kupfer- 
glanz beigemengt  ist. 


VIII.  Smlpliide. 

16.  Schwefelkies.  17.  Kupferkies.  18.  Kupferglanz. 

19.  Bleiglanz. 

Wie  die  Erzführung  für  die  thüringischen  Trias  überhaupt, 
so  ist  sie  im  Besouderen  für  das  Röth  und  namentlich  in  Bezug 
auf  die  Sulphide  ohne  allen  Belang. 

In  den  dolomitischen  und  quarzitischen  Gesteinen  des  Röth, 
auch  im  Gyps1)  finden  sich  mitunter  Körnchen  von  Schwefel- 
kies, Kupferkies,  Bleiglanz,  wohl  auch  Kupferglanz,  als 
Grundlage  der  Rothkupfererz-  und  Malachiteinschlüsse. 

x)  Siehe  Bätsch,  Taschenbuch  für  mineralogische  Excursionen  in  die  um- 
liegende Gegend  von  Jena.  S.  289.  1802. 


110 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringisehe  Rötli. 


IX.  Schwefel. 

20. 

Der  scharf  beobachtende  und  durchaus  zuverlässige  Bätsch1) 
beschreibt  ein  von  befreundeter  Hand  an  der  vorderen  Seite  des 
Hausberges  bei  Jena  gefundenes  Gyps  - Rollstück , an  welchem 
Schwefel  in  einer  etwa  2/ 3 Zoll  breiten  und  Vs  Zoll  dicken  Masse 
theils  an-,  theils  auflas:  und  Oebt  von  ihm  eine  völlig;  exacte  Be- 

J 00  O 

Stimmung.  Dieser  Fund  geht  jedoch  bis  auf  den  Anfang  dieses 
Jahrhunderts  zurück  und  hat  sich  seitdem  nicht  wiederholt.  Ich 
halte  ihn  für  authentisch,  um  so  mehr,  als  er  keine  neue  Mineral- 
aggregation betrifft. 


X.  Bituminöse  Kohle. 

21.  Gagat. 

Zu  derjenigen  Modification  von  bituminöser  Kohle,  welche 
man  Gagat  nennt,  stellt  Bätsch  2)  einen  von  ihm  selbst  im  Thon 
zwischen  den  Gypsschichten  an  den  Teufelslöchern  bei  Jena  ge- 
fundenen, nicht  über  2 Linien  langen  und  1 Linie  dicken  Brocken 
einer  schwarzen,  etwas  milden,  auf  frischem  Bruche  harzglänzenden, 
mit  bituminösem  Geruch  verbrennlichen  Substanz.  Obgleich  sich 
dieses  Vorkommen  seit  dem  Jahre  1796  nicht  wiederholt  hat,  so 
liegt  durchaus  kein  Grund  vor,  ihn  anzuzweifeln.  Nach  Batsch’s 
Beschreibung  war  er  demjenigen  sehr  ähnlich,  den  ich3)  zu  Anfang 
der  40  er  Jahre  wiederholt  aus  dem  untersten  Muschelkalke  der 
Cölestingruben  von  Wogau  bei  Jena  erhielt,  und  in  dessen  Rück- 
stände nach  andauernder  Auslaugung  mit  Ammoniak  Schleiden4) 
eine  Mannichfaltigkeit  von  wohlerhaltenen  gymnospermen  und 


*)  Bätsch,  Taschenbuch,  für  mineralogische  Excursionen  in  die  umliegende 
Gegend  von  Jena.  S.  298  (1802). 

2)  Bätsch,  Taschenbuch  für  mineralogische  Excursionen  in  die  umliegende 
Gegend  von  Jena.  S.  299  — 301  (1802). 

3)  E.  E.  Schmid  und  Schleiden  , die  geognostischen  Verhältnisse  des  Saal- 
thales  bei  Jena.  S.  19  (1846). 

4)  E.  E.  Schmid  und  Schleiden,  die  geognostischen  Verhältnisse  des  Saal- 
thales  bei  Jena.  S.  67,  Taf.  V,  Fig.  1 — 17. 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringische  Roth. 


111 


dikötyledonisclien  Pflanzenresten  entdeckte.  Auch  diese  Fundgrube 
schien  erschöpft  zu  sein,  hat  aber  in  neuester  Zeit  wieder  etwas 
ergeben,  zufolge  des  Aufschwungs,  den  die  Cölestingräberei  während 
des  letztvergangenen  Jahres  genommen  hat. 

22.  Bitumen. 

Die  dunkele  Farbe  mancher,  namentlich  lettiger  Röthgesteine 
rührt  von  bituminösen  Beimengungen  her,  die  sich  jedoch  nicht, 
weder  in  makroskopisch,  noch  in  mikroskopisch  selbständigen 
F ormen  darbieten . 

Schluss. 

Von  den  Gemengtheilen  des  Röthes  ist  mit  Ausnahme  der 
Sulphate  keiner  dem  mittleren  und  unteren  Buntsandstein  fremd. 
Zugleich  fehlt  dem  Röth  keiner  der  Gemengtheile  des  mittleren 
und  und  unteren  Buntsandsteins,  wenn  man  von  den  Conglomeraten 
absieht,  die  aber  auch  im  letzteren  zu  den  Seltenheiten  gehören. 
Aber  das  Menguugsverhältniss  ist  ein  wesentlich  anderes. 


Die  Gesteine  des  ostthüringischen  Röthes. 

Das  ostthüringische  Röth  ist  im  Wesentlichen  ein  Mergel- 
gebilde mit  untergeordnetem  Gyps.  Die  Mergel  aber  sind  sehr 
mannichfaltige  und  wechselnde  Gemenge  von  thonigen  Silicaten 
und  dolomitischen  Carbouaten  mit  Quarz  und  gehen  durch  Vor- 
walten und  Zurücktreten  der  einzelnen  Gemengtheile  in  schieferige 
Thone  — Letten  — , Dolomite,  Quarzsandsteine  und 
Ho  rn  st  eine  über.  Die  Gypse  stellen  sich  zwar  auch  ganz  rein 
dar,  gewöhnlich  aber  im  Gemenge  mit  thonigen  Silicaten  und 
dolomitischen  Carbouaten. 


[.  Mergel. 

Die  Mergel  sind  weich,  d.  h.  der  Zusammenhalt  ihrer  Ge- 
mengtheile ist  so  schwach,  dass  er  meist  schon  durch  Reiben  mit 


112 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


dem  Fingernagel  aufgehoben  wird;  dieselben  sind  im  trocknen 
Zustande  bröcklich,  im  feuchten  zäh  bis  plastisch.  Ihr  Bruch  ist 
glatt  bis  erdig,  eben  bis  flachmuschelig  ins  Unebene.  Sie  fühlen 
sich  seltener  rauh,  häufiger  fettig  an  und  werden,  mit  einem 
harten  Gegenstände  gerieben,  seltener  matt,  häufiger  glänzend. 
Ihre  Fai’be  ist  vorwaltend  ziegelroth,  geht  aber  durch  fast  alle 
Zwischenstufen  in  licht- grau,  -bläulich  oder  -grünlich  über;  sie 
wechselt  vielfach,  bald  mit  scharfen,  bald  mit  verwaschenen  Grenzen, 
sowohl  Schicht-  als  Fleckenweise;  die  Flecken  entwickeln  sich 
sowohl  innerhalb  einzelner  Schichten,  als  auch  stärkerer  Schicht- 
complexe. 

Ihre  Schieferung'  ist  meist  sehr  dünn  und  erzeugt  verbunden 
mit  ihrer  Schwindung  beim  Austrocknen  einen  hohen  Grad  von 
Bröcklichkeit. 

Wasser  saugen  sie  meist  sehr  begierig  auf,  werden  damit  zu- 
erst schlüpferig , quellen  dann  auf  und  zerweichen  oft  von  selbst, 
stets  unter  Nachhülfe  sehr  mässigen  Druckes  zu  plastischem  Teige, 
der  sich  in  Wasser,  besonders  heissem  zum  grössten  Theil  bis 
vollständig  aufschwämmen  lässt,  aber  nach  tagelanger  Ruhe  wieder 
vollkommen  absetzt.  Der  wieder  abgesetzte  Teig  zieht  sich  wäh- 
rend  des  Austrocknens  wieder  stark  zusammen  und  zerreisst.  da- 
bei in  polygonale  Stücke.  Dem  entspricht  das  Verhalten  der 
Mergel  beim  Wetterwechsel  im  Freien.  Nach  anhaltender  Nässe 
bilden  sie  einen  weichen,  glitschigen  Boden,  nach  anhaltender 
Trockenheit  einen  harten,  von  vielen  Rissen , in  welche  der  Stock 
oft  fusstief  einsinkt,  durchzogenen  oder  mit  leicht  beweglichen 
Bröckchen  überschütteten  Boden. 

Wasser  nimmt  zugleich  aus  den  Mergeln  eine  bald  grössere, 
bald  geringere  Menge  von  Calciumsulphat  und  eine  stets  schwache 
Spur  von  Chlornatrium  auf. 

Unter  Chlorwasserstoffsäure  entwickeln  die  Mergel,  auch  ohne 
vorherige  Erwärmung,  Kohlensäure.  Aber  dabei  werden  nicht  nur 
die  Carbonate,  sondern  auch  ein  Theil  der  Silicate  zersetzt,  Ferrite 
und  Apatite  gelöst. 

Wendet  man  concentrirte  Chlorwasserstoffsäure  an,  dampft 
langsam  und  wiederholt  bis  zur  Trockniss  ein,  und  nimmt  wiederum 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


113 


mit  verdünnter  Salzsäure  auf,  so  enthält  die  Lösung  ausser  Kalk- 
und  Talkerde  mit  etwas  Eisenoxydul  auch  reichlich  Eisenoxyd  mit 
etwas  Manganoxyd  und  Thonerde  mit  etwas  Kali  und  Natron. 
Der  ungelöste  Rückstand  ist  stets  sehr  licht -grünlich,  -bläulich 
oder  -grau.  Er  enthält  neben  unzersetzten  Silicaten  und  Quarz 
auch  freie  Kieselsäure,  die  von  Sodalösung  aufgenommen  wird. 
Diese  letztere  gehört  selbstverständlich  den  durch  Chlorwasser- 
stoffsäure aufschliesslichen  Silicaten  an. 

Als  Beispiele  von  dolomitischer  bis  lettiger  Beschaffenheit  der 
Mergel  wurden  drei  makroskopisch  homogene,  glatt,  flachmuschelig 
bis  eben  brechende  Proben  ins  Einzelne  untersucht,  nämlich : 

1)  eine  lichtgrünlich  graue,  kaum  fettig  anzufühlende,  beim 
Reiben  mit  einem  Polirstahl  mattwerdende ; sie  stammt  vom  west- 
lichen Abhange  des  Jenzigs  bei  Jena; 

2)  eine  dunkelziegelrothe , nicht  fettig  anzufühlende,  beim 
Reiben  mit  dem  Polirstahl  mattwerdende,  ebenfalls  vom  west- 
lichen Abhange  des  Jenzigs  bei  Jena; 

3)  eine  grünlichgraue,  fettig  anzufühlende,  beim  Reiben  mit 
einem  Polirstahl  glänzend  werdende,  vom  Abhange  des  Kugelberges 
über  Gumperda  bei  Cahla. 

Alle  drei  Proben  enthalten  lufttrocken  einige  (2  — 5)  Procente 
Wasser,  die  sie  bei  Erwärmung  bis  100°  C.  verlieren.  Wasser 
saugen  sie  gleich  schnell  und  gleich  reichlich  auf  und  zerweiclien 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  langsam,  bei  Siedehitze  schneller, 
jedoch  nicht  ohne  Nachhülfe  eines  leichten  Druckes,'  etwa  zuletzt 
mittels  eines  hölzernen  Pistills,  zu  einem  gleichförmigen  Teige, 
der  weder  unaufschlämmbare,  noch  schwebende  Theile  enthält, 
d.  h.  sich  mit  den  massig  bewegten  Wasser  ohne  Rückstand  hebt, 
aus  ihm  aber  nach  etwa  24  stündiger  Ruhe  wieder  vollständig 
absetzt. 

Was  sich  zuerst  absetzt,  besteht  aus  einem  Gemenge  der 
oben  beschriebenen  Knöllchenafferreffate  und  Knöllchen  mit 
G 1 i m m e r b lättchen  und  den  ihnen  anhaftenden  nierförmigen, 
traubigen  und  oolithis chen  Aggregaten,  so  zwar,  dass  die 
ersteren  vor  den  zweiten  sehr  vorwalten.  Bröckchen,  die  man  mit 
einiger  Sicherheit  als  Felds pathtr (immer  deuten  könnte,  sind 


114 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


Seltenheiten;  Spuren  von  Quarz  konnten  nur  in  der  ersten  Probe 
erkannt  werden.  Apatitprismen  finden  sich  sehr  wenige.  Gelb- 
braune, rothbraune,  bis  opake  Ferrite  in  selbständigen  Formen 
machen  sich  nicht  bemerklich;  ihr  Vorkommen  ist  auf  Körnchen, 
Flöckchen  und  griesige  bis  staubige  Einlagerung  und  nahe’  gleich- 
massige  Durchstäubung  beschränkt;  in  der  ersten  Pi’obe  und  über- 
haupt in  den  lichten  Gesteinen  fehlen  sie  fast  gänzlich,  in  der 
dritten  Probe  und  überhaupt  in  den  dunkelrothen  Gesteinen  sind 
sie  auffällig.  Welchen  Antheil  die  Carbo nate  an  dem  Gemenge 
auch  der  gröbsten  Tlieile  nehmen,  bleibt  auch  bei  mikroskopischer 
Betrachtung  unentschieden.  Lässt  man  Chlorwasserstoffsäure  unter 
dem  Mikroskope  einwirken,  so  stellen  sich,  scheinbar  plötzlich, 
sogleich  grössere  Gasblasen  ein,  ohne  dass  man  erkennen  könnte, 
von  welchen  Theilen  sie  ausgehen.  Der  Rückstand  nach  Digestion 
des  Aufgeschlämmten  mit  verdünnter  Chlorwasserstoffsäure  bis  zur 
Austreibung  der  Kohlensäure  unterscheidet  sich  mikroskopisch 
nicht  wesentlich  von  dem  Aufgeschlämmten  selbst.  Hat  man  das 
Aufgeschlämmte  wiederholt  mit  concentrirter  Chlorwasserstoffsäure 
eingedampft,  das  gelöste  mit  Wasser  aufgenommen  und  die  frei 
gewordene  Kieselsäure  durch  Digestion  mit  Sodalösung  entfernt, 
so  besteht  der  Rückstand  aus  Glimmerblättchen,  Knöllchen- 
aggregaten und  Knöllchen,  die  jedoch  völlig  farblos  und  klar 
geworden  sind.  Die  Glimmerblätter  sind  jedoch  entschieden  ver- 
kleinert und  die  nierförmigen,  traubigen  und  oolithischen,  ihnen  vor 
der  Digestion  anhaftenden  Aggregate  fast  spurlos  verschwunden. 

Die  später  sinkenden,  feineren  Theile  des  Aufgeschlämmten 
unterscheiden  sich  von  den  zuerst  sinkenden,  gröberen  Theilen 
nicht  durch  andere  Formen,  sondern  nur  durch  weitere  Verthei- 
lung  und  Verkleinerung  der  Glimmerblätter,  durch  Abtrennung 

O O j o 

der  nierförmigen  u.  s.  w.  Aggregate  von  ihnen,  sowie  durch  Ver- 
einzelung der  Knöllchen. 

Die  Resultate  der  Gesammtanalysen  der  bezeichneten  drei 
Mergelproben  sind  unter  No.  3,  4 und  5 der  nach  der  Be- 
schreibung der  Hornsteine  eingeschalteten  Tabelle  I zusammen- 
gestellt.  Sie  stimmen  unter  sich  ziemlich  nahe  überein,  begründen 
ein  günstiges  Urtheil  über  den  Werth  der  Rötlnnergel  bei  der 


E.  E.  Schmid  , das  osttliüringiscbe  Röth. 


115 


Bodenbildung,  stehen  aber  zu  den  Resultaten  der  mikroskopischen 
Analysen  noch  nicht  in  einer  bestimmten  Beziehung.  Eine  solche 
wird  erst  durch  Hinzunahme  der  Partialanalysen  mittels  Chlor- 
wasserstoffsäure vermittelt,  wie  es  dieselben  Nummern  der  Tabelle  II 
zeigen.  Aus  derselben  ersieht  man  zuerst,  dass  von  einer  durch 
die  ganze  Reihe  der  Mergel  übereinstimmend  hindurchgehenden 
isomorphen  Mischung  von  Calcium-  und  Magnesium  - Carbonat 
nicht  die  Rede  sein  kann,  und  findet  in  Uebereinstimmuug  mit 
der  leichten  Zersetzbarkeit  durch  Chlorwasserstoffsäure,  die  An- 
nahme einer  bloss  mechanischen  Mischung  zwischen  beiden  Carbo- 
naten  als  die  wahrscheinlichere  begründet.  Auf  die  in  Chlor- 
wasserstoffsäure aufschliesslichen  Silicate  entfällt  ein  nicht  unbe- 
trächtlicher Theil  der  Talkerde,  ein  ansehnlicher  Theil  der  Alkalien 
und  des  Wassers.  Qualität  und  Quantität  der  dazu  gehörigen 
Elemente  gestatten  sehr  wohl,  diese  Silicate  als  ein  Gemenge  von 
Glimmern  wahrscheinlich  der  Biotit  reihe  mit  Kaolin - 
artigen  Abkömmlingen  derselben  aufzufassen.  Zu  den 
letzten  würden  namentlich  die  nierförmigen , traubigen  und  ooli- 
thischen  Aggregate  zu  stellen  sein,  welche  demnach  als  Glimmer- 
kaoline zu  bezeichnen  sein  würden.  Die  in  Chlorwasserstoff- 
säure nicht  aufschliesslichen  Silicate  enthalten  sehr  wenig  Kalkerde, 
wenig  Talkerde , aber  mehr  als  drei  Viertheile  des  Alkaligehaltes 
und  einen  ansehnlichen  Theil  des  Eisenoxydes.  Qualität  und 
Quantität  der  zugehörigen  Elemente  weisen  auf  ein  Gemenge  von 
trisili catisclien  Feldspath,  mit  einem  minder  Kieselsäure- 
reichen  Silicate,  etwa  einem  Gliede  der  Glimmerreihe  und  mit  Kaolin- 
artigen  Abkömmlingen  derselben  namentlich  der  Feldspathe  hin. 
Auf  diese  Letzten  sind  wohl  die  Knöllchen  und  Knöllchenaggre- 
gate zu  beziehen,  deren  gegen  die  Kaoline  der  aufschliesslichen 
Silicate  scharf  contrastirende  Form  einen  anderen  Ursprung  be- 
dingt; — und  welcher  wäre  dann  wahrscheinlicher,  als  der  aus 
Feldspath?  Bezeichnet  man  die  Knöllchen  und  ihre  Aggregate 
als  Felds pathkaoline,  so  hat  man  mindestens  einen  hohen 
Grad  von  Wahrscheinlichkeit  für  sich. 

Als  selbständig  auftretendes  Eisenoxyd  ist  das  in  der  Chlor- 
wasserstoffsäurelösung enthaltene  Eisen  genommen.  Diese  An- 

8 * 


116 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringisclie  Roth. 


nähme  ist  eher  zu  hoch,  als  zu  niedrig,  da  etwas  davon  auch 
dem  leicht  aufschliesslichen  Glimmer  angehören  kann.  Indem  ich 
bisher  stets  von  Ferrit  gesprochen  habe,  meine  ich  damit,  dass 
neben  Eisenoxyd,  wohl  auch  Eisenoxydhydrat  auftreten 
mag,  wie  sich  aus  der  oft  braunen  Färbung  der  Ferritein- 
lagerungen ergiebt. 

Das  vorkommende  Eisenoxydul  kann  ebensowohl  den  Carbo- 
naten,  wie  den  leicht  aufschliesslichen  Silicaten  angehören.  Ohne 
darüber  entscheiden  zu  können  und  zu  wollen,  habe  ich  der  Ein- 
fachheit wegen  zur  Sättigung  der  Kohlensäure  nur  Kalk-  und 
Talkerde  verrechnet. 

Die  Angabe  der  Procentzahlen  für  Apatit  und  Gyps  beruht  auf 
der  Bestimmung  des  Phosphorsäure-  und  Schwefelsäuregehaltes  unter 
Zutheilung  der  erforderlichen  Menge  von  Kalkerde  und  Wasser. 

Die  Carbonatreichen  Mergel  enthalten  sehr  selten,  die  Thon- 
reichen  nie  organische  Ueberreste. 


II.  Letten. 

Zwischen  Mergel  und  Letten  ist  eine  scharfe  Grenze  nicht 
zu  ziehen.  Die  Mergel  gehen  mit  allmäliger  Abnahme  des 
Carbonatgehaltes  fast  stetig  in  die  Letten  über.  Diese  Letzten 
sind  recht  weich,  brechen  fein  erdig  bis  glatt,  eben  bis  flach- 
muschelig, werden  beim  Reiben  mit  einem  harten  glatten  Körper 
glänzend  und  fühlen  sich  fettig  an.  Schon  im  trocknen  Zustande 
sind  sie  zähe,  im  nassen  plastisch,  plastischer  als  die  Mergel. 
Ihre  Farbe  ist  vorwaltend  grau  ins  Grüne,  Blaue  und  Rothe, 
seltener  ziegelroth,  verhält  sich  aber  übrigens  wie  diejenige  der 
Mergel. 

Ihre  Schieferung  ist  dünner,  als  diejenige  der  Mergel,  und 
nicht  in  gleichem  Grade  mit  Bröcklichkeit  verbunden. 

Die  Letten  saugen  Wasser  noch  begieriger  auf,  als  die  Mergel, 
werden  noch  schlüpfriger  und  quellen  stärker  auf,  zerweichen  aber 
doch  nicht  so  leicht,  und  zergehen  auch  nach  längerer  Erwärmung 
bis  zum  Sieden  ohne  nachhelfenden  Druck  nicht  zu  einem  gleich- 
förmigen Teig.  Beim  Schlämmen  und  beim  Witterungswechsel  im 
Freien  verhalten  sie  sich  fast  ebenso,  wie  die  Mergel. 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringische  Roth. 


117 


Wasser  entzieht  den  Letten  nach  anhaltender  Digestion  nur 
Spuren  von  Calciumsulphat  und  Chlornatrium. 

Unter  Chlorwasserstoffsäure  entwickeln  sie  wenig  bis  keine 
Kohlensäure;  im  Uebrigen  verhalten  sie  sich  wie  die  Mergel. 

Als  ein  typisches  Beispiel  wurde  ein  dunkelröthlich  grauer 
Letten  vom  Abhange  des  Kugelberges  über  Gumperda  bei  Cahla 
untersucht. 

Durch  anhaltende  Digestion  mit  Wasser  und  Zerdrücken 
mittels  eines  hölzernen  Pistills  wird  er  in  einen  zähen  Teig  über- 
geführt, welcher  sich  vollständig  aufschlämmen  lässt  und  aus  dem 
Wasser  nach  eintägiger  Ruhe  wieder  vollständig  absetzt. 

Die  mikroskopische  Analyse  des  Aufgeschlämmten  führt,  wie 
es  nicht  anders  zu  erwarten  ist,  zu  denselben  Resultaten,  welche 
die  Mergel  ergeben  haben;  der  Unterschied  zwischen  den  Mergeln 
und  den  Letten  liegt  eben  allein  im  Carbonatgehalte  der  ersten, 
und  die  Carbonate  sind  mikroskopisch  nicht  bemerkbar;  Quarz- 
körnchen sind  nicht  nachweisbar. 

Die  chemischen  Gesammt-  und  Partialanalysen  dieses  Lettens 
sind  unter  No.  6 der  nach  der  Beschreibung  der  Hornsteine  ein- 
geschalteten Tabellen  aufgeführt.  Der  durch  Chlorwasserstoffsäure 
aufschliessliche  Tlieil  der  Silicate  bietet  die  Bestandteile  eines 
Magnesiaglimmers  dar  mit  einem  Ueberschusse  von  Eisenoxyd, 
könnte  also  als  ein  Gemenge  von  Glimmer  und  Ferrit  aufge- 
fasst werden;  ein  kaolinischer  Gemengt  heil  ist  jedoch  da- 
durch nicht  ausgeschlossen.  Der  durch  Chlorwasserstoffsäure  nicht 
aufschliessliche  Theil  der  Silicate  kann  auf  ein  Gemenge  von  tri- 
si  1 i catischem  Kalifeldspath,  Kaliglimmer  und  Kaolin 
berechnet  werden.  Die  Berechnung  beider  Theile  kann  jedoch 
ohne  willkürlich  eingeschobene  Hypothesen  nicht  ausgeführt  werden. 

Der  Gehalt  an  Apatit  und  Gyps  ist  ebenso  berechnet  wie 
bei  den  Mergeln. 

Von  organischen  Ueberresten  sind  die  Letten  frei. 


III.  Tlionige  Dolomite. 

Wie  die  Mergel  bei  abnehmendem  Carbonatgehalt  in  die 
Letten  übergehen,  so  bei  zunehmenden  in  die  Dolomite.  Manche 


118 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringische  Roth. 


Mengungsverhältnisse  zwischen  Carbonat  und  Silicat  nehmen  jedoch 
desshalb  eine  gewisse  Selbständigkeit  in  Anspruch,  weil  sie 
nicht  mehr  mit  dem  Vermögen  der  mechanischen  Aufsaugung:  des 
Wassers  und  des  Erweichens  im  Wasser  verbunden  sind,  sondern 
bei  makroskopischer  Homogene'ität  einen  höheren  Härtegrad  be- 
dingen und  noch  keine  Spur  von  krystallinischer  Körnigkeit  er- 
kennen lassen,  vielmehr  völlig  dicht  sind.  Ich  bezeichne  sie  als 
thonige  Dolomite,  ohne  mich  ausführlich  darüber  zu  recht- 
fertigen,  wesshalb  ich  die  z.  B.  von  Kenngott  *)  aufgeführten 
Namen  »verhärtete  Mergel,  Steinmergel,  Mergelsteine«,  die  ohne 
Zweifel  darauf  angewendet  werden  dürften,  zur  Seite  schiebe;  in- 
sonderheit den  auch  neuerdings  von  fränkischen  Geologen  mehr- 
fach auf  Keupergesteine  bezogenen  Namen  Steinmergel  halte  ich 
eben  für  sprachwidrig.  Mögen  die  Resultate  der  Untersuchung 
von  zwei  solcher  thonigen  Dolomite  hier  eine  Stelle  finden. 

Die  eine  Probe  entstammt  dem  oberen  Röth  am  östlichen 
Abhange  des  Jenzigs  bei  Jena  und  zeichnet  sich  nicht  nur  durch 
feine,  oft  mehr  als  0,2  Meter  betragende  Mächtigkeit  aus,  sondern 
auch  durch  seinen  Reichthum  an  organischen  Ueberresten,  nament- 
lich dicht  an  einander  gedrängten  Abdrücken  einer  kleinen  Corbula- 
art  und  sparsam  dazwischen  vertheilten  der  Myophoria  costata  Zenk, 
Fischschuppen  und  Zähnen,  meist  zerbrochenen,  auch  Pflanzen- 
abdrücken. 

Das  Gestein  ist  grau  mit  grünen  von  Malachit  herrührenden 
Flecken,  sehr  cavernös  von  resorbirten  Muschelschalen.  Von 
Chlorwasserstoffsäure  wird  es  schon  in  der  Kälte  angegriffen,  bei 
Erwärmung  rasch  gelöst  bis  auf  einen  mässigen  Rest.  In  der 
Lösung  sind  ausser 

Kalkerde  30,3  °/o 
Talkerde  22,6  °/o 

durch  welche  die  vorhandene  Kohlensäure  gerade  zu: 

Calcium  - Carbonat  47,8  °/o 

Magnesium -Carbonat  39,1  °/o  — 


B Kenngott,  Elemente  der  Petrographie  1868,  S.  215. 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


119 


gesättigt  wird,  viel  Thonerde,  wenig  Eisenoxyd  u.  A.  übergangen. 
Der  ungelöste  Rest  beträgt  9,9  °/o ; im  nassen  Zustande  schlüpfrig 
bis  schleimig,  trocknet  er  zu  einem  staubigen  Pulver  ein,  welches 
unter  dem  Mikroskope  als  ein  Gemenge  von  Glimmerblättchen 
und  Quarz  körne  hen  mit  wenigen  anderen  Krystallbrocken 
besteht.  Der  Glimmer  ist  theils  breit-,  theils  schmalblätterig,  mit 
schuppig  abgeriebenen  oder  scharf  abgebrochenen  Rändern,  farb- 
los bis  blassgrün ; zwischen  den  Blätterdurchgängen  sind  mit- 
unter schmale  Leisten,  häufig  nierförmige,  traubige  und  oolithische 
Aggregate  eingelagert.  Die  schmalen  Leisten  (s.  Fig.  1)  erscheinen 
bei  schwacher  und  mittlerer  Vergrösserung  als  feine  schwarze 
Linien  und  Nadeln  und  zeigen  erst  bei  starker  Vergrösserung 
zwischen  scharfen  dunkeln  Umrissen  klare  Zwischenräume,  die 
sich  optisch  ganz  gleich  verhalten,  mit  dem  umgebenden  Glimmer. 
Die  nierförmigen,  traubigen  und  oolithischen  Aggregate 
(s.  Fig.  6 und  7)  gleichen  in  Allem  den  bereits  besprochenen 
Glimmerkaolinen.  Der  Quarz  ist  kleinbröckelig;  er  umschliesst 
zahlreiche  aber  sehr  kleine  Cavernen.  Die  Krystallbrocken  sind 
theils  doppelbrechende  farblose,  gelbe,  braune  bis  opake  Aggregate, 
theils  einfachbrechende  Körnchen,  zwischen  denen  als  Seltenheiten 
die  oben  beschriebenen  Mikros chörlite  (Fig.  14)  und  Mikro- 
zirkone (Fig.  15)  Vorkommen. 

Eine  andere  Probe  stand  am  Gehänge  über  der  Unstrutaue 
zwischen  Nebra  und  Metzendorf  an.  Ich  nahm  sie  in  Begleitung 
mehrerer  geologischer  Fachgenossen  auf,  von  denen  sie  bestimmt 
als  Thonquarz,  von  dem  nachher  die  Rede  sein  soll,  in  Anspruch 
genommen  wurde.  Dieselbe  bricht  splitterig;  die  Bruchfläche  ist 
feinkörnig  und  schimmert  schwach.  Ihre  Dichte  beträgt  2,82. 
Sie  ist  makroskopisch  homogen  und  schwerer  ritzbar,  als  die  ge- 
wöhnlichen Kalksteine.  Unter  verdünnter  kalter  Chlorwasserstofl- 
säure  braust  sie  stark  und  anhaltend  auf  und  löst  sich  bis  auf 
einen  geringen  Rest.  Die  Auflösung  enthält  neben  Thonerde, 
Eisenoxyd  und  Alkalien  30,3  °/o  Kalkerde  und  22,6  °/o  Talkerde, 
das  Gestein  also  muthmaasslich : 

Calcium- Carbonate  64,1  °/o 
Magnesium  -Carbonate  24,9  °/o  — 


120 


E.  E.  Schm td  , das  ostthüringische  Roth. 


kann  also  nach  diesem  Mischungsverhältniss  bereits  als  ein  Dolo- 
mit und  zwar  als  ein  dichter  Dolomit  angesehen  werden.  Der 
unlösliche  Rest  beträgt  1,1  °/o,  ist  schmutzig  weiss,  schlämmt  sich 
leicht  und  vollständig  auf  und  erhält  sich  lange  schwebend.  Unter 
dem  Mikroskope  zeigt  er  erst  bei  mittlerer  Vergrösserung  deut- 
liche Einzelformen,  nämlich  abgerundete,  klare,  dunkele,  aber  scharf 
umsäumte  Blättchen,  die  auf  zerfallenen  Glimmer  hinweisen. 

Das  Gestein  umschliesst  nur  undeutliche  Spuren  von  organi- 
schen Ueberresten. 


IV.  Dolomite. 

Die  Carbonate  des  Röth  treten  nicht  in  gleichem  Maasse 
selbständig  auf,  wie  die  thonigen  Silicate,  vielmehr  sind  sie  in 
qualitativ,  wie  quantitativ  mannichfaltiger  Weise  mit  thonigen 
Silicaten,  Ferriten,  Quarz  und  Chalcedon,  auch  Gyps  gemengt. 
Sie  enthalten  stets  Calcium  und  Magnesium  nach  nahe  gleichem 
Aequivalentverhältnissen  neben  einander,  während  das  Eisen  nur 
untergeordnet  auftritt,  auch  häufig  unter  Bildung  von  Eisenoxyd- 
hydrat aus  dem  Carbonat  ausgeschieden  ist;  sie  sind  auch  meist 
krystallinischkörnig , wenn  auch  äusserst  feinkörnig  entwickelt; 
insofern  bezeichnet  man  sie  mit  Fug  und  Recht  als  Dolomite. 
Allein  sie  lösen  sich,  worauf  schon  wiedei'holt  aufmerksam  ge- 
macht wurde,  bereits  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  massig  con- 
centrirter  Chlorwasserstoffsäure  so  leicht  und  vollständig  auf,  dass 
man  geneigt  wird,  sie  eher  für  mechanische  Gemenge,  als  für 
isomorphe  Mischungen  zu  halten. 

Diese  Dolomite  haben  vorwaltend  graue,  in  das  Gelbliche, 
Röthliche  und  Bräunliche  übergehende  Farben;  sie  sind  schwer 
zersprengbar  und  brechen  in  feinkörnigen,  rauhen  bis  unebenen 
Flächen.  Makroskopisch  erscheinen  sie  homogen  mit  Einschlüssen 
von  Gypslamellen , Cölestin-  und  Bleiglanzkörnchen , seltener 
Quarzbröckchen  und  Glimmerblättchen.  Cavernen  sind  häufig; 
sie  rühren  gewöhnlich  von  resorbirten  Muschelschalen  her. 

In  Chlorwasserstoffsäure  löst  sich  ihr  carbonatischer  Antheil 
— wie  bereits  bemerkt  — leicht  auf,  der  silicatische  wird  durch 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


121 


Eindampfen  mit  concentrirter  Chlorwasserstoffsäure  wenig  ange- 
griffen. 

Zur  detaillirten  Untersuchung  wurden  zwei  homogene  ver- 
steinerungsreiche, namentlich  das  Relief  von  Rhizocorallium  jenense 
tragende  Gesteine,  das  eine  vom  Abhange  des  Kugelberges,  über 
Gumperda  bei  Cahla,  das  andere  vom  westlichen  Abhange  des 
Jenzigs  bei  Jena  ausgesucht.  Die  Resultate  der  chemishen  Ana- 
lyse sind  in  den  der  Beschreibung  der  Hornsteine  nachfolgenden 
Tabellen  I und  II  aufgeführt,  jedoch  vollständig  nur  für  das  Vor- 
kommen vom  Jenzig.  Die  Partialanalyse  deutet  auf  Glimmer 
und  kaolinische  Glimmerabkömmlinge  als  die  in  Chlor- 
wasserstoffsäure aufschliessliehen  Silicate,  auf  Quarz,  Feldspat h 
und  kaolinische  Fe  1 dsp  athabkömmlinge,  als  die  in 
Chlorwasserstoffsäure  nicht  aufschliessliehen  Silicate.  Damit  steht 
die  mikroskopische  Analyse  der  in  Chlorwasserstoffsäure  unlös- 
lichen Reste  im  Einklang;  sie  lässt  keine  anderen,  als  die  in  den 
Mergeln  vorkommenden  Formelemente  wahrnehmen. 

Die  Dolomite  sind  dem  Röth  in  einzelnen  Schichten  bis  zu 
10  Centimeter  Mächtigkeit  untergeordnet,  die  häufig  sehr  weit, 
aber  nie  beständig  fortstreichen.  Sie  zeigen  deutlich  concorclante 
Schieferung,  werden  aber  rechtwinkelig  gegen  die  Schichtung  noch 
deutlicher  von  Klüften  durchsetzt,  und  dadurch  bei  der  Verwitterung 
häufig  in  oblonge  Tafeln  und  Prismen  abgetheilt.  Durch  Anschlägen 
lassen  sie  sich  weit  leichter  nach  der  Klüftung,  als  nach  der 
Schieferung  trennen.  Parallel  der  Klüftung,  aber  nicht  ausschliess- 
lich in  Richtung  derselben  ziehen  sich  namentlich  am  Hausberge 
bei  Jena  späthige  Gypsaggregate  durch  das  Gestein. 

Die  Dolomite  bergen  einen  Reichthum  von  organischen  Ueber- 
resten,  namentlich  von  Muscheln,  deren  resorbirte  Schalen  das 
Gestein  cavernös  machen;  aber  auch  — so  am  westlichen  Ab- 
hange des  Hausberges  bei  Jena  — der  umgekehrte  Fall  tritt  ein, 
nämlich  der  der  Erhaltung  der  Muschelschalen  ohne  dazwischen 
eingelagertes  Gestein.  Dann  entsteht  aus  dem  Dolomit  eine  dolo- 
mitische Aluschell  »reccie;  denn  das  Carbonat  der  Muschelschalen 
ist  nicht  minder  Magnesium  reich,  wie  dasjenige  des  dolomitischen 
Gesteins;  die  Mehrzahl  der  Muschelschalen  ist  zerbrochen,  aber 


122 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Rötk. 


die  Bruchstücke  sind  wenig  abgerieben.  Der  wichtigste  organische 
Ueberrest  ist  Rhizocorallium  jenense  Zenk.,  dessen  zierliches  Relief 
oft  über  die  Breite  mehrerer  Kilometer  die  untere  Schichtfläche 
einnimmt.  Rechtfertigt  sich  damit  der  von  Zenker1)  eingeführte 
Name  Rhizocorallium-Dolomit,  so  sind  doch  keineswegs  alle  Do- 
lomiteinlagerungen und  alle  Stellen  ein  und  derselben  Einlagerung 
mit  diesem  Relief  versehen. 

V.  Oolithisclier  Dolomit  mit  Quarz. 

In  derjenigen  Region  des  Rothes,  innerhalb  deren  sich  die 
mächtigsten  Rhizocorallium-Dolomite  vorfinden,  soweit  es  die  wenig 
ausgiebigen  Aufschlüsse  zu  entscheiden  gestatteten,  als  ein  Aequi- 
valent  des  Rhizocorallium- Dolomites  erscheint  nördlich  neben  der 
Chaussee  von  Jena  nach  Eisenberg  zwischen  Droschka  und  dem 
Gehöfte  »Trotz«,  und  zwar  nur  an  dieser  einen  Stelle  ein  sehr 
eigenthümliehes  Gestein,  zusammengesetzt  aus  Dolomit  und  Quarz, 
mit  einem  durch  Chlorwasserstoffsäure  aufschliesslichen  Thonerde- 
reichen Silicat.  Der  Dolomit  ist  tlieils  dicht,  theils  schalig;  die 
Schalen  umschliessen  meist  runde  Kerne  und  bilden  Kügelchen 
von  1/4 — 1//2  Millimeter  Durchmesser,  seltener  breitgedrückte  Linsen 
oder  gestreckte  Cylinder.  Mit  organischen  Bildungen  haben  sie 
auch  nicht  eine  entfernte  Aehnlichkeit.  Der  Dolomit  löst  sich 
leicht  in  Chlorwasserstoffsäure  auf,  der  Quarz  bleibt  als  Lösungs- 
rückstand in  makroskopischen  Bröckelten  mit  rauher,  nirgends 
krystallinischer  Oberfläche. 


VI.  Sandige  Dolomite. 

Im  Fortstreichen  einzelner  Schichten  entwickeln  sich  durch 
Ueberhandnalime  der  Quarzeinstreuung  Uebergänge  aus  Dolomit 
in  Sandsteine,  die  eine  abgesonderte  Stellung  nicht  bedingen  und 
einer  speciellen  Beschreibung  nicht  bedürfen.  Wohl  aber  treten 
ähnliche  Gemenge  hin  und  wieder  in  untergeordneten  Gesteins- 


) Zenker,  Taschenbuch  von  Jena.  1836.  S.  202. 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


123 


schichten  auf,  die  man  als  eigenthümliche  Gesteinsarten  aufgefasst 
hat.  Dieselben  erscheinen  makroskopisch  homogen,  lassen  sich 
nicht  viel  leichter  ritzen,  als  Feldspath,  und  halten  sehr  stark  zu- 
sammen. Einige  der  Fachgenossen,  welche  an  der  neuen  geolo- 
gischen Aufnahme  des  Königsreichs  Preussen  und  der  thüringischen 
Staaten  mitarbeiten,  erkennen  in  ihnen  dieselben  Gesteine,  die  im 
oberen  Keuper  Norddeutschlands  nicht  eben  selten  sind  und  schon 
von  Eieinr.  Credner1)  unter  dem  Namen  »Thonquarze«  aufgeführt 
wurden.  Dieser  Name  rührt  von  Hausmann2)  her  und  bezieht 
sich  auf  die  Vorkommnisse  des  oberen  Keupers  der  Lippe’schen 
Fürstenthümer,  die  H offmann3)  sachgemässer  als  Thonsteine4) 
oder  kieselreiche  Thonmergel  bezeichnete.  Sieht  man  indess  die 
chemische  Analyse  dieser  Gesteine  durch  Brandes5)  als  maass- 
gebend an,  so  gehören  diese  Lippe’schen  Keupergesteine  mit  den 
in  Rede  stehenden  Ostthüringischen  Röthgesteinen  gar  nicht  zu- 
sammen, da  sie  wenig,  bis  keine  Carbonate  enthalten,  und  darin 
nur  Spuren  von  Magnesium,  auch  keine  Alkalien  in  ihnen  Vor- 
kommen. 

Ich  untersuchte  eine  Probe  solchen  sandigen  Dolomites,  welche 
von  der  Kniebreche,  einem  steilen  Anstieg  von  der  Unstrutaue 
bei  Carsdorf  zu  der  Hochebene  bei  Steigra  stammt5,  und  welche 
ebenfalls,  wie  die  oben  erwähnte  Probe  von  thonigen  Dolomiten 
in  Begleitung  einiger  geologischer  Fachgenossen  als  Thonquarz 
aufgenommen  worden  war. 

Sie  erscheint  makroskopisch  homogen,  zeigt  unebene  fein- 
körnige, schimmernde,  rauh  anzufühlende  Bruchflächen,  hat  die 
Härte  des  Feldspathes,  und  ist  blassgrünlich.  Unter  verdünnter, 
kalter  Chlorwasserstoffsäure  braust  sie  lebhaft  auf  und  löst  sich 


:)  Siehe  Credner,  Uebersicht  der  geognostischen  Verhältnisse  Thüringens 
und  des  Harzes.  1843.  S.  88. 

2)  Hausmann,  Uebersicht  der  Flötzgebilde  im  Flussgebiete  der  Weser,  in: 
Studien  des  Vereins  bergmännischer  Freunde. 

3)  Pogg.  Ann.  3,  17  (1825). 

4)  Hoffmann,  Uebersicht  der  orographischen  und  geognostischen  Verhältnisse 
vom  nordwestlichen  Deutschland.  Leipzig.  S.  445  (1830). 

5)  Pogg.  Ann.  25,  318  (1825). 


124  E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Röth. 

bis  auf  einen  ansehnlichen  Rest.  In  die  Lösung'  sind  iibcrge- 

o o 

gangen 

Kalkerde  1 5,8  °/0 

Talkerde  7,9  °/0 

der  ungelöste  Rest  beträgt  58,1  °/o;  er  ist  nach  dem  Trocknen  fein 
pulverig,  aber  doch  schwer  aufsclilämmbar.  Unter  dem  Mikroskope 
erweist  er  sich  als  ein  Gemenge  von  viel  Quarzkörnchen,  theils 
rauh  abgeriebenen,  theils  uneben  abgebrochenen  mit  wenig  Glirn- 
m e r blättchen,  welche  im  Zerfall  zu  kleinen  Linsen  begriffen  sind, 
sehr  ähnlich  denjenigen,  welche  unter  den  Gemengtheilen  der  Mergel 
als  oolithisch  aggregirte  Glimmerkaoline  bezeichnet  wurden. 


VII.  Sandsteine. 

Gesteine  deren  Hauptgemengtheil  Quai’z  in  kleinen  Körnchen 
ist,  die  man  deshalb  den  Sandsteinen  zuzuzählen  hat,  sind 
nicht  eben  Seltenheiten  im  Röth,  nehmen  aber  an  der  Bildung 
desselben  doch  nur  einen  untergeordneten  Antheil.  Mit  den  eigent- 
liehen  Buntsandsteinen  haben  sie  keine  grosse  Aehnlichkeit,  sie 
sind  weder  so  quarzreich,  noch  so  einfach  und  gleichförmig  zu- 
sammengesetzt. 

Sie  sind  bald  mürbe  und  schieferig,  bald  hart  und  dicht,  bald 
cavernös,  oder  vielmehr  nach  Art  der  Schaumkalke  des  oberen 
Wellenkalkes  blasig.  Neben  den  Quarzkörnchen  erkennt  man 
schon  makroskopisch  Gl  immer  blättchen  eingebettet  in  ein  car- 
bonatisches  Bindemittel.  Die  Bruchflächen  dieser  Gesteine 
sind  uneben,  fühlen  sich  sehr  rauh  an  und  schimmern  des  Glimmer- 
reichthums wegen  stark.  Ihre  Farbe  ist  vorherrschend  grau  in 
das  Grüne  und  Gelbe. 

In  Chlorwasserstoffsäure  brausen  diese  Sandsteine  stark  auf 
und  verlieren  den  Zusammenhang.  Die  Lösung  enthält  Kalk- 
und  Talkerde  gleich  reichlich,  ausserdem  Thonerde  und  Eisenoxyd, 
wohl  auch  Alkalien.  Das  ungelöste  besteht  aus  Quarzbrocken 
und  Quarzstaub  und  aus  Glimmerblättchen  und  Glimmer- 
flittern. 


E.  E.  Schmid  , das  osttküringiscke  Rotk. 


125 


Nimmt,  wie  am  Jenzig  bei  Jena,  der  Glimmer  überhand  und 
tritt  dann  als  Bindemittel  neben  oder  anstatt  des  Carbonates  Kiesel- 
säure ein,  so  entstehen  mürbe  bis  feste  Gesteine  vom  Aussehen 
carbonatischer  bis  quarzitisclier  Glimmerschiefer. 

Die  Sandsteine  sind  zwar  nicht  so  versteinerungsreich,  wie 
die  Dolomite,  enthalten  aber  doch  die  Mehrzahl  der  organischen 
Formen  des  Rothes. 


VIII.  Hornstein ■ Dolomit. 

Wie  in  den  oben  erwähnten  Sandsteinen,  so  auch  in  anderen 
Rötligesteinen , tritt  die  Kieselsäure  nicht  ausschliesslich  in  der 
secundären  Form  von  Quarzbrocken  als  Gemengtheil  auf,  sondern, 
obgleich  seltener,  auch  in  der  primären  Form  von  Chalcedon 
als  Ausfüllungs-  oder  Grundmasse,  wohl  richtiger  ausgedrückt,  als 
Cäment  oder  Umschluss.  Als  solche  erzeugt  sie  mit  Dolomit 
eine  mannichfaltige,  wenn  auch  wenig  verbreitete  Reihe  von  Ueber- 
gängen  aus  Dolomit  zu  Hornstein.  Diese  Uebergänge  sind  bereits 
recht  hart  und  fest,  meist  sehr  licht. 

Als  Beispiel  dazu  wurde  ein  Vorkommen  des  oberen  Rothes 
vom  westlichen  Abhange  des  Jenzigs  bei  Jena  in  Untersuchung 
genommen.  Dasselbe  braust  mit  Chlorwasserstoffsäure  lebhaft  auf, 
löst  sich  aber  zum  kleineren  Theile  und  zerfällt  dabei  nicht  in 
feinen  Gruss.  In  der  Auflösung  findet  sich  ausser  Kalk-  und 
Talkerde  auch  Thonerde  und  andere  Bestandtheile  aufschliesslicher 
Silicate.  Da  sich  das  Gestein  leicht  dünn  schleifen  lässt,  so  giebt 
die  mikroskopische  Analyse  über  die  Natur  der  Gemengtheile  und 
ihrer  Verbindungsweise  ausreichende  Aufschlüsse.  Wie  schon  in 
den  Mergeln,  so  auch  hier  macht  sich  der  Dolomit  nicht  durch 
krystallographisch  und  optisch  ausgezeichnete  Charaktere  geltend, 
sondern  erscheint  als  eine  griesige  graubraune  Masse.  Daneben 
liegt  der  Quarz  als  ein  Aggregat  durchaus  nicht  krystallinisch  be- 
grenzter, eng  zusammenschliessender,  keilförmig  in  einander  ver- 
zinkter Stücke,  entsprechend  dem  Chalcedon.  Ausser  Dolomit 
und  Quarz  sind  mikroskopisch  Feldspathformen  zu  erkennen, 
und  als  Seltenheiten  Apatitprismen. 


126 


E.  E.  Schjiid,  das  ostthüringische  Röth. 


IX.  Hornsteine. 

Dem  Rötli  sind  mehrorts  Schichten  eines  quarzharten  Gesteins 
eingelagert,  dessen  Dichte  von  2,6  nicht  weit  abweicht,  und  welches 
von  Chlorwasserstoffsäure  nur  wenig  angegriffen  wird,  demnach  als 
II  ornstein  bezeichnet  worden  ist. 

Dieses  Gestein  steht  selbständig  entwickelt  an,  namentlich 
am  Jenzig  und  Hausberge  bei  Jena  und  am  Kugelberge  zwischen 
Gumperda  und  Eichendorf  bei  Cahla,  mit  einer  Stärke  gewöhn- 
lich nur  von  2 Centimeter,  die  jedoch  mitunter  bis  auf  10  Centi- 
meter  steigt.  An  den  genannten  Orten  beschränkt  sich  das  Vor- 
kommen  auf  eine  einzige  Schicht,  deren  Brocken  sich  aber  weit 
über  die  Flächen  und  Abhänge  ausbreiten,  weil  sie  sich  wegen 
ihrer  Härte  und  Unverwitterbarkeit  sehr  langsam  zertrümmern  und 
abreiben,  während  die  Mergel,  denen  sie  untergeordnet  sind,  den 
mechanischen  und  chemischen  Angriffen  schwachen  Widerstand 
leisten  und  leicht  fortgeführt  werden.  Aus  dieser  weiten  Verbrei- 
tung der  Trümmer  hat  man  auf  ein  häutigeres  und  mächtigeres 
Anstehen  dieser  Gesteine,  wie  auch  der  Rhizocorallium-Dolomite 
geschlossen,  als  es  nach  Maassgabe  guter  Aufschlüsse  in  der  That 
ist.  Ihre  Schichtungsflächen  sind  wellig  gebogen  und  überdies 
häufig  mit  netzförmig  zusammenstossenden  wulstigen  Hervor- 
ragungen  versehen.  Diese  Gesteine  'sind  leicht  zersprengbar,  so- 
wohl parallel  der  Schichtung,  also  concordant  schieferig,  als 
auch  quer  dagegen.  Die  Schieferungsflächen  sind  ziemlich  glatt, 
häufig  mit  Glimmerblättchen  bedeckt,  die  Querbrüche  uneben  bis 
splitterig,  glatt  bis  feinkörnig,  mitunter  von  dünnen  Gypsblättern 
überzogen.  Cavernen  von  geringem  Umfang,  meist  breitgedrückt 
nach  der  Schieferung,  kommen  häufig  vor.  Die  Farbe  dieser 
Hornsteine  ist  lichtgrau  in  das  Grüne,  Blaue,  Rothe,  Violette 
und  Gelbe ; auf  dem  Querbruche  wechseln  verschiedenfarbige, 
oder  helle  und  dunkele  Streifen ; in  Richtung  sehr  dunkeier 
und  dann  sehr  schmaler  Streifung  ist  die  Schieferung  besonders 
vollkommen.  Makroskopische  Einschlüsse  von  Glimmer  sind 
häufig,  von  Quarz,  Cölestin,  Malachit  und  Rothkupfererz 
seltener. 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringisclie  Roth. 


127 


Im  Gläskölbchen  geben  diese  Gesteine  schwach  bituminös 
riechendes  Wasser  aus. 

Vor  dem  Löthrohr  schmelzen  sie  nicht  sowohl  schwer,  sondern 
vielmehr  sie  überziehen  sich  mit  einer  dünnen,  blasigen  Schmelz- 
kruste und  geben  ein  gelbrothes  Glühlicht. 

Wasser  zieht  aus  ihrem  feinen  Pulver  gewöhnlich  etwas  Calcium- 
sulphat  und  eine  Spur  von  Chlorid  ans. 

Chlorwasserstoffsäure  erzeugt  damit  eine  bis  zur  Unbemerk- 
barkeit schwache  und  kurze  Gasentwickelung,  färbt  sich  aber  nach 
längerer  Digestion  gelb  und  hat  dann  Eisenoxyd,  Thonerde,  etwas 
Kalk-  und  Talkerde,  gewöhnlich  auch  Alkalien,  Phosphorsäure, 
mitunter  auch  Kupferoxyd  aufgenommen. 

Auch  unfühlbar  feines  Pulver  giebt  an  erwärmte  Kalilauge 
keine  Spur  von  Kieselsäure  ab. 

Als  Beispiele  recht  verschiedenartiger  Entwickelung  wurden 
zwei  Hornsteinproben,  die  eine  vom  westlichen  Abhange  des 
Jenzigs  bei  Jena,  die  andere  vom  ostnordöstlichen  Abhänge  des 
Kugelberges  zwischen  Gumperda  und  Eichenberg  bei  Cahla 
untersucht. 

Die  Grundmasse  des  Hornsteins  vom  Jenzig  ist  feinkörnig 
bis  makroskopisch  homogen,  grünlichgrau;  sie  umschliesst  kleine 
Cavernen,  späthigen  Gyps  in  Nestern  und  Lamellen,  lebhaft  grüne 
Malachitnesterchen  mit  Kernen  von  Rothkupfererz , fleischrothe 
Cölestinkörnchen,  Glimmerblättchen,  Ferritflittern  und  kaum  ma- 
kroskopisch wahrnehmbare  Quarzkörnchen.  Parallel  der  concor- 
danten  Schieferungsflächen  liegen  Ferritflittern,  auch  Glimmer- 
blättchen dicht  nebeneinander  und  erzeugen  ebensowohl  leichte 
Spaltbarkeit  in  bis  zu  1 Millimeter  dünne  Schieferblätter  parallel 
der  Schichtung,  als  scharfe,  dunkele  Streifung  der  Querbrüche. 
Die  letzten  erfolgen  besonders  leicht  in  Richtung  der  lamellaren 
Gypseinlagerungen. 

Die  Grundmasse  des  Hornsteins  vom  Kuuelberge  ist  graup-elb; 

O O O O 7 

sie  umschliesst  zahlreichere  und  grössere  Cavernen,  Glimmer-  und 
Ferritschuppen,  ist  aber  sehr  arm  an  Gyps  und  frei  von  Malachit 
und  Cölestin.  Die  Cavernen  sind  linsenförmig  oder  wenigstens 
breitgedrückt  und  in  nahe  übereinander  streichenden  Lagen  parallel 


128 


E.  E.  Schmid,  das  ostthürio gische  Roth. 


der  Schichtung  eng  zusammengedrängt.  Dadurch  wird  zugleich 
leichte  Spaltbarkeit  parallel  der  Schichtung  — concordante  Schie- 
ferung — und  grobe  Streifung  der  Querbrüche  bedingt. 

Dünnschliffe  lassen  sich  sehr  vollkommen  herstellen,  ebenso- 
wohl parallel,  als  rechtwinkelig  gegen  die  Schichtung  und  Schie- 
ferung. Der  Unterschied  zwischen  diesen  beiden  Arten  von 
Schliffen  zeigt  sich  hei  schwacher  Vergrösserung  noch  deutlich, 
verschwindet  aber  hei  mehr  als  lOOfacher  Vergrösserung  voll- 
ständig. Derselbe  beruht  hauptsächlich  auf  der  dichteren  Zu- 
sammendrängung  des  dunkelbraunen  Ferrites,  nebensächlich  auf 
der  Lage  der  Glimmerblättchen,  die  im  Parallelschliff  häufiger  als 
Tafeln,  im  Querschliff  häufiger  als  gestreifte  Leisten  erscheinen. 

Von  den  makroskopischen  Einschlüssen  erscheint  der  Gyps 
in  recht  auffälliger  Weise  als  Ausfüllung  unregelmässig  vieleckiger 
Räume,  mit  deutlicher  Spaltbarkeit,  häufiger  Polysynthese  und 
Neigung  zu  faseriger  Aggregation.  Er  ist  farblos  und  klar,  mit 
lebhaft  chromatischer  Polarisation  begabt.  Seine  Blätter  und 
Fasern  sind  häufig  gebogen,  wie  gestaucht. 

Viel  weniger  auffällig  stellt  sich  der  Malachit  dar,  zwar  mit 
Doppelbrechung  begabt  und  tief  grün  gefärbt,  aber  ohne  kry- 
stallinische  Struktur  oder  Andeutung  derselben  durch  faserige 
Aggregation.  Die  Rothkupfererzsterne  erhalten  wohl  zackige,  aber 
nicht  krystallinische  Umgrenzung  und  bleiben  opak. 

Ein  Cölestinkorn  hat  zufällig  keiner  meiner  Dünnschliffe 
dargehoten. 

Im  Uebrigen  und  namentlich  im  Bezug  auf  die  mikroskopi- 
schen Gemengtheile  unterscheiden  sich  die  beiden  Hornsteinvor- 
kommnisse nicht  wesentlich  von  einander.  Umschlossen  von 
Chalcedon  bieten  sie  ein  Gemenge  von  Feldspath  und,  wie  die 
chemische  Analyse  heraussteilen  wird,  Pseudomorphosen  nach 
Feldspath,  mit  Quarz,  Glimmer,  Ferrit,  wenig  Apatit  und  einigen 
Mikrolithen. 

Die  Feldspathe  oder  Pseudomorphosen  nach  Feld- 
spath erscheinen  in  rhombisch  tafelförmigen  oder  oblong  pris- 
matischen Stücken  (s.  Fig.  10  und  11)  bei  deren  Bildung  regel- 
mässige Spaltung  viel  wirksamer  war,  als  zufälliger  Bruch.  Die 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


129 


Spaltbarkeit  ist  durch  dunkele  Linien  und  durch  röhrenartig  in 
Richtung  der  sich  schneidenden  Blätterdurchgänge  langgestreckte 
Cavernen  angezeigt.  Bei  schwacher  Vergrösserung  haben  die 
Feldspathe  braune,  bald  weniger,  bald  mehr  dunkele  Farbe,  die 
sich  bei  stärkerer  Vergrösserung  theilweise,  aber  auch  bei  stärk- 
ster nicht  vollständig  in  Durchstäubung  auflöst.  Ihre  Doppel- 
brechung hat  die  den  Feldspathen  alter  Gesteine  gewöhnliche 
Störung  erlitten,  welche  zwischen  gekreuzten  Nikols  bei  keiner 
Stellung  vollständige  Verdunkelung  eintreten  lässt.  Trotzdem  ist 
schwache  chromatische  Polarisation  noch  vorhanden,  zeigt  aber 
nie  Polysynthese  an. 

Quarz  als  Einschluss  ist  viel  seltener,  als  Feldspath.  Sein 
Umfang  ist  selten  ganz,  mitunter  theilweise,  gewöhnlich  an  keiner 
Stelle  geradlinig.  Grössere  Cavernen,  theils  dunkel-  und  breit- 
umsäumt  und  dann  nach  innen  verwaschen,  theils  fein-,  aber  scharf- 
umrissen,  dann  gewöhnlich  mit  Libellen,  sind  in  ihm  sparsam  ver- 
theilt. Kleinste  Cavernen,  die  sich  bei  schwacher  Vergrösserung 
nur  als  schwarze  Punkte  darstellen,  in  Richtung  gewundener 
Flächen  neben  einander  angeordnet,  sind  sehr  häutig.  Mitunter 
werden  die  Quarzkörner  von  nahe  rechtwinklig  gegen  ihren  Um- 
fang gerichteten,  desshalb  häufig  concentriscli - aggregirten  Stäb- 
chen, oder  auch  dicht  zusammengedrängten  Körnchen  um- 
geben bis  umschlossen;  Stäbchen  und  Körnchen  sind  blassgelb 
gefärbt. 

Die  Glimmer  zeigen  abgesehen  von  der  Hauptspaltungs- 
fläche  keine  krystallinische  Begrenzung,  sondern  glatte,  selten  ab- 
geriebene Abbrüche,  wie  diejenigen,  welche  durch  Abschlämmen 
aus  den  Mergeln  erhalten  werden  und  bereits  beschrieben  wurden. 
Auch  hier  tritt  die  Aelmlichkeit  mit  Scherben  dünner  Glastafeln 
sehr  entschieden  hervor.  Die  Abbrüche  können  mitunter  erst 
während  der  Bildung  oder  Erstarrung  des  Gesteins  eingetreten 
sein,  wie  daraus  hervorgeht,  dass  man  die  Bruchstücke  nur  wenig 
aus  einander  gerückt  übersieht,  wie  es  der  in  Fig.  9 dargestellte, 
allerdings  nur  einmal  beobachtete  Fall  zeigt.  Die  Glimmerblätter 
sind  nicht  immer  eben,  sondern  mitunter  auch  so  gebogen,  wie 
es  die  in  Fig.  8 dargestellten,  quer  gegen  die  Hauptspaltungs- 


9 


130 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


richtung  durchschnittenen  Blätter  zeigen,  d.  h.  wie  gestaucht. 
Mit  der  Biegung  verbindet  sich  häufig  Aufblätterung,  noch  auf- 
fallender, als  die  in  Fig.  8 dargestellte.  Parallel  der  Haupt- 
spaltungsrichtung finden  sich  mitunter  — jedoch  selten  — Ein- 
lagerungen, die  bei  schwacher  Vergrösserung  als  feine,  schwarze 
Linien  erscheinen,  sich  aber  bei  starker  Vergrösserung  als  schwarz  - 
umrissene  Leisten  darstellen  (Fig.  2).  Diese  legen  sich  büschelig, 
ohne  bestimmte  Richtung  zusammen.  Ihre  Farbe  und  ihr  optisches 
Verhalten  stimmt,  abgesehen  von  unwesentlichen  Brechungs-  und 
Spiegelungserscheinungen , die  von  den  Seitenrändern  ausgehen, 
mit  der  umgebenden  Glimmersubstanz  überein.  Die  Glimmer 
sind  farblos  und  farbig,  gelb  bis  braun,  zeisiggrau  bis  grasgrün; 
die  farbigen  Glimmer  sind  mit  dem  gewöhnlichen  Dichroismus 
begabt.  Die  Glimmer , namentlich  die  farbigen  sind  häufig 
von  Ferrit  uriilagert  und  imprägnirt,  bis  zur  vollständigen  Er- 
setzung. 

Gelbbrauner,  rothbrauner,  schwarzbrauner  bis  opaker  Ferrit 
in  feinem  Staubtheileken  bis  zu  groben  Flocken,  Fetzen  und 
Körnern  ist  durch  das  Gestein  ziemlich  gleichmässig  verbreitet. 
Nur  selten  nimmt  er  Stabform  an  und  neigt  sich  zu  margariti- 

O Ö 

schein  Zerfall. 

Apatit  in  seinen  gewöhnlichen  kurzprismatischen  rundlich 
endenden  Formen  ist  zwar  im  Ganzen  selten,  im  Einzelnen  aber, 
d.  h.  an  besonderen,  wie  an  der  in  Fig.  12  dargestellten,  Stellen 
liegen  mehrere  grössere  und  kleinere,  tlieils  zwischen  den  Feld- 
spathen,  theils  im  Umschluss;  auch  die  Quarzbrocken  scliliessen 
ihn  häufig  ein. 

Ausser  den  Mikrolithen,  von  deren  strahligen  und  körnigen 
Aggregaten  die  Quarze  umschlossen  sind,  finden  sich  noch  andere 
durch  die  Gesteinsmasse  verstreut,  ohne  gerade  zu  ihren  Eigen- 
thümlichkeiten  zu  gehören. 

Das  Cäment,  oder  der  Umschluss  dieser  Gemeintheile  besteht 
aus  einer  zwischen  Nikols  buntscheckig  gefärbten  Quarzmasse, 
dereu  krystallinische , einheitlich  orientirte  Theilclien  jedoch  recht 
klein  sind  und  sowohl  unter  sich,  als  mit  den  Einschlüssen  in 
innigster  Berührung  stehen.  Man  kann  sich  nicht  wohl  denken, 


E.  E.  Schmid,  das  osttlnmngisclie  Roth. 


131 


dass  eine  solche  durch  mechanische  Zusammendrückung  bewirkt 
worden  sei;  wohl  aber  erklärt  sich  dieselbe  leicht  durch  die 
Annahme  der  Ausscheidung  aus  einer  Flüssigkeit,  die  alle 
Zwischenräume  erfüllt  hatte.  Die  gegenseitige  Abgrenzung  der 
einzelnen  Individuen  ist  so  viel  gestaltig  und  ordnungslos,  wie  bei 
der  Mehrzahl  der  Chalcedone.  Auch  die  traubigen  bis  Gallert- 
und  Gummiähnlichen,  für  den  Chalcedon,  als  selbständiges 
Mineral , charakteristischen  Formen  stellen  sich  häufig  ein,  als 
Auskleidungen  der  kleineren  und  grösseren  Cavernen. 

Die  chemischen  Analysen  der  Hornsteinproben  vom  Jenzig 
bei  Jena  und  vom  Kugelberg  bei  Cahla  hat  zu  den  in  nachstehenden 
Tabellen  unter  No.  7 und  8 angegebenen  Resultaten  geführt.  Zur 
Vereinfachung  der  Berechnung  waren  die  Pulver  vorher  mit 
Wasser  ausgelaugt  worden.  Dabei  hatte  die  Probe  vom  Jenzig 
4,27  % an  Gyps  mit  einer  Spur  Chlorid  verloren,  diejenige  vom 
Kugelberge  nur  eine  Spur  Gyps.  Ein  geringer  Gehalt  (0,22  °/o) 
an  Malachit  in  der  ersten  Probe,  eine  Spur  Carbonate  in  der 
zweiten  blieb  unberücksichtigt.  Auch  eine  kleine  Menge  von 

Eisenoxydul  — 0,34  °/o  — die  sich  in  dem  chlorwasserstoff- 
sauren Auszug  der  Kugelbergprobe  vorfand,  ist  ausser  Acht 
gelassen. 

Schon  die  Gesammtanalysen  erlauben  nicht  mehr,  diese  Horn- 
steine als  amorphe  Formen  der  Kieselsäure  allein  zu  betrachten, 
da  sie  nur  zu  vier  Fünftheilen  daraus  bestehen,  noch  weniger 
erlauben  es  die  Partialanalysen  in  vollkommenster  Ueberein- 
stimmung  mit  den  mikroskopischen  Analysen.  Allerdings  beträgt 
der  in  Chlorwasserstoffsäure  aufschliessliche  Theil  sehr  wenig, 
gestattet  aber  doch  eine  gut  abschliessende  Berechnung.  Hat  man 
nämlich  Phosphorsäure  auf  Apatit  berechnet  und  zu  ihr  die  er- 
forderliche Menge  von  Kalkerde  hinzugefügt,  so  bleibt  nur  noch 
so  wenig  von  der  letzteren  übrig,  dass  man  es  vernachlässigen  kann. 
Scheidet  man  ferner  das  Eisenoxyd  als  Ferrit  ab,  so  stehen  die 
noch  übrigen  Bestandtheile  in  Verhältnissen,  welche  Gemengen 
von  Glimmer  und  Kaolin  entsprechen.  Berechnet  man  die  Alkalien 
des  in  Chlorwasserstoffsäure  nicht  aufschliessli  dien  Theiles  von 
Hornstein  des  Jenzigs  auf  trisilicatische  Feldspathe,  so  betragen 

9* 


132 


E.  E.  Schmid  , das  osttliiiringisclie  Roth. 


diese  26,8  °/o  und  bleiben  ausser  geringen  Mengen  von  Talkerde, 
Thonerde  und  Wasser,  noch  56,4  °/o  Kieselsäure;  die  ersten  hat 
man  sich  füglich  mit  etwas  von  der  letzten  zu  Kaolin  und  Glimmer 
vereinigt  zu  denken,  die  zweite  zumeist  als  freie  Quarz-Kieselsäure 
in  Anspruch  zu  nehmen.  Der  nicht  aufschliessliche  Theil  des 
Hornsteins  vom  Kugelberge  ist  nach  sorgfältiger  und  wiederholter 
Prüfung  Alkali -frei;  von  Feldspath  als  Gemengtheil  kann  nicht 
die  Rede  sein,  wohl  aber  von  Kaolin  und  daneben  von  einer 
ansehnlichen  Menge  Quarz;  das  Mengungsverhältniss  lässt  sich 
jedoch  bei  der  Unbestimmtheit  der  Zusammensetzung  des  Kaolins 
kaum  annäherungsweise  auf  Zahlen  bringen.  Die  schwächere 
Trübung  der  Feldspathformen  im  Hornstein  des  Jenzigs,  die 
stärkere  derselben  im  Hornsteine  des  Kugelberges  ist  dennoch  von 
nicht  geringem  Belange.  Die  ersten  sind  echte  Krystalle,  die 
zweite  Pseudomorphosen. 

Es  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  beide  Hornsteine  ebenso  viele 
Analogien  zu  Phorphyrtufien  darbieten,  als  zu  gewöhnlichen  Sedi- 
menten. 

Der  Hornstein  vom  Hausberge  bei  Jena  steht  dem  soeben 
eingehend  betrachteten  vom  Jenzig  so  nahe,  dass  er  nicht  mehr 
von  ihm  verschieden  ist,  als  verschiedene  Proben  derselben  Fund- 
stätte von  einander.  Beide  Fundstätten  gehören  entschieden  dem- 
selben geologischen  Horizonte  und  höchst  wahrscheinlich  einer 
ursprünglich  zusammenhängenden , erst  durch  die  Erosion  des 
zwischen  Jenzig  und  Hausberg  gelegenen  Geinbde- Thaies  von 

o o o o 

einander  getrennten  Einlagerung  an. 


Tabelle  I. 

G esammtanalysen. 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


133 


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E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  *Röth. 


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Ausgeführt  von:  Dr.  Prauss-  Dr.  Popp  Dr.  Prauss-  Dr.Popp  Dr.  Popp  Dr.  Prauss-  Dr.  Popp  Dr.  Prauss- 

nitz  nitz  nitz  nitz 


E.  E.  Schmid  , das  osttlniringische  Rötli. 


135 


Gyps. 

Gypsgesteine  nehmen  sehr  massenhaft  Theil  an  der  Bildung 
des  Rothes.  Sie  bestehen  theils  aus  Gyps  für  sich  ganz  allein, 
oder  doch  nur  mit  accessorischen  Spuren  anderer  Gemengtheile  — 
reine  Gypse  — theils  aus  Gemengen  von  Gyps  mit  thonigen 
Silicaten  und  dolomitischen  Carbonaten  oder  Mergel , zu  denen 
Ferrite  und  Quarz  accessorisch  hinzutreten  — Gyps m ergeh  — 
Sie  treten  ebensowohl  in  mächtigen  Schichtenfolgen,  als  auch  in 
untergeordneten  einzelnen  Schichten  und  als  Ausfüllungsmassen 
von  Klüften  auf. 


X.  Reiner  Gyps. 

Die  reinen  Gypse  sind  theils  kurz-  und  schmalspäthig, 
schuppig  bis  grobkörnig  entwickelt,  theils  faserig,  theils  bestehen 
sie  aus  einem  weissen  bis  grauen,  feinkörnigen,  bis  makroskopisch 
dichten  Umschlusse,  und  grauen  bis  braunen,  breitspäthigen,  zwar 
nicht  krystallinisch  umgrenzten,  aber  krystallinisch  einheitlichen 
bis  rosettenförmig  aggregirten  Einschlüssen.  Diese  letzten  Gesteine 
sind  für  das  thüringische  Röth  besonders  charakteristisch.  Sie 
gewinnen  häufig  ein  porphyrartiges  Aussehen,  welches  durch 
Schliff'  und  Politur  sehr  gehoben  wird;  man  hat  sie  desslialb  vor- 
dem zur  architektonischen  Ornamentik  im  Innern  der  Gebäude  be- 
nutzt. Die  schuppigen,  grobkörnigen  und  porphyrartigen  Gypse 
sind  meist  dickbänkig  und  stets  compact  d.  h.  ohne  jede  Spur  von 
sedimentärer  Struktur  und  concordantschieferigem  Gefüge.  Auch 
Cavernen  gehören  zu  den  Seltenheiten;  wenn  sie  gelegentlich  in 
Gypsbrüchen,  z.  B.  denen  unterhalb  Ziegenhain  bei  Jena  Vor- 
kommen, sind  sie  mit  drüsig  aggregirten  linsenförmigen  Gyps- 
krystallen  ausgekleidet. 

Den  grobkörnigen  Gypsen  ist  mitunter  Dolomit  oder  auch 
dolomitischer  Mergel  in  feinster  Vertheilung  eingestreut,  welche 
beim  Einlegen  in  Chlorwasserstoffsäure  schwache,  aber  sehr  lang 
andauernde  Gasentwickelung  und  bei  der  Verwitterung  die  Bildung 
von  Bittersalz  und  dessen  Ausblühung  an  freien  Felsenwänden 
veranlassen  (s.  oben  unter  Bittersalz). 


136 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


Durch  stärkere  Einstreuung  von  dolomitischen  Carbonaten  und 
thonigen  Silicaten  und  Ferriten  entsteht  eine  Mannichfaltigkeit 
verschieden  harter,  verschieden  farbiger  und  verschiedenartig  der 
Verwitterung  und  Erosion  widerstehender  Gesteine,  durch  welche 
ein  Uebergang  aus  dem  reinen  in  den  Gypsmergel  vermittelt  wird. 

In  den  Gypsflötzen  herrscht  porphyrartiger,  grobkörniger 
und  schuppiger  Gyps  vor. 

Den  Mergeln  untergeordnete,  einzelne  Gypsschichten  sind 
theils  schuppig,  theils  faserig.  Jedoch  springen  die  faserigen  Gyps- 
schichten nicht  selten  aus  einem  niederen  in  einen  höheren  Hori- 
zont über  und  bekunden  dadurch  eine  spätere  Einführung  in  die 
schon  abgesetzten  Röthgesteine. 

Dadurch  werden  die  einzelnen,  untergeordneten  Gypsschichten 
mit  den  Ausfüllungsmassen  der  Schwindungsklüfte,  die  das  Röth 
durchsetzen,  in  Verbindung  gebracht.  Diese  bestehen  fast  aus- 
schliesslich aus  faserigem  Gyps,  der  ganz  frei  ist  von  Accessorien, 
jedoch  mitunter  Röthbrocken  umschliesst. 

In  den  reinen  Gypsen  sind  keine  organischen  Ueberreste  ge- 
funden worden,  mit  Ausnahme  eines  von  Zenker  Q wohl  litholo- 
gisch und  paläontologisch  genan  beschrieben,  aber  nicht  ebenso 
topographisch  genau  bezeichneten,  wahrscheinlich  in  der  Umgehung 
der  Teufelslöcher  hei  Jena  aufgefundenen  Falles  der  Erfüllung 
späthigen  Gypses  mit  calcinirten  Schalen  von  Myophoria  costata 
und  Mytilus  arenararius  Zenker  — welcher  letzte  Name  auf  Mo- 
cliola  triquetra  v.  Seeb.  zu  beziehen  sein  dürfte  — und  von  kleinen 
Schnecken,  die  wahrscheinlich  zu  Natica  gehören,  auch  wohl  Oolith- 
körnchen.  »Das  Aussehen  des  Gesteins«,  sagt  Zenker,  »lässt  sich 
mit  einem  Zuckerguss  vergleichen.« 

XI.  Gypsmergel. 

Durch  reichlichere  Beimengung  von  dolomitischem  Carbonat 
und  thonigem  Silicat,  häufig  auch  Ferrit  und  Quarzkörnchen  zu 
Gyps  entstehen  Gypsmergel.  Obgleich  manche  von  ihnen  noch 
deutlich  spaltbar  sind  nach  den  Blätterdurchgängen  des  Gypses, 


*)  Zenker,  Hist.-topograph.  Taschenbuch  v.  Jena,  S.  199. 


E.  E.  Schmid,  das  ostthiiringische  Roth. 


137 


so  tragen  doch  die  meisten  die  Kennzeichen  des  sedimentären  Ab- 
satzes kleinster  Theilchen  an  sich  und  werden  locker. 

Die  Gypsmergel  sind  in  meist  dünnen  und  concordant  schief- 
rigen Schichten  den  übrigen  Röthgesteinen  und  auch  den  Gyps- 
flötzen  untergeordnet. 

Organische  Reste  aus  ihnen  liegen  nicht  vor. 

Schluss. 

Die  Gesteine,  welche  das  Röth  zusammensetzen,  sind  mit  Aus- 
nahme der  Gypse  dieselben,  welche  den  mittleren  und  unteren 
Buntsandstein  bilden;  sie  stehen  aber  in  einem  durchaus  anderen 
Verhältnisse  zu  einander.  Im  ersten  walten  die  Mergel  vor,  in 
den  letzten  die  Sandsteine,  im  ersten  treten  Dolomite  ganz  selb- 
ständig auf,  in  den  letzten  ganz  untergeordnet. 


Die  organischen  Ueberreste  des  ostihüringischen  Röth. 

Die  organischen  Ueberreste  im  Röth  sind  nicht  zahlreich,  aber 
doch  mannichfaltig  und  deshalb  interessant,  weil  sie,  als  unmittel- 
bare Vorgänger,  zur  Entwickelung  der  Muschelkalk -Fauna  und 
-Flora  wesentliche  Beiträge  in  Erwartung  stellen. 

Nicht  alle  Gesteine  des  Röth  enthalten  Versteinerungen;  die 
grosse  Mehrzahl  der  letzteren  findet  sich  in  den  Dolomiten,  einige 
werden  von  den  Sandsteinen  eingeschlossen,  sehr  wenige  von  den 
Gypsen. 

1)  Ueber  die  Saurierreste  hat  Zenker1)  in  seinen  1836 
erschienenen  Beiträgen  zur  Naturgeschichte  der  Urwelt  Einiges 
berichtet.  Das  Material  zu  diesem  Berichte  hatte  er  einem  Sand- 
steinbruche am  westlichen  Abhänge  des  Jenzigs  bei  Jena  entnom- 
men,  der  jedenfalls  nur  kurze  Zeit  betrieben  worden  und  dessen 
Stelle  schon  im  Jahre  1844  nicht  mehr  aufzufinden  war.  Ich  habe 


x)  Zenker,  Historisch-topographisches  Taschenbuch  von  Jena,  S.  205,  237. 


138 


E.  E.  Schmid  , das  ostthürin gische  Röth. 


dasselbe  in  Zenker’ s Nachlass,  der  leider  sehr  zerstreut  worden 
ist,  noch  gesehen  und  mich  von  der  grossen  Aehnlichkeit  des- 
selben und  demjenigen,  welches  ich1)  aus  den  den  untersten  ebenen 
Kalkschiefern,  dem  untersten  Gliede  des  Muschelkalks,  zugehörigen 
Cölöstingruben  von  Wogau  bei  Jena  bezogen  hatte,  überzeugen 
können. 

Ich  habe  noch  für  die  Ueberführung  desselben  in  die  Samm- 
lung des  Grafen  Münster  in  Bayreuth  Sorge  getragen,  mit  welcher 
es  wahrscheinlich  nach  München  gekommen  sein  wird.  Die  Zahl 
der  Stücke  war  nicht  gering  und  ihr  Erhaltungszustand  ausge- 
zeichnet. Auf  mehreren  Sandsteinplatten  lagen  sie  dicht  neben 
einander.  Ihre  Grösse  stand  unter  dei’jenigen  der  Wogauer  Vor- 
kommnisse. Mir  ist  kein  derartiger  Fund  wieder  vorgekommen, 
obgleich  die  Sandsteinbank,  auf  welche  sich  kaum  zweifelhaft 
der  Steinbruch  bezogen  hat,  breit  ansteht  und  von  mir  häutig  und 
sorgfältig  durchsucht  worden  ist.  Der  Zenker  sehe  Name2)  Saurier- 
sandstein gehört  demnach  zu  den  Reminiscenzen. 

2)  Fischreste  sind  weiter  verbreitet  als  Saurierreste,  nament- 
lich auch  über  die  Dolomite.  Die  meisten  sind  Schuppen  mit 
glänzender,  brauner,  wulstig  gestreifter  Emailfläche,  wie  sie 
Agassiz  zu  der  Gattung  Gyrolepis  stellt;  Knöchelchen,  gewöhnlich 
zerbrochene,  sind  nicht  viel  seltener;  Zähnchen  treten  dagegen 
zurück  und  bieten  weniger  sicher  bestimmbare  Erhaltungszustände. 
So  erklärt  es  sich,  warum  diese  Fischreste  eine  zusammenfassende 
Beschreibung  noch  nicht  gefunden  haben. 

Der  einzige  Cephalopodenrest  des  ostthüringischen  Röth  ist: 

3)  Goniatites  tenuis  v.  Seeb.  Er  wurde  nach  einem  Bruchstücke 
charakterisirt,  welches  v.  Seebach3)  selbst  bei  Gross -Kochberg, 
nahe  Rudolstadt,  nach  seiner  Angabe,  in  einem  auf  Röth  auf- 
liegenden, aber  nicht  anstehenden,  sondern  von  einer  höher  aus- 
streiclienden,  aber  wohl  immer  noch  dem  Röth  zugehörigen  Car- 
bonatbank abgebrochenen  »Kalkblock«  zugleich  mit  » Myophoria 

1)  Schmid  und  Schleiden,  die  geognostischen  Verhältnisse  des  Saalthaies 
bei  Jena,  5,  20  und  35. 

2)  Zenker,  Historisch-topographisches  Taschenbuch  von  Jena,  S.  205. 

3)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  13,  S.  24,  Jahrg.  1861. 


E.  E.  Schmid,  das  osttliiirin gisclie  Rötli. 


139 


Goldfussi « gefunden.  Ist  das  nicht  zu  bezweifeln,  so  ist  wohl 
zunächst  der  Name  M.  Goldfussi  v.  Alb.  durch  M.  fallax  v.  Seeb. 
zu  ersetzen  und  vor  diesem  letzten  hat,  wie  sogleich  gezeigt  werden 
wird,  der  Name  M.  costata  Zenk.  sp.  den  Vorzug  der  Priorität 
voraus,  und  dürfte  zugleich  der  Gerölleblock  nicht  sowohl  ein 
Kalkblock,  als  vielmehr  ein  Dolomitblock  gewesen  sein.  Eine 
Abbildung  dieses  Fundes  gab  v.  Seebach  in  seiner  Abhandlung 
über  die  Conchylienfauna  der  Weim arischen  Trias1 2).  Später  wurde 
dieselbe  Form  von  Speyer3)  als  ein  Vorkommniss  der  Röthdolomite 
vom  Katzenbergre  bei  Nebra  a.  d.  U.  aufareführt. 

Die  Gasteropoden  sind  durch  drei  Arten  des  Geschlechtes 
Natica  vertreten,  nämlich: 

4)  Natica  gregaria  v.  Schl.  sp.  und 

5)  Natica  Gaillardoh  v.  Schl.  sp. 

Beide  Arten  fand  Speyer3)  im  Dolomite  des  Katzenberges 
bei  Nebra. 

6)  Natica  sp.  Eine  dritte  Art,  kaum  von  der  Grösse  einer  ge- 
wöhnlichen Farnkrautkapsel,  fand  Zenker4)  sehr  zahlreich  in  der 
Conchylienbreccie  des  Gypses,  wahrscheinlich  der  Teufelslöcher 
bei  Jena  (s.  oben).  Die  von  Zenker  gegebene  Beschreibung 
könnte  jedoch  auch  auf  Oolithkörnchen  bezogen  werden. 

Zahlreicher  sind  die  Pelecypoden  vertreten: 

7)  Corbula  sp.  Eine  thonige  Dolomitbank,  welche  dem 
oberen  Rötli  am  westlichen  Abhange  des  Jenzigs  untergeordnet 
ist,  wimmelt  von  Abdrücken  einer  kleinen  Muschel  von  6—7  Milli- 
meter Länge  und  5 — 6 Millimeter  Höhe;  der  Wirbel  derselben 
ist  der  Vorderseite  genähert,  ihr  Umfang  ist  abgerundet-dreieckig. 
Das  Schloss  hat  nach  vorne  und  nach  hinten  je  eine  scharf  ausge- 
prägte Leiste  und  dazwischen  einen  stumpfen  Zahn;  Muskel-  und 
Manteleindrücke  sind  nicht  wahrnehmbar,  Zuwachsstreifung  sehr 
deutlich.  Die  Schale  ist  stets  resorbirt,  war  aber  sehr  dünn. 


x)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bel.  13,  S.  650,  Taf.  XV,  Fig.  11  (1861). 

2)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  29,  S.  205  (1877). 

3)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  29,  S.  205  (1877). 

4)  Zenker,  Historisch-topographisches  Taschenbuch  von  Jena,  S.  200. 


140 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


Diese  Muschel  ist  jedenfalls  neu,  aber  nicht  exact  bestimmbar. 
Ihre  Unterordnung  unter  Corbula  dürfte  wahrscheinlich  sein. 

8)  Myophoria  costata  Zenk  sp.  Diese  wichtige  Art  wurde 
zuerst  von  Zenker  *■)  als  Donax  costata  beschrieben  und  abge- 
bildet und  etwas  später 1  2)  als  der  den  Grenzdolomiten  des  Keupers 
eigenthümlichen  Trigonia  Goldfussi  v.  Ziet  für  sehr  ähnlich  be- 
zeichnet. v.  Seebach3)  irrt,  indem  er  den  Namen  Donax  costata 
als  den  von  Zenker  ursprünglich  auf  das  Keupervorkommniss 
bezogenen  ansah  und  deshalb  der  ähnlichen  Röthmyophorie  den 
neuen  Namen  Myophoria  fallax  beilegen  zu  müssen  glaubte.  Diese 
Art  ist  bekanntlich  nicht  nur  die  eigentliche  Leitform  für  das 
thüringische  Röth , sondern  für  den  oberen  Bnntsandstein  der 
europäischen  Trias  überhaupt.  In  den  Dolomiten  des  thüringischen 
Röth  ist  sie  überall  häufig,  aber  auch  in  den  Sandsteinen  desselben 
findet  sie  sich  und  selbst  den  Gypsen  fehlt  sie  nicht  ganz. 

9)  Myophoria  elongata  Gieb.  sp.  Auf  diese  von  Giebel  4) 
an  der  oberen  Grenze  des  unteren  Muschelkalkes  (Schaumkalk) 
bei  Lieskau  nahe  Halle  a.  S.  aufgefundene,  beschriebene  und  abge- 
bildete Form  bezog  v.  Seebach  5)  Vorkommnisse  ans  dem  Röth 
der  Umgebung  von  Weimar.  Dieselbe  findet  sich  sehr  häufig 
und  wohlerhalten  in  einer  Conchylienbreccie,  welche  sich  an  den 
oberen  Rhizocorallium  - Dolomit  (s.  weiter  unten)  des  westlichen 
Abhanges  vom  Hausberge  bei  Jena  anschliesst. 

10)  Myophoria  laevigata  v.  Sciil.  sp.  fand  Speyer6)  in  einer 
mächtigen  Dolomitbank  des  Röth  am  Katzenberge  bei  Nebra. 

11)  Myophoria  vulgaris  v.  Schl.  sp.  fand  v.  Seebach7) 
im  Röth  der  Umgebung  Weimars,  Speyer8)  in  schon  unter 


1)  Zenker,  Beiträge  zur  Naturgeschichte  der  Urwelt,  S.  55,  Taf.  VI,  Fig.  A 
(1836). 

2)  Zenker,  Hist.-topogr.  Taschenbuch  v.  Jena,  S.  226  ( 1836). 

3)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  13,  S.  600,  Taf.  XIV,  Fig.  10  (1861). 

4)  Giebel,  die  Versteinerungen  im  Muschelkalk  von  Lieskau  bei  Halle,  S.  42, 
Taf.  5,  Fig.  3. 

5)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  13,  S.  616,  Taf.  XIV,  Fig.  13  (1861). 

6)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  29,  S.  205. 

7)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  13,  S.  613. 

8)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  29,  S.  205. 


E.  E.  Schmid,  das  osttliüringische  Roth.  141 

10)  erwähnten  Dolomitbank  des  Rötlis  am  Katzenberge  bei 
Nebra. 

1 2)  Myophoria  orbicularis  Br.  fand  Speyer  *)  mit  der  vorigen 
zusammen. 

13)  Cucullaea  nuculiformis  Zenk.  begleitet  häufig  die  Myo- 
phoria costata  in  den  Dolomiten  namentlich  am  westlichen  Ab- 
hange des  Hausberges  bei  Jena.  Zenker *  2)  gab  nur  eine  kurze 
Beschreibung  von  ihr,  ich3)  eine  Abbildung  davon.  Nach  einer 
brieflichen  Mittheilung:  v.  Seebach’s  ist  sie  zu  Protocardium  zu 
stellen. 

14)  Modiola  triquetra  v.  Seeb.  Diese  durch  v.  Seebacii4) 
aus  dem  Röth  der  Umgebung  Weimars  bekannt  gewordene  Form, 
findet  sich  von  recht  verschiedener  Grösse  und  nicht  immer  ganz 
gleichem  Habitus  in  den  Dolomitbänken  des  Röth  an  den  west- 
lichen Abhängen  des  Hausberges  und  des  Jenzigs  bei  Jena,  ferner 
recht  zahlreich,  eine  Dolomitbank  fast  erfüllend,  in  kleinen  dicht 
an  einander  gedrängten,  fest  mit  Gesteinsmasse  verbundenen 
Exemplaren  bei  Pölitz  nahe  Stössen. 

15)  Gervillia  socialis  v.  Schl.  sp.  Diese  horizontal,  wie 
vertical  weit  durch  die  Trias  verbreitete  Form  ist  von  mir,  v.  See- 
bach 5)  und  Speyer  6)  auch  im  Röth  reichlich  aufgefunden  worden. 
Namentlich  ist  es  eine  ungewöhnlich  grosse,  aber  sehr  dünnschalige 
Varietät,  deren  Abdrücke  — die  Schale  ist  ohne  Ausnahme 
resorbirt  — in  einer  der  unteren  Grenze  des  Röth  sehr  nahe  an- 
genälirten  Dolomitbank  bei  Gross-  und  Klein -Bockedra  zwischen 
Jena  und  Calila  gesellig  auftreten. 

16)  Gervillia  costata  v.  Schl,  sp.,  welche  bereits  von  v.  See- 
bach 7)  als  ein  Vorkonnnniss  des  Röths  bei  Weimar  aufgeführt 


*)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  29,  S.  205. 

2)  Zenker,  Hist.-topogr.  Taschenbuch  v.  Jena,  S.  227. 

3)  Schmid  und  Schleiden,  die  geologisch.  Verhältnisse  des  Saalthaies  bei  Jena. 
Taf.  IV,  Fig.  3. 

4)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  13,  S.  599. 

5)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  13,  S.  589. 

6)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  29,  S.  205. 

7)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  13,  S.  591. 


142 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringisehe  Rötli. 


wurde,  findet  sich  auch,  obwohl  seltener  in  den  Dolomitbänken 
des  Röths  vom  Jenzig  und  Hausberge  bei  Jena. 

17)  Pecten  Älbertii  Goldf.  ist  nicht  nur  in  den  Dolomiten, 
sondern  auch  in  den  Sandsteinen  des  Rötli  bei  Jena,  Weimar1) 
und  Nebra2),  zwar  nicht  häufig,  aber  doch  sehr  wohl  erhalten 
gefunden  worden.  Will  man  Giebel’s3),  von  v.  Seebach  aufge- 
nommene Unterscheidung  zwischen  P.  Älbertii  und  P.  tenuistriatus 
aufrecht  erhalten,  so  dürften  die  Schalen  des  ostthüringischen 
Röths  alle  zu  P.  inaequistriatus  gehören.  Von  einer  Gabelung 
der  Radialrippen  sieht  man  nämlich  nichts,  wohl  aber  schalten 
sich  neue , zuerst  schmale , niedrige  Rippen  zwischen  die  alten 
breiteren,  stärkeren  ein;  eine  gewisse  Unregelmässigkeit  lässt  sich 
ebenfalls  nicht  verkennen. 

Die  Brachiopoden  sind  sehr  spärlich  vertreten. 

18)  Discina  sp.  Nahe  kreisrunde  Schalen  von  7- — 10  Milli- 
meter Durchmesser  mit  einer  excentrisch  erhabenen  Spitze,  um 
welche  herum  scharf  hervorragende  Zuwachsstreifen  ziehen,  gelb- 
lich weiss,  schwach  hornartig  glänzend,  gehören  ebenso  bestimmt 
zu  dem  Formenkreis  der  Orbicula  discoides  v.  Schl.  , wie  so 
Manches  von  dem  was  Quenstedt  4)  dazu  stellt;  dieselben  sind 
deutlich  niedergedrückt,  verbogen  oder  gebrochen,  sie  fanden  sich 
nur  einmal  im  Dolomit  einer  knapp  über  der  unteren  Grenze  dem 
Rötli  eingelagerten  Dolomitbank  bei  Gross-  und  Klein -Bockedra, 
zwischen  Jena  und  Calila. 

19)  Lingula  sp.  Eine  ovale  Schale  von  ellipsoidischem  Um- 
riss, 16  Millimeter  im  längsten,  7 Millimeter  im  kürzesten  Durch- 
messer haltend,  mit  deutlichen  Zuwachsstreifen,  bräunlichgelb, 
hornartig  glänzend,  fand  sich  in  derselben  untersten  Dolomitbank 
des  Röths  bei  Gross-  und  Klein  - Bockedra , wie  die  vorige.  Sie 
steht  jedenfalls  der  Lingula  tenuissima  Br.  sehr  nahe,  wohl  ebenso 


x)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  13,  S.  573. 

2)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  29,  S.  205. 

3)  Giebel,  die  Versteinerungen  im  Muschelkalk  von  Lieskau  bei  Halle,  p.  21. 

4)  Quenstedt,  Brachiopoden,  S.  644,  Taf.  60,  Fig.  117. 


E.  E.  Sciimid  , das  ostthüringische  Roth. 


143 


nahe,  wie  L.  calcarea  Zenk. * 2 3  4)  und  L.  kenperea  Zenk.  2),  welche 
von  Bronn  3)  wieder  mit  L.  tenuissima  vereinigt  wurden. 

20)  Rhizocorallium  jenense  Zenk.  wurde  kurz  aber  treffend 
von  Zenker4)  beschrieben  und  von  mir5)  abgebildet.  »Es  er- 
leidet keinen  Zweifel«  — äusserte  sich  Zenker  — »dass  dies 
problematische  Fossil  einen  organischen  Ursprung  hat.  Wahr- 
scheinlich gehört  es  zu  den  Spongien , oder  vielmehr  zu  den 
eigentlichen  Corallen,  vielleicht  zu  den  Rindencorallen.«  Bronn6) 
wies  ihm  bestimmt  seine  Stelle  unter  den  Seeschwämmen  an, 
Zittel  7)  noch  bestimmter  unter  den  Geraospongien.  Zu  den  ge- 
wöhnlichen Schlingen-  und  Walzenformen  treten  mitunter  auch 
gerade  und  flache  hinzu.  Struktur  habe  ich  weder  durch  Aetzung 
mit  Säuren,  noch  durch  Dünnschliff  wahrnehmbar  machen  gekonnt. 
Uebrigens  ist  dieses  eigenartige  Gebilde  auf  der  unteren  Schicht- 
fläche nicht  nur  eines,  sondern  mehrerer,  aber  nicht  aller  Röth- 
dolomite  zu  finden.  Dasselbe  breitet  sich  zunächst  über  den 
weiten  Kaum  der  Umgebung  Jena’s  zwischen  Freiburg  a.  U., 
Bürgel  und  Rudolstadt  aus;  seine  Ausbreitung  ist  aber  durch  die 
Bearbeiter  der  neuen  geologischen  Specialkarte  des  Königreichs 
Preussen  und  der  thüringischen  Staaten  bereits  über  einen  noch 
viel  weiteren  Raum  nachgewiesen;  namentlich  wird  sein  Vor- 
kommen erwähnt  von  Giebelhausen  in  den  Erläuterungen  zu  dem 
Blatte  Gross -Keula,  von  Laspeyres  zu  dem  Blatte  Peters- 
berg, von  v.  Seebacii  zu  den  Blättern  Bleicheroda  und  Nieder- 
Orsclila. 

21)  Pflanzliche  Ueberreste  fehlten  dem  Röth  bis  vor 
Kurzem  ganz  und  beschränken  sich  auch  jetzt  noch  auf  einen 


J)  Leonhard  v.  Bronn,  Jahrb.  f.  Min.  1834,  S.  394. 

2)  Ebend.  S.  390. 

3)  Bronn,  Letliaea  geognostica , dritte  Aufl.,  Bd.  II,  S.  51. 

4)  Zenker,  Hist.-topogr.  Taschenbuch  v.  Jena,  S.  202  und  219. 

5)  Schmid  und  Schleiden,  die  geognost.  Yerhältn.  des  Saalthaies  bei  Jena, 
S.  45,  Taf.  N.,  Fig.  9. 

6)  Bronn,  Lethaea  geognostica , dritte  Aufl.,  Bd.  III,  S.  44. 

7)  Zittel,  Handbuch  der  Palaeontologie,  Bd.  I.,  S.  143. 


144 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Röth. 


einzigen  Fund  in  demjenigen  tlionigen  Dolomit,  der  nach  der  von 
ihm  eingeschlossenen  Corbula  sp.  (s.  oben)  als  Corbuladolomit 
bezeichnet  werden  kann.  Dieser  Fund  besteht  in  einem  flach- 
gedrückten Stengelstück  von  2 Centimeter  Breite  und  10  Centi- 
meter  Länge ; in  den  Hohlräumen  zwischen  der  inneren  Ausfüllung 
und  der  äusseren  Umhüllung  ist  eine  Spur  kohliger  Substanz  ein- 
gestreut; das  Relief  der  Umhüllung,  sowie  der  Ausfüllung  ist  zu 
unbestimmt,  um  über  den  vegetabilischen  Ursprung  hinaus,  etwas 
kundzugeben. 


Schluss. 

Uebersieht  man  das  vorstehende  Verzeichniss  der  organischen 
Ueberreste  des  Röth,  so  bietet  dasselbe  keine  Reminiscenzen  an 
die  obere  Dyas,  die  freilich  von  ihm  durch  die  mächtige  Schichten- 
folge des  mittleren  und  unteren  Buntsandsteins,  die  so  überaus 
wenige  und  seltene  organische  Ueberreste  enthalten,  dass  sie  über 
die  Entwickelung  weder  der  Faima  noch  der  Flora  genügende 
Aufschlüsse  geben  können,  getrennt  ist.  Um  so  näher  stehen 
dieselben  denjenigen  des  Muschelkalkes  und  Keupers,  und  zwar  in 
jeder  Beziehung. 

Die  Saurierreste,  soweit  ich  sie  aus  eigener  Anschauung 
kenne  und  mir  ein  Urthe.il  darüber  erlauben  darf,  tragen  den 
Nothosaurus-Typus,  der  bekanntlich  im  ostthüringischen  Muschel- 
kalk zu  eiuer  holieu  Entwickelung  kommt. 

Die  dürftigen  Fischreste  gehören  zu  den  Ganoiden  mit  rhoin- 
bischen,  knochigen,  Schmelz  bedeckten,  randlich  an  einander 
stossenden  Schuppen,  welche  Agassiz  unter  dem  Genus  Gyrolepis 
zusammenfasste;  sie  sind  durch  alle  Glieder  des  Muschelkalkes 
und  Keupers  verbreitet. 

Der  einzige  Cephalopodenrest  des  Röth  nimmt  allerdings 
eine  Sonderstellung  ein,  beruht  aber  auf  zu  wenigen  und  zu  frag- 
mentarischen Funden,  um  maassgebend  zu  sein.  Von  Gasteropoden 
ist  nur  Natica  in  Rede  zu  stellen  mit  solchen  Arten,  die  auch  im 
Muschelkalke  Vorkommen  oder  wenigstens  den  da  vorkommenden 
sehr  nahe  stehen. 


E.  E.  Schmid  , das  osttliüringisehe  Roth. 


145 


Unter  den  Pelecypoden  sind  Myophoria  costata  Zenk.  und 
Cucullaea  nuculiformis  Zenk.  dem  Röth  eigentliümlich.  Aber 
Myophoria  costata,  die  eigentliche,  wenn  auch  nicht  die  einzige  Leit- 
form  des  Röth,  steht  der  Myophoria  Goldfussi  v.  Ziel,  der  Leit- 
fonn  des  Grenzdolomites,  so  nahe,  dass  ein  so  sachkundiger  und 
sorgfältiger  Beobachter  wie  Zenker,  allerdings  nach  etwas  ab- 
geriebenen Exemplaren  der  letzteren  — wie  ich  mich  sehr  wohl 
erinnern  kann  — , beide  für  identisch  halten  konnte.  Cucullaea 
nuculiformis  ist  ein  zu  wenig  besagender  Steinkern,  als  dass  man 
weit  greifende  Schlüsse  aus  ihm  ziehen  könnte.  Alle  übrigen 
Formen,  namentlich  Germllia  socialis , Myophoria  vulgaris,  M.  laevi- 
gata  und  Pecten  Albertii  halten  durch  den  ganzen  Muschelkalk 
bis  über  den  unteren  Keuper  aus. 

Die  wenigen  Brach  iopodenreste  setzen  sich  in  denselben  oder 
nahe  verwandten  Arten  durch  den  Muschelkalk  fort. 

Rhizocorallium  jenense  ist  neben  Myophoria  costata  die  zweite 
Leitform  des  Röth  und  in  seiner  vollkommenen  Entwickelung 
darauf  beschränkt.  Allein  nahe  Verwandte  dazu,  oder  vielmehr 
ähnliche  Erhaltungszustände  finden  sich  unter  den  zahlreichen 
sogenannten  wurmförmigen  Concretionen  des  Muschelkalks ; nament- 
lich im  Schaumkalke,  dem  obersten  Gliede  des  unteren  Muschel- 
kalks, beobachtet  man  sehr  ähnliche  Schlingen  und  Wülste  mit 
netzförmigem  Relief,  wenn  auch  in  viel  grösserem  Maassstabe,  und 
daran  scliliessen  sich  noch  massenhafter  entwickelt,  nicht  immer 
gewunden,  viele  andere  an  und  zeugen  für  eine  stetige  Fortbil- 
dung der  Ceraospongien  während  des  Absatzes  der  Muschelkalk- 
schichten. 

Pflanzenreste  sind  ebenso  wie  im  Muschelkalk,  auch  im  Röth 
zu  wenig  bedeutsam,  um  hier  in  Rede  gestellt  zu  werden. 

In  wenige  Worte  zusammengefasst  lautet  das  Schlussresultat: 
das  Röth  ist  paläontologisch  dem  Muschel  kalke  ebenso  nahe  ver- 
wandt, wie  lithologisch  dem  mittleren  und  unteren  Buntsandstein. 


10 


146 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringische  Röth. 


Gliederung  des  ostthüringischen  Röth. 

Der  allgemeinen  Schilderung  der  Gliederung  des  ostthürin- 
gischen Röth  mag  die  Einzelbeschreibung  örtlicher,  besonders  aus- 
giebiger Aufschlüsse  als  Grundlage  dienen. 

Die  erste  Stelle  mag  der  westliche  Abhang  des  Hausberges 
bei  Jena  einnehmen.  Soweit  die  Saale  den  Fuss  desselben  be- 
spült, steht  mittlerer  Buntsandstein  an.  In  diesen  schneidet  ein 
Hohlweg  zwischen  Jena  und  Ziegenhain  ein,  der  sogenannte  Burg- 
weg,  dessen  Einschnitt  sich  mittels  eiuer  tiefeu  und  breiten  Regen- 
furclie  bis  in  ein  90  uucl  einige  Meter  höheres  Niveau  aufwärts 
zieht  und  die  Schichten  zusammenhängend  entblösst.  Nahe  der 
höchsten  Stelle  des  Burgwegs  wird  der  Sandstein  unmittelbar  von 
Gyps  überlagert,  der  dünnschieferig  bis  dickbänkig,  späthig,  schup- 
pig, faserig,  feinkörnig,  auch  porphyrartig,  rein  oder  gemengt  mit 
Dolomit  und  Letten,  die  ihm  auch  in  dünnen  Zwischenschichten 
untergeordnet  sind,  ein  56  Meter  mächtiges  Flötz  bildet.  Die 
Schichten  sind  an  den  meisten  Stellen  stark  wellenförmig  gebogen 
und  werden  von  den  höheren  Schichten  des  Röth  durch  eine  Kluft 


abgeschnitten,  an  welchen  eine  Abrutschung  derselben  stattgefunden 
hat,  um  einen  zwar  nicht  genau  angebbaren,  aber  keinesfalls  über 
5 Meter  hinausgehenden  Betrag.  Die  neben  und  über  dem  Gypse 
anstehenden  Schichten  siud  der  Reihe  nach: 

hellgraugrüne  Mergel,  bald  mehr  lettig,  bald  mehr 


Meter 

0,50 

0,80 


0,70 


sandig ; 

^ lockere,  glimmerreiche  graue  Sandsteine;  wenige  or- 
^ ganische  Reste,  unter  denen  nur  Myophoria  costata 
v bestimmbar,  einschliessend ; 
lichte  Mergel; 

Dolomit  mit  Mergel  wechsellagernd,  die  reinen  Do- 
l lomitschicliten  bis  10  Centimeter  stark  und  darüber 
] hinaus,  reich  an  organischen  Ueberresten,  besonders 
resorbirten  Muschelschalen,  namentlich  von  Myo- 
J phoria  costata , auf  der  unteren  Schichtfläche  gewöhu- 
f lieh  das  Relief  von  Rhizocorallium  jenense  tragend 
(mittlerer  Rhizocorallium-Dolomit) ; 
lichte  Mergel; 


0,80—1,50 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Roth. 


147 


Meter 

0,50—0,60 


150,60 


Dolomit,  Mergel,  Letten  und  Gyps;  Dolomit  nimmt 
häufig  die  ganze  Bank  ein,  ist  reich  an  resorbirten 
Muschelschalen  und  desshalb  sehr  cavernös;  seine 
auf  Mergel  aufliegende  Unterseite  ist  reichlich  mit 
[ Rhizocorallium  jenense  besetzt;  er  geht  mitunter  in 
I ein  Haufwerk  von  weniger  oder  mehr  abgeriebenen 

1 O o 

1 und  zerbrochenen  Muschelschalen  über,  die  bald 
[ ziemlich  locker  zusammenhaftend,  eine  Muschelbreccie 
bilden,  bald  durch  Gyps  verkittet  ein  Muschelcon- 
/ glomcrat  — das  Carbonat  der  Muschelschalen  ist 
übrigens  in  gleicher  Weise  dolomitisch,  wie  dasjenige 
des  Gesteins,  aus  dem  sich  ihre  Haufwerke  ent- 
i wickeln.  Durch  Aufnahme  von  Thon  und  Sand,  auch 
I Gyps  entstehen  mannichfaltig  gemengte  unreine  Do- 
I lomite,  Mergel,  Sandsteine  und  Letten,  die  theils 
I mit  dem  reineren  Dolomit  wechsellagern,  theils  breit- 
klüftige  Zwischenräume  in  ihm  erfüllen,  ihn  bald  in 
einzelne  Stücke  spalten,  bald  auch  völlig  ersetzen 
und  an  seine  Stelle  Mergel  und  Gyps  treten  lassen 
' (Oberer  Rhizocorallium  - Dolomit). 

I Fast  unmittelbar  darüber,  an  einer  Stelle,  wo  sich 

Idie  Wasserfurche  verflacht  und  von  dem  sogenannten 
Oberwege  von  Jena  nach  Ziegenhain  gekreuzt  wird, 
lagert  das  Sandstein  ähnliche  Gemenge  von  Mergel 

o O o 

mit  Quarz  und  Gyps,  auf  dessen  Oberfläche  die  oben 
beschriebenen  Afterkrystalle  nach  Steinsalz  Vorkommen. 

I Die  höheren  Schichten  sind  vorwaltend  mergelig  mit 
/ untergeordneten  Einschaltungen  von  sandigen  und 
\ thonigen  Dolomiten  und  Gyps.  Eine  Hornstein- 

I Schicht  findet  sich  erst  über  dem  äussersten  Aus- 
läufern der  Regenfurche;  über  ihr  nimmt  das  Gestein 
allmälig  hellgraue  Färbung  an,  wird  Carbonatreicher 
und  geht  in  Muschelkalk  über,  den  man  von  da  an 
abgegrenzt  sein  lassen  kann,  wo  die  Schichten  dicker 
werden  und  im  frischen  Zustande  nicht  mehr  schiefe- 
\ rig  sind. 


10 


148 


E.  E.  Schmid,  das  ostthiiringische  Rötk. 


Als  zweites  Beispiel  mag  der  westliche  Abhang  des  Jenzigs 
seine  Stelle  finden.  Die  Schichtenfolge  ist  hier  durch  keinerlei 
Verwerfung  gestört,  aber  obgleich  man  auch  hier  einer  Regen- 
furche folgen  kann,  bei  weitem  weniger  entblösst.  Zwischen  Haus- 
berg und  Jenzig  ist  das  weite  und  tiefe  Gembdethal  bis  in  den 
mittleren  Buntsandstein  hinein  erodirt.  Die  Entfernung  beider 
Profile  beträgt  in  der  Luftlinie  ziemlich  genau  eine  Viertelmeile. 

Der  Fuss  des  Jenzigs  berührt  unmittelbar  die  Saale;  der 
steile  Uferabhang,  die  sogenannte  hohe  Saale  entblösste  vordem  — 
jetzt  ist  diese  Entblössung  in  Folge  eines  Ufer-  und  Wege-Baues 
verschüttet  — bis  auf  4 Meter  über  den  mittleren  Saalspiegel  die 
obersten  Schichten  des  mittleren  Buntsandsteins.  Dieselben  be- 
standen aus  dickplattigen  Sandsteinen,  welche  wegen  einer  Mehr- 
zahl von  Fährtenabdrücken,  deren  Beschreibung  Koch  und  ich 
schon  im  Jahre  1841  gaben  *),  das  wissenschaftliche  Interesse 
schon  einmal  auf  sich  zogen. 

Unmittelbar  diesem  Sandstein  aufffelagert  folgt  ein 
mächtiges  Gypsflötz  von  derselben  Beschaffenheit,  wie 
am  Hausberge.  Dann: 

Lichte  Mergel; 

Dolomit,  reich  an  organischen  Resten,  namentlich  an 
Myophoria  costata  und  Rliizocorallium  jenense.  — Un- 
terer Rhizocorallium  - Dolomit;  Mergel; 

Sandstein,  glimmerreich,  versteinerungsführend,  na- 
mentlich Myophoria  costata  und  Pecten  Albertii , mit- 
unter in  glimmerreichen  Quarzitschiefer  übergehend; 

22  ( Mergel; 

j Dolomit,  reich  an  organischen  Resten,  namentlich  an 
I Myophoria  costata  mit  Rhizocorallium  jenense.  — Mittler 
I Rhizocorallium-Dolomit ; 

I Mergel; 

! Dolomit,  reich  an  Versteinerungen,  namentlich  an 
\ Myophoria  costata  mit  Rhizocorallium  jenense.  — 
Oberer  Rhizocorallium  - Dolomit. 

*)  S.  Koch  und  Schmid,  die  Fährtenabdrücke  im  bunten  Sandstein  bei 
Jena.  S.  3—6. 


Meter 

31, Va 


E.  E.  Schmid,  das  osttlmringische  Röth. 


149 


Meter 

47 


97a 


/ Bunte  Mergel,  dolomitisch,  thonig,  sandig,  thonige 
^ Dolomite,  Hornsteindolomite,  bei  einem  grösseren 
\ Gehalt  an  dolomitischen  Carbonatschalen  von  Myo- 
I phoria  costata  einschliessend , Gyps  in  Zwischen- 
' schichten  und  Kluftausfüllungen; 

/ Hornschicht; 

] Mergel  hell  und  carbonatreich  werdend,  immer  noch 
j dünnschieferig,  aber  seiner  Mengung  nach,  dem  unter- 
l sten  Muschelkalk  sehr  nahe  stehend. 


Nicht  unwesentlich  anders  gestalten  sich  die  Verhältnisse  am 
östlichen  Abhange  des  Jenzigs,  oder  entlang  dem  Fahrwege  zwi- 
schen Gross  - Löbichau  und  Jenalöbnitz  bis  auf  die  höchste  Stelle 
desselben  und  von  da  aus  nach  der  Höhe  des  Jenzigs. 

I Auch  bei  Gross-Löbichau  ist  ein  Gypsflötz  unmittel- 
\ bar  auf  den  mittleren  Buntsandstein  aufgelagert,  hat 
Meter  ; nahe  dieselbe  Mächtigkeit  wie  am  westlichen  Abhange; 

30  ) seine  litholoerische  Entwickelung  ist  wohl  im  Ganzen 

(o  o 

die  gewöhnliche,  jedoch  so,  dass  die  porphyrartigen 
Gypse  besonders  dickbänkig  und  breitblättrig  sind. 

Ueber  dem  Gypsflötze  folgen  sehr  vorwaltend  helle,  nicht 
bunte,  durchaus  nicht  rothe  Mergel,  dann  treten  an  einem  steilen 
Absturz  hervor: 


Meter 

0,40 


, Dolomit,  zuckerkörnig,  wenige  Versteinerungen  ein- 
i schliessend,  von  denen  nur  Myophoria  costata  be- 
| stimmbar  ist;  auf  der  Unterseite  ist  ein  Relief  be- 
^ merkbar,  welches  allerdings  dem  Rhizocorallium  jenense 
j nicht  vollkommen  gleicht  , sondern  aus  gestreckteren 
I und  flacheren  Hälften  zusammengesetzt  ist,  aber  doch 
ein  ähnliches  Netzwerk  darstellt; 


0,90  Mergel; 

q | Dolomit  von  gleicher  Beschaffenheit,  wie  der  vorige, 

( aber  ohne  netzförmiges  Relief  auf  der  Unterseite; 
3,00  Mergel; 

0,36  Dolomit. 


E.  E.  Schmid,  das  ostthiiringische  Roth. 

Die  höheren  Schichten  werden  bunt  besonders  in 
Folge  der  Wechsellagerung  rother  Mergel  und  licht 
graulichgrüner , thoniger  und  sandiger  Dolomite. 
Zwischen  den  obersten  dieser  Mergel  stellt  sich  eine 
schwache  Hornsteinplatte  mit  welligen  Schichtungs- 
flächen ein. 

Darüber  folgt  eine  Bank  thonigen  Dolomites,  recht 
reich  an  resorbirten  Muschelschalen  und  deshalb 
0,20 — 0,30  ! cavernös ; die  meisten  Schalenabdrücke  gehören  zu 
I der  oben  angeführten  Corbula  nov.  sp. , verhältniss- 
\ massig  wenige  zu  Myophoria  costata. 

^ Die  Mergel  zwischen  diesem  Corbula  - Dolomit  und 

28  ■ der  Grenze  des  unteren  Muschelkalkes  sind  je  weiter 

aufwärts,  um  so  gleichfarbiger  und  lichter. 

Die  directe  Entfernung  zwischen  dem  westlichen  Fusse  des 
Jenzig  an  der  Saale  und  dem  östlichen  am  Fahrwege  von  Gross- 
Löbichau  nach  Jenalöbnitz  beträgt  drei  Viertel  Meilen.  Wie  sich 
die  beiden  Profile  am  westlichen  und  östlichen  Abhange  mit  ein- 
ander verknüpfen,  ist  nicht  in  das  Einzelne  zu  verfolgen,  weil 
längs  des,  allerdings  sehr  geraden  und  steilen  Südabhanges  vom 
Jenzig  gegen  das  Gembdethal  zu  das  Röth  meist  stark  überrollt  ist. 

Als  viertes  Beispiel  wähle  ich  den  Kugelberg  zwischen  Gum- 
perda  und  Eichenberg  bei  Cahla;  er  bietet  eine  Mehrzahl  von 
Rhizocorallium-Dolomiten,  erlaubt  aber  wegen  wechselnden  Fallens 
und  Streichens  keine  durchaus  exacten  Angaben  der  Mächtigkeit. 

Auch  hier  ist  ein  starkes  Gypsflötz  vorhanden;  zwischen  ihm 
aber  und  dem  Buntsandstein  ist  lichter  Viergel  und  Letten  ein- 
geschaltet.  Ueber  ihm  folgen  bunte  Viergel  und  diesen  sind  nicht 
weniger  als  sechs  Dolomitbänke  untergeordnet,  deren  Unterseite 
in  bald  grösserer,  bald  geringerer  Breite  das  Relief  von  Rhizoco- 
rallium  jene7ise  trägt. 

Ein  steiler,  lö1/^  Meter  hoher  Absturz  innerhalb  einer  Regen- 
furche, die  sich  nach  Eichenberg  hinabzieht,  entblösst  die  sechs 
Dolomitbänke,  der  Reihe  nach  von  unten  nach  oben  durchschnitt- 
lich 0,20,  0,16,  0,70,  0,52,  0,11  und  0,60  Vleter  stark,  also  zu- 


150 


Meter 

241/2 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringische  Röth. 


151 


sammen  1,10  Meter,  während  auf  die  mergeligen  Zwischenmittel 
14,40  Meter  entfallen.  Die  zwischen  liegenden  Dolomitbänke 
machen  also  nur  7°/o  von  der  Mächtigkeit  der  ganzen  Schichten- 
folge aus.  So  wenig  würde  man  nicht  erwartet  haben  mit  allei- 
niger Rücksicht  auf  die  Masse  der  über  den  Boden  verstreuten 
Dolomitbrocken ; wie  aber  schon  in  dem  Abschnitte  über  die 
Gesteine  des  Röth  hervorgehoben  wurde,  bleibt  der  Dolomit  in 
grossen  Brocken  liegen,  während  die  Mergel  rasch  zerkrümelt  und 
fortgeführt  werden;  deshalb  schützt  auch  eine  schwache  Dolomit- 
bank den  Boden  gegen  rasche  Erosion.  Gerade  die  oberen  flach- 
geneigten  Abhänge  des  Kugelberges  bieten  Gelegenheit  zu  beob- 
achten, dass  solche  Dolomitbänke  breite  Stufen  bilden,  die  wie 
gepflastert  anssehen,  indem  die  einzelnen  durch  Querklüfte  ge- 
trennten Dolomitplatten  gegen  ihr  Ausgehen  zu  auseinanderweichend 
und  in  den  zeitweise  erreichten  Untergrund  einsinkend,  wohl  weiter 
ausgebreitet,  aber  nicht  ganz  fortgeführt  werden.  Dieser  Umstand 
ist  in  praktischer  Beziehung  beachtenswerth ; da  nämlich  das  Aus- 
streichen der  Dolomitbänke  des  Röth  meist  nach  zerstreuten 
Brocken  benrtheilt  werden  muss,  so  erklärt  sich  aus  ihm,  dass  die 
Mächtigkeit  desselben  häufig  zu  hoch  geschätzt  worden  ist.  Die 
in  der  Regenfurche  über  Eichenberg  anstehenden  Rhizocoralliuin- 
Dolomitbänke  lassen  sich  um  die  Abhänge  des  Kugelberges  herum 
ziemlich  zusammenhängend  verfolgen,  namentlich  auf  der  Südseite. 
Jedoch  hat  man  sich  nicht  weit  zu  entfernen,  um  ihre  Mächtigkeit 
nicht  nur,  sondern  auch  ihre  Zahl  sich  verändern,  auch  gerade 
südlich  von  Gumperda,  zwischen  der  dritten  und  vierten  Dolomit- 
bank eine  bis  0,30  Meter  starke,  aber  nicht  weit  fortstreichende 
Gypslinse  sich  einlagern  zu  sehen. 

Knapp  über  dem  obersten  Rhizocorallium  - Dolomit  bildet  die 
ausgezeichnete  Hornsteinschicht,  welche  im  vorigen  Abschnitt 
ausführlich  beschrieben  wurde,  den  Boden  einer  Stufe,  über  welche 
der  Fahrweg  von  Gumperda  nach  Eichenberg  führt. 

Darüber  reicht  das  Röth  noch  56 ^ Meter  hoch  hinauf.  Diese 
oberen  Schichten  sind  besonders  bunt  in  Folge  häufiger  Einschal- 
tung thoniger  und  sandiger  Dolomite;  sie  schliessen  auch  noch 
ein  nirgends  über  3 Meter  starkes  und  kaum  1/8  Meile  weit  fort- 


152 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringisclie  Roth. 


streichendes  linsenförmiges,  dünnschieferiges  Gypsflötz  ein,  dem 
Dolomit,  Mergel  und  Sandstein  reichlich  untergeordnet  ist. 

Die  beschriebenen,  vier  vollständigen  Profile  lassen  noch  nicht 
die  volle  Mannichfaltigke.it  der  Entwickelung  des  ostthüringischen 
Röth  übersehen,  namentlich  nicht  in  Bezug  auf  die  Einlagerungen 
von  Gyps  und  von  Dolomit. 

Ausser  dem  Hauptgypsflötz  an  oder  nahe  über  der  unteren 
Grenze  des  Röth  finden  sich  starke  Flötze  auch  in  der  Mitte  und 
an  der  oberen  Grenze  des  Röth. 

Entlang  der  Unstrut  bei  Nebra  ziehen  sich  etwa  45  Meter 
über  dem  Hauptflötz  noch  zwei  höhere  Gypsflötze  in  einem  Ab- 
stand von  etwa  8 1/-2  Meter  durch  die  Mitte  des  Röth. 

Nördlich  über  Tiefengruben  bei  Berka  a.  d.  J.  schliesst  ein, 
allerdings  aus  reinem  und  mergelreichen  Gyps  zusammengesetztes, 
meist  dünnschieferiges,  nur  auf  eine  Erstreckung  von  etwa  600 
Schritt  ausdauerndes  Flötz  das  Röth  gegen  den  Muschelkalk  ab. 

Wiederum  an  anderen  Stellen  ist  das  Röth  im  Gegensatz  zu 
den  bisher  beschriebenen  ganz  frei  von  Gyps;  so  am  östlichen 
Abhange  des  Riechheimer  Berges  nahe  Kranichfeld,  und  am  west- 
lichen Abhange  des  Lohmaer  Berges  nahe  Blankenhain. 

Eine  über  0,3  Meter  starke  Dolomitbank,  ebenfalls  reich  an 
organischen  Ueberresten,  namentlich  an  Schalen  von  Myophoria 
costata , Gervillia  socialis , G.  costata , Pecten  Albertii  u.  A. , aber 
ohne  das  Relief  Rhizocorallium  jenense  auf  der  unteren  Schicht- 
fläche ist  bei  Gross-  und  Klein -Bockedra  am  Wege  von  da  nach 
Oelknitz  a.  S.  zwischen  Jena  und  Cahla  den  lichten  Letten  und 
Mergeln  zwischen  dem  mittleren  Buntsandstein  und  dem  Haupt- 
gypsflötz eingeschaltet. 

Sehr  starke  Dolomitbänke  bietet  das  Röth  zu  beiden  Seiten 
der  Saale  unterhalb  Naumburg,  zur  linken  Seite  bei  Eulau  gegen 
das  Gerodig  zu,  zur  rechten  Seite  bei  Pölitz  nahe  Stössen;  an 
beiden  Orten  sind  die  Aufschlüsse  unvollkommen. 

Allein  auch  diese  Vorkommnisse  werden  überboten  durch 
dasjenige  am  Katzenberge  bei  Nebra,  welches  durch  einen  weiten 
Steinbruch  auf  mehr  als  3 Meter  aufgeschlossen  ist.  Dasselbe  ist 


E.  E.  Schmid  , das  ostthiiringisclie  Roth. 


153 


zugleich  sehr  reich  an  organischen  Ueberresten,  die  Speyer1)  auf- 
geführt hat. 

Fasst  man  die  vorstehenden  Darstellungen  einzelner  Locali- 
täten  zusammen,  so  erhält  man  die  nachfolgenden  allgemeinen 
Resultate. 

Die  Mächtigkeit  des  ostthüringischen  Röth  sinkt  selten  unter 
60  Meter  und  steigt  selten  über  1 50  Meter.  Mächtigkeiten  unter 
60  Meter  beobachtet  man  nur  da,  wo  die  Röthschichten  steil  auf- 
gerichtet und  gebogen  sind  zufolge  starker  Faltungen  der  Erdrinde; 
sie  kommen  vielorts  auf  Verquetsclnmg  hinaus.  Mächtigkeiten 
über  150  Meter  beobachtet  man  eigrenthümlicher  Weise  gerade  am 
östlichen  Rand  der  Ausbreitung  des  Röth  zwischen  Jena  und 
Bürgel,  z.  B.  bei  Löberschütz  163  Meter. 

Die  Gypseinlagerungen  im  ostthüringischen  Röth  sind  ebenso 
massenhaft,  als  unbeständig.  Sie  nehmen  mitunter  mehr  als  den 
dritten  Theil  der  gesammten  Mächtigkeit  ein,  mitunter  fehlen  sie 
ganz.  Mächtige  Röthentwickelungen  sind  gewöhnlich,  aber  doch 
nicht  immer,  mit  starken  Gypseinlagerungen  verbunden.  Eigent- 
liche Gypsflötze  sind  vorzugsweise  dem  unteren  Röth  eigen,  fehlen 
aber  auch  dem  oberen  nicht  ganz;  Gypsführung  in  untergeordneten 
Schichten  und  Kluftausfüllungen  ist  durch  das  ganze  Röth  ver- 
breitet. Starke  Bänke  reinen  und  besonders  porphyr artigen  Gypses 
linden  sich  fast  nur  im  unteren  Röth;  die  Gypse  des  oberen  Röth 
sind  vorwaltend  mergelig,  dünnschieferig  und  faserig.  Die  Scheidung 
in  ein  unteres  gypsführendes  und  in  ein  oberes  gypsfreies  Röth 
ist  für  Ostthüringen  unthunlich. 

Die  Dolomitbänke  nehmen  einen  nur  selten  mehrere  Procente 
betragenden  Theil  von  der  Mächtigkeit  des  Röthes  in  Anspruch, 
einen  so  kleinen  Theil , dass  ihre  kartographische  Darstellung  im 
Maassstabe  von  1 : 25  000  ohne  willkürliche  Hinzunahme  der  han- 
genden und  liegenden  Mergel  mit  Ausnahme  einiger  Stellen  tech- 
nisch gar  nicht  ausführbar  ist.  Selbständige  und  zugleich  ver- 
steinerungsreiche Dolomitbänke  erscheinen  besonders  in  den  Pro- 
filen, in  denen  sich  das  Hauptgypsflötz , dasjenige  des  unteren 


*)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  29,  S.  205;  Jahrg.  1877. 


154 


E.  E.  Schmid,  das  ostthüringisclie  Roth. 


Röth  geltend  macht.  Sie  drängen  sich  über  ihm  am  dichtesten 
zusammen,  ohne  auf  eine  bestimmte  Zahl  und  auf  eine  bestimmte 
Höhenzone  beschränkt  zu  sein.  Sie  fehlen  auch  unter  dem  Haupt- 
gypsflötz  nicht;  sie  sind  auch  dem  oberen  Röth  nicht  fremd.  Von 
den  Versteinerungen  ist  Myophoria  costata  allen  Dolomiten  gemein- 
schaftlich , während  sich  Rhizocorallium  jenense  auf  die  mittleren 
beschränkt  und  sehr  ungleichmässig  vertheilt  ist. 

Die  einzige  Sandsteinbank,  welche  mit  einer  gewissen  Selb- 
ständigkeit auftritt  — Zenker's  Saurier-Sandstein  — , liegt  zwischen 
den  unteren  Rhizocorallium-Dolomitbänken.  Es  dürfte  der  Mühe 
werth  sein,  sie  weiter  aufzusuchen  und  sorgfältiger  zu  untersuchen, 
namentlich  auf  ihren  organischen  Inhalt. 

Die  Hornsteine  sind  bis  jetzt  nur  aus  dem  oberen  Röth  be- 
kannt geworden,  nehmen  aber  entschieden  am  Hausberge  und 
Jenzig  bei  Jena  einen  höheren  Horizont  ein,  als  am  Kugelberge 
bei  Cahla. 

Endlich  die  Hauptmasse  des  Röth,  die  Mergel  werden  gewöhn- 
lich nach  unten  fett  und  licht,  d.  h.  thonreich  und  ferritarm,  gehen 
auch  wohl  in  lichte  Letten  oder  schieferige  Thone  über  und  zwar 
namentlich  da,  wo  die  Gypsc  sich  ausgekeilt  haben,  als  Aequi va- 
lente derselben.  Die  Mergel  werden  gewöhnlich  nach  oben  mager 
und  licht,  d.  h.  thonarm,  ferritarm  und  carbonatreich.  Das  ist 
aber  doch  nicht  immer  der  Fall;  die  Mergel  verdienen  vielmehr 
den  Namen  der  bunten  im  vollsten  Sinne,  nicht  blos  mit  Rück- 
sicht auf  die  Farbe,  sondern  auch  auf  den  mineralogischen  Bestand. 

Aus  alledem  dürfte  mit  genügender  Sicherheit  hervorgehen, 
dass  eine,  auch  nur  durch  das  östliche  Thüringen  durchgreifende 
Gliederung  des  Röth  weder  auf  lithologischer,  noch  auf  paläou- 
tologischer  Grundlage  möglich  ist.  Sollen  die  verschiedenen 
Farben  und  Signaturen  geologischer  Karten  nicht  sowohl  litholo- 
gische Uebereinstimmung  — wie  das  bezüglich  der  Gypse  nun 
einmal  angenommen  worden  ist  — , sondern  vielmehr  gleichzeitige 
Bildung  bezeichnen,  so  wird  man  das  Röth  mit  Ausschluss  der 
Gypse  als  ein  Ganzes  zusammenfassen  müssen. 

Gegenüber  der  grossartigen  Gleichförmigkeit  und  Einförmig- 
keit des  mittlern  Buntsandsteins  und  des  unteren  Muschelkalks 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringische  Roth. 


155 


hat  man  wechselvolle  Mannichfaltigkeit  als  die  Regel  der  Gesteins- 
folge  des  Roth  anzuerkennen. 

Das  Röth  vermittelt  eben  den  Uebergang  zweier  Absatz- 
perioden in  einander,  die  unter  scharf  contrastirenden  Bedingungen 
standen.  Das  Meer  des  Röths  war  bald  von  klarem,  bald  von 
trübem  Wasser  eingenommen,  seine  Absätze  waren  vorwaltend 
bald  chemische,  bald  mechanische  Bildungen.  Die  chemischen 
Bildungen  beruhen  auf  der  Ausscheidung  bald  von  Carbonat  — 
bald  von  Kieselsäure,  bald  von  Sulphat,  die  mechanischen  Bildungen 
auf  dem  Sinken  bald  von  mehr  thonigem,  bald  von  mehr  sandigem 
Schlamm.  In  dem  klaren,  oder  doch  nur  wenig  getrübten  Meer- 
wasser, aus  dem  chemische  Absätze  carbonatischer  und  kieseliger 
Natur  erfolgten,  gedieh  organisches  Leben,  namentlich  überzog 
sich  der  Meeresboden  mit  Schwämmen,  der  Absatz  des  Gypses 
erfolgte  aus  einem  wahrscheinlich  so  salzreichen  Meere , dass  in 
demselben  keine  Organismen  bestehen  konnten.  Das  trübe  Meer- 
wasser des  Röth  war  so  schlammig  wie  dasjenige  des  mittleren 
Buntsandsteins  und  liess  desshalb  organisches  Leben  nicht  auf- 
kommen.  Aus  der  Seltenheit  pflanzlicher  Ueberreste  hat  man  auf 
das  Fehlen  eines  nahe  gelegenen,  vollkommen  entwickelten,  d.  h. 
von  Vegetation  eingenommenen  Festlandes  zu  schliessen. 


E rkl ä r n n g cl e r A b bil d u n gen. 

Fig.  1.  Farltose'r  Glimmer  mit  farblosen,  feinumrissenen  Einlagerungen ; 

aus  dem  in  Chlorwasserstoffsäure  unlöslichen  Theile  eines  mer- 
geligen Dolomites  vom  östlichen  Abhang  des  Jenzigs  bei  Jena; 
Vergrösserung  350  fach. 

Fig.  2.  Grüner  Glimmer  mit  gleichfarbigen  Einlagerungen,  scharf  und 
dunkel  Umrissen;  aus  dem  Hornstein  vom  östlichen  Abhänge  des 
Jenzigs  bei  Jena;  Vergrösserung  350faeh. 

Fig.  3.  Glimmerblatt,  farblos  glatt  abgebrochen  mit  nierförmigen , trau- 
bigen  und  oolithischen  Einlagerungen;  aus  dem  schwerer  auf- 
schlämmbaren  Theile  eines  grünlichgrauen  Mergels  vom  Abhange 
des  Kugelberges  über  Gumperda  bei  Cabla;  Vergrösserung 
1 15  fach. 


156 


E.  E.  Schmid  , das  ostthüringische  Rötli. 


Fig.  4. 
Fig.  5. 
Fig.  6. 

Fig.  7. 

Fig.  8. 

Fig.  9. 
Fig.  10. 


Fig.  1 1. 


Fig.  12. 


Fig.  13. 
Fig.  14. 


Fig.  15. 


Glimmerblatt,  farblos,  glatt  abgebrochen  mit  traubigen  Einlage- 
rungen; aus  den  schwerer  aufschlämmbaren  Theilen  eines  grün- 
lichgrauen Mergels  vom  Abhange  des  Kugelberges  über  Gum- 
perda  bei  Cahla;  Vergrösserung  115  fach. 

Glimmerblatt,  farblos  mit  oolithischen  Einlagerungen;  aus  dem 
schwerer  aufschlämmbaren  Theile  eines  grünlichgrauen  Mergels 
vom  Abhange  des  Kugelberges  über  Gumperda  bei  Cahla;  Ver- 
grösserung 115  fach. 

Traubiges  Aggregat,  aufgelagert  auf  einem  Glimmerblatt,  quer 
gegen  die  Blattfläche  des  Glimmers  gerichtet;  aus  dem  in  Chlor- 
wasserstoffsäure unlöslichen  Rückstände  eines  mergeligen  Dolo- 
mites vom  östlichen  Abhange  des  Jenzigs  bei  Jena;  Vergrösse- 
rung 225  fach. 

Oolithisches  Aggregat,  aufgelagert  auf  einem  Glimmerblatt,  quer 
gegen  die  Blattfläche  des  Glimmers  gerichtet;  aus  dem  in  Chlor- 
wasserstoffsäure unlöslichen  Rückstände  eines  mergeligen  Dolo- 
mites vom  östlichen  Abhänge  des  Jenzigs  bei  Jena;  Vergrösse- 
rung 225  fach. 

Glimmer  grün;  quer  durch  den  Blätterdurchgang  durchschnitten, 
gebogen,  aufgeblättert;  von  opakem  Ferrit  umhüllt;  aus  Hornstein 
vom  Jenzig  bei  Jena;  Vergrösserung  115  fach. 

Glimmer  fast  farblos,  gebrochen;  aus  dem  Dünnschliffe  eines 
Hornsteines  vom  Jenzig  bei  Jena;  Vergrösserung  115  fach. 
Feldspathbroclcen  oder  -Reste;  aus  dem  Dünnschliffe  eines  Horn- 
steins vom  Hausberge  bei  Jena;  Vergrösserung  125  fach. 
Feldspathbrocken  oder  -Reste;  aus  dem  Dünnschliffe  eines  Horn- 
steins vom  östlichen  Abhange  des  Jenzigs  bei  Jena;  Vergrösse- 
rung 115  fach. 

Feldspathbrocken  oder  -Reste,  Chalcedon,  Apatit,  brauner  bis 
opaker  Ferrit;  aus  dem  Dünnschliffe  eines  Hornsteins  vom 
Kugelberge  über  Gumperda  bei  Cahla,  parallel  zur  Schieferung; 
Vergrösserung  125  fach. 

Knüll chenaggregate ; aus  aufgeschlämmtem  Mergel  vom  Kugel- 
berge über  Gumperda  bei  Cahla;  Vergrösserung  350  fach. 
Mikroschörlit ; aus  dem  in  Chlorwasserstoffsäure  unlöslichen 
Rückstände  eines  mergeligen  Dolomites  vom  östlichen  Abhange 
des  Zenzigs  bei  Jena;  Vergrösserung  125  fach. 

Mikrozirkon;  aus  dem  in  Chlorwasserstoffsäure  unlöslichen  Rück- 
stände eines  mergeligen  Dolomites  vom  östlichen  Abhange  des 
Jenzigs  bei  Jena;  Vergrösserung  225  fach. 


Terebratula  Ecki  nov.  sp. 
und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen. 
Von  Herrn  W.  Frantzen  in  Meiningen. 


Schon  seit  längerer  Zeit  sind  in  der  hiesigen  Gegend  auch 
unter  den  durch  ihren  Reichthum  an  Terebrateln  ausgezeichneten 
und  nach  ihnen  benannten  Terebratelnbänken  im  unteren  Wellen- 
kalk Terebrateln  aufgefunden  worden,  welche  nach  den  bisher 
veröffentlichten  Beobachtungen  in  demselben  zerstreut  und  nur  in 
seltenen  Exemplaren  vorzukommen  schienen. 

So  machte  H.  Pröscholdt  ])  einen  solchen  Fund  in  einer 
nach  seiner  Messung  5,5  Meter  unter  dem  Oolith  liegenden  Schicht 
in  der  Weissbach  bei  Meiningen.  Eine  zweite  Terebratel  fand  er 
in  seiner  angeblichen  »Bank  mit  Myophoria  curvirostris « bei  Wel- 
kershausen, deren  Höhe  über  den  Modiolaschichten  er  zu  13  bis 
15  Meter  angiebt.  Ich  bin  nach  diesen  Angaben  nicht  zweifelhaft, 
dass  der  Fund  in  der  Weissbach  aus  der  Oolithbank  a stammt, 
und  vermuthe  dasselbe  auch  bei  der  Terebratel  von  Welkershausen, 
obwohl  mit  dieser  Ansicht  die  angegebene  Höhe  der  Fundstelle 
über  der  unteren  Wellenkalkgrenze  allerdings  nicht  gut  überein- 
stimmt, will  jedoch  die  Möglichkeit,  dass  die  Versteinerung  auch 
in  einem  tieferen  Horizonte  gelegen  haben  könne,  nicht  als  ganz 
und  gar  ausgeschlossen  bezeichnen. 

Wenn  dagegen  II.  Emmrioh 1  2)  im  Jahre  1868  seine  Oolith- 
bank zur  Terebratelzone  rechnete,  so  scheint  dies  mir  in  Folge 

1 ) Programm  der  Realschule  zu  Meiningen  vom  Jahre  1879. 

2)  Desgleichen  vom  Jahre  1868. 


158 


W.  Frantzen,  Terebratula  Ecki  nov.  sp. 


eines  Irrthums  geschehen  zu  sein;  denn  im  Jahre  1873  trennte  er 
sie  wieder  davon  ab  *)  und  sagte  seihst,  dass  er  die  Oolithbank 
bei  Abfassung  des  Programmes  von  1868  noch  mit  den  Terebratel- 
bänken »zusammengeworfen«  habe,  und  erst  durch  Einträgen  ihrer 
Verbreitungslinien  in  die  Specialkarte  im  Maassstabe  von  1 : 25  000 
auf  ihre  scharfe  Sonderung'  geführt  worden  sei.  Von  Terebrateln 
im  unteren  Weilenkalk  erwähnt  er  selbst  in  seinen  Schriften  nichts. 

Ebenso  wie  von  H.  PröSCHOLDT  waren  auch  von  mir  in  den 
letzten  Jahren  hie  und  da  Terebrateln  in  den  Wellenkalkschichten 
unter  den  Terebratelbänken  beobachtet  worden.  Selten  und  nur 
in  wenigen,  leicht  aufzuzählenden  Exemplaren  fand  ich  sie  in 
Emmrich's  Oolithbank,  und  zwar  ein  solches  Exemplar  in  einem 
Steinbruche  der  Gemeinde  Melkers,  ein  Paar  andere  südwestlich 
von  Rohr,  ferner  bei  demselben  Orte  am  Lambertsberge  eine  Platte 
aus  dem  unmittelbaren  Hangenden  der  Oolithbank  ß mit  vier 
Exemplaren  auf  ihrer  Oberfläche,  und  endlich  einige  Terebrateln 
südlich  von  Kühndorf,  auch  bei  diesem  Orte  in  einem  dünnen 
Kalkplättchen  gleich  über  der  eigentlichen  Oolithbank.  Viel  häufiger, 
als  in  diesem  Horizonte,  wurden  sie  an  verschiedenen  Punkten  in 
der  Umgegend  von  Meiningen  auch  in  einer  harten,  blauen  Kalk- 
bank, an  anderen  Orten  in  einer  Bank  von  mehr  oder  weniger 
oolithischer  Beschaffenheit,  stets  in  einem  Niveau,  nicht  besonders 
tief  unter  der  Oolithbank  Emmrich's  von  mir  angetroffen. 

Alle  diese  Funde  gewannen  an  Bedeutung,  als  durch  H.  Eck's 
Arbeiten*  2)  im  schwäbischen  unteren  Muschelkalk  die  Existenz 
zweier  Schichten  mit  Terebrateln  in  grossem  Abstande  von  einander 
und  ferner  eine  Verschiedenheit  der  Form  der  letzteren  je  nach 
ihrem  Lager  nachgewiesen  worden  war.  Es  lag  die  Vermuthung 
nahe,  dass  die  Verhältnisse  bei  Meiningen  ähnliche  sein  möchten. 
Meine  Untersuchungen  über  diesen  Gegenstand  führten  zu  dem 
Resultate,  dass  alle  mir  früher  bekannt  gewordenen  Fundstellen 
unter  der  Oolithbank  ß sämmtlieh  einer  und  derselben  Bank, 
nämlich  der  Oolithbank  a angehören,  und  dass  Terebrateln  hier 


x)  Programm  der  Realschule  zu  Meiningen  vom  Jahre  1873. 

2)  H.  Eck,  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXII,  Heft  II. 


und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen. 


159 


gar  nicht  selten  sind,  vielmehr  überall  darin  Vorkommen,  an  ein- 
zelnen Stellen  selbst  in  recht  grosser  Zahl,  so' dass  man  die  Oolith- 
bank  a.  in  der  That  geradezu  als  das  untere  Hauptlager  von  Tere- 
brateln, aus  welchem  sie,  wie  oben  schon  angegeben  wurde,  nur 
in  wenigen  Exemplaren  auch  in  die  Oolithbank  ß hinaufgehen, 
bezeichnen  kann.  Ferner  konnte  ich  constatiren,  dass  die  er- 
wähnten Petrefacten  in  ihrer  Beschaffenheit  mit  den  gleichen  Ver- 
steinerungen aus  dem  unteren  schwäbischen  Terebratelhorizonte 
Eck’s  genau  übereinstimmen. 

Obwohl  bereits  durch  den  eben  genannten  Forscher  auf  die 
Verschiedenheit  der  Form  der  Terebrateln  in  verschiedenen  Ho- 
rizonten des  Muschelkalks  hingewiesen  worden  ist,  so  möchten 
doch  weitere  Mittheilungen  über  diese  Verhältnisse  in  der  hiesigen 
Gegend  nicht  ganz  ohne  Interesse  sein. 

Alle  bis  jetzt  von  mir  untersuchten  Terebrateln  aus  den 
hiesigen  Oolithbänken  a und  ß zeigen  ebenso  wie  die  Terebrateln 
aus  der  unteren  Terebratelschicht  Eck’s  im  schwäbischen  unteren 
Muschelkalk  keine  Spur  von  Rinne  unter  dem  Wirbel  der  Rücken- 
schale,  während  dieselbe  auch  bei  Meiningen  den  Terebrateln  der 
oberen  Abtheilung  des  unteren  Muschelkalks  niemals  fehlt,  weder 
den  jungen  noch  den  alten.  Ueber  die  Beschaffenheit  der  Tere- 
brateln im  oberen  Muschelkalk  in  Bezug  auf  die  Rinnenbildung 
hat  H.  Eck  in  seiner  bereits  citirten  Arbeit  hervorgehoben,  dass 
sich  hier  die  Rinne  gewöhnlich  ebenfalls  vorfindet  und  nur  bei 
alten  Exemplaren  zuweilen  blos  in  Spuren  oder  kaum  vorhanden 
ist.  Es  existirt  also  nach  TI.  Eck  zwischen  den  Terebrateln  des 
oberen  Muschelkalks  und  den  Terebrateln  seiner  unteren  Terebratel- 
schicht im  württembergischen  unteren  Muschelkalk  in  Bezug  auf 
die  Rinne  der  Unterschied,  dass,  während  dieselbe  bei  den  Exem- 
plaren aus  dem  oberen  Muschelkalk  wenigstens  in  der  Jugend 
immer  ausgebildet  ist,  sie  bei  den  Terebrateln  des  unteren  Tere- 
bratelhorizontes überhaupt  in  keinem  Stadium  der  Lebensdauer 
vorkommt.  Dieselben  Verhältnisse  zeigen  auch  die  Terebrateln 
der  hiesigen  Gegend.  Sehr  ausgezeichnet  finde  ich  die  Rinne 
auch  an  der  Meinen  Terebratula  vulgaris  var.  cycloides  aus  den 
Nodosenschichten. 


160 


W.  Frantzen,  Terebratula  Ecki  nov.  sp. 


In  gleicher  Weise,  wie  in  Württemberg  im  unteren  Muschel- 
kalk die  Terebrateln  der  unteren  Terebratelschicht  sich  durch  ihre 
geringe  Grösse  von  den  Exemplaren  aus  der  oberen  Terebratel- 
schicht unterscheiden,  ist  dies  auch  bei  Meiningen  bei  den  Tere- 
brateln aus  den  Oolithbänken  und  den  gleichen  Versteinerungen 
aus  der  oberen  Abtheilung  des  Wellenkalks  der  Fall.  Die  letzteren 
sind  mit  den  Terebrateln  aus  der  oberen  Terebratelschicht  Württem- 
bergs vollständig  identisch. 

Indem  ich  umstehend  in  einer  Tabelle  die  Maasse  verschie- 
dener Terebrateln  aus  dem  unteren  Terebratelhorizonte  bei  Mei- 
ningen und  aus  Württemberg  beifüge,  bemerke  ich  über  die  Grösse 
dieser  Versteinerungen  weiter,  dass  das  grösste  Exemplar,  welches 
ich  hier  in  der  Oolithbank  « aufgefunden  habe,  nur  19  Millimeter 
Länge  hat,  während  bei  den  Terebrateln  des  oberen  Wellenkalks 
in  hiesiger  Gegend  Längen  von  30  Millimeter  keine  Seltenheiten 
sind.  Gewöhnlich  erlangen  die  Terebrateln  der  Oolithbänke  nur 
eine  Grösse  von  15  bis  17  Millimeter. 

Das  Verkältniss  der  Länge  des  Gehäuses  zur  Breite  ist  bei 
diesen  Versteinerungen  sehr  variabel.  Man  findet  bei  einem  grossen 
Theile  derselben  Formen,  welche  viel  länger  als  breit,  einen  ovalen 
oder  seltener  auch  wohl  einen  abgerundet  - pentagonalen  Umriss 
zeigen,  so  besonders  Lei  den  Terebrateln  mit  Wülsten  auf  der 
Rückenschale.  Zu  solchen  Typen  gehören  die  Exemplare  unter 
der  No.  1 und  2 der  Tabelle.  Ein  anderer  Theil  hat  breite  Ge- 
häuse, wie  das  Exemplar  unter  No.  4.  Die  Breite  wird  bei  ihnen 
der  Länge  fast  gleich.  Der  Unterschied  zwischen  breiten  und 
schlanken  Formen  ist  jedoch  kein  durchgreifender;  vielmehr  gehen 
sie  in  einander  über.  Die  Terebratel  unter  No.  3 der  Tabelle 
gehört  zu  solchen  Uebergangsformen. 

Aus  der  mitgetheilten  Tabelle  ist  zu  ersehen,  dass  mit  der 
verhältnissmässig  grösseren  Breite  im  Allgemeinen  auch  der  Schnabel- 
winkel wächst.  Während  er  bei  einem  meiner  schlankesten  Gehäuse 
aus  hiesiger  Gegend  bis  auf  61  Grad  herabsinkt,  wird  er  bei  den 
breiten  Terebrateln  zu  einem  rechten. 

Eine  ganz  extreme  Gestalt  zeigen  die  Exemplare,  deren  Maasse 
unter  No.  6 und  7 angegeben  sind;  die  beiden  Stücke  stammen 


und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen, 


161 


11 


Bemerkungen.  Die  Exenrplare  unter  No.  1 bis  5 incl.  stammen  aus  der  Oolithbank  a bei  Meiningen,  die  unter  No.  6 
und  7 aufgeführten  aus  der  unteren  Terebratelschicht  des  unteren  Muschelkalks  bei  Aach  unweit  Freudenstadt  in  Württemberg. 

Die  ersten  6 Ziffern  bei  jeder  No.  geben  in  der  oberen  Horizontalreihe  die  Maasse  in  Millimeter,  in  der  unteren  die 
Verhältnisszahlen  der  übrigen  Dimensionen  zur  Länge  der  Bauchschale,  diese  gleich  100  gesetzt. 


162 


W.  Fkantzen,  Terebratula  Ecki  nov.  sp. 


allerdings  nicht  aus  dem  hiesigen,  sondern  aus  dem  süddeutschen 
unteren  Muschelkalk  bei  Aach.  Bei  einem  massig  grossen  Schnabel- 
winkel werden  sie  in  den  äusseren  Umrissen  einem  an  den  Ecken 
abgerundeten  gleichseitigen  Dreieck  ähnlich.  Die  Breite  übert rillt 
bei  dem  Exemplare  unter  No.  7 sogar  die  Länge  des  Gehäuses, 
wenn  auch  nur  wenig.  Auch  darin  weichen  die  erwähnten  beiden 
Stücke  von  dem  gewöhnlichen  Habitus  der  in  Rede  stehenden  Te- 
rebrateln ab,  dass  bei  ihnen  die  grösste  Dicke  ungewöhnlich  weit 
vom  Wirbel  ab  gegen  den  Stirnrand  hin  gerückt  erscheint.  Bei 
den  meisten  Exemplaren  liegt  dieselbe  nicht  in  der  Mitte  des  Ge- 
häuses, sondern  etwas  näher  zum  Schnabel  hin.  Hierdurch  unter- 
scheiden sich  diese  Terebrateln  von  der  Terebratula  vulgaris  des 
oberen  Wellenkalks,  bei  welcher  die  grösste  Dicke  in  der  Mitte 
des  Gehäuses  liegt. 

Die  grösste  Breite  desselben  befindet  sich  an  den  bisher  von 
mir  in  den  Oolithbänken  aufgefundenen  Terebrateln  zuweilen  in 
der  Mitte,  gewöhnlich  aber  etwas  davon  entfernt  nach  dem  Stirn- 
rande hin. 

Ueber  den  bei  manchen  Terebrateln  an  der  Rückenschale  aus- 
gebildeten  Wulst  bemerkt  H.  Eck  in  seiner  bereits  citirten  Ab- 
handlung,  dass  bei  den  meisten  Terebrateln  des  unteren  Horizontes 
davon  nichts  zu  finden  sei.  Auch  in  dieser  Hinsicht  gleichen  die 
Terebrateln  der  hiesigen  Oolithbänke  den  schwäbischen  vollkommen; 
sie  sind  aussergewöhnlich  ganz  glatt.  Von  allen  meinen  aus  hiesiger 
Gegend  stammenden  Exemplaren  hat  nur  ein  einziges  von  1 5 1/2  Milli- 
meter Länge  einen  gut  ausgebildeten  Wulst.  Man  kann  ihn  vom 
Stirnrande  ab  auf  6 Millimeter  Länge  nach  dem  Schnabel  hin  ver- 
folgen. Die  Bauchschale  zeigt  dagegen  keine  Spur  einer  der  Auf- 
wulstung der  Rückenschale  entsprechenden  Depression;  sie  bleibt 
völlig  glatt. 

Auch  im  unteren  Terebratelhorizonte  des  württembergischen 
unteren  Muschelkalks  sind  Exemplare  mit  einem  Widste  an  der 
Rückenschale  nicht  häufig.  Unter  293  Stück,  welche  ich  in  der 
Umgegend  von  Aach  und  Rohrdorf  in  Württemberg  sammelte, 
befinden  sich  nur  6,  welche  einen  deutlichen  Wulst  haben  und 


und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen. 


163 


nur  ein  Paar  andere,  an  denen  noch  schwache  Andeutungen  von 
Kanten  zu  sehen  sind. 

Das  Vorhandensein  des  Wulstes  ist  unabhängig  von  der  äusse- 
ren Form;  ich  finde  ihn  an  schmalen  und  breiten,  an  grösseren 
oder  kleineren  Exemplaren.  Die  Kanten,  welche  in  Folge  der 
Aufwulstung  auf  der  Rückenschale  entstehen,  lassen  sich  zuweilen 
vom  Stirnrande  bis  hart  an  den  Wirbel  verfolgen.  Bei  einer  Te- 
rebratel von  17,2  Millimeter  Länge  sieht  man  sie  vom  Stirnrande 
convereirend  nach  dem  Wirbel  hin  laufen  und  bei  etwa  11,8  Milli- 

<D  ' 

meter  Abstand  verschwinden.  Alan  darf  aus  diesen  Verhältnissen 
scliliessen,  dass  die  Ausbildung  des  Wulstes  zuweilen  schon  in 
ganz  früher  Jugend  begann,  bei  anderen  Individuen  erst  viel  später, 
bei  den  meisten  aber  gar  nicht. 

Der  Winkel,  unter  welchem  die  Seitenkanten  des  Wulstes 
convergiren,  ist  verschieden;  bei  den  breiten  Exemplaren  ist  er 
breiter,  bei  den  schlanken  schmäler.  So  zeigt  z.  B.  ein  schmales 
Gehäuse  einen  Winkel  der  Wulstkanten  von  18,  ein  ganz  breites 
aber  einen  solchen  von  34  Grad. 

Ich  habe  bereits  oben  erwähnt  , dass  das  einzige  in  hiesiger 
Gegend  von  mir  im  unteren  Terebratelhorizonte  aufgefundene  Exem- 
plar mit  Wulst  keine  demselben  entsprechende  Depression  der 
Bauchschale  zeigt.  Bei  meinen  in  Württemberg  gesammelten 
Terebrateln  ist  es  gewöhnlich  ebenso.  Nur  ein  einziges  grosses 
Exemplar  von  20  Millimeter  Länge,  an  welchem  die  Kanten  des 
Wulstes  bis  auf  6 Millimeter  Entfernung  vom  Deltidium  besonders 
scharf  ausgebildet  sind,  hat  auf  der  Bauchschale  2 mit  den  Kanten 
des  Wulstes  correspondirende,  ziemlich  tief  eingeschnittene  Furchen, 
innerhalb  welcher  die  Schale  sich  jedoch  nicht  senkt.  Ich  be- 
merke dazu,  dass  eine  Terebratula  vulgaris  aus  dem  Trochitenkalke 
bei  Rohr  (Section  Aleiningen)  bei  ungewöhnlich  starker  Ausbildung 
des  Wulstes  an  der  Rückenschale  ebenfalls  tiefe  Furchen  auf  der 
Bauchschale  besitzt. 

Den  verschiedenen  äusseren  Formen  der  Klappen  entspricht 
auch  ein  verschiedener  Verlauf  des  äusseren  Randes  derselben. 
Die  schlanken  Exemplare  zeigen  gewöhnlich  eine  sanfte  Aufbiegung 
des  Stirnrandes  der  Rücken  klapp  e , an  deren  Seiten  sich  da,  wo 

11* 


164 


W.  Frantzen,  Terebratula  Ecki  nov.  sp. 


bei  den  Terebrateln  mit  Wulst  die  Seitenkanten  desselben  auf 
den  Stirnrand  treffen,  eine  geringe  Depression  des  Randes  der 
Rückenklappe  vorfindet.  Die  eben  erwähnte  und  bei  den  meisten 
Exemplaren  vorhandene  Aufbiegung  des  Stirnrandes  der  Rücken- 
klappe nimmt  bei  anderen  sehr  ab,  verschwindet  bei  einzelnen 
auch  wohl  ganz  und  gar,  so  dass  der  Stirnrand  dann  mit  den 
Seitenwänden  in  einer  Ebene  liegt. 

Die  bereits  wegen  ihrer  ungewöhnlichen  Gestalt  und  grossen 
Breite  erwähnte,  unter  No.  7 der  Tabelle  aufgeführte  Terebratel 
von  Aach  ist  auch  durch  eine  ungewöhnlich  grosse  Breite  und 
Höhe  der  Aufbiegung  des  vorderen  Stirnrandes  ausgezeichnet. 

Der  Bau  des  Gerüstes  im  Innern  der  Schale  lässt  sich  zwar 
nicht  genau  untersuchen,  möchte  aber  von  demjenigen  der  gewöhn- 
lichen Terebratula  vulgaris  schwerlich  verschieden  sein.  H.  Eck 
sali  an  württembergischen  Stücken  hie  und  da  das  Septum  durch- 
schimmern; bei  den  hiesigen  kann  man  es  ebenfalls  zuweilen  be- 
obachten, daneben  die  kurzen  Zahngrubenwände.  Bei  dem  Exem- 
plar No.  1 der  Tabelle  sieht  man  die  letzteren  in  einer  Länge 
von  2,  das  erstere  in  einer  Länge  von  6,3  Millimeter  sehr  deutlich. 

Wird  die  Schale  der  Klappen  abgesprengt  , wie  dies  beim 
Zerschlagen  des  harten  Gesteines  der  Oolithbank  a sehr  oft  ge- 
schieht, so  bemerkt  man  zuweilen  an  einzelnen  dieser  Steinkerne 
in  der  Medianebene  der  Rückenklappe  eine  äusserst  schwache  Ein- 
senkung an  derselben  Stelle,  wo  die  Terebrateln  des  oberen  Wellen- 
kalks aussen  die  Rinne  unter  dem  Wirbel  zeigen.  Sie  hat  jedoch 
mit  der  letzteren  nichts  zu  thun  und  ist  lediglich  eine  Folge  der 
Verdeckung  der  Schale  in  der  Nähe  des  Septums. 

Von  den  Gefässen  des  Tliicres  herrührende  Eindrücke  finde 
ich  an  den  meisten  Exemplaren  aus  der  Oolithbank  « nicht;  nur 
ein  einziger  Steinkern,  von  welchem  jedoch  blos  die  obere  Hälfte 
erhalten  ist,  zeigt  in  der  Medianebene  der  Bauchschale  eine 
schmale  Rinne,  welche  sich  von  der  abgebrochenen  Stelle  bis  halb- 
wegs zum  Wirbel  verfolgen  lässt.  Die  württembergischen  Tere- 
brateln eignen  sich  zu  solchen  Beobachtungen  wenig,  weil  ihre 
Schale  gewöhnlich  erhalten  ist  und  sich  auch  nicht  leicht  entfernen 
lässt.  — 


und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen. 


165 


Es  ist  bemerkenswerth,  dass,  an  der  Terebratula  vulgaris  aus 
dem  oberen  Terebratelhorizonte  des  Wellenkalks  mehr  oder  weniger 
deutlich  solche  Rinnen  sehr  häufig,  vielleicht  immer  Vorkommen. 
Schlecht  erhalten  finde  ich  sie  an  einem  solchen  Exemplare  von 
Aach;  sehr  deutlich  und  oft  vom  Wirbel  bis  zum  Stirnrande  laufend 
an  einer  ganzen  Reihe  von  Steinkernen  aus  der  hiesigen  Gegend. 
Neben  der  Rinne  in  der  Medianebene  liegt  an  jeder  Seite  vom 
Wirbel  der  Bauchschale  noch  eine  kurze,  so  dass  beide  gegen 
den  Wirbel  hin  etwas  convergiren.  Diese  Seitenrinnen  sind  eben- 
falls schmal,  nicht  tief  und  erreichen  vom  Wirbel  nur  etwa  ^4  der 
Schalenlänge. 

Es  ist  bereits  von  H.  Eck  darauf  hingewiesen  worden,  dass, 
falls  die  dort  von  ihm  erörterten  Verhältnisse  sich  auch  für  andere 
Gegenden  bestätigen  sollten,  er  eine  Auszeichnung  der  Terebratel 
des  unteren  Terebratelhorizontes  im  unteren  Muschelkalk  als  Va- 
rietät der  Terebratula  vulgaris  für  erlaubt  halte.  Nachdem  von  mir 
hier  in  so  weiter  Entfernung  von  den  württembergischen  Fund- 
stellen dieselbe  Versteinerung  in  grosser  Zahl,  in  besonderem  Lager 
und  unter  ähnlichen  Verhältnissen  aufgefunden  worden  ist,  möchte 
es  sich  empfehlen,  der  von  Herrn  Eck  zuerst  unterschiedenen  und 
beschriebenen  kleinen  Terebratel  aus  dem  unteren  Muschelkalk 
einen  besonderen  Namen  zu  geben.  Ich  erlaube  mir  daher  den 
Vorschlag,  dieselbe  zu  Ehren  des  um  die  Kenntniss  des  Muschel- 
kalks so  hoch  verdienten  Forschers  Terebratula  Ecki  zu  nennen. 

Ob  man  die  Terebratula  Ecki  nur  als  Varietät  der  Terebratula 
vulgaris , wie  es  anfangs  von  Herrn  Eck  selbst  geschah,  aufzufassen 
habe,  oder  ob  man  bei  unserer  erweiterten  Kenntniss  der  Verhält- 
nisse nicht  noch  einen  Schritt  weiter  gehen  und  sie  als  besondere 
Species  auffassen  müsse,  hierüber  äussert  sich  Herr  Eck  in  einer 
an  mich  gerichteten  brieflichen  Mittheilung , aus  welcher  ich  den 
betreffenden  Passus  zum  Abdruck  bringe,  sehr  treffend  in  folgender 
W eise  : 

»Was  die  Frage:  Varietät  oder  Art?  betrifft,  so  bin  ich  heute 
durchaus  nicht  mehr  zweifelhaft  darüber,  dass  man  es  mit  einer 
selbstständigen  Form  zu  thun  hat.  Als  ich  dieselbe  beschrieb, 
kannte  man  sie  mit  Sicherheit  nur  von  liier,  und  wenn  sie  sich 


166 


W.  Fp.antzbn,  Terebratula  Ecki  nov.  sp. 


auch  hier  dem  Lager  nach  von . der  Terebratula  vulgaris  getrennt 
hielt,  wäre  es  doch  möglich  gewesen,  dass  sie  sich  anderswo  mit 
der  letzteren  zusammen  gefunden  hätte;  deshalb  bezeichnete  ich 
sie  vorsichtigerweise  vorläufig  mit  Terebratula  vulgaris  var.  Nach- 
dem sie  sich  jedoch  mit  den  nämlichen  Charakteren  und  in  ähn- 
lichem Lager  anderswo  gleichfalls  getrennt  von  Terebratula  vulgaris 
gefunden  hat,  kann  man  sie  wohl  nicht  mehr  als  Varietät,  d.  h. 
als  gleichzeitig  lebende  Abänderung,  sondern  (die  Gleichheit  des 
innereren  Gerüstes  vorausgesetzt)  höchstens  die  Terebratula  vul- 
garis als  Mutation  jener,  d.  h.  als  verschiedenartige  Abänderung 
auffassen,  und  in  solchem  Falle  hat  man  bis  jetzt  und  mit  Recht 
immer  eine  selbstständige  Bezeichnung  gewählt « . 

Um  das  Lager  der  Terebratula  Ecki  mit  dem  gleichen  Hori- 
zonte an  anderen  Orten  vergleichen  zu  können,  erscheint  es  zweck- 
mässig, zunächst  auch  über  die  Beschaffenheit  der  beiden  Oolith- 
bänke  a und  ß und  ihre  Lage  im  Schichtenverbande  einige  Mit- 
theilungen zu  machen. 

Die  Oolithbank  ß,  der  »Oolith«  Emmrich’s  ist  eine  von  zahl- 
reichen kleinen  Oolithkörnern  angefüllte  mächtige  Kalkbank.  Die 
einzelnen  Oolithkörner  zeichnen  sich  ebenso  wie  die  Oolithkörner 
der  unteren  Schaumkalkbank  im  oberen  Wellenkalk  durch  ihre 
Kleinheit  und  durch  die  grosse  Gleichmässigkeit  der  gewöhnlich 
runden  oder  doch  der  Kreisform  sich  nähernden  Körner  aus.  Sie 
unterscheiden  sich  dadurch  auffällig  von  den  Oolithen  der  Tere- 
bratelbänke , die  sehr  gewöhnlich  neben  mehr  oder  weniger  runden 
Körnern  in  grosser  Zahl  auch  solche  enthalten,  welche  sehr  viel 
mal  länger  als  breit  sind,  und  zuweilen  nur  wenig  durch  Wellen- 
schlag  abgerundeten  Gesteinsfragmenten  gleichen.  Die  Farbe  des 
Gesteins  ist  in  Folge  der  Umwandlung  des  kohlensauren  Eisen- 
oxyduls in  Eisenoxydhydrat  über  Tage  überall  ockergelb. 

Wie  alle  Oolithe  des  unteren  Muschelkalks  zeigen  auch  die 
einzelnen  Oolithkörner  dieser  beiden  Bänke  keine  radialfaserige 
Zusammensetzung,  während  sie  auffallender  Weise  bei  den  Oolithen 
in  der  Oolithzone  des  Trochitenkalks  im  oberen  Muschelkalk  Regel 
ist  und  weit  verbreitet  zu  sein  scheint.  Ich  beobachtete  die  radial- 
faserige Structur  der  Oolithkörner  in  dieser  Zone  nicht  blos  hier, 


und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen. 


167 


sondern  auch  in  der  Rhön,  ebenso  nördlich  vom  Thüringer  Walde, 
z.  B.  am  Horstberge  bei  Mihla  (Section  Berka). 

Jedes  Oolithkorn  der  Oolithbank  ß besteht  aus  einem  oder 
mehreren  Krystalloiden  mit  verschiedener  Lage  der  Krystallaxen. 
Die  Kryställchen  der  Oolithkörner  sind  sehr  oft  erheblich  grösser, 
als  diejenigen,  welche  die  Grundmasse  bilden.  Die  Grösse  der 
Oolithkörner  beträgt  gewöhnlich  0,18  bis  0,24  Millimeter  im  Durch- 
messer. 

Die  Oolithbank  ß gehört  zu  den  mächtigsten  Bänken  des 
Wellenkalks  in  hiesiger  Gegend  und  wird  in  dieser  Hinsicht  nur 
durch  die  untere  Terebratelbank  und  durch  die  untere  Schaum- 
kalkbank im  oberen  Wellenkalk  übertroffen.  Das  Liegende  der 
eigentlichen  Oolithbank  besteht  gewöhnlich  aus  einer  oder  mehreren 
festen,  harten,  blauen  Kalkbänken  von  bedeutender  Mächtigkeit. 
Sie  eignen  sich  daher  zu  Bausteinen  und  werden  zu  diesem  Zwecke 
mit  dem  Gesteine  der  oolithischen  Schichten  zuweilen  gebrochen, 
so  bei  Melkers  und  Helba.  Aehnliche  feste,  blaue,  ebenflächige 
Kalkbänke  bilden  bei  Meiningen  gewöhnlich  auch  das  Liegende 
der  übrigen  oolithischen  oder  schaumigen  Schichten  des  Wellenkalks. 
Wo  die  Oolithbank  verdrückt  erscheint  , oder  wie  dies  auch  wohl 
vorkommt,  einmal  ganz  verschwindet,  wie  es  hie  und  da  am  rechten 
Ufer  der  Werra  zwischen  Grinnnenthal  und  Meiningen  der  Fall 
ist,  sind  gewöhnlich  die  liegenden  blauen  Bänke  vorhanden  und 
können  dann  bei  der  Aufsuchung  der  Bank  leiten.  Nur  an  wenigen 
Stellen,  so  an  den  Thonköpfen  bei  Meiningen  scheinen  auch  diese 
zu  fehlen.  Als  ein  Beispiel  ihrer  gewöhnlichen  Mächtigkeit  gebe 
ich  eine  Messung:  der  Bank  in  dem  Steinbruche  der  Gemeinde 
Melkers  an  dem  zwischen  Eutel  und  den  Melkerser  Felsen  von 
der  Hassfurt  nach  Melkers  führenden  Wege.  Die  eigentliche, 
zahlreiche  Oolithkörner  enthaltende  gelbe  Oolithbank  besteht  hier 
aus  2 Packen;  der  obere  0,34,  der  untere  0,55  bis  0,65  Meter 
stark,  beide  getrennt  durch  eine  0,015  Meter  dicke  Thonlage. 
Darunter  folgt,  durch  ein  Lösen  oder  einen  Thonstreifen  von  der 
Oolithbank  geschieden,  eine  Bank  von  0,48  Meter  aus  hartem,  eben- 
flächigem, blauem  Kalk  bestehend ; darunter  noch  eine  zweite  von 
derselben  Beschaffenheit  und  von  0,40  Meter  Dicke. 


168 


W.  Frantzen,  Terebratula  Ecki  nov.  sp. 


An  Petrefacten  ist  die  Oolithbank  ß nicht  besonders  reich, 
weder  an  Arten  noch  an  Individuen.  Neben  der  sehr  seltenen 
Terebratula  Ecki  bildet  sich  der  Pecten  Albertii  öfters  darin;  ausser- 
dem sind  besonders  noch  die  Myophoria  elegans,  deren  schöne  Er- 
haltung in  dieser  Bank  schon  Emmrich  rühmt,  und  in  gleicher 
Beziehung  auch  Myophoria  laevigata  als  häufiger  vorkommende 
Petrefacten  zu  nennen.  Encrinitenstiele  sind  in  der  Bank  gewöhn- 
lich nicht  vorhanden;  doch  kommen  sie  an  anderen  Orten  zuweilen 
sparsam  darin  vor  und  nur  an  wenigen  Stellen  auch  in  grösserer 
Zahl,  wie  z.  B.  südlich  von  Kühndorf  (Section  Wasungen). 

Eine  Messung  in  der  Weissbach  bei  Meiningen  ergab  eine 
Höhe  der  Unterkaute  der  Oolithbank  ß über  den  gelben  Kalken 
an  der  Basis  des  Wellenkalks  von  119  preussischen  Decimalfuss 
oder  von  44,80  Meter. 

Die  Oolithbank  7 liegt  bei  Meiningen  gewöhnlich  20  Dec.- 
Fuss  — 7,53  Meter  unter  der  Unterkante  der  Oolithkante  der 
Oolithbank  ß.  Emmrich  erwähnt  sie  auf  pag.  6 des  Programmes 
der  Realschule  zu  Meiningen  vom  Jahre  1873  lediglich  als  eine 
feste,  blaue  Kalkbank.  In  solcher  Gestalt  erscheint  sie  bei  Meiningen 
an  vielen  Stellen;  an  anderen  wird  wenigstens,  und  zwar  sehr 
häufig,  ihr  oberster  Theil  oolithisch,  so  am  Eschberg  bei  Walldorf, 
am  Schneeberg  bei  Metzels  und  an  zahlreichen  Punkten  der  Hass- 
furt.  In  der  ganzen  Mächtigkeit  von  Oolithkörnern  angefüllt,  findet 
man  sie  nur  selten,  so  in  den  Bergen  bei  Neubrunn,  an  mehreren 
Punkten  der  Section  Helmershausen  und  besonders  ausgezeichnet 
an  dem  bereits  oben  erwähnten  Fusswege  durch  die  Hassfurt  nach 
Melkers.  An  letzterer  Stelle  lagert  10  Meter  unter  der  Oolith- 
bank ß,  tiefer  als  ich  sie  sonst  hier  irgendwo  traf,  auf  einer  festen 
blauen  Kalkbank,  von  gelben  Oolithkörnern  ganz  angefüllt  die 
Oolithbank  7 in  einer  Mächtigkeit  von  0,62  Meter;  darüber  folgen 
Wulstkalke,  ebenfalls  etwas  oolithisch,  wechselnd  mit  thonigen 
Mergelstreifen,  0,32  Meter  mächtig;  noch  höher  0,42  Meter  feste 
ebenflächige  Sandbänkchen.  Eine  so  grosse  Mächtigkeit  erreicht 
die  Bank  gewöhnlich  aber  nicht ; gewöhnlich  ist  sie  nicht  viel  über 
Fuss  dick.  Am  Eschberg  (Section  Wasungen)  besteht  sie  z.  B. 
aus  einer  0,38  Meter  starken,  blauen,  oben  in  Oolith  übergehenden 


und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen. 


169 


Kalkbank.  Darüber  liegen  0,17  Meter  dicke,  gelbliche,  mürbere 
Kalkschiefer,  welche,  wie  an  vielen  anderen  Orten  von  festen  blauen, 
geradschiefrigen  Kalkbänkchen,  hier  von  0,45  Meter  Gesammt- 
mächtigkeit  bedeckt  werden. 

Die  eben  erwähnten  gelblichen,  oft  festeren,  oft  aber  auch 
ziemlich  mürben,  wenig  mächtigen  Schichten  unmittelbar  im  Han- 
genden der  Oolithbank  a sind  dadurch  ausgezeichnet,  dass  in  ihnen 
die  Terebratula  Ecki  ebenso  vorkommt  , wie  auch  in  der  Oolith- 
bank 7.  selbst;  man  findet  an  ihnen  diese  Versteinerung  zuweilen 
sogar  in  viel  grösserer  Zahl,  als  in  der  letzteren,  und  kann  sie  da, 
wo  die  gelben  Schichten  mürber  werden,  leichter  in  unbeschädig- 
tem Zustande  daraus  sammeln. 

Die  Oolithkörner  der  Oolithbank  a sind  ebenfalls  gewöhnlich 
ockerfarbig,  wie  diejenigen  der  oberen  Bank;  nur  an  wenigen 
Stellen  werden  sie  etwas  lichter.  Zuweilen  findet  man  unter  einer 
gelben  oolithischen  Verwitterungsrinde  auch  wohl  noch  den  unver- 
witterten blauen  Kern.  Die  Grösse  der  einzelnen  Körner  mag 
etwa  0,20  Millimeter  betragen;  sie  sind  gewöhnlich  rund  und 
gleichinässig , wie  in  der  oberen  Oolithbank.  An  anderen  Orten 
jedoch,  wie  z.  B.  am  Eschberge,  sind  neben  den  runden  zuweilen 
auch  solche  Körner  in  mehr  oder  weniger  grosser  Zahl  vorhanden, 
welche  erheblich,  sogar  4 oder  5 mal  länger  als  breit  sind. 

An  Petrefacten  ist  neben  der  Terebratula  Ecki  besonders  das 
häutige  Vorkommen  von  Limen,  in  den  beiden  Formen  der  Lima 
Uneata  und  radiata , in  breiten  oder  schmäleren  Exemplaren  zu  er- 
wähnen. Ausserdem  findet  man  darin  öfters  den  Turbo  gregorius , 
sparsamer  Tellinites  anceps , Chemnitzia  obsoleta  und  andere  im 
Wellenkalk  weit  verbreitete  und  darum  auch  ziemlich  gleichgültige 
Dinge.  Encrinitenstiele  kommen  oft  darin  vor;  einzelne  Platten 
sind  auf  ihrer  Oberfläche  zuweilen  ganz  davon  bedeckt.  Von 
solchen  Fundpunkten,  wo  ich  in  dieser  Bank  die  Terebratida  Ecki 
in  grösserer  Zahl  traf,  erwähne  ich  beispielsweise  die  Stelle  bei 
Grenzstein  No.  37  in  den  »Diemar’schen  Schlägen«  in  der  Hass- 
furt,  eine  andere  Stelle  bei  Stein  No.  72  in  der  Streitleite,  die  Um- 
gebung des  Walldorfer  Kopfes  und  besonders  auch  die  Berge  bei 
Neubrunn.  An  anderen  Orten  ist  die  Versteinerung  jedoch  zu- 


170 


W.  Frantzejj,  Terebratula  Ecki  nov.  sp. 


weilen  nur  spärlich  vorhanden,  so  z.  B.  in  den  Bergen  zwischen 
Walldorf  und  Metzels  (Sect.  Wasungen);  doch  habe  ich  noch 
nirgends  vergeblich  nach  ihr  gesucht.  Allerdings  macht  es  bei 
Meiningen  mehr  Mühe,  wie  in  Württemberg,  sich  eine  grössere 
Anzahl  guter  Exemplare  zu  verschaffen;  denn  einmal  ist  das  Bänk- 
chen nur  dünn  und  daher  nur  an  nackten  Felsen  gut  aufgeschlossen; 
dann  aber  ist  das  Gestein  gewöhnlich  auch  sehr  hart,  so  dass  die 
herausgeklopften  Terebrateln  gewöhnlich  nur  Bruchstücke  bilden 
oder  auch  nur  als  Steinkerne  aus  dem  festen  Materiale  heraus- 
springen. Ausgewitterte,  ganz  unbeschädigte  Exemplare  habe  ich 
nur  in  wenigen  Stücken  finden  können.  Wären  die  Verhältnisse 
hier  wie  in  Württemberg  und  zerfiele  die  Oolithbank  a hier  eben- 
so in  mergelige  Erde,  wie  dies  bei  der  unteren  Terebratelschicht 
bei  Aach  und  Rohrdorf  der  Fall  ist,  so  würde  man  die  in  Rede 
stehende  Versteinerung  hier  gewiss  in  eben  so  grosser  Anzahl  wie 
dort  sammeln  können;  auch  wäre  in  diesem  Falle  ihr  Lager  sicher- 
lich nicht  so  lange  verborgen  geblieben. 

o O O 

Das  Zwischenmittel  zwischen  den  Oolithbänken  v.  und  ß ist 
bei  Meiningen  gewöhnlicher  blauer  Wellenkalk.  Nur  die  gelb- 
lichen, zuweilen  etwas  mürben  und  mergeligen  Kalke  im  unmittel- 
baren Hangenden  der  Oolithbank  a,  welche  sich  etwas  höher  hie 
und  da  in  Spuren  wiederholen,  erinnern  an  die  durch  Eisenoxyd- 
hydrat gefärbten  Schichten,  welche  diesen  Horizont  nördlich  vom 
Thüringer  Walde  kennzeichnen1). 

D ie  Bezeichnung  der  beiden  Oolithbänke  mit  den  Buchstaben 
o.  und  ß habe  ich  den  von  der  Königl.  Preussiselien  geologischen 
Landesanstalt  herausgegebenen  geologischen  Karten,  auf  welchen 
nördlich  vom  Thüringer  Walde2)  die  untersten  beiden  Schaum- 
kalkbänke mit  den  gleichen  Buchstaben  bezeichnet  sind,  entnommen. 
Ueber  die  Identität  der  genannten  Schichten  kann  bei  dem  gleich- 
förmigen Aufbau  aller  oder  doch  fast  aller  mächtigeren  Bänke  im 
unteren  Muschelkalk,  überall  mit  gleichen  Eigenschaften  und  Pe- 
trefacten,  kein  Zweifel  sein.  Die  Oolithbank  a liegt  bei  Meiningen 


x)  Fr.  Moesta,  Erläuterungen  zu  Blatt  Netra. 

2)  Blatt  Netra. 


und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen. 


171 


in  demselben  Abstande  von  der  Oolithbank  ß , in  welchem  auch 
nördlich  vom  Thüringer  Walde  die  Schaumkalkbank  ß über  die. 
Schaumkalkbank  a vorkommt.  So  liegt  z.  B.  bei  Kreuzburg  an 
der  Werra  die  letztere  nach  meiner  Messung  20,6  Dec. -Fuss  = 
7,7  Meter  unter  der  ersteren.  Die  ganze  Differenz  in  der  Ent- 
wickelung der  Oolithbank  a hier  und  dort  ist  nur  die,  dass  die 
Bank  hier  gewöhnlich  etwas  dünner  ist,  und  meistens  weniger 
Oolithkörner  enthält,  wie  nördlich  vom  Thüringer  Walde. 

Wenn  Id.  Proscholdt1)  dagegen  die  Behauptung  aufstellt, 
dass  die  »im  Werrathale,  in  der  dihön,  in  Hessen  und  bei  Arnstadt 
vorkommende  Oolithbank«  sich  im  westlichen  Nordthüringen  durch 
Einlagerung  von  Wellenkalk  in  2 oolithische  Bänke  spalte  und  auf 
diese  Weise  »ein  25  Fuss  breites  Band«  entstehe,  so  muss  ich 
dieselbe  als  thatsächlich  unbegründet  und  irrig  bezeichnen. 

Wenn  auch  mit  gleicher  Bestimmtheit  die  Identität  der  un- 
teren Terebratelschicht  im  unteren  Muschelkalk  Württembergs  mit 
der  Oolithbank  a nicht  bewiesen  werden  kann,  weil  die  Terebratula 
Ecki  bei  Meiningen  nicht  blos  in  einer  einzigen  Schicht  gefunden 
wird,  sondern  auch,  wenn  auch  nur  in  wenigen  Exemplaren,  nach 
oben  hin  in  die  Oolithbank  ß hinaufreicht,  und  ihr  Horizont  auch 
nach  unten  hin  vielleicht  noch  erweitert  werden  müsste,  wenn  die 
von  H.  Loretz  2)  bei  Schalkau  am  südlichen  Thüringer  Walde 
8 bis  10  Meter  über  der  unteren  Wellenkalkgrenze  aufgefundenen 
Terebrateln  mit  Terebratula  Ecki  identisch  sein,  und  ihr  Lager 
noch  unter  der  Oolithbank  a liegen  sollte,  so  ist  sie  doch  sehr 
wahrscheinlich.  Dafür  spricht  neben  der  Häufigkeit  der  erwähnten 
Versteinerung  in  der  Oolithbank  a und  in  der  unteren  württem- 
bergischen  Terebratelschicht  auch  die  Lage  der  beiden  Bänke  im 
Schichtenverbande.  In  Württemberg  liegt  nach  II.  Eck  die  untere 
Terebratelschicht  fast  genau  in  der  Mitte  zwischen  der  unteren 
Grenze  des  Muschelkalks  und  der  Schicht  mit  Terebratula  vulgaris 
in  der  oberen  Abtheilung  desselben.  Hier  in  Meiningen  ist  dies 


B Programm  der  Realschule  zu  Meiningen  1879,  pag.  9 ff. 

2)  H.  Loretz,  Notizen  über  Buntsandstein  und  Muschelkalk  in  Südthüringen, 
abgedruckt  im  Jahrbuche  der  Königl.  preuss.  geol.  Landesanstalt  pro  1880. 


172 


W.  F rantzen , Terebratala  Ecki  noy.  sp. 


ebenso;  denn  die  Oolithbank  a.  liegt  99  Dec.-Fuss  = 37,27  Meter 
über  der  unteren  Wellenkalkgrenze  und  91  Dec.-Fuss  = 34,26  Meter 
unter  der  unteren  Terebratelbank. 

Für  die  Untersuchung  der  vorliegenden  Frage  ist  ferner  das 
Vorkommen  des  Ammonites  Buchi  in  dem  Mittel  zwischen  den 
beiden  Oolithbänken  nicht  ohne  Bedeutung.  In  diesem  Niveau 
fand  ich  den  erwähnten  Ammoniten  in  43/4  Meter  Höhe  unter  der 
Oolithbank  ß,  allerdings  nur  ein  einziges  Exemplar.  Wenn  nun 
diese  Versteinerung,  immer  einzeln  und  selten  hier  auch  in  den 
Schichten  des  unteren  Wellenkalks  unter  der  Oolithbank  a und 
von  II.  I jORETZ  *)  am  südlichen  Thüringer  Walde  sogar  schon  in 
den  Rötlikalken  beobachtet  worden  ist,  so  hat  der  Fund  bei  Wel- 
kershausen doch  aus  dem  Grunde  einige  Wichtigkeit,  weil  auch 
an  anderen  Orten  der  Ammonites  Buchi  über  der  untersten  Schaum- 
kalkbank vorkommt.  So  ist  er  nach  II.  Eck* 2)  bei  Rüdersdorf  nur 
wenige  Fuss  über  der  untersten  Schaumkalkbank  beobachtet  worden. 
Die  letztere  liegt  dort  246  Fuss  über  der  unteren  Muschelkalk- 
grenze und  170  Fuss  4 Zoll  unter  den  Schichten  mit  Terebratula 
vulgaris , also  auch  nicht  übermässig  weit  von  der  Mitte  zwischen 
beiden  Horizonten  entfernt.  In  Württemberg  liegt  die  Schicht  mit 
Ammonites  Buchi  nach  demselben  Forscher3)  nur  wenige  Fuss  über 
der  Schicht  mit  Terebratula  Ecki. 

Aus  diesen  Untersuchungen  über  die  Petrefacten,  über  die 
stratigraphischen  und  petrographischen  Verhältnisse  der  betreffen- 
den Bänke  geht  hei'vor,  dass  man  mit  genügender  Sicherheit  die 
hiesige  Oolithbank  a,  welches  die  unterste  der  sogenannten  Schaum- 
kalkbänke im  hiesigen  Wellenkalk  ist,  die  unterste  Schaumkalk- 
bank im  unteren  Muschelkalk  bei  Rüdersdorf  und  in  Norddeutsch- 
land überhaupt  und  endlich  die  untere  Terebratelschicht  im  unteren 
Muschelkalk  Württembergs  als  gleichzeitige  Ablagerungen  betrach- 
ten darf. 

Mit  diesem  Horizonte  fällt  in  Norddeutschland  die  zur  Glie- 
derung des  unteren  Muschelkalks  in  eine  obere  und  untere  Ab- 


x)  H.  Loretz,  a.  a.  0.  S.  144. 

H.  Eck,  Rüdersdorf  und  Umgegend  S.  62. 

3)  H.  Eck,  a.  a.  0.  S.  42. 


und  das  Lager  dieser  Versteinerung  bei  Meiningen. 


173 


theiluns:  gezogene  Grenze  zusammen,  während  sie  für  die  geolo- 
gische  Kartimng  an  der  Ostseite  des  Thüringer  Waldes  bei  Jena, 
und  an  seiner  Westseite  bei  Meiningen  erst  bei  der  ersten  Bank 
mit  Terebratula  vulgaris  in  viel  höherem  Niveau  angenommen 
wird.  Wenn  auch  bei  einer  geologischen  Landesuntersuchung? 
welche  speciellere  Zwecke,  wie  rein  wissenschaftliche  Untersuchun- 
gen zu  verfolgen  hat,  es  unthunlich  sein  mag,  überall  denselben 
Horizont  zur  Gliederung  eines  Schichtensystems  zu  benutzen,  schon 
aus  dem  Grunde,  weil  nur  mächtigere  Bänke  und  leicht  in  die 
Augen  fallende  Schichten  - Complexe  mit  genügender  Sicherheit 
verfolgt  werden  können,  so  wäre  es  zur  Vermeidung  von  Miss- 
verständnissen doch  sehr  wünschenswerth,  wenn  wenigstens  in  der 
Literatur  eine  gleichförmigere  Theilung  des  unteren  Muschelkalks, 
als  bisher  angenommen  und  die  Grenze  überall,  wo  es  angeht,  bei 
der  untersten  schaumigen  oder  oolitliischen  Bank  gezogen  würde. 
Seitdem  der  gleiche  Horizont  auch  in  Süddeutschland  mit  ge- 
nügender Sicherheit  feststeht,  würde  durch  Verlegung  der  übrigens 
auch  durch  Herrn  Eck  nur  als  provisorisch  bezeichneten  Grenze 
zwischen  der  oberen  und  unteren  Abtheilung  des  unteren  Muschel- 
kalks in  Süddeutschland  nach  der  Schicht  mit  Terebratula  Ecki 
eine,  wenn  auch  vielleicht  nicht  ganz  genaue,  aber  doch  genügende 
Uebereinstimmung  in  der  Gliederung;  des  Wellenkalks  in  den  ver- 
schiedenen  Gegenden  erzielt  werden  können. 


Erklärung  der  Tafel  5. 

Fig.  1.  Terebratula  Ecki  sp.  n.  (schmaler  Typus)  aus  der  Oolith- 
bank  u von  der  Streitleite  bei  Meiningen  in  natürlicher  Grösse. 
Original  in  der  Sammlung  der  Königlichen  Bergakademie  zu 
Berlin. 

a)  Ansicht  gegen  die  Rückenklappe. 

b)  Ansicht  gegen  die  Bauchklappe. 

c)  Ansicht  von  der  Seite. 

d)  Ansicht  gegen  den  Stirnrand. 


174 


W.  Fisantzen 


Terebratula  Ecki  nov.  sp.  und  das  Lager  etc. 


Fig.  2.  Terebratula  Ecki  sp.  n.  (breiter  Typus)  aus  der  Oolithbank  « 
von  der  Streitleite  bei  Meiningen  in  natürlicher  Grösse.  Original 
ebendaselbst. 

a)  Ansicht  gegen  die  Rückenklappe. 

b)  Ansicht  gegen  die  Bauchklappe. 

c)  Ansicht  von  der  Seite. 

d)  Ansicht  gegen  den  Stirnrand. 

Fig.  3.  Terebratula  Ecki  sp.  n.  aus  der  unteren  Terebratelschicht  des 
Muschelkalks  von  Aach  in  Württemberg  in  natürlicher  Grösse. 
Original  ebendaselbst. 

Das  Exemplar  hat  einen  Wulst  auf  der  Rückenschale  und 
correspondirende  Furchen  auf  der  Bauchschale. 

a)  Ansicht  gegen  die  Rückenklappe. 

b)  Ansicht  gegen  die  Bauchklappe. 

c)  Ansicht  von  der  Seite. 

d)  Ansicht  gegen  den  Stirnrand. 

Fig.  4.  Terebratula  vulgaris  Schl.  Ausgewachsenes  Exemplar  aus  der 
oberen  Terebratelschicht  des  unteren  Muschelkalks  von  Aach  in 
Württemberg.  Original  ebenda. 

a)  Ansicht  gegen  die  Rückenklappe. 

b)  Ansicht  gegen  die  Bauchklappe. 

c)  Ansicht  von  der  Seite. 

d)  Ansicht  gegen  den  Stirnrand. 


Beitrag’  zur  geologischen  Kenntniss 
der  cambrisch  - phyllitischen  Schieferreihe 
in  Thüringen. 

Von  Herrn  H.  Loretz  in  Frankfurt  a.  M. 


Einleitendes. 

Wie  in  anderen  Ländern,  so  hat  sich  auch  in  Thüringen  das 
alte  Schiefergebirge,  oder  das  Grauwacken-  und  Uebergangsge- 
birge  der  altern  Geologen  in  die  uns  nunmehr  geläufigen  Systeme 
des  Cambrium,  Silur,  Devon  etc.  aufgelöst,  nachdem  solche  zuerst 
in  England  durch  die  bahnbrechenden  Arbeiten  hervorragender 
Geologen  als  klar  gesonderte  Einheiten  aus  dem  Dunkel  hervor- 
getreten waren,  das  bis  dahin  allenthalben  über  der  Gesammtheit 
der  alten  Schieferschichten  gelegen  hatte;  und  wie  anderswo,  sind 
auch  in  Thüringen  und  den  geognostisch  gleich  beschaffenen  Nach- 
bargebirgen in  der  schärfern  Trennung  und  Unter abtheilung  der 
alten  Schicht  en  Systeme  durch  die  fortgesetzten  Untersuchungen 
hochverdienter  Forscher  gar  manche  Fortschritte  zu  verzeichnen 
gewesen. 

Es  kann  liier,  wo  wir  uns  ein  enger  begrenztes  Thema  gesetzt 
haben,  nicht  unsere  Absicht  sein,  die  Entwickelung  der  gesammten 
alten  Formationen  im  thüringischen  Gebirge  vorzuführen,  wie  sie 
sich  uns  aüf  Grund  der  genannten  Forschungen  nun  als  eine  Reihe 
sichergewonnener  Resultate  darstellt;  auch  müssen  wir  darauf  ver- 
zichten, eine  geschichtliche  Darlegung  der  sich  nach  und  nach 
erweiternden  und  vertiefenden  Kenntniss  unseres  Schiefergebirges 


176 


H.  Lohetz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


zu  geben  und  den  Wechsel  der  Auffassungen  vorzuführen,  welche 
hierbei  geltend  gemacht  wurden.  Wir  können  von  dieser  Dar- 
legung  um  so  eher  absehen,  als  schon  Gümbel  in  der  »geogno- 
stischen  Beschreibung  des  Fichtelgebirges«  S.  417  ff.  (in  den 
einleitenden  Worten  zur  Silurformation)  die  Arbeiten  und  An- 
schauungen der  Geologen  kurz  vorführt,  welche  in  den  letzten 
Jahrzehnten  bis  zur  Gegenwart  die  geologische  Erkenntniss  des 
Thüringischen  Schiefergebirges,  wie  der  benachbarten,  bildungs- 
verwandten Gebirge  gefördert  haben x).  — Was  die  Darstellung 
der  einzelnen  Formationen  selbst  betrifft,  so  enthält  das  genannte 
Werk  auch  in  dieser  Beziehung  die  reichhaltigste  Belehrung. 

Unserem  Thema  näher  tretend,  möchten  wir  vorher  aus  der 
ganzen  Reihe  stratigraphisch  und  paläontologiscli  bedeutsamer  Ho- 
rizonte unseres  Schiefergebirges  nur  einige  wenige  kurz  hervorheben, 
welche  in  der  unzweifelhaftesten  Weise  das  Vorhandensein  ächter 
Silur bil düngen  in  demselben  haben  erkennen  lassen;  wir  denken 
hier  zunächst  an  die  dunkelen,  kohlereichen,  theils  als  Kieselschiefer, 
tlieils  als  erdige  Schiefer  ausgebildeten  Graptolithenschiefer, 
welche  nach  Gestein  wie  nach  ihren  organischen  Resten  ganz  so 
im  Silur  anderer  Länder  wiederkehren;  wir  erwähnen  dann  ferner 
die  merkwürdigen,  verzerrten,  zu  Ogygia  oder  Asaphus  gehörigen 
Trilobiten  eines  tieferen  Horizontes,  des  Steinadler  Griffel- 
schiefers; und  jene  eigenthümliche,  den  Griffelschiefer  unter- 
lagernde Eisensteinbildung,  den  Thurin git- Horizont,  welcher 
wenn  auch  nicht  in  Thüringen,  so  doch  weiter  östlich,  wohin  er 
deutlich  zu  verfolgen  ist,  zahlreiche  Exemplare  einer  kleinen 
Orthis  enthält,  deren  nächststehende  Verwandten  in  den  schwe- 
dischen Paradoxidesscliichten  liegen.  Ein  Horizont  mit  einer 
eigentlichen  Primordialfauna  hat  sich  bisher  in  Thüringen  etc.  nicht 
nachweisen  lassen ; aber  wir  sind  durch  die  letztgenannten  Hori- 
zonte schon  in  die  tieferen  Regionen  des  Silur  verwiesen. 

Wenden  wir  uns  nun  von  diesem  Standpunkte  abwärts  zu 
dem  älteren  Schiefer,  so  treten  wir  in  ein  Gebiet  ein,  wo  uns 


1 ) Vergl.  auch  Richter,  Das  thüringische  Schiefergebirge,  Zeitschr.  d.  D.  geol. 
Ges.  1869,  im  Eingang. 


der  cambrisch - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


177 


sichere  paläontologische  Kennzeichen  verlassen1);  noch  eine  äusserst 
mächtige  Schichtenreihe,  Thonschiefer  mit  anderweitigen  Einlage- 
rangen,  haben  wir  hier  zu  durchschreiten,  bis  jenseits  in  den  ersten, 
deutlicher  krystallinischen  Schiefern  wieder  eine  Orientirungsmarke 
erscheint,  welche  das  Reich  der  eigentlich  archäischen  oder  kry- 
stallinischen Schiefer  Systeme  ankündigt. 

Wenn  eine  grosse  Mächtigkeit  und  eine  grosse  räumliche 
Verbreitung  im  Verein  mit  gewissen  gemeinsamen,  durch  das  Ganze 
gehenden  lithologischen  Charakteren  Grund  sein  können,  eine  ge- 
wisse Schichtenfolge  als  »Formation«,  oder  »System«  im  neuern 
Sinne  gelten  zu  lassen,  zumal  in  Regionen  des  Gesammtschichten- 
gebäudes,  wo  Versteinerungen  fehlen,  oder  zu  fehlen  beginnen: 
so  trifft  ein  solcher  Grund  gewiss  für  die  bezeichnete  Schichtenfolge 
zwischen  Silur  und  Archäisch  in  Thüringen,  dem  Fichtelgebirge 
und  Vogtlande  zu.  Und  wie  in  England  ein  ähnlicher  Sachverhalt 
wesentlich  mit  bestimmend  war  zur  Aufstellung  der  c am bri sehen 
Formation,  unter  der  sibirischen,  so  liegen  die  Verhältnisse  in  unserem 
Gebirge  ganz  so,  dass,  nachdem  einmal  die  sibirische  Formation 
in  dasselbe  eingeführt  war,  die  der  cambrischen  uns  als  noth- 
wendige  Folge  erscheint. 

Solche  Erwägungen  sind  es,  auf  Grund  deren  bereits  in  einer 
Anzahl  neuerer  Publicationen  über  die  genannten  Gebirgsländer 
seitens  verschiedener,  um  die  geologische  Kenntniss  derselben  hoch- 
verdienter  F orscher,  das  cambrische  System  als  solches  in  Be- 
schreibung und  Kartendarstellung  erscheint;  und  wir  können  uns 
in  dieser  Beziehung  nur  dieser  Festsetzung  anschliessen  2). 


x)  Auf  die  wenigen  auch  hier  noch  vorhandenen  organischen  Reste  kommen 
wir  später  zu  sprechen. 

2)  S.  besonders: 

Richter,  das  thüringische  Schiefergebirge,  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  1869,  Bd.  XXI. 
Liebe,  Lieferung  13  der  geolog.  Specialkarte  von  Preussen  und  den  thüringischen 
Staaten,  Karten  und  Erläuterungen,  1878. 

Gümbel,  Geognostische  Beschreibung  des  Fichtelgebirges  (3.  Abth.  der  geog. 

Beschreibg.  d.  Königr.  Bayern)  nebst  Atlas,  Gotha  1879. 

Liebe,  Erläuterung  zu  Blatt  Zeulenroda  der  geologischen  Specialkarte  von 
Preussen  etc.  1881. 

Schon  Murchison  hat  sich  auf  Grund  eigener  Anschauung  für  die  Selbstän- 

12 


178 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Dürfen  wir  somit  die  Selbständigkeit  einer  cambrischen  For- 
mation in  unserem  und  dem  benachbarten  Scliieferg’ebirg'e  als  eine 
wohl  begründete  anseben,  so  ist  es  andererseits,  wie  in  so  vielen 
ähnlichen  Fällen  nicht  leicht,  deren  obere  und  untere  Grenze  an- 
zugeben. Am  besten  gelingt  dies  noch  mit  der  obern  Grenze, 
obgleich  auch  liier  über  die  Zutheilung  einiger  Grenzschichten  nach 
oben  oder  unten  Zweifel  entstehen  können;  schwieriger  aber  ist 
es  anzugeben,  wo  das  cambrische  Gebiet  abwärts  aufhört  und  das 
eigentlich  archäische  Gebiet  der  Phyllite  beginnt;  hier  ist  der 
Uebergang,  wenigstens  in  gewissen  Gebirgspartieen  so  allmählich, 
dass  es  nicht  Wunder  nehmen  kann,  wenn  die  Auffassungen  zweier 
in  verschiedenen  Gebieten  arbeitenden  Geologen  sich  nicht  decken, 
und  der  Eine,  indem  er  von  den  archäischen  Systemen  sich  aufwärts 
begiebt,  Vieles  zum  Pliyllit  zieht,  was  der  Andre,  abwärts  schreitend, 
noch  cambriscli  nennt.  Indess  kann  man  diese  unvermeidliche 
Unsicherheit  nicht  als  Grund  für  das  Nichtvorhandensein  einer 
der  beiden  Formationen  (Systeme)  vorführen  wollen;  wiederholt 
sich  doch  dieser  allmähliche  Uebergang  so  oft  zwischen  zwei 
geologischen  Systemen  und  namentlich  auch  in  diesen  tiefem 
Regionen  des  Schichtengebäudes. 

Besonders  hervorheben  müssen  wir  aber  an  dieser  Stelle,  dass 
wir  neben  dem  cambrischen  System  ein  solches  der  ph yl li- 
tis chen  Schiefer  im  Thüringischen  Gebirge  als  selbständig  an- 
nehmen, was  später  näher  zu  begründen  sein  wird;  diese  Trennung 
ist  in  den  bisherigen  Beschreibungen  und  Kartendarstellungen  des 
Thüringischen  Schiefergebirges  noch  nicht  durchgeführt  worden. 

W enn  wir  unser  cambrisclies  System,  wie  es  sich  in  Thüringen, 
dem  Fichtelgebirge  und  Vogtlande  darstellt,  mit  den  cambrischen 


digkeit  einer  cambrischen  Formation  in  Thüringen  ausgesprochen.  (Gümbel, 
1.  c.  S.  105.) 

Schon  ehe  das  Vorhandensein  der  uns  jetzt  geläufigen  Formationen  oder 
Systeme  im  Schiefergebirge  Thüringens  und  der  Nachbargebiete  erkannt  war, 
musste  den  älteren  Geologen  das  die  eigentliche  cambrische  Partie  hauptsächlich 
ausmachende  Schiefergestein,  die  »grüne  oder  graugrüne  Grauwacke«,  als  ein 
durch  Mächtigkeit,  Verbreitung  und  gemeinsame  lithologische  Charaktere  hervor- 
ragendes Gebirgsglied  des  gesammten  »Grauwackengebirges«  erscheinen. 


der  cambrisch-phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


179 


Systemen  anderer  Länder  vergleichen,  so  werden  wir  kaum  er- 
warten dürfen,  ganz  analoge  Bildungen  wiederzufinden.  Macht 
sich  doch  auch  bei  den  paläolithischen  Systemen  die  verschieden- 
artige Entwickelung  in  getrennten  Bildungsräumen  bemerklieh; 
und  zudem  sind  die  organischen  Reste  dieser  ältesten  der  Ver- 
steinerungen führenden  Schichtenfolgen  so  dürftig  und  z.  Th.  auch 
zweifelhafter  Natur,  dass  auch  in  dieser  Hinsicht  eine  Parallelisirung 
auf  Grund  einer  Anzahl  identischer  Species  nicht  verlangt  werden 
kann.  Was  speciell  die  organischen  Reste  unseres  Cambriums 
betrifft,  so  wird  sich  weiter  unten  Gelegenheit  finden,  Einiges 
über  dieselben  anzuführen;  bemerkt  sei  hier  nur,  dass  bis  jetzt 
vegetabilische  Reste,  sowie  gewisse  Brachiopoden  und  Bivalven 
gefunden  worden  sind,  während  Trilobiten  noch  fehlen.  Abgesehen 
von  diesen  organischen  Resten  und  unbeschadet  der  hieraus  sich 
etwa  ergebenden  Analogien,  muss  immerhin  das  Hauptgewicht  auf 
die  Stellung  dieser  mächtigen  Schieferreihe  zwischen  Repräsen- 
tanten der  obersten  archäischen  Bildungen  und  Untersilurbildungen 
gelegt  werden  1). 

D Eine  nähere  Vergleichung  des  eambrischen  Systemes  in  Thüringen  mit  den 
cambrischen  Bildungen  des  Auslandes  ist  besonders  auch  deswegen  erschwert, 
weil,  wie  bemerkt,  Schichten  mit  der  Primordialfauna  in  Thüringen  u.  s.  w.  nicht 
vorhanden  sind,  wenigstens  noch  nicht  gefunden  sind.  Die  tiefste  der  Versteine- 
rungen führenden  Schichtengruppen  von  Süd -Wales,  die  Longmynd  oder  Harlech 
Group,  welche  hier  zum  Vergleich  herangezogen  werden  könnte,  und  welche  von 
H.  Hicks,  der  in  neuerer  Zeit  die  stratigraphisch-paläontologische  Erforschung  der 
alten  Schiefersysteme  jener  Gegenden  sich  ganz  besonders  hat  angelegen  sein 
lassen,  zusammen  mit  der  überlagernden  Menevian  Group  zum  Lower  Cambrian 
gestellt  wird,  enthält  immerhin  schon  ca.  16  Gattungen  aus  dem  Thierreich,  da- 
runter 6 von  Trilobiten. 

Auch  in  Schweden,  wo  Schichten  mit  der  Primordialfauna  (Paradoxides- 
Schichten)  vorhanden  sind,  und  die  Decke  des  cambrischen  Systemes  (Fucoiden- 
Sandstein,  Eophyton- Sandstein)  bilden,  enthält  das  letztere  nach  den  Angaben 
von  Tokell  und  Linnarsson  eine  grössere  und  mannichfaltigere  Reihe  von  z.  Th. 
allerdings  schwer  zu  deutenden,  organischen  Resten  als  in  Thüringen;  während 
wenigstens  darin  eine  Aehnlichkeit  besteht,  dass,  wie  in  Thüringen,  noch  keine 
Trilobiten  Vorkommen. 

Richter  (Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  1869,  Bd.  XXI,  S.  359)  erwähnt  allerdings, 
es  haben  sich  im  cambrischen  Schiefer  Thüringens  einige  Pleurenfragmente  eines 
Trilobiten  (? Paradoxides)  gefunden;  dies  dürfte  aber  bis  jetzt  die  einzige  derartige 
Spur  geblieben  sein. 


12 


180 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


[lebersicht  der  Schieferreihe  nebst  Einlagerungen  und  ihrer 
Lagerung.  Phyllitisches  und  cambrisches  System. 

Die  im  Folgenden  niedergelegten  Beobachtungen  beruhen  auf 
den  im  Auftrag  der  Direction  der  Königl.  geologischen  Landes- 
anstalt vorgenommenen  Specialaufnahmen  im  Bereich  der  Sectionen 
1.  Masserberg,  2.  Breitenbach,  3.  Gräfeuthal,  4.  Eisfeld,  5.  Stein- 
heid, 6.  Spechtsbrunn;  von  welchen  1 und  3 bis  jetzt  nur  theil- 
weise  aufgenommen  worden  sind.  Wiewohl  dieses  Gebiet  nur 
einen  Theil  (allerdings  den  grösseren)  des  Gesammtgebietes  umfasst, 
welcher  in  Thüringen  vom  phyllitisch  - cambrischen  Schiefersystem 
eingenommen  wird,  glauben  wir  doch,  dass  für  die  meisten  nach 
Gestein  und  Lagerung  im  Gesammtgebiet  möglichen  Beobachtungen 
das  nöthige  Material  auch  schon  in  dem  bezeichneten  Theilgebiete 
vorliege  und  die  folgenden  Mittheilungen  rechtfertige.  Dieselben 
beruhen  grösstentheils  auf  den  Studien  in  der  Natur  selbst;  petro- 
graphisches  Detail , soweit  solches  nur  durch  Mikroskop  und 
chemische  Analyse  zu  gewinnen  ist,  umfassen  sie  nicht. 

In  der  langen  Schichtenfolge  von  Schiefern,  welche  älter  sind 
als  das  Silur,  haben  wir  folgende  Gruppen  oder  Zonen  unter- 
schieden und  kartographisch  dargestellt: 

1)  eine  Zone,  deren  Schiefer  starken  pliyl  litis  dien  Glanz 
besitzen,  dabei  vielfach  mit  Quarz  in  dünn  interponirten  Lamellen 
oder  in  Linsen  und  Knauern  verwachsen  sind,  und  durchweg  enge 
Faltung  bis  Fältelung  der  Strafen  aufweisen,  keinen  oder  nur 
wenig  Thonschiefer  von  der  Art,  wie  er  die  Hauptmasse  des 
weiter  östlich  liegenden  Gebirges  constituirt,  als  Zwischenschichten 
enthalten.  Wir  finden  diese  phyllitischen  Schiefer,  wenn  wir  im 
SW.  beginnen,  in  der  Gegend  des  Biberthaies,  N.  von  Waffenrod 
bei  Eisfeld,  und  von  da  hinüber  zum  Schleusethal  bei  Ernstthal 
und  Unterneubrunn;  sie  zieht  NÖ.-wärts,  unter  dem  Bothliegend- 
Porphyrit  von  Neustadt  a.  B.  und  Masserberg,  nach  dem  Oelzetlial, 
und  über  Breitenbach  und  Böhlen  weiter  nach  NO. 

2)  eine  Zone  ganz  eigentümlicher , anscheinend  feldspath- 
haltiger  Schiefer,  nämlich  solcher,  deren,  einem  gewöhnlichen 


der  cambrisch -politischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


181 


dunkeln  Thonschiefer  am  nächsten  stehende  Hauptmasse  mit  Par- 
tikeln, Flasern  und  Schmitzen  feldspathiger,  z.  Th.  vielleicht  mehr 
felsitischer  Substanz  verwachsen  ist;  neben  welcher  sich  aber  auch 
sehr  gewöhnlich  Quarzkörner  und  auch  wohl  Schmitzen  und  Fla- 
sern etwas  differenter  thonschieferiger  bis  quarzitischer  Masse  gel- 
tend machen:  Schiefer,  welche  in  dieser  ihrer  Zusammensetzung 
einen  ganz  eigentümlichen  Habitus  erlangen,  der  sehr  oft,  be- 
sonders wenn  neben  zahlreichen  eine  rauhe  Beschaffenheit  des 
Gesteins  bedingenden  Quarzkörnern  auch  noch  weisse  Glimmer- 
schüppchen auftreten,  oder  die  Schiefermasse  wenig  homogen  er- 
scheint, dem  Habitus  gewisser  klastischer  Gesteine,  etwa  aus  der 
Grauwackengruppe  ähnelt,  ohne  dass  man  darin  eine  innere  Ver- 
wandtschaft finden  könnte;  denn  andrerseits  können  diese  Schiefer 
durch  stärker  pliyl  litis  che  Entwickelung  ihrer  Schiefermasse  sich 
auch  den  Gesteinen  der  phyllitischen  Gruppe  nähern,  und  ausser- 
dem wird  ihre  nächste  Verwandtschaft  und  eigentliche  Bedeutung 
dann  erst  klarer,  wenn  man  gewisse  schieferige  Abänderungen  jener 
bemerkenswerten , als  » Schieferporphyroide  « bezeichxieten 
Gesteine  kennen  gelernt  hat,  welche  in  nicht  unbeträchtlicher 
Verbreitung  als  Einlagerungen  der  verschiedenen  Schiefersysteme 
unseres  Gebirges  Vorkommen.  Ferner  ist  hier  besonders  noch  her- 
vorzuheben, dass  diese  eigentümlichen  Schiefer  der  in  Rede 
stehenden  Zone  in  regelmässiger  Weise  mit  ganz  gewöhnlichem 
dunkelem  Thonschiefer,  wie  er  auch  in  der  nächstfolgenden,  jün- 
geren Schichtengruppe  vertreten  ist,  wechsellagern,  so  dass  auch 
solcher  Thonschiefer  wesentlich  mit  zur  Zusammensetzung  der 
Zone  gehört.  — Sie  schliesst  sich  beiderseits  an  die  phyllitische 
Zone  an. 

3)  eine  Zone,  deren  überwiegende  Hauptmasse  von  eigent- 
lichem Thonschiefer  gebildet  wird;  seine  Färbung  ist  gewöhn- 
lich grau,  graugrün,  wird  aber  strichweise  auch  dunkler  bis  blau- 
schwarz;  sehr  gewöhnlich  ist  der  Thonschiefer  aus  Lagen  von 
etwas  wechselnder  Beschaffenheit  nach  Färbung  und  Härte  zu- 
sammengesetzt, was  auf  den  in  der  Richtung  der  secundären 
Schieferung  liegenden  Spaltflächen  ein  streifiges  Ansehen  bewirkt  ; 
und  es  macht  sich  dies  Verhalten  besonders  auch  bei  dem  vor- 


182 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


herrschenden  Schiefergestein  dieser  Zone  geltend,  dem  grauen  oder 
graugrünen  Thonschiefer,  der  so  recht  eigentlich  die  Hauptgebirgs- 
masse  des  » cambrischen « Systems  des  Thüringischen  Schiefer- 
gebirges ausmacht.  — Es  hat  nicht  gelingen  wollen,  hier  noch 
weitere  Unterabtheilungen  oder  Zonen  deutlich  zu  erkennen  und 
zu  verfolgen;  nur  Einlagerungen  besonderer  Gesteine  oder  Schiefer- 
varietäten lassen  sich  unterscheiden  und  abgrenzen  und  unter 
diesen  sind  in  erster  Linie  die  Quarzite  so  entwickelt  und  ver- 
breitet, dass  sie  fast  als  wesentliche  Glieder  des  Systems  erscheinen. 
Es  schliesst  sich  diese  Zone  nach  O.  und  SO.  an  die  vorigen 
an  und  ist  bei  weitem  breiter  und  mächtiger  als  die  älteren. 
Andererseits  kommt  sie  weniger  entwickelt  ganz  im  NW.  zum 
Vorschein. 

Während  nun  eigentliche  Quarzite  auf  den  Bereich  der  unter 
3)  angeführten  Zone  beschränkt  bleiben,  sind  innerhalb  der  ge- 
nannten drei  Zonen  noch  anderweitige  Gesteine  als  Einlagerungen 
vorhanden,  deren  Lagerung  und  Verband  mit  den  umgebenden 
Hauptschieferschichten  sie  als  normale,  schichtige  Zwischenlagen 
oder  Lagerkörper  erkennen  lässt,  welche  sich  also  dem  Streichen 
und  Fallen  der  sie  einschliessenden  Schichten  anpassen  und  auch 
bezüglich  ihrer  Entstehung  mit  letzteren  nach  Stoff  und  Zeit  in 
Verbindung  zu  stehen  scheinen.  Es  sind  dies: 

Einlagerungen  von  Kieselschiefer  und  mit  solchem  ver- 

o o 

wandten,  weicheren,  schwarzen  und  abfärbenden  Schiefern  (Alaun - 
schiefer).  Sie  machen  sich  besonders  innerhalb  der  phyllitischen 
Zone  geltend,  können  aber  auch  in  den  folgenden  Zonen  Vor- 
kommen : 

Einlagerungen  von  gneiss-  und  granitartigen  Gesteinen, 
sowie  solche  von  amphibolischen  Gesteinen,  von  theils  mehr 
schieferiger,  theils  mehr  krystallinisch  massiger  Struktur;  diese 
Zwischenschichten  sind  besonders  in  den  beiden  erstgenannten 
Zonen  zu  finden,  der  dritten  indess  auch  nicht  ganz  fremd;  so- 
dann noch  Einlagerungen  von  porphyroidis chen  Gesteinen 
(Porpliyroiden,  Schieferporphyroi den)  von  ebenfalls  theils 
massigem , theils  schieferigem  Habitus ; sie  sind  sehr  verbreitet, 
wiederholen  sich  in  den  verschiedenen  Zonen  in  ganz  gleicher 


der  cambrisch  - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


183 


Weise  und  umfassen  eine  ganze  Reihe  bemerkenswerther  und 
eigenthümlicher  Gesteinsvarietäteu. 

Betrachtet  man  die  Folge  und  Ordnung  jener  Zonen,  wie  sie 
sich  aus  der  geologischen  Detailaufnahme  des  Gebietes  ergiebt, 
so  stellen  sich  die  Zonen  als  die  ohne  irgend  welche  scharfe 
Grenze  aneinandergereihten  und  in  continuirlich  fortschreitender 
Gesteinsbildung  auf  einander  geschichteten  grösseren,  unterscheid- 
baren Theile  einer  sehr  langen  Reihe  von  Schieferschichten  dar; 
und  diese  Reihe  endigt  oben,  in  ihren  jüngsten  Lagen,  an  der 
Grenze  zum  Untersilur,  und  verliert  sich,  abwärts  gesehen,  in 
Schichten  von  durchaus  pliyllitischem  Habitus.  Dieser  untere, 
phyllitisehe  Theil  nun  bietet  so  viel  Analogien  mit  jenen  Schiefern, 
welche  man  anderwärts,  in  benachbarten  Gebirgen,  als  der  Phyllit- 
formation  angehörig  betrachtet,  dass  wir  nicht  anstehen  auch 
unsere  phyllitisehe  Zone  als  der  Phyllitformation , dem  jüngsten 
Gliede  der  archäischen  Formationen  angehörig  zu  betrachten; 
wenn  auch  in  unserer  Zone  nur  ein  Theil  der  gesammten  Phyllit- 
formation repräsentirt  sein  mag.  Was  ausserhalb  des  Bereichs 
derselben  liegt,  würde  dann  schon  dem  camb rischen  Systeme 
zuzurechnen  sein,  und  unsere  zweite  Zone,  wie  wir  sie  in  der 
Partie  des  Schwarzathaies,  und  andererseits  NW.  über  Breitenbach 
hinaus  finden,  würde  eine  eigenthümliehe , anderswo  in  dieser 
Weise  vielleicht  nicht  noth wendig  wiederkehrende  Entwickelung 
der  untersten,  azoischen,  z.  Th.  schon  halb  phyllitischen,  cambri- 
schen  Schieferreihe  darstellen  1). 

Die  phyllitisehe  Zone  würde  nach  unserer  gegenwärtigen  Auf- 
fassung einen  Sattel  bilden,  dem  sich  beiderseits  die  Schiefer  der 
zweiten  Zone  anschliessen ; auf  diese  folgen  die  eigentlichen  Thon- 

!)  Wenn  wir  irgend  einen  Theii  des  cambrischen  Systemes  als  speciell 
»untercambrisch«  bezeichnen  sollten,  so  wäre  es  eben  diese  unter  2)  ange- 
führte, auch  als  halb phyllitisch  anzuführende  Zone.  Wir  bemerken  indess 
ausdrücklich  hier,  dass  wir  in  der  Folge  im  cambrischen  System  kein  ober- 
cambrisch  und  untercambrisch  unterscheiden  wollen,  sondern  als  cambrisch 
die  ganze  Schieferreihe  bis  zu  den  deutlich  phyllitischen  Gesteinen  annehmen 
wollen  (also  Zone  2 und  3).  — In  der  »geognostischen  Beschreibung  des  Fichtel- 
gebirges« hat  Gümbel  die  Unterscheidung  in  ober-  und  untercambrisch  in  etwas 
anderem  Sinne  gebraucht,  1.  c.  p.  114,  37D. 


184 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


schiefer  mit  ihren  Quarziten.  In  der  That  erscheinen  ganz  in 
NW.,  in  der  Gegend  von  Gillersdorf  etc.  wieder  ächte  Thonschiefer 
von  ganz  demselben  Habitus  wie  wir  ihn  SO.-wärts  gegen  die 
höhere  cambrische  Partie  zu  finden,  nebst  Quarziten,  welche  am 
Langen  Berge  eine,  auch  anderswo  wiederkehrende  eigenthümlich 
grobklastische  Beschaffenheit  haben.  Dass  bei  dieser  Wiederholung 

O o 

der  Schichtenfolge  beiderseits  der  Sattelbildung  im  Einzelnen  Ab- 
weichungen oder  Nicht-Correspondenzen  bezüglich  der  Mächtigkeit, 
und  der  Natur  und  Anordnung  der  Einlagerungen  Vorkommen, 
kann  nicht  befremden,  und  ebenso  wenig  liegt  etwas  Wider- 
sprechendes darin,  dass  das  Einfallen  nicht  etwa  beiderseits  vom 
Sattel  abfallend  sich  zeigt,  sondern  über  grössere  Strecken  con- 
stant  bleibt  und  nur  local  oder  strichweise  wechselt. 

Wir  behandeln  nun  zunächst  die  einzelnen  Zonen  von  unten 
aufwärts , nach  ihrem  hauptsächlichen  Schiefergestein  und  ihren 
besondern  Eigentümlichkeiten  Q ; alsdann  die  Einlagerungen  be- 
sonderer Natur,  welche  in  den  verschiedenen  Zonen  wiederkehren. 
Hieran  hat  sich  eine  Besprechung  der  Lagerungsverhältnisse  zu 
schliessen;  welcher  sich  einige  Worte  in  Betreff  der  Bildungsvor- 
ffänge  dieser  Sedimente,  sowie  über  die  äussere  Erscheinung;  des 
Schiefergebirges  zum  Schlüsse  anreihen  würden. 


Schiefer  der  pfoylütischen  Zone. 

Die  Gesteine  unserer  phyllitischen  Schieferreihe  sind  zunächst 
Phyllit  an  sich,  und  sodann  verschiedene  Modificationen,  welche 
hervorgehen  aus  einer  schichtigen  Verwachsung  von  Phyllit  mit 
Quarz  und  Quarzit;  Schiefergesteine,  welche  wir  als  Quarz- 

*)  Bezüglich  der  vielen  Analogien,  welche  hierbei  mit  den  entsprechenden 
Schieferzonen  des  Fichtelgebirges,  des  Vogtland  es  und  Sachsens  hervor- 
treten, können  wir  ganz  im  Allgemeinen  auf  die  geognostische  Beschreibung  cles 
Fichtelgebirges  von  Gümbee  und  die  Erläuterungen  zu  den  betreffenden  Sectionen 
der  neuen  Specialkarte  von  Preussen  mit  den  thüringischen  Staaten,  und  vom 
Königreich  Sachsen  verweisen. 


der  cambrisch- phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


185 


Phyll it,  Pliyll  i t-Quarzit  und  Pliyllit-Quarzitsch iefer  be- 
zeichnen wollen.  Diese  kieselreichen  Phyllite  überwiegen  in 
unserem  Schiefergebirge  vor  dem  einfachen  Phyllit,  mit  dem  sie 
übrigens  in  engem  Wechsel  verbunden  und  verwachsen  Vorkommen 
können.  Die  meisten  hierhergehörigen  Schiefer  sind  enggefaltet 
und  gefaltet  und  erlangen  hierdurch,  wie  durch  ihren  phyllitischen 
Glanz  und  ihre  sonstigen  petrographischen  Eigenthümlichkeiten 
einen  Habitus,  der  sie  im  Handstück  und  Fragment,  wie  im  an- 
stehenden Fels  von  den  jüngeren  cambrischen  Thonschiefern  unter- 
scheiden lässt. 

Wir  gebrauchen  die  Bezeichnung  Phyllit- Quarzit  und  bei 
stärker  vortretender  schieferiger  Structur  Phyllit-Quarzitschiefer 
für  jene  kieselreichen  phyllitischen  Schiefer,  bei  welchen  fettglänzen- 
der oder  weisser  Quarz  als  solcher  nicht  deutlich  hervortritt,  und 
deren  Zusammensetzung  also  auf  Phyllit  und  Quarzit  in  äusserst 
feinem  Wechsel  herauskommt1);  die  Bezeichnung  Quarz-Phyllit 
dagegen  für  jene  sehr  verbreitet  auftretenden  Varietäten,  welche 
fettglänzenden  oder  weissen  Quarz  kenntlich  enthält.  Hier  bildet 
der  Quarz  dickere  und  dünnere  Platten  und  Lagen,  und  solche 
dem  Phyllit  schichtig  eingeschaltete  Quarzitzwischenmassen  haben 
gewöhnlich  die  Tendenz  anzuschwellen  und  seitwärts  abzunehmen 
und  sich  zu  verlieren,  wodurch  sie  die  Form  flacher  bis  sehr 
flacher  Sphäroide  oder  Linsen  annehmen,  die  auf  dem  Querbruch 
als  Adern,  Schnüre,  Knoten,  Flammen  etc.  erscheinen,  und  wie 
die  einschliesseuden  Phyllitstraten  mannichfach  gebogen  und  ge- 
knickt sind.  Ausserdem  noch  findet  sich  der  Quarzgehalt  auch 
vielfach  in  dickem  bis  sehr  dicken  Linsen  und  Knauern  ange- 
häuft; sie  sind  meist  flaust-  bis  kopfgross,  können  aber  noch 


Q Derartige  Phyllit  - Quarzite  oder  -Quarzitschiefer  stehen  z.  B.  wiederholt 
an-  der  S. -Seite  des  ßiberthales  an,  so  besonders  an  dem  Wege  von  der  Crocker 
Schneidmühle  nach  der  Höhe  W.  vor  Waffenrod;  sie  sind  hier  eben-  und  dünn- 
schieferig. Je  nach  der  mehr  oder  minder  enge  sich  wiederholenden  Interposition 
der  immer  dünnen  Phyllitlagen  zwischen  den  Quarzitlagen  giebt  sich  auf  dem 
Querbruch  eine  wechselnde  Bänderung  oder  Streifung  zu  erkennen.  — Aus  dem 
Umstande,  dass  gerade  diese  Strecke  sich  durch  sehr  guten  Waldbestand  aus- 
zeichnet, möchte  man  fast  auf  die  Beimengung  fein  vertheilter  feldspathiger  Sub- 
stanz schliessen. 


186 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


bedeirtendere  Dimensionen,  etwa  bis  1 Meter  Durchmesser  er- 
reichen. 

Die  genannten  phyllitischen  Varietäten  gehen  indess  sehr  in 
einander  über. 

Die  Quarzmasse  der  dicken  Linsen  und  Knauer  ist  fest 
mit  Phyllitschalen  umwachsen  und  vielfach  auch  von  Phyllit  flaserig 
durchzogen  (reiner  Phyllit  oder  kieselreicher  Phyllit,  je  nach  der 
Umgebung).  Sehr  gewöhnlich  ist  die  Vergesellschaftung  dieses 
Linsenquarzes  mit  mehr  oder  minder  reichlich  vorhandenem  Feld- 
spath  von  noch  zu  untersuchender  Natur;  der  Quarz  ist  dabei  in 
trum  - oder  breccienartiger  Weise  vom  Feldspath  durchwachsen, 
auch  dringt  der  letztere  wohl  in  die  anhaftenden  phyllitischen  Scha- 
len ein;  auch  kommt  es  vor,  dass  Quarz  und  Feldspath  mehr 
schichtweise  oder  in  unregelmässig  in  einander  verschwimmenden 
Lagen  wechseln,  wodurch  ein  Ansehen  entsteht,  welches  dem 
mancher  Porphyroide  sich  nähert.  Chlorit,  wohl  secundärer  Ent- 
stehung ist  ebenfalls  ein  fest  constanter  Begleiter  der  genannten 
Mineralien;  man  bemerkt,  dass  er  besonders  an  der  Grenze  von 
Quarz  mit  dem  einschliessenden  oder  in  Flasern  durchziehenden 
Phyllit  angehäuft  ist.  Wiederholt  wurde  auch  in  diesen  Quarz- 
knauern das  Vorkommen  von  weissem  Glimmer  beobachtet,  der 
zum  Theil  individualisirt,  zum  Theil  in  zusammenhängende  Häute 
verwoben  erschien;  da  letztere  sich  auf  unregelmässig  verlaufenden 
Fugen  der  Quarzknauer  vorfanden,  an  denen  Ablösung  stattfand, 
so  kann  an  secundäre  Entstehung  dieses  Glimmers  gedacht  werden. 
Im  eigentlichen  Phyllitgestein  jedoch  scheinen  weisse  Glimmer- 
blättchen, die  mit  blossem  Auge  sichtbar  wären,  zu  fehlen  Q. 

x)  Bei  ganz  frischem  Zustand  des  Gesteins  ist  der  Quarz  dieser  Linsen  und 
Knauer  des  Phyllits  stark  fettglänzend,  rauchgrau  und  durchscheinend.  Vielleicht 
nur  durch  Vermehrung  der  ihn  durchsetzenden  Sprünge  erscheint  er  beim  ab- 
gewitterten Gestein  mehr  weiss.  Auch  der  Phyllit  selbst  erscheint  in  ganz  fri- 
schem Zustand  um  mehrere  Nuancen  dunkeier  als  nach  Einwirkung  der  Atmo- 
sphärilien. Unter  den  primären  Bestandtheilen  dieser  Quarzeinschlüsse  des 
Quarz-Phyllites  ist  auch  der  Schwefelkies  zu  nennen ; auf  ihn  sind  die  Eisenrost- 
flecken und  -putzen  zurückzuführen,  welche  sich  alsbald  einstellen,  wenn  frisch 
gebrochenes  Gestein  eine  Zeit  lang  an  der  Luft  gelegen  hat.  ■ — Die  Quarzknauer 
und  sonstigen  Quarzeinschlüsse  des  Phyllits  bilden  einen  ansehnlichen  Theil 
seiner  Residuen  im  Verwitterungsboden. 


der  cambrisch- phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


187 


Gute  Aufschlüsse  in  den  Schichten  der  phyllitischen  Zone, 
besonders  des  Quarz  - Phyllits  bieten:  das  Oelzethal  vom  Ausgang 
des  Bocksbaches  aufwärts,  an  der  Landstrasse  (Sectionen  Masser- 
berg  und  Breitenbach);  die  Landstrasse  von  Oelze  nach  Breiten- 
bach, die  Strasse  an  der  Mühlleite  von  Schwarzmühl  nach  Böhlen 
(beide  auf  S.  Breitenbach);  das  Biberthal,  im  Thalgrund  an  der 
Landstrasse  und  aufwärts  an  den  Gehängen  der  N. -Seite,  nach 
Schnett  und  Heubach  zu  (Section  Eisfeld);  ausgezeichnet  und 
typisch  stehen  auch  diese  Gesteine  an  bei  Ernstthal  im  Schleuse- 
thal, besonders  am  Bach  selbst  (Section  Masserberg).  — Das  Ge- 
stein ist  in  seiner  quarzreichen  Ausbildung  zu  Felsbildungen  ge- 
neigt-, wie  z.  B.  an  mehreren  Stellen  des  Biberthaies. 

Bis  jetzt  nur  an  einigen  wenigen  Stellen  dicht  bei  Ernstthal 
(Bl.  Masserberg)  wurde  eine  ganz  besondere  phyllitische  Gesteins- 
modification  beobachtet,  die  darin  besteht,  dass  in  enggefälteltem, 
quarzfreiem  Phyllit  krystallinisch  aussehende  Calcitkörnchen  ent- 
halten sind;  durch  Verwitterung  verschwinden  sie  und  hinterlassen 
dunkel  rostbraune  Poren;  also  eine  Art  Kalk -Phyllit  (entspre- 
chend einem  Kalk  - Glimmerschiefer)  Q. 

x)  Anmerkungsweise  seien  liier  noch  die  bis  jetzt  nur  vom  Kirchberg  bei 
Böhlen  (Bl.  Breitenbach)  bekannten  Kupfererz  haltigen  Einlagerungen  des 
Quarz  - Phyllites  erwähnt.  Soviel  sich  an  den  wenigen  noch  zugänglichen  Auf- 
schlüssen erkennen  lässt,  besteht  das  Vorkommen  in  grossen  Knauern  oder  un- 
regelmässig linsenförmig  gestalteten  Massen  von  Quarz  und  einem  Carbonat  in 
inniger  Verwachsung,  welche  Kupferkies  und  vielleicht  noch  anderes  Kupfererz 
eingesprengt  enthalten,  daneben  auch  von  Flasern  und  Häuten  eines  seric.itischen 
Minerals  durchzogen  sind.  Nach  aussen  sind  sie  mit  phyllitischen  Schalen  ver- 
wachsen und  durch  diese  mit  dem  sie  einschliessenden  Phyllit  und  Quarz -Phyllit 
verbunden.  Solcher  Knauer  und  Linsen  scheinen  sich  in  derselben  Schichtfläche 
oft  viele  gedrängt  aneinander  zu  schliessen  und  in  einander  zu  verschmelzen ; 
doch  ist  das  ganze  Vorkommen  auf  eine  nur  einige  hundert  Schritt  breite  Zone 
an  der  Südseite  des  genannten  Berges  beschränkt,  innerhalb  deren  eine  gewisse 
Anzahl  solcher  Kupfer  führenden  Schichten  enthalten  sind.  Das  erwähnte  Car- 
bonat bewirkt  beim  Verwittern  eine  ockerfarbige  Rinde,  hiernach  und  nach  dem 
Verhalten  zu  Säure  scheint  es  eisenhaltiger  Dolomit  zu  sein,  wenigstens  zum 
Theil.  Das  Kupfererz  findet  sich  meist  in  Malachit  verwandelt.  Ausserdem 
kommt,  ebenfalls  wohl  secundär  aus  der  Zersetzung  des  Kupferkieses  entstanden, 
Rotheisen  und  Eisenglanz,  vielfach  als  Anflug,  Rinden  etc.  vor.  Wiederholt  sind 
auf  dieses  Kupfervorkommen  ohne  lohnenden  Erfolg  bergmännische  Unternehmun- 
gen gegründet  worden. 


188 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Wir  ergänzen  unsere  Mittheilnngen  über  die  Schiefergesteine 
der  phyllitischen  Zone  noch  durch  die  Bemerkung,  dass  sich  auch 
innerhalb  dieser  Zone  an  manchen  Orten  solche  Schiefer  vorfinden, 
welche  mehr  denen  der  nächstfolgenden  Zone  (der  halbphylliti- 
schen  und  zum  Tlieil  feldspathhaltigen  Schiefer)  gleichen,  als  den 
normalen  phyllitischen;  und  dass  an  der  südöstlichen  wie  nordwest- 
lichen Grenze  der  Phyllitzone  ein  sehr  allmählicher  U ebergang  zur 
folgenden  Zone  und  Wechsellagerung  der  beiderseitigen  Schiefer 
auf  längere  Erstreckung  stattfinden  kann  (so  in  der  Gegend  von 
Waffenrod  u. s. f.  bei  Eisfeld;  ebenso  bei  Altenfeld  und  Breitenbach). 

Engfaltung  der  phyllitischen  Schiefer.  In  weit  höhe- 
rem Grade  als  dies  bei  den  cambrischen  Thonschiefern  der  Fall, 
erscheinen  die  Strafen  der  phyllitischen  Zone  unseres  Gebirges 
zusammengebogen  und  gefaltet,  und  zwar  prävalirt  im  Ansehen 
des  Gesteins  meisthin  Engfaltung  und  Kleinfaltung  in  auffälliger 
Weise,  während  weiter  ausholende  Falten  fast  weniger  als  bei  dem 
Thonschiefer  zu  Gesicht  kommen.  Die  Faltung  stellt  sich  öfters 
so  dar,  dass  man  verschiedene  Grade  oder  Ordnungen  unter- 
scheiden kann,  von  den  grösseren  Biegungen  derart  abwärts  bis  zu 
kleinsten  Fältchen  und  feiner  Fältelung:  auf  eine  grössere  Falte 
kommen  mehrere  kleinere  und  so  fort.  Besonders  tritt  diese  Aus- 
bildung da  in  ausgeprägtester  Weise  hervor,  wo  die  Falten  im 
Allgemeinen  flach  verlaufen;  der  Gesammteindruck , den  solche 
phyllitische  Strafen  machen,  ist  der  eines  fortgesetzten  Wellen- 
verlaufes, einer  Wellung,  Kräuselung  und  Runzelung  bis  in 
die  kleinsten  Theile. 

Hierbei  kann  sich  auch  noch  das  Verhalten  geltend  machen, 
dass  die  flach  verlaufenden  Falten  fast  durchweg  einer  gewissen 
Einfallebene  folgen  (resp.  mit  einem  grösseren  Theile  ihrer  Fläche 
eine  solche  tangiren,  so  dass  sich,  wenn  man  letztere  substituirt, 
für  diese  Schiefer  trotz  der  fortgesetzten  Faltung  doch  ein  be- 
stimmtes Einfallen  angeben  lässt x).  Sehr  schön  sind  phyllitische 

x)  Man  kann  bei  diesen  Schiefern  bei  der  hundertfältig  wiederholten  Faltung 
und  Fältelung  eigentlich  nicht  mehr  von  einem  Streichen  und  Fallen  der  Straten, 
sondern  nur  von  einem  Streichen  der  Faltenrichtungen  und  einem  Streichen  und 
Fallen  der  Axenebenen  der  Falten  reden. 


cler  cambrisch - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


189 


Schiefer,  welche  sich  in  erwähnter  Weise  verhalten,  aufgeschlossen 
im  Oelzethal,  abwärts  von  Altenfeld  (Section  Masserberg).  Das 
Einfallen,  in  angegebener  Weise  zu  verstehen,  ist  hier,  wie  in  der 
ganzen  umgebenden  Gebirgspartie,  steil  nordwestlich.  Man  beob- 
achtet hier  ferner,  dass  Falten  und  Fältchen  verschiedener  Ord- 
nung, besonders  die  feineren  einen  ziemlich  parallelen  Verlauf  ein- 
halten,  der  gewöhnlich  nach  der  einen  oder  andern  Seite,  doch 
nicht  viel,-  von  der  Horizontalen  ab  weicht.  Die  feinsten  Falten, 
oder  diejenigen  letzter  Ordnung  sind  zugleich  das,  was  meistens 
als  Fältelung  bezeichnet  wird. 

Am  vollkommensten  zeigt  sich  diese  bis  in’s  Feinste  ausge- 
bildete Faltung  bei  den  rein  phyllitischen,  weichen  Schiefern, 
denen  sich  die  aus  wechselnden  Phyllit  - und  äusserst  dünnen 
Quarzlagen  zusammengesetzten  Quarz-Phyllite  und  Phyllit-Quarzite 
anschliessen ; auch  diese  können  zum  Theil  noch  sehr  eng  gefaltet 
sein,  wie  z.  B.  an  der  oben  bezeichneten  Localität  und  sehr  schön 
auch  bei  Unterneubaum  und  Ernstthal  im  Schleusethal.  Ueber- 
haupt  pflegt  bei  den  Quarz  - Phylliten  die  Zusammenfaltung  schon 
recht  eng  zu  werden,  wie  dies  namentlich  bei  jener  Gesteins- 
modification  so  häufig  zu  sehen  ist,  wo  der  in  Form  von  dickem 
und  dünnem,  vielfach  sich  auskeilenden  Platten  und  flachen  Linsen 
vorhandene  Quarz  auf  dem  Querbruch  als  hin  und  her  gebogene 
und  gestauchte,  anschwellende  und  abnehmende  Adern,  Schnüre 
und  Flammen,  hell  zwischen  der  dunkeln  phyllitischen  Masse  her- 
vortritt, deren  mannichfaclie  Biegungen  und  Faltungen  mitmachend. 

Ein  und  dieselbe  Faltenbieguna:  lässt  sich  bei  den  dünn- 
schichtigen  Modificationen  der  phyllitischen  Schiefer  oft  durch  eine 
ganze  Reihe  von  S traten  hindurch  mit  dem  Auge  verfolgen.  — 
Uebrigens  sind  die  Strafen  der  phyllitischen  Schiefer  sehr  gewöhn- 
lich, wie  auch  die  Thonschiefer,  doppelt  gekrümmt,  so  dass  nicht 
nur  in  senkrechten,  sondern  auch  in  horizontalen  Durchschnitten 
F altenbiegungen  erscheinen. 

Wenn  auch  Transversalschieferung  in  dem  Complex 
dieser  phyllitischen  Schiefer  nicht  gänzlich  abwesend  ist,  so  tritt 
sie  doch  im  Allgemeinen  sehr  wenig  hervor  und  fehlt  oft  ganz; 
und  es  bedingt  gerade  dieses  Verhalten  neben  den  petrograplii- 


190 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


sehen  Eigentümlichkeiten  und  der  engen  Zusammenfaltung  einen 
nicht  unwichtigen  und  unwesentlichen  Unterschied  dieser  Schiefer- 
zone von  den  höhern  cambrischen  Thonschiefern.  Es  bezeichnet 
in  der  That  ein  völliges  Fehlen  transversaler  Schieferung,  wenn 
sich,  wie  es  mitunter  beim  Phyllit  und  Quarz  - Phyllit  möglich 
ist,  wellenförmig  gebogene  Schalen  und  Scherben  ganz  aus  dem 
Gesteinsverbande  herauslösen  lassen. 

Dennoch  findet  sich  gar  nicht  selten  eine  unverkennbare  An- 
deutung, ein  Beginn  von  Transversalschieferung  bei  den  Phylliten 
und  Quarz -Phylliten  in  der  Erscheinung,  dass  die  geraden  Stücke 
oder  Schenkel  enger,  gewöhnlich  einer  ganzen  Anzahl  aufeinander 
folgender  Strafen  ungehöriger  Falten  und  Fältchen  von  einer  oder 
mehreren  kleinen  Verwerfungen  und  Verschiebungen  betroffen  sind, 
welche  in  der  Richtung  der  Faltenaxen  liegen  und  somit  ein  ge- 
wisses Verlängern  und  Ausziehen  der  Falte  in  dieser  Richtung 
bedingen.  (Kleine  Faltenverwerfungen.)  Es  ist  diese  Erschei- 
nung offenbar  der  Ausdruck  eines  seitlichen  Ausweichens  vor  dem- 
jenigen Drucke,  welcher  zunächst  die  Faltung  und  Engfaltung 
bewirkte  und  in  letzter  Instanz  bei  fortgesetzter  Wirksamkeit,  als 
keine  weitere  Zusammenfaltung  mehr  möglich  war,  ein  ausweichen- 
des Gleiten  der  Gesteinsmasse  zuwege  brachte;  gerade  wie  bei 
der  eigentlichen  Transversalschieferung,  nur  dass  bei  dieser  das 
Gleiten  in  unendlich  nahe  gelegenen  Parallelebenen  stattfand, 
dort  aber  nur  in  einer  geringeren  Zahl  von  Parallelflächen.  An 
abgewitterten  Wänden  derartiger  phyllitischer  Schiefer  wird  er- 
wähnte Erscheinung  manchmal  noch  besonders  deutlich  dadurch, 
dass  ein  Ablösen  der  Gesteinsmasse  längs  solcher  Verschiebungs- 
flächen  stattgefunden  hat. 

o 


Schiefer  der  älteren  cambrischen  (halbphyllstischen)  Zone. 

Allgemeine  Andeutungen  über  diese  Zone,  die  sich  zwischen 
der  deutlich  phyllitisclien  Reihe  einerseits  und  den  cambrischen 
Thonschiefern  und  Quarziten  andererseits  hinzieht,  sind  schon  oben 


der  cambriscli  - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


191 


gegeben,  und  ist  auch  bereits  bemerkt  worden,  dass  von  den 
eigentlmmlichen  Schiefergebilden  derselben  viele  am  meisten  Ver- 
wandtschaft zu  besitzen  scheinen  mit  gewissen  extremen  Modi- 
ticationen  der  schieferigen  Porphyroide.  Letztere  Anschauung  hat 
sich  erst  allmählich,  nach  länger  fortgesetzten  Specialaufnahmen 
befestigt.  Sie  gilt  zunächst  für  gewisse  grobgemischte  Varietäten 
der  in  Rede  stehenden  Schiefer,  deren  Bestandtheile  leicht  zu  er- 
kennen sind;  aber  die  Uebergänge  von  den  groben  zu  den  feinem 
und  feinsten  Mischungen  sind  so  zahlreiche  und  allmähliche,  dass 
auch  letztere  unter  denselben  Gesichtspunkt  fallen  dürften. 

Ein  gewisses,  klastisch  erscheinendes  Ansehen  ist  sehr  vielen 
dieser  Schiefer  eigen;  manche  feiner  gemischte  erinnern  an  Grau- 
wacke und  Grauwackenschiefer  Q ; und  wenn  nun  auch,  wie  bereits 
angedeutet,  chemischen  Einwirkungen  oder  Umwandlungen  auf 
diagenetischem  (oder  wenn  man  vorziehen  sollte  metamorphischem 
Wege)  bei  der  endlichen  Ausbildung  dieser  Gesteine  ein  noch  so 
grosser  Spielraum  vergönnt  wird,  so  möchten  wir  doch  nach  näherer 
Prüfung  einer  Reihe  von  Proben  einen  klastischen  Zustand  für 
viele  ihrer  Bestandtheile  annehmen,  in  welchem  sie  in  die  Gesteins- 
mischung eingetreten  sind;  eben  dies  wiederholt  sich  auch  bei 
manchen,  halb  felsitischen,  halb  schieferigen  porphyroidischen  Bil- 
dungen, worauf  wir  weiter  unten  zurückkommen  werden. 

In  grob  gemischten  hierhergehörigen  Schiefern  lassen  sich  er- 
kennen: Quarz,  zum  Theil  in  Körnern  von  anscheinend  mehr  oder 
minder  abgerollter  Form,  zum  Theil  aber  auch  in  etwa  flach  linsen- 
förmigen Partieen  und  Schmitzen;  Trümmer  von  Quarzit  und  von 
quarzitischem  und  phyllitischem,  gelegentlich  auch  wetzsteinartigem 
Schiefergestein,  denen  sich  hie  und  da  wohl  ein  Fragment  eines 
deutlich  feldspathführenden  Gesteins  (?  Porphyroid)  beimengt;  alles 
Elemente,  welche,  soweit  sie  wirklich  das  Wesen  von  Trümmern 

Einige  könnten  auch,  besonders  im  angewitterten  Zustand,  an  gewisse 
Tuffe,  Tuffseliiefer,  erinnern.  — 

Richter  »Thüringische  Porphyroide«  Programm  der  Realschule  zu  Saalfeld 
1871,  p.  7 gedenkt  ebenfalls  dieser  Schiefer  und  ihres  anscheinend  klastischen 
Habitus ; auch  er  deutet  auf  eine  Verwandtschaft  derselben  mit  porphyroidischen 
Gesteinen  hin. 


192 


H.  Louetz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


besitzen,  und  nicht  etwa  linsen-  oder  schmitzenförmig  gestaltete, 
oder  undeutlich  flaserig  angeordnete  Theile  des  Schiefers  sind, 
aus  nicht  weit  zurückliegenden  altern  Schichten  abgeleitet  werden 
können.  Nach  ihrer  Grösse  und  Form,  Mischung  und  Vertheilung 
besteht  selbst  bei  einzelnen  Vorkommnissen,  ja  Handstücken,  eine 
grosse  Maunichfaltigkeit.  Sehr  gewöhnlich  sind  diese,  wie  gesagt 
klastisches  Ansehen  besitzenden  Theile  durch  dunkele,  fast  schwarze 
Thonschiefermasse  gebunden,  welche  sich  einigermaassen  flaserig 
anlegt 1). 

Fundpunkte  solcher  grobgemischten  hierhergehörigen  Schiefer- 
gesteine sind  u.  a. : Der  Eggersberg  und  der  Grendel , auch  der 
Heuberg  (Blatt  Eisfeld);  Kalte  Herberge  (besonders  gegen  den 
Ivieslerstein  zu)  und  einige  andere  Punkte  der  Umgegend  von 
Katzhütte  im  Schwarzathal  (Blatt  Breitenbach),  u.  s.  f.  — In  den 
Seitenflächen  des  Gr.  Langenbachgrundes  (Blatt  Eisfeld)  wurden 
grobflaserig  struirte  Varietäten  als  Bachgeschiebe  gefunden,  die 
schon  mehr  an  gewisse  Schieferporphyroide  erinnern. 

Wie  gesagt,  ist  indess  bei  vielen,  hierhergehörigen  Schiefern 
die  Mischung  so  fein,  dass  sie  sich  mit  blossem  Auge  schwer 
erkennen  lässt.  Sie  dürfte  ihrer  Natur  nach  keine  andere  sein, 
als  da,  wo  sie  leichter  zu  erkennen  ist. 

Soweit  nun  wirklich  klastische  Bestandtheile  vorhanden  sind, 
muss  in  Betreff  der  Bildung  dieser  Gesteine  doch  wohl  an  Zer- 
störung älterer  oder  Wiederaufbrechen  frisch  abgelagerter  Schich- 
ten gedacht  werden,  deren  Trümmer  in  den  neuen  Verband  ein- 
gingen; dieselbe  Frage  wirft  sich  bei  einigen  breccieuartig  struir- 
ten  porphyroidischen  Vorkommnissen  auf;  überhaupt  kann,  wie 
gesagt,  unseres  Erachtens  die  Frage  nach  der  Entstehung  gewisser 
Schieferporphyroide  von  der  nach  der  Entstehung  obiger  Gesteine 
nicht  getrennt  werden. 

Im  Vorstehenden  ist  indess  nur  die  eine  Seite  des  eigenthüm- 
liehen  petrographischen  Charakters  der  Schiefer  der  in  Bede 

J)  Die  heterogenen  schieferigen  Theile  liegen  meist  flach  in  der  Schieferungs- 
richtung im  dunkeln  Thonschiefer;  möglich,  dass  durch  secundäre  Schieferung 
diese  Lagerung  noch  befördert  resp.  noch  etwas  modificirt  worden  ist,  besonders 
an  solchen  Stellen,  wo  beiderlei  Substanzen  etwas  in  einander  einzugreiien  scheinen. 


der  cambrisch - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen.  193 

stehenden  Zone  berührt  worden.  Die  andere  liegt,  wie  bereits 
eingangs  bemerkt,  darin,  dass  sich  sozusagen  das  phyl  litis  che 
Element,  welches  in  der  eigentlich  phyllitischen  Zone  erst  zum 
vollen  Ausdruck  gelangt,  schon  hier  in  grösserem  oder  geringerem 
Grade  geltend  macht.  Dadurch  gestaltet  die  Zone  sich  wahrhaft 
zu  einer  Uebera-anus-  oder  Vermittelungszone , von  der  der  cam- 
krischen  Thonschiefer  zu  jener  der  Phyllite  und  Quarzphyllite ; 
der  eigenthümliche  Habitus  der  oben  erwähnten,  feiner  gemischten 
Schiefer  wird  eben  vielfach  noch  durch  die  Interposition  dünner 
phyllitischer  Lagen  oder  Flasern  modificirt,  so  dass  sich  dem,  wie 
gesagt,  öfters  fast  klastisch  erscheinenden  Ansehen  im  Gegensatz 
dazu  ein  halb  phyllitisches  Ansehen  zugesellen  kann.  Dazu  kommt 
dann  noch  der  vielfache  Wechsel  mit  duukelem  Thonschiefer;  denn 
es  muss  wiederholt  werden,  dass  solcher,  von  ganz  gewöhnlicher 
Beschaffenheit,  normale  Zwischenschichten  jener  andern  Schiefer 
bis  weit  nach  unten  bildet , wie  dies  an  zahlreichen  Stellen  im 
Verlauf  der  Zone  deutlich  zu  sehen  ist. 

Im  Gebiet  des  oberen  Schwarzathaies  (Gegend  von  Goldis- 
thal,  Katzhütte  etc.)  grenzt  sich  die  Zone  nach  oben  und  unten 
besser  ab,  als  dies  im  Gebirge  nächst  Eisfeld  der  Fall  ist;  hier 
ist  es  in  der  That  nicht  möglich,  das  was  zwischen  den  unzweifel- 
haft noch  als  achter  Thonschiefer  mit  Quarzitzwisehenlagen  zu 
bezeichnenden  Schieferpartien  des  Werragrundes  und  den  Quarz- 
phylliten  des  Bibergrundes  liegt,  durch  irgendwie  sichere  Grenz- 
linien abzuscheiden  1). 

Wenn  wir  die  Quarzphyllite  und  Phyllite  unserer  phyllitischen 
Zone  dem  jüngsten  der  krystallinischen  Schiefersysteme  einreihen, 
so  dürfen  wir  vielleicht  für  die  in  Rede  stehende  Zone,  respective 
für  manche  Schichten  derselben  — wie  sie  z.  B.  im  Grossenbacli- 
thal,  im  Grossen  und  Kleinen  Lauterbachgrund,  auf  den  Höhen 
bei  Waffenrod  u.  s.  w.  in  der  Eisfelder  Gegend  vorliegen  — den 
Ausdruck  » halbkr  ystal  linisch « oder  » semikrystallinisch  « 
brauchen,  den  man  schon  öfters  für  solche,  eine  Zwischenstellung 

x)  Auch  im  NW.,  in  der  Gegend  von  Breitenbach  und  Altenfeld  ist  die 
Grenze  zwischen  vorliegender  und  der  phyllitischen  Zone  nur  ganz  approximativ 
anzugeben. 


13 


194 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


einnehmende  Schiefergebilde  gebraucht  hat.  Man  könnte  für 
manchen  derselben  in  der  That  sagen,  dass  sie  »in  ihrem  petro- 
graphischen  Habitus  zwischen  Glimmerschiefer  und  Grauwacken- 
schiefer, zwischen  krystallinischem  und  klastischem  Wesen  schwan- 
ken,« wie  sich  Naumann  bei  der  Besprechung  der  ältesten  Sediment- 
formationen ausdrückt,  oder  dass  sie  etwas  vom  Ansehen  eines 
Phyllitcjuarzitschiefers  und  von  dem  eines  Grauwackeschiefers  be- 
sitzen 1). 

Mit  Zunahme  des  phyllitischen  Antheils  in  der  Zusammen- 
setzung: der  Schiefer  dieser  Zone  kann  sich  auch  im  äussern  An- 
sehen  der  Schichtung  und  der  Felsbildung  eine  Annäherung  an 

1 ) Lehrbuch  der  Geognosie,  II.  Aufl.  Bd.  II,  p.  44.  — Der  Ausdruck  »halb- 
krystallinisch«  erscheint  um  so  mehr  statthaft,  als  ja  auch  die  Gegenüberstellung 
der  »krystallinischen«  (archäischen)  und  der  nicht  krystallinischen,  paläozoischen 
Schiefer  auf  keinen  ganz  durchgreifenden  Unterschied  gegründet  ist,  und  letztere 
thatsächlich  kr y stallin ische  Elemente  besitzen.  » Halbkrystallinisch « bezeichnet 
eben,  dass  der  krystallinische  Habitus  für  das  Auge,  ohne  Zuhülfenahme  weiterer 
Untersuchungen  schon  zugenommen  hat. 

Der  phyllitische  Antheil,  welcher  diese  Zunahme  bei  unseren  Schiefern  be- 
dingt, ist  meist  in  sehr  dünnen,  zusammenhängenden  Lamellen  vorhanden,  welche 
sich  etwas  flaserig  um  die  vorwiegend  durch  Quarz  gebildeten  und  durch  kry- 
stallinisch  kieseliges  Bindemittel  verbundenen  körnigen  Gemengtheile  herumlegen; 
manchmal  ist  sie  auch  nur  in  schwächerer  Entwickelung  zwischen  durch  vorhan- 
den. Mitunter  mengen  sich  auch  feine  Flasern  dunkelen  Thonschiefers  ein  (ab- 
gesehen von  den  in  Wechsellagerung  zwischengeschichteten  Thonschieferlagen), 
so  dass  dieses  nebeneinander  Erscheinen  von  Phyllit  und  Thonschiefer 
für  diese  Zone  sehr  bezeichnend  wird.  So  erscheinen  denn  auch  innerhalb  dunkeier 
Thonschieferlagen  hier  manchmal  phyllitisch  aussehende  Zwischenhäute.  — Feine 
weisse  Glimmerblättchen,  wohl  zu  unterscheiden  von  der  phyllitischen  Zwischen- 
masse sind  bald  nur  sparsam,  bald  etwas  reichlicher  ebenfalls  vorhanden,  ganz 
wie  in  den  höheren  cambrischen  Thonschiefern  und  Quarziten;  vielleicht  gehören 
sie  zu  den  ursprünglich  klastischen  Bestandtheilen , ebenso  wie  die  öfters  sich 
beimengenden,  anscheinend  abgerollten,  meist  etwas  grösseren  und  anders  gefärb- 
ten Quarzkörner.  (Vorkommnisse  der  Gegend  von  Waffenrod  und  Einsiedel,  z.  B. 
am  Blassenberg.)  Deutlichere  Beimengung  feldspathiger  Partikel  bewirkt  einen 
Uebergang  zu  gneissartigem  Gestein  (z.  B.  der  Schiefer  der  Höhe  W.  beim 
trigonom.  Signal,  bei  Hinterod,  welcher  sich  etwa  als  »dünnschieferiger  Phyllit- 
gneiss«  bezeichnen  lässt).  — 

Vielleicht,  dass  sich  in  den  von  Gümbel  1.  c.  p.  878  aus  der  untersten  cam- 
brischen, respective  Uebergangszone  zum  Phyllit,  im  Fichtelgebirge,  erwähnten 
Schiefergesteinen  Analogien  zu  den  eigenthümlichen  Schiefern  unserer  Ueborgangs- 
zone  wiederlinden. 


der  cambrisch  - phyllitischen  Schiefer  reihe  in  Thüringen. 


195 


die  Zone  der  Phyllite  und  Quarzphyllite  anbahnen,  wie  sich  dies 
in  dem  Gebirge  nächst  Eisfeld  geltend  macht.  Die  Schichtung 
nimmt  daselbst  mehr  und  mehr  das  enggefaltete,  zusammengestauchte 
Wesen  an,  welches  in  der  rein  phyllitischen  Zone  erst  völlig  zur 
Geltung  kommt;  und  wie  dort  fehlt  Transversalschieferung  oder 
ist  in  ihrer  Unabhängigkeit  vom  Schichtenverlauf  nur  unter  be- 
sonders günstigen  Umständen  zu  beachten. 

In  der  Partie  des  oberen  Schwarzathaies  zeigen  die  Schiefer 
dieser  Zone  durchweg  mehr  ebenen  als  gewundenen  Schichten- 
verlauf und  scheinen  nicht  von  Transversalschieferung  afficirt.  In 
dem  schichtigen  Wechsel  mit  dunkelem,  öfters  etwas  stärker  glän- 
zenden Thonschiefer  tritt  mitunter  eine  gewölbt  sclialige,  grosse 
und  sehr  flach  flaserige  Anordnung  hervor.  Schichtignormale 
Einschlüsse  von  weissem  Quarz  sind  in  dieser  Gegend  sehr  ver- 
breitet; sie  haben  die  Gestalt  grosser,  flacher  Linsen  oder  an  den 
Rändern  sich  ausspitzender  unregelmässiger  Scheiben,  welche  con- 
fonn  der  Schichtung  zwischen  dem  Schiefer  liegen  und  fest  mit 
demselben,  d.  h.  zunächst  mit  dunkelen,  glänzenden  Thonschiefer- 
schalen verwachsen  sind.  Sie  werden  1 und  mehrere  Meter  lang 
und  sind  im  Verhältniss  zum  Durchmesser  immer  sehr  dünn, 
können  aber  abwechselnde  Anschwellungen  und  Zusammenziehun- 
gen zeigen.  Sie  sind  eine  analoge  Erscheinung  wie  die  Quarz- 
knauer etc.  des  Quarzphyllits  und  die  gleichfalls  als  schichtige 
Zwischenlagen  auch  im  höheren  cambrischen  Thonschiefer  wieder- 
kehrenden Quarzmassen.  Im  Gegensatz  zu  den  Quarzknauern  des 
Quarzphyllits  wurde  bei  diesen  grossen  flachen  Quarzeinschlüssen 
kaum  einmal  die  Anwesenheit  von  Feldspatli  neben  dem  Quarz 
beobachtet. 

Im  Vergleich  zu  den  höheren  cambrischen  Thonschiefern  sind 
die  Schiefer  dieser  Zone  meistens  fester  und  leisten  der  Verwitte- 
rung grösseren  Widerstand.  Wo,  wie  in  der  Gegend  von  Katz- 
liütte  beiderlei  Zonen  ziemlich  gut  auseinanderzuhalten  sind,  macht 
sich  dies  Verhalten  im  Bereich  des  Kulturbodens  sehr  bemerklich, 
durch  die  grosse  Menge  von  Feldsteinen  und  Lesesteinhaufen, 
welche  die  halbkrystallinischen  Schiefer  im  Vergleich  zum  weichen 
cambrischen  Thonschiefer  liefern. 


13 


196 


H.  Lorutz  , Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Es  muss  schliesslich  betont  werden,  dass  das  Vorkommen  der 
oben  kurz  beschriebenen  ei o-enthümli chen  Schieferefebilde  keines- 
wegs  ausschliesslich  auf  die  in  Rede  stehende  Zone  beschränkt 
ist;  sie  reichen  im  Gregentheil  als  vereinzelte  Zwischenschichten, 
z.  Th.  sogar  in  stärkeren  Folgen  einerseits  in  den  Bereich  der  cam- 
brischen  Thonschiefer  hinauf,  andererseits  in  den  der  pliyllitischen 
Zone  hinab1). 


Cambrischer  Thonschiefer. 

Wie  bereits  angedeutet  sind  die  Wechsel  in  Färbung  und 
sonstiger  Beschaffenheit,  welche  sich  in  verschiedenen  Strichen  des 
Gesammtbereiches  der  cambrischen  Thonschiefer  geltend  machen, 
immerhin  so  wenig;  durchgreifend  und  constant,  und  noch  weniger 
in  durchlaufenden  Zonen  der  Streichrichtung  nach  anhaltend,  dass 
es  nicht  möglich  war,  bestimmte  Unterabtheilungen  darauf  hin  zu 
unterscheiden. 

So  z.  B.  stellt  sich  im  südlichen  Theil  unseres  Gebietes,  in 
der  Gebirgspartie,  die  zwischen  dem  obersten,  in  OW.-  Richtung 
verlaufenden  Schwarzathal  und  dem  südwestlichen  Schiefergebirgs- 

o o 

rande  gelegen  ist,  vom  Saargrund  oder  schon  vom  Blessberg  bis 
zum  Werragrund  und  darüber  hinaus  vorherrschend  dunkeiere  bis 

O 

ganz  dunkele  Färbung  des  Thonschiefers  und  z.  Th.  auch  seiner 


x)  So  finden  sich  in  einigen  Seitentliälern  des  oberen  Schwarzatlials,  zwischen 
Scheibe  und  Langenbach,  z.  Th.  schon  vereinzelt  ganz  dieselben  grobgemischten 
Schiefermodificationen  wie  an  den  oben  genannten  Bergen  bei  Eisfeld  ( Grendel, 
Eggersberg  etc.)  zwischen  grauem  Thonschiefer.  Für  das  Auftreten  als  verein- 
zelte Zwischenschichten  spricht  hier  der  Umstand,  dass  man  solche  Gesteine  kaum 
einmal  anstehend,  gewöhnlich  als  Bachgeschiebe  oder  im  Gehängeschutt  findet, 
was  übrigens  z.  Th.  auch  noch  im  Bereich  der  älteren  Zone  zutrifft.  (Bachge- 
schiebe der  Seitenbäche  im  Gr.  Langebachgrund  z.  B.) 

An  der  Kohlleite  und  bei  Rauenstein,  sowie  noch  an  anderen  Stellen  des 
südwestlichen  Schiefergebirgsrandes,  besonders  an  ersterer  Localität  (Section 
Steinheid),  finden  sich  feiner  gemischte  hierhergehörige  Varietäten  im  Bereich  der 
graugrünen  cambrischen  Thonschiefer. 


der  cambrisck - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


197 


Quarzitzwischenschichten  ein  1 ) ; daneben  aber  findet  sich  im 
ganzen  Habitus  des  Gesteins  und  in  vielen  Einzelheiten  (Art  des 
Zerfallens,  Beschaffenheit  der  Schichtflächen  etc.)  soviel  Verwandt- 
schaft mit  dem  mehr  verbreiteten  graugrünen  Schiefer,  dass  schliess- 
lich eben  nur  die  dunkele  Färbung  als  unterscheidendes  Merkmal 
übrig  bleibt,  und  selbst  diese  kann  local  wieder  fehlen;  so  dass 
der  Versuch,  aus  dieser  Partie  eine  besondere  Zone  zu  construiren, 
zu  keinem  Resultate  führt.  Schreiten  wir  in  NO. -Richtung,  im 
Streichen  weiter,  so  kommen  wir  ans  genannter  Partie  wieder  in 
Regionen,  wo  der  gewöhnlichere,  hellere  Schiefer  herrscht  (Wurzel- 
herg2),  Lindig),  und  dies  bleibt  so  auch  weiterhin  nach  NO.  So 
wenig  wie  die  genannte  und  andere  noch  geringere  Farbennüancen, 
kann  auch  ein  stellenweise  stärker  hervortretender  phyllitischer 
Glanz  des  Thonschiefers  zn  irgend  einer  Unterscheidung  bestimmter 
Untergruppen  verwerthet  werden. 

Die  weitaus  vorherrschende  Schieferart  des  cambrischen  Ge- 
bietes ist,  wie  gesagt,  der  graugrüne  — theils  mehr  grau,  theils 
mehr  grün  erscheinende  — Thonschiefer,  mit  seiner  so  gewöhnlich 
etwas  streifigen  Beschaffenheit  und  hie  und  da  hervortretender 
Tendenz  etwas  rauh  oder  quarzitisch  zu  werden.  In  grosser  Con- 
stanz  ist  derselbe  z.  B.  im  südlichen  Theil  des  Gebietes  von  der 
oberen  Grenze  des  Systems  bei  Augustenthal , Steinach,  Lauscha 
abwärts  bis  zu  einer  Linie  vom  Blessberg  über  Siegmundsburg 
entwickelt,  in  einer  Breite  von  3/4  bis  1 Meile3).  Nicht  anders 


*)  Besonders  dunkeier  Thonschiefer  steht  an : am  Rennsteig  zwischen  Friedrichs- 
höhe und  der  sog.  Ausspanne,  im  Werragrund  unterhalb  Sophienau  und  weiter 
aufwärts  (Frohnberg  und  Pechleite),  am  Weissberg,  im  Langenbachgrund  und  am 
Teichskopf  etc.  An  den  letztgenannten  Stellen  wird  der  dunkele  Thonschiefer 
z.  Th.  ein  wenig  dachschieferartig ; wirklicher,  hierhergehöriger  Dachschiefer 
von  jedoch  unbedeutender  Ausdehnung  befindet  sich  am  Grossenbach,  zunächst 
W.  vom  Werragrund,  nahe  dem  Thalausgang,  unweit  Eisfeld.  — Vergl.  Gümbel, 
1.  c.  p.  378. 

2)  Graugrüner  Thonschiefer,  ganz  von  der  Art,  wie  er  in  der  obersten  cam- 
brischen Schichtenfolge,  den  Phycodenschiefern,  entwickelt  ist,  kommt  auch  noch 
an  verschiedenen  Stellen  des  Wurzelberges  vor,  zum  Theil  nahe  der  Grenze  zur 
älteren  Schieferzone. 

3)  Doch  kann  auch  hier  local  die  Färbung  mehr  graublau,  ja  viel  dunkeier 
werden,  wie  im  Steinbachgrund,  einem  östlichen  Seitenthal  des  Theuerner  Grundes. 


198 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


verhält  es  sich  weiter  nordöstlich,  wo  sich  sein  Gebiet  von  der 
oberen  Grenze,  östlich  von  Lauscha,  Ernstthal,  Piesan  nach  NW. 
erstreckt,  über  Igelshieb  und  die  Partie  des  Cnrsdorfer  Forstes  bis 
zur  Grenze  der  nächst  älteren  Schieferzone,  etwa  h/j  Meilen  breit. 
Derselbe  Schiefer  reicht  dann  weiter  NO.-wärts  und  ist  in  den 
Gebirgspartien  bei  Weisbach,  im  Lichtethal  und  dem  unteren 
Schwarzathal  entwickelt1).  Zwischendurch  machen  sich  nur  gering- 
fügige Aenderungen  geltend:  so  ist  in  der  Partie  des  Neuhauser 
Forstes,  zwischen  dem  Rennsteig  und  Mittelbachsheide  die  Färbung 
mehr  lichtblaugrau,  ähnlich  wie  an  vielen  Stellen  der  Wurzelberg- 
partie, und  auch  sonst  mehrfach  wiederkehrend.  Wo,  wie  am 
Findig,  im  Frauenbach-  und  Katzethal,  viel  Quarzitlagen  schichtig 
mit  Thonschiefer  wechseln,  nimmt  die  Färbung  des  letzteren  meist 
einen  noch  dunkeieren  Ton  an2). 

Die  beim  cambrischen  Thonschiefer  so  gewöhnliche  Streifung 
oder  Bänderung  (sie  liegt  natürlich  in  der  Schichtrichtung  und 
tritt  auf  den  transversal  spaltenden  Schieferplatten  deutlich  hervor) 
wird  dadurch  bewirkt,  dass  weichere  Thonschiefermasse  mit  härterer 
etwas  mehr  quarzitischer  Masse  lagenweise  wechselt;  erstere  bildet 
die  meist  dunkeieren,  breiten,  letztere  die  helleren,  schmalen  Streifen. 

Diese  härtere  und  meist  lichter  gefärbte  quarzreichere  Zwischen- 
masse des  eigentlichen  Thonschiefers  erscheint  nun  nicht  immer 
in  parallelen  Bändern,  sondern  auch  in  knoten-  und  wulstartigen 

— Ganz  fremd  ist  ferner  dieser  Partie  auch  nickt  die  Zwischenschichtung  von 
Quarzitbänken  zwischen  Thonsckiefer , so  gegen  den  SW. -Rand,  in  der  Strecke 
von  Rauenstein  nach  Melchersberg. 

Q Auch  der  Schiefer  der  weiter  östlich  liegenden,  halbinselartig  zwischen 
jüngeren  Schiefern  auftretenden  cambrischen  Partie  von  Gräfentlial  und  Lauen- 
stein gehört  hierher. 

3)  Die  grünliche  Färbung  des  Schiefers  dürfte  chloritischer  Natur  sein;  mit- 
unter enthält  das  Gestein  kleine  grüne  Pünktchen  und  Knötchen,  wohl  stärkere 
Anhäufungen  dieser  Substanz.  Weisse,  leicht  sichtbare  Glimmerschüppchen  sind 
in  allen  hierhergehörigen  Schiefermodificationen  eine  gewöhnliche  Erscheinung. 
Sie  liegen  nicht  nur  auf  den  Schichtflächen,  sondern  auch  im  Innern  der  Gesteins- 
masse. Namentlich  sind  sie  auch  in  den  quarzitischen  Abänderungen  verbreitet. 

— Verschieden  von  diesen  Glimmerschüppchen  sind  die  hautartigen  Ueberzüge 
eines  Glimmerminerals  auf  Dislocationsflächen,  an  denen  Ablösung  stattfindet; 
dieser  Glimmer  scheint  secundärer  Entstehung  zu  sein. 


der  cambrisch-phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


109 


Formen,  welche  seitlich  in  Thonschiefer  übergehen  können,  in 
anderen  Fällen  sich  scharf  von  jenem  unterscheiden  und  loslösen 
lassen;  solch  eigenthümlich  knotige  und  wulstige  Beschaffenheit 
besonders  der  Schichtoberflächen  ist  für  viele  Lagen,  namentlich 
des  oberen  und  obersten  cambrischen  Schiefers  recht  charakte- 
ristisch und  tritt  besonders  beim  Zerfallen  des  Gesteins  hervor; 
sie  wiederholt  sich  indess  auch  noch  öfters  weit  ins  Liegende 
hinein 1). 

Schichtflächen  der  obersten  cambrischen  Thonschiefer,  der 
Phycodenschiefer,  wie  sie  nicht  selten  in  Steinbrüchen  entblösst 
werden,  zeigen  oft  die  Erscheinung  der  durch  Wellenwirkung  zu 
Stande  gekommenen  parallelen  Kippen  oder  Wülste  in  ausgezeich- 
neter Weise;  meist  sind  es  zwei  unter  spitzem  Winkel  sich  schnei- 
dende Systeme;  auf  den  grösseren  Wülsten  sind  meist  noch  klei- 
nere Fältchen  oder  Rippchen  und  unregelmässige  Knötchen  zu  be- 
merken 2). 

Mitunter  ist  auch  discordante  Paral  lelstructur  (diago- 
nale Schichtung)  in  den  einzelnen  Lagen  und  Bänken  an  der  An- 
ordnung der  verschiedenfarbigen  Streifen  in  mehreren,  gegenseitig 
sich  abschneidenden  Parallelsystemen  deutlich  zu  erkennen,  eine 
Structur,  die  übrigens  auch  sonst  wiederholt  in  sehr  alten  Schichten- 


*)  Dass  die  härtere,  quarzreiche  Zwischenmasse  des  Thonschiefers  bald  in 
Streifen,  bald  in  Knoten  erscheint,  liegt  z.  Th.  wohl  nur  in  geringen  Modificationen 
in  der  Art  der  Sedimentirung ; vielleicht,  dass  die  letzteren  aus  der  Umgestaltung 
von  gleichmässiger  ausgebreiteten  Sedimentlagen  unter  Vermittelung  von  Wellen- 
bewegung hervorgingen;  es  dürfte  dies  insbesondere  von  den  auf  der  Oberfläche 
der  Bänke  vortretenden  derartigen  Körpern  gelten.  — Wie  aber  in  vielen  Fällen 
ähnliche  Körper,  besonders  von  linsenförmiger  Gestalt,  rein  nur  auf  mechanischem 
Wege,  durch  Druck  von  zwei  Seiten  her  zu  Stande  gekommen  sind,  zeigt  Liebe 
sehr  klar  in  der  »Erläuterung  zu  Blatt  Zeulenroda«  der  geol.  Specialkarte  von 
Preussen  u.  d.  Thüring.  Staaten,  Berlin  1881,  p.  4. 

3)  Der  Vergleich  mit  ripple  mcirks  erscheint  hier  durchaus  zutreffend.  Diese 
welligen  Schichtoberflächen  setzen  jedenfalls  eine  gewisse  Unterbrechung  in  der 
Sedimentirung  voraus.  Sie  sind  insofern  von  den  genannten  härteren  resp.  mehr 
quarzitischen  Wülsten  und  Knoten  verschieden,  als  sie  aus  derselben  Thonschiefer- 
masse bestehen  können , wie  die  übrige  Masse  der  Schicht  oder  Bank.  Durch 
den  Einfluss  der  Transversalschieferung  kann  die  holperige  und  geriffelte  Be- 
schaffenheit der  Schichtoberfläche  noch  vergrössert  worden  sein. 


200 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


complexen  verschiedener  Gegenden  beobachtet  worden  ist1).  Diese 
und  die  übrigen  erwähnten  Erscheinungen  dürften  für  die  in  Rede 
stehenden  obercambrischen  Schichten  wohl  auf  Ablagerung  in  wenig 
tiefem,  massig  bewegtem  Wasser  gedeutet  werden. 

Die  Phycoden  — Phy codes  circinnatum  Richter  — jener 
für  die  oberste  cambrische  Schichtenpartie  Thüringens,  und  der 
Gebirge  weiter  ostwärts,  so  besonders  wichtige  Einschluss,  dem 
organischer  Ursprung  zugeschrieben  wird,  finden  sich  als  stein- 
kernartige, aus  derselben  Masse  wie  der  umgebende  Schiefer  be- 
stehende Körper,  welche  sich  nicht  vollständig  aus  dem  Gestein 
herauslösen,  sondern  reliefartig,  als  erhabene  Gebilde  in  Form  sich 
verzweigender  Stämmchen  zum  Vorschein  honunen.  Sie  erinnern 
sehr  an  verwandte  Formen,  die  z.Th.  unter  ähnlichen  Namen  aus  ver- 
schieden alterigen  paläozoischen  Schichtensystemen  verschiedener 
Länder  beschrieben  worden  sind.  Uebrigens  sind  die  Phycoden 
im  Ganzen  selten;  wahrscheinlich  kommen  sie  nur  auf  bestimmten 
Schichtflächen  vor,  was  man  daraus  schliessen  möchte,  dass  sie 
sich  an  gewissen  Localitäten  häufiger  wiederholen,  an  vielen  anderen 
bei  allem  Suchen  nicht  zu  finden  sind;  und  überdies  sind  sie  bis 
jetzt  nur  in  der  obersten  cambrischen  Thonschiefer-  und  Quarzit- 
zone aufgefunden  worden.  Phycodensehiefer,  resp.  typische  oberste 
cambrische  Schiefer  stehen  beispielsweise  an:  im  Thalgrund  ober- 
halb Augustenthal , im  Steinachthal  und  Göritzgrund  zwischen 
Steinach  und  Lauscha,  und  weiter  NO.  in  der  Gegend  von  Ernst- 
thal und  Piesau2). 

x)  Naumann,  Lehrb.  cl.  Geognosie,  II.  AufL,  Bd.  I,  S.  474.  — K.  v.  Fritsch 
beobachtete  sie  am  Gneiss  der  Gegend  des  Piz  Lucendro.  (Beiträge  z.  geol.  Karte 
d.  Schweiz,  15.  Lief.  1873,  S.  50.) 

2)  Wenn  auch  den  Phycoden,  als  Ganzes  betrachtet,  eine  durchaus  selb- 
ständige und  leicht  zu  erkennende  Gestalt  zukommt,  so  kann  man  bei  manchen 
Vorkommnissen  im  Zweifel  bleiben,  ob  man  es  mit  einem  isolirten  Zweig  oder 
Fragment  eines  Phycoden  oder  einer  jener  oben  genannten  wulstförmigen  Ein- 
lagerungen des  Schiefers  zu  thun  hat. 

Weiteres  über  den  Phycodes  circinnatum  Richter,  und  seine  Verglei- 
chung mit  ähnlichen  Vorkommnissen  aus  cambrischen  und  sibirischen  Schichten 
anderer  Länder,  s.  besonders  Gümbel,  1.  c.  p.  380.  Die  thüringische  Form  wird 
für  vielleicht  identisch  gehalten  mit  Brongniart’s  und  Hisinger’s  Fucoides  circin- 
natus,  der  neben  anderen  vegetabilischen  Resten  im  schwedischen  Cambrium 


der  cambriscli-phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


201 


Das  cambrische  Thonschiefersystem  ist  durchgehends  trans- 
versal gesch iefert,  und  wenn  auch  diese  Schieferung  meist 
nicht  sehr  vollkommen  ist,  lässt  sich  doch  behaupten,  dass  sie  das 
System  geradezu  beherrscht  und  gewöhnlich  viel  deutlicher  hervor- 
tritt als  die  Lage  der  ursprünglichen  Schichtung;  so  dass  stets 
natürliche  oder  künstliche  ebenflächige  Spaltstücke  in  der  Schiefe- 
rungsrichtung liegen  und  das  erwähnte  streifige  Ansehen  besitzen. 
Selbst  bis  in  die  Quarzitlager  hinein  macht  sich  der  Einfluss  der 
Schieferung  deutlich  geltend ; und  nicht  minder  kommen  zwischen- 
gelagerte porphyroidische  Lagen  transversal  geschmiert  vor,  soweit 
solche  überhaupt  für  Transversalschieferung  zugänglich  und  nicht 
ganz  massig  krystallinisch  sind. 

Die  Transversalschieferung  zeigt  in  diesem  gesammten  Gebiete 
fast  durchgängig  ein  steiles  bis  sehr  steiles  Einfolien  nach  NNW. ; 
locale  Ausnahmen  kommen  vor.  Neben  der  Schieferung  macht 
sich  Parallelklüftung  geltend,  öfters  nach  zwei  bis  drei  Rich- 
tungen hin,  die  auf  eine  gewisse  Erstreckung  constant  bleiben 
können 1).  Das  Zusammentreffen  von  Schichtung,  Schieferung  und 
Klüftung  im  Verein  mit  der  oben  erwähnten,  eigentliümlichen, 
wulstigen  Beschaffenheit  des  Gesteins  in  der  ersten  Richtung  be- 
dingt bei  den  Phycodenscliiefern  und  diesen  im  Habitus  sich  nähern- 
den älteren  Schiefern  öfters  ein  charakteristisches  Zerfällen  in  un- 
regelmässig stengelige  Fragmente.  Gewöhnlicher  als  das  steil- 
gelige  oder  scheitartige  Zerfällen  ist  das  platten  förmige, 
welches  durch  etwas  gleichartigere  Gesteinsbeschaffenheit  im  Ver- 

(Eophyton-Sancl, stein)  vorkommt.  Vergl.  Richter,  Zeitsclir.  d.  D.  geol.  Ges.  1869, 
S.  359.  Doch  sind  auch  die  sibirischen  Analoga  z.  Th.  recht  ähnlich,  z.  B.  der 
IJcrophycus  Otawaensis  Bii.ling’s  aus  dem  Trentonkalk.  — Feine  Querstreifung, 
wie  sie  Richter,  Zeitsclir.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  11,  1850,  p.  206  von  Phycocles 
circinnatum  erwähnt,  und  die  zu  Gunsten  seiner  organischen  Herkunft  gedeutet 
werden  kann,  habe  ich  an  einem  der  aufgefundenen  Exemplare  ebenfalls  bemerkt. 
— Abbildungen  des  P/rycodes  circinnatum  s.  Richter  i.  c.  Taf.  IX;  Gümbel  1.  c. 
p.  376. 

')  Beispielsweise  zu  sehen  in  der  Gegend  des  Steinachthals,  Göritzgrundes 
und  Göritzberges  zwischen  Steinach  und  Lauscha. 

Die  drei  Lagen  der  Schichtung,  Transversalschieferung  und  Hauptklüftung 
bedingen  öfters  die  Grundform  oder  Kerngestalt  der  Felsbildungen;  z.  B.  bei 
Schwarzburg  (Trippstein). 


202 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


ein  mit  genügend  starker  Schieferung  bewirkt  wird.  — In  der 
untern  Schwarzagegend,  von  Weisbach  ab,  ist  die  transversale 
Schieferung  des  grünlichen  Schiefers  local  so  ausgebildet,  dass  er 
als  Dachschiefer  gewonnen  wird. 

Die  Ve  r wittern  11g  bringt  an  den  cambrischen  Thonschiefern, 
besonders  den  graugrünen,  bräunlichgelbe  und  rothe  Farbentöne 
hervor.  Die  weichem  Schiefer  derart  können  endlich  eine  fast 
ockergelbe  Erde  als  Residuum  hinterlassen.  Die  quarzitischen 
Abänderungen  verwittern  meist  mehr  röthlich.  In  ansgedehnten 
Strichen  werden  besonders  unter  Mitwirkung  genügender  Feuchtig- 
keit oder  von  Quellwasser  die  weicheren  cambrischen  Schiefer  zu 
völlig  lehmigem,  weichem  Boden  zersetzt,  z.  B.  vielfach  im  Bereich 
das  Cursdorfer  Forstes. 

An  einigen  Stellen  enthält  der  cambrisehe  Thonschiefer 
Zwischenschichten  von  Wetzschiefer,  die  indess  nicht  gerade 
häufig  und  gewöhnlich  auch  in  geringer  Mächtigkeit,  lagenweise, 
auftreten.  Das  bekannteste  Vorkommen  derart  ist  das  vom  Hiften- 
berg  bei  Siegmundsburg,  welches  besonders  in  früherer  Zeit  Steine 
von  vorzüglicher  Qualität  lieferte1).  Aehnliche  Schiefer  sind  im 
Als!  lachgrund  (S.  von  Scheibe)  und  an  der  S.- Seite  des  Göritz- 
berges vorgekommen.  In  grösserer  Menge  finden  sich  die  Wetz- 

O O O o 

schiefer- Zwischenlagen  auf  der  Höhe  des  Gehegberges  zwischen 
Gräfenthal  und  Lauenstein,  etwas  östlich  von  unserem  Gebiete. 
Am  Wurzelberg  (Höhe  östlich  von  Goldisthal)  findet  sich  Wetz- 
schiefer als  Zwischenschicht  eines  Quarzitlagers,  oder  bildet  viel- 
mehr einzelne  Lagen  eines  stärkeren  thonschieferigen  Zwischen- 
mittels des  Quarzitlagers. 

Ueber  locale  Wiederholungen  zwischen  cambrischem  Thon- 
schiefer, jener  eigenthümlichen  Schiefer  von  z.  Th.  klastischem 
Habitus,  wie  sie  besonders  der  älteren  Schieferzone  angehören,  ist 
weiter  oben  schon  berichtet  worden ; und  auf  die  porphyroidischen 
Zwischenschichten  kommen  wir  später  zu  sprechen. 

!)  Vergl.  Richter,  das  thüringische  Schiefergebirge,  Zeitschi',  d.  D.  geol.  Ges. 
1S69,  S.  353. 


der  cambriscli-phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


203 


Cambrischer  Quarzit. 

Von  den  Einlagerungen  der  cambrischen  Thonschieferzone 
sind  die  an  Masse  und  Verbreitung  weitaus  bedeutendsten  die 
Quarzite.  Sie  treten  entweder  in  deutlich  abzugrenzenden  Lagern, 
oder  auch  als  durchgehender  Schichtenzug  auf,  oder  aber  sie 
gehen,  in  anderen  Strichen  des  Gebirges,  dergestalt  mit  Thon- 
schiefer  durcheinander,  dass  dies  Verhalten  nur  ungefähr  kar- 
tographisch ausgedrückt  werden  kann.  In  letzterem  Fall  erscheinen 
sie  eigentlich  nicht  mehr  als  Einlagerungen,  sondern  als  mit  Thon- 
schiefer  alternirende  wesentliche  Schichtenelemente  des  Systems. 
Uebrigens  sind  auch  selbst  manche  geschlossene,  resp.  gut  abzu- 
grenzende Quarzitlager,  wie  die  am  Wurzelberg,  oder  vielleicht 
alle,  nicht  frei  von  Thonschiefer,  sondern  es  findet  sich  solcher 
bald  mehr  bald  weniger  in  Verwachsung  und  Wechsellagerung  mit 
den  Quarzitbänken. 

Der  cand irische  Quarzit  ist  meist  feinkörnig;  mitunter  er- 
scheint er  fast  dicht1).  Die  Färbung  ist  in  der  Regel  licht,  weiss, 
grau,  gelblich,  röthlich;  etwas  dunkeier  wird  sie  in  gewissen  Partieen 
der  tieferen  cambrischen  Gebirgspartie  (Gegend  des  Werragrundes, 
Saargrundes  u.  s.  w.,  gegen  den  SW.- Rand  des  Gebirges  zu),  wo 
auch  die  Thonschiefer  dunkeier  sind  und  meist  ein  enger  Wechsel 
zwischen  letzteren  und  Quarzit  stattfindet.  — Ausscheidungen  von 
Quarz,  Eisenglanz  und  Rotheisen  (Eisenrahm)  auf  Klüften  sind, 
wie  in  den  meisten  Quarziten,  auch  hier  sehr  verbreitet2). 

Das  Quarzitgestein  erscheint  entweder  homogen,  oder  seltener 
ist  auch  eine  die  Schichtung  andeutende  heterogene  Beschaffen- 
heit wechselnder  Lagen  zu  erkennen,  welche  bis  zu  schieferiger 
Ablösung  in  dünneren  Platten  gehen  kann.  Weisse  Glimmer- 
schüppchen sind  nicht  selten  der  Gesteinsmasse  beigemengt  oder 
auf  Ablösungsflächen  angehäuft.  Die  so  häufig  vorkommenden 

')  In  den  Quarzitlagern  des  Wurzelberges  z.  B.  kommen  hie  und  da  sehr 
dichte,  fast  porcell  an  artig  aussehende,  muschelig  brechende  Quarzitlagen  und 
-Platten  vor. 

2)  Nur  einmal  (Thal  der  Weissen  Schwarze)  bei  Katzhütte  wurde  etwas  Schwer- 
spath  als  Kluftmineral  beobachtet. 


204 


H.  Lobetz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Eisenoxydpünktchen  sind  z.  Th.  wohl  auf  Magneteisen,  z.  Th.  aber 
auch  auf  Schwefelkiespartikel  oder  -Kryställchen  zurückzuführen; 
letztere  können  aber  auch  rostgelbe  Pünktchen  oder  Flecke  ver- 
ursachen, wie  sie  in  manchen  Quarzitvarietäten,  z.  B.  am  Wurzel- 
berg in  grosser  Menge  Vorkommen,  und  durch  Auswittern  den 
Quarzit  porös  machen  können1).  Weitere  Vertheilung  und  Ver- 
breitung des  Eisengehaltes  durch  die  Gesteinsmasse  in  Folge  Ein- 
Wirkung  der  Atmosphärilien  kann  dieselbe  völlig  röthen. 

Die  Schichtung  des  Quarzites  kann  in  bereits  angegebener 
Weise  sehr  deutlich  werden;  in  anderen  Fällen  wird  sie  dies  durch 
Zwischenschichtung ' von  Thonschiefer,  oder  schon  durch  die 
Schichtungsfugen  zwischen  den  Bänken.  Sind  letztere  nicht  scharf 
angedeutet  und  ist  zugleich  die  Zerklüftung  sehr  vorgeschritten, 
so  kann  allerdings  die  Lage  der  Schichtung  völlig  verwischt  sein; 
es  kommt  dies  bei  massigen,  schieferiger  Zwischenlagen  fast  ent- 
behrenden Quarzitlagern  in  der  That  vor,  wie  bei  denen  der  Stein- 
heicler  Gegend.  In  anderen  Fällen  sind  zwar  die  Quarzitbänke 
äusserst  mächtig,  so  dass  sie  als  Felsmassen  vortreten,  deuten  aber 
ihre  Lage  durch  dünne  schieferige  Zwischenlagen  an.  (Z.  B.  im 
Thal  der  Weissen  Schwarze,  unweit  Katzhütte.) 

Weitgehende  Zerklüftung2)  im  Verein  mit  der  Unzerstör- 
barkeit dieses  Gesteins  an  sich  bringen  es  mit  sich,  dass  im  Aus- 
strich mancher  Quarzitlager  Gehänge  und  z.  Th.  auch  die  Kuppen 

B Der  Quarzit  des  Lagers  am  Frohnberg,  bei  dem  Werragrund  (Blatt  Eis- 
feld) enthält  eine  Menge  kleiner  krystallinischer  Partikel  und  Concretionen  von 
Schwefelkies,  welche  bis  zu  äusserst  dünnen,  in  der  Schichtungsrichtung  liegenden 
Häuten  oder  Anflügen  herabgehen;  sie  verwittern  leicht  und  haben  rothe  Flecke 
von  Eisenoxyd  im  Gefolge.  — Mitunter  kommen  grössere  Pyritwürfel  oder  -Con- 
cretionen zu  Brauneisen  verwittert  vor;  auch  solche,  die  in  Roth  eisen  übergegangen 
sind;  und  zwar  nicht  nur  in  den  Quarziten,  sondern  manchmal  auch  in  den 
Schiefern. 

2 ) Jener  Theil  der  allgemeinen  Zerklüftung,  welcher  das  schliessliche  Zerfallen 
in  Trümmer  herbeiführte,  mag  zunächst  nur  in  der  Anlage  vorhanden  gewesen 
sein,  sozusagen  latent,  oder  als  Spannungszustand  in  Folge  der  verschiedenen 
Kraftwirkungen,  denen  das  Gebirge  ausgesetzt  gewesen  ist,  und  erst  durch  äussere 
Einflüsse,  besonders  Temperaturwechsel  und  Frost  in  den  durch  die  Denudation 
der  Oberfläche  genäherten  Theilen  zur  völligen  Ausbildung  gelangt  sein.  Es  gilt 
dies  übrigens  auch  von  anderen  Gesteinen, 


der  cambrisch - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


205 


von  förmlichen  Quarzit-Trümmerhalden  mit  Ausschluss  jedes 
anderen  Gesteins  bedeckt  sind;  die  Erscheinung  wird  um  so  auf- 
fälliger, als  an  solchen  Stellen  Waldwuchs  und  sonstige  Vegetation 
auf  das  dürftigste  Maass  herabsinken,  ja  ganz  ausbleiben.  Durch 
solche  Quarzit-Trümmerhalden  zeichnet  sich  besonders  der  Theuer- 
ner  Grund  und  die  Umgebung;  von  Steinheid  und  Dimbach  am 
Rennsteig  und  Ober-Lauscha  aus.  Diese  Quarzitlager  enthalten 
kaum  oder  nur  wenig  Thonschiefer  als  Zwischenschichten  der 
Quarzitbänke.  Weniger  kommt  es  zur  Bildung  von  Trümmer- 
halden, wo  mehr  Thonschiefer  zwischen  dem  Quarzit  ist,  indem 
jener  einen  Verwitterungsboden  liefert;  so  am  Wurzelberg,  und 
auch  im  ganzen  Verlauf  des  Quarzitzuges  an  der  oberen  Grenze 
des  cambrischen  Systems. 

Wie  gesagt  finden  wir  den  Quarzit  einmal  in  geschlossenen 
resp.  ringsum  gut  abzugrenzenden  Lagern,  wie  dies  die  zahlreichen 
derartigen  Vorkommnisse  am  Theuerner  Grund,  bei  Steinheid, 
Lauscha,  Limbach,  im  obersten  Schwarzathal,  am  Werragrund  und 
am  Wurzelberg  darthun1).  Ferner  aber  bildet  Quarzit  einen  gleicli- 
mässig  durchgehenden  Zug  an  der  oberen  Grenze  des  cambrischen 
Systems;  wir  finden  ihn  hier  in  starken  Bänken,  welche  mit  grau- 
grünem Thonschiefer  wechsellagern;  im  Thonschiefer  und  auch  in 
ziemlich  cjuarzitischem  Gesteine  dieser  Zone,  wie  in  dem  zunächst 
im  Liegenden  folgenden  Thonschiefer,  sind  die  oben  genannten 
Phycoden  vorgekommen. 

*)  Ueber  clie  äussere  Gestalt  eines  solchen  Lagerkörpers  lässt  sich  nur  auf 
Grund  der  Umrisse  eine  beiläufige  Vorstellung  gewinnen.  — Oefters  verlieren  sie 
sich  nach  einer  oder  mehreren  Richtungen  mehr  und  mehr  in  Thonschiefer,  wie 
in  der  Gegend  des  Katzethals  und  des  Lindig  (Blatt  Breitenbach).  Möglich,  dass 
einzelne  benachbarte  Quarzitlager,  wie  am  Theuerner  Grund,  einen  durch  Denu- 
dation zerstörten  Zusammenhang  hatten;  möglich  ferner,  dass  die  ausgedehnte 
Quarzitpartie  der  Gegend  von  Steinheit  ein  und  dasselbe  hin-  und  hergebogene 
Lager  darstellt,  auf  dessen  Mächtigkeit  aus  der  vorliegenden  Verbreitung  gar  kein 
directer  Schluss  zu  ziehen  ist;  gewisses  lässt  sich  hierüber  nicht  aussagen.  Mit 
grösserer  Sicherheit  lässt  sich  behaupten,  dass  der  unvermittelte,  ziemlich  gerad- 
linige Abschluss  dieser  Quarzitin assen  nach  NO.  mit  jenen  Verwerfungserscheinungen 
im  Zusammenhang  stehe,  welche  auch  das  Auftreten  und  die  Lagerungsverhältnisse 
der  Zechstein-  und  Buntsandsteinpartieen  bedingen,  die  hier  ganz  unvermittelt 
inmitten  des  Schiefergebirges  erscheinen. 


206 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Noch  etwas  anders  gestaltet  sich  das  Yerhältniss  von  Quarzit 
und  Thonschiefer  in  gewissen  Gebirgspartieen , nämlich  in  der 
Gegend  des  Illessberges,  Saargrundes  und  Werragrundes,  in  der 
Nähe  des  SW. -Randes  des  Schiefergebirges  und  von  da  NO.-wärts 
weiter  über  den  Rennsteig,  bei  Siegmundsburg  und  Friedrichshöhe 
und  das  oberste  Schwarzathal,  nach  der  Gegend  des  Frauenbachs 
(östlich  vom  Wurzelberg),  des  Lindigs  und  Katzethals.  Hier  hat 
man  es,  wie  oben  schon  angedeutet,  weder  mit  geschlossenen 
Quarzitlagern,  noch  mit  gleichmässig  durchlaufenden  Quarzitzügen 
zu  thun,  sondern  mit  einem  ganz  unbeständigen  Wechsel 
von  Quarzit  und  Thonschiefer,  wo  gewöhnlich  der  letztere  vor- 
waltet  und  der  Quarzit  in  Bänken  und  Lagen  zwischengeschichtet 
ist,  auch  in  engem,  dünnschichtigem  Wechsel  mit  Thonschiefer 
verwächst.  Man  kann  dies  Verhalten  nur  schwierig  auf  der  Karte 
wiedergeben.  In  der  Gegend  des  Katzethals  entwickelt  sich  hie 
und  da  aus  diesem  unbeständigen  Wechsel  ein  massigeres  Quarzit- 
lager, so  dass  beide  Arten  des  Auftretens  des  Quarzits  in  einander 
übergehen.  — Die  genannten  Gebirgsstrecken  sind  zugleich  die, 
wo  Thonschiefer  und  Quarzit  öfters  den  dunkelen  Farbenton  be- 
sitzen1); und  die  wo  die  Wirkungen  der  Transversalschieferung 
sich  sehr  deutlich  bis  in  den  engen  Thonschiefer- Quarzitwechsel, 
und  selbst  bis  in  geschlossene  Quarzitlager  hinein  wahrnehmen 
lassen;  denn  in  ihrer  Richtung  spaltet  stets  der  Thonschiefer,  und 
wo  er  mit  Quarzitlagen  verwachsen  ist,  schneidet  die  Spaltung  quer 
durch  letztere  hindurch  2). 

Mitunter  stellen  sich  im  Quarzit  dünne  Häute  und  Flasern 
eines  sericitisch  eil  Minerals  in  grösserer  oder  geringerer  Menge 
ein ; so  kann  der  Quarzit  in  einen  schieferigen  oder  schieferig  flase- 
rigen  Sericit-  Quarzitschiefer  übergehen.  Man  beobachtet  diese 

Q Starke  Bänke  eines  dunkelen  Quarzits  werden  z.  B.  im  Saargrund,  ober- 
halb der  kleinen  Ortschaft  gleichen  Namens  zur  Strassenbeschotterung  gebrochen. 
— Wie  im  nächsten  Abschnitt  näher  angeführt  wird,  nimmt  der  Quarzit  in  dieser 
Gegend  öfters  einen  grauwackeähnlichen  Habitus  an. 

2)  Es  kommen  selbst  Quarzitstücke  ohne  Thonschieferverwachsung  vor, 
welche  eine  allerdings  sehr  unvollkommen  entwickelte  secundäre  Schieferung  be- 
sitzen, neben  welcher  sich  die  anders  liegende  Schichtung  durch  geringe  Niian- 
cirungen  der  Färbung  etc.  zu  erkennen  giebt. 


der  cambrisch  - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


207 


Varietät  sehr  häufig  in  der  Gegend  des  Wurzelbergs,  des  Katzethals 
u.  s.  w.  An  anderen  Stellen  ist  sericitisehe  Zwischenmasse  mehr 
nur  auf  den  Schichtungsfugen  zwischen  den  Bänken  abgelagert 1). 
Beim  Quarzit  des  Frolmbergs,  am  Werragrund,  haben  die  schiefe- 
rigen Lamellen  und  Flasern  zum  Theil  mehr  das  Ansehen  eines 
dunkelen  Phyllits. 

Merkwürdig  sind  fast  conglomera tische  Abänderungen  des 
Quarzits,  wie  sie  z.  B.  am  Steinbiel  bei  Neuhaus  am  Rennstieg 
Vorkommen:  abgerundete  Trümmer  von  Quarz,  Schiefer  und,  wie 
es  scheint  auch  Quarzit,  sind  durch  quarzitische  Masse  verbunden, 
der  auch  die  sericitisehe  Zwischenflaser  nicht  fehlt.  Aehnlicher 
Quarzit  kommt  ganz  im  NW.  des  Schiefergebirges,  am  Langen 
Berge  vor2). 

An  der  westlichen  Seite  des  Wurzelberges  findet  sich  auch 
eine  anders  aussehende  Modification,  bei  welcher  die  Quarzitmasse 
einzelne  kleine,  flache,  abgerundete  Stücke  anscheinend  ganz  des- 
selben Quarzits  einschliesst.  Nicht  selten  findet  sich  auch  Breccien- 
structur  des  Quarzits.  Obwohl  dieselbe  in  der  Regel  nur  an  isolirten 
Trümmern  zu  sehen  ist,  möchten  wir  annehmen,  dass  sie  normalen 
Zwischenschichten  angehöre  und  ursprünglicher  Bildung  sei,  in 
der  Art  wie  auch  bei  manchen  Kalksteincomplexen  Schichten  mit 
Breccienstructur , andere  von  dichter  etc.  Structur  regelmässig 
zwischengelagert  Vorkommen. 

Sehr  verbreitet  ist  die  Durchtrümerung  des  Quarzites  mit 
Quarz,  der,  wie  er  einerseits  feinste  Adern  erfüllt,  so  auch  anderer- 
seits zu  bedeutenden  Massen  anschwellen  kann;  so  dass  nach  dem 
endlichen  Zerfall  seine  unverwüstlichen  Trümmer  als  Felsen  und 
Blöcke  von  allen  Dimensionen  übrig  bleiben;  die  grossem  derselben 
wurden  besonders  früher  zu  Mahlsteinen  für  die  vielen  Masse- 
mühlen der  thüringischen  Porcellanfabriken  zugerichtet.  Von  diesem 
Quarz  ist  jedenfalls  ein  grosser  Theil  als  Secretionsmasse  anzu- 
sehen, welcher  die  im  Quarzit  so  besonders  zahlreichen  secundär 
entstandenen  Klüfte  erfüllte.  — Von  wissenschaftlichem  und  histo- 

x)  Von  petrograpliiselien  Uebergangsstufen  zu  gewissen  porphyroidisehen 
Schiefern  wird  weiter  unten,  bei  letzteren  die  Rede  sein. 

2)  Vergl.  Richter  1.  c.  p.  349, 


208 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


rischem  Interesse  ist  die  zwar  sehr  minimale  Goldführung  des 
cambrischen  Quarzits  resp.  seines  Quarzes,  welche  in  alten  Zeiten 
Anlass  zur  Goldgewinnung  gegeben  hat;  am  bekanntesten  ist  diese 
von  den  Steinheider  Quarzitlagern;  aber  auch  an  andern  Stellen 
wurde  Gold  gewaschen,  so  an  der  westlichen  Seite  des  Wurzel- 
herges, wo  noch  jetzt  die  Namen  Raspis-,  Ronn-  und  Rothseifen- 
bach,  und  Goldisthal  an  diese  alte  Industrie  erinnern.  Noch  in 
neuerer  Zeit  ist  aus  der  Schwarza,  mehr  versuchsweise,  Gold  ge- 
waschen worden. 

Dass  die  cambrischen  Thonschiefer  öfters  etwas  rauh  und 
quarzitisch  werden,  wurde  schon  erwähnt;  es  können  förmliche 
Mittelgesteine  von  Thonschiefer  und  Quarzit  vorliegen,  welche 
ebenfalls,  wie  der  reine  Quarzit,  als  strichweise  vertheilte  Partieen 
oder  als  abgrenzbare  Einlagerungen  im  Thonschiefer  erscheinen; 
solche  wurden  bei  der  Detailaufnahme  besonders  auf  Section  Stein- 
heid als  » quarzitische  Schiefer«  angegeben,  und  zwar  in  der 
Gegend  von  Steinheid  und  Lauscha.  Diese  Modificationen  ver- 
halten sich  z.  Th.  mehr  wie  ein  Quarzit  , der  mit  grosser  Fein- 
körnigkeit einen  schichtigen  Wechsel  und  ein  stärkeres  Hervor- 
treten schieferigen  Gefüges,  ob  ursprünglich  oder  transversal,  ver- 
bindet; z.  Th.  verhalten  sie  sich  als  Quarzit,  der  mit  Flasern 
rauher  Thonschiefermasse  verwachsen  ist;  z.  Th.  auch  scheint  ein 
Thonschiefer,  der  nicht  viel  von  seiner  Spaltbarkeit  eingebüsst  hat, 
doch  einen  starkem  Quarzgehalt  durch  die  ganze  Masse  hindurch 
besitzt,  vorzuliegen. 


Das  Vorkommen  von  Versteinerungen  im  Quarzit 
von  Siegmundsburg. 

Der  Verfasser  kann  sich  hier  zunächst  auf  die  Mittheilung 
beziehen,  welche  er  bereits  an  einer  anderen  Stelle1)  über  dieses 
interessante  Vorkommen  gegeben  hat;  die  ersten  dieser  Ver- 
steinerungen sah  derselbe  bei  einem  Einwohner  von  Friedrichs- 


*)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXII,  1880,  p.  682  ff. 


der  cambrisch - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


209 


liölie  am  Rennsteig,  in  der  Nähe  der  Fundstelle,  und  fand  in  der 
Folge  eine  grössere  Zahl  von  Exemplaren,  die  sich  jetzt  in  der 
Sammlung  der  geologischen  Landesanstalt  in  Berlin  befinden ; seit- 
dem sind  dieselben  Formen  noch  mehrfach,  aber  nicht  in  besseren 
Exemplaren  und  auch  keine  neuen  Formen  vorgekommen. 

In  unserer  früheren  Mittheilung  hatten  wir  noch  die  Unter- 
scheidung in  ober-  und  untercambrisch  festgehalten,  indem  wir 
ersteren  alle  die  von  den  obersten  cambrischen  Schiefern,  nämlich 
den  eigentlichen  Phycodenschiefern  nicht  zu  unterscheidenden 
Schiefer  zuzurechnen  geneigt  waren ; da  wir  aber  in  vorliegendem 
Artikel  diese  Unterscheidung  aus  weiter  oben  angegebenen  Gründen 
aufgegeben  haben,  wollen  wir  hier  nur  constatiren,  dass  die  petre- 
factenführende  Schicht  bei  Siegmundsburg  weit  im  Liegenden  von 
jener  obersten  Phycodenzone  erscheint,  und  dass  uns  die  gesammten 
Lagerungsverhältnisse  keine  Interpretation  zu  gestatten  scheinen, 
welche  ihr  ein  jüngeres  Alter  zuweisen  würde. 

Das  betreffende  Gestein  ist  ein  Quarzit  von  klastischem,  an 
Grauwacke  erinnernden  Habitus;  theilweise  ist  es  mehr  als  quarzi- 
tischer  oder  grauwackeartiger  Schiefer  zu  bezeichnen 1).  Der  be- 
treffende Steinbruch  liegt  einige  hundert  Schritt  vom  Westende 
von  Siegmundsburg  bei  Steinheid,  und  ebenso  weit  von  der  Post- 
strasse nach  Norden  im  Walde,  fast  auf  der  Wasserscheide  zwischen 
Weser  und  Main.  Die  Bänke  fallen  mit  40°  nach  NW.  ein;  die 
mit  diesen  Bänken  vorkommenden  Thonschieferzwischenlagen  sind 
grünlich  und  unterscheiden  sich  nicht  von  den  sonstigen  cam- 
brischen derartigen  Schiefern. 

Obwohl  an  verschiedenen  Stellen  der  Umgebung  ähnliches 
Gestein  ansteht2),  ist  das  Vorkommen  von  Petrefacten  bis  jetzt 
auf  die.  eine  Stelle  beschränkt  geblieben. 

Q Farbe  dunkelgraugrün,  Verwitterung  bewirkt  Röthung.  Das  blosse  Auge 
erkennt  Quarzkörner , verbunden  durch  ein  kieseligthoniges , zurücktretendes 
Carnent;  daneben  weisse  Glimmerschüppchen,  nicht  sehr  zahlreich,  sowie  Magnet- 
eisenpartikel,  an  welchen  öfters  dreieckige  Flächen  zu  sehen;  da  nicht  alle,  trotz 
äusserer  Gleichheit,  vom  Magnet  angezogen  werden,  dürfte  auch  Titaneisen  dabei 
sein.  Hie  und  da  auch  Schwefelkiespartikel. 

2)  In  derselben  Streichrichtung  wiederholt  sich  an  der  Landstrasse  im  Saar- 
grund noch  1 bis  2 mal  ganz  dasselbe  Gestein;  besonders  ähnlich  steht  es  an 

14 


210 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


In  meiner  früheren  Mittheilung  über  diesen  Gegenstand  wurde 
ausgesprochen,  dass  die  meisten  der  vorgekommenen  Formen  wohl 
auf  eine  Lingula,  die  durch  Streckung  meistens  verzerrt  sei,  sich 
zurückführen  lassen  dürften.  Etwas  zu  spät,  war  ich  auf  ein 
Exemplar  aufmerksam  geworden,  dessen  sehr  zum  dreiseitigen 
neigender  Umriss  sich  wohl  nicht  mehr  mit  dieser  Vorstellung  vertrug. 

o o o 

Bei  weiterer  Verfolgung  der  einschlägigen  Literatur  schien  mir  die 
genannte  Form  sich  am  besten  der  Davidia  vergleichen  zu  lassen, 
welche  Hicks  1)  aus  der  Tremadoc  Group  (an  der  oberen  Grenze  des 
Upper  Cambrian,  Hicks)  unweit  St.  Davids  beschreibt  und  abbildet. 

Wenn  daher  Herr  E.  Ivayser  in  einem  Referat2)  die  in 
meiner  früheren  Mittheilung  abgebildeten  Formen,  wenigstens  zum 
Theil,  als  Lamellibranchiaten  ansieht,  so  muss  ich  ihm  wohl  Recht 
geben;  glaube  indess  doch  noch,  dass  neben  diesen  auch  Lingula 
vorhanden  und  manches  sich  auf  diese  wird  zurückführen  lassen. 
Welche  der  bis  jetzt  schon  aus  den  alten  Schichten  bekannten 
Lingulaformen  indess  zum  Vergleich  herangezogen  werden  können, 
will  ich  nicht  entscheiden,  sondern  muss  dies  den  Paläontologen 
von  Fach  überlassen3). 

Bei  allem  Interesse,  welches  die  bei  Siegmundsburg  ge- 
fundenen Versteinerungen  bieten,  reichen  dieselben  doch  wohl,  wie 
mir  scheint,  noch  nicht  aus,  um  die  Vergleichung  unseres  Cam- 

genannter  Strasse  in  der  Höhe  2025  Dec.-Fuss  an,  es  erinnert  hier  sehr  an  Grau- 
wacke und  enthält  kleine  Schiefersplitter.  Aehnliches  Gestein  wiederholt  sich  an 
der  S.- Seite  des  Saargrundes.  Auch  in  der  entgegengesetzten  Richtung,  nach 
NO.  in  der  Gegend  der  Alsbach  berge  und  weiter  gegen  Scheibe  ist  ähnliches  Gestein. 
Nicht  sehr  viel  verschieden  ist  auch  der  Quarzit  in  NW. -Richtung  vom  Fundort. 
Oefters  kehrt  in  den  genannten  Partieen  der  an  Grauwacke  erinnernde  Habitus  wieder. 

Q Quarterly  Journal  u.  s.  w.  1873,  p.  39  ff.  — Wie  ich  etwas  später  bei 
einem  Besuch  der  Sammlungen  der  geolog.  Landesanstalt  in  Berlin  sah,  ist  auch 
von  Herrn  E.  Katser  eines  oder  einige  der  von  mir  eingesandten  Exemplare  als 
fragliche  Davidia  bezeichnet  worden. 

2)  Neues  Jahrbuch  etc.  1881,  Bd.  I,  Ref.  p.  431. 

3)  Bei  Durchsicht  der  einschlägigen  Literatur  schienen  mir  einige  Lingula- 
Arten,  Quebecensis  und  Cobourgensis , die  Billings,  geolog.  Survey,  Canada, 
Paläozoic  fossils.  I,  1865  abbildet,  äussere  Aehnlickkeit  zu  besitzen. 

Mit  der  von  Geinitz  (Sitzungsber.  naturwiss.  Ges.  Isis  1872,  p.  127)  abge- 
bildeten und  mit  Lingula  Rouaulti  Salter  verglichenen  Form  aus  der  Oberlausitzer 
Grauwacke  haben  unsere  Exemplare  keine  Aeknlichkeit. 


der  cambrisch- phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


211 


briums  mit  auswärtigen  paläozoischen  Bildungen  viel  weiter  zu 
fördern,  und  am  wenigsten  werden  sie  der  Hinzuziehung  des 
ganzen  betreffenden  Schichtensystems  zu  den  cambrischen  Bil- 
dungen Eintrao'  thun.  Ist  doch  Linffula  als  Gattung;  in  den  un- 
bezweifelt  cambrischen  Ablagerungen  Schwedens  und  Englands 
vorhanden,  und  könnte  es  wohl  nicht  befremden,  wenn  aus  einer 
Formengruppe  von  Eingula,  welche  im  Silur  Vertreter  hat, 
schon  im  Cambrium  ein  Vorläufer  erschiene;  und  sind  doch 
Lamellibranchiaten  in  Schichten  vorhanden,  welche  in  England 
wenigstens  von  vielen  Seiten  als  cambrisch  angesehen  werden. 

o o 


Oberste  cambrisclie  Zone  und  Grenze  zum  Silur; 
Thuringithorizont. 

Wir  erwähnten  bereits,  dass  das  cambrische  System  in  unserem 
Gebiete  oben  mit  einem  durchgehenden  Zug  von  Quarzitbänken  ab- 
schliesst,  welchem  graugrüne  Thonschiefer  (Phycodenschiefer) 
zwischengeschichtet  sind;  dieser  Complex  ist  ziemlich  mächtig. 
Aufwärts  nehmen  nun  diese  Tlionschieferzwischenlagen  eine  etwas 
andere  Beschaffenheit  an,  enthalten  keine  Phycoden  mehr  und 
nähern  sich  schon  mehr  den  Untersilurgriffelschiefern.  Sie  sehen 
blaugrau  oder  grau  aus,  röthen  sich  leicht  durch  Verwitterung, 
sind  z.  Th.  sogar  stark  eisenschüssig,  roth  abfärbend;  Eisenoxyd 
verbreitet  sich  auf  mechanischem  und  wohl  auch  chemischem  Wege 
allenthalben  durch  die  Masse,  auch  auf  Klüften  und  Fugen  des 
zwischengelagerten  Quarzits.  Stellenweise  ist  in  dieser  Zone  der 
Eisengehalt  so  sehr  angereichert,  dass  förmliche  Zwischenlager  von 
derbem  Rotheisenstein  vorliegen,  wie  namentlich  in  der  Gegend 
von  Hämmern,  wo  in  früherer  Zeit  auf  solchen  Eisenstein  am 
Reckberg  und  Saukopf  Bergbau  getrieben  wurde 1).  Bei  den 
Schiefern  dieser  Zone  kommen  manchmal  auch  sehr  klastische 

*)  Solche,  mehr  vereinzelt  vorkommende  Eisensteinlager  bilden  sozusagen 
die  Vorläufer  des  bald  zu  erwähnenden,  durchgehenden,  wichtigen  Thuringit- 
Eisenstein  - Horizonts. 


14 


212 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Modificationen  vor,  welche  abgerollte  Fragmente  ähnlicher  Schiefer, 
in  eisenschüssiger  Schiefermasse  eingebacken,  enthalten. 

Gewöhnlich  gehen  solche  weiche,  rothe  oder  blaugraue  durch 
Verwitterung  sich  röthende  oder  marmorirt  aussehende  Thonschiefer 
über  die  obersten,  stärkeren  Quarzitbänke  hinaus  und  bilden  dann 
noch  einen  wenig  mächtigen  Complex  für  sich,  welchem  höchstens 
quarzitische,  glimmerreiche  Lagen,  doch  keine  stärkeren  Quarzit- 
bänke mehr  eingeschaltet  sind,  und  welcher  Complex  aufwärts  in 
die  dunkelblauschwarzen  Untersilurschiefer,  welche  in  unserer 
Gegend  fast  immer  als  Griffelschiefer  entwickelt  sind,  ohne 
scharfe  Grenze  übergeht;  in  der  That  nähern  sich  jene  obersten 
cambrischen  Schiefer  petrographisch  den  Griffelschiefern  schon 
sehr  und  zeigen  oft  dieselbe  parallel  faserige,  auf  Streckungsvor- 
gänge zurückzuführende  Structur,  wie  letztere1). 

Bei  diesen  allmählichen  Uebergängen  ist  die  Grenzlinie  zwischen 
dem  cambrischen  und  sibirischen  Theil  etwas  unsicher  zu  ziehen. 
Das  Bemerkenswertheste  nun  in  dieser  Grenzpartie  ist,  dass  sie 
den  Horizont  für  die  weithin  zu  verfolgende,  ganz  eigenthümliche 
Eisensteinbildung  des  Thuringits  abgiebt,  welche,  wenn 
auch  nicht  in  ununterbrochen  durchgehendem  Zug,  doch  von  Strecke 
zu  Strecke  in  Form  von  normal  den  Schichten  eingeschalteten 
Lagermassen  stets  in  diesem  stratigraphischen  Niveau,  an  der 
Basis  des  Silur  erscheint  2). 

Diese  Eisensteinbildung  nun  ist  auf  das  Innigste  dem  Material 
wie  der  Lagerung:  nach  mit  den  sie  einschliessenden , ohnehin 
eisenschüssigen  Schiefern  verbunden;  sie  erscheint  sozusagen  als 
eine  local  aus  ihnen  hervorgehende  Anreicherung  des  Eisengehal- 
tes. Der  Eisenstein  ist  vielfach  oolithiscli;  kleine  Oolithe  von 
flacher,  ellipsoidischer  Form,  anscheinend  ohne  innere  Structur,  von 
der  umgebenden  Masse  schalig  sich  ablösend,  mehr  oder  minder 

!)  Recht  verbreitet  sind  auch  bei  diesen  eisenschüssigen  Zwischenschichten 
phaneroklastische  Modificationen;  meist  sind  hier  kleine,  abgerundete  Schiefer- 
geschiebe, dem  Ansehen  nach  von  wenig  älteren  Schichten  herrührend,  in  der 
rothen  eisenschüssigen  Schiefermasse  eingebacken;  in  anderen  Fällen  ist  die 
Structur  mehr  breccienartig. 

3)  Auf  dem  Kärtchen  ist  diese  Zone  wegen  ihrer  geringen  Mächtigkeit  nicht 
besonders  ausgedrückt  worden. 


der  cambrisch-phyllitischen  Scliieferreihe  in  Thüringen. 


213 


dicht  gedrängt,  sind  durch  eine,  wie  es  scheint,  aus  demselben 
Stoff’  bestehende,  weiche,  schieferige  Masse  verbunden,  welche  sich 
auch  lagenweise  für  sich,  ohne  Oolithe  hindurchzieht;  das  Ganze 
stellt  so  einen  ziemlich  eisenreichen  Rotheisenoolith  dar,  dessen 
Farbe  aber  in  frischem  Zustand  ein  dunkeles  Grün  oder  schwarz- 
grün  ist.  Die  Bindemasse  der  Oolithe  kann  nun  aber  weiterhin 
übergehen  in  den  gewöhnlichen,  etwas  eisenschüssigen  Thonschiefer 
dieser  Zone,  wodurch  sich  eisenärmere  halboolithische  Varietäten 
ergeben ; auch  klastische  und  breccienartige  Structur  spielt  hinein 
und  so  ergeben  sich  eine  ganze  Anzahl  Modificationen,  die  nach 
petrographischer  Beschaffenheit , wie  durch  Verwachsung  und 
Wechsellagerung  untereinander  und  mit  dem  umgebenden  Schiefer 
verbunden  sein  können.  In  einer  etwas  anderen  Modification  er- 
scheint der  Eisenstein  als  chloritgrüne  Masse,  die  ebenfalls  ooli- 
thisch  oder  auch  breccienartig  wird,  nicht  roth,  sondern  braun 
verwittert  (Brauneisenoolith)  und  wie  angegeben,  mit  dem  gewöhn- 
lichen, thonigeren  Schiefer  verbunden  sein  kann. 

Unter  »Thuringit«  sind  eben  jene  reinsten,  mineralisch  homo- 
genen und  dem  Chlorit  verwandten,  in  frischem  Zustande  grünen 
und  vielfach  oolithischen  Partieen  zu  verstehen. 

Dieser  eigenthümliche  und  für  das  Thüringisch-Fichtelgebir- 
gische  Schiefergebiet  so  wichtige  Horizont  des  Thuringits  bezeich- 
net die  Grenze  von  Cambrium  und  Silur1). 

1)  Wir  bemerken,  dass  in  unserem  thüringischen  Gebiet  über  den  unter- 
silurischen  Griffelschiefern  nochmals  ganz  ähnliche  Eisensteinzwischenschichten  sich 
hie  und  da  wiederholen. 

Bei  der  Kartirung  wird  man  die  Thuringitschichten  schon  zum  Silur  ziehen, 
mit  Rücksicht  auf  die  in  denselben  gefundene  organische  Form. 

In  der  Thuringitschicht  des  Fichtelgebirges  nämlich  kommt  im  Leuchtholz 
bei  Joditz  unfern  Hof  in  einer  besondere  magneteisenreichen  und  quarzführenden 
Abänderung  des  Thuringitgesteins  eine  Orthis  in  zahlreichen,  doch  schlecht  er- 
haltenen Exemplaren  vor,  welche  Gümbee  (1.  c.  p.  415  und  420)  nach  Geinitz  als 
Orthis  aff.  Lindströmi  Linnarss.  anführt. 

Orthis  Lindströmi  Linnarss.  gehört  der  Primordialzone  an;  sie  gehört  zu  den 
Brachiopoden,  welche  Linnarsson  aus  den  schwedischen  Paradoxidesschichten  be- 
schrieben hat.  Eine  jener  Orthis  aff.  Lindste,  einigermaassen  ähnliche  Orthis 
{bavarica  Barr.)  kommt  in  der  Fauna  der  Schichten  von  Leimitz  bei  Hof  im 
Fichtelgebirge  vor,  welche  Fauna  an  der  Grenze  der  ersten  oder  Primordial-  zur 
zweiten  silurischen  Fauna  steht,  — TJebrigens  ist  eine  eigentliche  Primordialzone 


214 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Einlagerungen  von  Kieselschiefer  und  Alaunschiefer. 

Kieselschiefer , Alaunschiefer  und  diesen  verwandte,  in  höhe- 
rem Grade  mit  Kohle  imprägnirte  und  daneben  wohl  auch  schwefel- 
kiesreiche Schiefer  kommen  als  Zwischenschichten  oder  Zwischen- 
lager vornehmlich  im  Bereich  unserer  phyllitischen  Zone  vor,  fehlen 
aber  auch  der  folgenden  Zone  nicht  ganz  und  wiederholen  sich 
hie  und  da  bis  in  die  cambrische  Thonschieferzone  hinein. 

Kieselschiefer  und  Alaunschiefer  der  phyllitischen 
Zone.  Sie  können  wohl  als  kohlereiche  Modificationen  der  quar- 
zigen hierhergehörigen  Schiefer  angesehen  werden.  Sie  stellen 
sich  besonders  nach  NW.  ein,  genauer  in  dem  nordwestlichen  Theil 
des  Sattels,  den  nach  unserer  Auffassung  die  phyllitischen  Schiefer 
zwischen  cambrischen  bilden;  obwohl  auch  nach  der  entgegenge- 
setzten Seite  und  wie  gesagt  bis  in  die  angrenzenden  Zonen  hinein 
solche  dunkele  Kiesel-  und  Alaunschiefer,  resp.  ihnen  höchst  ähn- 
liche nicht  fehlen.  Zu  bedeutenden  Schichtenfolgen  erheben  sich 
diese  in  stärkerem  Grade  kohlehaltigen  Schiefer  nicht ; wo  sie  etwas 
stärker  entwickelt  auftreten,  wie  in  der  Gegend  von  Breitenbach, 
sind  sie  ehedem  als  Alaunschiefer  technisch  benutzt  worden. 

Wie  die  Aufschlüsse  in  dieser  Gegend,  besonders  bei  der 
sog.  »Schwefelhütte«  oder  »Wallbrücke«  zeigen,  bestehen  diese 
stets  durch  voll  schwarze  Färbung  ausgezeichneten  und  meist  ab- 
färbenden Schiefer  aus  Kieselmasse  in  Verwachsung  mit  schwar- 
zem, nämlich  kohlereichem,  weichem,  phyllitisch  gefälteltem,  ab- 
färbendem Schiefer;  wobei  sich  denn  nach  Mengenverhältniss  und 
Vertheilung  dieser  Substanzen  entweder  ergiebt,  ein  sehr  dünn- 
schichtiger  Wechsel  von  Kiesel  mit  schwarzem,  abfärbendem  Schiefer, 
bei  welchem  ersterer  vielfach  nur  in  papierdünnen,  lichtfarbigen 
Zwischenlagen  erscheint  und  letzterer  vorwaltend  werden  kann  — 
oder  ein  dünn-  bis  dickplattiger  Kieselschiefer,  der  meist  etwas 

und  -Fauna  so  wenig  im  Fichtelgebirge  wie  im  Thüring.  Sckiefergebirge  bis  jetzt 
bekannt.  In  letzterem  sind  die  ersten  Versteinerungen  über  den  Phycoden  bis 
jetzt  die  Trilobiten  der  Steinadler  Griffelschiefer,  welche  als  der  Gattung  Asaphus 
oder  Ogygia  und  der  zweiten  sibirischen  Fauna  angehörig  erkannt  worden  sind. 
Näheres  s.  Gümbel  1.  c.  p.  414  und  428. 


der  cambrisch  - phyllitisehen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


215 


quarzitisch  erscheint,  resp.  in  feinkörnigen  Quarzitschiefer  über- 
geht, mehr  oder  weniger  mit  Kohlenstoff  imprägnirt  und  mit  an- 
thracitisch  glänzenden,  abfärbenden  Schieferhäuten  überzogen  ist. 
Durch  einen  hinlänglichen  Gehalt  an  Schwefelkies  werden  diese 
Schiefer  zu  Al  au  ns  chief  er.  Die  Verwitterung  solcher  Schiefer 
bewirkt  öfters  nässende  Stellen.  Mit  dem  Schwefelkiesgehalt 
hängt  auch  die  öfters  sich  wiederholende  rostfarbige  Färbung 
grösserer,  der  Atmosphäre  ausgesetzter  Partie en  zusammen1). 

Das  Vorkommen  von  Kieselschiefer  innerhalb  unserer  phylli- 
tischen  Schichtenreihe  ist  indess  nicht  speciell  an  die  genannten, 
besonders  kohlereichen  und  abfärbenden  Schiefer,  die  Alaunschiefer, 
gebunden,  sondern  besitzt  eine  grössere  Verbreitung  als  letztere 
Varietät.  Während  letztere  namentlich  in  der  Streichrichtung  von 
Gross-Breitenbach  entwickelt  sind,  verbreiten  sich  die  Kieselschiefer 
auch  weiter  südöstlich,  besonders  in  der  Partie  zwischen  Bocks- 
bach- und  Oelzethal.  Diese  Kieselschieferzwischenschichten  der 
phyllitisehen  Zone  machen  sich  ganz  besonders  durch  die  grosse 
Menge  von  hierhergehörigen  Blöcken  und  Felsen  bemerklich, 
welche  im  Verwitterungsboden  im  erwähnten  District  und  weiter- 
hin umherliegen. 

Bei  näherer  Untersuchung  zeigen  sich  diese  Kieselschiefer- 
blöcke meist  sehr  wenig  homogen : ihr  Körper  ist  theilweise  massig 
und  dicht,  an  anderen  Stellen  wohl  etwas  drüsig,  theilweise  aber 
mehr  schieferig  und  in  kieseligen  Thonschiefer  übergehend,  welch 
letzterer  durch  Verwitterung  ausbleicht  und  mehlig  wird,  während 
die  dichten,  massigen  Theile  nur  oberflächlich  oder  von  Klüften 
aus  ausbleichen;  dabei  pflegen  diese  Blöcke  und  Felsen  nach  allen 
Richtungen  von  weissen  Quarzschnüren  in  unregelmässigster  Weise 

*-)  Solche  schwarze  Alaunschiefer  im  Bereich  der  phyllitisehen  Schichtenreihe 
sind  in  früheren  Zeiten  namentlich  bei  Gross-Breitenbach  durch  bergmännischen 
Betrieb  in  nicht  unbeträchtlicher  Masse  gewonnen  und  verarbeitet  worden.  Das 
Material  wurde  geröstet  und  ansgelaugt;  noch  späterhin  ist  ein  zur  Wasserab- 
führung im  nächsten  Thalgrund  angesetzter  Stollen  der  Ockergewinnung  dienlich 
gewesen,  indem  das  auf  demselben  abfliessende  Grubenwasser  Ocker  absetzt. 
Von  Gross  - Breitenbach  lässt  sich  der  Zug  dieser  Alaunschiefer  einerseits  nach 
SW.  in  die  Gegend  der  Alaunhütte  und  Altenfeld,  andererseits  nach  Friedersdorf 
und  weiter  verfolgen. 


216 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


durchzogen  zu  sein,  ATon  denen  wenigstens  viele  gewiss  so  wenig 
secundärer  Entstehung  sein  mögen,  wie  bei  manchen  massigen 
Porphyroiden ; diese  verschieden  struirten  und  auch  sonst  differiren- 
den  Partieen  sind  nun  eng  verbunden  und  wie  zn  einem  Ganzen 
zusammengeschweisst,  doch  stellt  dieses  Ganze,  nämlich  der  Kiesel- 
schieferblock  oder  -fels  nur  den  festeren  Kern  dar,  welcher  zuletzt 
übrig  bleibt  und  vorragt,  nachdem  die  einschliessende,  stärker  zer- 
klüftete oder  auch  etwas  leichter  verwitternde  Gesteinsmasse  ab- 
gebröckelt und  z.  Th.  verwittert  ist.  Dieses  Verhalten  ist  an 
gewissen  Stellen,  z.  B.  an  der  rechten  Seite  des  Thalgrundes  SW. 
bei  Breitenbach  deutlich  zu  erkennen,  wo  die  festen  Kieselschiefer- 
felsen z.  Th.  noch  zwischen  dem  stärker  gelockerten  und  zu 
Trümmern  und  Schutt  zerfallenen  Materiale  anstehend  zu  finden 
sind;  so  zwar,  dass  sich  an  manchen  derselben  mit  Hülfe  ihrer 
theilweise  schieferigen  Structur  das  Streichen  nach  NO.  und  steile 
Einfallen  nach  NW.  — NNW.  recht  wohl  zu  erkennen  giebt.  Ein- 
mal freigelegt,  sind  solche  Kieselschieferfelsen  gleich  Quarzfelsen 
unverwüstlich;  sie  besitzen,  im  Ganzen  betrachtet,  eine  sehr  dunkele, 
fast  blauschwarze  Färbung1). 

Wie  aus  Obigem  hervorgeht,  sind  die  in  der  phyllitisclien 
Schiefergebirgszone  Thüringens  als  Einlagerungen  vorkommenden 
Kieselschiefermassen  von  ganz  anderer  Beschaffenheit  als  jene 
regelmässig  in  Form  dünner  Platten  aufeinandergelagerten  Kiesel- 
schieferschichten,  die  in  der  oberen  Silurbildung  Thüringens,  des 
Vogtlandes  und  Fichtelgebirges  eine  bestimmte  Zone  einnehmen. 
Die  erst eren  besitzen  in  ihrer  etwas  wechselnden  Structur  und 

x)  Von  Localitäten , wo  der  Kieselschiefer  auf  diese  Weise  vorkommt,  sind 
neben  der  genannten  Stelle  bei  Breitenbach  besonders  namhaft  zu  machen  das 
Oelzethal,  abwärts  von  Altenfeld,  namentlich  der  Abhang  der  rechten  Seite,  gleich 
unterhalb  Altenfeld;  der  Walddistrict  zwischen  dem  Oelzethal  und  dem  Bocks- 
bachthal bei  Breitenbach,  wo  der  Kieselschiefer,  besonders  in  der  westlichen 
Partie,  gegen  die  Breitenbach- Altenfelder  Landstrasse  zu,  abgesehen  von  den 
Felsblöcken  auch  in  schieferig  zerfallener  Form  stark  verbreitet  ist. 

Auch  in  der  SWh-Fortsetzung  der  phyllitischen  Zone  unseres  Schiefergebirges, 
jenseits  der  Rothliegenden  Porphyrite  von  Neustadt  und  Masserberg,  sind  in  der 
Gegend  des  Biberthals  und  von  da  hinüber  nach  Unterneubrunn  die  Kiesel- 
schiefervorkommnisse beobachtet  worden,  wenn  auch  lange  nicht  so  reichlich,  wie 
in  den  oben  bezeichneten  Strecken. 


der  cambrisch  - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


217 


Gesteinsbeschaffenheit  und  in  ihrem  Verhältniss  zum  phyllitischen 
Schiefercomplex , dem  sie  angehören,  eine  gewisse  Analogie  mit 
den  porphyroidischen  Einlagerungen.  Wie  bei  den  letzteren  und 
nicht  minder  den  Quarziten  der  cambrischen  Reihe,  so  wiederholt 
sich  auch  bei  einzelnen  Partieen  der  Kieselschiefereinlagerungen 
nicht  selten  jene  Bre  ccienstru  ctur,  der  wir  ursprüngliche  Ent- 
stehung zuzuschreiben  geneigt  sind. 

Diejenigen  kohlereichen  Schiefer,  welche  als  Einlage- 
rungen der  halb  phyllitischen  und  der  Thonschieferzone 
Vorkommen,  sehliessen  sich  denen  der  Phyllitzone  im  Allgemeinen 
an;  mehr  als  eigentlicher  Kieselschiefer  kommen  hier  weiche,  leicht 
spaltende  und  zerfallende,  schwarz  abfärbende  Schiefer  vor,  von 
mattem  oder  graphitisch  bis  anthracitisch  glänzendem  Ansehen, 
und  entweder  ebenschieferigem  oder  mehr  krummschaligem,  hie 
und  da  auch  wohl  etwas  faserigem  Gefüge.  Kleine  Discontinui- 

o o 

täten  der  Schiefermasse  werden  von  Quarztrümern  erfüllt.  So  am 
Zeupels-  und  Weissberg,  sowie  am  Meistergrund  in  der  Gegend 
des  oberen  Werragrundes,  auch  etwas  südlich  davon  am  Frohnberg 
(Blatt  Eisfeld);  ferner  im  Schwarzathal  oberhalb  Schwarzmühl; 
keine  dieser  Einlagerungen  ist  von  erheblichem  Umfang1). 

Wir  erwähnen  hier  noch  eine  andere  Scliiefermodification, 
die  ebenfalls  als  Zwischenlager  von  beschränkter  Erstreckung  im 
Bereich  der  tieferen,  dunkeier  gefärbten  cambrischen  Thonschiefer 
öfters  erscheint;  sie  besteht  eigentlich  nur  in  einer  Abänderung 
des  gewöhnlichen  weicheren  Thonschiefers,  dem  in  grosser  Menge 
feine  Schwefelkiespartikel  eingesprengt  sind;  diese  Schiefer  ver- 
wittern sehr  leicht  und  bewirken  nasse  Stellen,  was  übrigens  auch 
von  den  vorher  aufgeführten  Schiefern  gilt,  sobald  sich  dem  Kohlen- 
stoff  ein  gewisser  Schwefelkiesgehalt  zugesellt. 


Alte  Halden  am  Zeupelsberg,  im  oberen  Werragrund,  deuten  darauf  hin, 
dass  man  diese  Schiefer  ehedem  zu  verwerthen  gesucht  hat.  — In  einigen  Seiten- 
schluchten des  obersten  Schwarzathals,  oberhalb  Langenbach  finden  sich  An- 
deutungen eben  solcher  leicht  zersetzbarer  Schwefelkies-  (und  -Kohle?)  reicher 
Zwischenlager. 


218 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Einlagerungen  von  Ämphibolgesteinen. 

Diese  treten  besonders,  wenn  auch  nicht  ausschliesslich,  in 
den  älteren  Zonen  unseres  Schiefergebirges  auf  und  umfassen  eine 
ganze  Reihe  von  Varietäten  und  Zwischenstufen,  welche  einerseits 
in  körnig  kristallinisches,  dioritisches  Gestein,  andererseits  in  ent- 
schiedene Schiefer  endigt.  Jenes  Endglied  kommt  geradezu  auf 
einen  Diorit,  resp.  Epidiorit  (Gümbel’s)  heraus,  wobei  immer 
noch  Wechsel  in  der  Korngrösse,  Beschaffenheit  und  Vertheilung 
des  amphibolischen  und  feldspathigen  Gemengtheils  zu  bemerken 
sind;  die  Schiefer  dagegen  verhalten  sich  z.  Th.  als  Hornblende- 
schiefer,  werden  aber  z.  Th.  auch  ganz  aphanitisch,  so  dass  man 
ihre  Zusammensetzung  — die  möglicherweise  sich  der  gewisser 
sog.  Grünschiefer  nähert,  wie  sie  anderwärts  als  Einlagerungen 
der  Phyllitformation  Vorkommen  — nicht  ohne  besondere  Hülfs- 
mittel  erkennen  kann.  Massig  krystallinisehe  und  schieferige  Ge- 
steine treten  zusammen  in  Verwachsung  auf;  so  zwar,  dass  die 
amphibolische  Lagermasse  eine  massig  krystallinisehe  Partie  be- 
sitzt, die  in  der  Regel  den  festem,  ohne  Schichtung  erscheinenden 
Kern  bildet,  und  eine  schieferige,  welche  schalenförmig  den  Kern  um- 
giebt  und  ihrerseits  in  die  gewöhnlichen  Schiefer,  welche  das 
Ganze  einschliessen,  übergeht1).  In  der  Regel  sind  freilich  die 
schieferigen  Partieen  oberflächlich  verwittert,  und  nur  die  festeren 
dioritischen  Partieen  widerstehen  in  Form  äusserst  fester  Blöcke 
oder  Felsen  auf  die  Dauer  den  Atmosphärilien  und  bekunden  das 
Vorhandensein  der  amphibolischen  Einlagerung.  Erblickt  man 
nur  diese,  so  könnte  an  das  Vorhandensein  eines  Lagerganges 
dioritischen  Eruptivgesteins  gedacht  werden ; allein  die  noch  vor- 
handenen Reste  des  amphibolischen  Schiefers,  die  grössere  Zahl 
unterscheidbarer  Varietäten  der  hierherffehöriffen  Gesteine,  die 
öfters  zusammen  Vorkommen,  und  abgesehen  hiervon  auch  die  Ge- 
stalt und  Umgrenzung  des  Ganzen,  wie  sie  die  Specialaufnahme 

*)  Solcher  an  sich  schon  zusammengesetzter  Körper  mögen  sich,  bei  grösseren 
derartigen  Vorkommnissen,  wieder  mehrere  zusammenschaaren  und  so,  mit  Zwischen- 
schaltung phyllitischen  etc.  Schiefers,  erst  die  ganze  amphibolische  Einlagerung 
bilden. 


der  cambrisch-  phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


219 


namentlich  für  die  grösseren  Vorkommnisse  (Waffenrod  bei  Eis- 
feld) ergiebt,  sowie  einige  sehr  günstige  Aufschlüsse  (Oelzethal) 
lassen  die  normale  Einlagerung  und  Einordnung  dieser  Lager- 
massen  in  das  betreffende  Schiefersystem  erkennen  — nicht  anders 
als  wie  dies  neuerdings  in  analogen  Fällen  in  archäischen  Schiefer- 
districten  anderer  Gegenden  gefunden  worden  ist 1). 

Hierhergehörige  Vorkommnisse  finden  sich  in  unserem  Gebiete: 
in  der  Gegend  von  Grossbreitenbach  und  des  oberen  Oelzethales, 
unterhalb  Altenfeld,  zahlreich  im  Bereich  der  phyllitischen  und 
nächstfolgenden  Schieferzone  (Section  Breitenbach  und  Masserberg); 
weiter  südwestlich  im  Gebirge  bei  Eisfeld,  im  Lauterbachgrund 
und  besonders  bei  Waffenrod,  im  Bereich  derselben  Schieferzone; 
Andeutungen  solcher  Vorkommnisse  wiederholen  sich  auch  im 
Quarzphyllit  zwischen  Biberschlag  und  Ernstthal  u.  s.  w. 

Einen  besonders  guten  Einblick  in  die  Lagerungs-  und  Ver- 
bandverhältnisse einer  solchen  Einlagerung  von  Amphibolgestein 
zwischen  Phyllit  resp.  Quarzphyllit,  gewährt  ein  Vorkommen  im 
Oelzethal , etwa  ^4  Meile  unterhalb  Altenfeld  (Blatt  Masserberg), 
welches  neuerdings  durch  eine  Strassenanlage  angeschnitten  wurde; 
wir  geben  im  Folgenden  eine  Beschreibung  desselben.  (Siehe  um- 
stehend Fig.  1.) 

Die  Kernpartie  verhält  sich  als  ziemlich  gleichförmig  be- 
schaffener, mittel-  bis  feinkörniger  Diorit,  bez.  Epidiorit;  sie  hat 
ganz  das  Ansehen  eines  krystallinischen  Massengesteins,  ist  unregel- 

B Wo  eine  amphibolische  Einlagerung  ohne  festere,  massig  krystallinische 
Partieen  entwickelt  ist,  oder  solche  erst  in  gewisser  Tiefe  oder  im  Fortstreichen 
sich  einstellen,  kann  sie  unter  Umständen  sich  der  Beobachtung  entziehen. 

Manchmal  finden  sich  an  isolirten,  festen,  dioritischen  Blöcken  noch  anhaf- 
tende schieferige  Schalen. 

Trotz  massiger  Blockanhäufung  kann  eine  solche  amphibolische  Einlagerung 
doch  von  beschränktem  Umfang  oder  kurzer  Erstreckung  sein,  wie  dies  die 
Specialaufnahme  in  verschiedenen  Fällen  übereinstimmend  ergeben  hat. 

Zum  Unterschied  von  den  nachher  zu  beschreibenden  Einlagerungen  granit- 
und  gneissartiger,  sowie  besonders  porphyroidischer  Gesteine  sei  hier  nur  hervor- 
gehoben, dass  eine  derartige  innige  Verwachsung  und  Verflaserung  grösserer  und 
kleinerer  Partien  mit  dem  umgebenden  Schiefer,  wie  sie  bei  diesen  vorkommt, 
bei  den  amphibolischen  Einlagerungen  nicht  beobachtet  wurde;  sie  sondern  sich 
im  Allgemeinen  schärfer  vom  umgebenden  Schiefer  ab,  als  jene. 


220 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 
Figur  1. 


Amphibolische  Einlagerung  im  phyllitischen  Schiefer  an  der 
Landstrasse  im  Oelzethal.  A krystallinisch  körniges  Gestein, 
aai  Uebergangsschiefer,  ph  phyllitische  Schiefer. 

Höhe  ca.  41/« — 5 Meter. 

massig  zerklüftet  und  könnte  an  einen  steil  stehenden  Eruptivgesteins- 
gang erinnern;  aus  ihrem  endlichen  Zerfall  würden  eben  solche 
grosse,  feste  Blöcke  hervorgehen,  wie  sie  thatsächlich  in  nächster 
Nähe  im  Walde  liegen  und  bei  anderen  solchen  Vorkommnissen 
aus  dem  Boden  vorragend  die  Anwesenheit  einer  solchen  Einlage- 
rung darthun.  Auf  abgewitterten  Flächen  der  Kernpartie  tritt  der 
Feldspath  weiss  gegen  die  dunkele  Hornblende  hervor;  andere 
wesentliche  Gemengtheile  machen  sich  dem  blossen  Auge  nicht 
bemerklich.  Dagegen  ist  Quarz  in  grösseren  Adern,  Trümern, 
Putzen  und  Knauern,  wenn  auch  nicht  sehr  reichlich,  ausgeschie- 
den vorhanden *).  Eine  nähere  Prüfung  geeigneter  Flächen  (ab- 
gewitterter Bruchflächen,  welche  quer  zur  allgemeinen  Streich- 
richtung liegen),  lässt  selbst  in  dieser,  auf  den  ersten  Blick  massig 
erscheinenden  Kernpartie,  eine  lagenförmige  Anordnung,  wenigstens 


Q Diese,  wohl  primären,  fest  mit  der  körnigen  Gesteinsmasse  verwachsenen 
Quarzausscheidungen  wiederholen  sich  auch  bei  benachbarten,  entsprechenden 
Vorkommnissen.  — Auf  eigentlichen  Klüften  ferner  kommt  ebenfalls  Quarz  und 
auch  Ivalkspath  und  Chlorit  vor,  letzterer  auch  so,  dass  er  die  Gesteinsmasse 
und  manchmal  sogar  den  Quarz  imprägnirt. 


der  cambrisch-  phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


221 


stellenweise,  erkennen,  welche  in  der  verschiedenen  Färbung  und 
Vertheilung  des  feldspatliigen  und  amphibolischeu  Gemengtheils 
begründet  ist  und  der  Schichtrichtung  des  umgebenden  Schiefers 
folgt,  Nach  aussen  ist  nun  beiderseits  dieser  Kerntheil  von  einer 
sch ali  g oder  schiebt  eu weise  geordneten  Uebergangszone 
umgeben,  welche  zum  umgebenden  phyllitischen  Schiefer  hinüber- 
führt. Der  Uebergang  ist  allmählich.  An  den  Kerntheil  schliesseu 
sich,  innig  mit  ihm  und  unter  sich  verwachsen,  sozusagen  allmäh- 
lich aus  ihm  hervorgehend,  die  ersten  Schalen  oder  Lagen  der 
Uebergangszone,  indem  für  die  körnige  Structur  successive  die 
schieferige  eintritt,  auswärts  zunimmt  und  dementsprechend  nach 
Färbung  und  mineralischem  Bestand  etwas  verschieden  aussehende 
dünnere  und  dickere  Lagen  sich  entwickeln:  auf  abgewitterten 

O 7 o 

Bruchflächen,  die  quer  zum  Streichen  liegen,  tritt  dies  deutlich 
hervor.  Die  Uebergangszone  ist  besonders  reich  an  Quarzaus- 
scheidungen in  Adern,  Trümern  und  Knauern,  von  rauchgrauer 
Färbung  in  frischem  Zustande;  viele  davon  liegen  als  unregelmässig 
gestaltete  Linsen  in  der  Schichtrichtung.  — Die  Kernpartie  erwies 
sich  im  Aufschluss  an  der  Strasse  3,5,  die  östlich  anliegende  Ueber- 
gangszone 0,70,  die  andere  0,80 — 0,90  Meter  stark1). 


Einlagerungen  gneiss-  und  granitartiger  Gesteine. 

Sie  machen  sich  wiederholt  im  Bereich  der  phyllitischen  und 
der  nächstfolgenden,  halbphyllitischen  resp.  tieferen  cambrischen 
Zone  geltend,  und  erreichen  mitunter  eine  etwas  grössere  Aus- 
delmung  (Vorkommen  N.  von  Böhlen  am  Milchberg;  hierherge- 
höriger Gesteinszug  aus  der  Gegend  des  Schwarzathals  unterhalb 
Katzhütte  über  Meuselbach  weiter  nach  NNO.;  Vorkommen  von 
Hinterod,  unweit  Eisfeld);  bleiben  in  anderen  Fällen  aber  auch 
klein  (verschiedene  Vorkommnisse  im  Schwarzathal,  bei  und  ober- 

')  Bei  einem  anderen,  durch  einen  Steinbruck  bewirkten  Aufschluss,  der  sich 
im  Wald,  in  der  Nähe  des  beschriebenen,  befand,  maass  die  ziemlich  gleichmässig 
beschaffene  Kernpartie  4,6  Meter,  die  Uebergangszonen  je  ca.  0,4  Meter.  Die 


222 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


halb  Katzhütte).  Stets  sind  sie  auf  das  Innigste  nach  Lagerung 
und  durch  Gesteinsübergänge  mit  dem  umgebenden  Schiefer  ver- 
blinden  und  verhalten  sich  hierin  wie  in  der  äusseren  Gestalt,  resp. 
dem  Grenzverlauf  des  Lagerkörpers,  welchen  sie  bilden,  ähnlich 
wie  eine  quarzitische  oder  porphyroidisclie  Einlagerung.  Nur  ihre 
reinsten  Partieen  erlangen  nach  mineralischer  Mischung  und  Struc- 
tur  das  Ansehen  eines  Granits,  oder  bei  der  meist  vorherrschenden 
schieferig-flaserigen  Structur,  eines  Gneisses;  doch  diese  Partieen 
sind  mit  anderen  verwachsen,  welche  die  Verbindung  mit  dem 
umgebenden  und  zwischendurchziehenden  phyllitischen  und  halb- 
phyllitischen  Schiefer  vermitteln. 

Die  Besonderheiten  dieser  Einlagerungen  mögen  an  einigen 
bestimmten  Beispielen  etwas  näher  erläutert  werden. 

Die  hierher  gehörigen  Gesteine  von  Hinterod  (Blatt  Eisfeld) 
lassen  Quarz,  Feldspat!)  und  meist  dunkelen  Glimmer  deutlich  neben 


erstere  ragte  als  fast  mannshohe  Felsbildung  über  den  Waldboden  hervor.  (Siehe 
nachstehende  Figur  2.) 

Figur  2. 


Amphibolische  Einlagerung  im  phyllitischen  Schiefer,  im 
Oelzethal , Steinbruch  im  Wald.  Krystallinisch  körnige 
4,6  Meter  starke  Mittelpartie,  durch  0,4  Meter  starke  Ueber- 
gangszonen  mit  dem  phyllitischen  Schiefer  verbunden. 
Höhe  ca.  6 Meter. 


der  cambrisch - phyllitischen  Scbieferreilie  in  Thüringen. 


223 


einander  erkennen,  meist  in  schieferiger,  in  kleinen  Partieen  auch 
gleiclnnässig  körniger  Structur,  so  dass  sie  geradezu  als  Gneiss 
und  als  Granit  (grob-  oder  feinkörniger)  zu  bezeichnende  Hand- 
stücke liefern  können.  Durch  die  Art  der  Anhäufung  und  Ver- 
theilung  des  Glimmerminerals  zwischen  den  übrigen  Gemengtheilen, 
mehr  noch  durch  den  Eintritt  phyllitisch  aussehender  Schieferflasern 
in  die  Gesteinsmischung  und  das  allmähliche  Ueberwiegen  der- 
selben bilden  sich  Verwachsungen  mit,  oder  Uebergänge  zu  dem  ein- 
schliessenden  phyllitischen  Schiefer,  eine  Art  Mittelgestein  zwischen 
Gneiss  und  fe ldspathführendem  Quarzphyllit.  Eben  durch 
diese  Veränderlichkeit  der  Mischung  und  Structur  entfernen  sich 
diese  Gesteine  von  den  eigentlichen,  vollkrystallinischen  Massen- 
gneissen  und  Graniten  der  archäischen  Systeme  und  verbinden 
sich  inniger  mit  dem  umgebenden  phyllitischen  Schiefer;  sie  er- 
scheinen als  Kerne,  welche  durch  Uebergangszonen  mit  letzterem 
Zusammenhängen1).  Bei  zurücktretendem  Feldspatli-  und  Glimmer- 
gehalt, in  Verbindung  mit  Feinkörnigkeit,  ergeben  sich  auch 
Modificationen,  die  einem  Quarzit,  oder  einem  Quarzitschiefer 
ähnlich  werden;  statt  des  dunkelen  Glimmerminerals  kommt  bei 
diesen  ein  sehr  lichtes  in  äusserst  dünnen,  schuppigen  Lamellen  vor. 

Ganz  ähnlich  dem  Vorkommen  von  Hinterod  verhält  sich 
jenes,  welches  N.  von  Böhlen  am  sog.  Milchberg  (Grenze  von 
Blatt  Breitenbach  und  Königsee)  innerhalb  der  phyllitischen  Zone, 
resp.  des  Quarzphyllits  eine  grössere  Verbreitung  gewinnt.  Auch 
hier  entsprechen  die  an  Masse  zurückstehenden  reinsten  Partieen 
einem  Granit  von  mittlerem  Korn,  oder  auch  einem  Gneiss,  da 
die  Structur  Neigung  zum  Schieferigen  und  Elaserigen  behält.  Von 


B Sie  erscheinen,  wenn  wir  uns  einmal  auf  den  Standpunkt  der  diagenetischen 
oder  auch  der  epigenetischen  Metamorphose  stellen  wollen , als  der  am  weitesten 
vorgeschrittene  Umwandhmgszustand  des  ursprünglichen  Sediments. 

Es  würde  in  keiner  Weise  angehen,  die  gneissartigen  Gesteine  dieses  Vor- 
kommens etwa  als  ein  zwischen  jüngeren  Systemen  inselartig  vorragendes  Stück 
eines  archäischen  Grundgebirges  aufzufassen.  Dagegen  würde  eine  Reihe  localer 
Gründe  sprechen,  deren  Aufzählung  hier  zu  weit  führen  würde.  Es  genügt,  die 
enge  Verbindung  hervorgehoben  zu  haben,  die  mit  dem  einschliessenden  Schiefer 
besteht.  — Ebenso  verhält  es  sich  bei  allen  anderen  Vorkommnissen,  soweit  die 
Specialaufnahmen  bis  jetzt  reichen. 


224 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


den  Bestandteilen  prävalirt  meist  der  Quarz,  der  überdies  viel- 
fach in  grösseren  Knauern  und  Putzen  ausgescliieden  ist,  ganz 
ähnlich  wie  bei  vielen  Porphyroiden  und  beim  Quarzphyllit1). 
Erreichen  diese  Quarzausscheidungen  einen  beträchtlichen  Umfang 
gegenüber  dem  feldspathigen  Bestandtheil,  so  unterscheiden  sich 
solche  Gesteinsmassen  wenig  mehr  von  den  feldspathhaltigen  Quarz- 
knauern des  Quarzphyllits.  Derartige  Gesteinspartieen  sind  es, 
welche  die  reine  granitische  Ausbildungsform,  mit  welcher  sie  durch 
allerlei  Uebergangsformen  verbunden  sind,  fast  nur  als  eine  weitere 
Entwickelungsstufe  der  feldspathhaltigen  Quarzausscheidungen 
und  -Knauern  des  Phyllits  erscheinen  lassen;  um  so  mehr,  als  es 
auch  an  phyllitischen  Schalen  und  an  Chlorit  nicht  fehlt,  welche 
mit  jenen  quarzreichen  und  dazu  meist  glimmerarmen  Partieen  der 
granitartigen  Gesteinsbildungen  verwachsen  sind;  wie  denn  Phyllit 
und  Quarzphyllit,  in  nichts  von  der  gewöhnlichen  und  typischen 
Beschaffenheit  abweichend,  sich  zwischen  all  diesen  granitischen 
Modificationen  hindurchziehen,  sei  es,  dass  sie  an  Masse  über- 
wiegen, oder  auch  gegen  jene  zurücktreten.  Eine  andere  Ver- 
knüpfung der  Gneisspartieen  mit  dem  Phyllit  ergiebt  sich  in  der 
Art,  dass  der  weisse,  mehr  oder  weniger  individualisirte  Glimmer 
der  ersteren  zurücktritt  und  verschwindet,  während  dafür  phyllitische 
Häute  und  Flasern  vorhanden  sind,  also  ein  Phyllitgneiss 
resultirt. 

Wie  eng  die  Verbindung  dieses  granitiseh-gneissischen  Ge- 
steins mit  dem  umgebenden  Phyllit  ist,  geht  z.  B.  auch  aus  der 
sicher  beobachteten,  in  ziemlich  dünnen  Lagen  wechselnden  Ver- 
wachsung der  granitischen  Masse  mit  phyllitiscli  - quarzitischem 
Schiefer  hervor,  welche  sich  als  besondere  Modification  zwischen 
den  übrigen  an  dieser  Lokalität  vorfand.  Ferner  sei  erwähnt, 
dass  im  Bereich  dieser  granitischen  Einlagerung  der  Quarzphyllit- 

Q Diese  starke  Verwachsung  mit  Quarz  kommt  auch  bei  den  entsprechenden 
Gesteinen  von  Hinterod  vor.  — Stärkere,  trumförmige  Quarzausscheidungen 
zwischen  dem  Quarz-Feldspathgemeng  bewirken  in  der  That  eine  gewisse  Analogie 
mit  manchen  Porphyroiden;  von  diesen  unterscheiden  sich  jedoch  jene  granit- 
artigen Massen  durch  das  reichliche  Vorhandensein  individualisirten  Glimmers, 
das  Fehlen  der  sericitischen  Flaser  und  des  felsitischen  Antheils,  sowie  das  Her- 
vortreten gleichmässig  körniger  Structur. 


der  cambrisch  - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


225 


Zone  auch  Kieselschiefer,  wie  er  sonst  in  letzterem  eingelagert  ist, 
vorkommt,  und  nicht  minder  ampliibolische  Zwischenschichten  mit 
ihren  erwähnten  festeren  Kernpartieen  dioritischen  Gesteins,  die 
überdies  Uebergänge  zu  Granit  (durch  Aufnahme  weisser  Glimmer- 
schüppchen) zeigen  1). 

Den  beschriebenen  Beispielen  ähnlich  verhalten  sich  denn 
auch  die  übrigen  derartigen  Vorkommnisse,  welche  bis  jetzt  im 
Speciellen  untersucht  wurden,  insbesondere  die  der  Gegend  von 
Katzhütte  im  Schwarzathale,  z.  B.  das  im  Amselgrund  nahe  bei 
diesem  Ort.  Aehnlich  auch  die  hierher  gehörige  Einlagerung, 
welche  in  der  Nähe  des  Ausganges  des  Laubthals  im  Schwarza- 
thal an  der  Landstrasse  ansteht.  Sie  verhält  sich  in  der  Haupt- 
sache als  Phyllitgneiss,  indem  die  Feldspath-  und  Quarzkörner 
flaserig  von  Phyllit  umgeben  sind,  und  bald  mehr  zurücktretend 
diesem  das  Uebergewicht  lassen,  bald  unter  stärkerem  Hervortreten 
rein  körnigen  Gefüges  die  Phyllitflaser  verdrängen,  die  sich  dann 
nur  noch  in  einzelnen  kleinen,  ausser  Zusammenhang  befindlichen 
Partieen  vorfindet  und  sozusagen  die  Rolle  des  Glimmers  in  ge- 
wöhnlichem Granit  übernimmt.  Grössere,  mit  zusammenhängender 
Phyllitsubstanz  überkleidete  Flächen  durchziehen  das  Gestein,  an 
ihnen  findet  leicht  Ablösung  der  Gesteinsmasse  statt.  Körnige 
Partieen  wechseln  mit  mehr  schieferigen  und  flaserigen  oder  sind 
von  solchen  wie  Kerne  umschlossen,  so  dass  auch  hier  der  Gesteins- 
körper ein  nichts  weniger  als  gleichartiges  Ganze  darstellt,  sondern 
sich  aus  den  genannten,  verschieden  struirten  Theilmassen  in 
eigenthüinlicli  angeordneter  Weise  zusammensetzt.  Sehr  feinkör- 
nige, phyllitarme  oder  -freie,  quarzitisch  beschaffene  und  von  reich- 
lichen Quarzausscheidungen  oder  - Trümern  durchzogene  Lagen 
finden  sich  an  der  äusseren  Grenze  nach  dein  Laubthale  zu,  gegen 

ZOO 

*)  Man  ist  bei  der  Untersuchung  dieser  Localität  auf  das  Studium  der  aller- 
dings in  Menge  vorhandenen  Lesesteinhaufen  angewiesen.  Nach  diesen  zu  ur- 
theilen,  nämlich  nach  dem  Mengenverhältniss  ihrer  granitischen  und  quarzphyl- 
litischen  Fragmente  scheint  die  granitische  Masse  sich  nach  der  ganz  flach  an- 
steigenden Höhe  hin  zu  verdichten,  nach  aussen  mehr  und  mehr  in  Quarzphyllit 
zu  verlieren.  Kieselschiefer  kommt  zwischendurch  besonders  auf  der  NW. -Seite 
vor,  wo  der  Breitenbacher  Kieselschieferzug  nach  Friedersdorf  hin  durchstreicht. 
Amphibolgestein  findet  sich  an  der  NW7.-  und  noch  mehr  an  der  0. -Seite. 


15 


226 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


das  umgebende  Schiefergestein.  Tn  ihrem  weiteren  Verlauf  nach 
NO.  ist  dieser  granitisch-gneissische  Gesteinszug:  noch  nicht  zur 
Specialaufnahme  gelangt;  wir  wollen  bei  dieser  Gelegenheit  nicht 
unerwähnt  lassen,  dass  gerade  dieses  Vorkommen  von  anderer 
Seite  in  einem  anderen  Sinne  gedeutet  worden  ist1). 


Einlagerungen  porphyroidischer  Gesteine  2). 

Eine  besondere  Gruppe  von  Einlagerungen  oder  Zwischen- 
schichten unserer  phyllitisch-cambrischen  Schieferreihe  bilden  jene 
merkwürdigen,  auch  aus  vielen  anderen  in  ähnlicher  Weise  des 
Vorkommens  bekannt  gewordenen  Gesteine,  welche  nach  Lossen 
als  Porphyroide,  Schiefer porpliyr oi de  bezeichnet  werden. 
Sie  sind  im  genannten  Schichtencomplex  Thüringens  von  grosser 
Verbreitung,  namentlich  in  der  phyllitischen  und  halbphyllitischen 
Zone,  sowie  auch  noch  der  tieferen  Partie  der  cambrischen  Thon- 
schiefer  und  Quarzite,  fehlen  aber  auch  in  der  höheren  Schichten- 
folge der  letzteren  nicht  ganz. 

Es  lässt  sich  eine  grosse  Reihe  von  Varietäten  oder  Modifi- 
c-ationen  dieser  bemerkenswerthen  Schichtgesteine  unterscheiden, 
welche  in  einzeln  herausgegriffenen  Proben  betrachtet,  nach  Mischung 
und  Mengenverhältniss  der  mineralischen  Componenten,  mehr  noch 
nach  der  Structur  verschieden  genug  aussehen  können;  doch  sind 
alle  diese  Varietäten  durch  Abstufungen  und  Uebergänge  eng  ver- 
bunden und  erscheinen,  was  wichtiger  und  besonders  hervorzuheben, 
in  der  Art  ihres  Vorkommens  so  innig;  zusammengehörig;  oder 
gegenseitig  sich  bedingend,  dass  kaum  einmal  nur  eine  solche 
Varietät  porphyroidischen  Gesteins  für  sich  auftritt,  sondern  fast 
immer  eine  Anzahl  solcher  Varietäten  in  engstem  Lagerungsverband 
unter  sich  und  mit  zugehörigem  und  einschliessendem  Schiefer- 

o o 

x)  Vergl.  H.  Credner  sen.  im  Neu.  Jahrb.  f.  Min.  etc.  1849,  p.  10  ff.  und 
in  »Versuch  einer  Bildungsgeschichte  der  geognost.  Verhältnisse  des  Thüringer 
Waldes«  Gotha  1855,  p.  21. 

2)  Vergl.  Richter:  Thüringische  Porphyroide.  Saalfeld.  4°.  1871.  (Programm 
der  Realschule.) 


der  cambrisch- phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


227 


gestern  gewöhnlicher  Art  — sei  es  Thonschiefer  oder  Phyllit  oder 
Quarzit  — den  Gesammtkörper  der  porphyroidischen  Einlagerung 
constituirt. 

Es  besteht  kein  wesentlicher  Unterschied  zwischen  den 
Porphyroiden,  die  in  der  ältesten,  phyllitischen  Zone  unseres 
Schiefergebirges  als  Einlagerungen  erscheinen,  und  jenen,  die  in 
den  jüngeren  Schichtenfolgen  Vorkommen;  wenn  auch  gewisse 
Varietäten  mehr  dort,  andere  mehr  hier  vertreten  zu  sein  scheinen. 

Wie  sonst  wo,  ist  auch  bei  unseren  Porphyroiden  in  der 
Regel  eine  Art  Grundmasse  vorhanden,  deren  schieferige  Structur 
bei  vielen  Modificationen  sofort  hervortritt  , bei  anderen  aber  erst 
bei  der  Betrachtung  grösserer  Geste inspartieen  sich  kundgiebt, 
während  sie  im  Handstück  völlig  oder  so  gut  wie  ganz  fehlen 
kann,  woraus  eine  wahre  Porphyrstructur,  ähnlich  der  eines  erup- 
tiven Porphyrs  hervorgehen  kann.  Ihrer  mineralischen  Natur  nach 
verhält  sich  diese  Grundmasse  sehr  gewöhnlich  wie  ein  Felsit1), 
der  mitunter  etwas  ins  Quarzitische  geht;  die  felsitische  Grund- 
masse ist  entweder  massig  oder  schieferig,  letzteres  durch  schich- 
tigen Wechsel  in  chemisch  - physikalischen  Eigenschaften  allein, 
oder  gewöhnlicher,  durch  mehr  oder  minder  reichliche  Interposition 
von  sericitischen  oder  phyllitischen  Lamellen,  Häuten,  Flasern; 
bei  anderen  porphyroidischen  Modificationen  erscheint  aber  statt 
dieser  felsitischen  und  halbfelsitischen  Grundmasse  ein  wahrer 
Schiefer  von  meist  sericitischem  oder  phyllitischem  Habitus2). 


x)  Ob  und  wie  weit  bei  diesen  thüringischen  Porphyroiden  statt  Felsit  auch 
» Adinole«  im  Sinne  Lossen’s  betheiligt  ist  oder  nicht,  kann  natürlich  nur  durch 
genaue  Untersuchung  gefunden  werden;  wir  wollen  hier  bei  der  Bezeichnung  Felsit 
und  felsitisch  für  die  betreffende  Grundinasse  stehen  bleiben. 

2)  »Sericit«  und  »Phyllit«,  resp.  »sericitisck«  und  »phyllitisch«  sind  in  vor- 
liegender Mittheilung  immer  so  gebraucht,  dass  unter  ersterem  die  anscheinend 
reine  und  mineralogisch  einheitliche  Substanz  verstanden  wird,  wie  sie  z.  B.  im 
Quarzit  in  unendlich  dünnen,  fast  durchsichtigen  Flauten  und  Flasern  sich  einlegt, 
oder  stärker  werdend  jene  weissen  bis  gelblichen  oder  grünlichen  »talkähnlichen« 
Lagen  bewirkt,  in  ihren  bekannten  Eigenschaften  nach  Härte , Glanz , feinschup- 
piger bis  faseriger  Beschaffenheit;  unter  »Phyllit«  dagegen  ein  anscheinend  com- 
plexes  schieferiges  Aggregat,  zu  dessen  Aussehen  noch  andere  Beimengungen, 
namentlich  eine  solche  chloritischer  Natur,  beitragen  und  wie  es  in  der  » phylli- 
tischen« Schieferzone  zu  so  ansehnlicher  Verbreitung  gelangt. 


15 


228 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Als  krystallinische  Ausscheidungen  sind  in  der  schieferigen  oder 
gleichmässig  dichten  Grundmasse  entwickelt:  Feldspath,  zumeist 
wohl  Orthoklas,  doch  nicht  mit  völligem  Ausschluss  eines  plagio- 
klastischen  Feldspaths  und  Quarz;  ersterer  meist  in  unvollkomme- 
nen Ivrystallen,  letzterer  in  kristallinischen  Körnern.  Ein  Glimmer- 
mineral, welches  allem  Anschein  nach  dem  Sericit  am  nächsten 
steht,  und  in  flaserigen  Lamellen  zugegen  ist,  gehört  wie  es  scheint 
wesentlich  mit  zur  Constitution  der  Porphyroide,  ist  aber  in  höchst 
wechselnder  Menge  zugegen;  selbst  in  massig-compacten,  gar  nicht 
mehr  an  Schiefer  erinnernden  Porphyroiden,  resp.  Partieen  einer 
porphyroidischen  Einlagerung  pflegen  sericitische  Flasern  nicht 
ganz  zu  fehlen. 

Die  krystalliuischen  Feldspath-  und  Quarzausscheidungen  in 
einer  Art  von  Grundmasse  bedingen  die  äussere  Aehnlichkeit  mit 
Porphyren,  welche  diesen  Gesteinen  in  wenigstens  sehr  vielen  ihrer 
Abarten  eigen  ist;  die  schieferige  Structur,  welche  entweder  schon 
im  Aussehen  der  Grundmasse,  mindestens  doch  in  dem  des  ganzen 
Porphyroidlagers  zum  Ausdruck  gelangt,  und  in  mineralogischer 
Hinsicht  schon  die  sericitische  Flaser  bedingen  die  innere  Ver- 
wandtschaft mit  Schiefer. 

In  dem  Mengenverhältniss  der  krystallinischen  Ausscheidungen 
unter  einander  und  zur  Grundmasse,  in  der  mineralischen  Be- 
schaffenheit der  letzteren,  in  der  stärkeren  oder  geringeren  Ent- 
wickelung des  sericitischen  Antheils,  in  der  Structur  finden  nun 
aber  wie.  gesagt  die  grössten  Mannichfaltigkeiten  statt;  daher  die 
grosse  Reihe  der  Varietäten.  Immerhin  bleiben  in  den  meisten 
Fällen  soviel  gemeinsame  Charaktere  und  verbindende  Elemente 
in  dem  Habitus  dieser  Gesteine , dass  ihre  Zugehörigkeit  zu  den 
»Porphyroiden«  sich  schon  im  Ansehen  des  Handstücks,  noch  besser 
allerdings  an  der  natürlichen  Lagerstätte  kundgiebt;  in  einzelnen 
Fällen  allerdings  bilden  sich  Uebergangsstufen  zu  anderen  Schiefer- 
gesteinen  heraus,  so  dass  man  in  Zweifel  kommen  kann,  ob  man  das 
fragliche  Object  noch  als  Porphyroid  gelten  lassen  soll  oder  nicht. 

Wir  wollen  an  einigen  bestimmten  Beispielen  die  gegebenen 
Andeutungen  über  unsere  thüringischen  Porphyroide  etwas  näher 
ausführen. 


der  cambrisch - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


229 


Ein  schon  seit  längerer  Zeit  bekanntes  Porphyroidvorkommniss 
ist  das  von  Langenbach  im  oberen  Schwarzathal1)  (vgl.  Fig.  3). 


Figur  3. 


Porphyroi  d-Yorkommen  bei  Langenbach: 

a.  Thonschiefer, 

b.  Massiges  Porphyroid, 

C.  Thonschiefer  und  Q.uarzit, 

d.  Flaseriges  Sericitschiefer-Porphyroid  mit  Zwischenlagen  von  sericitischem 
Schiefer, 

e.  Thonsc.hiefer, 

f.  Gangförmiger  Feldspath-Porphyrit, 

g.  Dunkeler  Thonschiefer  mit  dunkelem  Quarzit  und  quarzitischem  Schiefer 
z.  Th.  wulstig  verwachsen.  Dazwischen  lose  Porphyroid -Fragmente. 

Die  an  der  rechten  Thalseite  hinführende  Landstrasse  und  ein  vom 
Ansgang  des  Pechseifengrnndes  in  NW.-Richtung  bergan  führen- 
der Waldweg  geben  gute  Aufschlüsse.  Nach  diesen,  in  Verbin- 
dung mit  der  Specialaufnahme  des  umgebenden  Terrains  erscheint 
das  Porphyroidvorkommen  innerhalb,  resp.  am  NW. -Rand  einer 
grösseren  Quarziteinlagerung  im  cambrischen  Thonschiefer.  Die 
porphyroidischen  Schichten  selbst  werden  nun  aber  wieder  unter- 
brochen oder  enthalten  Zwischenmittel  von  Quarzit,  quarzitischem 
Schiefer  und  Thonschiefer,  und  diese  verschiedenen  Elemente  zu- 
sammengenommen bilden  in  enger  Verbindung  ein  zusammenge- 
setztes Glanze,  die  porphyroidische  Gesammtlagermasse.  Der  Quarzit 

Q An  der  Grenze  von  Blatt  Steinheid  und  Breitenbach  der  Generalstabs- 
karte 1 : 25000. 

Die  Vorkommnisse  bei  Langenbach,  am  Reichenbach  und  am  Bärentiegel 
sind  schon  von  H,  Credner  sen.  im  Neuen  Jahrb.  f.  Min.  etc.  1849,  p.  13  ff.  be- 
schrieben worden. 


230 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


ist  derselbe  wie  im  umgebenden  Quarzitlager  und  wie  er  sonst  als 
Zwischenschichten  und  Zwischenlager  des  cambrischen  Thon- 
schiefers auftritt;  sehr  hervortretend  ist  an  dieser  Stelle  Breccien- 
structur  des  Quarzits.  Der  dem  porphyroidischen  Lagerkörper 
eingeschaltete  Thonschiefer  ist  ebenfalls  ganz  wie  der  der  Umge- 
bung, dunkelblaugrau,  streifig  in  der  Schichtungsrichtung  u.  s.  f.; 
neben  diesem  wie  gewöhnlich  ziemlich  milden  Thonschiefer  sind 
aber  auch  härtere , ebenfalls  streifige , kieselige  oder  quarzitische 
Lagen  vorhanden,  welche  ganz  auf  einen  gewöhnlichen  cambrischen 
quarzitischen  Schiefer  herauskommen,  wie  er  so  vielfach  dem 
weicheren  Thonschiefer  zwischengeschichtet  ist.  An  der  Zusammen- 
setzung der  eigentlich  porphyroidischen  Lagertheile  betheiligen  sich 
wie  gewöhnlich  eine  dichte,  felsitähnliche  Masse,  Quarz,  Feldspath 
und  ein  sericitisches  Mineral;  letzteres  theils  sehr  zurücktretend, 
nur  in  Form  dünner  Lamellen  und  Flasern  zwischen  dichter,  weisser 
Grundmasse  (die  hier  mehr  dichter  Feldspathsubstanz  als  hartem, 
kieselreichem  Felsit  gleicht  und  krystallinische  Quarzkörner  ent- 
hält) — theils  stärker  zwischen  eben  solcher  Masse  entwickelt  und 
schon  ein  flaseriges  Gefüge  bewirkend  — theils  ganz  vorwaltend 
und  mit  den  eingestreuten  krystallinischen  Feldspath-  und  Quarz- 
körnern ein  schieferiges  Flaserporphyroid  constituirend.  In  dein 
Aufschluss  an  der  Landstrasse  kommt  sogar  diese  weiche,  talk- 
ähnliche,  ölgrüne,  wohl  als  sericitisch  anzusprechende  Mineral- 
substanz, welche  bei  diesem  wie  bei  so  vielen  anderen  unserer 
thüringischen  Porphyroide  eine  so  hervorragende  Rolle  spielt,  rein 
für  sich,  ohne  Quarz  und  Feldspath,  in  Form  dünner  Zwischen- 
lagen vor.  An  den  nicht  oder  nur  wenig  mit  den  talkähnlichen 
Flasern  verwachsenen,  dementsprechend  mehr  massig  erscheinenden 
Porpliyroidpartieen  macht  sich  wie  beim  Quarzit , häufig  die 
Breccienstructur  geltend.  — Was  den  Quarz  betrifft,  so  ist  er, 
abgesehen  von  seiner  Betheiligung  in  Körnerform  an  der  Zusammen- 
setzung der  Porphyroidmasse  gar  vielfach  in  schichtigen  Lagen 
und  in  dünneren  und  dickeren  Adern  ausgeschieden,  derart,  dass 
man  solche  Quarzadern  nicht  für  secundären  Gangquarz,  sondern 
für  primäre,  bei  dem  Process  der  Gesteinsbildung  im  Ueberschuss 
vorhandene,  und  in  während  der  allmählichen  Verfestigung  ent- 


der  cambrisch  - phylli tischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


231 


stehende  Risse  abgelagerte  Kieselmasse  halten  möchte1).  Seine 
Farbe  ist  nicht  die  des  weissen  Gangquarzes,  sondern  mehr  bläu- 
lich, und  ebenso  die  der  porphyroidischen  Quarzkörner.  — Die 
regelmässige  Folge  und  Lage  dieser  Schichtgesteine  in  der  allge- 
meinen Schichtungsrichtung  ist  an  der  Landstrasse  recht  wohl  zu 
erkennen,  sowie  auch  gegenüber  an  der  anderen  Thalseite,  hinter 
der  Schneidemühle,  wo  dieselben  porphyroidischen  Schichten  an- 
stehen. 

Dem  Langenbacher  Porphyroidvorkommen  sehr  ähnlich,  dabei 
noch  ausgedehnter  und  in  den  einzelnen  Varietäten  mannichfaltiger, 
doch  weniger  gut  aufgeschlossen  ist  das  in  derselben  Streichrich- 
tung weiter  NO.  gelegene  Vorkommen  am  Jagd  schirm,  an  der 
NO. -Seite  des  Wurzelberges.  Auch  hier  sind  die  Porphyroid- 
schichten  innerhalb  eines  Quarzitlagers  im  Bereich  des  cambrischen 
Thonschiefers  entwickelt.  Fortwährend  wiederholt  sich  zwischen 
porphyroidischem  Gestein  Quarzit,  dem  sich  auch  hie  und  da 
dunkeier  Thonschiefer  zugesellt.  Sehr  stark  ist  auch  hier  jenes 
Flaserporphyroid  entwickelt,  dessen  Hauptmasse  der  ölgrüne  oder 
gelbliche,  »talkähnliche«  resp.  sericitische  Schiefer  ausmacht, 
welchem  Quarzkörner  und  Feldspathkörner , resp.  -krystalle  ein- 
gewachsen sind.  Breccienstructur  des  Quarzits  und  Porphyroids 
stellt  sich  öfters  ein.  Massige  Quarzblöcke  sind  im  Bereich  der 
Porphyroidbildung  und  des  angrenzenden  Quarzites  sehr  verbreitet; 
sie  mögen  Trümmer  sehr  beträchtlicher  Quarzausscheidungen  sein. 
Die  Zahl  der  porphyroidischen  Modificationen  und  Uebergangs- 
stufen  zu  anderem  Schiefer  ist  im  Gesammtbereich  dieses  Lagers 
schon  recht  gross : Die  sehr  schieferigen  Varietäten,  welche  Ueber- 
gänge  zu  S er  icitquar  zitschief  er  und  körnigflaserigen  Sericit- 
quarzit  bilden,  wobei  zuletzt  deutliche  Feldspathbeimengung  fehlt, 
stellen  sich  besonders  abwärts  am  Gehänge  ein,  nach  dein  Brech- 
borntiegel  und  Unteren  Wurzeltiegel  zu,  sowie  noch  weiter  west- 
lich, wo  die  porphyroidischen  Einlagerungen  in  Quarzit  überhaupt 
sparsamer  und  weniger  geschlossen  auftreten,  und  der  Thonschiefer 

x)  Also  nach  Art  der  »Ausscheidungsgänge«  oder  der  »Primär-«  oder 
»Durchwachsungstrümer«  im  Sinne  Lossf.n’s,  welche  den  »Secundär-«  oder 
» Gangtrümern  « gegenüberstellen. 


232 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


gegen  den  Quarzit  zunimmt;  auch  bei  diesen  Modificationen  findet 
sich  ab  und  zu  noch  Breccienstructur ; so  umschloss  ein  Block 
Sericitquarzitschiefer  fast  eckig  umrandete  Brocken  von  gleich- 
massig  körnigem  Quarzit  und  von  grosskörnigem  Porphyroid.  — 
Könnte  man  eine  genaue  Verzeichnung  einer  so  ausgedehnten  und 
mannichfaltigen  porphyroidischen  Lagermasse  ausführen,  so  würde 
sich  ein  sehr  buntes,  wechselvolles  Bild,  nach  Gestein  und  Structur- 
formen  im  Grossen  und  Kleinen  ergeben. 

Besonders  massige,  z.  Th.  ganz  an  Eruptivgesteine  erinnernde 
Gestaltung  und  dabei  nur  beschränkten  Umfang  besitzen  die  Por- 
phyroidvorkommnisse  am  Ausgang  des  Reichenbachs  in  das  Katze- 
thal, und  nahe  dabei  dasjenige  am  Bärentiegel  mit  seiner  nur 
durch  die  Thalerosion  abgeschnittenen  Fortsetzung  gegenüber,  im 
Katzethal.  Auch  diese  Porphyroid e liegen,  das  erstere  am  Rande, 
das  zweite  ganz  in  einem  Quarzitlager,  dessen  Quarzit  allerdings 
wie  gewöhnlich  mit  etwas  Thonschiefer  wechsellagert. 

Dasjenige  am  Reichenbach  hat  einerseits  eine  fast  durch- 
aus massig  ausgebildete  Partie  mit  felsitischer  Grundmasse  und 
sehr  zurücktretender  Sericitflaser,  und  andererseits  eine  ganz  vor- 
wiegend schieferige  Pai’tie,  wo  im  Gegensatz  zu  obiger  der  Sericit 
vorwaltet  und  geradezu  als  Sericitschiefer  auftritt,  in  welchem  be- 
sonders Quarz,  weniger  Feldspath  in  krystallinischen  Körnern  aus- 
geschieden  ist,  wobei  die  Structur  eine  körnig  flaserige  ist  und  das 
Ganze  einem  Sericit gneiss  nahe  kommt.  Die  massige  Partie 
besitzt  Ansehen  und  Felsbildung  eines  krystallinischen  Massen- 
gesteins, wobei  sich  immerhin  eine  mit  der  Schichtung  der  um- 
gebenden Schiefermassen,  wie  der  schieferigen  Porphyroidpartie  un- 
gefähr gleichlaufende,  steilstehende  Absonderung  oder  Abklüftung 
bemerklich  macht,  und  fast  plattenförmige  Quarzlagen  in  derselben 
Richtung,  also  schichtig  durchsetzen,  während  andere  Trümer 
des  reichlich  vorhandenen  Quarzes  auch  anderen  Richtungen  folgen; 
sericitische  Lagen  fehlen  nicht  ganz  und  sind  stellenweise  in  grös- 
serer Reinheit  ausgeschieden. 

Noch  massiger  erscheint  das  schon  genannte,  als  Steinbruch 
benutzte,  Porphyroid  am  Bärentiegel;  eine  ca.  70 ' hohe,  ander 
Strasse  ca.  60  Schritt  breite,  unregelmässig  zerklüftete  Felsmasse, 


der  cambriscli  - pliyllitischen  Scliieferreihe  in  Thüringen. 


233 


welche  ganz  den  Eindruck  eines  krystallinischen  Massengesteins 
hervorbringt;  Gestein  compact,  äusserst  hart,  splitternd,  mit  dem 
H ammer  funkend,  Grundmasse  felsitisch,  von  blaugrauer  oder  röth- 
licher  Färbung  mit  zahlreich  ausgeschiedenen  Quarzkörnern,  spar- 
samen Feldspäthen,  Sericitlamellen  und  -flasern  sehr  zurücktretend; 
die  Grundmasse  zeigt  öfters  verschieden  gefärbte,  meist  dunkeiere 
und  lichtere,  vielfach  wellige  und  verschwommene  Streifung,  die 
an  die  Fluidalstructur  mancher  Quarzporphyre  erinnert,  und  solchen 
kann  das  Gestein  in  einzelnen  sericitfreien  Theilen  zum  Verwech- 
seln ähnlich  werden;  während  andere  in  der  Art  der  Vertheilung 
ihrer  sericitischen  Zwischenhäute  und  eines  diesen  sich  zugesellen- 
den Schwefelkiesgehaltes,  bei  zugleich  etwas  rauher  Grundmasse 
sehr  an  den  Quarzit  des  Werragrundes  am  Frohnberg  erinnern. 
Breccienbildung  ist  auch  diesem  Porphyroidvorkommen  nicht  fremd, 
sie  findet  sich  am  oberen  Ende  desselben : Quarzbrocken  verkittet 
durch  felsitische  Masse  oder  felsitische  Brocken  durch  ebensolche 
Masse  verbunden.  Auf  der  entgegengesetzten  Thalseite  steht  die 
Fortsetzung  des  Porphyroids  in  Felsen  an,  hier  z.  Th.  mit  etwas 
rauhkörniger,  quarzitischer  Grundmasse;  ihr  südwestliches  Ende  ist 
durch  ein  schmales  Zwischenlager  von  sericitischem , mit  felsitischer 
Masse  lagenweise  verwachsenem  Schiefer  angedeutet,  der  auch 
z.  Th.  eine  gewissen  Wetzschiefern  sehr  ähnliche  Beschaffenheit 
annimmt,  und  von  Thonschiefer  mit  Quarzit  umgeben  ist. 

Die  etwas  weiter  aufwärts  im  Katzethal,  an  der  N.-  und 
NO. -Seite  des  Lindigkopfs  und  gegenüber  vorkommenden  Porphy- 
roide  sind  in  der  Hauptsache  flaserige  bis  flaserigkörnige  Serieit- 
schieferporphyroide.  Die  dunkele  Färbung  mancher  derselben  scheint 
von  der  Beimengung  sehr  zahlreicher  kleiner,  glänzender  Magnet- 
eisenpartikel  herzurühren.  Sie  treten  weniger  geschlossen,  als  in 
schichtigem  Wechsel  mit  Quarzit  und  Thonschiefer,  resp.  einem 
Quarzitthonschieferwechsel  als  Zwischenschichten  eingeschaltet  auf. 
Die  porphyroidischen  Lagen  können  ganz  dünn  werden  und  es 
lassen  sich  an  einigen  Stellen  — so  einige  hundert  Schritt  an  der 
Landstrasse  im  Katzethal  oberhalb  Ausgang  des  Frauenbachs; 
auch  am  Beginn  des  Weges,  der  vom  Ausgang  des  Höllethals  an 
der  Ostseite  des  Lindig  hinaufführt  — Handstücke  schlagen,  an 


234 


H.  Loretz  , Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


welchen  flaserigkörnig  sericitisches  Scliieferporphyroid,  Quarzit  und 
dunkelblaugrauer  Thonschiefer  schichtig  verwachsen  und  von  Trans- 
versalschieferung durchsetzt  sind,  und  ein  Schiefergestein  ergeben, 
zu  welchem  sich  an  anderen  Stellen  im  cambrischen  Schiefergebiet, 
fernab  von  so  deutlichem  Zusammenhang  mit  Porphyroidbildung 
in  grösserem  Maassstab,  Analogieen  finden,  in  Form  von  Zwischen- 
schichten des  gewöhnlichen  Thonschiefers1). 

Die  bisherigen  Beispiele  behandelten  solche  Porphyroidvor- 
kommnisse,  welche  im  Bereich  von  Quarzitlagern,  oder  mit  Quarzit 
wechselndem  Thonschiefer  liegen.  Eben  diese  Vorkommnisse  zeich- 
nen sich  vor  anderen  durch  ihren  Umfang;  aus,  wogegen  sie  im 
Streichen  nicht  lange  aushalten.  Es  wurde  der  innige  Verband 
und  häufige  Wechsel  hervorgehoben,  der  zwischen  den  porphyroidi- 
schen,  quarzitischen  und  thonschieferigen  Lagertheilen  zu  herrschen 
pflegt.  Aber  auch  lithologisch  finden,  wie  uns  fortgesetzte  Beob- 
achtungen über  die  mancherlei  Abstufungen  der  hierhergehörigen 
Gesteine  unzweideutig  zu  ergeben  scheinen  und  oben  bereits  an- 
gedeutet,  nahe  verwandtschaftliche  Beziehungen  zwischen  dem  Ge- 
stein der  Porphyroide  und  Quarzite  statt.  Schieferige  Porphyroid- 
varietäten  können  in  Sericitquarzitschiefer  und  in  körnig-flaserigen 
Sericitquarzit  verlaufen ; die  sericitische  Flaser  erscheint  nämlich 
häufig  genau  in  derselben  Weise  in  Quarziten  und  Quarzitschiefern 
wie  in  Porphyroiden,  und  durch  phanerokrystallinische  Quarzkörner, 
die  manchmal  in  dichter  Quarzitmasse  ausgeschieden  sind,  kann 
die  Aehnlichkeit  auf  Seite  des  Quarzits  gesteigert  werden,  beson- 
ders mit  solchen  Porphyroiden,  deren  felsitische  Grundmasse  etwas 
rauh  und  dabei  arm  an  Feldspatheinsprengungen  ist2).  Auch 


B Es  mag  beiläufig  bemerkt  werden,  dass  die  fast  feinkörnig  flaserigen  — 
kleine  Feldspatk-  und  Quarzkörner  in  der  flaserig  sich  durchwindenden  sericiti- 
schen  Masse  — Schieferporphyroide  des  Katzethals  auf  abgewittertem  Querbruch, 
wo  die  Feldspäthe  roth  erscheinen  und  der  sericitische  Antheil  wenig  hervortritt, 
fast  das  Ansehen  eines  Arlcosesandsteins  annehmen  können. 

2)  In  der  oberen  Schwarzagegend  finden  sich  einigemal  als  schmale  Ein- 
lagerungen im  herrschenden  Schiefer  eigenthümliche  Sericitquarzschiefer , so  am 
Hang  östlich  von  Katzhütte;  man  beobachtet  hier  einen  sehr  feinkörnigen  Quarz- 
schiefer, der  von  glänzenden  sericitischen  Häuten  durchzogen  ist,  während  der 
körnige  Quarz  von  Stelle  zu  Stelle  zu  krystallinisch  glasigem  oder  weissem  Quarz 


der  cambr-isch - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


235 


derbere  sericitische  Schalen  sind  manchmal  ganz  so  zwischen  die 
massigen,  compacten,  felsitischen  Bänke  mancher  Porphyroidvor- 
kommnisse  eingeschaltet,  wie  zwischen  massige  Bänke  mancher 
Quarzite,  in  welchem  Falle  dann  die  Gesteinsmasse  selbst  frei  von 
sericitischen  Flasern  zu  sein  pflegt1). 

Die  Porphyroide  der  älteren  Schieferzone  unseres  Gebirges 
unterscheiden  sich  petrographisch  nicht  wesentlich  von  den  oben 
beschriebenen  der  Thonschiefer-  und  Quarzitzone,  es  sei  denn,  dass 
dort  mehr  solche  Vorkommen  mit  schieferig-felsitischer  Grundmasse 
und  noch  mehr  solche  mit  phyllitischschieferiger  Grundmasse, 
welch’  letztere  in  ihrem  Ansehen  einem  Phyllitgneiss  oder  einem 
» Feldspathphyllit « nahe  kommen  können2).  Die  krystallinischen 
Einsprenglinge  und  die  sericitische  Flaser  sind  dieselben  wie  bei 


in  Knauern  oder  Linsen  verschmilzt,  was  eine  Aehnlichkeit  mit  porphyroidischem 
Gestein  bewirkt.  Am  Vitzberg,  SO.  von  Breitenbach , in  der  phyllitischen 
Schieferzone,  kommt  eine  ganz  ähnliche  Einlagerung  vor  und  diese  erscheint 
wiederholt  in  derselben  Streichrichtung  weiter  nach  NO.,  wo  sie  in  ein  achtes 
Porphyroidlager  übergeht,  resp.  mit  ihm  zusammenhängt.  — Andererseits  ist 
schieferigen  Porphyroiden  mitunter  eine  quarzitisch  aussehende  Grundmasse  eigen; 
so  am  Oelzer  Stieg,  SSO.  von  Breitenbach,  in  der  phyllitischen  Schieferzon'e,  wo 
ein  Schwarm  schieferiger  Porphyroide  mit  felsitisch  bis  quarzitisch  erscheinender 
Grundmassc  auftritt,  welche  neben  sericitischen  Häuten  und  Flasern  auch  kleine, 
nicht  zahlreiche  Quarz-  und  Feldspathausscheidungen  enthalten.  Im  Quarzitlager 
am  Grossen  Wulst  (in  der  cambrischen  Thonschieferzone)  bildet  sich  porphyroi- 
disches  Gestein  dadurch  heraus,  dass  neben  sericitischen  Flasern  auch  feldspathige 
Schmitzen  sich  in  den  Quarzit  einlegen : derartige  Stücke  liegen  hie  und  da  ver- 
einzelt zwischen  reinem  Quarzit  in  dem  Quarzittrümmerwerk. 

Auch  Richter  (»Thüring.  Porphyroide«  p.  8)  vermuthet  eine  gewisse  Be- 
ziehung der  Porphyroide  zum  Quarzfels. 

Q Beispielsweise  enthält  das  Quarzitlager  an  der  Cursdorfer  Koppe  als 
Zwischenlager  eine  sehr  sericitreiche  Modification  des  Quarzits  und  es  gleicht  die 
Art  und  Weise,  wie  anscheinend  reine,  schieferige  bis  faserige  Sericitsubstanz 
theils  in  Flasern  mit  dem  Quarzit  verwachsen,  theiis  in  derben  Schalen  zwischen 
demselben  abgelagert  vorkommt,  und  sich  weiterhin  mit  dem  in  Trümern  im 
Quarzit  ausgeschiedenen  Quarz  verbindet,  völlig  der  Art  und  Weise,  wie  der- 
selbe Mineralkörper  in  den  porphyroidischen  Zwischenlagern  der  Quarzite  und 
Thon  schiefer  zu  erscheinen  pflegt. 

2)  Derartige  Vorkommnisse  z.  B.  am  Schwemmbach  und  am  Gräfenborn, 
NW.  am  Schwarzathal  (Bl.  Breitenbach).  — Oefters  finden  sich  in  hierhergehörigen 
Porphyroiden  die  bekannten  Feldspäthe  mit  abgerundeten  Kanten,  z.  B.  bei  dem 
ausgezeichneten  Porphyroidvorkommen  von  Waffenrod  (Bl.  Eisfeld). 


236 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


den  sonstigen  Porphyroiden.  Auch  liier  ist  es  Regel,  dass  die 
porphyroidische  Einlagerung  nicht  nur  aus  einer,  sondern  aus 
mehreren  Varietäten  sich  zusammensetzt,  welche  gewöhnlich  zum 
Theil  der  Gruppe  mit  massig  krystallinisclier,  zum  Theil  der  mit 
schieferiger  Structur  angehören.  Mehr  als  die  porphyroidischen 
Einlagerungen  der  cambrischen  Quarzitlager  verhalten  sich  jene 
älteren  Porphyroide  als  schmale  Zwischenlager,  die  sich  auf  eine 
grössere  Strecke  im  Fortstreichen  verfolgen  lassen;  oder  sie  grup- 
piren  sich  zu  ganzen  Schwärmen  kleinerer  Vorkommnisse,  die  eben- 
falls eine  gewisse  Erstreckung  in  der  Streichrichtung  besitzen;  wie 
dies  namentlich  in  den  betreffenden  Schieferzonen  der  Schwarza- 
gegend (Section  Breitenbach  der  Gen.-St. -Karte)  die  Specialauf- 
nalnne  ergeben  hat,  während  es  weiter  im  SW.,  wo  jenseits  der 
Rothliegenden-Porphyritdecke  von  Neustadt  a.  R.  und  Masserberg 
dieselben  Schieferzonen  in  der  Gegend  des  Biberthals  fortsetzen, 
minder  deutlich  hervortritt,  z.  Th.  vielleicht  nur  wegen  minder 
deutlicher  Aufschlüsse.  Doch  lässt  sich  auch  in  der  erstgenannten 
Gegend  bei  benachbarten,  in  derselben  Streichlinie  gelegenen  Por- 
phyroiden, selbst  bei  genügenden  Aufschlüssen,  ein  directer  Zu- 
sammenhang nicht  immer  nachweisen ; so  dass  inan  in  solchen 
Fällen  auf  die  Vorstellung  kleinerer,  geschlossener  Lagerkörper 
geführt  wird,  welche  vielleicht  die  Gestalt  der  Quarzlinsen  in 
grösserem  Maassstabe  wiederholen;  denn  einen  Zusammenhang  in 
der  Tiefe  unter  allen  Umständen  annehmen  zu  wollen,  ist  man 
bei  dem  wiederholten  Auftreten  solcher  Fälle  nicht  berechtigt. 

Ein  besonders  bemerkenswerthes  Porphyroidvorkommen  dieser 
älteren  Schieferreihe  ist  dasjenige,  welches  dem  Quarzphyllit  im 
Hirschgrund  bei  Böhlen  eingelagert  ist.  Wie  gewöhnlich  setzt 
sich  dasselbe  aus  mehreren  Gesteinsarten,  die  in  enger  Ver- 
wachsung eine  gewisse  Schichtenfolge  bilden,  zusammen,  wie  man 
dies  sowohl  am  Wege  als  noch  besser  im  Bach  etwas  oberhalb 
der  Horizontale  von  1400  Decimalfuss  anstehend  findet.  Zunächst 
ein  dichtes,  felsitisches,  hartes,  mit  dem  Hammer  splitterndes  und 
funkendes  Gestein  von  brauner,  bis  fleischrother  Färbung,  fast  ohne 
krystallinisehe  Ausscheidungen.  Mit  diesem  dichten  Gestein  sind 
schichtig  oder  flaserig  verwachsen  sericitische  Lamellen  und  Schalen, 


der  cambrisch-phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


237 


die  z.  Th.  sericitgneissartig  werden  können.  Aufwärts,  nach  N., 
folgen  eigenthümlich  breccien artige  Lagen  oder  Bänke,  welche 
in  schichtigem  Wechsel  und  Verband  mit  compacten  Lagen  der 
erstgenannten  Art  eine  2 ■ — 3 Meter  starke  Folge  im  Bereich  der 
porphyroidischen  Einlagerung  bilden,  und  im  Bach  anstehend  zu 
finden  sind.  Phyllitmasse  und  felsitische  Porphyroidmasse  er- 
scheinen in  diesen  Bänken  in  unregelmässiger  Weise  schichtig 
flaserig  durcheinander  abgelagert;  und  das  breccienartige  Aussehen 
wird  namentlich  dadurch  bedingt,  dass  besonders  die  phyllitischen 
Theile  nebst  den  ebenfalls  eingestreuten  Quarzkörnern  und  unregel- 
mässig umrandeten  Quarzstücken  trümer-  und  brockenartig  aus- 
sehen,  als  wenn  sie  aus  dem  Verbände  schon  verfestigten  Gesteins 
(wohl  Quarzphyllits)  wieder  gewaltsam  gelöst  und  in  anderer  Ord- 
nung zusammengeschoben  in  den  Verband  dieses  halbphyllitischen, 
halbporphyroidischen  Gesteins  eingegangen  wären,  bei  welchem 
der  porphyroidische  Antheil  hie  und  da  als  der  verbindende  er- 
scheint Q,  im  Uebrigen  aber  auch  an  dem  klastischen  Aussehen 
Theil  nehmen  kann,  so  dass  1)  pliyllitisches , 2)  porphyroidisches 
und  3)  auch  wohl  schon  fertiges,  halb  pliyllitisches,  halb  por- 
phyroidisches Gestein  zu  solchen  Lagen  umgearbeitet  worden  wäre. 
Auf  diese  Bänke  folgen  dann  noch  einige  ähnliche,  bei  welchen 
aber  die  Phyllitmasse  ganz  vorwaltet  und  die  porphyroidisch  fel- 
sitische Masse  in  Partikeln  und  Flasern  zwischen  durch  erscheint; 
sie  gehen  über  in  den  gewöhnlichen  Quarzphyllit,  der  die  por- 
phyroidische Lagermasse  umschliesst,  indem  sich  vorher  schon  die 
feldspathhaltigen  Quarzknauer  jenes  Gesteins  eingestellt  haben. 

Wir  haben  dieses  Vorkommen  breccienartiger,  porphyroidischer 
Schichten  näher  beschrieben,  einmal  weil  dasselbe  in  seiner  bank- 
weise wechsellagernden  Anordnung  doch  wohl  auf  ursprünglich 
sedimentäre  Bildung  deutet,  was  in  genetischer  Beziehung  wichtig, 
und  dann  auch  weil  dasselbe  greeisinet  ist  hinüberzuführen  zu  g;e- 
wissen  andern  Vorkommnissen,  die  wir  ebenfalls  noch  den  Scliiefer- 

x)  Es  finden  sich  in  der  That  Stücke,  wo  deutlichste  Trümmer  von  Phyllit 
oder  phyllitisch-  porphyroidischem  Gestein  durch  dichte  felsitische  Masse  wieder 
verbunden  sind.  (Auch  beim  Vorkommen  am  Gräfenborn,  in  der  Streichlinie  des 
Vorkommens  am  Hirschgrund,  weiter  SW.) 


238 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


porpliyroiden  zurechnen  möchten,  die  aber  schon  an  der  Grenze 
derselben  stehen  und  schon  ganz  verwandt  sind  oder  den  Ueber- 
gang  vermitteln  zu  jenen  eigenthümlichen  mit  feldspathiger  Sub- 
stanz verwachsenen  Schiefern  von  öfters  halbklastischem  Ansehen, 
wie  sie  in  der  von  uns  besonders  unterschiedenen , zunächst  auf 
die  Phyllite  folgenden  Zone  so  reichlich  vertreten  sind,  und  weiter 
oben  aus  dem  Schwarzathal  in  der  Gegend  von  Katzhütte  und 
andern  Orten  beschrieben  wurden.  Die  nächsten  Verwandten, 
petrograpliisch  und  wohl  auch  genetisch,  zu  eben  diesen  eigen- 
thümlichen Schiefern  sind,  wie  uns  fortgesetzte  Beobachtungen 
mit  Deutlichkeit  zu  ergeben  scheinen,  in  der  That  gewisse,  an  der 
Grenze  der  Scliieferporphyroide  stehende  Gesteine,  wie  sie  z.  B. 
im  Thal  der  W eissen  Schwarza  unweit  Katzhütte  und  nahe  dabei 
am  Viehberg,  und  ähnlich  im  Katzethal  an  der  NO.  Seite  des 
Lindig  ganz  nach  Art  sonstiger  Porphyroide,  und  z.  Th.  mit  solchen 
verbunden  im  Bereich  von  Quarzitlagern,  Vorkommen;  sie  zeigen 
sericitische , tlion schieferige  und  anscheinend  felsitische  Sub- 
stanz in  halbschichtiger,  halbflaseriger  Verwachsung,  und  dabei 
einen  schwer  zu  beschreibenden,  ans  Klastische  streifenden  Ha- 
bitus1); Feldspathkörner  und  Quarzkörner  kommen  eingewachsen 
vor.  Sie  erinnern  einerseits  an  breccienartige  Schieferporphyroide, 
wie  sie  oben  aus  dem  Hirschgrund  bei  Böhlen  beschrieben  wurden, 
andererseits  besitzen  sie  die  unverkennbarste  Verwandtschaft  mit 
den  Schiefern  unserer  zweiten  Zone.  Die  Aehnlichkeit  tritt  aller- 
dings für  letztere  zunächst  nur  soweit  hervor,  als  deren  Mischung 
eine  grobe,  mit  dem  blossen  Auge  leicht  zu  erkennende  ist.  Auf 
Grund  fortgesetzter  Beobachtungen  dieser  Analogieen  und  Ueber- 
o-äno'e  wurde  schon  früher  bemerkt,  dass  die  nächsten  Verwandten 


B Verwandt  hiermit  sind  vielleicht  die  von  de  da  V allee  Poussin  und 
Rexard  (»Ueber  die  Feldspath-  und  Hornblendegesteine  der  französischen  Ar- 
dennen«, Auszug  in  Zeitsehr.  d.  I).  geol.  Ges.,  Bd.  XXVIII,  1876,  p.  764,  2.  Ab- 
satz) angeführten  porphyroidisehen  Gesteine.  — Nach  der  Beschreibung  genannter 
Autoren  zu  urtheilen  stellen  sich  auch  sonst  in  den  Porpliyroiden  jener  Gegend 
sehr  viele  Analogieen  mit  den  thüringischen  Vorkommnissen  heraus;  und  nicht 
minder  dürften  solche  mit  den  von  Lossen  aus  dem  Harz  (Zeitsehr.  d.  D.  geol. 
Ges.,  Bd.  XXI,  p.  295  ff.)  beschriebenen  Porpliyroiden  bestehen. 


der  cambrisch  - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


239 


dex’  genannten  eigentliümlichen  Schiefer  bei  den  Porphyroiden  zu 
suchen  wären.  — 

Im  Bereich  der  oberen  Partie  der  cambrischen  Thonschiefer 
und  Quarzite  spielen  Porphyroide  nur  mehr  eine  sehr  unter- 
geordnete Rolle.  Ganz  fehlt  es  nicht  an  derartigen  Gesteinen, 
doch  erlangen  sie  nirgends  eine  grössere  Ausdehnung1).  Etwas 
mehr  als  in  unserem  Gebiete  scheinen  sie  sich  weiter  östlich 
auch  in  dieser  Zone  noch  vorzufinden:  nach  Gümbel2)  gehen  die 
Phy Codenschichten  der  Gegend  von  Schmiedefeld,  Reichmanns- 
dorf, Gösselsdorf  u.  s.  w.  (unweit  Gräfenthal)  besonders  durch  Auf- 
nahme von  Orthoklas  wiederholt  in  Porphyroide  und  granitartige 
Gesteine  über,  und  wiederholt  sich  Aelmliches  auch  noch  im  Be- 
reich des  Fichtelgebirges. 


Die  schichtigen  Quarzzwischenmassen  der  Schiefer. 

Anschliessend  an  vorstehende  Mittheilungen  über  die  beson- 
deren Zwischenlager  oder  Einlagerungen  der  phyllitisch-cambrisehen 
Schieferzonen  fügen  wir  noch  einige  Bemerkungen  über  den  Quarz 
bei,  der  so  oft  als  schichtige  Zwischenmasse  im  gesammten  Bereich 
dieser  Schieferreihe  angetroffen  wird.  Wir  haben  bereits  gesehen, 
dass  diese  Mineralmasse  in  Form  plattenförmiger,  sphäroidischer, 
linsen-  und  scheibenförmiger  Körper,  als  einzeln  auftretende  oder 
zu  förmlichen  Zwischenschichten  aneinander  gereihte  Knauer,  als 
Adern  und  Trümer,  sowohl  in  den  phyllitischen  und  cambrischen 
Schiefern,  als  in  den  besonderen  Zwischenlagern  enthalten  ist;  und 

x)  Ein  derartiges  Vorkommniss  befindet  sich  z.  B.  am  Erzberg  im  Sieg- 
mundsburger  Forst,  oberhalb  des  Truckenthal  er  Grundes  (Bl.  Steinheid),  im  Be- 
reich der  typischen,  graugrünen,  streifigen,  cambrischen  Thonschiefer.  Das  be- 
treffende Gestein  gleicht  sehr  gewissen  Mittelgesteinen  von  schieferigem  Porphyroid 
und  Quarzit , wie  sie  bei  dem  ausgedehnten , weiter  oben  beschriebenen  Porphy- 
roidvorkommen  am  Jagdschirm  erwähnt  wurden;  es  erinnert  aber  auch  an  ge- 
wisse Modificationen  granitischer  Einlagerungen. 

2)  a.  a.  0.  p.  421  ff.,  432,  106,  378. 


240 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


dass  diese  lagerhaft  auftretenden  Quarzmassen,  selbst  mit  Ein- 
schluss mancher  etwas  schräg  sich  abzweigender  Trümer  (wie  bei 
den  Porphyroiden)  gewiss  als  ursprüngliche  Bildungen  anzusehen 
sind,  dass  sie  Abscheidungen  darstellen  von  im  Ueberschuss  bei 
der  Gesteinsbildung  resp.  -Verfestigung  vorhandener,  und  bei  diesem 
Prozesse  vielleicht  in  Wirksamkeit  gewesener  Kieselsäure.  Die  Ge- 
sammtmenge  dieses  bis  in  die  oberen  cambrischen  Schichten  sich 
wiederholenden  Quarzes  ist  äusserst  bedeutend  und  bildet  gewiss 
den  grösseren  Theil  der  massenhaften  Quarzblöcke  und  sonstigen 
Quarztrümmer,  die  so  vielfach,  selbst  im  Bereich  der  weicheren 
Thonschiefer  wiederkehren ; der  Rest  muss  von  secundären  Quarz- 
kluftausfüllungen  und  -gängen  herrühren.  Wir  bemerken  hier, 
dass  deutliche  Gangbildungen  sich  im  Bereich  unseres  Gebietes 
nur  wenig  geltend  machen,  am  wenigsten  solche  von  bedeutender 
Erstreckung  und  Mächtigkeit. 

Es  sei  gestattet,  hier  noch  die  Beschreibung  eines  sehr  typi- 
schen Vorkommens  anzuschliessen,  bei  welchem  Quarz  als  schich- 
tige. Zwischenmasse  des  Schiefers,  und  zwar  liier  des  höheren 
cambrischen,  grünlichen  Thonschiefers  vorkommt1).  Er  bildet  hier 
mehrere  Zwischenbänke  von  je  einigen  Decimeter  Stärke.  Diese 
Quarzbänke  bestehen  eigentlich  aus  aneinander  gereihten,  etwas 
unregelmässig  geformten,  grossen  Knauern,  die  ineinander  ver- 
fliessen,  doch  so,  dass  die  Oberfläche  der  Lage  oder  Bank  wulstig 
höckerig  wird,  und  die  Rinnen  oder  Vertiefungen  zwischen  den 
Höckern  in  gewissen  Richtungen  fast  zusammenfallen;  das  Ganze 
gleicht  so  in  grösserem  Ma  assstab  den  Markasitschwarten,  wie  sie 

O o ’ 

im  Kulmdachschiefer  Vorkommen  und  durch  Zusammentreten  dicht 
gedrängter  Knollen  zu  verstehen  sind;  und  die  einzelnen  Theile 
der  Quarzschwarte  lassen  sich  auch  mit  den  Quarzknauern  des 
Quarzphyllits  vergleichen.  Die  dein  Quarz  zunächst  anhaftende 


x)  Das  Vorkommen  war  durch  einen  Steinbruch  auf  grünlichen  Dachschiefer 
sehr  günstig  aufgeschlossen,  an  der  Strassenbiegung  ca.  200'  über  Unterweissbach 
(Section  Königsee).  Die  Schichtung  fällt  hier  SO.  ein,  die  Schieferspaltung  oder 
Transversalschieferung  wie  gewöhnlich  NW.  bis  NNW.  Eine  der  deutlichst  in 
der  Schichtung  liegenden  Quarzbänke  war  auf  ein  grosses  Stück  ihrer  Oberfläche 
entblösst. 


der  cambrisch-phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


241 


grüne  Thonschiefersubstanz  schmiegt  sich  allen  Unebenheiten  innig 

ö o o 

an  und  bildet  so  gekrümmte  Schalen,  welche  jene  Vertiefungen 
ausfüllen;  sie  ist  weicher  als  der  umgebende  Schiefer  und  bröckelt 
leicht  ab1).  Wie  bei  den  Quarzknauern  des  Quarzphyllits  wurde 
auch  bei  der  iu  Rede  stehenden  Quarzzwischenschicht  viel  Chlorit, 
besonders  an  den  Berührungsstellen  von  Quarz  und  Schiefer,  be- 
merkt, sowie  weisse  Glimmerschüppchen  auf  feinen  Klüften  des 
Quarzes,  während  Feldspatli  nicht  beobachtet  wurde.  Auch  sonst 
wurden  Feldspatheinschlüsse  in  den  Quarzzwischenmassen  des  ge- 
sammten  cambrischen  Schiefers  nur  wenig  beobachtet,  im  Gegen- 
satz zu  den  Quarzknauern  des  Quarzphyllits;  Chloritbildung  da- 
gegen ist  durchweg  verbreitet. 

Eine  analoge  und  genetisch  verwandte  Bildung  zu  den  schich- 
tigen Quarzzwischenmassen  der  phyllitisch  - cambrischen  Schiefer 
dürften  auch  die  Quarzitsphäroide  des  untersilurischen  und  des 
Culm-,  Griffel-  und  Dachschiefers  darstellen. 


Lagerungsverhältmsse  und  Gebirgsbau. 

Entwerfen  wir  im  richtigen  Verhältnis  von  Grundlinie  und 
Höhe,  und  den  Meeresspiegel  als  Grundlinie  genommen,  ein  Quer- 
profil in  SÖ. — NW. -Richtung  durch  unsere  Schieferreihe,  etwa  von 
Augustenthal  bei  Hämmern  unweit  Sonneberg,  wo  das  Untersilur 
sich  auf  die  Phycodenschiefer  auflegt,  nach  Unterneubrunn  im 
Schleusethal,  so  erhalten  wir  eine  Figur,  deren  horizontale  Dimen- 
sion, schon  vor  Unterneubrunn,  etwa  bei  Schnett,  mindestens 
20  mal  so  gross  ist  als  die  mittlere  Höhe.  Ganz  ähnlich  würde 
sich  ein  weiter  nach  NO.  entworfenes  Profil,  etwa  aus  der  Gegend 
von  Ernstthal  über  Neuhaus  am  Rennsteig  nach  Katzhütte  und 
Breitenbach  verhalten. 

x)  Es  ist  wohl  denkbar,  dass  diese,  die  Vertiefungen  der  Quarzschwarten 
zunächst  erfüllende,  weiche,  bröckelige  Masse  von  dem  ursprünglichen  Zustande 
noch  jetzt  mehr  bewahrt  hat,  als  die  umgebende  Schiefermasse,  auf  welche  der 
Vorgang  der  Transversalschieferung  eingewirkt  hat,  und  die  eben  deshalb  in 
ihren  physikalischen  Eigenschaften  verändert  worden  ist. 


16 


242 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Lassen  wir  in  diesem  Profil  den  nordwestlichsten  Tlieil  ausser 
Acht,  welcher  nach  unserer  früher  dargelegten  Auffassung  eine 
Schichtenwiederholung  jenseits  der  als  Sattel  erscheinenden  Phyllit- 
zone  enthält,  und  nehmen  wir  letztere  zum  Ausgang,  so  gelangen 
wir,  von  NW.  nach  SO.  schreitend,  im  Allgemeinen  stets  aus  älte- 
ren in  jüngere  Schichtenfolgen:  eine  Wiederholung  grösserer 
Schichtencomplexe  liegt,  nach  allen  bisher  durch  die  Specialauf- 
nahme gewonnenen  Resultaten,  nicht  vor. 

Mehrfacher  Wechsel  im  Einfallen  der  Schichten,  sowohl  nach 
Weltffeffend  als  nach  Neis’uns:swinkel,  lässt  nun  aber  auf  das  Vor- 

Ö O ö O 

handensein  wiederholter  Faltungen  schliessen  — wie  solche  in 
den  alten,  über  weite  Strecken  mit  vorherrschend  steiler  Schichten- 
stellung ausgebreiteten  Formationen  allenthalben  so  gewöhnlich 
sind;  solche  müssen  auch  in  den  alten  Schiefer  Systemen  Thürin- 
o-ens  und  der  geologisch  gdeichgearteten  Nachbargebiete  existiren, 

ö O Ö O o o 7 

und  sind  besonders  da  überzeugend  nachzuweisen,  wo  die  Falten- 
umbiegungen sichtbar  werden1). 

Wenn  nun  in  unserem  Profil  einerseits  von  NW.  nach  SO. 
stets  jüngere  Schichtencomplexe  sich  folgen,  andererseits  Faltungen 
vorliegen,  so  erhellt,  dass  diese  Faltungen  einen  Grössenmaassstab 
nicht  überschreiten,  bei  welchem  sie  noch  innerhalb  der  einzelnen 
Schichtencomplexe  verlaufen,  oder  auch  nur  eines  Theiles  derselben; 
während  weiter  ausholende  Falten,  welche  grössere  Schichtenfolgen 
in  derselben  Horizontalen  sich  wiederholen  lassen,  in  unserer  idea- 
len Profilfigur  nicht  zur  Anschauung  kommen,  und  noch  weniger 

x)  Im  Bereiche  der  genannten  Profilschnitte  sind  freilich  Faltenumbiegungen 
selten  zu  sehen,  da  es  an  günstigen  Aufschlüssen  fehlt,  wie  sie  im  Waldgebirge 
sich  meist  nur  in  tief  und  steil  einschneidenden  Thälern  oder  bei  grösseren  künst- 
lichen Entblössungen  darbieten.  Auch  fehlt  es  andererseits  in  unserer  Schichten- 
reihe an  lithologisch  ausgezeichneten , nur  je  einmal  vorhandenen  Schichten, 
welche  unzweifelhaft  wiederzuerkennen  und  zur  bequemen  Orientirung  aufwärts 
und  abwärts,  zur  Erkennung  von  Schichten  Wiederholungen  dienen  könnten  (in 
der  Art  z.  B.  wie  die  Conglomeratbank,  welche  Hicks  , Quart.  Journ.  Geol.  Soc. 
1875,  p.  167  ff.,  aus  den  cambrischen  Schichten  von  St.  Davids  in  S.-Wales  an- 
giebt).  — Dass  bei  den  wiederholten  Faltungen  auch  Verwerfungen  resp.  Ueber- 
schiebungen  in  der  Richtung  des  Streichens  Vorkommen  können , und  zwar  von 
verschiedenem  Grade  der  Intensität,  ist  nur  zu  erwarten;  solche  Verwerfungen 
sind  aber  im  Schiefergebirge  noch  schwieriger  nachzuweisen,  als  Falten. 


der  cambrisch  - phyllitisclien  Schieferreilie  in  Thüringen.  243 

jene  grossartigen  Biegungen,  an  welchen  ganze  Formationen  Theil 
nehmen 1). 

Während  also  in  unserem  idealen  Profile  die  Grösse  der  Fal- 
tungen aufwärts  beschränkt  erscheint,  ist  sie  dies  abwärts  viel 
weniger.  Namentlich  nimmt  in  der  phyllitisclien  und  zum  Theil 
auch  schon  in  der  halbphyllitischen  Zone  die  Faltung  im  kleinen 
und  kleinsten  Maassstab  so  zu,  dass  uns  nur  mehr  engste  Zusam- 
menstauung und  -Stauchung  der  Schichten , kaum  mehr  grössere 
Auf-  und  Abschwankungen  entgegentreten.  Es  ist  ferner  hervor- 
zuheben,  wie  die  Faltungen  verschiedener  Grade  oder  Abstufun- 
gen neben  einander  her  gehen;  so  dass  in  einer  grossartigen  Bie- 
gung eines  ganzen  Complexes  viele  kleinere  der  einzelnen  Schichten, 
und  in  diesen  wieder  viele  kleinste  der  einzelnen  Lagen  enthalten 
sein  können. 

Dass  übrigens  auch  jene,  in  sehr  grossem  Maassstab  ange- 
legten, und  dabei  nach  verschiedenen  geotektonischen  Richtungen 
angeordneten  Sattel-  und  Muldenbiegungen  in  unserem  azoisch- 
paläozoischen  Schichtengebäude  thatsächlich  vorhanden  sind,  sobald 
wir  über  die  Grenzen  unseres  Profils  hinausgehen  und  das  Ge- 
birge in  seiner  ganzen  Ausdehnung  ins  Auge  fassen,  — dies  zeigt, 
abgesehen  von  jenem  Wiedererscheinen  cambrischer  Schichten  im 
äussersten  NW.,  schon  ein  Blick  auf  den  Verlauf  und  die  wieder- 
holten Ausstriche  der  einzelnen  Formationen,  wie  sie  auf  der  Karte 
des  Thüringischen  Schiefergebirges  von  Richter  dargestellt  sind. 
So  muss  denn  auch  der  Ausstrich  der  sibirischen  und  devonischen 
Schichten  am  SO. -Ende  unseres  Profils,  der  von  Hämmern- 
Augustenthal  nach  Steinach  etc.  zieht,  Theil  einer  solchen  grossen 
Biegung  sein  und  seine  Fortsetzung  nach  NW.  über  unser  cam- 
brisches  Gebirge  hin  gehabt  haben,  nur  dass  dieselbe  mit  so  vie- 
lem Andern  durch  Denudation  verschwunden  ist;  so  wie  anderer- 


x)  Ausgenommen  die  Wiederholung  der  cambrischen  Schichten  ganz  im  NW., 
jenseits  der  Phyllitzone. 

Wir  brauchen  den  Ausdruck  »Falte«,  »Faltung«  hier  in  etwas  allgemeinerem 
Sinne,  wo  er  auch  einfachere  Biegungen,  Wellen,  Sattel-  und  Muldenbildung  in 
sich  fasst;  eine  Falte  im  engeren  Sinne  würde  drei  parallele  Stücke,  durch  zwei 
Umbiegungen  verbunden,  verlangen. 


16 


244 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


seits  die  Fortsetzung  nach  SO.  in  der  Tiefe  unter  den  zusammen- 
gefalteten Culmschichten  zu  suchen  ist1). 

Wenn  sich,  wie  erläutert,  in  unserem  idealen  Querprofil  durch 
die  cambrisch - phyllitische  Schieferreihe  grössere  Schichtencom- 
plexe  nicht  wiederholen,  so  führt  das  nothw endig  auf  die  Vor- 
stellung einer  sehr  bedeutenden  Mächtigkeit  des  Ganzen,  wie  schon 
der  petrographisch  unterscheidbaren  Abtheilungen;  gegen  welche 
Vorstellung  keine  principiellen  Bedenken  vorliegen  werden. 

Verlängern  wir  unser  ideales  Querprofil  nach  SO.,  so  erschei- 
nen die  Schichten  des  Silur  und  Devon  in  rascher  Folge;  in 
horizontaler  Richtung  nehmen  sie  nur  eine  sehr  kurze  Strecke  ein, 
wenn  wir  sie  mit  dem  cambrischen  Profil  vergleichen;  weiter  noch 
treten  wir  in  das  Gebiet  der  C u 1 m bildung,  welche  nun  ihrerseits 
wieder  auf  eine  sehr  grosse  Länge  anhält  und  in  dieser  Beziehung 
dem  cambrischen  Schichtengebiet  gleicht,  jedoch  Sattel-  und  Mul- 
denbildung  viel  deutlicher  hervortreten  lässt2). 

Unser  Querprofil  und  seine  angedeutete  Verlängerung  nach 
SO.  greift  nicht  in  Gebiete,  wo  sich  in  der  Anordnung  der  Falten 
die  hercynische  SO. — N W.-Richtungslinie  als  vorherrschend  oder 
auch  nur  als  untergeordnet  neben  der  erzgebirgischen  geltend 
macht,  ein  Verhalten,  wie  es  etwas  weiter  nach  O.  in  der  Gegend 
von  Gräfenthal  sich  schon  deutlich  einstellt;  die  Faltungen  ver- 
schiedenen Grades,  welche  von  unserem  idealen  Querprofil  ge- 
schnitten werden,  stehen  wesentlich  unter  der  Herrschaft  der  erz- 
gebirgischen tektonischen  Richtung  SW. — NO.  Und  wenn 

dabei,  wie  früher  bemerkt,  auf  grössere  Erstreckung  überfaltete 

b Die  nordwestliche  Fortsetzung  ist  umsomehr  anzunehmen,  da  in  unseren 
Gegenden  irgend  welche  Anzeichen  für  besonders  litorale,  abweichende  Facies  in 
den  restirenden  sibirischen  etc.  Schichten  nicht  vorhanden  sind. 

Nordöstlich  von  unserem  idealen  Profilschnitt  (Siehe  die  RicHTER’sche  Karte) 
sind  in  der  Gegend  von  Schmiedefeld  sibirische  Schichten  auf  der  cambrischen 
Unterlage  erhalten , und  ebenso  als  Theile  einer  grossen  Einfaltung  bei  Wittgen- 
dorf und  NO.  von  da. 

2)  So  bemerkt  auch  Gümbel  bei  der  geognostischen  Beschreibung  des  Fichtel- 
gebirges (1.  c.  p.  97),  dass  dort  unter  den  Gebilden  der  palaeolithiscken  Periode 
jene  der  cambrischen  und  der  präcarbonischen  (Culm-)  Reihe  verhältnissmässig 
grosse  Gebietstheile  in  Beschlag  nehmen , die  Schichten  des  Silur  und  Devon 
dagegen  eingeengt  erscheinen. 


der  cambrisch-phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


245 


und  überkippte  Lage  der  Schichtenfolgen  vorkommt,  so  ist  dies 
eben  eine  Erscheinung,  welche  auch  sonst  mehrfach  im  thüringisch- 
fichtelgebirgischen  Schiefergebiet,  besonders  im  Gefolge  bedeutender 
Ueberscliiebungen,  wiederkehrt.  — Dagegen  deutet  der  SO. — NW. 
gerichtete  Verlauf  des  südwestlichen  Schiefergebirgsrandes,  welcher 
eine  bedeutende  Dislocationslinie  darstellt,  sowie  verschiedene 
Störungslinien  im  Bereich  des  Schiefergebirges  selbst  — unter 
anderen  jene  schon  einmal  erwähnte,  in  deren  Gefolge  Zechstein 
und  Buntsandstein  bei  Steinheid  unvermittelt  im  Schiefergebiet 
erscheinen  — auf  die  Wirksamkeit  der  hercynischen  tektoni- 
schen Linie. 

Was  bisher  im  Allgemeinen  über  die  Lagerungsverhältnisse 
unseres  Gebietes  gesagt  worden  ist,  muss  mit  verschiedenen  Daten 
stimmen,  die  sich  aus  der  Lagerung  einzelner  Schichtenfolgen  er- 
geben. So  z.  B.  lassen  sich  schon  die  obersten  cambrischen 
Schichten,  die  Schiefer  mit  Phyeodes  und  die  Quarzitbänke,  welche 
einen  zusammenhängenden  Zug  von  Augustenthal  bei  Hämmern 
über  Steinach  und  Lauscha  hin,  NO.wärts  bilden,  weiter  nach  NW. 
nicht  mehr  nachweisen,  und  ebensowenig  die  charakteristischen 
Schiefer  der  Thuringitzone  und  des  untersten  Silur;  so  dass  also 
die  etwaigen  Faltenbiegungen,  an  denen  ihre  NW. -Fortsetzung 
Theil  nahm,  nicht  so  tief  griffen,  um  im  jetzigen  cambrischen  Ge- 
biet weiter  NW.  sich  theilweise  erhalten  zu  haben. 

Es  ist  bemerkenswert!!,  dass  in  der  ganzen  älteren,  westlichen 
Hälfte  des  Gebirges  ein  sehr  steiles,  nach  NW.  gerichtetes  Ein- 
fallen der  Strafen  vorherrscht1).  Dieses  Einfallen  beginnt  schon 
bei  den  unteren  cambrischen  Thonschiefern  und  Quarziten  vor- 
herrschend zu  werden.  In  dem  südlichen  Theil  des  Gebiets  be- 
zeichnet etwa  eine  Linie  von  Blessberg  über  Siegmundsburg  den 
Beginn  dieses  Vorherrschens,  während  SO.  davon  südöstliches 
Einfallen  vorwiegt.  Es  könnte  dies  Veranlassung  bieten,  einer 
Sattelbildung  nachzuspüren  und  correspondirende  Tlieile  beider- 


*)  Dasselbe  setzt  sicli  auch  noch  jenseits  Breitenbach  über  die  phyllitische 
Zone  hinaus  fort;  es  ist  dieses  Einfallen  also  auf  längere  Erstreckung  ein  -wider- 
sinniges. 


246 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


seits  wiederfinden  zu  wollen,  was  aber  zu  keinem  Resultate  führt, 
so  wenig  wie  der  weiter  oben  schon  angedeutete  Versuch,  aus 
etwas  abweichendem  lithologischen  Verhalten  mancher  Quarzit- 
und  Schieferschichten,  im  NW.  von  jener  Linie,  eine  besondere 
Unterabtheilung  im  cambrischen  System  bilden  zu  wollen.  Man 
bleibt  darauf  hingewiesen,  Vorhandensein  und  Wechsel  vor- 
herrschender Einfallrichtungen  über  grössere  Strecken  hin 
auch  bei  einem  so  im  Einzelnen  gefalteten  Gebirge  als  Thatsache 
zu  nehmen.  Wie  weit  Verwerfungen , Ueberschiebungen  in  der 
Streichrichtung,  Denudation  von  Luftsätteln  hierbei  im  Spiele  sind, 
bleibt  immer  hypothetisch ; solches  wird  man  aber  bei  graphischen 
Erläuterungen  oder  Constructionen , die  man  zur  Erklärung  eines 
vorliegenden  Falles  versuchen  kann  — wir  verzichten  darauf,  solche 
hier  vorzuführen  — immer  zur  Hülfe  herbeiziehen  müssen. 

U eber  das  Auftreten  der  Transversalschieferung  in  den 
einzelnen  Schieferzonen  haben  wir  uns  im  Früheren  schon  ausge- 
sprochen  1). 

Neben  der  Schieferung  macht  sich  über  den  gesammten  Be- 
reich dieses  Gebirges  hin  die  Erscheinung  der  P ar alle lklüftung 
geltend.  In  der  Regel  tritt  eine  Klüftungsrichtung  als  entschieden 
vorherrschend  auf,  und  zwar  ist  dies  diejenige,  welche  cpier  zur 
Streichrichtung  läuft,  etwa  in  der  Richtung  NW. — SO.;  dabei 
wechselt  jedoch  diese  Richtung  oft  in  nächster  Nähe  um  mehr 
oder  weniger  Grade  bald  nach  der  einen,  bald  nach  der  andern 
Seite;  das  Einfallen  dieser  Klüftung  ist  dabei  meistens  steil,  ent- 
weder nach  NO.  oder  nach  SW.,  und  auch  hierin  zeigt  sich  so- 
wohl nach  dem  Steilheitsgrad  als  nach  der  Weltgegeud  eine  ge- 
wisse Veränderlichkeit,  oft  an  nah  zusammen  gelegenen  Stellen; 
so  dass  diese  Klüftung  immerhin  eine  viel  geringere  Constanz 
zeigt,  als  die  Transversalschieferung.  Weniger  als  die  genannte 
Hauptklüftungsrichtung  machen  sich  neben  derselben  noch  1 bis  2 
andere  derartige  Richtungen  geltend. 

1 ) Von  einer  besonderen  Darstellung  des  Streichens  und  Ballens  der  Trans- 
versalschieferung auf  dem  beigegebenen  Kärtchen  wurde  abgesehen. 


der  cambrisch  - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


247 


Einiges  bezüglich  der  Bildungsvorgänge. 

Wir  wollen  hier  nicht  tiefer  in  das  schwierige  und  dunkele 
Gebiet  der  genetischen  Vorgänge  eindringen;  nur  der  Vollständig- 
keit halber  möge  dasselbe  kurz  berührt  werden;  wobei  wir  zunächst 
Einiges  über  die  allgemeinen  Ablagerungsbedingungen  zu  sagen 

O O O Ö O Ö o 

haben,  und  sodann  unseren  Standpunkt  bezüglich  der  Bildung  der 
besonderen  Einlagerungen  kurz  darlegen  wollen. 

Sehen  wir  zunächst  von  den  letzteren,  den  granitischen,  por- 
phyroidischen  und  amphibolischen  Gesteinen  ab,  so  sind  wir  zu 
der  Annahme  berechtigt,  dass  der  gesammten  Schieferreihe,  welche 
wir  in  unserem  Gebirge  von  den  ältesten  phyllitischen  Schichten 
an  aufwärts  bis  zur  Silurgruppe  entwickelt  sehen,  eine  Sediment- 
bildung zu  Grunde  gelegen  haben  müsse,  die  ohne  irgend  welche 
wesentliche  Unterbrechung  vor  sich  gehend  Schicht  auf  Schicht 
häufte.  Wir  haben  keine  Anzeichen  von  irgend  welcher  nennens- 
werthen  Discordanz  oder  Transgression ; keine  eigentliche  Conglo- 
meratbildung  liegt  vor,  welche  eine  stärkere,  mit  Festlandbildung 
verbundene  Hebung  erkennen  liesse.  Soweit  einzelne  Schiefer- 
schichten grössere  klastische  Theile  einschliessen  oder  Breccien- 
structur  ihnen  eigen  ist,  lassen  sich  solche  Trümmer  von  denselben 
oder  wenig  älteren  Schichten  ableiten , und  eine  Zerstörung  neu- 
gebildeter Sedimente  scheint  demnach  nie  in  ausgedehntem  JVIaasse 
und  am  wenigsten  an  bedeutenden,  über  die  Oberfläche  erhobenen 
Theilen  stattgefunden  zu  haben. 

Damit  steht  denn  auch  in  Uebereinstimmung,  dass  nirgends 
für  eine  bestimmte  Zone  oder  Schichtenfolge  des  Ganzen  eine 
wesentlich  abweichende  Facies  hervortritt,  welche  sich  etwa  als 
Küstenbildung,  oder  als  unter  wesentlich  verstärkten  litoralen  Be- 
dingungen entstanden,  deuten  liesse : überall,  wo  ein  gewisses  strati- 
graphisches Niveau  als  solches  wiederzuerkennen  ist,  oder  wo  be- 
stimmte Schichten  unter  jüngeren  auftauchen,  so  z.  B.  die  Grenz- 
schichten von  Cambrisch  und  Silur,  sehen  sie  ähnlich  aus;  und 
es  gilt  dies  noch  weit  über  den  Bereich  unseres  Gebietes  hinaus, 
ostwärts;  so  dass  wir  für  die  phyll itisch-  cambrische  Schieferreihe 


248 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


in  weiter  Erstreckung  sehr  ähnliche  bis  gleiche  Ablagerungsbe- 
dingungen in  einem  gemeinschaftlichen  oder  einheitlichen  Bildungs- 
raum anzunehmen  haben  werden. 

Dabei  scheinen,  wenigstens  für  das  cambrische  System,  ver- 
schiedene Anzeichen  auf  Ablagerung  in  wenig  tiefem,  massig  be- 
wegtem Wasser  zu  deuten.  Wir  rechnen  dahin  die  an  ripple- 
marks  erinnernde  Oberflächenbeschaffenheit  der  Phycodenschiefer 
und  ähnlicher  älterer  Schiefer;  die  discordante  Parallelstructur, 
welche  an  cambrischen  Thonschiefern,  und  auch  Quarzit,  sowie 
Wetzschiefer  beobachtet  wurde;  auch  darf  wohl  die  klastische  Be- 
schaffenheit hier  angeführt  werden,  welche  in  früher  angegebener 
Weise  wenigstens  für  einzelne  Tlieile  gewisser  Schichten  anzu- 
nehmen ist. 

Soweit  Quarzitlager,  wie  bei  Steinheid  u.  s.  w. , mit  Sand- 
anhäufungen, Sandbänken  in  genetischen  Zusammenhang  gebracht 
werden  dürfen,  würden  ihnen  vielleicht  besonders  seichte  Stellen 
— keine  Küsten  — zu  Grunde  liegen,  an  denen  das  gröbere, 
sandige  Material  unter  der  separirenden  Wirkung  von  bestimmten 
Strömungsverhältnissen  zusammengeführt  wurde.  — Es  wurde  be- 
reits angeführt,  dass  bei  einigen  Quarzitlagern  das  Material  in  der 
That  sehr  deutlich  und  ziemlich  grob  klastisch  werden  kann. 

Die  sehr  bedeutende  Mächtigkeit,  die  für  die  ganze  Schiefer- 
folge nach  Abzug  aller  Faltungen  doch  noch  übrig  bleibt,  in  Ver- 
bindung mit  einer  in  wenig  tiefem  Wasser  gedachten  Sedimenti- 
rung,  erfordert  dann  natürlich  eine  fortgesetzte  allmähliche  Senkung 
des  gesammten,  zusammengehörigen  Bildungsraumes. 

Die  eigenthümliche  Zwischenbildung  der  Thuringitschichten, 
welche  wir  an  der  Grenze  von  Cambrium  und  Silur  sehen,  dürfte 
ganz  besonders  eine  Deutung  auf  Seichtwasserbedingungen  ge- 
statten, wegen  des  vielen  klastischen  und  breccienartigen  hier 
lagernden  Materiales,  und  auch  mit  Berücksichtigung  der  so  ver- 
breiteten Oolithbildung  des  Thuringits,  welcher  vielleicht  eine 
chemische  Extraction  abgelagerter  Schichten  voraufging.  Es  be- 
zeichnet dieser  Horizont  zugleich  eine  Art  Abschluss  der  vorheri- 
gen und  eine  Wendung  zu  etwas  andern  Ablagerungsbedingungen, 
weil  wir  in  den  nun  folgenden  untersilurischen  Griffelschiefern 


der  cambrisch-phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


249 


jedenfalls  ein  sichtlich  anderes  und  anders  abgelagertes  Material 
erblicken  als  in  den  graugrünen  cambrischen  Schiefern. 

Ueber  dem  gesammten,  sich  noch  fortgesetzt  senkenden  Bil- 
dungsareal  scheint  vom  Beginn  der  Ablagerung  der  Griffelschiefer- 
schichten an  tieferes  und  ruhigeres,  hie  und  da  von  Trilobiten 
belebtes  Wasser  gestanden  zu  haben,  in  welchem  sehr  homogene, 
schlammige,  etwas  mit  organischer  Substanz  vermischte  (wegen  der 
sehr  dunkelen  Färbung)  Absätze  fast  continuirlich  und  gleich- 
mässig  erfolgten;  es  sind  nämlich  im  Griffelschiefer  die  Schicht- 
flächen weniger  zahlreich  und  schwieriger  zu  finden,  und  es  be- 
steht viel  weniger  Wechsel  in  dem  sehr  gleichmässig  gemischten 
und  sehr  feinen  Materiale  dieses  Schiefers;  dabei  sind  die  zwischen- 
durch vorhandenen  heterogenen  Elemente,  Quarzit  und  Schwefel- 
kies, weit  weniger  in  Gestalt  förmlicher  Zwischenschichten  als  von 
Sphäroiden  und  Concretionen  vorhanden. 

Was  nun  die  besonderen  Einlagerungen  unserer  Schiefer- 
systeme betrifft,  und  zwar  in  erster  Linie  die  granit-  oder  gneiss- 
artigen,  sowie  die  porphyroidischen,  welch  letzteren  sich  naturge- 
mäss  jene  eigenthümlichen  Schiefer  der  untersten  cambrischen, 
resp.  halbphyllitischen  Zone  anschliessen,  so  muss  Verfasser  be- 
kennen, dass  er  von  den  beiden  bisher  zu  ihrem  Verständniss  ge- 
wählten Anschauungen  oder  Hypothesen  der  diagenetischen 
den  Vorzug  geben  zu  müssen  glaubt. 

Es  ist  Verfasser  wohlbekannt,  dass  von  competentester  Seite 
für  einen  Theil  der  hier  abgehandelten  Gebirgsgegenden  der  meta- 
morphische  Standpunkt  geltend  gemacht  worden  ist.  Ohne  nun 
die  zu  Gunsten  dieser  Auffassung  geltend  gemachten  Gründe  zu 
unterschätzen,  und  ohne  etwaiger  eigener  besserer  Erkenntniss 
späterer  Zeit  vorgreifen  zu  wollen,  möchte  Verfasser  seine  der- 
zeitige Ansicht  doch  dahin  aussprechen:  dass  ihm  auf  Grund  seiner 
bisherigen  fortgesetzten  Specialaufnahmen  und  Anschauungen 

x)  Yergl.  Lossen,  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.,  Bd.  XXVI,  1874,  p.  896  ff. 
902.  — Auch  H.  Credner  sen.  im  Neu.  Jahrbuch  f.  Min.  etc.  1849  p.  25  ff.  und 
im  »Versuch  einer  Bildungsgeschichte  der  geognost.  Verh.  des  Thüringer  Waldes«, 
1855,  p.  21,  steht  auf  dem  metamorphischen  Standpunkt. 


250 


H.  Loeetz , Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


und  mit  Berücksichtigung  der  Lagerungs-  und  Massenverhältnisse 
der  in  Betracht  kommenden  Gesteine  die  diagenetische  Auffassung 
immer  noch  als  die  einfachere,  den  natürlichen  Verhältnissen 
sich  leichter  anpassende  erscheint  als  die  andere;  jene  Auf- 
fassung, welche  auch  Gümbel  für  analoge  Gebilde  des  Fichtel- 
gebirges an  verschiedenen  Stellen  seines  bezüglichen  Werkes 
geltend  macht. 

Wir  möchten  dementsprechend  die  betreffenden  Gesteine  für 
solche  halten,  welche,  abgesehen  von  den  bekannnten  secundären 
mineralischen  Neubildungen  auf  Klüften  u.  s.  w. , wesentlich  zu 
jener  Zeit  ihre  vorliegende  petrographische  Beschaffenheit  erlangt 
haben,  welche  auch  die  Bildungszeit  für  die  sie  umgebenden 
Schichten  war;  mit  andern  Worten,  für  solche,  die  nicht  etwa  in 
einer  späteren  Epoche,  auf  irgend  welchen  äusseren  Anlass  hin, 
einen  bedeutenden  Schritt  vorwärts  in  ihrer  lithologischen  Ent- 
Wickelung  machten,  während  ihre  Umgebung  dies  nicht  that. 

Unsere  granitiscli-gneissischen  und  porphyroidischen  Gesteine 
noch  insbesondere  belangend,  scheint  es  uns  schwierig,  einen  ge- 
netischen Zusammenhang  zwischen  denselben  und  wahren  Graniten 
oder  sonstigen  krystallinischen  Massengesteinen  anzunehmen,  welche 
entweder  eruptiv  oder  durch  Druck  bei  der  Schichtenaufstauung 
und  -faltung  (passiv)  in  den  Körper  des  Schiefergebirges  hineinge- 
trieben worden  wären ; schwierig,  weil  es  eben  an  solchen  Massen- 
graniten und  Porphyren  u.  s.  w.  fehlt;  denn  das  Allerwenigste, 
nur  immer  einzelne  Kerne  von  jenen  granitartigen  u.  s.  w.  Ein- 
lagerungen, verhält  sich,  wie  wir  gesehen  haben,  als  wirklicher 
Granit  oder  Porphyr,  und  somit  steht  die  hierhergehörige  Gesammt- 
masse  nur  in  einem  geringen  Verhältniss  zu  dem  Umfang  der 
Misch-  und  Uebergangsgesteine  zum  umgebenden  Schiefer1);  ein 

*)  Der  längste  Zug  granitisck-gneissischer  Gesteine,  der  von  Meuselbach- 
Glasbach  ist  allerdings  noch  nicht  zur  Specialaufnahme  gelangt;  wir  glauben  in- 
dess  nicht,  nach  dem  was  wir  bis  jetzt  von  diesen  Gesteinen  gesehen  haben,  dass 
sich  hier  wesentlich  andere  Verhältnisse  ergeben  werden. 

Was  die  Porphyroide  betrifft,  so  hat  sich  bei  deren  Aufnahme  nirgends  un- 
zweifelhafter Porphyr  resp.  Quarzporphyr  als  Theil  oder  in  Verbindung  mit  dem 
betreffenden  Vorkommen  gezeigt.  Bei  Langenbach  steht  im  Bereich  des  Porphy- 
roidvorkonunens,  an  Masse  unbedeutend,  an  der  Strasse  etwas  Porphyrit  an; 


der  cambrisch-phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


251 


Missverhältniss , wenn  wir  letztere  ans  ersteren  ableiten  wollen, 
ob  nun  einfache  Wärmewirkung  durch  Contact,  oder  solche  unter- 
stützt durch  wässerige  Lösungen,  oder  Wärmeentwickelung  durch 
Druck  bez.  mechanische  Arbeit  zu  Hülfe  genommen  werden. 
Andere  wahre  Granit-  u.  s.  w.  Massen  aber  ausser  den  sichtbaren 
und  zugänglichen  supponiren  zu  wollen,  solche  etwa,  die  in  nicht 
grosser  Tiefe  lagerten,  dürfte  für  dieses  Gebirge  doch  zu  proble- 
matisch sein. 

Noch  weniger  dürfte  in  unserem  Falle  daran  zu  denken  sein, 
chemische  Metamorphose  im  Gefolge  der  bei  der  Schichtenauf- 
stauung und  -Zusammenfaltung  entwickelten  mechanischen  Wir- 
kung anzunehmen ; ehe  dieses  unsichere  Gebiet  betreten  würde, 
für  welche  unseres  Wissens  doch  erst  vereinzelte  Thatsachen  vor- 
liegen, wäre  zu  constatiren,  dass  sich  in  den  betreffenden  Gebirgs- 
strichen  besonders  starke  mechanische  Einwirkungen  auf  die 
Schichten  zu  erkennen  geben;  letzteres  ist  nun,  nach  unseren 
Beobachtungen  zu  urtheilen,  keineswegs  der  Fall,  es  machen  sich 
keine,  das  gewöhnliche  und  durchgängig  zur  Geltung  kommende 
Maass  überschreitende  Wirkungen  auf  die  Schichten  bemerklich. 

Was  die  Einlagerungen  der  amphibolischen  Gesteine  betrifft, 
so  wird  für  solche  eine  spätere,  metamorphische  Entstehung  aus 
dem  Sediment,  welches  auch  die  umgebenden  Schiefer  constituirt, 
überhaupt  wohl  nicht  versucht  werden,  wegen  des  zu  sehr  ver- 
schiedenen beiderseitigen  chemischen  Bestandes.  Diese  Einlagerun- 
gen, wie  auch  die  Kiesel-  und  Alaunschiefer  erinnern  sehr  an  die 
entsprechenden  Einlagerungen  der  Phyllitformation  in  Sachsen. 

Dass  übrigens  die  metamorphische  Auffassung  gewisser  por- 
phyroidischer  u.  s.  w.  Vorkommnisse  in  anderen  Gebirgen  durch 
Obiges  in  keiner  Weise  berührt  werden  soll,  braucht  kaum  er- 
wähnt zu  werden. 

Wir  kommen  also  darauf  zurück,  für  unser  Gebiet  jene  ver- 
schiedenartigen Einlagerungen  als  ursprünglich  gebildete  aufzufassen, 
und  ebenso  auch  die  eigentümlichen , mit  gewissen  schieferigen 


solcher  kommt  indess  in  der  Umgegend  vielfach,  die  Schieferschichten  gangförmig 
durchsetzend,  in  kleinen  Massen  vor,  ohne  dass  zumeist  irgend  welche  Einwirkung 
auf  das  Nebengestein  zu  sehen  wäre. 


252 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Porphyroiden  verwandten  Schiefer  unserer  mittleren,  halbphyllitischen 
Zone.  Für  letztere  insbesondere  scheint  uns  die  Wechsellagerung; 
mit  gewöhnlichem  Thonschiefer  und  die  Wiederholung  der  Zone 
zu  beiden  Seiten  der  phyllitischen  nur  zu  Gunsten  jener  Auffassung 
zu  sprechen.  — Wie  weit,  ursprüngliche  Bildung  zugegeben,  ein 
rein  diagenetischer  Vorgang;  — also  successive  Umbildung  in  situ 
aus  dem  allgemeinen  Sediment  ohne  Zutritt  fremden  Stoffes  ■ — 
ausreiche,  die  verschiedenen  gneissartigen  oder  porphyroidischen 
Modificationen  zu  verstehen,  wie  weit  nicht,  das  bleibt  dann  immer 
noch  eine  besondere  Frage. 


Aeussere  Erscheinung  des  alten  Schiefergebirges. 

Wir  berühren  zum  Schluss  in  Kürze  die  äussere  Physiogno- 
mie des  alten  phyllitisch-cambrischen  Schiefergebirges. 

Zunächst  die  Vegetationsdecke  betreffend,  ist  unser  Gebirge 
vorwiegend  Waldlandschaft;  Forsten  ziehen  sich  zumal  an  den 
steilen  Gehängen  wie  auch  über  die  Hochflächen  hin,  und  zwar 
waltet  in  den  Beständen  das  Nadelholz  in  seinen  beiden  Haupt- 
Repräsentanten,  gemeine  und  Edeltanne,  entschieden  vor.  Laub- 
holz, besonders  durch  die  Buche  vertreten,  umsäumt  öfters  die 
tieferen,  günstiger  situirten  Ränder  der  Forsten,  und  gelangt  auch 
in  einzelnen  Thälern  (z.  B.  Schleusethal)  zu  grösserer  Ausbreitung. 
Die  näheren  Umg  ebungen  der  Ortschaften  sind  der  Feldcultur 
unterworfen,  während  das  Wiesenland  vorzugsweise  die  Sohlen 
der  grösseren  Thäler  und  der  von  ihnen  sich  abzweigenden  Seiten- 
thäler  einnimmt  und  sich  bis  in  die  obersten  flachen  Thalanfänge 
oder  Depressionen  hinaufzieht. 

Der  Denudation  gegenüber  verhält  sich  dieses  Gebirge  nach 
dem  Material,  aber  auch  nach  der  überall  vorherrschend  steilen 
Stellung  der  Straten  als  ziemlich  gleichartiges  Ganze.  Der  Unter- 
schied in  der  Widerstandsfähigkeit  der  verschiedenen,  die  Haupt- 
masse dieses  Gebirges  bildenden  Schiefergesteine  gegen  die  chemi- 
schen und  mechanischen  Eintlüsse  der  Verwitterung  und  Erosion 


der  cambrisch  - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


253 


ist  nicht  so  gross,  dass  er  sich  in  dem  Relief  von  Berg  und  Thal 
sehr  deutlich  ausspräche.  So  fehlt  es  denn  an  jenen  auffallenden 
Längsthälern,  welche  durch  besonders  leicht  zu  zerstörende  Schich- 
tencomplexe  zu  Stande  kommen  könnten,  wie  solche  Thäler  weiter- 
hin durch  die  Obersilur-  und  Mitteldevonschichten  bewirkt  werden. 
Selbst  die  an  sich  so  wenig  verwitterbaren  Quarzitlager  machen 
sich  im  Terrain  durch  besonderes  Auf-  und  Hervorragen  in  der 
Regel  nicht  geltend;  ihre  vielseitige  Zerklüftung  trägt  dazu  bei, 
dass  die  Abtragung  bei  ihnen  mit  der  des  umgebenden,  an  sich 
viel  leichter  verwitternden  Thonschiefers  gleichen  Schritt  halten 
kann  Q. 

Das  Relief  des  Gebirgslandes  wird  in  seinen  höheren  Theilen 
durch  schwach  gewölbte  Gipfelformen,  lang  hinziehende  Rücken 
und  sanft  wellenförmig  gestaltetete  Hochflächen  gebildet;  die  Höhen- 
linien zeichnen  sich  o'eo-en  den  Horizont  als  sanft  o-eschwunafene, 
schwach  auf-  und  absteigende  Linien  ab,  wie  dies  in  den  alten 
Schiefergebirgen  so  häufig  wiederkehrt.  Benachbarte  Rücken 
difleriren  meist  wenig  an  absoluter  Höhe2);  horizontal  darüber 
hingesehen,  scheinen  sie  öfters  sich  plateauartig  auszubreiten,  in 
Wirklichkeit  erlangen  diese  Rücken  und  Hochflächen  nirgends 
mehr  eine  starke  Ausbreitung  ins  Geviert,  da  die  Erosion  ringsum 

Q Der  höchste  Punkt  des  Sehiefergebirges,  das  »Kieferle«  bei  Steinheid,  liegt 
zwar  im  Quarzit;  die  Höhendifferenz  gegen  die  in  Thonschiefer  gelegenen  Gipfel 
des  Wurzelberg  und  Blessberg  beträgt  aber  nur  einige  Fuss.  — Beim  Wurzel- 
berg liegt  der  höchste  Punkt  ( » Farmdenkopf «)  in  mildem,  blaugrauem  Thon- 
schiefer; derselbe  Schiefer  bildet  den  oberen,  langen  Rücken  des  Wurzelberges, 
von  der  »Moosbergsebene«  bis  zum  »Jagdschirm«,  während  die  benachbarten 
Quarzitlager  nicht  bis  zu  der  Rückenhöhe  heraufragen,  sondern  längs  dem  NW.- 
Hang  hinziehen. 

Auch  der  Cultur  gegenüber,  wenigstens  der  Forstcultur,  ist,  im  Allge- 
meinen gesprochen,  der  Unterschied  in  dein  durch  die  verschiedenen  eambrischen 
und  phyllitischen  Schiefer  gelieferten  Boden  nicht  so  bedeutend,  dass  er  nicht 
durch  die  Unterschiede  in  der  Exposition  und  den  sonstigen  physikalischen  Be- 
dingungen, zumal  bei  den  grossen  hier  vorkommenden  Höhendifferenzen,  mehr  als 
aufgewogen  würde.  Nur  den  reinen  Quarzit  kann  man  ausnehmen,  der  sich 
allerdings  durch  seine  Sterilität  recht  bemerklich  macht. 

2)  Immerhin  ragen  einzelne  Gipfel  und  Rücken  über  ihre  Umgebung  merk- 
lich heraus,  so  der  Blessberg  (nahe  dem  Südwestrande  des  Gebirgs),  der  Wurzel- 
berg, die  Cursdorfer  Koppe  und  die  Hettstädt. 


254 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


schon  ziemlich  stark  eingegriffen  hat;  und  der  Grad  des  Fort- 
schritts, den  dieselbe  erlangt  hat,  ist  das  bestimmende  Moment 
für  die  Modellirung  im  Einzelnen  und  die  Höhenabstufung  von 
den  Gipfeln  zu  den  Thalsohlen  hinab. 

Die  bedeutenderen  Thäler  schneiden  tief  in  den  Körper  des 
Gebirgslandes  ein;  der  stärkste  Höhenunterschied  zwischen  Thal- 
boden und  Gipfel  der  benachbarten  Höhen  erreicht  etwa  1000 
Decimalfuss  (1200  gewöhnliche  Fuss),  so  von  der  Höhe  des  Wurzel- 
bergs zur  Schwarza  bei  Goldisthal.  Die  Gehänge  können  einen 
beträchtlichen  Grad  von  Steilheit  erreichen,  und  neigen  hie  und 
da,  wenn  auch  im  Ganzen  nicht  viel  zu  Felsbildung.  — Für  das 
Gebiet  der  Schwarza  und  ihrer  Zuflüsse  stellt  sich  leicht  die  Be- 
ziehung heraus,  dass  nordwärts  mit  tieferer  Lage  der  Thalsohle, 
der  Basis  für  die  Erosion,  auch  die  absoluten  Höhen  durchschnitt- 
lich abnehmen,  welche  die  benachbarten  Berggruppen  erreichen. 

Wie  weit  die  Thäler  unseres  Gebietes,  welche  ihre  jetzige 
Ausbildung  fast  nur  der  Erosion  verdanken,  in  ihrer  ersten  An- 
lage durch  geotektonische  Richtungen,  namentlich  parallel  zur 
allgemeinen  Streichrichtung  und  quer  dazu , vorgezeichnet  worden 
sein  mögen,  ist,  wie  in  den  meisten  Fällen  derart,  nicht  mehr  zu 
sagen,  höchstens  zu  vermuthen.  Allerdings  ist  der  Verlauf  von 
manchen  derselben,  oder  gewöhnlicher  von  Theilen  solcher,  in  der 
Richtung  des  Streichens  der  Schichtung  und  der  Faltungen,  und 
anderer  in  der  Querrichtung  — etwa  in  der  Hauptklüftungs- 
richtung — nicht  zu  übersehen.  Beispiele  hierfür  finden  sich 
leicht  bei  Betrachtung  einer  Karte.  Was  speciell  das  bedeutendste 
Thal  des  Gebiets,  das  Schwarzathal  betrifft,  so  liegt  die  mittlere 
Richtung  des  grössten  Theiles  seines  Laufes  bis  zum  Austritt  aus 
dem  Gebirge,  abgesehen  von  den  Krümmungen,  beiläufig  der  all- 
gemeinen Streichrichtung  parallel,  und  es  ist  denkbar,  dass  in  weit 
zurück  liegenden  Denudationsepochen  der  Charakter  als  Längs- 
thal bei  diesem  Theile  reiner  hervorgetreten,  und  seine  allererste 
Anlage  durch  den  Verlauf  von  Sattel-  und  Muldenbiegungen  längst 
verschwundener  Schichten  gegeben  war.  Dagegen  fällt  die  oberste 
Strecke  des  Schwarzathals,  von  Scheibe  nach  Langenbach,  unge- 
fähr in  die  Richtung  jener  Verwerfungen,  mit  welchen  das  Er- 


der  cambrisch-phyllitisclien  Schieferreihe  in  Thüringen. 


255 


scheinen  der  Zechstein-  Und  Buntsandsteinschollen  zwischen  den 
alten  Schieferschichten  bei  Scheibe  zusammenhängt. 

Auffällig  ist  eine  Art  von  Terrassenbildung,  wie  sie  sich  an 
beiden  Seiten  des  Schwarzathals,  aber  auch  seitwärts,  in  Neben- 
thälern  desselben  wiederholt  einstellt.  Solche  sehr  merkliche  Ver- 
flachungen der  Gehänge,  mit  steilerer  Steigung  aufwärts  wie  ab- 
wärts, findet  man  hie  und  da  mehrfach  übereinander,  wenn  man 
quer  zur  Thalrichtung  die  Berghöhen  ersteigt.  Obgleich  nirgends 
mehr  alter  Schotter  auf  diesen  Verflachungen  erhalten  ist,  und  die- 
selben in  der  Thalrichtung  meist  nicht  lang  aushalten,  überhaupt 
wohl  stark  durch  Abwitterung  und  seitliche  Erosion  mitgenommen 
sein  mögen,  kann  man  sie  doch  kaum  anders,  denn  als  Beste  ehe- 
maliger Thalstufen  auffassen;  um  so  mehr  als  durch  Abwitterung 
allein,  bei  der  so  wenig  verschiedenen  Beschaffenheit  und  Stellung 
der  Schichten,  derartige  Absätze  nicht  zu  verstehen  wären.  Solche 
Verflachungen  machen  sich  z.  B.  am  Wurzelberg  an  der  Schwarza- 
thalseite, aber  auch  au  der  Ostseite  wiederholt  bemerklich,  und 
ähnliches  wiederholt  sich  noch  am  Lindig,  sowie  andererseits  an 
der  Westseite  des  Schwarzathals,  bis  ins  Oelzethal,  und  sodann 
weiter  abwärts  im  Schwarzathal.  — Es  scheint  sogar  nicht  un- 
möglich, dass  in  der  jetzigen  Configuration  des  Gebirgslandes  über 
den  engern  Bereich  der  jetzigen  Thaleinschnitte  hinaus,  in  dem 
Verhältniss  der  oberen  flach  oder  plateauartig  sich  ausbreitenden 
Höhenstrecken  zu  den  wenigen  über  diese  hinaus  anschwellenden 
Erhebungen  noch  einzelne  Züge  aus  weit  zurückliegenden  Denuda- 
tionsperioden stehen  geblieben  sind ; wenigstens  kann  dieser  Ein- 
druck durch  die  Betrachtung  des  Gebirges  von  gewissen,  hoch 
gelegenen  Punkten  hervorgerufen  werden. 

O O O 


256 


H.  Loretz,  Beitrag  zur  geologischen  Kenntniss 


Inhalt. 


Einleitendes.  Einführung  des  cambrischen , silurischen  etc.  Systems  in 
das  thüringische  Schiefergebirge.  — Sibirische  Horizonte.  — Cambri- 
sches  und  phyllitisches  System  des  Schiefergebirges ; Abgrenzung.  — 
Vergleichung  des  cambrischen  Systems  mit  den  entsprechenden  Systemen 

anderer  Länder 

Uebersicht  der  Schieferreihe  nebst  Einlagerungen  und  ihrer  Lage- 
rung. Phyllitisches  und  cambrisches  System.  — Das  Gebiet.  Unter- 
scheidung dreier  Zonen : phyllitische  Schiefer , halbphyllitisehe  Schiefer 
und  Thonschiefer  mit  Quarziten.  • — Einlagerungen : Kieselschiefer, 

gneissartige,  amphibolische,  porphyroidische.  — Phyllit  und  Cambrium. 

— »Untercamb risch«.  — Lagerung  der  Zonen 

Schiefer  der  phyllitischen  Zone.  Phyllit,  Quarzphyllit , Phyllitcjuarzit- 
schiefer.  — Quarzknauer  des  Quarzphyllits.  — Aufschlüsse.  — Calcit- 
führender Phyllit.  — Kupfererzvorkommen  bei  Böhlen.  — Engfaltung 
und  Fältelung  der  phyllitischen  Schiefer.  — Andeutungen  von  Trans- 
versalschieferung   

Schiefer  der  älteren  cambrischen  (halbphyllitischen)  Zone.  Petro- 
graphisches;  Verwandtschaft  mit  gewissen  porphyroidischen  Schiefern; 
halbphyllitischer,  resp.  halbkrystallinischer  Charakter.  — Abgrenzung 
von  den  phyllitischen  Schiefern,  äussere  Aehnlichkeiten  mit  solchen.  — 
Quarzeinschlüsse.  — Verwitterung.  — Auftreten  gleicher  Schiefer  im 

Bereich  der  älteren  und  jüngeren  Zone 

Cambrischer  Thonschiefer.  Keine  Unterabtheilungen.  — Verschiedene 
Färbungen  und  Verbreitung  derselben.  —HärtereStreifen  und  Knoten; 
gerippte  Schichtflächen  und  discordante  Parallelstructur.  — Phycoden 
und  Phycodenschiefer.  — Transversalschieferung  und  Klüftung.  — 

Zerfallen;  Verwitterung.  — Wetzschiefer 

Cambrischer  Quarzit.  Auftreten  zwischen  dem  Thonschiefer.  — Petro- 
graphisches.  — Schichtung  des  Quarzits.  — Zerklüftung  und  Trümmer- 
halden. — Oberster  cambrischer  Quarzit.  — Vielfacher  Wechsel  von 
Thonschiefer  und  Quarzit  in  gewissen  Gebirgsstrichen.  — Quarzit  mit 
Sericitflasern.  — Conglomeratischer  und  breccienartiger  Quarzit.  — 
Quarzausscheidungen  und  Goldführung.  — » Quarzitische  Schiefer« 

Das  Vorkommen  von  Versteinerungen  im  Quarzit  von  Siegmunds- 
burg. Vorkommen,  Localität  und  Gestein.  — Deutung  und  palaeon- 

tologischer  Werth  der  Versteinerungen 

Oberste  cambrische  Zone  und  Grenze  zum  Silur;  Thuringithorizont. 
Oberste,  eisenreiehe  Schiefer.  Oolithischer  etc.  Eisenstein;  Thuringit.  — 
Orthis  in  diesem  Horizont 


Seite 

175 

180 

184 

190 

196 

203 

208 


211 


der  cambrisch - phyllitischen  Schieferreihe  in  Thüringen. 


257 


Seite 

Einlagerungen  von  Kieselschiefer  und  Alaunschiefer.  Kieselschiefer 


und  Alaunschiefer  der  phyllitischen  Zone.  Kieseischieferfelsen.  — Ent- 
sprechende Schiefer  der  jüngeren  Zonen 214 


Einlagerungen  von  Amphibolgesteinen.  Massig  krystallinischo  und 
schieferige,  Verbindung  und  Lagerung  derselben  zu  einander  und  dem 
umgebenden  Schiefer.  — Localitäten.  — Beschreibung  einer  derartigen 

Einlagerung  im  Oelzethal 218 

Einlagerungen  gneiss-  und  granitartiger  Gesteine.  Allgemeine  Be- 
schaffenheit. — Das  Vorkommen  bei  Hinterod;  TJebergänge  zu  anderen 
Schiefergesteinen.  — Das  Vorkommen  am  Milchberg  bei  Bohlen; 
Uebergänge  zu  Schiefergesteinen,  Unterschiede  von  Porphyroiden.  — 

Vorkommnisse  bei  Katzhütte 221 

Einlagerungen  porphyroidischer  Gesteine.  Allgemeines.  — Vorkommen 
bei  Langenbach.  — Desgleichen  am  Jagdschirm.  — Desgleichen  am 
Reichenbach.  — Desgleichen  am  Bärentiegel  und  weiter  aufwärts  im 
Katzethal.  — Verwandtschaft  mancher  Porphyroide  und  Quarzite.  — 
Porphyroide  der  älteren  Sehieferzonen.  — Vorkommen  im  Hirschgrund 
bei  Böhlen.  — Eigenthümliche  Schieferporphyroide  von  halbklastischem 
Habitus  und  Verwandtschaft  derselben  mit  gewissen  Schiefern  der  halb- 
phyllitischen  Zone.  — Porphyroidische  Gesteine  der  obersten  cambri- 


schen  Zone 226 

Die  schichtigen  Quarzzwischenmassen  der  Schiefer.  Grosse  Menge 
derselben.  — Vorkommen  derartiger  Quarzzwischenlagen  bei  Unter- 
weissbach in  cambrischem  Dachschiefer 239 


Lagerungsverhältnisse  und  Gebirgsbau.  Ideales  Querprofil  durch  die 
cambrisch  -phyllitische  Schieferreihe.  — Faltungen  innerhalb  desselben 
und  relative  Grösse  der  Falten.  — Grössere  Sattel-  und  Mulden  - 
biegungen,  an  denen  ganze  Systeme  theilnehmen.  — Erzgebirgisclie  und 
hercynisehe  Richtung.  — Anhaltend  nordwestliches  Einfallen  im  west- 
lichen Theil  des  Gebiets.  — Schieferung  und  Parallelklüftung  . . . 241 

Einiges  bezüglich  der  Bildungsvorgänge.  Continuirlich  und  in  weitem 
Bildungsraum  unter  ähnlichen  Bedingungen  erfolgte  Sedimentbildung. 
Muthmaassliche  Ablagerungsbedingungen  der  untersten  sibirischen 
Schichten.  — Diagenetische  oder  metamorphische  Auffassung  der 
granitartigen  und  porphyroidischen  Einlagerungen.  Gründe  für  erstere  247 
Aeussere  Erscheinung  des  alten  Schiefergebirges.  Vegetationsdecke.  — 
Gleichförmiges  Verhalten  gegenüber  den  denudirenden  Agentien;  Relief 
des  Gebirgs.  — Thäler;  Ausbildung  derselben  durch  Erosion,  in  erster 
Linie  vielleicht  nach  geotektonischen  Linien.  — Terrassenartige  Ver- 
flachungen an  den  Gehängen  des  Schwarzathals  und  benachbarter  Thäler  252 


Bemerkung.  Auf  dem  Kärtchen  mussten  bei  der  Kleinheit  des  Maassstabs  einige 
porphyroidische  etc.  Einlagerungen  weg-gelassen  werden;  vor  dem  nördl.  Rand  werden 
weitere  Specialaufnahmen  wohl  noch  einige  neue  ergeben.  Manches  konnte  nur  manierirt 
dargestellt  werden,  z.  B.  die  Kieselschiefereinlagerungen,  z.  Th.  auch  die  quarzitischen, 
und  die  geognostischen  Grenzen. 


17 


Ueher  Transversalschieferung' 

und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen 
Schiefergebirge. 

Von  Herrn  H.  Loretz  in  Frankfurt  a.  M. 

(Hierzu  Tafel  VII.) 


Yo  r b e m e r k n n g e n. 

Das  Auftreten  der  Transversalschieferung  im  thüringischen 
Sehiefergebirge  ist  schon  seit  längerer  Zeit  bekannt,  und  von  den 
Geologen,  welche  über  dieses  Gebiet  geschrieben  haben,  wiederholt 
erwähnt  und  im  Allgemeinen  besprochen.  Im  Folgenden  soll  nun, 
was  bisher  noch  nicht  geschehen  ist,  eine  speciellere  Darlegung 
der  Verhältnisse  der  Schieferung  und  verwandter  Erscheinungen 
mechanischer  Natur  in  diesem  Gebirge  gegeben  werden,  soweit 
dasselbe,  vom  Verfasser  bei  Gelegenheit  seiner  Aufnahmen  für  die 
geologische  Specialkarte  von  Preussen  und  den  thüringischen 
Staaten  untersucht  ist.  Unsere  vorliegenden  Mittheilungen  be- 
ziehen sich  dementsprechend  auf  den  südwestlichen  Theil  des 
Schiefergebirges  und  zwar  in  etwas  grösserer  Ausdehnung  als  bei 
unserem,  ebenfalls  in  diesem  Bande  enthaltenen  Artikel  über  die 
cambrisch-phyllitische  Schieferreihe1);  das  Kärtchen,  welches  diesem 
Artikel  beigegeben  ist,  kann  zugleich  auch  für  vorliegende  Mit- 

')  Die  liier  in  Betracht  kommenden  erst  später  zu  publicirenden  Blätter  der 
geolog.  Specialkarte,  im  Maassstab  1 : 25000  sind:  Neustadt  a.  d.  Haide,  Sonne- 
berg,  Eisfeld,  Steinheid,  Spechtsbrunn,  Masserberg,  Breitenbach  und  Gräfenthal 
zum  Theil. 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung  und  verwandte  etc. 


259 


theilungen  dienen,  im  Uebrigen  wird  am  besten  die  RiCHTER’sche 
Karte  des  Thüringischen  Schiefergebirges1)  verglichen. 

Die  Transversalschieferung  wird  bekanntlich  angesehen  als 
eine  bestimmte  und  eigenthümliche  Wirkung;  des  g;ebirg;sbildenden 
Seitendrucks  in  der  Erdrinde,  oder  zunächst  vielleicht  eine  Wir- 
kung von  Druckkräften,  welche  von  jenem  allgemeinen  Seitendruck 
abzuleiten  sind;  und  zwar  ist  sie  eine  sehr  energische  und  weit- 
gehende Druckwirkung,  da  sie  sich,  wenigstens  wenn  vollkommen 
ausgebildet,  auf  die  kleinsten  Theile  des  Gesteins  erstreckt  und 
physikalische  Aenderungen  bewirkt  hat2).  Die  Schieferung  ist  mit 
einer,  wenn  auch  nur  minimalen  Compression  oder  doch  Spannung 
in  der  Druckrichtung,  sowie  ausweichenden  Verschiebungen  in  dazu 
normalen  Richtungen  verbunden  gewesen,  welche  bald  mehr,  bald 
weniger  deutliche  Spuren  in  dem  Gesteinskörper  hinterlassen  haben 
und  je  nach  der  Stärke  und  Vertheilung  des  Druckes  und  der 
physikalischen  Beschaffenheit  des  Materials  schon  zwischen  benach- 
barten dünnsten  Lagen  stattfanden,  oder  erst  in  grösseren  Inter- 
vallen. 

Der  Vorgang  des  seitlichen  Ausweichens  und  Verschiebens 
hat  unter  gewissen  Umständen  einen  besonderen  Verlauf  genommen, 
als  deren  Resultat  jetzt  eine  Art  von  Linearstreckung  des  Ge- 
steins, ein  fast  faseriges,  griffeliges  Gefüge  vorliegt,  eine  physika- 
lische Aenderung,  die  mit  jener  bei  der  gewöhnlichen  Schieferung 
verwandt  ist;  diese  lineare  Streckung  ist  nicht  so  verbreitet  wie 
die  plane  Schieferung,  sie  tritt  mehr  lokal,  und  dabei  wohl  mit 
jener  zusammen  auf,  und  scheint  darin  begründet,  dass  das  seit- 
liche Ausweichen  und  Verschieben  von  Theilchen  zu  Theilchen 
stattfand  und  dabei  in  ein  und  derselben  Richtung. 

Diese  beiden  auf  mechanischem  W ege  in  das  Gestein  einge- 
führten  Structuren,  die  Schieferung;  und  die  Streckung;  sind 

7 0 O 

es  nun,  deren  Vorkommen  im  thüringischen  Schiefergebirge  den 


x)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXI,  1869. 

2)  Dass  wirklich  physikalische  Aenderungen  eingetreten  sind,  ersieht  man 
sofort  aus  den  J anx ettaz1  sehen  Versuchen  über  die  Wärmeleitung  in  geschiefertem 
und  nicht  geschiefertem  Gestein,  und  den  entsprechenden  Figuren  auf  Schnitt- 
flächen. 


17 


260 


H.  Louktz,  über  Transversalschieferung 


Hauptgegenstand  der  folgenden  Darstellung  bilden  soll.  Anhangs- 
weise fügen  wir  noch  einige  Angaben  über  das  Vorkommen  der 
Parallelklüftung  und  gewisser,  durch  Bewegungen  auf 
Schichtflächen  zu  Stande  gekommener  Mineralbildungen  ein- 

o O 

fachster  Natur  bei. 

Ausser  Schieferung  und  Streckung  sehen  wir  nun  aber  noch 
eine  lange  Reihe  von  Aenderungen,  welche  an  der  Gesammtge- 
steinsmasse  eines  Gebirges,  z.  B.  unseres  Schiefergebirges  in  Folge 
der  nachhaltigen  Einwirkung  grossartiger  seitlicher  Druckwirkun- 
gen zu  Stande  gekommen  sind,  und  es  ist  keineswegs  leicht,  die 
richtige  Stellung  und  Folge  aller  Glieder  dieser  Umgestaltungs- 
reihe  zu  erkennen;  nur  im  Einzelnen  liegen  Andeutungen  und 
Beweise  vor,  welche  erkennen  lassen,  dass  eine  gewisse  Aende- 
rung  oder  Umgestaltung  vor  oder  nach  einer  gewissen  zweiten 
entstanden  sein  muss.  Die  transversale  Schieferung  z.  B.  betreffend, 
die  uns  hier  besonders  interessirt,  sehen  wir,  dass  sie  erst  nach 
der  Aufstauung  und  Zusammenfaltung  der  Schieferschichten  ein- 
getreten sein  kann,  weil  sie  durch  alle  Falten  der  Schichtenlage 
durchschneidet  und  sich  ihnen  gegenüber  sehr  constant  zeigt,  und 
weil  die  Oberflächen  und  öfters  auch  das  Innere  der  aufgerichte- 
ten und  gefalteten  Lagen  sehr  oft  deutliche  Merkmale  des  Schiefe- 
rungsprozesses  an  sich  tragen.  Ebenso  sehen  wir  mitunter,  dass 
gewisse  das  Gestein  durchziehende  Ablösungsflächen,  welche  ihrer- 
seits auch  nur  von  Seitenpressungen  abgeleitet  werden  können, 
schon  vor  der  Schieferung  da  gewesen  sein  müssen,  weil  auch  sie 
in  ähnlicher  Weise  wie  die  Schichtflächen  von  der  Schieferung 
afficirt  sind.  Wenn  wir  ferner  berücksichtigen,  dass  über  weite 
Strecken  unseres  Gebirges  die  Schieferung  eine  etwas  andere  Lage 
zu  den  Weltgegenden  hat,  als  die  Ausstriche  und  Falten  der  auf- 
gestauten  Schichten,  so  weist  auch  dies  mit  Wahrscheinlichkeit 
auf  zeitliche  Unterschiede  für  die  Ausbildung  von  beiderlei  meclia- 
nischen  Aenderungen,  auf  einen  Wechsel  in  der  Richtung  des 
Seitendrucks  hin.  Dabei  braucht  nicht  gerade  ein  längerer  Inter- 
vall oder  eine  Ruhepause  stattgefunden  zu  haben;  die  ersten  An- 
fänge transversaler  Schieferung  könnten  an  die  letzten  Faltungs- 
vorgänge angeknüpft  haben,  und  in  jenen  kleinen  Zerreissungen 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  261 


nebst  Verschiebungen  zu  sehen  sein,  welche  so  oft  an  den  kleinen 
engen  Falten  und  Fältchen  der  älteren  Schiefer  Vorkommen,  wäh- 
rend die  volle  Ausbildung  der  transversalen  Schieferung  erst  nach 
Aenderung  der  Druckrichtung  erreicht  worden  sein  mag ]). 

Ist  Schieferung  und  auch  Streckung  nicht  die  erste  der  auf 
mechanischem  Wege  bewirkten  Aenderungen,  so  ist  sie  auch  nicht 
die  letzte.  Das  Auftreten  der  Parallelklüftung  z.  B.  in  geschiefer- 
tem  oder  gestrecktem  Schiefergestein  ist  ein  derartiges,  dass  wir 
ihr  nur  eine  spätere  Entstehung  zuschreiben  können;  auch  manche 
Verwerfungen  und  sonstige  grössere  Dislocationen  rühren  ohne 
Zweifel  aus  späterer  und  z.  Th.  viel  späterer  Zeit  her. 

Ganz  im  Allgemeinen  gesprochen,  sind  die  durch  den  Seiten- 
druck in  den  äusseren  Theilen  der  Erdrinde  hervorgerufenen  Wir- 
kungen oder  Aenderungen  zunächst  solche,  welche  sich  auf  Gestalt 
und  gegenseitige  Lage  grösserer  und  kleinerer  Theile  der  Gebirgs- 
massen  beziehen  — wir  könnten  sie  morphologische  Aenderungen 
nennen  — sodann  aber  auch  solche,  welche  sich  bis  zu  den  klein- 
sten Gesteinstheilchen,  selbst  den  Molekülen  erstrecken  und  deren 
physikalische,  ja  chemische  Beschaffenheit  modificiren  können; 
doch  lassen  sich  diese  verschiedenen  Wirkungen  nicht  ganz  scharf 
auseinanderhalten  und  sind  vielfach  untereinander  verbunden.  Be- 
züglich chemischer  Aenderungen  hat  die  Literatur  neuerer  und 
neuester  Zeit  manche  interessante  Daten  gebracht;  zu  den  schon 
die  physikalische  Beschaffenheit  afficirenden  Aenderungen  gehören 
Schieferung  und  Streckung;  zu  den  Aenderungen  der  erstgenann- 
ten Klasse  aber  können  wir  alle  diejenigen  ziehen,  welche  auf 
Beanspruchung  des  Gebirgskörpers,  resp.  Schichtenbaues  auf  irgend 
eine  Art  der  Festigkeit  (Biegungs-,  Druck-,  Abscheerungsfestig- 
keit)  in  erster  Linie  erfolgen;  also  Biegungen  und  Faltungen  aller 
Arten  und  Grade,  und  als  zweite,  nebenhergehende  Reihe,  Zusam- 
menhangstrennungen nebst  Verschiebungen  aller  Arten  und  Grade. 


')  Wir  setzen  dabei  voraus,  dass  die  kleinen  engen  Falten  erst  später,  nach 
Eintritt  der  grösseren,  bei  gesteigerter  Druckwirkung  zu  Stande  gekommen  sind. 
Noch  stärker  als  bei  ihnen  muss  für  dasselbe  Material  der  transversal  schiefernde 
Druck  gewesen  sein,  insoweit  er  Verschiebungen  der  kleinsten  Partikel  gegen 
einander  zu  bewirken  vermochte. 


262 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


Ein  weiteres  Eingehen  auf  diese  allgemeineren  Beziehungen 
würde  uns  indess  zu  weit  von  unserem  eigentlichen  Gegenstände 
ablenken,  und  wir  wenden  uns  nunmehr  zur  näheren  Betrachtung 
der  Schieferungsverhältnisse  in  Thüringen. 


Auftreten  der  Transversalschieferung  im  thüringischen 
Schiefergebirge  im  Allgemeinen. 

Es  bedarf  kaum  besonderer  Erwähnung,  dass  die  bekannten 
Erscheinungen,  welche  das  Auftreten  der  Transversalschieferung 
bei  den  Schiefern  und  sonstigen  Schichtgesteinen  hervorzurufen 
pflegt,  auch  in  den  von  der  Schieferung  ergriffenen  Theilen  unse- 
res Schiefergebirges  sich  geltend  machen.  Das  Durchsetzen  der 
über  grosse  Flächenräume  eine  bemerkenswerthe  Constanz  zeigen- 
den Schieferung  unter  den  verschiedensten  Winkeln  von  0°  — 90° 
durch  die  entweder  eben  liegende  oder  in  Falten  geschlagene 
Schichtung;  das  mehr  oder  minder  deutliche  Hervortreten,  oder 
Verstärkung  und  Abschwächung  der  ersteren  je  nach  der  physi- 
kalischen Beschaffenheit  des  durchsetzten  Schichtenmaterials;  ihr 
Abstossen  an  härteren,  z.  B.  quarzitischen  Schichten,  oder  die 
gegenseitigen  Einkeilungen  und  Eintreibungen,  welche  in  Folge 
der  Schieferung  an  der  Grenze  von  härteren  und  weicheren  Lagen 
oder  Bänken  Vorkommen  — hier  namentlich  an  der  Grenze  von 
Thonschiefer  und  Quarzit  — ; unter  Umständen  auch  das  Um- 
springen der  Schieferung  in  eine  Art  Klüftung  innerhalb  härterer 
Bänke,  wie  Grauwacken;  die  Riffelung,  Abtreppung  oder  völlige 
Zerschneidung,  welche  sich  mitunter  auf  den  Schichtflächen  der 
transversal  geschieferten  Massen  einstellen  kann,  u.  a.  m. *) : alles 

x)  In  einer  früheren  Arbeit  »Ueber  Schieferung«  (Jahresbericht  der 
Senckenberg.  naturforsch.  Gesellsch.  Frankfurt  a.  M.  1880)  hat  Verfasser  diese 
und  sonstige  allgemein  gültige  Schieferungsverhältnisse  übersichtlich  behandelt 
und  zu  erklären  gesucht. 

In  vorliegendem  Artikel  werden  die  Ausdrücke  Transversalschieferung, 
secundäre,  abweichende  Schieferung  oder  auch  Schieferung  schlechthin 
als  gleichbedeutend  gebraucht. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  263 


sind  Dinge,  welche  dem  aufmerksamen  Beobachter  in  den  betreffen- 
den thüringischen  Gebirgspartieen  nicht  entgehen  werden,  und  für 
welche  bestimmte  Beispiele  anzuführen,  wir  an  dieser  Stelle  nicht 
für  nöthig  erachten;  auf  einzelne  derartige  Erscheinungen  werden 
wir  in  der  Folge  noch  zurückzukommen  haben. 

Hier  möchten  wir  noch  darauf  hinweisen,  dass  die  bekannten 
Anzeichen  für  seitlich  ausweichende  Bewegungen  beim  Vorgang 
der  Schieferung,  jene  Riffelungen  u.  s.  w.,  nicht  nur  auf  Schicht- 
flächen Vorkommen,  sondern,  wie  oben  schon  einmal  angedeutet, 
mitunter  auch  auf  andere  Discontinuitätsflächen,  welche  vor  Ein- 
tritt der  Schieferung  da  waren,  insbesondere  auf  gewissen  Ab- 
lösungsflächen, welche  meist  nur  kurz  verlaufend,  allem  Anschein 
nach  durch  Quetschungen  oder  Pressungen  erzeugt  sind.  Und 
eben  die  Lage  dieser  Ablösungen  und  ihre  Afficirung  durch  die 
Schieferung  zeigt,  dass  das  Gebirge  schon  vor  letzterer  anders 
gerichteten  Druckkräften  ausgesetzt  gewesen  sein  muss.  Solche 
Ablösungsflächen  zeigen  wohl  ausserdem  noch  aus  früherer  Zeit 
herrührende  Rutschstreifen,  welche  sich  indess  durch  ihre  Richtung 
und  sonstige  Beschaffenheit  leicht  von  den  durch  die  Schieferung 
bewirkten  parallelen  Unebenheiten  unterscheiden  lassen. 

Als  ein  weiteres  Anzeichen  für  Verschiebungen  in  der  Ebene 
der  Transversalschieferung  ist  die  lineare  Parallelstructur  (oder 
höchst  feine  Fältelung)  anzuführen,  welche  manchmal  auf  der  Ober- 
fläche der  nach  der  Schieferung  gespaltenen  Platten  wahrzunehmen 
ist.  Sie  ist  natürlich  wohl  zu  unterscheiden  von  der  auf  den  Schicht- 
flächen vorkommenden  entsprechenden  Structur;  letztere  kann  ur- 
sprünglich sein , erstere  ist  immer  secundär  und  lässt  sich  am 
einfachsten  wohl  als  ein  sehr  schwacher,  nur  begonnener  Streckungs- 
vorgang in  bestimmter  Richtung  auffassen,  der  die  Deutlichkeit 
der  Schieferung  durchaus  nicht  beeinträchtigt  hat1).  Manchmal 


b Es  mag  hier  daran  erinnert  werden,  dass  auch  in  physikalischer  Hinsicht 
die  verschiedenen  Richtungen  auf  einer  Schieferungsfläche  nicht  gleichwerthig  sein 
müssen,  wie  der  Umstand  beweist,  dass  nicht  nur  auf  Schnitten  normal  zur 
Schieferung,  sondern  auf  Schieferungsflächen  selbst  die  Wärmeleitungsfiguren 
elliptisch  ausfallen  können.  (Daubrke,  Synthet.  Studien  zur  Experim.  Geologie, 
1880,  p.  324.) 


264 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


ist  auf  den  Schieferungsflächen  sogar  nach  zwei  Richtungen  eine 
solche  lineare  Parallelstructur  oder  Fältelung  wahrzunehmen,  von 
denen  eine  etwas  stärker  sein  kann  als  die  andere.  An  solchen 
Beispielen  fehlt  es  auch  im  thüringischen  Schiefergebirge  nicht. 

An  einigen  Stellen  desselben  wurden  ferner  noch  viel  weiter 
gehende,  in  der  Richtung  der  Transversalschieferung  liegende  Ver- 
schiebungen beobachtet,  welche  geradezu  als  Verwerfungen  be- 
zeichnet werden  können,  und  in  dem  Grenzverlauf  benachbarter 
Schichtenzüge  auffallende  Unregelmässigkeiten  zuwege  bringen. 
So  in  der  Gegend  von  Hämmern  und  Steinach.  Das  Nähere  ist 
aus  dexr  später  zu  publicirenden  Specialkarten  zu  ersehen. 

Obschon  Erscheinungen,  welche  auf  Transversalschieferung 
hinauskommen,  durch  den  ganzen  Bereich  des  Schiefergebirges 
verbreitet  sind,  so  ist  doch  die  Entwickelung  oder  der  Vollkom- 
menheitsgrad derselben  bei  den  verschiedenen  Formationen  oder 
Systemen  der  Schieferfolge,  ja  bei  den  einzelnen  Abtheilungen 
dieser  Systeme,  wie  wir  sehen  werden,  ein  sehr  ungleicher  und 
auch  regional  verschiedener;  es  kann  derselbe  Schiehtencomplex 
an  einer  gewissen  Lokalität  sehr  deutlich  secundär  geschiefert  sein 
und  nicht  weit  davon  höchstens  nur  Spuren  dieser  mechanischen 
Aenderung  aufweisen.  Letzteres  findet  besonders  in  gewissen 
stratigraphischen  Horizonten  oder  Complexen  statt,  z.  B.  bei  den 
oberdevonischen  Schiefern  und  Knotenkalken,  während  andere  fast 
durchgängig  und  in  viel  gleichmässigerer  Weise  geschiefert  sind, 
z.  B.  die  cambrisclien  Schiefer. 


Auftreten  der  Transversalschieferung  bei  den  einzelnen 

Systemen. 

Transversalschieferung  bei  den  pliyl litischen  und  den 
cambrisclien  Schiefern.  Wir  können  hier  zunächst  auf  unsere 
andere,  in  vorliegendem  Bande  enthaltene  Arbeit:  »Beitrag  zur  geo- 
logischen Kenntniss  der  cambrisch-phylliti sehen  Schieferreihe  in  Thü- 
ringen« verweisen,  wo  über  das  Auftreten  der  Transversalschieferung 
bei  genannten  Schiefersystemen  einige  Angaben  gemacht  werden. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  265 


Wie  daselbst  bemerkt,  wird,  kommt  Transversalschieferung 
bei  den  eigentlichen  phyl  litischen  Schiefern,  Quarzphylliten, 
Phyllitqnarziten  etc.  nur  in  ganz  untergeordneter  Art,  nur  an- 
deutungsweise zum  Ausdruck,  und  zwar  so,  dass  die  engen  Falten 
und  Fältchen,  in  welche  jene  Schiefer  so  gewöhnlich  gelegt  sind, 
in  der  Richtung  ihrer  Mittelebenen  von  kleinen  Verschiebungen 
betroffen  sind,  welche  sich  bei  dem  beständigen  Wechsel  quarziger 
und  phyllitischer  Lagen  und  Blätter  sehr  deutlich  zu  erkennen 
geben,  und  längs  welcher  auch  wohl  leichtere  Ablösung  der  Ge- 
steinsmasse stattfindet;  der  sprödere  Theil,  die  Quarzlagen,  sind 
an  den  dünnsten  Stellen  gerissen,  der  nachgiebigere  Pliyllit 
zwischen  eingeschoben.  Aehnliches  wiederholt  sich  auch  noch  bei 
den  halbphyllitischen,  lokal  an  Phyllitgneisse  erinnernden  Schiefern, 
welche  in  der  untersten  cambrischen  Zone,  zunächst  der  phylliti- 
schen  Zone,  Vorkommen.  Diese  kleinen  Verschiebungen  erscheinen 
zu  Stande  gekommen  unter  fortgesetzter  Wirkung  desjenigen 
Druckes,  welcher  zunächst  das  Zusammenstauchen  der  Gesteins- 
masse in  die  zahllosen  Falten  und  Fältchen  bewirkte,  sie  erschei- 
nen als  letzte  Folge  desselben,  zu  einer  Epoche,  wo  die  Zusam- 
menstauchung an  ihrer  änssersten  Grenze  angekommen  war,  und 
ein  ferneres  Nachgeben  der  Masse  in  der  Richtung  quer  zum 
Druck  nur  mehr  unter  Querrissen  und  Verschiebungen  längs  der- 
selben möglich  war.  Diese  Verschiebungen  bilden  ein  Analogon 
zur  Transversalschieferung,  oder  eine  Art  von  Vorstufe  derselben, 
auf  welcher  das  Gestein  stehen  geblieben  ist1). 

1 ) So  viel  man  auch  bei  den  gebogenen  und  knotig  verdickten  Quarzstreifen 
und  -Bändern  des  Quarzphyllits  auf  Rechnung  späterer,  mit  innerlicher  Zertrüm- 
merung verbunden  zu  denkender  Umformung  setzen  mag,  ist  doch  nicht  ausser 
Acht  zu  lassen,  dass  wohl  schon  die  ursprünglich  flach  linsenförmige  Gestalt  vieler 
derselben  gegeben  war,  wie  aus  verwandten  Vorkommnissen  zu  schliessen  ist;  es 
wird  kaum  möglich  sein,  das  Ursprüngliche  und  das  Spätere  streng  auseinander 
zu  halten  oder  abzugrenzen.  Etwas  anders  verhält  sich  die  Sache  bei  den  rauhen 
cjuarzitischen  Bändern  des  graugrünen  cambrischen  Thonschiefers;  diese  zeigen, 
wo  das  Gestein  ebenschichtig  und  ungefaltet  liegt,  also  in  ihrer  ursprünglichen 
Beschaffenheit,  gewöhnlich  durchweg  gleiche  Dicke. 

Ferner  ist  die  Frage  nicht  ganz  zurückzuweisen , ob  die  ohne  Zweifel  auf 
mechanischem  Wege  zu  Stande  gekommene  Engfaltung  des  Quarzphyllits  und 
verwandter  Gesteine  nicht  doch  schon  zur  Zeit  vor  völliger  Erhärtung  des  Sedi- 


266 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


In  dem  camb rischen  Schiefersystem  ist,  im  Gegensatz  zu 
den  Phylliten,  eigentliche  Transversalschieferung  überall  verbreitet; 
und  obgleich  sie,  im  Ganzen  und  Allgemeinen,  nicht  sehr  voll- 
kommen, oft  genug  nur  unvollkommen  ausgebildet  ist,  ausserdem 
auch  in  den  reiner  quarzitischen  Partieen  zurücktreten  und  ganz 
fehlen  kann,  so  lässt  sich  doch  behaupten,  dass  das  cambrische 
System,  insoweit  es  aus  Thonschiefer  oder  nur  aus  gegen  Quarzit 
vorherrschendem  Thonschiefer  besteht  — und  dies  ist  in  dem 
weitaus  grösseren  Theil  des  Gesammtbereichs  der  Fall  — von 
Transversalschieferung  beherrscht  wird,  und  dass  solche  meistens 
mindestens  so  deutlich  hervortritt  als  die  Schichtenlage;  so  also, 
dass  dieses  System  mit  zu  denjenigen  gehört,  in  welchen  die 
secundäre  Schieferung  den  deutlichsten,  allgemeinsten  Ausdruck 
gefunden  hat.  Dass  aber  diese  so  verbreitete  Schieferung  hier 
doch  selten  sehr  vollkommene  Spaltbarkeit  im  Gefolge  hat,  liegt 
wohl  nur  an  der  so  häufig  etwas  rauhen,  oder  aber  mit  rauheren, 
etwas  quarzitischen  Lagen  verwachsenen  Beschaffenheit  der  cam- 
brischen  Thonschiefer;  wo  sie  homogener  sind,  entwickelt  sich  in 
der  Tliat  auch  vollkommenere  Spaltbarkeit,  die  hie  und  da  dem 
Material  die  Qualität  von  Dachschiefern  verleiht. 

Jene  engen  und  kleinen  Falten,  wie  sie  uns  in  den  phylliti- 
schen  Schiefern , den  Quarzphylliten  etc.  so  deutlich  entgegen- 
treten, fehlen  bei  den  cambrischen  Schiefern  durchaus  nicht  ganz, 
wenn  sie  auch  nicht  so  durchgängig  und  so  ins  Kleinste  ausge- 
bildet sind.  An  dem  für  die  cambrischen  Schiefer  so  typischen 
und  so  häufig  vorkommenden  Wechsel  von  meist  schmäleren, 
helleren,  etwas  rauhen  oder  quarzitischen  Lagen  mit  breiteren, 
dunkleren  Lagen  von  Thonschiefern  sieht  man  nicht  selten  ähnliche 

ments  wenigstens  in  ihren  ersten  Anfängen  eingeleitet  sein  könnte,  wenn  sie  auch 
ihre  Hauptausbildung  erst  nachher  erfuhr;  es  ist  kein  Grund,  dass  der  jeden- 
falls durch  lange  Zeiträume  wirksame  Seitendruck  nicht  schon  zu  Zeiten  der 
Sedimentbildung  sich  habe  äussern  können;  vorausgesetzt  müsste  dabei  werden, 
dass  der  Erstarrungsprozess  längere  Zeit  in  Anspruch  nahm.  War  aber  einmal, 
die  völlige  Erstarrung  eingetreten,  so  dürfte  die  Ausbildung,  resp.  weitere  Aus- 
bildung der  Engfaltung  (Zusammenstauchung),  als  eine  höhere  Arbeitsleistung 
erfordernd,  nicht  sofort,  sondern  erst  nach  Ausbildung  leichterer,  flacherer  Faltung 
erfolgt  sein. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge. 


267 

kleine  Falten  und  auch  dieselben  seitlichen  Verschiebungen  in  der 
Faltenrichtung  wie  bei  den  phyllitischen  Schiefern,  und  mit  diesen 
Verschiebungen  sind  auch  noch  die  bekannten  gegenseitigen  Ein- 
treibungen der  beiderseitigen  heterogenen  Massen  und  Form  Ver- 
änderungen abgetrennter  Theile  verbunden;  aber  bei  diesem  mecha- 
nischen Effekt  ist  die  Wirkung  des  Seitendruckes  bei  den  cambrischen 
Schiefern  nicht  stehen  geblieben,  sondern  sie  hat,  weitergehend,  in 
späteren  Phasen  ihrer  Wirksamkeit  eine  wirkliche  transversale  Schie- 
ferung, oder  transversale  Spaltbarkeit  zuwege  gebracht. 

Wir  erkennen  in  diesen  verschiedenen  mechanischen  Aende- 
rungen  eine  fortgesetzte  Wirkungsreihe  des  Seitendrucks  im 
Schichtenbau;  aber  diese  Reihe  stellt  ohne  Zweifel  das  Product 
eines  durch  lange  Zeiträume  fortgesetzten  Druckes  oder  auch 
wiederholt  angreifender  und  in  verschiedenen  Richtungen  wir- 
kender  Druckkräfte  dar.  Das  letztere  ist  sehr  einleuchtend,  wenn 
wir  berücksichtigen,  dass  die  Lage  der  eigentlichen  transversalen 
Schieferung  oder  Spaltbarkeit  eine  merklich  andere  ist,  als  die 
allgemeine  Streichrichtung  der  Schichten  in  ihren  grösseren  Falten, 
Sätteln  und  Mulden;  beide  sind  auf  Seitendruck  zurückzuführen, 
ihre  verschiedene  Lage  documentirt  aber  einen  Wechsel  der  Rich- 
tuug  des  letzteren.  Wie  weit  die  kleinen,  engeren  Fältchen  mit 
ihren  kleinen  Faltenverwerfungen,  wie  wir  sie  von  den  phyllitischen 
und  cambrischen  Schiefern  erwähnten , mehr  mit  der  einen  oder 
der  anderen  jener  Streichrichtungen  übereinstimmen,  ist  nicht  durch- 
weg leicht  zu  entscheiden,  ändert  indess  an  dem  ausgesprochenen 
Resultate  nichts;  genug,  dass  uns  die  Lage  der  ächten  Transver- 
salschieferung im  grössten  Theil  des  cambrischen,  wie  auch  des 
sonstigen  Sckiefergebietes  darauf  hinweist,  einen  Wechsel  in  der 
Richtung  des  Seitendrucks  anzunehmen x). 

Die  Wirkungen  der  Transversalschieferung  erstrecken  sich  im 
cambrischen  Gebiet  bis  in  die  quarzitreichen  Partieen,  selbst  die 


x)  Die  Beobachtung  von  Liebe,  dass  die  quarzreicheren  Bänder  des  cam- 
brischen Schiefers  öfters  auf  mechanischem  Wege  durch  Druck  in  linsenförmige 
Stücke  getrennt  worden  sind,  ist  so  recht  geeignet  den  Wechsel  der  Seitendruck- 
richtung zu'  illustriren ; siehe  die  Erläuterung  zu  Section  Zeulenroda  der  geolog. 
Specialkarte  von  Preussen  u.  d.  Thüring.  Staaten,  1881,  p.  4. 


268 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


eigentlichen  Quarzitlager  und  auch  die  porphyroidischen  Bildungen 
hinein,  soweit  eben  in  diesen  noch  Thonschiefer  und  solche  Ge- 
steine vorhanden  sind,  deren  Structur  nicht  allzusehr  von  einer 
schieferigen  abweicht  und  sich  einer  massigen  und  krystallinischen 
nähert.  Es  liegt  demnach  auf  der  Hand,  dass  die  Schieferung 
in  solchen  Gebirgspartieen  im  Allgemeinen  um  so  mehr  hervor- 
treten wird,  je  mehr  Thonschiefer  und  auch  noch  quarzitische  Schiefer 
neben  reinem  Quarzit  vorhanden  sind  und  umgekehrt.  Dabei 
finden  von  Ort  zu  Ort  immerhin  noch  Wechsel  und  Unbeständig- 
keiten in  der  Deutlichkeit  und  Entwickelung  der  secundären 
Schieferung  statt,  so  dass  gleichem  Gesteinsmaterial  an  zwei  ver- 
schiedenen Stellen  doch  nicht  immer  gleiche  Entwickelung  der 
Schieferung  zu  entsprechen  braucht:  so  kann  z.  B.  ein  Wechsel 
von  Thonschiefer  und  Quarzitplatten, ' den  man  längs  einer  Strasse 
beobachtet,  vielleicht  neben  der  Schichtung  keine  abweichende 
Spaltungsrichtung  oder  Schieferung  zeigen,  während  solche  etwas 
weiterhin  sich  deutlich  einstellt,  mindestens  am  zwischengelagerten 
Thonschiefer  sichtbar  wird,  an  manchen  Stellen  aber  auch  sogar 
noch  den  quarzitischen  Theil  afficirt1). 

Transversalschieferung;  bei  den  silurischen  Schichten. 
Bei  den  untersten  silurischen  Schiefern,  den  Griffelschiefern,  ist  Trans- 
versalschieferung deutlich  vorhanden;  wir  werden  darauf  zurück- 
kommen, wenn  wir  die  Streckung  dieser  Schiefer  behandeln  werden2). 

Q Um  ein  bestimmtes  Beispiel  anzuführen,  findet  man  in  dem  Wechsel  von 
quarzitischen,  z.  Th.  grauwackeähnlichen  Lagen  und  Thonschiefer,  den  man  an 
der  Landstrasse  im  Saargrund,  unterhalb  Siegmundsburg  bis  Schirnrod  passirt, 
zunächst  oben  den  Thonschiefer  nicht  oder  doch  sehr  untergeordnet  in  von  der 
Schichtlage  abweichender  Richtung  geschiefert;  da,  wo  die  Strasse  bei  2025'  Dec. 
Höhe  knieförmig  in  ein  von  N.  herkommendes  Seitenthälchen  einbiegt  und  in 
reinere  Thonschieferschichten  eintritt,  macht  sich,  wenn  auch  nicht  in  den  ersten 
Schichten,  doch  sehr  bald  secundäre  Schieferung  im  reineren  Thonschiefer  geltend 
und  setzt  in  bekannter  Weise  an  härteren  Zwischenlagen  ab;  abwärts,  an  der 
nächsten  Strassenbiegung,  tritt  man  wieder  in  den  an  grauwackeähnlichem  Quarzit 
reicheren,  nicht  geschieferten  Bereich.  Weiter  abwärts  im  Saargrund  an  der 
Landstrasse  und  ähnlich  an  den  Gehängen  der  Südseite,  N.  vom  Blessberg,  ist 
der  Wechsel  von  Thonschiefer  mit  Quarzit  z.  Th.  unvollkommen,  z.  Th.  nur  im 
Thonschiefer  secundär  geschiefert. 

2)  Die  Thuringitzone,  welche  eigentlich  die  Basis  des  Silur  bildet,  kommt 
wegen  ihrer  geringen  Mächtigkeit  hier  nicht  in  Betracht. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge. 


269 


Der  bedeutendere  höhere  Theil  der  thüringischen  Untersilur- 
schiefer, welcher  jedenfalls  eine  Mächtigkeit  von  einigen  hundert 
Metern  besitzt  und  trotz  seines  Mangels  an  Versteinerungen  ein 
bemerkenswerthes  Glied  des  Schiefergebirges  darstellt,  ist  nicht 
als  Griffelschiefer  ausgebildet,  sondern  stellt  einen  in  Platten  und 
Blättern  zerfallenden,  frisch  dunkelblaugrauen,  von  heterogenen 
Zwischenlager]  so  gut  wie  ganz  freien  Thonschiefer  von  grosser 
Einförmigkeit  dar.  Eben  wegen  dieses  Mangels  an  anders  gearte- 
ten Zwischenschichten  und  an  irgendwie  charakteristischen  Schicht- 
flächen ist  es  bei  dieser  Schichtengruppe  sehr  schwierig,  Schich- 
tung und  Transversalschieferung  auseinanderzuhalten.  Mir  ist  die 
Unterscheidung  nicht  sicher  gelungen,  doch  bin  ich  zu  dem  Urtheil 
gelangt,  dass  die  schieferige  Spaltbarkeit  und  Ablösung,  welche 
man  an  diesem  Untersilurschiefer  allenthalben  wahrnimmt,  manch- 
mal Schichtung,  an  anderen  Stellen  wieder  Transversalschiefe- 
rung ist. 

Dass  letztere  fehlen  sollte,  ist  nämlich  nicht  anzunehmen;  es 
ist  in  der  That  gar  kein  Grund,  warum  bei  einem  so  homogenen, 
weichen  Schiefer  jene  secundäre  Structur  nicht  entwickelt  sein 
sollte,  während  sie  doch  in  der  liegenden  Gruppe,  den  Griffel- 
schiefern, und  wieder  in  deren  Liegendem,  den  cambrischen 
Schiefern,  so  unzweideutig  sich  kundgiebt,  und  ebenso  auch  wieder 
im  Hangenden,  im  oberen  Silur  und  im  Devon,  wenigstens  in  ge- 
wissen Schichtenfolgen  deutlichst  wiederkehrt.  Andererseits  aber 
giebt  es  Lokalitäten,  wo  die  Orientirung  der  Schieferspaltung  bei 
diesen  Untersilurschiefern  so  sehr  abweichend  ist  von  der  so  con- 
stanten  Lage  der  Transversalschieferung;  in  der  betreffenden  Gegend, 
dass  man  anzunehmen  geneigt  wird,  man  habe  es  hier  mit  wirk- 
lichen Schichten  zu  thun,  die  möglicherweise  oder  sogar  wahr- 
scheinlich in  Falten,  manchmal  recht  flache  Faltenumbiegungen, 
gelegt  sind. 

Wo  daher  im  Bereich  dieses  Complexes  die  Absonderung  der 
Schieferblätter  sich  der  allgemein  herrschenden  Lage  der  Trans- 
versalschieferung  accomodirt,  habe  ich  sie  für  letztere  angesehen; 
wo  grössere  Abweichungen  stattfinden,  besonders  in  der  Nähe  der 
oberen  Grenze  des  Complexes,  habe  ich  Schichtung  angenommen. 


270 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


Dass  diese  verschiedene  Anschauung  an  und  für  sich  statthaft  ist, 
geht  eben  daraus  hervor,  dass  auch  in  anderen  Schichtengruppen, 
welche  deutliche  Transversalschieferung  aufzuweisen  haben,  letztere 
dennoch  nicht  durchweg  gleiehmässig  entwickelt  zu  sein  braucht, 
sondern  manchmal  die  Schichtung  verdecken,  manchmal  durch  sie 
Verdeckt  werden  kann. 

Um  dies  an  einem  bestimmten  Beispiel  vorzuführen,  so  zeigen 
die  Untersilurschiefer  an  der  Landstrasse  von  Hasenthal  nach 
Spechtsbrunn,  oberhalb  des  ersteren  Ortes  (Blatt  Spechtsbrunn  der 
Specialkarte)  Einfallen  nach  NW.,  und  ebensolches  Einfallen 
herrscht  auch  in  der  ganzen,  von  diesen  Schiefern  eingenommenen 
Partie  nördlich  von  da.  Im  ersten  Fall  wurde  dieses  Einfallen 
für  Schichtung  genommen:  es  stehen  hier  nämlich  die  oberen 
Grenzschichten  zu  den  nicht  transversal  schieferbaren,  obersilurischen 
Kieselschiefern  an,  und  diese  Grenzschichten  sind  überdies  durch 
flach  ellipsoidische  oder  linsenförmige  Scliwefelkiesconcretionen 
charakterisirt,  welche  durch  ihre  Lage  die  Schichtung  erkennen 
helfen.  Im  zweiten  Fall,  nämlich  weiter  nördlich,  wurde  das 
nordwestliche  Einfallen  für  secuudäre  Schieferung  genommen;  die 
Untersilurschiefer  breiten  sich  nämlich  liier  über  einen  sehr  breiten 
Raum  aus,  während  sie  wenig  weiter  nach  SW.,  jenseits  einer 
bedeutenden  Verwerfung  sich  auf  einen  schmalen  Streifen  zusam- 
menziehen; und  es  ist  kaum  anders  anzunehmen,  als  dass  sie  jene 
grosse  Breite  nur  durch  Vermittelung  von  Falten  erreichen,  nicht 
etwa  blos  durch  sehr  flaches  Einfallen,  welches  in  dieser  Ausdehnung 
im  Schiefergebirge  ganz  ungewöhnlich  wäre ; wenn  nun  trotz  der 
Faltungen  doch  nordwestliches  Einfällen  anhaltend  herrscht,  so  kann 
dies  doch  wohl  nichts  anderes  sein  als  secundäre  Schieferung ]). 

x)  Ebenso  ist  das  anhaltende  WNW. -Einfallen,  welches  die  Untersilurschiefer 
W.  und  SW.  von  Gräfenthal  zeigen,  wie  es  scheint,  unbedenklich  für  Trans- 
versalschieferung zu  nehmen;  denn  die  Schichtung  kann  in  dieser  Gegend  un- 
möglich eine  solche  Constanz  zeigen,  da  nachweislich  hier  alle  Complexe  von 
vielfachen  Unregelmässigkeiten  der  Lagerung  betroffen  sind,  wie  dies  an  manchen 
derselben,  z.  B.  den  Nereitenschichten  oft  sehr  deutlich  zu  erkennen  ist;  über- 
dies herrscht  in  diesen  Gebirgspartieen  eine  sehr  entschieden  ausgebildete  steil 
WiSTW.  einfallende  Transversalschieferung,  welche  z.  B.  an  den  Culmdachschiefern 
und  den  oberdevonischen  Knotenkalken  sehr  deutlich  als  solche  zu  erkennen  ist. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  271 


An  den  schwarzen,  kohlereichen,  obersilurischen  Kiese  1- 
und  Ct raptolithen schiefem  habe  ich  keine  secundäre  Schiefe- 
rung  bemerkt.  Die  dickeren  und  dünneren  Lagen  und  Platten 
dieser  Schiefer  sind,  wie  dies  bei  den  Kieselschiefern  überhaupt 
nicht  selten  ist,  in  Falten  von  verschiedenem  Radius  zusammen- 
geschoben, und  diese  noch  im  Einzelnen  öfters  gestaucht  und  ge- 
knickt, doch,  wie  die  physikalische  Beschaffenheit  des  Materials 
erwarten  lässt,  nicht  weiter  geschiefert. 

Auch  die  starren  Bänke  des  Ocker kalks  sind  der  Trans- 
versalschieferung nicht  zugänglich  gewesen.  Wohl  aber  kommt 
es  vor,  dass  die  Verwerfungen  und  Verschiebungen,  von  welchen 
dieser  Complex  so  oft  betroffen  wurde,  indem  er  den  aufstauenden 
und  seitlich  zusammenschiebenden  Kräften  nicht  in  derselben  Weise 
folgen  konnte,  wie  die  leichter  sich  biegenden  umgebenden  Schiefer, 
in  derjenigen  Richtung  liegen,  welche  auch  die  Richtung  der 
Transversalschieferung  in  der  Nachbarschaft  ist. 

Auch  bei  den  oberen  Graptolithen  sc  hiefern  wurde  keine 
deutliche  Transversalschieferung  beobachtet;  obwohl  solche,  dem 
Material  dieser  Schiefer  gemäss,  hier  nicht  befremden  würde. 

Transversalschieferung  bei  den  devonischen  Schich- 
ten. Die  unterste  Schichtengruppe  unseres  Devon,  der  Tentacu- 
liten-Knollenkalk  ist  für  transversale  Schieferung  zugänglich  ge- 
wesen, was  auch  bei  der  über  die  Kalkknollen  vorwaltenden,  weichen 
Thonschiefermasse  dieses  Gesteins  nicht  zu  verwundern  ist;  doch 
ist  dasselbe  keineswegs  überall  transversal  geschiefert,  sondern 
zeigt  oft  genug  nur  eine  Ablösung,  die  nach  der  Schichtenlage. 

So  z.  B.  findet  man  am  Schmiedgrund  bei  Hämmern  (Section 
Steinheid),  an  dem  ostwärts  bergan  führenden  Pfad  den  Tentacu- 
litenknollenkalk  nicht,  oder  doch  nur  unmerklich  von  der  Schich- 
tung abweichend  geschiefert;  gar  nicht  weit  davon,  in  dem  Hohl- 
weg ostwärts  vor  Hämmern  bemerkt  man  in  demselben  Gestein 
eine  Ablösungsrichtung,  nach  welcher  dasselbe,  auch  zerfällt,  welche 
ein  ONO.  gerichtetes  Streichen  und  NNW.  gerichtetes,  ziemlich 
flaches  Einfallen  zeigt,  während  die  Lage  der  Kalkknollenreihen 
und  der  Schiefermittel  zwischen  denselben  nach  NO.  streicht  und 
nach  SO.  einfällt.  Ersteres  ist  transversale  Schieferung;. 


272 


H.  Lorutz,  über  Transversalschieferun: 


Auch  in  der  Umgegend  von  Gräfenthal,  z.  B.  im  Teufelsgrand, 
dann  bei  Grossneundorf,  und  dicht  bei  Gräfenthal,  am  W eg  nach  der 
Abdeckerei,  findet  man  transversale  Schieferung  in  diesem  Complex; 
die  Erscheinung  wird  dann  ähnlich  wie  beim  oberdevonischen 
Knotenkalk,  von  dem  weiter  unten  die  Rede  sein  wird.  Figur  6 
stellt  geschieferten  Tentaculiten-Knollenkalk  von  Gräfenthal  dar. 

Der  aufwärts  folgende  Complex  der  Ne  reiten  schiefer  und 
Tentaculitenschiefer  bietet  für  die  Entwickelung  der  secun- 
dären  Schieferung  im  Allgemeinen  kein  günstiges  Feld.  Die  erst- 
genannten Schichten  sind  vielfach  gestaucht  und  gekrümmt  worden, 
aber  nicht  gescliiefert;  und  auch  die  zwischenliegenden  weicheren 
Tentaculitenschiefer,  welche  jene  Unregelmässigkeiten  mitmachen 
müssen,  lassen  selten  deutliche  Transversalschieferung  erkennen. 
In  der  unteren  Partie  dieser  Schichtengruppe  sondern  sich  manch- 
mal Tentaculiten  oder  Nereiten  führende  Thonschieferlagen  aus, 
welche  als  schlechte  Dachschiefer  gebrochen  werden,  an  diesen 
Schiefern  wurde  lokal  transversale  Schieferung  beobachtet,  anderswo 
aber  auch  wieder  nicht.  Die  Tentaculitenschiefer  zeigen  auch 
öfters  griffelförmiges  Zerfallen. 

Ebensowenig  ist  in  dem  mitteldevonischen  Wechsel  von 
Tuffschiefern,  Tuffgrauwacken  und  Thonschiefern  die  Transversal- 
schieferung zu  bemerkenswerther  Entwickelung  gelangt.  In  der 
Regel  bemerkt  man  nur  Ablösung  nach  der  eben  verlaufenden, 
oder  auch  Windungen  und  Biegungen  beschreibenden  Schichtung; 
ausserdem  kommt  es  wohl  vor,  dass  eine  Art  von  Klüftung  vor- 
handen ist,  welche,  soweit  sie  in  der  Richtung  der  in  der  Nach- 
barschaft herrschenden  Transversalschieferung  liegt,  letztere  ver- 
treten könnte.  Wirkliche  transversale  Schieferung  neben  der 
Schichtung  wurde  in  Mitteldevonschichten  beobachtet  am  Ausgang 
des  Pfmersbachthales x)  in  das  Oelzetlial  (Section  Spechtsbrunn), 
in  einer  Gegend,  wo  sich  erstere  überhaupt  stark  geltend  macht. 

Eine  grössere  Bedeutung  als  in  den  vorhergehenden  Gruppen 
erlangt  dagegen  die  Transversalschieferung  im  Oberdevon, 
speciell  in  den  oberdevonischen  Knotenkalken.  Zwar  ptlegt  sie 
auch  hier  nur  lokal  aufzutreten,  doch  sind  die  von  ihr  bewirkten 

x)  Richtiger  als  dieser  Name  der  G. -St. -Karte  (1  : 25000)  ist  wohl  Mörsbach. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  273 


Erscheinungen  bemerkenswerte  — Was  zunächst  die  untere  Partie 
des  Oberdevon  betrifft,  welche  als  weiche  Schiefer,  die  mehrfach 
als  Wetzschiefer  Verwendung  gefunden  haben,  entwickelt  ist,  so 
zeigt  sich  hier  abweichende  Schieferung  nicht,  oder  tritt  doch  nur 
wenig  neben  der  Schichtung  hervor ; deutlich  sind  beide  neben 
einander  zu  sehen  an  der  Landstrasse  von  Spechtsbrunn  nach 
Gräfenthal,  etwas  abwärts  von  der  Kniebiegung,  welche  die  Strasse 
in  1 500  Decimalfuss  Höhe  macht.  — Die,  einem  höheren  Horizonte 
angehörigen  quarzitischen  Lagen  des  Oberdevon  haben  sich  der 
Transversalschieferung  nicht  gefügt,  und  wird  dies  um  so  auf- 
fälliger, wenn  neben  ihnen  geschieferte  Thonschiefer  oder  Knollen- 
kalklagen anstehen;  wie  z.  B.  bei  Gräfenthal,  am  Bergsteig  nach 
Lichtenhain,  300  Decimalfuss  Höhe  über  ersterem  Ort,  nicht  weit 
vor  dem  alten  Culm- Dachschieferbruch. 

Eigenthümlich  ist  nun  das  Verhalten  der  ob  er  devonischen 
Knolle  n k a 1 k e oder  K n o t e n k a 1 k e gegenüber  den  mechanischen 
Einwirkungen  der  transversalen  Schieferung.  In  vielen,  ja  man 
kann  wohl  sagen,  den  meisten  Aufschlüssen  macht  sich  eine  ab- 
weichende, secundäre  Schieferung  neben  der  durch  die  Lage  der 
Kalkknollen  immer  deutlich  bezeichneten  Schichtung  nicht  geltend ; 
an  anderen  Stellen  wieder  ist  das  um  so  deutlicher  der  Fall  und 
beiderlei  Verhalten  kann  an  ziemlich  nahe  ^eleo-enen  Lokalitäten 
zum  Ausdruck  kommen.  So  z.  B.  zeigt  bei  Steinach  im  Steinach- 
thal der  Knotenkalk,  der  an  der  Strasse  im  Ort  selbst  und  an 
der  Höhe  über  dem  unteren  Ende  des  Orts  in  Steinbrüchen  oder 
Felsen  ansteht,  keine  abweichende  Schieferung,  während  solche 
wenig  weiter  westlich,  an  der  ersten  Biegung  des  Seitenthals, 
welches  am  unteren  Ende  von  Steinach  von  rechts  her  mündet,  sehr 
deutlich  wird.  (Vergl.  Fig.  1.)  Deutliche  Transversalschieferung 
ist  ferner  z.  B.  vorhanden  an  den  oberdevonischen  Knotenkalken, 
welche  an  der  Landstrasse  von  Gräfenthal  nach  Spechtsbrunn, 
gleich  oberhalb  der  starken  Einbiegung  der  Strasse  bei  1 500  Dec.- 
Fuss  Höhenlage,  auf  eine  gewisse  Strecke  anhaltend  anstehen; 
nur  tritt  sie  hier  — und  so  mag  es  auch  an  anderen  Lokalitäten 
sich  wiederholen  — nicht  in  der  ganzen  Strecke  mit  gleicher 
Deutlichkeit  hervor,  weil  die  Schichtenlage  wechselt  und  so  mit 

18 


274 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


der  constanteren  Schieferungslage  ganz  oder  nahezu  Zusammen- 
fällen kann. 

Secundär  geschiefert  zeigen  sich  diese  Knotenkalke  ferner  im 
Oelzethal  unterhalb  Friedrichsthal  (nicht  oberhalb),  und  nicht  weit 
davon  im  Mörsbachthal  (grossentheils) , ferner  bei  Buchbach  bei 
Gräfenthal  und  an  anderen  Stellen ; während  sich  in  den  Stein- 
brüchen bei  Haselbach  u.  s.  w.  keine  solche  Schieferune:  neben 

<ü> 

der  Schichtung  zu  erkennen  giebt.  Man  bemerkt,  dass  die  trans- 
versale Schieferung  dann  leichter  zur  Ausbildung  kommt  und 
deutlich  wird,  wenn  die  Kalkknollenlagen  durch  hinlänglich  breite 
Zwischenmittel  des  grünlichen,  mit  ihnen  verwachsenen  Thon- 
scliiefers  getrennt  sind,  während  sie  sich  in  den  dicht  mit  Kalk- 
knoten erfüllten  Bänken  nicht  oder  kaum  hat  ausbilden  können. 

Die  einzelnen  Kalkknoten  oder  -linsen  sind  bei  den  erwähnten 
geschieferten  Vorkommnissen  nicht  aus  ihrer  ursprünglichen  Lage 
gedreht,  sie  liegen  nach  wie  vor  mit  ihrer  langen  Dimension  in 
der  Richtung  der  Schichtenlage,  können  aber  mit  Beibehaltung 
dieser  Lage  in  der  Richtung  der  schräg  durchsetzenden  Trans- 
versalschieferung ein  wenig  gegen  einander  verschoben  sein1); 
vergl.  Figuren  2 und  3;  die  transversale  Schieferung  stösst  an  den 
Kalkknoten  ab,  und  dringt  kaum  in  sie  ein;  in  dieser  Richtung 
spaltet  das  Gestein  besser  als  in  der  Schichtenlage,  nach  welcher 
meist  nur  unter  Vermittelung  der  Hohlräume,  welche  der  ausge- 
witterte Kalk  hinterlässt,  Spaltbarkeit  stattfindet. 

Es  kommt  nun  aber  bei  den  Oberdevon-Knollenkalken  noch 
ein  weitergehender  Grad  von  transversaler  Schieferung  vor,  welcher 
sich  darin  offenbart,  dass  die  einzelnen  Kalkkörper  aus  ihrer  ur- 
sprünglichen Lage,  welche  natürlich  der  Schichtungslage  entspricht, 
herausgedreht  wurden,  so  dass  sie  nunmehr  mit  ihrer  langen  Di- 
mension  in  der  Richtung  der  Schieferung  liegen.  Es  wurde  dieses 
Verhalten  namentlich  an  den  obersten  oberdevonischen  Knollen- 
kalken mehrmals  wahrgenommen,  welche  über  den  quarzitischen 

Auch  Liebe  erwähnt,  Erläuterung  zu  Section  Pörmitz  der  geol.  Spiecial- 
karte  von  Preussen  und  den  Thüring.  Staaten,  1881,  dass  die  Kalkknoten  der 
oberdevonischen  Knotenkalke  bisweilen  aus  ihrer  ursprünglichen  Lage  heraus  gegen 
einander  verschoben  seien. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  275 


Schichten  an  der  Grenze  zu  den  Dachschiefern  des  unteren  Culin 
liegen.  Diese  Knollenkalklagen,  deren  Zahl  50  übersteigen  kann, 
sind  durch  breitere  Zwischenmittel  eines  dunkleren,  und  dadurch 
dem  Cuhnschiefer  schon  ähnlichen  Thonschiefers  getrennt,  und 
verhalten  sich  eigentlich  mehr  als  Kalkplatten,  welche  Platten  aber 
aus  einzelnen,  mit  einander  verwachsenen,  resp.  durch  Thonschiefer- 
masse flaserig  getrennten  Theilstftcken  von  beiläufig  lang  sphäroi- 
discher,  oder  spindelförmiger  Gestalt  bestehen ; eben  diese  Theil- 
stücke  sind  es  nun,  welche  mitunter  durch  den  mechanischen 
Effect  der  Transversalschieferung  aus  ihrer  Lage  gedreht  sind  und 
nun  alle  mit  der  längsten  Dimension  parallel  in  der  Schieferungs- 
richtung liegen,  so  dass  ihr  ursprünglicher  Zusammenhang  durch 
von  den  Seiten  her  zwischeneingedrungene  Schiefermasse  aufge- 
hoben ist;  die  Kalkstücke  selbst  brauchen  dabei  in  ihrer  Form 
keineswegs  geändert  zu  sein  und  zeigen  auch  sonst  keine  Brüche. 

Dieses  Verhalten  lässt  sich  z.  B.  auf  der  Höhe  östlich  von 
Steinach  auf  dem  Bergsteig  beobachten,  da,  wo  dieser  in  1600  Dec.- 
Fuss  Höhe  eine  ONO. -Richtung  angenommen  hat:  so  lange  die 
veränderliche  und  in  Falten  geschlagene  Schichtung  zufällig  in  die 
constante  Lage  der  Transversalschieferung  hineinfällt,  sieht  man 
zusammenhängende  Kalkknollenlagen  oder  -platten;  sobald  sich 
jene  gedreht  hat  und  einen,  wenn  auch  nicht  grossen  Winkel  mit 
der  Richtung  der  Schieferung  macht,  sieht  man  isolirte  parallele 
Kalkknollen1).  Die  Figuren  4 und  5 stellen  dieses  Verhalten  dar. 

Ganz  dasselbe,  wie  hier  bei  Steinach,  sieht  man,  fast  noch 
besser,  bei  Gräfenthal,  in  1400  Dec. -Fuss  Höhe,  an  dem  Berg- 
weg, der  von  dort  in  SSW. -Richtung  bergauf  führt,  eine  Strecke, 
ehe  man  an  den  alten  Culm-Dachschieferbruch  kommt;  auch  schon 
an  dem  unteren  Knotenkalkhorizont,  der,  durch  eine  quarzitische 
Zone  von  jenem  oberen  getrennt,  Bänke  mit  kleineren  und  ge- 


0 Durch  Verwitterung  lösen  sich  die  Kalkknollen  endlich  zu  braunem  Mulm 
auf.  — An  der  genannten  Lokalität  lässt  sich  noch  eine  andere  Beobachtung  an- 
stellen: da,  wo  die  kalkigen  Platten,  also  die  Schichtung  mit  der  Transversal- 
schieferung zusammenfällt,  zerfällt  das  Gestein  in  Blätter  und  Plättchen;  in 
dem  Maasse  als  die  Schichtlage  sich  gegen  die  Schieferung  dreht,  zerfällt  es 
griffelförmig. 


18 


276 


H.  Lorktz,  über  Transversalschieferung 


drängt  liegenden  Kalkknoten  enthält,  scheinen  an  diesem  Wege, 
ausnahmsweise,  einzelne  dieser  Kalkkörper  in  der  Schieferungs- 
richtung zu  liegen.  — Auch  an  der  Ostseite  des  Thaies  S.  von 
Buchbach  bei  Gbräfenthal,  an  dem  Steig,  der  etwa  500  Schritt  vom 
Südende  genannten  Dorfes  bergan  führt,  wiederholt  sich  die  be- 
schriebene Erscheinung. 

Transversalschieferung  in  den  Culmschichten.  Die 
untere  Partie  des  Culm  wird  in  Thüringen  und  weiterhin  in 
der  Hauptsache  durch  einen  dunkelen  Thonschiefer  gebildet,  welcher 
für  die  Transversalschieferung  sehr  zugänglich  gewesen  ist;  es 
lässt  sich  behaupten,  dass  dieser  Schiefer  durchweg  secundär  ge- 
schiefert  ist,  wobei  natürlich,  wie  sonst,  diese  Schieferung  auch 
stellenweise  mit  der  Schichtenlage  coincidiren  kann.  An  einigen 
Stellen  zerfällt  dieser  Thonschiefer  griffelig  und  wird  sogar  hie 
und  da  zu  Griffeln  benutzt,  worauf  wir  zurückkommen  werden; 
im  Uebrigen  zerfällt  er  in  Platten  und  findet  an  vielen  Orten  als 
Dachschiefer  Verwendung,  dessen  Qualität  allerdings  erst  weiter 
östlich,  in  den  bekannten  grossen  Brüchen  von  Lehesten  sich  zu 
einer  vorzüglichen  erhebt  ; es  bedarf  kaum  der  Bemerkung,  dass 
diese  Dachplatten  ihr  natürliches  Lager  in  der  transversalen 
Schieferung  haben.  Die  Schichtung  ist  sehr  gewöhnlich  in  Ge- 
wölbe und  Falten,  ja  mitunter  in  zickzackförmige  Knicke  gelegt, 
lässt  sich  incless  nicht  allenthalben  gut  neben  der  sie  verdeckenden 
secundären  Schieferung  wiedererkennen. 

Weit  weniger,  als  im  unteren  Culm,  macht  sich  die  trans- 
versale Schieferung  im  oberen  Culm  geltend,  welcher  aus  Grau- 
wackebänken und  Thonschiefer  zusammengesetzt  ist.  Selten  wird 
es  in  dieser  Abtheilung  dazu  kommen,  dass  die  vielfachen  Sattel- 
und  Muldenbiegungen  der  Schichten  durch  Transversalschieferung 
verdeckt  würden,  höchstens  könnte  dies  einmal  bei  stärker  ent- 
wickelten Thonschiefern,  nie  bei  Grauwacke  sein.  Sehr  oft  aber 
tritt  abweichende  Schieferung  in  den  Thonschiefern,  oder  auch  in 
einem  Wechsel  von  Thonschiefer  mit  Grauwacke  neben  der 
Schichtung  und  ihren  Faltenbiegungen  hervor,  manchmal  ganz 
untergeordnet,  manchmal  stärker,  manchmal  so,  dass  beiderlei  Ab- 
lösungen sozusagen  im  Gleichgewicht  sind,  doch  von  Stelle  zu 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  277 


Stelle,  oder  von  Strecke  zu  Strecke  in  ihrem  Ausbildungsgrade 
wechselnd.  Es  bedarf  keiner  ausführlicheren  Herzählung  von  Lokali- 
täten, um  dies  im  Einzelnen  nachzuweisen;  ein  aufmerksamer  Gang 
durch  das  Steinachthal,  von  Steinach  abwärts  bis  zum  Austritt 
aus  dem  Gebirge,  oder  durch  das  Rögitzthal  abwärts  von  Hasel- 
bach, das  Oelsethal  abwärts  von  Friedrichsthal,  oder  das  Tettau- 
thal  von  Tettau  nach  Heinersdorf,  wird  das  oben  im  Allgemeinen 
Angeführte  im  Einzelnen  bestätigen  können.  In  den  reineren 
Grauwackedistrikten,  wie  in  der  Partie  von  Sonneberg  über  das 
untere  Steinach-  und  Tettauthal  nach  Stockheim  und  Rothen- 
kirchen, fehlt  Transversalschieferung  fast  ganz,  äussert  sich  aber 
doch  manchmal  in  den  Grauwackebänken  in  Form  einer  Quer- 
klüftung. Dagegen  kann  sie  in  den  allerdings  beschränkten  reineren 
Thonschieferdistrikten,  wie  gesagt,  recht  ausgebildet  sein;  ein  Bei- 
spiel hierfür  giebt.  das  Röthathal,  in  seinem  Verlauf  bis  zur  unteren 
Grenze  des  oberen  Culm,  übeihaupt  die  ganze  benachbarte  Culm- 
partie  bis  zum  vorderen  Gebirgsrand  auf  Section  Neustadt.  ■ — 
Manche  Stellen  geben  Gelegenheit,  auch  an  den  Schiefern  des 
oberen  Culm  die  Beobachtung  zu  wiederholen,  dass  Interferenz 
von  Schiehtungs-  und  Schieferungsablösung  ein  scheitförmiges  oder 
grob  griffelförmiges  Abspringen  und  Zerfallen  des  Gesteins  be- 
wirken kann,  und  es  ist  anzunehmen,  dass  dies  besonders  dann 
stattfinden  wird,  wenn  die  Ablösung  in  beiderlei  Richtung  gleich 
gut  von  statten  geht. 

Nach  diesem  Ueberblick  über  das  Vorkommen  der  transver- 
salen Schieferung  bei  den  einzelnen  Systemen  können  wir  unsere 
eingangs  ausgesprochene  Behauptung  wiederholen,  dass  diese 
mechanische  Einwirkung  auf  die  Schichten  zwar  über  den  ganzen 
Raum  des  Schiefergebirges  hin  verbreitet  ist,  dabei  aber  doch  bei 
den  einzelnen  Systemen  und  deren  Abtheilungen  zu  einer  sehr 
ungleichen  Ausbildung  gelangt  ist,  welche  von  völliger  Abwesen- 
heit bis  zur  grössten  Vollkommenheit  geht;  und  ferner,  dass  eine 
solche,  wenn  auch  minder  grosse,  und  örtlich  oder  regional  sich 
äussernde  Ungleichheit  sogar  bei  den  einzelnen  Abtlieilungen  oder 
doch  einigen  derselben  besteht. 


278 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


Woher  kommt  nun  diese  Verschiedenheit  in  der  Ausbildung 
der  secundären  Schieferung?  Verhielten  sich  die  einzelnen  petro- 
graphisch  verschiedenen  Schichtensysteme  in  Bezug  auf  diese 
mechanische  Umänderung  in  sich  selbst  überall  gleich,  so  liesse 
sich  behaupten,  dass  nur  ihre  physikalische  Beschaffenheit  prä- 
disponireud  für  den  Grad  oder  Ausfall  der  secundären  Schieferung 
gewesen  sei.  Wir  haben  nun  aber  gesehen,  dass  eine  solche 
Gleichheit  nur  bei  gewissen  Systemen  annähernd  besteht,  so  bei 
den  cambrisclien  und  unteren  Culmdachschiefern,  bei  anderen 
Systemen  aber  nicht,  so  beim  oberen  Culm.  Wir  müssen  also 
annehmen,  dass  auch  ungleich  starke,  oder  lokal  und  regional 
ungleich  vertheilte  seitliche  Pressungen  zu  obigem  Resultate  bei- 
getragen haben.  Ob  sich  solche  Ungleichheiten  in  anderer  Weise 
wieder  ausgleichen  müssen,  etwa  durch  vermehrte  Faltung  und 
Stauchung  oder  sonstige  mechanische  Beanspruchungen,  so  dass 
doch  durchweg  annähernd  dieselbe  mechanische  Leistung  des 
Latraldrueks  resultirt,  ist  sehr  schwer  zu  sagen  und  kaum  möglich 

O O 

zu  beweisen ; man  kann  es  nur  vermuthen. 


Richtung  und  Lage  der  Transversalschieferung. 

Die  Streichlinie  der  Transversalschieferung  weicht  im  thürin- 
gischen Schiefergebirge  — soweit  dasselbe  unsererseits  untersucht 
wurde  — von  der  Streichlinie  der  Schichtung,  resp.  dem  mittleren 
Streichen  der  Schichtenzüge  und  ihrer  Falten,  gewöhnlich  etwas 
ab,  wenn  auch  nicht  immer  sehr  beträchtlich,  doch  merklich  genug. 

Lassen  wir  das  Gebiet  der  ältesten  Schieferzonen,  der  phylli- 
tischen  und  halbphyllitisclien  (welches  sich  besonders  auf  den 
Sectionen  Eisfeld , Masserberg  und  auch  noch  einem  Theil 
von  Section  Breitenbach  vorfindet)  hier  ausser  Betracht,  da  dort 
die  Transversalschieferung  sich  wenig  geltend  macht,  so  können 
wir  auf  Grund  sehr  zahlreicher  Beobachtungen  resp.  Compass- 
ablesungen  sagen,  dass  in  dem  ostwärts  folgenden  Gebiet,  in  der 
ganzen  Schieferfolge  von  den  cambrisclien  Thonschiefern  und  Quar- 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  279 


ziten  bis  in  die  Thonschiefer  und  Grauwacken  des  oberen  Cnlm 
das  Streichen  der  Transversalschieferung  fast  stets  sich  der  Rich- 
tung ONO.  nähert,  während  das  Streichen  der  Schichten  mehr  mit 
der  Richtung  NO.  zusammenfällt.  — Dieser  Satz  gilt  indess  nur 
für  das  Gebiet,  wo  sich  in  der  Anordnung  der  Schichtenzüge  die 
SW. — NO.  tektonische  Richtung  als  durchaus  vorherrschend  zeigt, 
während  wir  etwas  weiterhin,  wo  neben  dieser  Richtung  die 
kreuzende  SO. — NW.  tektonische  Richtung  als  gleichberechtigt  sich 
geltend  macht,  ein  anderes  Verhalten  finden,  wie  noch  näher  an- 
gegeben werden  wird. 

Die  nordöstliche  Anordnung  der  aufgestauten  Schichtenfolgen  in 
Verbindung  mit  ostnordöstlichem  Verlauf  der  Transversalschieferung 
tritt  besonders  im  Bereich  der  Sectionen  Breitenbach,  Steinheid, 
Spechtsbrunn,  auch  noch  eines  Theils  von  Section  Gräfenthal 
hervor,  und  gilt,  wie  gesagt,  vom  Cambrium  bis  in  den  Culm, 
soweit  eben  deutliche  Transversalschieferung  vorhanden  ist.  Ab- 
weichungen von  der  im  Allgemeinen  SW. — NO.  laufenden  Richtungs- 
linie der  Schichtenfalten  etc.,  in  Gestalt  von  Querverwerfungen  u.  s.  f. 
fehlen  in  diesem  Gebiet  nicht  ganz,  aber  jene  tektonische  Linie 
dominirt.  Das  Streichen  der  Transversalschieferung  nähert  sich 
meist  der  Richtung  ONO.,  überschreitet  dieselbe  auch  wohl  noch 
und  nähert  sich  fast  der  W. — O. -Linie;  absolute  Constanz  ist  darin 
natürlich  nicht  vorhanden,  und  da  solche  auch  bei  der  Streichlinie 
der  Schichten  nicht  sein  kann,  so  weichen  diese  beiden  Streichlinien 
bald  um  einen  grösseren,  bald  um  einen  kleineren  Winkel  von  ein- 
ander ab.  Das  Einfallen  der  Transversalschieferung  ist  in  diesem 
Gebiet  fast  immer  ein  nordwestliches,  oder  vielmehr  ein  nach  NNW. 
gerichtetes,  mit  den  entsprechenden  kleinen  Abweichungen  nach  NW. 
bis  fast  N. ; nur  ausnahmsweise  wurde  eine  Abweichung  des  Ein- 
fallens  von  NW.  nach  W.  zu  beobachtet,  ein  Hinaustreten  der  Ein- 
fallrichtung aus  dem  Quadranten  W. — N.  jedoch  nie.  Der  Grad 
des  Einfallens  bleibt  sich  nicht  gleich;  sehr  oft  ist  das  Einfallen 
steil,  bis  sehr  steil,  steiler  als  das  der  Schichtung,  aber  es  kommen 
auch  flachere  Einfallwinkel,  z.  B.  40°,  30°  vor.  Die  grössere  Con- 
stanz der  Transversalschieferung  gegenüber  der  Schichtung  tritt 
besonders  in  der  genannten  Richtung  des  Einfallens  hervor; 


280 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


dem  gegenüber  bringen  die  vielfachen  Umbiegungen  und  Falten 
der  Schichten  öfters  ein  südöstliches  oder  sonst  abweichendes  Ein- 
fallen für  die  Schichtung  hervor. 

Anders  ist  dagegen  die  Transversalschieferung,  wie  gesagt,  in 
der  weiter  nach  O.  gelegenen  Gebirgspartie  orientirt,  wo  in  der 
Anordnung  der  Schichtenzüge  neben  der  tektonischen  Linie  SW. 
— NO.  die  kreuzende  Linie  SO.  — NW.  gleichwerthig  hervortritt, 
und  infolge  davon  auch  grosse  Unregelmässigkeiten  der  Lagerung 
zu  Stande  gekommen  sind.  Soweit  unsere  Beobachtungen  reichen, 
gilt  dies  namentlich  für  den  südöstlichen  Winkel  von  Section 
Gräfenthal  und  den  anstossenden  NO. -Winkel  von  Section  Spechts- 
brunn. (Umgegend  von  Gräfenthal,  Buchbach,  Lichtenhain,  Partie 
um  die  Landstrasse  vom  Rennsteig  abwärts  nach  Gräfenthal.)  Man 
findet  hier  allenthalben  die  Transversalschieferung  so  orientirt,  dass 
ihr  Streichen  ein  nordnordöstliches  und  ihr  Einfallen  ein  westnord- 
westliches, mitunter  fast  westliches  ist,  mit  meist  steilem  bis  sehr 
steilem  Einfallswinkel. 

Eine  ganz  befriedigende  Erklärung  für  die  abweichende  Lage 
der  Schieferung  gegenüber  der  Schichtung,  sowie  für  ihre  Orien- 
tirung  an  den  verschiedenen  Stellen  zu  geben,  ist  schwierig.  Die 
jetzt  wohl  allgemein  getheilte  Auffassung  geht  dahin,  die  Schieferung, 
wie  schon  die  Schichtenaufstauung  und  -Faltung  von  dem  in 
der  äusseren  Erdrinde  wirksamen  Lateraldruck  abzuleiten.  Wir 
wissen  nun,  dass  die  Wirkungen  desselben  sich  in  vielen  Gebirgen 
nach  mehreren  Richtungen  geäussert  und  in  diesen  Richtungen  zu 
verschiedenen  Zeiten  wiederholt  haben,  einmal  in  dieser,  ein  ander- 
mal in  jener  Richtung.  Gilt  dies  schon  von  qualitativ  gleichen 
Aeusserungen  des  Seitenschubes,  wie  von  Aufstauung  und  Faltung, 
so  wird  es  nicht  minder  von  qualitativ  verschiedenen  Aeusserungen 
gelten,  von  Faltung  einerseits  und  Schieferung  andererseits.  Und 
insofern  werden  wir  die  mit  dem  Schichtenstreichen  nicht  zu- 
sammenfallenden Streichlinien  der  Schieferung  unserer  Gebirgs- 
gegenden von  anders  gerichteten  Aeusserungen  des  allgemeinen 
Seitendrucks  ableiten  dürfen,  welche  wahrscheinlich  zu  einer  Zeit 
eintraten,  als  der  Schichtenbau  schon  aufgerichtet  und  gefaltet 
war,  welche  aber,  wie  wir  weiter  oben  sahen,  die  einzelnen  Tlieile 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  281 


des  Ganzen  nicht  ganz  gleichmässig  betrafen.  Ob  sich  in  den  oben 
bezeichneten  Streichlinien  der  Schieferung  vielleicht  gewisse  Mittel- 
kräfte von  solchen  Kräften  kundgeben,  welchen  die  beiden  tekto- 
nischen Faltungsrichtungen  entsprechen,  wagen  wir  kaum  zu  be- 
haupten. 

Wenn  wir  das  Einfallen  der  Schieferung,  wie  in  so  vielen 
anderen  Gegenden,  in  der  Regel  nicht  vertical,  sondern  mehr  oder 
minder  steil  geneigt  finden,  so  weist  dies  darauf  hin,  dass  wir  sie 
zunächst  nicht  von  einem  reinen  Horizontaldruck  abzuleiten  haben, 
sondern  eher  von  selbst  schon  abgeleiteten  Seitenpressungen  oder 
regionalen  Modificationen  des  Horizontalschubes,  auf  deren  Rich- 
tung wahrscheinlich  die  Gestalt  und  Lage  der  bereits  aufgestauten 
Schichtenmassen  oder  Gebirgskörper  bestimmend  einwirkten. 

Ein  anderer  Erklärungsversuch  wäre  der,  die  nicht  verticale 
Stellung  der  Schieferung  als  eine  secundäre,  erst  durch  spätere 
Bewegungen  resp.  Hebungen  und  Senkungen  erreichte  aufzufassen; 
diese  Erklärung  würde  jedoch  an  den  durchaus  nicht  immerklichen 
Wechseln  in  der  Lage  der  Schieferung  von  Strecke  zu  Strecke 
Schwierigkeiten  finden. 


Der  untersilurische  GriffeSscliiefer  und  seine  lineare 

Streckung. 

Der  untersilurische  Griffelschiefer,  wie  er  in  der  Gegend  von 
Hämmern,  Steinach,  Ilaselbach,  Hasenthal  und  Spechtsbrunn  im 
südlichen  Theil  des  thüringischen  Schiefergebirges  sich  entwickelt 
findet,  ist  ein  dunkelblau-schwarzer  Thonschiefer  von  sehr  gleich- 
mässiger  und  weicher  Beschaffenheit,  welche  ihn,  in  Verbindung 
mit  seiner  fast  faserigen  Textur,  zu  einem  so  besonders  geeigneten 
Material  für  Schreibgriffel  macht,  und  die  Veranlassung  zu  seiner 
ausgedehnten  Gewinnung  in  einer  grösseren  Zahl  bedeutender 
Steinbrüche  gewesen  ist.  Transversale  Schieferung  und  lineare 
Streckung  lassen  sich  an  diesem  Schiefer  neben  einander  und  un- 


282 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


abhängig  von  der  ursprünglichen  Schichtung  in  den  genannten 
günstigen  Aufschlüssen  erkennen;  zu  ihnen  tritt  noch  eine  mehr- 
fache Zerklüftung  des  Gesteins.  Es  ist  nicht  etwa  nur  die  Inter- 
ferenz zweier  Schieferungsrichtungen  oder  die  Interferenz  der 
Schichtung  mit  den  Schieferungsrichtungen  — wie  solche  mitunter 
ein  Ablösen  des  Gesteins  in  parallelepipedischen  oder  Stengeligen 
Stücken  bewirken  — , was  die  hier  vorliegende  Griffelung  zuwege 
bringt;  sondern  eine  noch  weiter  gehende,  auf  mechanischem  Wege 
in  das  Gestein  eingeführte  Structur,  wie  im  Folgenden  näher  ge- 
zeigt werden  soll;  denn  gerade  für  diesen  Griffelschiefer,  wenigstens 
grössere  Partieen  desselben,  liegen  recht  augenscheinliche  Anzeichen 
für  einen  wirklichen  Streckungsvorgang  im  Gestein  vor. 

Etwas  schwieriger  als  Klüftung  und  Schieferung  ist  bei  diesem 
Griffelschiefer  in  der  Pegel  die  Lage  der  ursprünglichen  Schichtung 
zu  erkennen.  Sie  tritt  hinter  jenen  zurück  und  hat  von  vorn  herein 
in  dem  gleichmässig  beschaffenen  Sediment,  in  welchem  sich  nur 
selten  heterogene  Lagen  und  an  Masse  nur  geringfügige  heterogene 

ö o o o o o o 

Mineralbildungen  vorfinden,  öfters  nur  einen  mangelhaften  Aus- 
druck gefunden1).  Doch  gelingt  es  im  Ganzen  ohne  Schwierig- 
keit, an  verschiedenen  Merkmalen  die  Schichtflächen  zu  entdecken2), 
und  solche  zeigen  sich  dann  in  bekannter  Weise,  durch  Interferenz 
mit  der  leichter  kenntlichen  und  in  unzweideutigster  Weise  vor- 
liandenen  Transversalschieferung,  höckerig,  gegriffelt  oder  abge- 
treppt und  so  zerschnitten,  dass  man  keine  grösseren,  zusammen- 
hängenden Platten  in  ihrer  Richtung  erhalten  kann. 

Wo  sich  solche  Schichtflächen  oder  Schichtungslinien  an 
grösseren  Steinbruchswänden  etwas  weiter  verfolgen  lassen,  sind 
mitunter  Biegungen  und  Faltungen  der  Schichtung  zu  constatiren, 

O ö o O 

welche  von  der  eonstant  parallel  bleibenden  Schieferung  durchsetzt 
werden. 


x)  Es  fehlt,  im  Griffelschiefer  doch  nicht  ganz  an  einem  durch  geringfügige 
Unterschiede  in  der  Färbung  bezeichneteu  Wechsel  in  der  Schichtungslage, 
wenigstens  ist  ein  solcher  hie  und  da  zu  bemerken. 

2)  In  einzelnen  Fällen  treten  die  Schichtflächen  sogar  mit  derselben  Deutlich- 
keit hervor,  wie  die  Flächen  der  Transversalschieferung,  so  z.  B.  hie  und  da  in 
dem  obersten,  alten  Griffelbruch  am  Fellberg. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  283 


Zur  sicheren  Erkennung  der  Schichtungsflächen  sind  nun  ganz 
besonders  wichtig  die  Einlagerungen  von  Pyrit-  oder  Markasit- 
knollen, welche  sich  mitunter  in  grosser  Anzahl  auf  solchen  Flächen 
versammelt  vorfinden. 

Auch  abgesehen  von  den  Schichtungsflächen  sind  Knollen  und 
Concretionen  von  Schwefelkies  durch  die  Masse  dieses  Schiefer- 
gesteins hindurch  sehr  verbreitet,  in  Form  einzelner  oder  in  Menge 
zusammengruppirter  Krystalle  oder  zu  Concretionen  verwachsener 
krystallinischer  Aggregate;  theils  auch  in  Form  grösserer  sphäroi- 
discher  Linsen  oder  Concretionen  von  Pyrit  mit  quarzitischer  Masse 
und  Quarz  (die  sog.  Kälber  oder  Kieskälber  der  Steinbrecher); 
und  wenn  schon  im  Allgemeinen  solche  Bildungen  eine  Anordnung 
oder  Reihung  in  der  Schichtungsrichtung  erwarten  lassen  und 
wirklich  zeigen,  so  wird  insbesondere  eine  Ablösungsfläche, 
auf  welcher  sich  solche  Schwefeleisenknollen  in  Menge  neben- 
einander finden,  unzweifelhaft  als  ursprüngliche  Schichtfläche  be- 
zeichnet, wie  auch  sonst  die  deutlicheren  Schieferungs-  und 
Klüftungsflächen  liegen  mögen  *). 

Sehr  häufig  nun  ist  mit  diesen  krystallinischen  Schwefeleisen- 
concretionen  Faser  quarz  verwachsen,  neben  und  mit  welchem 
öfters  auch  ein  weisses  (bis  schwachgrünliches),  sehr  weiches, 
seiden-  bis  perlmutterglänzendes,  ebenfalls  faseriges  Mineral  vor- 
kommt, welches  mit  dem,  dem  Pyrophyllit  nahe  stehenden  Clüm- 
belit  identisch  sein  dürfte2).  Bei  näherer  Untersuchung  stellt  sich 

*)  Mitunter  treten  die  Markasit-Concretionen  auf  gewissen  Schichtflächen  so 
dicht  zusammen,  dass  sie  förmliche  Schwarten  bilden,  deren  fest  mit  anhaftender 
Thonschiefersubstanz  verwachsene  Oberflächen  in  eigenthümlicher  Weise  wulstig 
erscheinen,  indem  die  Concretionen  dicht  aneinander  fast  im  Quineunx  gestellt 
sind;  solche  wurden  z.  B.  in  einem  Griffelbruch  am  Steinheider  Berg  bei  Steinach 
beobachtet;  sie  wiederholen  sich  ebenso  im  unteren  Culmschiefer. 

Die  Verwitterung  des  reichlich  vorhandenen  Schwefelkies  resp.  Markasit  ist 
auch  der  Grund  der  so  oft  den  Griffelschiefer  auf  Klüften  überziehenden  rothen 
Farbe;  ein  anderes  Eisenmineral  fehlt  eben  im  Griffelschiefer.  An  frei  der  At- 
mosphäre ausgesetzten  Schichtflächen  sieht  man  die  Markasitknollen  meist  in 
Rotheisen  verwandelt. 

2)  Bei  vergleichenden  Löthrohrversuchen  ergaben  sich  bei  diesem  Mineral 
(Proben  von  Griffelbrüchen  bei  Steinach,  sowie  aus  Griffelschiefer  des  unteren 
Culm  bei  Haselbach,  wo  ganz  dasselbe  Mineral  an  Markasitknollen  faserig  ansitzt) 


284 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


immer  heraus,  dass  die  Fasern  des  Faserquarzes  (und  jenes 
anderen  Minerals)  in  derselben  Richtung  laufen,  wie-  die  faserige 
oder  griflelige  Structur  des  umgebenden  Schiefers. 

Mit  besonderer  Deutlichkeit  wurde  die  Faserquarzbildung  und 
ihre  erwähnte  Lage  in  dem  grossen  Gritfelbruch  am  Fellberg  bei 
Steinach  beobachtet,  wo  der  Betrieb  öfters  solche  Flächen  mit 
Markasitknollen,  denen  Faserquarz  ansitzt,  blosslegt;  die  nähere 
Untersuchung  eines  solchen  Vorkommens  zeigt,  dass  die  Faser- 
quarzbildung mit  den  Streckungsvorgängen,  denen  diese  Schiefer- 
partie unzweifelhaft  ausgesetzt  gewesen  ist,  in  engstem  Zusammen- 
hang steht,  dieselben  gleichsam  erläutert;  und  es  möge  daher  dieses 
Vorkommen  mit  den  sich  daraus  ergebenden  Schlüssen  näher  er- 
örtert werden. 

Die  Schwefeleisenknollen,  die  auf  diesen  Flächen  in  Menge 
liegen,  sind  bis  faustgross  und  kleiner,  haben  eine  rundliche,  kugelige 
oder  häufig  flach  sphäroidische  und  unregelmässig  platt  knollige 
Gestalt;  das  Schwefeleisen  ist  durch  Oxydation  fast  durchweg  in 
rothes  Eisenoxyd  übergeführt1). 

Diese  Schwefeleisenknollen  sind  es,  welche  auch  hier  die  Basis 
für  eine  secundäre  Quarzbildung  abgegeben  haben,  und  zwar  stellt 
sich  der  Quarz  entweder  durchaus  als  Faserquarz  mit  z.  Th.  höchst 


und  bei  Gümbelit  (Proben  aus  Graptolithenschiefer  von  Hämmern,  wo  der  Güm- 
belit  z.  Th.  mehr  schuppig  ist)  dieselben  Reaktionen. 

Der  Gümbelit  tritt  u.  a.  als  Yersteinerungsmittel  von  Graptolithen  auf  und 
ist  auch  sonst  im  Schiefergebirge  sehr  verbreitet.  Siehe  Gümbel  , Geog.  Beschr. 
d.  Fichtelgebirges,  Sachregister. 

*)  Dies  geht  so  weit,  dass  kleine  Proben  bei  der  Löthrohrprüfung  keine 
Reaktion  auf  Schwefel  mehr  geben ; doch  können  dabei,  nach  erfolgter  Weglösung 
des  Oxyds  durch  längere  Behandlung  mit  Salzsäure,  am  Rande,  wo  der  um- 
gebende Quarz  beginnt,  noch  kleine  Schwefelkiesreste  vorhanden  sein,  häufiger 
gewahrt  man  hier  nur  im  Quarz  die  Eindrücke  kleiner  verschwundener  Würfel 
mit  gestreiften  Fachen.  Das  strahlige  Gefüge,  welches  in  dem  die  Stelle  des 
zerstörten  Schwefeleisens  einnehmenden  Eisenoxyd  öfters  hervortritt,  lässt  für 
solche  Partieen  mehr  die  frühere  Anwesenheit  von  Markasit  als  von  Pyrit  an- 
nehmen. Uebrigens  schliesst  die  Gegenwart  des  einen  der  beiden  Mineralien  die 
des  andern  nicht  aus,  da  beide  in  Verwachsung  Vorkommen  können. 

Nach  Richter,  »Das  Thüring.  Schiefergebirg « , Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges. 
XXI,  1869,  p.  442,  bestehen  die  Schwefeleisenellipsoide  des  Griffelschiefers  nur 
ausnahmsweise  aus  Pyrit,  in  der  Regel  aus  Markasit. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  285 


feinfaseriger  Structur  dar,  oder  zeigt  sich  doch  wenigstens  äusser- 
lich  am  Contakt  mit  dem  umgebenden  Schiefer  faserig.  Die  Faser- 
quarzbildung ist  von  zwei  gegenüberliegenden  Seiten  eines  Knollens 
ausgehend  nach  entgegengesetzter  Richtung  in  der  Weise  vorge- 
schritten, dass  alle  Fasern  annähernd  parallel  laufen,  nicht  nur 
an  ein  und  demselben  Knollen,  sondern  überhaupt  bei  allen,  soweit 
solche  auf  der  entblössten  Schichtfläche  zu  bemerken  sind.  In  der 
Richtung  quer  zur  Richtung  der  Fasern  bleiben  die  Knollen  von 
dem  Quarzansatz  mehr  oder  weniger  weit  frei,  je  nach  der  Ge- 
stalt des  Knollens  und  der  Möglichkeit  des  Eindringens  der  Kiesel- 
säure haltenden  Lösung  zwischen  Kiesknollen  und  einschliessendem 
Thonschiefer  in  später  näher  anzugebender  Weise.  (Körperlich 
betrachtet  umschliesst  der  Quarz  den  Schwefeleisenknollen  unregel- 
mässig schalenförmig  und  breitet  sich  seitlich  auf  demselben  zu 
einer  sehr  dünnen  Schicht  aus,  während  er  sich  nach  dem  andern 
Ende  hin  zu  einem  geschlossenen  Faserbündel  etwas  verjüngt;  der 
von  Quarz  freibleibende  Theil  des  Knollens  ist  eine  Art  sehr  un- 
regelmässig verlaufender  Ringfläche.)  Die  Figuren  8 a und  8 b 
zeigen  derartige,  zu  Oxyd  verwitterte  Schwefeleisenknollen  mit 
Faserquarzansätzen  in  natürlicher  Grösse.  Figur  7 zeigt,  ver- 
kleinert, ein  Stück  einer  mit  solchen  Knollen  bedeckten  Schicht- 
fläche; alle  Fasern  des  Quarzes  laufen  hier  in  derselben  Richtung, 
welche  zugleich  die  Griflellage  ist.  In  Wirklichkeit  ist  wegen  des 

o o o 

alle  Theile  der  Schichtflächen  überziehenden  und  färbenden  Eisen- 
oxyds die  Erscheinung  etwas  verundeutlicht. 

Wir  können,  wie  schon  bemerkt,  für  diese  Faserquarzmasse 
nur  eine  secundäre  Entstehungsweise  annehmen;  als  ursprüngliche 
Bildung,  die  gleichzeitig  mit  der  Bildung  oder  Concentration  der 
Schwefeleisenknollen  im  Thonschiefer  erfolgt  wäre,  sind  sie  unver- 
ständlich. In  der  That  kommen,  wie  angeführt,  auch  anderweitige 
Concretionen  im  Schiefer  vor,  bei  welchen  man  es  mehr  mit  con- 
centrisch  angeordneten  Verwachsungen  von  Schwefelkies  und 
quarziger  oder  besser  quarzitischer  Masse  zu  thun  hat,  und  welche, 
wie  nicht  minder  die  krystallinischen  Gruppen  und  Knollen  von 
Schwefeleisen  an  und  für  sich  (ohne  Faserquarz  betrachtet)  alle 
Merkmale  jener  knolligen  oder  sphäroidischen  Concretionen  be- 


286 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


sitzen,  wie  sie  in  Thonschiefer  und  auch  anderen  Schichtgesteinen 
so  häufig  als  ursprünglich  eingebettete  Mineralbildungen  Vor- 
kommen ; solche  Concretionen  werden  aber,  neben  ihrer  im  All- 
gemeinen concentrischen  Anordnung,  seihst  wenn  der  Druck  des 
successive  aufgelagerten  Sediments  auf  ihre  Anordnung  und  Ge- 
stalt noch  von  Einfluss  gewesen  sein  sollte,  immer  eine  in  der 
Fläche  der  Schichtung  ziemlich  gleichförmig  ausgedehnte  oder 
abgeplattete  Gestalt  besitzen,  nicht  aber  nach  ein  und  derselben 
bestimmten  Richtung  in  der  Schichtungsebene  alle  eine  Ver- 
längerung oder  Streckung  oder  lineare  Parallelstructur  annehmen 
können,  wie  dies  gerade  bei  jenen  Faserquarzansätzen  der  Schwefel- 
eisenknollen in  so  auffallender  Weise  hervortritt. 

Da  ferner  so  wenig  wie  diese  Faserquarzansätze  selbst,  auch 
der  von  ihnen  eingenommene  Raum  ursprünglich  vorhanden  ge- 
wesen sein  kann,  — denn  die  Concretionen  müssen  der  Natur 
der  Sache  nach  und  wie  in  allen  solchen  Fällen  von  dem  um- 
gebenden Sediment  dicht  umschlossen  gewesen  sein,  — so  muss 
für  diesen  Raum  und  seine  Ausfüllung  eine  spätere  Entstehung 
angenommen  werden.  Es  verhält  sich  somit  diese  Bildung  eiuiger- 
maassen  wie  eine  von  Quarz  erfüllte  Kluft  oder  Gangspalte  im 
Gestein.  Indess  liegt  es  auf  der  Hand,  dass  die  mechanischen 
Bedingungen,  welche  zur  Herstellung  jener  Discontinuitäten  ge- 
führt haben,  die  zwischen  dem  Pyrit  resp.  Markasit  und  dem 
Thonschiefer  bei  jeder  Concretion  in  ganz  gleicher  Weise  sich 
wiederholen,  andere  gewesen  sein  müssen,  als  diejenigen,  welche 
das  Gestein  durchsetzende  Sprünge  oder  Klüfte  zur  Folge  haben. 
Vielmehr  ist  die  in  Rede  stehende  Faserquarzbildung  ein  augen- 
scheinlicher Beweis  von  Streckungsvorgängen,  die  in  diesen  Schiefer- 
schichten nach  einer  ganz  bestimmmten  Richtung  — eben  der 
Richtung  in  welcher  die  Fasern  verlaufen  — stattgefunden  haben. 

Es  lässt  sich  dies  etwa  wie  folgt  näher  begründen.  Was 
zunächst  den  Streckungsvorgang  als  solchen  betrifft,  so  ist  der- 
selbe eine  Wirkung  starken  Drucks,  oder  genauer  wahrscheinlich 
eiue  Art  der  Aeusserungen  des  Lateraldrucks  in  der  äusseren 
Erdrinde,  und  besteht  derselbe  in  einer  grossen  Summe  kleiner 
und  kleinster  gleich  gerichteter  Verschiebungen,  welche  durch  die 

O ö o 7 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge. 


287 


ganze  Masse  des  Gesteins  hindurch  von  Theilchen  zu  Theilclien 
stattfanden,  resp.  sich  durch  eine  gewisse,  vielleicht  längere  Zeit 
wiederholten.  Beim  Eintritt  dieses  Streckungsvorgangs  nun  musste 
sofort  der  grosse  Unterschied  in  der  physikalischen  Beschaffenheit 
des  Pyrits  oder  Markasits  und  des  ihn  einschliessenden  Tlion- 
schiefers  zur  Geltung  kommen:  Die  Massentheilchen  des  krystal- 
linisch  starren  Schwefeleisens  konnten  der  streckenden  Bewegung 
nicht  in  dem  Maasse  folgen,  als  die  leichter  an  einander  zu  ver- 
schiebenden Theilchen  des  weichen,  nicht  krystallinischen  Thon- 
schiefers, sie  blieben  wegen  der  überwiegenden  krystallinischen 
Cohäsion  im  anfänglichen  Zusammenhang,  während  die  Schiefer- 
theilehen  in  der  Bewegung  oder  Verschiebung  voranschritten.  So 
musste  eine  Discontinuität  zwischen  Schiefer  und  Pyrit  in  der 
Richtung  der  Bewegung,  d.  i.  zugleich  auf  denjenigen  Seiten  der 
Pyritknollen,  welche  am  wenigsten  dem  Druck  ausgesetzt  waren, 
entstehen,  und  in  dieser  Discontinuität  konnte  in  dem  Maass  als 
sie  entstand  und  sich  vergrösserte,  nach  Art  irgend  welcher  andern 
Secretionen  in  hohlen  Räumen  Kieselsäure  aus  Lösung  auskrystal- 
lisiren.  Die  faserige  Textur  der  auskrystallisirten  Kieselsäure  giebt 
zugleich  einen  Beweis  für  das  nur  allmähliche  Voranschreiten  des 
Vorgangs;  hätte  der  Hohlraum  zwischen  Schwefelkies  und  Thon- 
schiefer sich  wesentlich  schneller  gebildet  als  seine  Ausfüllung, 
oder  wäre  die  Kieselsäure  in  den  schon  fertig  gebildeten  Hohl- 
raum auskrystallisirt , so  würden  wir  eine  körnig  krystallinisclie 
oder  eine  in  concentrischen  Lagen  erfolgte  Ausfüllung  des  Hohl- 
raums mit  Kieselsäure  — etwa  nach  Art  der  auskrystallisirten 
Drusenräume,  oder  Geoden  — finden,  jedoch  keine  längsfaserige. 
Die  Faserstructur  entspricht  nun  aber  ganz  einer  successiven 
Vergrösserung  der  Discontinuität,  welche  in  ihrem  ersten  Beginn 
den  Anlass  gab  zum  ersten  Ansatz  der  auskrystallisirenden  Kiesel- 
säure in  einer  unendlich  dünnen  Schicht  ; an  diese  aus  dicht  ge- 
drängten krystallinischen  Individuen  zusammengesetzte  Basis  kry- 
stallisirte  mit  dem  Voranschreiten  der  Discontinuität  neuer  Stoff 
aus  Lösung  an,  was  sich  wiederholte  so  lange  der  Vorgang  dauerte, 
und  so  kam  nach  und  nach  ein  längsfaseriges  oder  stengeliges 
krystallinisches  Aggregat,  ein  Faserbündel  zu  Stande. 


288 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


Eine  weitere  Voraussetzung  zum  Zustandekommen  dieser 
Faserquarzmassen  ist  offenbar  genügender  Zutritt  der  die  Kiesel- 
säure absetzenden  Solution ; dazu  war  aber  gerade  auf  den  Ab- 
lösungsfläclien  der  Schichtung,  auf  welcher  die  in  Rede  stehenden 
Knollen  liegen,  mindestens  so  gute  Gelegenheit  als  im  Innern  der 
Gesteinsmasse,  und  wir  finden  daher  bei  den  oben  erwähnten  im 
Innern  des  Gesteins  liegenden,  meist  grösseren  Concretionen  (sog. 
»Kälbern«)  jene  secundäre  seitliche  Quarzbildung  weniger.  Auch 
bei  diesen  musste  sich  natürlich  die  Cohäsionsdifferenz  zwischen 
Concretion  und  Schiefer  bei  der  Streckung  geltend  machen,  ein 
leerer  Zwischenraum  wird  aber  auch  hier  nicht  haben  bestehen 
können,  da  er  durch  die  unter  starkem  Druck  stehende  und  dem- 
selben langsam  nachgebende  Schiefermasse  wieder  geschlossen 
werden  konnte1). 

Wie  die  beschriebene  Faserquarzbildung  vorliegt,  zeigt  sie 
deutlich  das  Vorhandensein  und  die  Richtung  der  streckenden  Be- 
wegung an;  wir  ersehen,  dass  diese  Bewegung  hier  nicht  etwa 
frei  nach  einer  beliebigen  Seite  in  der  Normalebene  des  Drucks, 
sondern  nur  in  einer  bestimmten  Richtung  erfolgt  ist.  Geringe 
Knickungen,  die  im  Verlauf  der  Fasern  sich  nicht  selten  zeigen 


1 ) Zum  Unterschied  von  den  Schwefeleisenknollen  sind  diese  grösseren,  aus 
quarzitischer  Masse  bestehenden  Sphäroide  bei  der  Streckung  oft  wiederholt  ge- 
rissen und  die  so  entstehenden  Spalten  allerdings  auch  mit  secundärem  Quarz, 
z.  Th.  Faserquarz,  erfüllt. 

Wenn  die  Faserquarzansätze  der  auf  den  Schichtflächen  liegenden  Pyrit- 
oder Markasitknollen,  wie  es  öfters  vorkommt,  im  Tnnern  mehr  körnig  als  faserig 
erscheinen,  so  dürfte  dies  vielleicht  weniger  in  späterer  Umkrystallisirung  als 
darin  begründet  sein,  dass  in  solchen  Fällen  die  gänzliche  Erfüllung  des  Raumes 
mit  Kieselsäure  nach  innen  zu  etwas  später  eintrat  als  aussen  herum. 

Auch  an  Pyritwürfeln,  die  in  der  Griffelschiefermasse  mehr  vereinzelt  liegen, 
wurden  Ansätze  von  Faserquarz  beobachtet;  derselbe  bildet  dünne  Platten  auf 
gegenüberliegenden  Seiten  der  Pyritwürfel,  oder  nur  auf  einer  Seite,  oder  greift 
auch  um  Ecken  herum,  je  nachdem  der  Krystall  zur  Streckrichtung  lag.  Der 
Quarz  erscheint  nicht  gleichmässig  an  allen  Pyritwürfeln  und  nicht  gleichmässig 
click  an  jedem;  die  Fasern  laufen  auch  hier  parallel.  — Mitunter  erscheinen  die 
Pyritwürfel  verschoben  und  nicht  mehr  rechtwinkelig,  wohl  deshalb,  weil  sie  bei 
fortgesetzter  Druckwirkung  von  inneren,  wenn  auch  noch  so  kleinen  und  nicht 
sichtbaren  Brüchen  betroffen  sind  und  so  an  der  Verschiebung  etwas  theilge- 
nommen  haben. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge. 


289 


(vgl.  Figur  8b),  bedeuten  ohne  Zweifel,  dass  die  streckende  Be- 
wegung nicht  ganz  continuirlich  war  und  sich  nicht  genau  parallel 
blieb.  — In  den  Faserquarz  büschein,  welche  an  den  Schwefeleisen- 
knollen sitzen,  haben  wir  überdies  einen  Maassstab  für  die  Grösse 
der  stattgehabten  Verschiebung. 

Ein  vollkommenes  Analogon  zu  unserer  Faserquarzbildung  ist 
die  Ausfüllung  der  Zwischenräume  der  schon  lange  bekannten,  in 
letzter  Zeit  wieder  viel  besprochenen,  durch  Streckung  gerissenen 
Belemniten  mit  Faserquarz  oder  mit  Faserkalk.  Auch  Daubree 
kommt  bei  der  Besprechung  dieser  Bildungen  zu  dem  Schluss, 
dass  sie  einen  Beweis  für  den  langsamen  und  allmählichen  Ver- 
lauf des  Streckungsvorganges  enthalten;  er  führt  zum  weiteren  Ver- 
gleich die  Bildung  des  Fasergypses  an  und  die  in  vielen  Fällen 
zu  erkennende,  langsame  Ausfüllung  von  Erzgangspalten  während 
successiver  Erweiterung  1). 

Auch  kann  liier  die  von  Sorby  beschriebene  Umformung  von 
Crinoidenstielgliedern  verglichen  werden,  welche  in  geschiefertem 
resp.  gestrecktem  Kalkstein  vorkommt  und  bei  welcher  ebenfalls, 
der  von  Sorby  gegebenen  Figur  nach  zu  urtheilen,  der  auf  der 
Druckseite  gelöste  kohlensaure  Kalk  sich  auf  der  vom  Druck  ab- 
gewendeten Seite  fas  er  artig  ansetzt2). 

Was  nun  die  Lage  der  Streckung  oder  Faserung  im  Griffel- 

ö Ö O 

schiefer  belangt,  oder  m.  a.  W.  die  Richtung,  nach  welcher  das 
Gestein  schon  in  situ  sich  in  Griffel  auflöst  oder  künstlich  in  solche 
getrennt  werden  kann,  so  wurde  als  Regel  beobachtet,  dass  jene 

*)  Bull.  soe.  geol.  France.  3 ser.  tome  IV,  1876,  p.  551. 

2)  Quart.  Journal,  1879,  Proceedings,  p.  88  ff.  — Auch  abgesehen  von  den 
Griffelschiefern  des  unteren  Silur  und  unteren  Culm  bemerkt  man  manchmal 
Faserquarz  an  noch  vorhandenem  oder  verschwundenem  Pyrit  in  Thonschiefer, 
und  es  mögen  auch  hier  Streckungsvorgänge,  wenn  auch  nicht  so  durchgreifender 
Art  wie  bei  den  Griffelschiefern , den  Anlass  zur  Bildung  dieses  Minerals  ge- 
geben haben;  überhaupt  könnte  dieser  Gesichtspunkt  bei  Vorkommnissen  von 
Faserquarz  und  anderen  faserigen  Mineralien  .in’ s Auge  zu  fassen  sein. 

Gümbel  erwähnt  Faserquarz  neben  Schwefelkies  in  den  koklereichen  Silur- 
schiefern. (Geog.  Beschreib,  d.  Fichtelgebirges,  p.  275.)  — Verschobene  Pyritwürfel 
aus  Dachschiefer  erwähnt  auch  Daubree  (Syntket.  Studien  z.  Experimentalgeologie 
1880,  p.  337). 


19 


290 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


Richtung  in  der  Durchschnittslinie  der  Schichtenlage  mit 
der  Transversalschieferung  gelegen  ist,  oder  doch  nahezu 
mit  ihr  zusammenfällt.  Wohl  in  sämmtlichen  Griffelbrüchen  im 
untersilurischen  Griffelschiefer  der  Gegend  von  Steinach,  Hasel- 
bach und  Spechtsbrunn  trifft  dies  zu.  Man  findet  hier  durchweg 
ein  mittelsteiles  Einfallen  der  Transversalschieferung  nach  NW., 
während  die  Schichten  etwa  mit  demselben  Steilheitsgrad  nach 
SO.  fallen,  so  dass  beide  Lagen  ziemlich  rechtwinkelig  aufeinander 
stehen;  ihre  Durchschnittslinie  und  somit  die  Lage  der  Streckung 
oder  die  Griffellage  sieht  man  in  der  Regel  mässig,  bis  zu  ca.  20°, 
nach  NO.  oder  SW.  ansteigen,  mitunter  auch  nur  wenig  von  der 
Horizontalen  abweichen 1). 

Es  ist  hervorzuheben,  dass  die  Deutlichkeit  der  Transversal- 
schieferung, resp.  die  leichte  Erkennung  ihrer  Lage  im  an- 
stehenden Gestein  durch  die  Streckung  nicht  beeinträchtigt  worden 
ist;  wie  früher  bemerkt  ist  auch  die  Schichtenlage  durch  ver- 
schiedene Anzeichen  herauszufinden ; die  Streckungs richtung 
wird  durch  die  griffelförmige  Auflockerung  des  Gesteins  in  der 
oben  bezeiclmeten  Richtung,  wenn  dasselbe  einige  Zeit  der  Atmo- 
sphäre ausgesetzt  gewesen  ist,  angegeben2);  hierzu  kommt  endlich 
die  Parallelklüftung,  von  welcher  namentlich  dasjenige  System 
besonders  ausgebildet  ist,  welches  quer,  fast  rechtwinkelig  zur  all- 
gemeinen Streichrichtung  der  Schichten  läuft;  aus  diesen  ver- 
schiedenen Factoren  setzt  sich  das  Bild  zusammen,  welches  man 
in  den  Griffelbrüchen,  zwar  nicht  immer  mit  gleicher  Deutlichkeit, 
öfters  aber  mit  einem  Blick  von  den  verschiedenen  mechanischen 
Einwirkungen  erhält,  denen  dieser  Schiefer  im  Lauf  der  Zeit  aus- 
gesetzt  gewesen  ist. 


*)  Da  die  Schichten  hie  und  da  Falten  erkennen  lassen,  könnte  man  einen 
grösseren  Wechsel  bezüglich  ihrer  Lage  und  der  jener  Durchschnittslinie  erwarten; 
es  scheint  indess,  dass  die  vorhandenen  Falten  die  allgemeine  Streichrichtung 
einhalten,  dabei  nur  schwach  auf  und  absteigen  und  im  allgemeinen  Schichten- 
einfallen nach  SO.  nur  untergeordnete  Abweichungen  hervorbringen. 

2)  Man  kann  mitunter  aus  dem  gelockerten  Lagerungsverband  das  Gestein 
in  Griffeln,  einen  nach  dem  anderen  herausnehmen ; anfänglich  sind  diese  Griffel 
sehr  lang,  wohl  bis  zu  1 Meter,  zerfallen  aber  von  selbst  nach  und  nach  in 
immer  kleinere  Griffel;  man  sieht  hieraus  wie  innerlich  die  Griffelstructur  ist. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  291 


Dass  die  Streckungsrichtung  mit  der  Lage  der  Durchsclmitts- 
linie  von  Schichtung  und  Transversalschieferung  meisthin  zusammen- 
fällt, ist  a priori  eben  nicht  vorauszusehen;  es  wäre  an  sich  sehr 
wohl  denkbar,  dass  das  bereits  transversal  geschieferte  Gestein  zu 
einer  späteren  Zeit  einem  Streckungsvorgang  nach  irgend  welcher 
anderen  Richtung  unterworfen  worden  wäre.  Thatsäclilich  kommen 
auch  Beispiele  derart  an  anderen  Stellen  oder  in  anderen  Ge- 
birgen vor1). 

Die  in  unserem  Fall  vorliegende  Streckungsrichtung  glauben 
wir  am  besten  so  zu  erklären,  dass  wir  sie  als  Folge  zweier  Druck- 
kräfte auffassen,  die  sich  neben  einander  von  zwei  Seiten  her 
äusserten : nämlich  einerseits  des  noch  fortgesetzt  wirksamen  Drucks, 
welcher  zunächst  die  Transversalschieferung  zuwege  gebracht  hatte, 
und  andererseits  eines  in  der  Richtung  vom  Liegenden  zum  Han- 
üenden  und  mimekehrt,  mit  anderen  Worten  normal  zur  Schichten- 
läse  wirksamen  Drucks.  Die  erste  Druckkraft  würde  ein  Aus- 
weichen  in  der  Ebene  der  Transversalschieferung,  die  zweite  in 
der  Ebene  der  Schichtung,  beide  zusammen  also  in  der  Richtung 
der  Durchschnittslinie  beider  bewirkt  haben.  Derjenige  Druck 
aber,  welchen  wir  normal  zur  Schichtenlage  annehmen,  könnte 


1)  So  findet  man  aus  den  Schiefergebirgen  wiederholt  die  Beobachtung  an- 
geführt, dass  die  lineare  Streckung  in  der  Richtung  des  Einfallens  der  Trans- 
versalschieferung gelegen  ist;  in  diesem  Falle  also  war  Ausweichen  vor  dem 
Druck  am  leichtesten  in  der  Richtung  von  unten  nach  oben  möglich.  Uebrigens 
bemerkt  auch  Naumann  (Lehrb.  d.  Geognosie,  2.  Aufl.,  Bd.  1,  p.  435),  dass  die 
Streckung  in  vielen,  aber  keineswegs  in  allen  Fällen  mit  der  Falllinie  der  Schichten 
coincidire. 

Die  ausweichende  oder  streckende  Bewegung  nach  oben  begreift  sich  leichter, 
als  die  nach  der  Seite;  man  kann  die  Frage  stellen,  wie  überhaupt  in  der  ge- 
schlossenen Gebirgsmasse  ein  seitliches  Ausweichen,  Schieben  und  Strecken  mög- 
lich war.  Für  den  Fall  unseres  Griffelschiefers  lässt  sich  hierauf  antworten,  zu- 
nächst, dass  die  Streckrichtung  keine  rein  seitliche  ist,  sondern  nach  der  einen 
oder  anderen  Seite  etwas  ansteigt ; sodann , dass  von  Stelle  zu  Stelle  sich  Aus- 
gleichungen hergestellt  haben  mögen,  denen  vielleicht  eine  sehr  verworrene  Struotur, 
vielleicht  auch  Brüche  und  grössere  Verschiebungen  entsprechen.  Nachgewiesen 
sind  solche  allerdings  nicht;  die  Griffelbrüche  werden  natürlich  von  solchen  Stellen 
fern  zu  bleiben  suchen;  immerhin  ist  der  Schiefer  keineswegs  in  allen  Brüchen 
von  gleichbleibender  und  gleich  brauchbarer  Structur , es  kommen  im  Gegentlieil 
grössere  unbrauchbare  Partieen  vor. 


19 


292 


H.  Lorktz,  über  Transversalschieferung 


darin  begründet  sein , dass  sieh  als  nächstes  Liegende  der  Griffel- 
schiefer eine  besonders  harte  und  erheblich  mächtige  Schichten- 
folge vorfindet,  nämlich  der  oberste  cambrische  Quarzit;  dieser 
bildet  einen  ununterbrochen  durchgehenden  Zug  vom  SW. -Rand 
des  Schiefergebirges  bis  in  die  Gegend  von  Gräfenthal,  und  in 
derselben  Erstreckung  verhält  sich  auch  der  unterste  sibirische 
Thonschiefer  so  gut  wie  ganz  als  Griffelschiefer.  Dass  sich  aber 
aus  dem  Widerstande,  welchen  harte  und  mächtige  Gebirgsglieder 
den  zusammendrückenden  Wirkungen  des  allgemeinen  Lateral- 
drucks oder  daraus  abgeleiteter  Pressungen  leisten,  wieder  spe- 
cielle  Rückwirkungen  ergeben  können,  welche  besonders  an  den 
jenen  festen  Massen  angelagerten  weicheren  Schichten  zum  Aus- 
druck kommen  müssen,  steht  mit  vielfachen  Beobachtungen  in 
diesem  Gebiet  der  Geologie  im  besten  Einklang. 

Nächst  den  mechanischen  Einwirkungen  kommt  für  das  vor- 
liegende Resultat  natürlich  der  Stoff,  die  physikalischen  Eigen- 
schaften des  Gesteins  sehr  in  Betracht  : das  Material  des  Schiefers 
muss  für  diese  Art  von  innerlichen  Verschiebungen,  wie  sie  sich 
in  der  Griffelung  aussprechen,  besonders  günstig  gewesen  sein, 
und  es  ist  dies  bei  einem  so  gleichartig  gemischten,  so  wenig 
durch  abweichende  Zwischenschichten  unterbrochenen  Material, 
wie  es  in  unseren  untersten  Silurthonschiefern  vorliegt  , auch  recht 
wohl  verständlich. 

Zum  Wesen  der  linearen  Streckung,  wie  sie  sich  bei  den 
Griffelschiefern  zeigt,  gehört,  dass  die  Grösse  der  parallelen  Be- 
wegung von  Theilchen  zu  Theilclien  etwas  verschieden  war,  so 
dass  alle  in  derselben  Richtung  etwas  gegen  einander  verschoben 
wurden.  Transversalschieferung  für  sich  allein  bewirkt 
bekanntlich  noch  keine  griffelige,  sondern  nur  eine  platten  förmige 
Absonderung,  wie  bei  den  Dachschiefern;  soweit  bei  der  Schiefe- 
ruög  auch  schon  nicht  blos  Compression,  sondern  ausweichende 
Bewegungen  und  Verschiebungen  zu  Grunde  liegen,  wird  man 
solche  in  auf  einander  folgenden  dünnen  Schichten  nach  verschie- 
denen Richtungen  — höchstens  in  derselben  Schicht  parallel  — 
vor  sich  gehend  zu  denken  haben;  im  Wesen  der  linearen 
Streckung  liegt  eben,  dass  durch  die  ganze  Masse  hindurch  eine 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  293 


Parallelbewegung  mit  Verschiebung  von  Theilchen  zu  Theilchen 
stattfinde  ]). 

Die  absolute  Grösse  der  stattgefundenen  Verschiebungen  scheint 
bei  diesem  Streckungsvorgang,  wenn  auch  wohl  grösser  als  bei 
der  einfachen  Transversalschieferung,  doch  im  Ganzen  gering  ge- 
wesen  zu  sein.  Wir  könnten  dies  schon  daraus  schliessen,  dass 
nach  der  Streckung  Transversalschieferung  wie  Schichtung  noch 
zu  erkennen  sind;  diese  würden  durch  stärkere  Massenverschie- 
bungen wohl  mehr  verwischt  worden  sein*  2).  Das  beste  Anhalten 
über  die  Grösse  der  Verschiebung  benachbarter  Theile  geben  uns 
indess  jene  merkwürdigen,  gestreckten  und  sonst  deformirten  Tri- 
lobiten,  welche  im  Griffelschiefer  von  Steinach  wiederholt,  wenn 
auch  als  Seltenheiten  vorgekommen  sind.  Liegt  ein  solcher  orga- 
nischer Rest  mit  seiner  Längsrichtung  ungefähr  in  der  Streckuugs- 
richtung,  so  sieht  man  wie  die  Symmetrie  beider  Hälften,  rechts 
und  links  von  der  Längsaxe  verloren  gegangen  ist;  zwei  ent- 
sprechende Punkte  dieser  Hälften  können  nicht  nur  in  der  Rich- 
tung der  Axe  gegen  einander  verschoben  sein,  sondern  ausserdem 
auch  noch  so,  dass  der  eine  viel  tiefer  liegt  als  der  andere,  die 
eine  Seite  schmal  zusammengeschoben,  die  andere  breit  geblieben 
und  der  Schnitt  des  Trilobiten  normal  zur  Längsaxe  eine  ganz 
unregelmässig  gebogene  Figur  geworden  ist3).  Immerhin  bleiben 

J)  In  ähnlicher  Weise  wie  hier  in  der  Natur,  zeigten  ja  auch  bei  den  be- 
kannten DAUBREifschen  Versuchen  die  Thon-  oder  Bleimassen,  mit  welchen  ex- 
perimentirt  wurde,  ausser  der  Schieferung  unter  gewissen  Umständen  noch  eine 
faserige  Structur  resp.  ein  geriffeltes  Aussehen  ihrer  Theilplatten,  indem  sich 
offenbar  die  Masse  beim  Auspressen  in  Stränge  oder  Fäden  von  differenter  Be- 
wegungsgrösse theilte,  die  sich  mithin  an  einander  verschoben;  ähnlich  wie  beim 
technischen  Auspressen  und  Auswalzen  durch  verschiedene  Kaliber  ein  faseriges 
Gefüge  erzielt  wird. 

2)  Ist  das  Gesein  nicht  mehr  frisch,  sondern  verwittert,  so  tritt  allerdings 
die  gestreckte  Structur  stärker  hervor,  es  ist  kein  Spalten  nach  der  Schieferung 
mehr  möglich  und  solche  wird  mehr  und  mehr  verwischt. 

3)  Der  durch  ein  gümbelitartiges  Mineral  ersetzte  Körper  dieser  Trilobiten 
ist  sehr  dünn  und  die  faserige  Textur  des  Gesteins  schimmert  hindurch.  — Es 
ist  ersichtlich,  dass  manche  dieser  ohnehin  nicht  häufigen  Fossilien  in  Folge  ihrer 
Lage  zur  Streckrichtung  noch  stärker  verzerrt  sein  können,  und  durch  ungünstige 
Lage  zur  Spaltrichtung  des  Schiefers  niemals  im  Zusammenhang  zum  Vorschein 
kommen. 


294 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


diese  Verzerrungen  weit  unter  dem  Maass  derjenigen,  welche  bei 
den  künstlichen  Experimenten  über  Schieferung  und  Streckung  mit 
Leichtigkeit  erreicht  werden  können;  obschon  auch  hier  sehr  ge- 
ringe Verschiebungen  als  ausreichend  befunden  worden  sind, 
um  jene  Structuren  hervorzurufen,  wie  wenigstens  für  die  Schiefe- 
rung von  Daubree  bemerkt  wird.  Für  die  letztere  möchte  man 
dasselbe  auch  aus  der  Bemerkung  schliessen,  die  Gümbel1)  über 
das  Aussehen  geschieferter  Schiefer  im  Dünnschliff  macht,  welche 
im  Vergleich  zu  nicht  geschieferten  keinerlei  Aenderung  in  der  Lage 
x;nd  Richtung  der  erkennbar  kleinsten  Mineraltheilchen  zeigten. 
Es  scheint  demnach,  dass  der  blose  Spannungszustand  in  Folge 
einer  nur  minimalen  Compression  und  seitlichen  Verschiebung  zur 
Schieferung  genüge.  Dass  es  indess  bei  derselben  gewöhnlich 
auch  zu  sichtbaren  ausweichenden  Bewegungen  gekommen  ist,  he- 
weisen  die  früher  besprochenen  Unebenheiten  auf  solchen  Discon- 
tinuitätsflächen,  welche  vor  Ausbildung  der  Transversalschieferung 
schon  da  waren. 

Ein  etwas  grösserer  Unterschied  scheint  zwischen  der  mikro- 
skopischen Beschaffenheit  griffeliger  und  nicht  griffeliger  Schiefer 
zu  bestehen.  Nach  Gümbel2)  bieten  nämlich  griffelig  zerfallende 
Schiefer  in  der  Regel  im  Dünnschliff  ein  etwas  anderes  Bild  als 
die  sonst  ähnlichen,  aber  nicht  griffelig  zerfallenden;  die  Gemeng- 
theile jener  erscheinen  weniger  in  Streifen  und  Flasern,  sondern 
gleichmässiger  vertheilt  und  gemengt,  ohne  dass  sie  dabei  immer 
feiner  sein  müssten  als  bei  den  anderen  Schiefern.  Wir  dürfen 
vielleicht  annehmen,  dass  diese  Anordnung  der  kleinen  Theilchen 
erst  als  Folge  eines  Streckungsvorgangs  eingetreten  ist.  Im  Uebri- 
gen  wird  die  griffelige  oder  faserige  Structur  in  der  einen  Durch- 
schnittsebene des  Dünnschliffs  sich  kaum  offenbaren  können ; denn 
erst  bei  mechanischen  Vorgängen,  wie  Zerfallen  oder 
Zerspalten  können  sich  die  als  Resultat  der  Streckung  vor- 
handenen Spann ungszus t ä n d e äussern  und  so  j ene  Structur 
vortreten  lassen. 


J)  Geognost.  Beschreib,  d.  Fichtelgebirges,  p.  641  ff. 

2)  1.  c.  p.  289. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  295 


Wir  beschlossen  diesen  Abschnitt  mit  einigen  Worten  über 
das  Verfahren  zur  Herstellung  der  Schreibgriffel.  Das 
durch  Sprengarbeit  losgemachte  und  auf  entsprechende  Dimen- 
sionen gebrachte  Material  wird  zunächst  durch  Handsägen  in 
passende  Stücke  geformt;  durch  die  letzten  Sägeschnitte,  welche 
normal  zur  natürlichen  Griffellage  (Streckrichtung)  stehen,  erhält 
man  Stücke  von  der  Länge  der  anzufertigenden  Griffel;  diese 
Stücke  werden  dann  durch  Meissel  quer  zum  Sägeschnitt  in  so 
viel  Theile  gespalten,  als  sie  Griffel  geben  können,  und  diese  Theile 
endlich  durch  den  Kaliber  einer  maschinellen  Vorrichtung  gedrückt. 
Die  gesammte  Arbeit  muss  mit  frischem  resp.  noch  bergfeuchtem 
Materiale  vorgenommen  werden. 


Sonstige  Griffelschiefer  und  griffelig  zerfallende  Schiefer 
des  Schiefergebirges. 

Abgesehen  von  den  untersilurischen  Griffelschiefern,  welche 
wir  im  Vorstehenden  ausführlicher  betrachtet  haben,  fehlt  es  auch 
sonst  im  thüringischen  Schiefergebirge  nicht  an  solchen  Schiefern, 
welchen  eine  griffelige  Ablösung  eigen  ist;  in  der  Regel  jedoch 
sind  solche  Vorkommnisse  lokal,  und  betreffen  solche  Schiefer, 
welche  nicht  weit  davon  eine  andere  Ablösung,  in  Blättern  oder 
Platten  zeigen;  nirgends  mehr  erscheint  eine  Zone,  welche. in  der 
Ausdehnung  und  Vollständigkeit  sich  als  Griffelschiefer  verhielte 
wie  die  untersten  Silurschiefer.  Beschränken  wir  die  Bezeichnung 
» Griffelschiefer « überhaupt  nur  auf  solche , welche  bei  hinläng- 
licher Weichheit  und  zugleich  Festigkeit  eine  Benutzung  zu  Schreib- 
griffein  gestatten,  so  giebt  es  ausser  im  Untersilur  hauptsächlich 
nur  noch  im  unteren  Culm  Griffelschiefer,  indem  die  hierherge- 
hörigen, meisthin  dachschief erartig  ausgebildeten  Thonschiefer  aus- 
nahmsweise auch  einmal  Stellen  mit  grifteliger  Ablösung  in  Ver- 
bindung mit  den  sonst  nöthigen  Qualitäten  enthalten ; ausserdem 
werden  gegenwärtig  noch  an  einer  Stelle  im  unterdevonischen 
Tentaculitenschiefer  in  unmittelbarer  Nähe  von  Steinach  Griffel 


296 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferun; 


gewonnen.  Abgesehen  hiervon  giebt  es  aber  wie  gesagt  noch  gar 
manche  Stellen  in  den  verschiedensten  Schieferzonen,  wo  eine  grif- 
felige  oder  steng'elige  Ablösung  und  entsprechendes  Zerfallen  zu 
beobachten  ist. 

Nicht  immer  ist  ein  Streckungsvorgang  in  der  Art,  wie  wir 
ihn  bei  den  untersilurischen  Schiefern  kennen  gelernt  haben,  nöthig 
gewesen,  um  diese  griffelige  Ablösung  zu  bewirken.  Es  ist  sehr 
verständlich,  dass  einfache  Interferenz  von  Schichtung  und  Trans- 
versalschieferung dann  schon  ausreichen  mögen,  um  ein  solches 
Zerfällen  in  stengelige  und  griffelige  Körper  im  Gefolge  zu  haben, 
wenn  die  Ablösungen  nach  beiderlei  Richtung  ungefähr  im  Gleich- 
gewicht sind,  oder  mit  anderen  Worten  das  Gestein  nach  beiden 
mit  derselben  Leichtigkeit  und  in  nicht  zu  verschieden  breiten 
Intervallen  spaltet.  Dieses  Verhalten  kann  natürlich  auch  an 
härteren  Gesteinen,  rauhen  oder  quarzitischen  Schiefern,  und  bei 
verschiedenen  Lagen  von  Schichtung  und  Schieferung  zu  einander 
Vorkommen.  Mancherlei  Vorkommnisse  griffeliger  Ablösung,  welche 
man  in  den  Schiefern  des  oberen  Culm,  sowie  auch  schon  in  den 
cambrischen  und  anderen  Schiefern  beobachtet,  mögen  in  der  ge- 
dachten Weise  zu  beurtheilen  sein.  Streckungsvorgänge  sind  aber 
auch  hier  keineswegs  ausgeschlossen;  nur  durch  solche  möchten 
gewisse  lokale  und  vereinzelte  Vorkommnisse  mit  überaus  faseriger, 
an  Holz  erinnernder  Textur,  welche  als  solche  noch  entschieden 
mehr  hervortritt  als  bei  den  Untersilurgriffelschiefern,  zu  erklären 
sein,  wie  ich  solche  im  cambrischen  Schiefergebiet  beobachtet 
habe  1). 


D Dass  es  überhaupt  äussere,  mechanische  Ursachen  sind,  welche  der 
Griffel structur  zu  Grunde  hegen,  lässt  sich  abstrahiren  aus  dem  Vorkommen  der- 
selben an  physikalisch  differentem  Material,  sowie  aus  dem  oft  nur  lokale  n 
Vorkommen  derselben  an  ein  und  demselben  Materiale  (wie  am  unteren  Culm- 
schiefer).  Andererseits  kann  die  physikalische  Beschaffenheit  cles  Materials  auf 
das  Zustandekommen  der  Griffelstructur,  besonders  soweit  solche  durch  wirkliche 
Streckung  erreicht  oder  befördert  worden  ist,  prädisponirend  gewirkt  haben,  ent- 
sprechend dem  in  der  mechanischen  Geologie  so  allgemein  gültigen  Gesetz,  dass 
die  physikalische  Beschaffenheit  des  Materials,  oder  genauer  seine  Cohäsions- 
verhältnisse  für  die  Art  und  Weise  seiner  mechanischen  Beanspruchung  und 
Umgestaltung  sehr  in  Betracht  kommen. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge. 


297 


Auch  die  bereits  erwähnten  nicht  nntersiluri sehen,  zu  Griffeln 
verwendbaren  Schiefer  scheinen  ihre  Structur  durch  wirkliche 
Streckung  erhalten  zu  haben.  Mindestens  ist  dies  für  derartige 
Schiefer  des  unteren  Culm  gewiss.  Die  bedeutendste  Griffel- 
gewinnung aus  diesen  Culmschiefern  findet  gegenwärtig  im  Rögitz- 
thal  etwas  unterhalb  Haselbach  im  Griffelbruch  »Germania«  statt. 
Das  Material  ist  hier,  wie  auch  sonst  bei  den  Culmschiefern,  nicht 
(ranz  so  weich  als  das  der  untersilurischen  Griffelschiefer:  im  Uebri- 

o 

o-en  stellen  sich  in  dem  Griffelbruch  bei  Haselbach  die  mechanischen 

o 

Einwirkungen,  welchen  das  Gestein  ausgesetzt  gewesen  ist,  ebenso 
dar  wie  in  den  Griffelbrüchen  des  Untersilur,  was  die  folgenden 
Bemerkungen  noch  etwas  näher  erläutern  werden. 

Die  Schichtflächen  bilden  hier  gewölbeartige  Bogen,  deren 
Streichrichtung  SW. — NO.  mit  einem  Ansteigen  NO.-wärts  ist;  die 
Transversalschieferung  fällt  mit  45°  nach  N.  40°  W. ; die  Haupt- 
klüftung mit  60°  nach  NO.;  die  Griffellage  liegt  etwa  ebenso  wie 
die  angegebene  NO.-wärts  ansteigende  Streichlinie,  was  zugleich 
wieder  mit  dem  Durchschnitt  von  Schiefermur  und  Schichtung 
stimmt.  Eine  grössere  Zahl  der  in  Gewölbe  gelegten  Schicht- 
flächen ist  auch  hier  durch  zusammenhängende  Krusten  oder 
Schwarten  gekennzeichnet,  welche  aus  härterer,  mehr  verworren 
strnirter  Thonschiefermasse  mit  sehr  zahlreichen,  concentrisch  strah- 
ligen,  leicht  zersetzbaren  Schwefeleisen-  (Markasit)  knollen  bestehen, 
an  welch'  letzteren  sich  durchweg  Ansätze  von  Faserquarz  und 
Gümbelit  zeigen,  ganz  in  der  früher  beschriebenen  Weise. 

Es  ist  wichtig  zu  bemerken,  dass  in  nächster  Nähe  dieses 
Griffelbruches  ein  zweiter  Steinbruch  in  demselben  dunkelblau- 
schwarzen unteren  Culm  thonschiefer  angelegt  ist,  wo  die  Schichten 
ebenfalls  Gewölbebiegungen  in  derselben  Streichrichtung,  nur  nach 
NO.  etwas  abfallend,  bilden,  nnd  die  Transversalschieferung  eben- 
falls ganz  dieselbe  Lage  hat,  wie  in  dem  Griffelbruch,  ohne  dass 
jedoch  der  Schiefer  griflelig  spaltet;  er  ist  im  Gegentheil  früher 
als  Dachschiefer  gebrochen  worden.  Diese  günstigen  Aufschlüsse 
zeigen,  wie  lokal  der  Vorgang  der  Streckung  aufgetreten  sein  kann, 
und  dienen  zugleich  als  ausgezeichnete  Beispiele  für  das  auch 
sonst  oft  zu  beobachtende,  bald  plattige,  bald  griffelige  Zerfallen 


298 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


ein  und  desselben  Schiefers1).  — In  dem  zweiten  der  genannten 
Steinbrüche  ist  Faserquarzbildung  nicht  beobachtet  worden. 

Ausser  den  Krusten  und  Schwarten  mit  Markasitknollen 
kommen  in  dem  Griffelbruch,  wie  auch  sonst  so  oft  im  unteren 
Culmthonschiefer  und  auch  dem  Untersilurgriffelschiefer,  Quarzit- 
sphäroide  (»Kälber«)  vor,  deren  grösster,  natürlich  in  der  Schich- 
tung liegende  Durchschnitt  bis  1 Meter  erreichen  kann;  sie  ent- 
halten zahlreich  eingesprengte  Pyritwürfel.  Sie  werden  von  zahl- 
reichen Quarzadern,  resp.  -lamellen  und  -platten  durchsetzt,  welche 
grossentheils  ein  paralleles  System,  normal  zur  grössten  Durch- 
schnittsfläche bilden,  doch  finden  sich  auch  vielfach  solche  in  ganz 
unregelmässiger  Lage  und  Verwachsung;  allem  Anschein  nach  sind 
diese  Quarzmassen  als  secundäre  Ausfüllungen  von  Rissen  zu  be- 
trachten, welche  bei  der  mechanischen  Beanspruchung  des  Gesteins, 
bez.  dem  Streckungsvorgang  entstanden2). 

Die  durch  Streckungsvorgänge  hervorgerufene  Griffel-  und 
Faserstructur,  die  wir  in  den  letzten  Abschnitten  kennen  gelernt 
haben,  ist  eine  besondere  Art  der  » linearen  Parallelstructur  «3). 
Als  sehr  verwandt  mit  dieser  Art,  als  eine  nur  leichte,  unvoll- 
kommene Streckung;  glaubten  wir  die  feine  Fältelung  mancher 
Schieferungsflächen  ansehen  zu  können.  Keineswegs  jedoch  ist 
bekanntlich  alle  vorkommende  lineare  Parallelstructur  auf  diese 
Weise  entstanden.  Mitunter  ist  sie  ursprünglich4);  und  zu  dieser 

Q Auch  in  der  Nähe  von  Lichtenhain  (NO.- Winkel  von  Section  Spechtsbrunn) 
wird  der  untere  Culmthonschiefer  in  einigen  Brüchen  als  Griffelmaterial,  nahe 
dabei  aber  als  Dachschiefer  gewonnen. 

2)  Wenigstens  die  dünneren  dieser  Quarzadern  zeigen  Faserstructur,  oder 
stengelige  Structur,  quer  zu  ihrer  Längenausdehnung.  Der  Quarz  ist  auch  viel- 
fach mit  einem  eisenhaltigen  Carbonat  verwachsen.  Die  Adern  keilen  sich  oft 
innerhalb  des  Sphäroids  aus;  sehr  viele  setzen  aber  ganz  durch,  sind  jedoch  nach 
dem  Innern  des  Sphäroids  dicker  als  am  Rand.  Bei  sehr  vielen  trifft  es  zu, 
dass  sie  quer  zu  der  oben  angegebenen  Streckrichtung  stehen.  — Die  Pyritwürfel, 
welche  dem  Quarzitsphäroid  eingesprengt  sind,  zeigen  sehr  gewöhnlich  eine  zonale 
Anordnung,  conform  der  äusseren  Oberfläche  und  näher  an  dieser  als  an  der 
Mitte  des  Sphäroids. 

3)  Vergl.  Naumann,  Lehrb.  d.  Geognosie,  II.  Aull.,  Bd.  I,  p.  432  ff. 

4)  Yergl.  Naumann,  1.  c. 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge. 


299 


letzteren  dürfen  wir  auch  sehr  wahrscheinlich  die  feine  parallele 
Runzeln ng  oder  Fältelung  rechnen,  die  anf  den  Schichtoberflächen 
mancher  Schiefergesteine,  z.  B.  der  mit  feiner  phyll  bischer  Sub- 
stanz überzogenen,  unterdevonischen  Nereitenquarzite  vorkommt1). 
Noch  etwas  anders  ist  vielleicht  die  lineare  Parallelstructur  der 
Phyllite  und  Qnarzphyllite  zu  beurtheilen;  die  genannte  Structur 
offenbart  sich  bei  diesen  Gesteinen  darin,  dass  die  feinen  Phyllit- 
lamellen,  ganz  abgesehen  von  ihrem  innigen  Anschmiegen  an  die 
Unebenheiten  der  körnigen  Gemengtheile  (Quarz  und  Feldspath 
z.  Th.),  durch  die  ganze  Masse  des  Gesteins  hindurch,  soweit  man 
auch  durch  Spalten  eindringt,  eine  in  derselben  bestimmten  Rich- 
tung verlaufende  Fältelung  zeigen.  Es  erscheint  sehr  fraglich,  oh 
hier  in  dem  Maasse  Streckungsvorgänge  anzunehmen  sind,  als 
jene  Structur  verbreitet  ist;  die  Verbreitung  derselben  ist  bei  diesen 
Gesteinen  sehr  gross,  ohne  dass  griffeliges  oder  stengeliges  Zer- 
fallen, welches  man  von  Streckungsvorgängen  ableiten  könnte,  sich 
sehr  auffällig  zu  erkennen  gäbe.  Streckung  mag  hie  und  da  nicht 
ausgeschlossen  sein,  im  Uebrigen  aber  diese  lineare  Parallelstruc- 
tur  doch  wohl  nur  auf  einen  äussersten  Grad  von  Eng-  und  Ivlein- 
faltung  durch  Seitendruck  hinauskommen,  welche  durch  die  be- 
sondere mineralisch -physikalische  Beschaffenheit  dieser  Gesteine 
begünstigt  wurde. 


Bewegungen  und  ieobifdungen  längs  Schichtflächen. 

Es  ist  bekannt,  dass  sich  auf  gewissen,  durch  Quetschungen 
oder  Pressungen  erzeugten  Sprüngen  oder  Ablösungsflächen  der 
Schiefergesteine  öfters  durch  Verschiebung  bewirkte  Streifen  und 
andererseits  auch  secundäre  Bildungen  von  Quarz  und  einem 
Glimmermineral,  letzteres  als  zusammenhängender  Ueberzug  vor- 
finden; Bildungen,  die  von  den  primären  Quarzlagen  oder  auch 
-trümern  zu  unterscheiden  sind  und  wahrscheinlich  in  dem  Maasse 
sich  ausbildeten,  als  die  Ablösungsflächen  oder  Klüfte  sich  ver- 


) Vergl.  Gümbel,  Geog.  Beschreib,  d.  Fiektelgeb.  p.  645. 


300 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


grösserten.  Derartigen  Vorkommnissen  begegnet  man  auch  hie 

o o o o 

und  da  in  den  thüringischen  Schiefergesteinen.  Die  gedachten 

O Ö Ö 

Flächen  liegen  meist  in  einer  besonderen  Richtung,  abweichend 
von  Schichtung  und  Schieferung,  und  zeigen  eben  hierdurch  die 
Selbständigkeit  besonderer  Druckwirkungen,  unabhängig  von  dem 
transversal  schieferndem  Drucke  an , wie  wir  schon  wiederholt 
Gelegenheit  hatten  zu  bemerken. 

Weniger  häufig  vielleicht  sind  Verschiebungen  und  Neubil- 
dungen der  genannten  Art  aufSchichtungsflächen  beobachtet 
worden.  Gerade  hierfür  fanden  sich  in  unserem  Schiefergebirge 
einige  sehr  deutliche  Beispiele,  bei  welchen  secundäre  Quarz- 
krusten und  Parallelstreifung  in  der  Richtung  der  Bewegung  zu- 
sammen  auftretend  zu  sehen  war.  Ein  besonders  günstiger  Auf- 
schluss derart  ergab  sich  gelegentlich  im  Griffelbruch  am  Fellberg 
bei  Steinach,  demselben,  aus  welchem  die  Faserquarzbildung  an 
den  Markesitknollen  beschrieben  wurde.  Eine  durch  den  Betrieb 
freigelegte  Schichtfläche  war  mit  einer  1 — 2 Centimeter  starken 
Quarzkruste  von  augenscheinlich  secundärer  Entstehung  überzogen; 
die  Kruste  zeigte  durch  und  durch  eine  parallelstengelige  oder 
grobfaserige  Textur,  nebst  Verwachsung  mit  einem  in  höchst  ge- 
ringer Menge  vorhandenen,  fein  faserigen  Mineral  (?  Gümbelit). 
Die  durch  die  Lage  der  Faserung  angezeigte  Bewegungsrichtung 
war  eine  andere  als  diejenige,  nach  welcher  die  Streckung  und 
Griffeluug  des  Schiefers  stattgefunden  hatte,  und  es  zeigt  sich 
somit  auch  hier,  dass  nach  verschiedenen  Richtungen  und  wohl 
zu  verschiedenen  Zeiten,  Schiebungen  und  Bewegungen  in  der 
Gesteinsmasse  erfolgt  sein  müssen.  \ In  einem  anderen  hierherge- 
hörigen Fall,  welcher  auf  der  Oberfläche  einer  Thonschieferschicht 
im  oberen  Culm,  unweit  Steinach,  beobachtet  wurde,  war  der 
Quarz  der  betreffenden  Kruste  durchaus  mit  feiner  Thonschiefer- 
masse verwachsen  und  das  Ganze  durch  und  durch  parallel  ge- 
streift, so  dass  es  aussah,  als  wenn  in  dem  Maasse,  als  die  schie- 
bende und  reibende  Beweguung  langsam  voranschritt  und  Thon- 
schiefertheilchen  abtrennte,  Quarz  sich  ansiedelte,  mit  letzteren 
verwuchs,  und  zugleich,  durch  den  Härteunterschied  der  beiderlei 
Substanzen  bedingt,  die  Streifung  und  Riefung  zu  Stande  kam. 


301 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge. 

Solche  Neubildungen  zwischen  ursprünglich  dicht  zusaminenliegen- 
den  Flächen  beanspruchen  offenbar  zu  ihrem  Zustandekommen 
einen  gewissen  Raum,  und  es  ist  deshalb  anzunehmen,  dass 
während  ihrer  Entstehung  ein  so  starker  Druck,  wie  z.  B.  dei', 
welcher  der  Schieferung  und  Streckung  zu  Grunde  liegt,  nicht 
bestanden  habe,  nämlich  nicht  in  der  Richtung  normal  zu  den 
betreffenden  Flächen. 


Wir  haben  hier  jene  Systeme  von  Absonderungsflächen  im 
Auge,  welche  meist  nach  1 bis  3 unter  sich  annähernd  parallelen 
Lagen  geordnet  in  der  Gebirgsmasse  der  Schieferschichten  sich  in 
ebenso  durchgreifender  Weise  allenthalben  geltend  machen,  wie 
jene  anderen  Absonderungen,  die  der  ursprünglichen  Schichtung, 
und  jene,  die  der  secundären  Schieferung  entsprechen.  In  der 
Thal  ist  diese,  auch  sonst  so  gewöhnliche  und  bekannte  Klüftung, 
oder  Parallelklüftung,  in  unserem  Schiefergebirge  ebenso  verbreitet, 
wie  die  Transversalschieferung,  wenn  sie  auch,  wie  letztere,  nicht 
durchweg  mit  gleicher  Deutlichkeit  und  Schärfe  ausgeprägt  ist; 
sei  es , dass  solche  Unterschiede  schon  aus  der  Zeit  ihrer  Ent- 
stehung herrühren,  oder,  wie  wahrscheinlich,  durch  spätere  mecha- 
nische Einwirkungen,  Zerrüttungen,  Dislocationen  und  gegenseitige 
Verschiebungen  einzelner  Theile  des  Gebirgskörpers  gegen  einander 
noch  vergrössert  wurden. 

In  ihrer  typischen  Ausbildung  schneiden  die  Kluftflächen 
scharf  und  unbekümmert  um  Schichtung  und  Schieferung  durch 
den  Gebirgskörper  hindurch1);  die  Masse  beiderseits  ist  dann 

In  den  Griffel-  und  Dachschieferbrüchen  werden  manchmal  grössere  Kluft- 
flächen freigelegt,  die  etwas  abgetreppt  aussehen;  es  scheint,  dass  dies  durch  ein 
sich  Verlieren  einer  Kluft  und  Abspringen  ihrer  Fortsetzung  mit  Beibehaltung 
der  Richtung  zuwege  gebracht  wurde,  in  ähnlicher  Weise  wie  manchmal  eine 
Verwerfung  sich  verliert  und  rechts  oder  links  in  derselben  Richtung  laufend, 
wieder  einsetzt.  Mitunter  verlaufen  solche  grössere  Kluftflächen  auch  etwas  wind- 
schief statt  eben. 

ln  den  Lehestener  Dachschieferbrüchen  bezeichnet  man  die  Absonderungs- 
flächen der  Parallel klüftung  treffend  als  »Schnitte«. 


302 


H.  Loretz,  über  Transversalschieferung 


durch  Verwitterung  oder  sonst  chemisch  so  gut  wie  nicht  verändert, 
und  meist  auch  nicht  verschoben,  auf  der  Kluftfläche  selbst  finden 
sich  höchstens  nur  dünne  Lagen  von  Neubildungen,  wie  Oxyd- 
hydrate und  Quarz.  In  den  Dachschiefer-  und  Griffelbrüchen 
sind  diese  Klüfte  dem  Abbau  ungemein  nützlich,  wenn  sie  nicht 
zu  gedrängt  auf  einander  folgen.  In  letzterer  Hinsicht,  mit  anderen 
Worten,  in  der  Zahl  der  Ablösungen  auf  eine  gewisse  Länge 
normal  zur  Kluftrichtung  herrscht  allerdings  sehr  grosse  Mannicli- 

O Ö O 

faltigkeit. 

W as  nun  die  Richtung  oder  Orientirung  der  Klüftung  be- 
trifft,  so  ist  zunächst  zu  bemerken,  dass  in  der  Regel  mehr  als 
ein  System,  meist  2 bis  3 Systeme,  je  unter  sich  paralleler  oder 
beiläufig  paralleler  Klüfte  vorhanden  sind,  welche  jedoch  an  Deut- 
lichkeit und  Schärfe  der  Ausbildung  unter  sich  keineswegs  gleich 
zu  sein  pflegen;  gewöhnlich  dominirt  ein  System  und  macht  sich 
als  Hauptkluftrichtung  geltend,  neben  welcher  strichweise  auch 
wohl  noch  ein  zweites  System  zu  annähernd  gleicher  Ausbildung 
gelangt  ist.  Auf  Grund  sehr  zahlreicher  Beobachtungen  kann  nun 
behauptet  werden,  dass  für  unser  Gebiet  durch  alle  Schiefersysteme 
hindurch,  von  den  ältesten  bis  zu  den  jüngsten,  oder  von  der 
phyllitischen  Gruppe  bis  in  den  Culm,  das  Hauptklufstystem  das- 
jenige ist,  welches  quer  zur  allgemeinen,  nordöstlichen  Streich- 
richtung der  Schichten  und  Falten  läuft,  dessen  Streichen  also  im 
Allgemeinen  SO. — NW.  ist.  Dabei  zeigt  jedoch  die  Lage  dieser 
Hauptkluftrichtung  durchaus  nicht  jenen  Grad  von  Constanz, 
welcher  der  Transversalschieferung  eigen  ist,  sondern  ihre  Streich- 
linie weicht  bald  nach  der  einen,  bald  nach  der  anderen  Seite, 
bald  mehr,  bald  weniger  von  der  reinen  SO. — NW. -Linie  ab; 
ähnlich  verhält  es  sich  bezüglich  des  Grades  des  Einfallens,  welches 
zwar  in  der  Regel  steil  bis  sehr  steil,  öfters  saiger  ist,  dabei  aber 
strichweise  nach  SW.,  dann  wieder  nach  NO.  geneigt  ist,  und 
mitunter  auch  wohl  flacher  werden  kann;  sogar  in  nächster  Nähe 
können  in  den  genannten  Beziehungen  Schwankungen  stattfinden, 
so  dass  der  Parallelismus  der  zu  diesem  System  gehörigen  Klüfte 
nicht  allenthalben  sehr  ausgeprägt  ist.  Immerhin  tritt  dieses 
NW. — SO.  orientirte  Kluftsystem  entschieden  als  das  dominirende 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  303 


auf.  Das  zweite  und  noch  mehr  das  dritte  derartige  System 
machen  sich  neben  dem  ersten  meisthin  nur  untergeordnet  geltend, 
und  zeigen  dabei  auch  in  sich  selbst  noch  etwas  weniger  Regel- 
mässigkeit;  bezüglich  ihrer  Orientirung  zum  ersten  lässt  sich  kein 
durchgreifendes  Cfesetz  aufstellen.  Oefters  liegt  neben  der  Haupt- 
klüftung auch  noch  die  Streichlinie  einer  zweiten  Klüftung  in  dem 
Quadranten  NW.  oder  SO. 

So  wie  die  Klüftung  uns  entgegentritt,  in  der  Schärfe  und 
Deutlichkeit  des  Durchschneidens  durch  das  Gestein,  kann  sie  nur 
an  einem  völlig  festen  und  versteiften  Materiale  entstanden  sein, 
welches  Faltungs-  und  Schieferungsvorgänge  schon  durchgemacht 
hatte,  wenigstens  darf  dies  von  der  vollkommeneren  Parallelklüftung 
behauptet  werden.  Unter  den  verschiedenen  Theorien  oder  An- 
schauungen über  das  Wesen  der  Parallelklüftung  dürfte  wohl  die 
Daubree  'sehe  am  meisten  für  sich  haben.  — Zu  unterscheiden 
sind  von  der  Parallelklüftung  bekanntlich  jene  weniger  zahlreichen, 
meist  unregelmässiger  verlaufenden  Klüfte,  an  denen,  ganz  im 
Gegensatz  zu  jener,  Rutschungen  und  gegenseitige  Verschiebungen 
grösserer  Gesteinskörper,  verbunden  mit  Zerrüttung  und  chemischer 
Zersetzung  des  anstossenden  Gesteins,  stattgefunden  haben,  so  dass 
die  benachbarten  Partieen  nicht  mehr  ganz  zusammen  passen,  und 
sich  nicht  selten  nach  dem  Gestein  und  dessen  Zustand  etwas 
unterscheiden;  obschon  sehr  verbreitet,  sind  solche  Klüfte  gewöhn- 
lich nur  an  grösseren  Aufschlüssen,  z.  B.  in  Steinbrüchen,  deut- 
licher zu  beobachten;  sie  bilden  schon  den  U ebergang  zu  den 
grossen  Dislocationsflächen  und  Verwerfungen,  an  denen  sich  ganze 
Gebirgstlieile  verschoben  haben. 


304 


H.  Loketz,  über  Transversalschieferang 


Inhalt. 


Seite 

Vorbemerkungen.  Gebiet.  Transversalschieferung.  Lineare  Streckung. 

Der  Eintritt  der  Schieferung  in  seinem  Verhältniss  zu  anderen  Wir- 
kungen desselben  im  Allgemeinen 258 

Auftreten  der  Transversalschieferung  im  thüringischen  Schiefer- 
gebirge im  Allgemeinen.  Mit  der  Schieferung  verbundene  Erschei- 
nungen. Verschiebende  Bewegungen  in  der  Ebene  der  Transversal- 
schieferung, Fältelung  auf  Schieferungsflächen,  Verwerfungen  in  der 
Richtung  der  Schieferung.  Ungleichheiten  im  Auftreten  derselben  . . 262 

Auftreten  der  Transversalschieferung  bei  den  einzelnen  Systemen. 
Transversalschieferung  bei  den  Phylliten  und  Quarzphylliten ; gefaltete 
Quarzbänder  der  letzteren.  Transversalschieferung  bei  den  cambrischen 
Thonschiefern  und  Quarziten.  Dieselbe  bei  den  sibirischen  Schichten, 
besonders  den  Untersilurthonschiefern.  Dieselbe  bei  den  devonischen 
Schichten , besonders  den  Knotenkalken  des  Oberdevon.  Dieselbe  bei 
den  unteren  und  oberen  Culmschiehten.  Rückblick 264 

Richtung  und  Lage  der  Transversalschieferung.  Abweichung  der 
Streichlinie  der  Transversalschieferung  von  der  der  Schichtung.  Ein- 
fallsrichtung der . ersteren.  Orientirung  der  Transversalschieferung  in 
der  Gegend  von  Gräfenthal  etc.  Bemerkungen  dazu 278 

Der  untersilurische  Griffelschiefer  und  seine  lineare  Streckung. 

Allgemeines  über  den  Griffelschiefer  und  seine  Structur.  Einlagerung  von 
Schwefeleisenknollen  und  -concretionen  und  Quarzitspharoiden.  Faser- 
quarz und  Gümbelit  an  den  Schwefeleisenknollen.  Das  Vorkommen 
dieser  Bildungen  im  Griffelbruch  am  Fellberg'  bei  Steinach  näher  be- 
schrieben. Erklärung  der  secundären  Entstehung  des  Faserquarzes 
unter  dem  Streckungs Vorgang.  Verwandte  Bildungen,  Richtung  der 
Streckung  oder  Griffellage  zusammenfallend  mit  der  Durchschnittslinie 
von  Schichtung  und  Transversalschieferung.  Erklärungsversuch.  Wesen 
der  linearen  Streckung.  Grösse  der  Verschiebung  benachbarter  Theilchen 
hierbei.  Ansehen  im  mikroskopischen  Bild,  nach  Gümbel.  Technische 
Herstellung  der  Schreibgriffel 281 

Sonstige  Griffelschiefer  und  griffelig  zerfallende  Schiefer  des 
thürin  g.  Schiefergebirges.  Griffelartiges  Zerfallen  überhaupt.  Das- 
selbe auch  ohne  Streckungsvorgänge.  Gestreckte  Griffelschiefer  im 
untern  Culm,  speciell  im  Griffelbruch  bei  Haselbach.  Quarzitsphäroide 
dieses  Griffelschiefers;  lokales  Auftreten  desselben.  Lineare  Parallel- 
structur  überhaupt 295 


und  verwandte  Erscheinungen  im  thüringischen  Schiefergebirge.  305 


Seite 

Bewegungen  und  Neubildungen  längs  Schichtflächen.  Beispiele  . . 299 

Parallelkliiftung.  Auftreten  und  Eigenschaften  derselben.  Lage  der  Klüf- 
tungsrichtungen im  thüring.  Schiefergebirge.  Sonstiges  auf  Klüftung- 
bezügliches  301 


Erklärung  der  Figuren. 

Fig.  1.  Felsen  des  oberdevonischen  Knotenkalkes,  transversal  geschiefert. 

Thal  SW.  hei  Steinach  (Section  Steinheid).  Schichtung  in  der 
Richtung  von  unten  nach  oben,  Schieferung  in  der  Richtung  von 
links  unten  nach  rechts  oben.  — Natürliche  Höhe  ca.  5 — 6 Meter. 
— Zu  Seite  273. 

Fig.  2.  ca.  V6  der  natürlichen  Grösse.  — Ein  Stück  von  Figur  1 in 
derselben  Stellung,  tr-  Richtung  der  Transversalschieferung.  Die 
Reihen  der  (jetzt  ausgewitterten)  Kalkknollen  sind  durch  die 
Schieferung  hie  und  da  ein  wenig  verschoben,  im  Ganzen  aber 
noch  gut  erhalten  und  auch  die  einzelnen  Knollen  mit  ihrer 
Längsrichtung  noch  in  der  alten  Lage.  — Zu  Seite  274. 

Fig.  3.  Ys  der  natürlichen  Grösse.  — Theil  eines  Handstückes  von  der- 
selben  Localität,  in  derselben  Lage.  — Zu  Seite  274. 

Fig.  4.  Y21  der  natürlichen  Grösse.  — Stück  einer  aus  einzelnen  Theil- 
stücken  zusammengesetzten  Kalkplatte  (Kalkknollenlage),  wie  sie 
an  der  oberen  Grenze  des  Oberdevon  zwischen  Thonschiefer 
liegen,  von  oben  gesehen.  — Bei  Steinach.  — Zu  Seite  275. 

Fig.  5.  Y25  der  natürlichen  Grösse.  — Dieselbe  Kalklage,  wie  in  Fig.  4, 
an  einer  anderen  Stelle  gesehen,  wo  sie  durch  die  Transversal- 
schieferung in  ihre  einzelnen  knollenförmigen  Theilstücke  auf- 
gelöst ist.  — tr- Richtung  der  Transversalschieferung.  — Zu 
Seite  275. 

Fig.  6.  ca.  Y40  der  natürlichen  Grösse.  — Unterdevonischer  Tentaculiten- 
Knollenkalk,  transversal  geschiefert  ss- Schichtung,  welche  nach 
SSO.  sehr  steil  einfällt,  tr- Transversalschieferung,  welche  nach 
WNW.  steil  einfällt.  Die  breiteren  Streifen  sind  Kalk,  die 
schmäleren  Thonschiefer.  Bei  Gräfenthal.  — Zu  Seite  272. 


20 


306  H.  Loretz,  über  Transversalschieferung  und  verwandte  etc. 

Fig.  7.  ca.  Vio  der  natürlichen  Grösse.  — Ansicht  eines  Stückes  einer 
Schichtfläche  im  grossen  Griffelbruch  am  Fellberg  bei  Steinach; 
auf  derselben  liegen  zahlreiche  zu  Rotheisen  verwitterte  Markasit- 
knollen, an  deren  Enden  sich  Faserquarzbüschel  in  der  Richtung 
der  Streckung  oder  Griffellage  — ab  — angesetzt  haben.  (Die 
Faserquarzbüschel  sind  z.  Th.  etwas  zu  lang  gezeichnet.)  — Zu 
Seite  285. 

Fig.  8a  und  -b.  Natürliche  Grösse.  — Ein  kleiner  und  ein  Fragment 
eines  grösseren,  zu  Eisenoxyd  verwitterten  Schwefeleisenknollen 
von  Fig.  7;  der  kleinere  von  aussen  gesehen,  der  grössere  durch- 
brochen. m- Markasit,  /-Faserquarz  (zum  Theil  mit  Gümbelit), 
t h - Thonschiefer.  — Zu  Seite  285. 


in  Osttliüringen. 

Von  Herrn  E.  Dathe  in  Berlin. 


Die  paläozoischen  Formationen  des  Fichtelgebirges,  des  öst- 
lichen Thüringens  und  des  Vogtlandes  zeigen  in  ihrer  Ausbildung, 
sowohl  in  petrographischer  und  paläontologischer , als  auch  in 
strati  graphischer  Hinsicht  grosse  Ueb  er  ein  Stimmung.  Diese  Gleich- 
heit oder  wenigstens  Aehnlichkeit  besteht  nicht  nur  in  den  sedi- 
mentären Gesteinen  und  ihrer  Petrefactentulirung,  wenn  auch  der 
Charakter  beider  sich  local  zuweilen  ändert,  sondern  bekundet  sich 
auch  in  der  petrographischen  Beschaffenheit  der  mit  ihnen  verge- 
sellschafteten Eruptivgesteine.  Dass  die  basischen  Eruptivgesteine, 
namentlich  die  Diabase,  sobald  sie  gleichalterig , also  als  Lager 
zwischen  bestimmten  Formationsstufen  eingeschaltet  sind,  auch  in 
den  meisten  Fällen  in  ihrer  Zusammensetzung  und  Structur  über- 
einstimmen, ist  ein  wichtiges  Resultat,  das  die  Untersuchungen 
von  Gümbel  und  Liebe  zu  Tage  gefördert  haben  und  dessen 
Richtigkeit  ich  nach  meinen  bisherigen  Erfahrungen  voll  bestätigen 
kann.  Gümbel  gründet  bekanntlich  auf  diese  von  mancher  Seite 
noch  nicht  recht  gewürdigten  Thatsaclien  seine  Eintheilung  der 
Grünsteine,  der  Diabase  und  der  Diorite.  So  sind  beispielsweise 
gewisse  porpliyrische  Diabase  (Proterobase)  von  cambrischem,  die 
Paläopikrite  von  unterdevonischem  und  die  Kalkmandeldiabase  von 
oberdevonischem  Alter. 


20* 


308 


E.  Dathe,  Diabas  im  Culm  bei  Ebersdorf  in  Ostthüringen. 


Die  Eruption  der  Diabase  wird  in  den  genannten  Gebieten 
von  beiden  Forschern  mit  der  Ablagerung  des  Oberdevon  als  ab- 
geschlossen betrachtet  und  das  Auftreten  von  ächten  körnigen 
Diabasen  in  der  nächst  jüngeren  Formation,  dem  Culm  verneint. 
Gümbel1)  schreibt  darüber:  »Eigentliche  Diabasgesteine  durch- 
brechen selbst  die  tiefsten  Culmlagen  nicht  mehr  und  es  sind  nur 
schmale,  stets  in  Gängen  aufsetzende  glimmerreiche  Gesteine,  die 
als  Lamprophyr  von  dem  Diabas  abgeschieden  wurden.  Tuffe  oder 
Schalsteine  sind  damit  nirgends  verbunden.«  Aelmlich  spricht 
sich  Liebe2)  aus,  wenn  er  sagt:  »Am  Ende  der  Devonzeit  fanden 
die  mit  Eruptionen  von  Kalkdiabasen  zusammenhängenden  Bil- 
dungen der  so  mächtigen  hangenden  Diabasbreccien  statt  — die 
letzten  Ergüsse  von  Grünstein  im  Gebiet.« 

Die  Kartirung  der  Section  Lobenstein  im  südöstlichen  Thürin- 
gen, womit  ich  im  Jahre  1881  beschäftigt  war,  hat  indess  ergeben, 
dass  der  obige  Erfahrungssatz  zwar  im  Allgemeinen  seine  Richtig- 
keit  hat,  dass  jedoch  auch  ächter  körniger  Diabas  noch  in  der 
Culmformation  gangförmig  aufsetzen  kann,  wie  dies  in  der  Gegend 
von  Ebersdorf  bei  Lobenstein  thatsächlich  der  Fall  ist.  Die  Be- 
gründung dieser  Behauptung  soll  in  den  folgenden  Zeilen  in  der 
Weise  geschehen,  dass  zunächst  die  geologischen  Verhältnisse  des 
Schiclitencomplexes,  in  welchem  das  Gestein  zur  Eruption  gelangt 
ist,  kurz  beschrieben  werden;  sodann  soll  die  petrographische  Be- 
schaffenheit der  Felsart  noch  in  Betracht  gezogen  werden. 

Die  Gesteine,  welche  die  Culmformation  in  der  Gegend  von 
Ebersdorf  aufbauen,  sind  Thonschiefer,  sogenannte  Grauwacken 
und  Adinolschiefer.  Ein  einziges  Mal,  nordöstlich  von  Ebersdorf 
an  der  Chaussee  nach  Saalburg  (Section  Hirschberg),  wurden  im 
untersten  Niveau  auch  dünne  Lagen  von  Kieselschiefer  im  Culm- 
thonschiefer  beobachtet.  Die  Thonschiefer  sind  von  grauschwarzer 
Farbe,  haben  matten,  wenig  schimmernden  Bruch  und  geringe 
Härte  und  sind  für  das  unbewaffnete  Aime  höchst  feinkörnig. 
Durch  Beimengung  von  zahlreichen  und  bis  hirsekorngrossen 

*)  Geognost.  Beschreibung  des  Fichtelgebirges,  pag.  528. 

2)  Die  Seebedeckungen  Ostthüringens,  pag.  10. 


E.  Dathe,  Diabas  im  Culm  bei  Ebersdorf  in  Osttluiringen. 


309 


Quarzkörnern  in  bestimmten  Lagen  entstehen  sandige  gebänderte 
Schiefer,  welche  in  reicher  Abwechselung  ausgebildet,  den  Ueber- 
gang  in  die  unter  dem  Namen  Grauwacke  zusammengesetzten 
Gesteine  vermitteln.  Die  Schichtung  des  Thonschiefers  ist  oft 
durch  die  transversale  Schieferung,  welche  die  erstere  unter  ver- 
schiedenen Winkeln  schneidet,  verdeckt.  Die  Grauwacken  lassen 
sich  in  Sandsteine  und  Conglomerate  trennen,  und  besteht  das 
klastische  Material  der  letzteren  ausser  einem  bestimmten  Antheil 
von  Schiefermaterial  ans  Bruchstücken  und  Gerollen  von  Kiesel- 
schiefer, Quarzit,  Feldspath,  Quarz  und  mancherlei  älteren  Schiefer- 
gesteinen. Die  Adinolschiefer,  wie  solche  am  Gallenberge  bei 
Lobenstein,  bei  Schönborn  und  Unterlemnitz  ausgebildet  sind,  ge- 
hören immer  dem  tiefsten  Niveau  der  Culmformation  in  dieser 
Gegend  an  und  sind  wohl  als  aequi valente  Bildungen  der  Culm- 
kieselschiefer  zu  betrachten.  Thonschiefer  und  Grauwacken,  ebenso 
Thonschiefer  und  Adinolschiefer  sind  durch  vielfache  Wechsellage- 
rung mit  einander  verbunden;  dabei  sind  namentlich  die  grob- 
körnigen Grauwacken  (Sandsteine)  in  höheren  Stufen  regelmässiger 
anzutreffen. 

Die  Verbreitung  und  Lagerungsverhältnisse  des  als  Culm  be- 
zeichneten  Schiefersystems  in  der  Umgebung  von  Ebersdorf  sind 
aber  folgende.  Im  nordöstlichen  Theile  der  Section  Lobenstein 
— Ebersdorf  liegt  auf  der  Grenze  zwischen  den  Sectionen 
Lobenstein  und  Hirschberg  — herrschen  die  durch  Wechsel- 
lagerung von  Thonschiefern  und  Grauwacken  charakterisirten 
Culmschichten,  aus  denen  in  schmalen  Streifen  an  etlichen  Punkten 
oberdevonische  Schichten  und  zwar  Knotenkalke,  Kalkdiabase, 
Diabastuffe  und  gelblichgraue  Schiefer  (Cypridinenschiefer?)  her- 
vortreten. Culm  und  an  einigen  Stellen  Oberdevon  greifen  bei 
Lobenstein  discordant  auf  eine  grosse  Strecke  in  der  Richtung 
von  SO.  nach  NW.  über  camb rische  Schichten;  zwischen  Culm 
und  den  oberdevonischen  Schichten  ist  in  der  betreffenden  Gegend 
jedoch  eine  gleichförmige  Ueberlagerung  zu  constatiren.  Oestlich 
von  Lobenstein  und  Ebersdorf  gelangt  man  bald  an  die  Grenze 
der  Culmformation,  welche  auf  das  Oberdevon  daselbst  gleichfalls 
in  concordanter  Stellung  folgt.  Die  Grenzlinien  zwischen  beiden 


310 


E.  Dathe,  Diabas  im  Culm  bei  Ebersdorf  in  Ostthüringen. 


Formationen  hält  beinahe  eine  rein  südnördliche  Richtung  ein  und 
fällt  dieselbe  bereits  in  dem  grössten  Theile  ihres  Verlaufes  auf 
die  östlich  anstossende  Section  Hirschberg.  Nördlich  von  Ebers- 
dorf und  der  Section  Lobenstein  nimmt  die  Verbreitung  der  Culm- 
formation  zu  und  scheint  dieselbe  sich  über  den  grössten  Theil 
der  Section  Liebengrün  auszubreiten.  — 

Da  nun  einerseits  wohl  charakterisirte  Schiefergesteine,  die 
mit  solchen  aus  bekannten  versteinerungsführenden  Culmschichten 
Ostthüringens  übereinstimmen,  vorhanden  sind,  andererseits  auch 
direct  gleichförmige  Lagerung  über  oberdevonischen  Schichten 
zu  beobachten  ist,  so  ist  es  wohl  über  allem  Zweifel  erhaben,  dass 
die  Schichten  von  Ebersdorf  zur  Culmformation  und  zwar  zu 
deren  unteren  Abtheilung  gehören. 

Die  grosse  horizontale  Verbreitung  der  Formation  in  diesem 
Bezirk  lässt  aut  den  ersten  Blick  eine  bedeutende  Mächtigkeit  der- 
selben vermuthen;  indess  ist  dies  nur  scheinbar  der  Fall.  Die 
öftere  Wiederkehr  von  gewissen  Culmgrauwacken  und  der  Adinol- 
schiefer  an  verschiedenen  nicht  im  Streichen  liegenden  und  von 
einander  ziemlich  entfernt  auftretenden  Punkten,  drängt  zu  der 
Annahme,  dass  die  Culmschichten  der  Gegend  von  Lobenstein- 
Ebersdorf  zu  zahlreichen  Sätteln  und  Mulden  zusammengeschoben 
sind.  Durch  diesen  Umstand  und  die  starkwirkende  Erosion  ist 
zugleich  die  Blosslegung  von  den  oben  erwähnten  oberdevonischen 
Schichten  leicht  erklärlich.  Das  durchschnittliche  Streichen  der 
Culmschichten  verläuft  von  SW.  nach  NO. 

Westlich  von  Ebersdorf  wurden  in  den  beschriebenen  Culm- 
schichten bei  der  Kartirung  der  Gegend  zuerst  grosse  und  zahl- 
reiche Diabasblöcke  nördlich  vom  Dorfe  Schönborn  aufgefunden, 
die,  wie  die  weiteren  Untersuchungen  an  Ort  und  Stelle  ergaben, 
einem  dort  aufsetzenden,  meist  aber  oberflächlich  zu  einem  gelb- 
lichen Lehm  verwitterten  Diabasgange  angehören.  Bei  einer  nach- 
gewiesenen Länge  von  circa  500  Schritt  verbreitert  sich  der  Gang 
nach  Süden  zu  bis  zu  250  Schritt.  Blöcke  desselben  Gesteins 
wurden  in  nordwestlicher  Richtung  in  der  Flur  von  Friesau,  ausser- 
dem an  drei  anderen  Punkten  ermittelt,  deren  Erstreckung  gleich- 
falls mehrere  hundert  Schritt  beträgt.  Das  nördlichste  bis  jetzt 


E.  Dathe,  Diabas  im  Culm  bei  Ebersdorf  in  Ostthüringen. 


311 


constatirte  Vorkommen  greift  noch  auf  die  nördlich  anstossende 
Section  Liebengrün  in  einer  Länge  von  500  Schritt  über  und  ist 
die  Fortsetzung  des  Ganges  in  nordwestlicher  Richtung  noch  nicht 
gänzlich  ausgeschlossen.  Die  Mächtigkeit  des  Ganges  an  den 
letzteren  Punkten  ist  augenscheinlich  nicht  beträchtlich  und  beträgt 
wohl  höchstens  1 Meter.  Südwestlich  von  Ebersdorf  wurde  das- 
selbe Diabasgestein  bei  Polilig’s  Haus  in  einem  Hohlwege  in  einer 
Breite  von  10  Metern  recht  gut  aufgeschlossen  gefunden.  Die 
Entfernung  des  bis  jetzt  bekannten  nördlichsten  und  des  südlich- 
sten Punktes  von  einander  beträgt  über  7000  Schritt,  also  beinahe 
3/4  Meilen.  Da  nun  die  fünf  Ausstriche  des  Gesteins  in  einer 
Linie  hintereinander  liegen,  welche  die  Richtung  SO. — NW.  besitzt, 
die  Culmscliichten  aber,  wie  oben  bemerkt,  NO. — SW.  streichen, 
so  gehören  sie  unzweifelhaft  einer  einzigen  Gangspalte  an,  welche 
die  Culmschichten  ziemlich  rechtwinkelig  schneidet.  Das  Alter 
des  betreffenden  Diabases  ist  demnach  jünger  als  oberdevonisch; 
doch  lässt  sich  dasselbe,  obwohl  seine  Eruption  kurz  nach  Absatz 
der  Culmschichten  wahrscheinlich  ist,  nicht  noch  näher  bestimmen; 
eine  Abgrenzung  betreffs  des  Alters  nach  oben  muss  geradezu  als 
unthunlich  bezeichnet  werden. 

Der  Diabas  erweist  sich  bereits  bei  makroskopischer  Betrach- 
tung als  ein  deutlich  körniges  Gestein,  in  welchem  die  1,0 — 1,5 
Millimeter  langen  und  schmalen  0,25 — 0,50  Millim.  breiten  Leisten 
des  Plagioklases  und  die  schwarzen  Augitkörner  gleichmässig  ver- 
theilt sind.  In  manchen  Handstücken  ist  der  Augit  auch  noch  in 
etwas  grösseren,  1 — 2 Millimeter  langen  Säulchen  spärlich  ver- 
theilt, die  im  Verhältniss  zu  den  übrigen  Gesteinsgemengtheilen 
fast  porphyrisch  hervortreten.  In  wechselnder  Menge  ist  Eisen- 
kies, theils  in  feinsten  Pünktchen,  theils  in  bis  zu  erbsengrossen 
und  kugelrunden  Körnern  eingesprengt.  Auffallend  ist  die  leichte 
Verwitterbarkeit  des  schwärzlichgrünen  Diabasgesteins.  Das  Aus- 
gehende des  Ganges  ist  überall  bis  zu  beträchtlicher  Tiefe  (bei 
Pohlig’s  Haus,  südlich  von  Ebersdorf  2 — 3 Meter)  zu  einem  gelb- 
lichbraunen Lehm  zersetzt,  in  dem  faust-  und  kopfgrosse,  aber 
auch  noch  grössere  Blöcke  zurückgeblieben  sind.  Sämmtliche 
Blöcke  sind  entweder  kugel-  oder  länglichrund.  An  ihrer  Ober- 


312 


E.  Dathe,  Diabas  im  Culm  bei  Ebersdorf  in  Ostthüringen. 


fläche  sind  sie  mit  einer  2 — 5 Centimeter  starken  Verwitterungs- 
kruste  bedeckt,  die  in  zahlreiche  2 — 3 Millimeter  dicke,  concen- 
trisch  über  einander  liegende  Schalen  zerfällt.  Manche  der  faust- 
grossen Blöcke  bestehen  lediglich  aus  der  graubraunen  V erwitterungs- 
masse,  welche  beim  Schlagen  mit  dem  Hammer  in  unzählige  Schalen- 
fragmente zerschellt.  Die  Erscheinung  der  kugeligschaligen  Ab- 
sonderung in  Folge  von  Verwitterung  und  der  Zersetzung  in  Lehm 
theilt  unser  Diabas  mit  den  gleiclialterigen  Lamprophyren. 

Von  den  Hauptgemengtheil eu  der  Felsart,  Plagioklas  und 
Augit,  überwiegt  der  erstere  den  letzteren  in  der  Weise,  dass  nach 
genauen  Schätzungen  an  Dünnschliffen  Plagioklas  und  Augit  sich 
verhalten  wie  3:2.  Die  schmalen  Plagioklasleisten  sind  theils  als 
einfache  Zwillinge , theils  als  Viellinge  vorhanden  und  letztere 
zeigen  zum  Theil  eine  Zwillingsverwachsung  nach  dem  Albit-  und 
Periklingesetz.  Nach  ihrer  chemischen  Zusammensetzung  scheinen 
die  Plagioklase  mehreren  Mischungen  anzugehören.  So  wurden 
mehrfach  einfache  Zwillinge  gemessen , welche  beiderseits  der 
Zwillingsgrenze  bei  14,  15  und  16  Grad;  andere  die  bei  4,  5 
und  2 Grad  auslöschen;  sie  werden  demnach  wohl  meistens 
der  Oligoklasreihe  zugehören.  An  anderen  Durchschnitten  ergab 
die  Messung  Werthe  von  30 — 32  Grad;  die  somit  Labrador  an- 
zeigen. 

Vollständig  frische  Krystalle  sind  wenig  zugegen;  es  macht  sich 
fast  an  allen  die  Zersetzung  und  zuweilen  iu  recht  hohem  Maasse 
bemerklich.  Die  bekannten  grauen  weisslichen  Körnchen  und 
Fäserchen,  die  bei  gekreuzten  Nicols  die  eisblumenähnliche  Structur 
zu  erkennen  geben,  siedeln  sich  auf  Spalten,  Zwilliugsebenen  bis  tief 
ins  Innere  der  Krystalle  an.  In  diesem  Gemisch,  das  vermuthlich  in 
der  Hauptsache  aus  muscovitälm liehen  Gebilden  besteht,  lassen  sich 
noch  zahlreiche  kleine  Kalkspathflimmerchen  erkennen,  welche 
sich  in  Salzsäure  leicht  lösen,  während  die  Hauptmasse  selbst  in 
heisser  Salzsäure  unverändert  bleibt.  Die  Zuführung  vou  chlo- 
ritischen  Gebilden  geschieht  namentlich  in  der  Nachbarschaft  von 
stark  zersetztem  Augit  und  häufen  sich  dieselben  besonders  in 
der  äusseren  Zone  der  Feldspatlie  an.  Eine  Bildung  von  Pistazit- 
in  den  Plagioklasen  konnte  nicht  nachgewiesen  werden. 


E.  Dathe  , Diabas  im  Culm  bei  Ebersdorf  in  Ostthüringen. 


313 


Der  Augit  ist  nie  in  wohl  umgrenzten  Durchschnitten  zu 
beobachten;  er  bildet  vielmehr  mehr  oder  minder  lange  und 
schmale  Leisten,  seltener  keilartige  oder  rundliche  Krystalldurch- 
schnitte.  Augitzwi Hinge  nach  dem  bekannten  Gesetz  und  knäuel- 
artige Verwachsungen  von  mehreren  Individuen  in  verschiedenen 
Ebenen  sind  seltener  angetroffen  worden.  Die  Augitdurchschnitte 
sind  fast  farblos  oder  sie  besitzen  einen  Stich  ins  Röthliche;  sie 
zeigen  neben  der  prismatischen  Spaltbarkeit  auch  solche  nach  der 
Längsfläche.  Die  Auslöschungsschiefe  beträgt  30 — 45  Grad.  Eine 
Verwachsung  mit  primärer  Hornblende  wurde  einige  Male  am 
Augit  wahrgenommen. 

Die  Alteration  der  Augitsubstanz  hebt  entweder  an  den  Rän- 
dern der  Durchschnitte  an,  oder  beginnt  in  der  Mitte  des  Krystalls, 
wobei  im  letzteren  Falle  die  Bildung  von  Spalten  indess  voraus- 
gegangen sein  muss.  Die  am  Augite  so  interessanten  Zersetzungs- 
erscheinunsren  schlaffen  bei  den  Culmdiabasen  verschiedene  Rieh- 

o o 

tungen  ein.  Bei  vielen  Augiten  besteht  das  erste  Stadium  der 
Umwandlung  in  der  Bildung  von  Hornblende.  Im  gewöhnlichen 
Lichte  lichtgrün,  zeigt  sie  einen  Dichroismus  zwischen  licht- 
und  dunkelgrün.  Die  Auslöschungsschiefe  der  etwas  gefaserten 
Hornblendesubstanz  beträgt  16  — 20  Grad.  Ein  Auflösen  des 
Augits  in  schilfähnliche  oder  spiessige  Hornblendenadeln,  wie  das 
sonst  hei  manchen  Diabasen  vorkommt,  fehlt.  Schreitet  die  Zer- 
setzung des  Augits  von  den  Rändern  nach  dem  Innern  fort,  so 
ist  in  der  Regel  die  neue  Zersetzungspartie  zwar  auch  wiederum 
Hornblende,  doch  deren  äussere  Randzone  zerfällt  bereits  wieder 
in  faserige  und  schuppige,  zuweilen  auch  recht  homogene  Um- 
bildungsproducte,  die  indess  die  Auslöschung  der  Hornblende  nicht 
mehr  besitzen,  sondern  parallel  der  Nicolhauptschnitte  auslöschen 
oder  Aggregatpolarisation  zeigen. 

Die  begonnene  Umbildung  des  Augits  in  Uralit  wird  somit 
auf  halbem  Wege  unterbrochen;  es  ist  in  diesem  Gestein  nie  ein 
vollständig  zersetzter  Augit  nur  aus  Hornblende  zusammengesetzt 
gefunden  worden.  Im  Gegentheil,  die  vollkommenen  Pseudomor- 
phosen  nach  Augit  zeigen  entweder  radialstrahlige , faserige  und 
schuppige  grünliche  Gebilde,  die,  da  sie  sich  meist  schon  in  kalter 


314 


E.  Dathe,  Diabas  im  Culm  bei  Ebersdorf  in  Ostthüringen. 


Salzsäure  auf  lösen,  vorzugsweise  aus  Chlorit  bestehen,  oder  sie 
sind  ein  grünliches,  ziemlich  homogenes  und  nur  wenig  gefasertes 
Mineral.  Die  Auslöschung  des  letzteren  erfolgt  parallel  seiner 
Faserung,  sein  Dichroismus  ist  schwach.  Es  wird  von  Salzsäure 
auch  nach  längerer  Behandlung,  wobei  sich  aller  Kalkspath 
und  Chlorit  gelöst  hatte,  nur  etwas  gebleicht,  aber  nicht  zer- 
setzt. Rosenbüsch1)  erwähnt  im  Kapitel  über  Diabase  diese 
Pseudomorphose  nach  Augit;  er  fügt  hinzu,  dass  sie  im  sel- 
bigen Verhältniss  zum  Augit  zu  stehen  scheine , wie  der 
Bastit  zum  Enstatit,  und  er  vermuthet  sogar  in  derselben  selbst 
Bastit.  Nach  meinen  Beobachtungen  möchte  ich  letztere  An- 
nahme für  das  Wahrscheinlichste  halten;  der  Bastit  würde  aber 
nur  ein  Zwischenstadium  für  die  weitere  Zersetzung  in  Ser- 
pentin bilden;  eine  Möglichkeit,  die  durch  das  Vorhanden- 
sein von  Pikrolith  auf  Diabasklüften  auch  makroskopisch  ge- 
stützt wird. 

Neben  den  im  Vorhergehenden  geschilderten  Zersetzungsvor- 
gängen am  Augit  ist  die  directe  Bildung  von  Chlorit  aus  dem- 
selben wohl  am  häufigsten ; sie  erfolgt  in  der  so  oft  beschriebenen 
Weise  und  liefert  faserige  und  schuppige  Chloritpartieen,  die  oft 
auch  radialstrahlig  gestellt  sind. 

Als  weitere  Producte  gehen  aus  der  Zersetzung  des  Augits 
pulverförmige  Eisenerze  (Magneteisen)  hervor,  wie  dies  von  mir 
zuerst  beschrieben  worden  ist2);  ferner  Kalkspath,  der  theils  in 
feinen  zierlichen  Flimmern  sich  zwischen  Chlorit,  Hornblende, 
Bastit?  vertheilt,  oder  in  rundlichen  Körnern  mit  Zwillingsver- 
wachsung nach  — Y 2 R.  ausgeschieden  ist.  Die  Kieselsäure,  welche 
bei  der  Augitzersetzung  frei  wird,  erscheint  entweder  in  der  Ge- 
stalt von  Quarz  in  rundlichen  oder  scharf  begrenzten  Krystall- 
durchsclmitten  ausgebildet,  oder  in  radialstrahligen , feinfaserigen 
Gebilden,  welche  bei  gekreuzten  Nicols  ein  schwarzes  Interferenz- 
kreuz geben.  Letztere  Bildung  scheint  dem  Chalcedon  anzuge- 
hören. Quarz  und  Chalcedon  sind  stets  vergesellschaftet  mit 

1)  Physiographie  der  massigen  Gesteine,  pag.  331. 

3)  Zeitschrift  der  Deutschen  geol.  Gesellschaft  1874,  pag.  14. 


E.  Dathe,  Diabas  im  Calm  bei  Ebersdorf  in  Osttliürmgen. 


315 


Kalkspath  und  Chlorit  und  ist  ihre  secundäre  Entstehung  dadurch 
bewiesen. 

Ein  geringer  Theil  von  Quarzkörnchen  in  diesen  Diabasen 
ist  aber  auch  primärer  Entstehung;  es  sind  diejenigen,  welche 
zwischen  noch  verhältnissmässig  frischen  Augiten  und  Plagioklasen 
keilförmig  eingeklemmt  sind. 

Von  den  Erzgemengtheileu  ist  neben  dem  secundären  Magnet- 
eisen Titaneisen  und  Eisenkies  zugegen.  Beide  letzteren  sind, 
da  beide  noch  recht  frisch,  schwer  zu  unterscheiden;  die  feine 
Durchlöcherung  des  Eisenkieses  giebt  jedoch  bei  der  mikroskopi- 
schen Untersuchung  hierfür  noch  einigen  Anhalt.  Eisenglanz 
kommt  zahlreich  in  wohlbegrenzten  winzigen  Blättchen  an  manchen 
Stellen  recht  häufig  vor;  es  scheint  fast,  da  ihre  Zahl  zwischen 
den  anderen  Zersetzungsproducten  des  Gesteins  sich  mehrt,  ihre 
secundäre  Entstehung  gleichfalls  wahrscheinlich  zu  sein.  Apatit 
ist  spärlich  in  den  Diabasen  des  Culms  von  Ebersdorf  vertreten. 

Die  Structur  der  Diabase  ist  eine  rein  krystalline;  denn  irgend 
welche  amorphe  Zwischenklemmungsmasse  wurde  in  denselben 
nicht  beobachtet.  Die  richtungslos  körnige  Structur  herrscht  im 
Allgemeinen  vor;  doch  macht  sich  an  manchen  Handstücken  und 
Präparaten  auch  eine  Andeutung  zur  kugeligen  Gruppirung  von 
Plagioklas  und  Augit  geltend.  Bereits  makroskopisch  spricht  sich 
das  Gefüge  dadurch  aus,  dass  namentlich  die  Plagioklase  in  stern- 
förmigen Gruppen  an  einigen  Vorkommnissen  zu  erkennen  sind. 
Besonders  charakteristisch  und  zahlreich  zeigt  diese  Aggregation 
ein  Handstück  von  Friesau,  an  welchem  1 Millimeter  lange  Feld- 
spathleisten  zu  vier-,  fünf-  und  sechsstrahligen  Sternchen  ver- 
einigt sind.  U.  d.  M.  macht  sich  das  radialstralilige  Gefüge  gleich- 
falls geltend,  indem  man  zugleich  bemerkt,  dass  Augitsäulchen 
zwischen  derartigen  mehr  oder  weniger  sternförmigen  Plagio- 
klasleisten  sich  einldemmen  und  an  der  kugeligen  Bildung  theil- 

Ö O O 

nehmen.  Manchmal  giebt  der  Augit  die  Tendenz  zu  dieser  Aggre- 
gation;  so  bildet  er  in  einigen  Präparaten  (Friesau  und  Schönborn) 
einige  Male  recht  regelmässige  vierstrahlige  Sterne,  zwischen  deren 
Strahlen  sich  Plagioklasnädelchen  und  Erzgemengtheile  einfügen. 
Die  Plagioklase  und  Augite  zeigen  nach  den  Enden,  welche  sich 


316 


E.  Dathe,  Diabas  im  Culm  bei  Ebersdorf  in  Ostthüringen. 


im  Centrum  treffen,  eine  keilförmige  Zuspitzung.  Vollendete 
Sphärolithe,  wie  sie  so  schön  bei  den  Varioliten  des  Vogtlandes, 
namentlich  in  denen  von  Wurzbach,  welche  ich  erst  neuerdings 
aufgefunden  und  demnächst  eingehender  behandeln  werde,  Vor- 
kommen, sind  es  nicht;  denn  zur  Bildung  dieser  ist  augenschein- 
lich das  Gestein  noch  zu  körnig;  doch  die  Tendenz  zu  solcher 
Bildung  ist  in  den  Diabasen  des  Culm  von  Ebersdorf  entschieden 
vorhanden. 

Die  Stellung  im  System  verweist  diese  Diabase  zu  den  Dia- 
basen schlechthin ; der  wenige  primäre  Quarzgehalt,  sowie  die  noch 
seltenere  primäre  Hornblendeführung  berechtigen  noch  nicht,  dies 
Gestein  zu  den  Proterobasen  zu  ziehen. 


Gletscliererscheiiiuugeii 

im  Frankenwalde  und  vogtländisclien  Berglande. 

Von  Herrn  E.  Dathe  in  Berlin. 


Die  Bildung  des  norddeutschen  Diluviums  hat  man  bis  in  die 
jüngste  Zeit  heran  durch  die  Drifttheorie  zu  erklären  versucht. 
Eine  Anzahl  von  wichtigen  Beobachtungen,  welche  innerhalb  der 
letzten  fünf  Jahre  in  diesem  Gebiete  gemacht  wurden,  hat  indess 
einen  Theil  der  norddeutschen  Geologen  bewogen , jene  Theorie 
aufzugeben  und  einer  neuen,  der  Glacialtheorie  sich  zuzuwenden, 
also  derjenigen  Theorie,  welche  die  Entstehung  des  nordischen, 
speciell  auch  des  norddeutschen  Diluviums  auf  eine  allgemeine 
Vergletscherung  dieser  Landstriche,  welche  von  Skandinavien  und 
Finnland  ausging,  zurückführt.  Den  Geschiebelehm  mit  seinen 
geschrammten  und  gekritzten  Geschieben  von  nordischer  und  ein- 
heimischer Herkunft  deutet  man  als  Grundmoräne  des  gewaltigen 
und  wohl  mehrere  hundert  Meter  mächtigen  Inlandeises;  während 
man  in  der  gerundeten  und  geschrammten  Oberfläche  vieler  Felsen, 
welche  im  Bereiche  des  Diluviums  an  vielen  Orten  (Rüdersdorf, 
Wurzen,  Taucha,  Kleinsteinberg,  Halle,  Lommatzsch,  Velpke)  auf- 
gefunden worden  sind,  gleichfalls  die  Wirkungen  desselben  Phä- 
nomens erblickt.  Die  südliche  Grenze  des  Diluviums  in  Nord- 
deutschland, welche  von  Holland  aus  durch  Deutschland  am  Fusse 
der  mitteldeutschen  Gebirge  in  ziemlich  gebogener  Linie  von  West 
nach  Ost  entlang  verläuft  und  bis  zu  einer  Meereshöhe  von  440 
Meter  (Erzgebirge)  aufsteigt,  ist  nach  der  Glacialtheorie  zugleich 


318 


E.  Dathe,  Gletscherersclieinungen 


die  Grenze  der  grössten  Ausdehnung  des  Inlandeises,  welches 
jene  Gebirge,  also  die  Sudeten,  das  Riesengebirge,  das  Erzgebirge, 
den  Frankenwald,  den  Thüringerwald  und  den  mehr  nördlich  ge- 
legenen Harz  demnach  nicht  erstiegen  hat. 

Wenn  aber  nach  der  Glacialtheorie  eine  so  grossartige  Eis- 
bedeckung Norddeutschlands  einst  stattgefunden  hat,_  so  muss  noth- 
wendigerweise  in  allen  den  oben  genannten  Gebirgen,  welche  eine 
beträchtliche  Ausdehnung  und  Erhebung  besitzen,  das  Klima  auf 
lange  Zeit  ein  so  niedriges  und  feuchtes  gewesen  sein,  wie  solches 
in  arktischen  Regionen  der  Erde  noch  jetzt  herrscht. 

Diese  Beschaffenheit  des  Klimas  zu  jener  Zeit  bedingt  aber, 
dass  der  als  atmosphärischer  Niederschlag  in  den  Gebirgen  ange- 
häufte Schnee  die  Form  des  Firns  angenommen  haben  wird,  wo- 
mit zugleich  die  Bedingungen  zur  Bildung  localer  Gletscherströme 
gegeben  waren. 

Von  der  Richtigkeit  dieser  Schlussfolgerung  seit  Jahren  über- 
zeugt , lenkte  ich  bei  den  geologischen  Aufnahmen  in  Ost- 
thüriimen  in  den  beiden  letzten  Jahren  mein  Augenmerk  auf  alle 
diejenigen  Erscheinungen,  welche  als  Spuren  des  Glacialphänomens 
gedeutet  werden  konnten.  Schon  in  den  ersten  Monaten  meiner 
dortigen  Thätigkeit  glückte  es  mir,  Pfingsten  1880  bei  Saalburg 
die  ersten  Glacialspuren  aufzufinden,  wozu  im  vergangenen  Jahre 
sich  noch  weitere  Beobachtungen  bei  Wurzbach  gesellt  haben. 
Es  liegt  nahe,  die  Gletschererscheinungen  in  Ostthüringen  nach 
ihren  einzelnen  Localitäten  zu  betrachten  und  zuletzt  die  sich 
daraus  ergebenden  Schlüsse  zu  ziehen.  — Wir  beginnen  die  Be- 
Schreibung  mit  dem  Wurzbacher  Vorkommen. 

Wurzbach  liegt  im  nördlichen  Theile  des  waldreichen  Mittel- 
gebirges, welches  den  Thüringerwald  und  das  Fichtelgebirge  in 
der  Richtung  von  Südost  nach  Nordwest  verbindet  und  das  der 
Frankenwald  genannt  wird.  Dieses  Gebirge  ist  durch  zahl- 
reiche und  langausgedehnte  Bergrücken,  welche  eine  geringe 
Breite  besitzen  und  durch  tiefe,  steilgeböschte  Thäler  von  einander 
getrennt  sind,  charalrterisirt,  Seine  Stellung  als  Mittelgebirge 
bringt  es  mit  sich,  dass  seine  Erhebungen  über  dem  Meeresspiegel 
diejenigen  der  beiden  genannten  Gebirge  nicht  ganz  erreichen; 


im  Frankemvalde  und  vogtländischen  Berglande. 


319 


doch  kommen  sie  der  Durchschnittshöhe  der  meisten  mitteldeutschen 
Gebirge  immerhin  ziemlich  nahe,  wie  aus  den  folgenden  Angaben 
ersichtlich  wird.  Die  wichtigsten  Höhenpunkte  im  Frankenwalde 
sind  folgende:  der  Rennsteig  bei  Tettau  (1819')1),  der  Culrn  bei 
Lehesten  ( 1 900 ' ) , Osslahügel  bei  Ossla  ( 1 800 ' ) , Rodacherbrunn 
(1810'),  der  graue  Berg  (1808'),  der  Vogelberg  (1800'),  der  »Fels« 
(1875’)  — die  letzteren  drei  bei  Wurzbach  gelegen  — , der  Lerchen- 
hügel bei  Heinersdorf  (1817 '),  der  neue  Berg  bei  Neundorf  (1 770'), 
der  Sieglitzberg  bei  Lobenstein  (1878'),  der  Culmberg  bei  Schlegel 
(1900')  und  der  Krähenhügel  bei  Schlegel  (1742,5'). 

Die  Menge  der  atmosphärischen  Niederschläge  ist  in  diesem 
Gebirge  noch  jetzt  eine  ansehnliche.  Ein  grosser  Tlieil  derselben 
und  zwar  aus  dem  mittleren  Theile  des  Frankenwaldes  werden 
durch  die  Loquitz  und  Sormitz  der  Saale  zugeführt.  Die  Sormitz 
entsteht  aus  der  Vereinigung  von  acht  Bächen,  die  in  verschie- 
denen Richtungen  der  Windrose  aus  den  Wäldern  des  Franken- 
waldes bei  Wurzbach  Zusammentreffen.  Zwischen  Wurzbach  und 
dem  südöstlich  von  demselben  liegenden  Höhenrücken,  dem  »Fels« 
findet  sich  in  der  Umgebung;  der  sogenannten  Ziegelhütte  eine 
Ablagerung  von  Geschiebelehm , welcher , wie  die  folgenden 
Zeilen  ergeben  werden,  eine  glaciale  Bildung  zugeschrieben  wer- 
den muss. 

Zur  besseren  Beurtheilung  der  Lage  des  Vorkommens  ist  um- 
stehendes Höhenprofil,  Maassstab  1 : 25000  entworfen  worden. 
Geht  man  von  Wurzbach,  also  aus  dem  Sormitzthale,  dessen  Thal- 
sohle 1400'  über  dem  Meeresspiegel  liegt,  nach  O.  den  1800  Schritt 
weiten  Weg  zur  Ziegelhütte,  so  steigt  man  die  ersten  1300  Schritte 
allmählich,  aber  stetig  aufwärts  bis  zur  Höhencurve  1625';  von  da 
ab  mindert  sich  die  Steigung  des  Terrains  bis  zur  Ziegelhütte, 
denn  sie  beträgt  auf  500  Schritte  nur  50’,  so  dass  eine  ganz  flach 
geböschte  Stufe  im  Terrain  entsteht,  die  sich  nördlich  und  südlich 
der  Ziegelhütte  auf  viele  hundert  Schritte  ausdehnt.  Diese  Terrain- 
stufe erscheint  fast  als  eine  ebene  Hochfläche,  die  nach  S.  ganz 


1)  Die  Höhen  in  preussiscken  Decimalfussen  angegeben.  1 preuss.  Decimal- 
fuss  = 1,2  preuss.  Fuss  (0,31385  Meter)  = 0,37662  Meter. 


320 


E.  Datiie,  Gletschererscheinungen 


allmählich  sich  nach  dem  Querenbachthale 
senkt  und  zwar  auf  800  Schritt  um  100'; 
nördlich  von  der  Ziegelhütte  verbreitet  sich 
dieselbe  nach  O.  und  W.  und  erstreckt  sich 
gleichfalls  noch  viele  hundert  Schritte  weit. 
Auf  dieser  ziemlich  ebenen  Hochfläche  ist 
nun  die  fragliche  Glacialbildung  in  derselben 
Ausdehnung  abgelagert  worden.  Ihre  Länge 
beträgt  circa  1500  Schritt  bei  einer  Breite  von 
circa  500  Schritt.  Ehe  wir  nun  diese  inter- 
essante Localität  näher  betrachten,  mag  noch 
erwähnt  werden,  dass  das  von  der  Ziegel- 
hütte nach  SO.  gelegte  Höhenprofil  bis  zum 
»Eels«  eine  starke  Steigung  des  Terrains  an- 
zeigt, die  auf  eine  Länge  von  1200  Schritt 
sich  auf  200’  beläuft,  da  der  »Fels«  eine 
Höhe  von  1875'  erreicht. 

Die  Gruben  der  Ziegelhütte  bei  Wurz- 
bach, welche  nördlich  und  südlich  derselben 
und  am  Wege  nach  dem  Dorfe  Helmsgrün 
liegen,  erschliessen  gerade  den  mittleren  Theil 


der 


ganzen  Ablagerung. 


Durch  den  lam 


jährigen  Abbau  sind  die  Aufschlüsse  recht 
ansehnliche  geworden ; denn  die  nördlichen 
Gruben  haben  eine  Längte  von  75  Schritt  bei 
gleicher  Breite,  und  das  südliche  Gruben- 
feld hat  eine  Länge  von  100  Schritt  bei  einer 
Breite  von  60 — 90  Schritt.  Beim  Eintritt  in 
die  Aufschlüsse  fallen  sofort  zweierlei  Schich- 
ten dem  Beobachter  in  die  Augen ; eine 
obere  mit  zahlreichen  Blöcken  erfüllte  Lelnn- 
ablagerung  (5)  und  eine  untere,  welche  keine 
Spur  von  solchen  aufweist.  Die  untere  Partie  besteht  aus  einem 
ockergelben  Lehm  (a),  welcher  aus  der  Verwitterung  von  daselbst 
anstehenden  Diabasmassen  der  Devonformation  hervorgegangen  ist. 
Lediglich  dieser  Verwitterungslehm,  der  freilich  wegen  starken 


im  Fraukenwalde  und  vogtländisclien  Berglande. 


321 


Wasserzutritts  nur  bis  1 Meter  tief  abgebaut  wird,  wird  zur  Ziegel- 
fabrikation gewonnen,  während  die  überlagernde  1,30  Meter,  an 
manchen  Stellen  auch  1,50  Meter  mächtige  Schicht  wegen  ihrer 
grandigen  Beschaffenheit  entweder  gar  nicht  oder  nur  theilweise 
dazu  verwandt  werden  kann.  Von  den  Lagerungsverhältnissen  und 
sonstigen  Eigenthümliclikeiten  der  ganzen  Ablagerung  giebt  folgender 
Holzschnitt  aus  einer  der  südlichen  Gruben  ein  getreues  Bild. 


Jeder  Geologe  wird  in  der  mehrfach  schon  erwähnten  oberen 
Partie  des  Aufschlusses  einen  typischen  Blocklehm  erkennen.  Der- 
selbe ist  grau-  bis  ockergelb  und  in  seinen  lehmigen  Bestandtheilen 
ungemein  plastisch  ; es  ist  kaum  zweifelhaft,  dass  der  grös- 
sere Theil  seiner  feinerdigen  Lehmmassen  der  Verwitterungsschicht 
der  Diabase  entstammt.  Als  achter  Blocklehm  ist  er  erfüllt  von 
zahlreichen  Blöcken  und  noch  zahlreicheren  Schiefergeschieben, 
die  in  die  lehmige  Zwischenmasse  gleichsam  eingeknetet  worden 
sind.  Die  Vertheilung  der  Geschiebe,  sowohl  der  grösseren  Blöcke 
als  auch  der  kleinsten  Geschiebe  im  Lehm  ist  eine  ganz  unregel- 
mässige ; viele  derselben  stehen  entweder  senkrecht  oder  mehr  oder 
weniger  schief  geneigt  auf  einer  ihrer  schmalen  Kanten.  Eine  An- 
deutung  von  irgend  welcher  Schichtung  fehlt  der  ganzen  Lehm- 
ablagerung durchaus;  regellos,  wie  die  kleine  Skizze  lehrt,  sind 
grosse  und  kleine  Geschiebe  darin  vertheilt. 

Nach  ihrem  Material  sind  die  Geschiebe  tlieils  paläozoische 
Schiefergesteine,  theils  Diabase.  Am  vorherrschendsten  von  den 
Schiefergesteinen  sind  schwarze  unterdevonische  Schiefer  und  die 
Nereitenquarzite;  denn  diese  Schichten  stehen  östlich  bis  zum 
»Fels«,  überhaupt  in  der  Umgebung  der  Ziegelhütte  an.  Auch 
die  in  der  Nähe,  nach  Süden  auftretenden  Culmschiefer  und  Grau- 
wacken bilden  noch  einen  ziemlich  ansehnlichen  Procentsatz  der 


21 


322 


E.  Dathe  , Gletschererscheinungen 


Geschiebe.  Seltener  sind  die  schwarzen  glimmerreichen  untersilu- 
rischen  Schiefer,  die  mittelsilurischen  Schiefer  (Lydit)  und  die 
cambrischen  Schiefer  und  Quarzite  darin  enthalten.  Ihr  Vorhanden- 
sein ist  deshalb  so  interessant  und  wichtig,  weil  ihr  nächster  be- 
kannter Fundort  jenseits  des  »Fels«,  also  weiter  nach  O.  in  der 
Nähe  des  Dorfes  Helmsgrün  sich  vorfindet.  Auf  die  Bedeutung 
dieses  Umstandes  soll  weiter  unten  zurückgekommen  werden.  Die 
Diabase  entstammen,  soweit  sich  das  ermitteln  liess,  vorzugsweise 
aus  dem  nach  Südost  sich  ausdehnenden  Unterdevon ; es  sind  die 
grobkörnigen  Varietäten  (unterdevonischer  Hauptdiabas),  sowie  der 
Epidiorit,  welcher  am  »Fels«  ansteht,  unter  denselben  mit  Leichtig- 
keit wieder  zu  erkennen ; auch  fehlen  Diabastuffe  nicht  gänzlich. 

Die  Grösse  der  Geschiebe  ist  eine  höchst  verschiedene.  Die 
Diabase  kommen  in  Blöcken  vor,  die  nach  genauen  Messungen 
bis  zu  0,8  Kubikmeter  halten;  auch  devonische  Schiefergerölle  er- 
langen eine  Grösse,  welche  bis  zu  0,4  Kubikmeter  aufsteigt. 
Kleinere  Dimensionen  sind  häufiger  und  zahllos  sind  die  kleinen 
kaum  Decimeter  langen  und  Centimeter  breiten  Schieferstücke. 
Das  Verhältniss  zwischen  Geschieben  und  den  sie  beherbergenden 
Lehmmassen  ist  1 : 1,5;  während  das  Verhältniss  der  Schiefer 
zum  Diabas  ungefähr  10  : 2,5  betragen  mag. 

Wenden  wir  uns  schliesslich  zu  dem  wichtigsten  Punkte  der 
ganzen  Frage,  nämlich  zu  der  Beschaffenheit  der  Oberfläche  der 
Geschiebe.  Bei  Durchmusterung  derjenigen  Blöcke,  welche  infolge 
des  Abbaues  in  grossen  Haufen  in  den  Gruben  umherliegen,  fällt 
dem  Beobachter  sofort  auf,  dass  die  Mehrzahl  derselben  an  ihren 
Kanten  mehr  oder  minder  gerundet  sind,  vielfach  sind  gleichzeitig 
ihre  Flächen  ziemlich  glatt  geschliffen,  so  dass  man  auf  denselben 
keine  auffallende  Rauhigkeit  bemerkt.  An  anderen  Blöcken  hin- 
gegen sind  mehrere  Flächen  noch  vollständig  uneben  und  höckerig, 
während  nur  an  einer  oder  zwei  eine  Polirung  sich  kenntlich 
macht.  Die  weicheren  Schiefer  sind  im  Grade  der  Abschleifung 
durchgängig  weiter  vorgeschritten  und  meist  recht  glatt  polirt. 
Bei  einer  grossen  Anzahl  von  Schiefergeschieben,  welche  mit  der 
grössten  Vorsicht  aus  dem  Blocklehm  herausgenommen  wurden, 
zeigten  sich  auf  der  glatten  Oberfläche  nicht  nur  deutliche  Kritzer, 


im  Franken w.ilde  und  vogtländisclien  Berglande. 


323 


sondern  auch  Schrammen,  welche  unter  sich  vollkommene  Paralle- 
lität bei  geradlinigem  Verlauf  besitzen.  Bei  etlichen  geschrammten 
Geschieben  sind  gleichzeitig  zwei  Systeme  von  Schrammen  zu  be- 
merken, welche  sich  unter  spitzem  Winkel  schneiden.  Ein  grosser 
Tlieil  der  Geschiebe  besitzt  somit  eine  Beschaffenheit,  wie  man 
solche  an  den  Scheuersteinen  der  Moränen  zu  sehen  gewohnt  ist 
und  wie  solche  gleichfalls  an  den  Geschieben  von  nordischer  und 
einheimischer  Herkunft  in  den  norddeutschen  Geschiebelehmen 
schon  längst  bekannt  sind.  Es  sind  nach  dem  Vorstehenden  dem- 
nach zwei  Punkte,  welche  bei  Beurtheilung  der  Entstehung  der 
Ablagerung  ins  Gewicht  fallen;  nämlich  erstens  die  vollkommen 
regellose,  ungeschichtete  Structur  des  Blocldelnns  und  zweitens  die 
abgeschliffene  Oberfläche  der  Geschiebe  mit  ihren  Kritzen  und 
Schrammen.  Daraus  folgt  aber,  dass  man  den  Blocklehm  in  der 
Umgebung  der  Ziegelhütte  bei  Wurzbach  als  Grundmoräne  einer 
ehemaligen  Vergletscherung  des  Frankenwaldes  ansprechen  muss. 

Die  muthmaassliche  Richtung,  aus  welcher  der  angenommene 
Gletscher  gekommen  sein  mag,  lässt  sich  mit  vollständiger  Sicher- 
heit nicht  angeben.  Das  Vorhandensein  von  Lydit,  untersilurischem 
Schiefer  und  cambrischem  Quarzit  als  Moränenmaterial  verweist 
uns  nach  O.,  resp.  SO.;  denn  das  nächste  Vorkommen  dieser  Ge- 
steine in  der  betreffenden  Gegend  liegt  von  der  Ziegelhütte,  wie 
oben  bereits  bemerkt,  'Q  Meile  östlich  davon  entfernt.  Da  aber 
jenes  Schiefersystem  sowohl  nach  Nord  und  Süd  von  jenem  Punkte 
fortstreicht,  so  kann  auch  jeder  andere,  namentlich  südlich  ge- 
legene Punkt  dabei  in  Frage  kommen. 

Nimmt  man  jedoch  das  erstere  als  das  Wahrscheinlichste  an, 
so  würde  eine  rein  östliche  oder  wenigstens  südöstliche  Bewegung 
der  Gletschermassen  sich  ergeben;  dieselben  müssten  alsdann  ihre 
Grundmoränen  entweder  grösstentheils  nördlich  vom  » Fels « , wo 
eine  kleine  Einsattelung  des  Höhenrückens  noch  jetzt  vorhanden 
ist,  oder  südlich  desselben  bei  der  sogenannten  Kreuztanne,  bis  in 
die  Umgebung  der  heutigen  Ziegelhütte  vorgeschoben  haben;  hier 
ist  sie  von  der  später  wirkenden  Erosion  zum  Theil  verschont 
geblieben  und  in  ihrer  jetzigen  Ausdehnung  und  Mächtigkeit  er- 
halten worden. 


21 


324 


E.  Dathe  , Gletscherersclieinunge] 


Das  Saalburger  Vorkommen  liegt  nicht  mehr  im  Gebiete 
des  Frankenwaldes,  sondern  im  vogtländischen  Berglande. 
Unter  dieser  Bezeichnung  fassen  wir  dasjenige  Gebirgsland  zu- 
sammen, welches  zwischen  Thüringerwald,  Frankenwald,  Fichtel- 
gebirge und  Erzgebirge  sich  einschiebt.  Feste  Grenzen  lassen 

o o o o 

sich  für  dasselbe  nicht  ziehen,  da  es  allmählich  in  jene  Ge- 
birge übergeht  und  gewissermaassen  als  deren  Vorberge  zu  be- 
trachten  ist.  Der  westliche  und  südwestliche  Strich  des  vogtlän- 
dischen Berglandes,  welcher  sich  also  an  den  Frankenwald  und 
das  Fichtelgebirge  anlehnt,  wird  von  der  Saale  in  einem  tiefen 
und  engen,  mit  vielfachen  Naturschönheiten  geschmückten  Thale 
durchströmt.  In  diesem  Gebirgstheile  herrschen  noch  langgezogene 
wellige  Höhenrücken  vor,  welche  nur  strichweise  von  sporadisch 
auftretenden  Diabaskuppen  unterbrochen  werden.  Hier  verleihen 
sie  der  Gegend  eine  angenehme  Abwechselung;  weiter  nach  Osten 
aber,  wo  sie  sich  mehren  und  nur  kurze,  felsige  Bergrücken  bilden, 
die  sich  immer  und  immer  wiederholen,  geben  sie  der  Landschaft 
ein  eigenthümlich  unruhiges  und  zugleich  einförmiges  Gepräge.  Die 
höchsten  Erhebungen  im  südwestlichen  Tlieile  des  Berglandes  reichen 
fast  an  die  Höhen  des  Frankenwaldes  heran;  die  wichtigsten  sind: 
der  Culmberg  bei  Saalburg  (1525'),  der  Horlaer  Acker  (1521') 
bei  Hirschberg,  der  Lerchenhügel  (1500')  bei  Frössen  und  die 
Cappel  (1666')  bei  Schilbach. 

Am  rechten  Ufer  der  Saale,  wenige  hundert  Schritte  nördlich 
von  dem  romantisch  gelegenen  Städtchen  Saalburg  liegt  an  der 
Chaussee  nach  Schleiz  eine  Ziegelei,  in  deren  Gruben  gleichfalls 
Blocklehm  als  oberste  Schicht  aufgeschlossen  ist.  In  dem  unten- 
stehenden Höhenprofil  ist  die  Lage  und  Verbreitung  der  Ablage- 


im  Frankenwalde  und  vogtländischen  Berglande. 


325 


rung  (von  Ost  nach  West)  im  Maassstab  1 : 25000  dargestellt 
worden.  Man  ersieht  aus  demselben,  dass,  wie  das  Wurzbacher 
Vorkommen  nicht  einem  Thale  angehört,  so  auch  dieses  nicht 
im  Saalthale,  sondern  auf  einer  ziemlich  ebenen  Hochfläche, 
welche  nur  noch  dem  Saalthale  im  weiteren  Sinne  zuzählt,  ge- 
legen  ist. 

Das  nur  400  Schritt  breite  Saalthal  wird  kurz  unterhalb  des 
Schiesshauses  von  Saalburg  von  hohen  Gehängen  begrenzt.  Von 
diesen  ist  das  linke  225'  hoch,  aber  nicht  so  steil  geböscht,  wie 
das  rechte;  denn  dieses  bildet  sehr  steile  und  125’  hohe  nackte 
Felswände.  Von  der  Thalkante  aus  breitet  sich  nach  Ost  und 
zwar  bis  zur  Ziegelei  Saalburg  eine  ganz  flach  geböschte  Fläche 
aus.  Ihre  Steigung  beträgt  auf  950  Schritt  nur  100',  demnach 
liegt  die  Ziegelei  Saalburg  über  dem  dortigen  Saalspiegel  225 ' hoch. 
Weiter  östlich  von  derselben  beginnt  das  Terrain  eine  stärkere 
Steigung  anzunehmen,  indem  es  einerseits,  ungefähr  in  der  Rich- 
tung nach  dem  Dorfe  Culm  zu,  bis  zu  1400'  Meereshöhe  aufsteigt, 
andererseits,  kaum  1000  Schritte  weiter  nach  Nordost  jedoch  bis 
zu  1 525  ’ im  Culmberge  bei  Saalburg  sich  erhebt.  Eine  mittlere 
Flöhe  von  circa  1400'  ist  auch  dem  hügeligen  Gelände  weiter  nach 
Ost  eigenthümlich ; dasselbe  erreicht  eine  Meile  östlich  von  Saal- 
burg in  der  Kuppe  der  Cappel  (1666')  den  höchsten  Punkt  im 
ganzen  vogtländischen  Berglande. 

Auf  dem  westlichen  Theile  dieser  oben  erwähnten  und  im 
Profil  dargestellten  Hochfläche  bei  der  Ziegelei  Saalburg,  zwischen 
dieser  und  dem  westlich  gelegenen  Fahrwege  nach  der  Kloster- 
mühle breitet  sich  die  mehrfach  genannte  Ablagerung  auf  eine 
Erstreckung  von  400  Schritt  in  der  Richtung  von  O.  nach  W. 
aus.  Ihre  südliche  Grenze  liegt  kaum  100  Schritt  weit  von  der 
Ziegelei  entfernt,  während  ihre  Verbreitung  nach  N.  noch  nicht 
ganz  sicher  bestimmt  werden  konnte;  sie  beträgt  indess  mindestens 
500  Schritt. 

Der  Blocklehm  ist  nicht  nur  durch  eine  recht  grosse  Grube 
bei  der  Ziegelei  aufgeschlossen,  sondern  an  dem  Querwege,  welcher 
von  dieser  zu  den  westlich  davon  gelegenen  Scheunen  führt,  ist 
er  auch  in  einer  Anzahl  kleinerer  Gruben,  die  jedoch  oft  auflässig 


326 


E.  Dathe,  GletscherersaheLnungen 


werden,  gut  entblösst.  Seine  Mächtigkeit  beträgt  1,2— 1,5  Meter 
in  der  ersterwähnten  Grube  und  verringert  sich  dieselbe  nach  W. 
zu  etwas,  so  dass  sie  sich  in  den  westlichsten,  bei  den  Scheunen 
gelegenen  Aufschlüssen  nur  noch  auf  0,75  Meter  beläuft.  Die 
obere,  0,5  Meter  starke  Schicht  des  Lelnns  ist  ‘graugelblich  gefärbt; 
nach  unten  nimmt  er  jedoch  eine  gelblichbraune  Färbung  an.  Er 
besitzt  alle  charakteristischen  Eigentümlichkeiten  eines  ächten 
Block-,  resp.  Geschiebelehmes  und  gleicht  ebenso  sehr  dem  oben 
beschriebenen  Wurzbacher  Vorkommen,  als  auch  den  Geschiebe- 
lehmen, wie  man  solche  in  der  norddeutschen  Ebene  findet.  Er 
ist  erfüllt  von  zahlreichen  bis  über  kopfgrossen  Blöcken,  und 
kleinere  Geschiebe  bis  zu  den  winzigsten  Grössen  sind  zahllos 
darin  vertheilt.  Schichtung  mangelt  ihm  gänzlich;  denn  beide, 
grosse  und  kleine  Geschiebe  sind  ganz  wirr  in  demselben  einge- 
mengt,  so  dass  viele  derselben  gerade  auf  ihrer  schmälsten  Kante 
in  demselben  liegen;  manche  stehen  sogar  auf  der  Spitze. 

Die  Geschiebe  gehören  folgenden  Gesteinsarten  an.  Schiefer 
und  zwar  cambrische,  untersilurische , mitte'lsilurische  (Lydit),  de- 
vonische und  Culmsehiefer  sind  vorwiegend  vertreten;  ausserdem 
sind  verschiedene  Diabasvarietäten,  sowie  Gangquarz  und  sibirische 
und  cambrische  Quarzite  aufzuführen.  Nach  ihrem  Ursprung  mag 
ein  Theil  derselben  der  nächsten  Umgebung  entstammen,  da  einer- 
seits Culm  und  Devon  die  Unterlage  der  Ablagerung  zum  Theil 
bilden  und  weiter  nach  Ost  zu  anstehen.  Indess  kann,  wie  weiter 
unten  zu  ersehen  ist,  die  Heimath  der  Geschiebe  auch  eine  andere 
sein.  Das  feinere,  .sandige  Material  hat  natürlicherweise,  wenigstens 
zum  Theil  den  gleichen  Ursprungsort  wie  die  Geschiebe,  da  es 
durch  Zerreibung  derselben  entstanden  ist,  zum  anderen  Tlieile 
ist  es  aus  dem  Untergründe  der  Ablagerung  aufgenommen  und 
mit  dem  übrigen  Material  innig  vermischt  worden;  denn  die 
Unterlage  des  Blocklehmes  besteht,  wie  die  günstigen  Aufschlüsse 
bei  der  Ziegelei  lehren,  aus  einem  thonigen,  gelblichbraunen  Ver- 
witterungslehm. Dei’selbe  ist  aus  devonischen  Schichten  entstanden 
und  besitzt  eine  Mächtigkeit  von  vielen  Metern;  denn  er  wird  bis 
zu  einer  Tiefe  von  4 Meter  zur  Ziegelfabrikation  abgebaut,  wobei 
man  aber  noch  nicht  auf  festes  Gestein  gestossen  ist. 


im  Frankenwalde  und  vogtländischen  Berglande. 


327 


Was  nun  die  Beschaffenheit  der  Oberfläche  der  Geschiebe  an- 
langt, so  ist  im  Allgemeinen  sowohl  die  Abschleifung  als  auch  die 
Schrammung  und  Kritzung  derselben  eine  ganz  ausgezeichnete. 
Unter  den  zahlreichen  geschrammten  Scheuersteinen,  welche  ich 
hier  in  den  Jahren  1880  und  1881  unter  Beobachtung  der  nöthi- 
gen  Vorsichtsmaassregeln  gesammelt  habe,  sind  nicht  nur  Schiefer, 
sondern  auch  Diabase  höchst  deutlich  geschrammt.  Es  liegt  bei- 
spielsweise ein  handgrosses  Diabasgeschiebe  vor,  welches  an  den 
Kanten  gerundet  und  gekritzt,  aber  nur  auf  der  einen  Breitseite 
glatt  geschliffen  ist,  während  die  andere  Rauhigkeit  zeigt.  Auf 
der  glatten  Fläche  bemerkt  man  eine  Anzahl  kurze  Kritzer,  sowie 
drei  5^2  Centimeter  lange  und  1 Millimeter  tiefe  Schrammen,  die 
zusammen  eine  Breite  von  5 Millimeter  einnehmen  und  vollkommen 
parallel  mit  einander  verlaufen.  Die  schwarzen  untersilurischen 
Schiefer  scheinen  für  die  Schrammung  besonders  geeignet  gewesen 
zu  sein.  Ihr  Material  gestattete  die  Ausbildung  von  höchst  feinen, 
ziemlich  lang  aushaltenden  Schrammungslinien,  welche  oft  die  ganze 
Schlifffläche  gleiclnnässig  überziehen  und  oft  zwei  oder  drei  Strei- 
fungssystemen angehören.  Das  Hauptsystem  verläuft  in  der  Regel 
parallel  mit  der  grössten  Längenausdehnung  des  Scheuersteins, 
während  die  beiden  übrigen  dasselbe  unter  Winkeln  von  20°  und 
30°  schneiden.  In  allen  Systemen  kommen  neben  den  zarteren, 
auch  stärkere  bis  1 Millimeter  tiefe  ausgehobelte  Riefen  vor. 

So  besitzt  denn  auch  der  Blocklehm  nördlich  von  Saalburg 
in  seiner  Structur  und  in  der  Führung  von  geschrammten  und  ge- 
kritzten  Geschieben  alle  die  Erfordernisse,  welche  man  an  Glacial- 
bildungen  bisher  zu  stellen  gewohnt  ist;  es  ist  deshalb  gewiss 
nicht  gewagt,  wenn  man  dies  Vorkommen  unter  gleichzeitiger  Be- 
rücksichtigung  seiner  Lagerung  als  eine  Grundmoräne  auffasst, 
welche  jedenfalls  früher  eine  grössere  Mächtigkeit  besass,  aber 
durch  Erosion  gewiss  um  vieles  verringert  worden  ist. 

Welchen  Weg  hat  der  Gletscher  genommen,  oder  wo  haben 
wir  das  Ursprungsgebiet  der  Geschiebe  zu  suchen?  Eine  bestimmte 
Antwort  ist  auf  diese  Frage  nicht  zu  ertheilen.  Mehrere  Beob- 
achtungen scheinen  dafür  zu  sprechen,  dass  der  eigentliche  Gletscher- 
strom im  Allgemeinen  dem  Saalthal  gefolgt  ist,  dass  also  sein 


328 


E.  Dathe  , Gletsclierersclieinungen 


Ursprung  südlich,  dem  Fichtelgebirge  zu,  liegt.  Vorigen  Herbst  habe 
ich  beobachtet,  dass  ein  ähnlicher  Geschiebelehm  am  rechten  Ufer 
der  Saale  bei  Gottliebsthal,  an  der  Strasse  nach  Hirschberg  von 
der  Saale  an  auf  eine  weite  Strecke  und  bis  100'  hoch  am  Ge- 
hänge ganz  allmählich  aufsteigend,  abgelagert  ist.  Der  Mangel 
an  Aufschlüssen  und  die  Ungunst  der  Witterung  verhinderte  zwar 
eingehendere  Beobachtungen  zu  machen , doch  zweifele  ich  nicht, 
dass  er  mit  dem  Saalburger  Geschiebelehm  in  Parallele  zu  stellen 
ist.  Eine  ähnliche  Stelle  liegt  weiter  abwärts  von  Saalburg  am 
linken  Gehänge  der  Saale  bei  der  Klostermühle  bei  Saalburg,  hier 
ist  ebenso  Geschiebelehm  60 ' hoch  über  dem  Saalspiegel  abgelagert. 
Beide  Vorkommen,  die  wegen  ungenügender  Aufschlüsse  jetzt  nicht 
eingehender  behandelt  werden  können,  zeigen  jedoch,  dass  die  obige 
Behauptung,  dass  der  Gletscher  seinen  Lauf  im  Saalthal  genommen 
haben  dürfte,  an  Wahrscheinlichkeit  gewinnt.  Hoffentlich  wird 
mir  Gelegenheit,  beide  Localitäten,  sowie  den  oberhalb  Saalburgs 
gelegenen  Tlieil  des  Saalthals  an  geeigneten  Stellen  in  dieser  Bich- 
tung  näher  untersuchen  zu  können. 

Eine  andere  Möglichkeit  muss  indess  bei  Beantwortung  obiger 
Frage  noch  in  Berücksichtigung  gezogen  werden.  Der  Gletscher, 
welcher  bei  Saalburg  die  Grundmoräne  hinterlassen  hat,  könnte 
auch  aus  Ost,  resp.  Südost  gekommen  sein,  nämlich  aus  jenem 
Striche  des  vogtländischen  Berglandes,  welcher  sich  in  einer  Meeres- 
höhe von  1400 — 1500'  bis  zu  der  »Cappel«  ausbreitet.  Die  Ge- 
schiebe bezüglich  ihrer  Gesteinsnatur  würden  allerdings  dieser 
Ansicht  nicht  widersprechen,  sondern  dieselbe  eher  befürworten; 
denn  sämmtliche  Gesteine,  die  darin  gefunden  worden  sind,  stehen 
in  jenem  genannten  Landstriche  an. 

Nach  Beschreibung  dieser  Verhältnisse  bei  Saalburg  und  Wurz- 
bach  mögen  noch  einige  Punkte  im  Frankenwalde  und  vogtländi- 
schen Berglande  Erwähnung  finden,  welche  bei  Betrachtung  der 
Gletschererscheinungen  in  diesen  Gegenden  noch  weitere  Berück- 
sichtigung verdienen. 

o o 

Südlich  von  Schleiz  und  westlich  von  dem  Schlosse  Heinrichs- 
ruhe breitet  sich  nördlich  der  Chaussee  Schleiz-Saalburg  Blocklehm 
aus,  welcher  in  einigen  kleineren  Gruben  aufgeschlossen  ist.  Das 


im  Frankenwalde  und  vogtländischen  Berglande. 


329 


Material  der  Blöcke  und  kleineren  Geschiebe  scheint  mir  der 
nächsten  Umgebung  zn  entstammen  und  besteht  aus  nntersil arischen 
Schiefern  und  Quarziten,  ferner  aus  Kieselschiefer,  Gangquarz  und 
Diabasen.  Sämmtliches  Geschiebematerial  ist  von  dem  südlich 
vorliegenden  Höhenrücken,  der  sogenannten  Hirschraufe  (1540' 
hoch),  auf  das  gegenwärtige  Ablagerungsgebiet  transportirt  worden. 
An  der  Oberfläche  der  Geschiebe  ist  zwar  eine  Abschleifung  zu 
erkennen,  doch  habe  ich  gekritzte  und  geschrammte  Geschiebe, 
als  ich  in  Gemeinschaft  mit  Prof.  Liebe  jenen  District  1880  kar- 
tirte,  trotz  sorgfältigen  Suchens  nicht  finden  können.  Aehnliche, 
an  Moränen  erinnernde  Ablagerungen  sind  nach  Mittheilungen  des 
Prof.  Liebe  auch  südlich  des  Culm  im  Frankenwalde  vorhanden. 

Bei  Annahme  der  Vergletscherung  des  Frankenwaldes  und 
vogtländischen  Berglandes  gewinnen  auch  die  Störungen  am  Aus- 
gehenden  der  verschiedenen  Schiefergesteine  erhöhte  Bedeutung; 
sie  lassen  sich  möglichenfalls  auf  den  grossen  Druck,  den  die  be- 
wegenden Eismassen  ausübten,  zurückführen.  Mit  dieser  Frage  in 
Beziehung  zu  setzende  Verhältnisse  habe  ich  vorigen  Herbst  bei 
Wurzbach  im  herrschaftlichen  Schieferbruche  beobachtet.  Es  wurde 
hier  zum  Zwecke  der  Aufsuchung  abbauwürdiger  Schiefer  (Culm) 
ein  über  50  Meter  langer  Stölln  getrieben  und  dadurch  ein  inter- 
essantes Profil  blossgelegt.  In  dem  ziemlich  horizontal  gelagerten 
Culmschiefer  setzen  drei  Lampropliyrgänge  auf,  die  allerdings  bis 
zu  mehreren  Metern  Tiefe  vollständig  in  einen  ockergelben,  thonigen 
Grus  zersetzt  sind.  Das  Ausgehende  dieser  Gänge  ist  nun  schweif- 
artig  in  die  Schottermassen,  welche  in  einer  Mächtigkeit  bis  zu 
1,5  Meter  die  festen  Schieferschichten  bedecken,  bis  auf  eine  Er- 
streckung von  8 Meter  gezogen  worden,  wodurch  eine  starke  Be- 
wegung des  Schotters  angezeigt  wird.  Da  noch  einige  Punkte 
der  weiteren  Untersuchung  bedürftig  erscheinen,  so  sei  hiermit  auf 
diese  Verhältnisse  hingewiesen  und  hoffe  ich  demnächst  auf  diese 
Localität  zurückzukommen. 

Ob  nun  die  Vergletscherung  des  Frankenwaldes  und  des  vogt- 
ländischen  Berglandes  eine  allgemeine  gewesen  ist,  oder  ob  nur 
besonders  orographisch  bevorzugte  Striche  derselben  von  dem 
Glacialphänomen  betroffen  worden  sind,  lässt  sich  jetzt  noch  nicht 


330 


E.  Dathe,  Gletschererscheinungen  im  Frankenwalde  etc. 


bestimmt  entscheiden.  Soweit  sich  die  Verhältnisse  beurtheilen 
lassen,  möchte  ich  letztere  Annahme  für  wahrscheinlich  halten. 

Schliesslich  mag  noch  bemerkt  werden,  dass  die  beobachteten 
und  als  Grundmoränen  angesprochenen  Blocklehme  von  Wurzbach 
und  Saalburg  nicht  etwa  weit  nach  Süden  vorgeschobene  Posten 
des  norddeutschen  Diluviums  sind,  und  dass  sie  nicht  mit  der  tief 
nach  Thüringen  eingreifenden  Bucht  desselben  Zusammenhängen. 
Ich  berühre  diese  Frage  deshalb,  weil  vielleicht  bei  Manchem 
dieser  Gedanke  aufsteigen  könnte;  denn  bekanntlich  liegt  der  süd- 
lichste Punkt  des  norddeutschen  Diluviums  in  Thüringen  bei  Saal- 
feld, woher  Richter1)  »Feuersteinfragmente  mit  den  ihnen  eigen- 
thümlichen  Petrefacten « vom  rothen  Berge  bei  Saalfeld  und  einen 
kleinen  Granitblock  auf  dem  Gleitsch  bei  Obernitz  aimiebt.  Da 

O 

aber  in  unseren  diluvialen  Ablagerungen  irgendwelches  nordische 
Material  nicht  vorhanden  ist,  auch  jeder  dieser  Orte  von  Saalfeld 
3 Meilen  entfernt  ist,  so  lassen  sie  sich  mit  dem  nordischen 
Geschiebelehm  nicht  in  directe  Verbindung  setzen,  sondern  man 
muss  denselben  eine  locale  Entstehung  zuschreiben. 

So  ist  durch  den  Nachweis  von  Gletschererscheinungen  im 
Frankenwalde  und  vogtländischen  Berglande,  und  da  auch 
E.  Kayser  2)  im  vergangenen  Jahre  ähnliche  Verhältnisse  aus  dem 
Harz  bekannt  gemacht  hat,  ein  dunkler  Punkt  in  der  norddeutschen 
Glacialfrage  erledigt  worden.  Hoffentlich  wird  die  Zeit  nicht  ferne 
sein,  wo  ähnliche  Ablagerungen  auch  in  den  übrigen  mitteldeutschen 
Gebirgen  nachgewiesen  werden. 

t)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  18G9,  p.  441. 

2)  E.  Kaysee,  Gletschererscheinungen  im  Harz.  Verhandlungen  der  Gesell- 
schaft für  Erdkunde  zu  Berlin  1881. 


Ueber 

die  geologischen  Verhältnisse  der  Sec  berge 

und  des  Galherges1)  bei  Gotha, 

mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Lagerungs- 
verhältnisse. 

Von  Herrn  IHax  Bauer  in  Königsberg  i.  Pr. 

(Mit  Tafel  V11L  und  IX.) 


Einer  der  interessantesten  Punkte  des  ebenen  Thüringens 
nördlich  vom  Thüringer  Wald  ist  unstreitig  der  Rücken  der  See- 
berge mit  seiner  nordwestlichen  Fortsetzung,  dem  Gaiberg,  einmal 
wegen  der  dort  anstehenden  Rhät-  und  Juraschichten,  dann  wegen 
der  complicirten  Lagerungsverhältnisse.  Ich  habe  im  Nachfolgen- 
den eine  specielle  Darstellung  davon  zu  geben  versucht,  nachdem 
die  geologische  Specialuntersuchung  des  Gebietes  beendigt  ist, 
habe  mich  aber  nicht  auf  das  völlig  Neue  beschränkt,  was  dabei 
ermittelt  worden  ist,  sondern  auch  mannichfach  schon  Bekanntes 
herbeigezogen,  um  Liebhabern  der  Geologie,  wie  sie  in  Thüringen 
und  speciell  in  Gotha  nicht  selten  sind,  das  Verständniss  der  Ver- 
hältnisse nach  Möglichkeit  zu  erleichtern. 

Südöstlich  von  der  Stadt  Gotha  zieht  sich  auf  eine  Erstreckung 
von  etwa  einer  Stunde  ein  Bergrücken  bis  zum  Dorfe  Seebergen 


‘)  So  wird  der  Berg,  diese  nordwestliche  Fortsetzung  des  Seebergzuges,  in 
Gotha  genannt;  die  Karte  schreibt  Galgenberg. 


332 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


hin,  der  den  Namen  des  kleinen  nnd  des  grossen  Seebergs  führt 
und  der  sieh  auch  nordwestlich  von  der  Stadt  noch  in  dem  soge- 
nannten Gralberg  fortsetzt.  Dieser  Bergrücken  hat  schon  frühe, 
theils  wegen  der  zum  Theil  interessanten  Gesteine,  die  ihn  zu- 
sammensetzen, theils  wegen  der  stellenweise  sehr  complicirten 
Lagerungsverhältnisse,  welche  die  Schichten  darbieten,  die  Auf- 
merksamkeit der  Geologen  auf  sich  gezogen,  und  es  ist  nament- 
lich der  um  die  Kenntniss  der  geologischen  Verhältnisse  seiner 
Thüringischen  Heimatli  so  hoch  verdiente  Heinrich  Credner, 
der  sich  mit  der  in  Rede  stehenden  Gegend  beschäftigt  und  ihren 
Bau  im  Detail  studirt  hat.  Es  sind  namentlich  zwei  grössere  Ar- 
beiten, die  sich  eingehend  mit  der  vorliegenden  Aufgabe  befasst 
haben  neben  mannichfachen  zerstreuten  Bemerkungen  über  den- 
selben  Gegenstand.  Beide  Arbeiten  sind  im  Neuen  Jahrbuch  für 
Mineralogie  etc.  abgedruckt.  Die  eine  führt  den  Titel:  »Geo- 

gnostische  Beschreibung  des  Höhenzuges  zwischen  Gotha  und 
Arnstadt«,  Jahrg.  1839,  pag.  379 — 403,  mit  2 Tafeln,  eine  Karte 
des  Terrains  und  seiner  Fortsetzung  nach  Osten  und  viele  Profile 
enthaltend.  Es  ist  darin  eine  Beschreibung  der  den  Höhenzug 
bildenden  Formationen  nebst  deren  gestörten  Lagerungsverhältnissen 
gegeben,  die  aber  z.  Th.  dem  jetzigen  Standpunkt  der  Geologie 
nicht  mehr  entspricht,  und  es  werden  die  beobachteten  Dislocationen 
schliesslich  zurückgeführt  auf  Hebungen,  die  in  der  Hauptkette  des 
Thüringerwaldes  und  in  den  anliegenden  jüngeren  Formationen  nach 
der  Eruption  der  Melaphyre  und  der  Porphyre  stattgefunden  haben 
sollen,  ohne  dass  dabei  neue  Gesteinseruptionen  sich  ereigneten.  Die 
zweite  Arbeit  (Jahrg.  1860,  pag.  293 — 320  mit  einer  Tafel,  eben- 
falls eine  Karte  und  Profile  enthaltend)  beschäftigt  sich  hauptsächlich 
mit  den  obersten  Keupergebilden,  den  rhätischen  Schichten  des 
grossen  Seebergs  und  anderer  benachbarter  Gegenden;  und  sie  corri- 
girt  in  dieser  Beziehung  eine  irrthümliche  Auffassung  der  früheren 
Arbeit,  wo  diese  Gebilde  als  Liassandstein  dargestellt  waren.  Die 
Lagerungsverhältnisse  besonders  der  den  rhätischen  Sandstein 
stellenweis  überdeckenden  Liasschichten  werden  besprochen  und 
die  von  ihnen  erlangte  Anschauung  in  den  Profilen  und  der  Karte 
zur  Anschauung  gebracht. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


333 


Mehr  im  Zusammenhang  mit  anderen  ähnlichen  Erscheinungen 
am  Nord-  und  Südrande  des  Thüringerwaldes  wird  die  hier  zu  be- 
trachtende Gegend  sodann  geschildert  in  der  Erläuterung  zu  der  1855 
in  2.  Auflage  erschienenen  geognostisclien  Karte  des  Thüringer- 
waldes: »Versuch  einer  Bildungsgeschichte  der  geognostischen 

Verhältnisse  des  Thüringerwaldes.«  Es  werden  die  vorhandenen 
Formationen  kurz  geschildert  und  dann  namentlich  die  Dislocationen 
auf  eine  Reihe  von  in  der  Zeit  verschiedenen  Hebungen  zurück- 
geführt, die  verschieden  gerichtete  Hebungslinien  zur  Folge  ge- 
habt  haben.  Eine  erste  Hebung  hat  darnach  zur  Zeit  der  Ab- 
lagerung des  bunten  Sandsteins  stattgefunden,  eine  zweite  gehört 
der  Zeit  der  Ablagerung  des  oberen  Muschelkalks  und  der  Letten- 
kohlengruppe an,  eine  dritte  Hebung  muss  nach  Credner ’s  An- 
sicht nach  der  Ablagerung  der  bunten  Keupermergel  stattgefunden 
haben,  da  an  einigen  Stellen  auch  diese  steil  aufgerichtet  sind  und 
die  letzte  Hebung  endlich,  welche  die  Lagerungsverhältnisse  in  unse- 
rem  Gebiet  definitiv  so  gestaltet  hat,  wie  sie  sich  uns  jetzt  dar- 
stellen, muss  nach  der  Ablagerung  des  Lias  vor  sich  gegangen 
sein,  da  Schichten,  die  dieser  Formation  angehören,  dabei  dislocirt 
worden  sind. 

In  ähnlichen  Anschauungen  bewegt  sich,  offenbar  durch  Cred- 
ner beeinflusst,  die  Arbeit  von  Tegetmeyer x).  Derselbe  giebt 
eine  genaue  und  sorgfältige  Darstellung  der  Schichtenfolgen  im 

o o o o o 

Keuper  des  von  ihm  bezeichneten  Gebietes  und  führt  dabei  Man- 
ches an,  was  von  ihm  und  auch  von  K.  v.  Fritsch  neu  beob- 
achtet worden  ist.  Die  Complication  der  Lagerungsverhältnisse 
ist  auch  ihm  nicht  entgangen,  aber  er  spricht  davon  allerdings 
nur  nebenbei,  da  es  ihm  eben  weitaus  in  erster  Linie  auf  die  Er- 
forschung der  Gliederung  der  Schichten  ankam.  Er  hält  den  jetzigen 
Umfang  der  Keuperablagerungen  (und  damit  natürlich  implicite  auch 
der  Liasablagerungen)  für  im  Wesentlichen  ursprünglich  und 
sieht  so  in  der  jetzigen  Verbreitung  einer  Formationsabtheilung  an- 
nähernd auch  die  Ausdehnung  des  Meerestheils , aus  der  die  be- 


*)  Beiträge  zur  Kenntniss  des  Keupers  im  nördlichen  Thüringen.  Zeitsehr. 
für  die  gesummte  Naturwissenschaft  1876,  Bd.  13,  pag.  403  — 484  mit  2 Tafeln. 


334 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


treffende  Ablagerung  sich  ausschied,  indem  er  der  Erosion  nur  unter- 
geordneten Einfluss  zuschrieb  und  da,  wo  auf  grosse  Erstreckung 
Keuper  an  wesentlich  ältere  Schichten  des  Muschelkalks  angrenzte, 
sah  er  eine  Anlagerung  von  Keupermaterial  an  eine  Muschelkalk- 
steilküste aus  einem  diese  letztere  bespülenden  Keupermeeresarm. 


Die  orographischen  Verhältnisse. 

Die  von  uns  zu  betrachtende  Gegend  erhebt  sich  in  ihrem  süd- 
östlichen Theil  zum  Maximum  ihrer  Höhe  in  dem  »grossen  Seeberg«, 
der  an  seiner  höchsten  Stelle  bis  zu  ganz  annähernd  1100  Fuss1) 
ansteigt.  Der  »grosse  Seeberg«  stellt  ein  kleines  von  Rhätsand- 
stein  gebildetes  Plateau  mit  wenig  ebener  Oberfläche  dar,  von 
welchem  aus  steile  von  Steinmergelkeuper  gebildete  Abhänge  nach 
Norden,  Osten  und  Süden  in  die  umgebende  Ebene  abfallen, 
während  nach  Südwesten  hin  eine  langsamere  und  allmählichere 
Verflachung  in  das  Apfelstädtthal  beim  Dorfe  Günthersleben  statt- 
findet. Ein  grosser  Theil  des  Berges  ist  mit  Wald  und  auf  grosse 
Erstreckung  von  dichter,  junger  Schonung  bestanden,  die  vielfach 
eine  genauere  Untersuchung  des  geologischen  Baues  fast  ganz 
verhindert.  Andererseits  haben  aber  die  zahlreichen  Sandstein- 
brüche an  vielen  Stellen  den  Schichtenbau  bis  in  beträchtliche  Tiefe 
aufgeschlossen. 

An  das  Plateau  des  grossen  Seeberges  schliesst  sich  im  Osten 
ein  schmaler  Bergrücken  an,  der  sich  nach  Nordwest  bis  zum 
Leinathal  weiterzieht,  in  welchem  in  derselben  Richtung  sich  die 
Stadt  Gotha  angesiedelt  hat.  Dieser  lange,  auf  eine  Erstreckung 
von  ungefähr  5000  Fuss  sich  hinziehende  Bergrücken  soll  hier  in 
seiner  Gesammtheit  als  »kleiner  Seeberg«  bezeichnet  werden.  Er 
stellt  einen  schmalen,  nur  wenige  Schritt  breiten  Grat  dar,  der 
sich  nur  an  seinem  nordwestlichen  Ende,  da  wo  die  alte  Stern- 
warte steht,  etwas  weiter  ausbreitet.  Seine  Abhänge  fallen  nach 

*)  Es  sind  darunter  preussische  Decimalfusse  verstanden,  welches  Maass  den 
preussisclien  Generalstabsmesstischblättern  zu  Grunde  liegt. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


335 


Norden  sowohl,  als  nach  Süden  zuoberst  ziemlich  steil  ab,  ver- 
flachen sich  aber  nach  unten  hin  langsamer  und  allmählicher  in  die 
beiderseits  anliegende  weit  ausgebreitete  Ebene.  Uebrigens  ist  die 
natürliche  Form  dieses  Bergrückens  zum  Tlieil  ganz  verändert  durch 
den  ausgedehnten  Steinbruchbetrieb,  der  sowohl  auf  seiner  Höhe,  als 
auch  an  seiner  südlichen  und  stellenweise  auch  nördlichen  Flanke 
stattfindet,  und  der  so  umfangreich  ist,  dass  eine  fast  ununterbrochene 
Reihe  von  neuen  und  verlassenen  Brüchen  mit  ihren  bedeutenden 
Schutthalden  sich  von  einem  Ende  bis  zum  anderen  hinzieht.  Der 
grosse  und  der  kleine  Seeberg  stossen  an  der  Butterleiste  zusammen 
und  die  Grenze  zwischen  Beiden  ist  geologisch  eine  sehr  scharfe,  da 
der  aus  Sandstein  gebildete  grosse  Seeberg  in  seiner  Gesteins- 
beschaffenheit sich  von  dem  wesentlich  aus  Kalk  bestehenden  kleinen 
Seeberg  auf  das  Schärfste  unterscheidet ; auch  zieht  zwischen  beiden 
eine  Hauptverwerfungsspalte  hindurch,  die  den  Rhätsandstein  in  das 
Niveau  des  mittleren  Muschelkalks  gebracht  hat.  Auch  der  Ober- 
flächengestaltung nach  ist  die  Grenze  ziemlich  scharf,  da  sich  an 
dieser  Stelle  der  grosse  Seeberg  rasch  ziemlich  weit  ausbreitet  im 
Gegensätze  zu  dem  ganz  schmalen  kleinen  Seeberg,  der  sich  zu 
jenem,  der  Gestalt  nach,  gewissermaassen  verhält  wie  der  Löffel- 
stiel zum  Löffel  selbst,  die  Beide  in  der  Butterleiste  mit  einander 
vereinigt  sind. 

im  Nordwesten,  dicht  hinter  der  alten  Sternwarte,  fällt  der 
kleine  Seeberg  ziemlich  steil  in  das  Leinathal  ab  und  erreicht  hier 
als  solcher  seine  Endschaft.  Ueberschreitet  man  aber  das  Leinathal 
und  geht  in  nordwestlicher  Richtung  weiter,  so  findet  man,  dass  der 
Rücken  sich  jenseits  des  Thaies  noch  weiter  fortsetzt.  Schon  in  der 
Stadt  Gotha  erhebt  sich  der  Bergkegel,  auf  dem  das  Schloss 
»Friedenstein«  liegt,  genau  im  Streichen  des  kleinen  Seebergs  und 
von  diesem  eben  nur  durch  das  Leinathal  getrennt,  das  wohl  als 
ein  Erosionsthal  aufzufassen  ist,  welches  den  Rücken  des  kleinen 
Seebergs  und  seiner  Fortsetzung  nach  Nordosten  an  jener  Stelle' 
durchschnitten  hat,  an  der,  wie  es  scheint,  besonders  starke 
Schichtenstörungen  den  Durchbruch  hervorgerufen  oder  doch  er- 
leichtert  haben.  Leider  verdeckt  die  Stadt  Gotha  diese  Verhält- 
nisse vollständig,  so  dass  die  Beobachtung  irgend  welcher  Einzel- 


336 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


heiten  dort  nicht  möglich  ist,  man  sieht  aber,  wie  gerade  an  jener 
Stelle,  welche  die  Leina  zu  ihrem  Durchbruch  gewählt  hat,  zwei 
Systeme  verschieden  streichender  Verwerfungsspalten  sich  schneiden. 
Auch  die  Beschaffenheit  des  Untergrundes  von  Schloss  Friedenstein 
lässt  sich  nicht  direct  beobachten,  und  auch  Erkundmunffen  haben 
nicht  zu  einem  sicheren  Resultat  geführt.  Geht  man  aber  von  dort 
aus  in  der  Richtung  des  Streichens  des  kleinen  Seebergs  noch  weiter, 
so  sieht  man,  dass  ausserhalb  der  Stadt  derselbe  schmale  Rücken 
mit  oben  steileren,  nach  unten  zu  in  die  nördlich  und  südlich  vor- 
liegenden Ebenen  sich  verflachenden  Abhängen  sich  genau  in  der 
Streichrichtung  des  kleinen  Seebergs  noch  weit  hinzieht,  eben- 
falls oben  und  an  den  beiden  Flanken  durch  zahlreiche  und  aus- 
gedehnte Steinbrüche  verunstaltet  und  hinter  dem  Arnoldithürm- 
eben  sich  allmählich  in  das  Plateau  des  Krähnbergs  ausbreitend. 
Dieser  Rücken,  der  Gaiberg,  oben  etwas  breiter  als  der  kleine 
Seeberg,  liegt  ganz  genau  in  der  Fortsetzung  desselben,  beide 
in  Beziehung  auf  die  Streichrichtung  mit  dem  Thüringer  Wald 
übereinstimmend  und  er  besteht  auch  aus  ganz  genau  denselben  Ge- 
steinen wie  der  kleine  Seeberg,  die  in  den  gleichen  Lagerungs- 
verhältnissen angeordnet  sind,  es  ist  also  gerechtfertigt,  den  Gaiberg 
und  kleinen  Seeberg  als  ein  zusammengehöriges  Ganzes  anzusehen, 
das  die  Leina  in  zwei  Theile  zerschnitten  hat. 

Das  dem  geschilderten  Bergrücken  in  seiner  ganzen  Erstreckung 
vom  grossen  Seeberg  bis  zum  Krähnberg  nach  Nord  und  Süd  vor- 
liegende Terrain  ist  eine  schwach  wellige  ausgedehnte  Ebene,  aus 
der  sich  der  Seeberg  isolirt  und  auf  weite  Entfernung  sichtbar 
erhebt,  und  die  z.  Th.  von  Keuperschichten,  zum  grösseren  Tlieil 
aber  von  Alluvium  und  Diluvium  gebildet  wird.  Diese  Ebene 
wird  an  einigen  Stellen  aber  unterbrochen  durch  einzelne  scharf 
sich  hervorhebende  kleinere  Buckel,  die  durch  ihre  Gesteinsbe- 
schaffenheit zeigen  — sie  bestehen,  abweichend  von  ihrer  Umgebung, 
aus  Triasschichten  — , dass  hier  besondere  Verhältnisse  vorliegen. 
Es  ist  der  Grenzberg  bei  Remstedt  und  der  Petersberg1)  bei  Sieb- 

*)  Den  Namen  Petersberg  bat  die  Generalstabskarte  nicht,  er  wird  aber 
von  Ceedner  gebraucht;  es  ist  die  unmittelbar  nordwestlich  vor  Siebleben  dicht 
an  der  Erfurter  Chaussee  liegende  Kuppe. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


337 


leben,  neben  denen  nur  noch  zwei  hervorragendere  kleine  Kuppen 
beim  Dorfe  Siebleben  zu  erwähnen  sind,  die  geologische  Bedeutung 
haben.  Schliesslich  ist  noch  aufmerksam  zu  machen  auf  eine 
Reibe  kleiner  Hügelehen,  die  am  Nordostabfall  des  grossen  See- 
berges den  Fuss  desselben  umsäumen  und  deren  Existenz  ebenfalls 
in  gewissen  später  zu  besprechenden  geologischen  Vorgängen  be- 
gründet ist. 


Die  geologischen  Formationen. 

Die  unser  Gebiet  zusammensetzenden  Formationen  gehören 
der  Trias  und  dem  Jura  an.  Von  der  Trias  ist  es  der  Muschel- 
kalk von  der  Anhydritgruppe  an  aufwärts  und  der  ganze  Keuper 
nebst  dem  Rhät  und  vom  Jura  der  untere  und  mittlere  Lias.  Dazu 
kommt  Diluvium  und  Alluvium  auf  ausgedehnten  Flächen. 

Der  Muschelkalk.  Das  älteste  Glied  dieser  Gruppe,  das 
hier  beobachtet  ist,  zugleich  die  älteste  Formationsabtheilung,  die 
in  unserem  Gebiet  überhaupt  sich  findet,  ist  der  mittlere  Muschel- 
kalk, oder  die  Anhydritgruppe,  die  längs  des  ganzen  kleinen 
Seeberges  und  seiner  jenseits  der  Stadt  liegenden  Fortsetzung,  so- 
wie am  Grenzberg  und  Petersberg  aufgeschlossen  ist  in  den  viel- 
fachen und  ausgedehnten  Steinbrüchen,  welche  sich  an  all  den 
genannten  Orten  befinden.  Auch  am  Südwestabhang  des  grossen 
Seeberges  steht  der  mittlere  Muschelkalk  auf  einer  allerdings  nicht 
sehr  grossen  Fläche  zu  Tage  an. 

Ö O 

Besonders  vollständig  aufgeschlossen  ist  die  Anhydritgruppe 
am  Südabhang  des  kleinen  Seeberges,  wo  in  den  grossen  Gyps- 
brüchen  fast  die  ganze  obere  Hälfte  der  Abtheilung  entblösst  ist, 
die  untere  Hälfte  ist  überhaupt  in  unserem  Gebiet  nicht  aufge- 
schlossen. Das  liegendste  ist  am  Südabhang  des  kleinen  Seeberges 
ein  mächtiger  Gypsstock.  Es  ist  ein  weisser  bis  grauer,  nicht  rother, 
dichter  bis  feinkörniger  Gyps,  der  an  einzelnen  Stellen  späthige 
Gypspartieen,  aber  meist  nur  von  geringem  Umfang  einschliesst  und 
der  stellenweise  von  Schnüren  von  Fasergyps  durchzogen  wird. 

22 


338 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Nach  Credner  schliesst  er  auch  Quarzkrystalle  von  grauer  Farbe, 
aber  allerdings  in  ziemlich  spärlicher  Anzahl  ein.  Er  unterscheidet 
sich  dadurch  von  dem  später  zu  betrachtenden  Keupergyps,  der 
sich  durch  häufig  rothe  Farbe  und  zahlreiche  Quarzkrystalle  dem 
Muschelkalkgyps  gegenüber  leicht  erkennen  lässt.  Dieser  letztere 
ist,  wie  die  Untersuchung  eines  der  Sohle  eines  Steinbruchs  ent- 
nommenen unzweifelhaft  ganz  frischen  Handstücks  gezeigt  hat,  reiner 
Gyps,  d.  h.  der  Wassergehalt  entspricht  genau  der  Formel  CaSCQ 
-f-  2 H2  O,  von  einer  Anhydritbeimengung  ist  also  keine  Rede.  Ist 
dieser  Gyps  je  aus  Anhydrit  entstanden,  so  muss  die  Umwandlung 
wenigstens  bis  auf  die  von  den  Steinbrüchen  erreichte  Tiefe  ganz  voll- 
ständig  schon  vor  sich  gegangen  sein.  Ueber  die  Verhältnisse  in 
grösserer  Tiefe,  die  über  diese  Frage  vielleicht  Aufschluss  geben 
könnten,  ist,  wenigstens  am  kleinen  Seeberg,  nichts  durch  Be- 
obachtung bekannt.  Die  in  jenen  Steinbrüchen  beobachtete  Mächtig- 
keit des  Gypses  beträgt  ca.  40 — 50';  wie  weit  unter  der  Sohle  der 
Steinbrüche  noch  Gyps  folgt,  ist,  wie  eben  erwähnt,  noch  nicht  er- 
mittelt worden.  Unter  allen  Umständen  steht  aber  fest,  dass  diese 
Gypsmasse  eine  der  grössten,  wenn  nicht  die  grösste  Muschelkalk- 
gypsmasse  ist,  die  in  Deutschland  zu  Tage  ansteht.  Die  sonstigen 
massenhaften  Gypsvorkommnisse  gehören  fast  ausschliesslich  dem 
Zechstein  und  nicht  dem  Muschelkalk  an.  An  all  den  anderen 
oben  genannten  Orten  unseres  Gebiets,  wo  der  mittlere  Muschelkalk 
zu  Tage  ansteht,  ist  Gyps  noch  nicht  beobachtet  worden,  dagegen 
hat  man  wenig  jenseits  der  Nordostgrenze  unserer  Karte  bei  Buff- 
leben und  Tröchtelborn,  nördlich  und  nordöstlich  von  Gotha  durch 
Bohrungen  Gyps  in  der  Tiefe  nachgewiesen,  der  unzweifelhaft  eben- 
falls der  Anhydritgruppe  angehört.  Dieser  Gyps  ist  von  noch 
grösserer  Bedeutung  als  der  am  Seeberg,  da  er  Steinsalz  einschliesst, 
zu  dessen  Gewinnung  bei  Buffleben  die  Saline  Ernsthall  angelegt 
worden  ist  und  dessen  Vorhandensein  bei  Tröchtelborn  bei  der 
Bohrung  festgestellt  wurde.  An  solchen  Steinsalz  führenden  Stellen 
ist  der  Gyps  nach  Credner  mächtiger  als  sonst  und  er  soll  so 
stellenweise  bis  zu  einer  Mächtigkeit  von  300  Fuss  entwickelt  sein. 

Der  Gyps  ist  überlagert  von  ca.  50  Fuss  des  charakteristischen 
weissen,  dünngeschichteten,  dolomitischen  Mergelkalks,  der  durch 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


339 


ganz  Thüringen  den  mittleren  Muschelkalk  auszeichnet.  Er  ist 
nicht  nur  in  den  Gypsbrüchen,  sondern  auch  in  den  auf  der  Höhe 
des  Seeherges  gelegenen  Trocliitenkalkbrüchen,  ebenso  am  Peters- 
berg und  Grenzberg  gut  aufgeschlossen,  da  man  in  den  steil 
stehenden  Schichten  vielfach  von  unten  her  den  Trochitenkalk  ab- 
baut. Es  ist  weitaus  das  auffallendste  Glied  der  Gruppe  und 
vielfach  von  weiter  Entfernung  her  an  der  weissen  Farbe  kenntlich. 
Die  dünnen  Schichten  sind  von  ganz  ebenen  Schichtflächen  be- 
grenzt, die  weissen  Platten  zerfallen  beim  Verwittern  vielfach  in 
sranz  dünngeschieferte  Massen.  Meist  sind  die  Platten  ganz  gleich- 
artig  und  homogen  und  nur  selten,  wenn  die  Schichten  etwas 
mächtiger  werden,  tritt  eine  poröse  oder  cavernöse  Beschaffenheit 
ein,  so  dass  eigentliche  weisse  Zellendolomite  entstehen,  die  in 
unserem  Gebiete  aber  keine  grosse  Holle  spielen,  sondern  höchstens 
als  untergeordnete  Einlagerungen  in  den  dünnplattigen,  nicht 
porösen  Dolomiten  Vorkommen.  Andere  Einlagerungen  untergeord- 
neter Natur  sind  braungraue  Hornsteine  in  einzelnen  Knauern 
oder  auch  in  dünnen,  zusammenhängenden,  aber  wenig  ausgedehnten 
Bänkchen,  die  bei  der  Verwitterung  ihre  Farbe  verlieren  und 
schneeweiss  werden  und  auf  deren  Oberfläche  dann  die  gebogenen 
Durchschnitte  von  Molluskenschalen  zuweilen,  aber  nicht  immer 
deutlich  hervortreten.  Nach  Credner  sind  es  Beste  der  Terebrci- 
tula  vulgaris.  Den  Schluss  der  Anhydritgruppe  machen  einige 
Fuss  eines  zwar  noch  hell,  aber  doch  mehr  gelblich  gefärbten  Do- 
lomites, der  zwar  noch  dünn,  aber  nicht  mehr  ganz  so  eben  ge- 
schichtet ist,  wie  der  ächte  Plattendolomit  des  mittleren  Muschel- 
kalks. Ausgezeichnet  ist  dieser  oberste  Dolomit  der  Anhydrit- 
gruppe dadurch,  dass  in  einigen  Schichten  stellenweise  Massen 
von  Exemplaren  eines  Mytilus  zum  Vorschein  kommen,  die  kleiner 
sind,  als  die  sonst  gewöhnlich  im  Muschelkalk  jener  Gegend  sich 
findenden  Exemplare  von  Myt.  vetustus  Golde.  ( Myt . eduliformis 
v.  Schlotei.)  und  daher  vielleicht  einer  anderen  Species  angehören. 
Die  Stelle,  wo  diese  Muschel  sich  in  Menge  findet,  ist  unmittelbar 
neben  der  auf  der  Höhe  des  kleinen  Seeberges  führenden  Fahr- 
strasse im  Chausseegraben  dicht  hinter  dem  Gebäude  der  alten 
Sternwarte,  anderwärts  habe  ich  sie  nicht  beobachtet.  Sonst  habe 


22 


340 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


ich  von  Versteinerungen  im  mittleren  Muschelkalk  nichts  angetroffen, 
Credner  dagegen  giebt  als  Seltenheit  Modiola  Credneri  und  Tri- 
gonia  curvirostris  an.  Ich  habe  diese  Schichten  mit  Mytilus  spec. 
noch  dem  mittleren  Muschelkalk  zugerechnet,  da  sie  demselben 
in  ihrer  Gesteinsbeschaffenheit  näher  stehen,  als  dem  folgenden 
Glied  des  Muschelkalks,  dem  Trocliitenkalk , als  dessen  Basis 
die  unmittelbar  folgenden  oolithischen  Schichten  angesehen  zu 
werden  pflegen. 

Die  den  Gyps  überlagernden  Schichten  des  mittleren  Muschel- 
kalks haben  eine  Gesammtmäclitigkeit  von  40 — 50  Fuss. 

Der  obere  Muschelkalk  wird  eröffnet  durch  den  Tro- 
c hi ten kalk,  der  ebenfalls  wie  der  Gyps  von  hoher  technischer  Be- 
deutung ist.  Derselbe  schliesst  sich  in  seiner  Verbreitung  durchaus 
an  den  mittleren  Muschelkalk  an,  dessen  auf  etwas  grösseren 
Flächen  verbreitetes  Vorkommen  er  als  ein  schmales  Band  um- 
säumt und  von  dem  Verbreitungsbezirk  der  obersten  Muschelkalk- 
schichten mit  Am.  nodosus  abgrenzt.  Auf  grösseren  Flächen  ist 
er  nirgends  ausgebreitet.  In  dieser  Weise  umgiebt  er  den  mittleren 
Muschelkalk  am  Südwestabhang  des  grossen  Seebergs  und  zieht 
sich  als  schmales  Band  längs  des  ganzen  kleinen  Seebergs  auf 
dessen  oberster  Höhe  hin  von  der  Butterleiste  bis  unterhalb  der 
alten  Sternwarte  und  ebenso  auf  dem  Galberge  jenseits  der  Stadt 
Gotha  in  mehreren  durch  \ erwerfungen  unterbrochenen  kleineren 
Stücken,  tlieils  ziemlich  geradlinige,  tlieils  in  seinem  Verlauf  com- 
plicirte  Schlingen  und  Bogen  bildend  und  dadurch  Störungen  des 
ursprünglichen  Schichtenbaues  anzeigend.  Endlich  kommt  der 
Trocliitenkalk  noch  ganz  ebenso  am  Petersberg  bei  Siebleben  und 
am  Grenzberg  bei  Remstedt  vor.  Die  Basis  bildet  ein  Schichten- 
system von  ca.  5 Fuss  eines  an  den  meisten  Stellen  oolithischen 
Kalks.  Es  ist  ein  weisser  oder  gelblich  weisser,  dolomitischer 
Kalk,  der  nun  aber  seine  Schieferigkeit  und  seine  ebenen  Schicht- 
flächen verloren  hat  und  dadurch  sich  sehr  wesentlich  von  den 
ähnlich  gefärbten  Kalken  der  Anhydritgruppe  unterscheidet.  Es 
sind  ziemlich  dicke  wulstige  Schichten,  die  beim  Zerschlagen  leicht 
in  mehr  oder  weniger  regelmässige  gerundete  Knauern  zerfallen. 
Der  oolithische  Charakter  entsteht  dadurch,  dass  in  der  weissen 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


341 


IT  auptmasse  des  Kalks  concentrisch  schalige  runde  Körnchen  eines 
grauen  Kalks  eingewachsen  sind,  die  ihrerseits  wieder  vielfach 
einen  grünen  Kern  eines  wahrscheinlich  dem  Glaukonit  nahestehen- 
den Minerals  enthalten.  Diese  grünen  Kerne  sind  zuweilen  ver- 
wittert und  ausgelaugt  und  der  Oolith  nimmt  dann  an  einzelnen 
Stellen  eine  grob  schaumkalkartige  Beschaffenheit  an.  Sehr  deut- 
lich ausgeprägt  ist  der  geschilderte  oolithische  Charakter,  z.  B.  auf 
dem  kleinen  Seeberg,  an  manchen  anderen  Stellen  ist  aber  diese 
Eigenschaft  auch  weniger  deutlich  erkennbar.  Am  kleinen  See- 
berg, aber  auch  sonst,  enthält  dieser  oolithische  Kalk  eine  nicht 
unerhebliche  Menge  von  Petrefakten,  der  Muschelkalkoolith  ist 
die  älteste  einen  grösseren  Petrefaktenreichthum  führende  Schichten- 
gruppe unseres  Gebietes.  Es  sind  zwar  meist  wenig  gut  erhaltene 
Steinkerne,  die  man  im  Oolith  findet,  aber  es  haben  sich  doch 
die  folgenden  Arten  mit  Sicherheit  bestimmen  lassen: 

* Encrinus  liliiformis  Goldf.  einzelne  Glieder  ziemlich 

reichlich,  aber  doch  noch  lange  nicht  so  wie  im 
eigentlichen  oberen  Trochitenkalk. 

O 

* Terebratula  vulgaris  v.  Sciiloth. 

Pecten  discites  Bronn. 

Pecten  laevigätus  Bronn. 

Hinnites  comtus  Giebel. 

* Lima  striata  v.  Alb. 

Gervillia  socialis  v.  Schlotii.  spec. 

Gervillia  costata  Quenst. 

* Trigonia  vulgaris  Bronn. 

Kleine  undeutliche  Schnecken,  vielleicht 

Natica  oolithica  Zenker. 

Die  mit  einem  * bezeichneten  Formen  sind  weitaus  die  häufig- 
sten, wie  das  auch  Credner  schon  angiebt,  die  anderen  sind  nur 
vereinzelt  gefunden  worden.  Credner  giebt  ausserdem  noch  an, 
dass  hier  Ammonites  nodosus  und  Nautilus  bidorsatus  zuerst  Vor- 
kommen. Ich  habe  diese  Arten  so  weit  unten  nicht  beobachten 
können,  trotzdem  dass  ich  meine  Aufmerksamkeit  besonders  dar- 
auf richtete,  und  auch  die  Gothaer  Lokalsammlungen  enthalten 
zur  Zeit  davon  nichts  aus  dieser  Schicht.  Sie  erscheinen  erst  in 


342 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


den  die  eigentlichen  Trochitenkalke  überlagernden  Schichten,  die 
vom  Am.  nodosus  ihren  Namen  haben. 

Durch  eine  wenig  mächtige  Thonzwischenlagerung  wird  der 
Oolith  vom  eigentlichen  Trochite  nkalk  getrennt.  Dies  ist  ein 
dickbänkiger,  splittriger,  blauer,  braungefleckter  Kalk,  der  in  grosser 
Menge  Stielglieder  von  Encrinus  liliiformis  Goldf.  eingeschlossen 
enthält,  aber  durchaus  nicht  überall  gleich  viel,  stellenweise  werden 
sie  wohl  auch  spärlicher.  Die  Mächtigkeit  beträgt  im  Ganzen 
10 — 15  Fuss.  Stellenweise  enthält  dieser  Kalk  ausser  den  ge- 
nannten Trochiten  noch  zahlreiche  andere  Petrefakten,  besonders 
häufig  Lima  striata  v.  Alb.,  daher  wurde  diese  Schichtenreihe  von 
Credner  und  Anderen  Limakalk  oder  Limabank  genannt.  Ausser- 
dem sind  noch  zu  erwähnen: 

Terebratula  vulgaris  v.  Schloth. 

Gervillia  socialis  v.  Schloth.  spec. 

Gervillia  costata  Quenst. 

Trigonia  vulgaris  Bronn. 

Credner  führt  noch  als  besonders  häufig  in  dieser  Stufe  Pecten 
inaequistriatus  und  discites  an,  bei  Gotha  scheinen  diese  beiden 
Arten  aber  zu  fehlen,  ich  habe  sie  wenigstens  nicht  dort  beobachtet. 

Diese  Trochitenschichten  sind  nun  technisch  von  grosser  Be- 
deutung und  werden  als  Werksteine,  zur  Beschotterung  der 
Chausseen  und  zum  Kalkbrennen  im  ausgedehntesten  Maassstabe 
verwendet  und  zu  diesem  Zweck  in  höchst  zahlreichen  Steinbrüchen 
gewonnen.  Die  Keihe  dieser  Steinbrüche  beginnt  am  kleinen 
Seeberg,  an  der  Butterleiste,  wo  sie  erst  vereinzelt  im  Walde 
liegen ; sie  häufen  sich  aber  mehr  und  mehr  und  bald  ist  ein  Bruch 
dicht  am  anderen  auf  der  südlichen  Seite  der  über  die  Seeberffe 
hinführenden  Strasse  ganz  oben  auf  der  Höhe,  während  wenige 
Schritte  weiter  südlich  am  Abhang  die  fast  ebenso  ausgedehnte 
Keihe  der  Gypsbrüche  parallel  damit  verläuft.  Nach  einer  kleinen 
Lücke  umgeben  die  Steinbrüche  die  alte  Sternwarte  in  einem 
weiten  Bogen  und  hören  dann  diesseits  des  Leinathaies  auf,  um 
jenseits  der  Stadt  Gotha  am  Gaiberg  wieder  anzufangen,  liier  aber 
auch  am  südlichen  Abhang  des  Berges,  nicht  blos  auf  der  obersten 
Höhe,  wie  am  kleinen  Seeberg.  Auch  hier  am  Gaiberg  ist  Stein- 


der  Seeberge  and  des  Galberges  bei  Gutlia. 


343 


brach  an  Steinbruch  und  die  stellenweise  sogar  doppelte  Reihe  hört 
erst  da  auf,  wo  auf  dem  Plateau  des  Krahnberges  jüngere  Schichten 
den  Trochitenkalk  bedecken.  Verhältnissmässig  ebenso  umfangreich 
ist  die  Ausbeutung  dieser  Schichten  in  den  isolirten  Muschelkalk- 
partieen  des  Grenzberges  und  des  Petersberges,  auch  hier  ist  auf  der 
ganzen  Erstreckung  des  Ausstreichens  des  Trochitenkalkes  Stein- 
brach  an  Steinbruch,  oder  besser  es  ist  das  ein  einziger  zusammen- 
hängender grosser  und  ausgedehnter  Steinbruch.  Dieser  Steinbruchs- 
betrieb  scheint  schon  seit  sehr  langer  Zeit  stattzufinden,  denn  an 
vielen  Stellen  ist  der  Trochitenkalk  schon  total  ausgebrochen,  so  dass 
es  oft  schwer  ist,  an  den  Orten,  wo  er  sich  offenbar  befunden  haben 
muss,  ein  Stück  davon  aufzufinden.  Vielfach,  wie  z.  B.  vorn  am 
kleinen  Seeberg,  am  Abhang  gegen  das  Leinathal,  sind  die  alten 
Gruben  wieder  zugeschüttet  und  überackert  und  an  Stelle  des 
Trochitenkalkes  zieht  sich  dann  ein  flacher  langgestreckter  Graben 
hin  statt  des  charakteristischen  hervorragenden  Rains,  der  sonst  den 
Verlauf  der  Trochitenbänke  an  der  Erdoberfläche  zu  markiren 
pflegt.  So  ist  es  auch  an  der  kleinen,  isolirten  Muschelkalkpartie 
an  der  Kesselmühle  bei  Gotha,  südöstlich  von  der  Stadt,  wo 
scheinbar  mittlerer  Muschelkalk  und  Nodosenkalk  unmittelbar  zu- 
sammenstossen , weil  der  dazwischen  liegende  Trochitenkalk  fast 
spurlos  verschwunden  ist,  so  dass  statt  seiner  nur  noch  der  die 
Stelle  der  früheren  jetzt  zugeschütteten  und  beackerten  Steinbrüche 
bezeichnende  flache  Graben  vorhanden  ist.  Uebrigens  sind  auch 
noch  Trocliitenkalkpartieen  vorhanden,  deren  Ausbeutung  noch  gar 
nicht  in  Angriff  genommen  ist,  so  namentlich  die,  welche  sich  am 
südwestlichen  Abhang  des  grossen  Seeberges  quer  über  die  Felder 
hinzieht,  so  dass  an  ein  vollständiges  Verschwinden  dieses  werth- 
vollen Materials  trotz  der  massenhaften  Gewinnung  vorläufig  und 
noch  lange  nicht  zu  denken  ist,  ganz  abgesehen  davon,  dass  auch 
die  schon  in  Angriff  genommenen  Partieen  von  der  vollständigen 
Erschöpfung  noch  weit  entfernt  sind.  Schon  oben  habe  ich  er- 
wähnt, wie  bedeutend  die  äussere  Gestalt  des  kleinen  Seeberges 
und  des  Galberges  und  ebenso  des  Petersberges  und  Grenzberges 
durch  diese  umfangreichen  Steinbruchsarbeiten  verändert  worden  ist. 

Der  N o dosenkalk,  das  oberste  Glied  des  Muschelkalks,  be- 


344 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


deckt  verhältnissmässig  grössere  Gebiete,  als  die  zwei  schon  ge- 
nannten Stufen  desselben.  Er  zieht  sich  neben  dem  Trochitenkalk 
über  den  kleinen  Seeberg  und  den  Gaiberg  bin,  von  dessen  west- 
lichem Ende  aus  er  sich  nach  Norden,  Westen  und  Süden  plateau- 
artig:  weit  ausbreitet  und  den  Kralmberg  bildet.  Am  Grenzberg  und 
Petersbei’g  überlagert  er  ebenfalls  den  Trochitenkalk  und  ebenso  in 
der  Muschelkalkpartie  am  Südwestabhang  des  grossen  Seeberges.  Er 
ist  in  Folge  der  Steinbruchsarbeiten  auf  den  Trochitenkalk  an  vielen 
Stellen  ziemlich  gut  aufgeschlossen,  wenigstens  in  seinen  unteren 
Theilen,  die  oberen  Schichten  sind  es  fast  nirgends,  da  der  No- 
dosenkalk selbst  nirgends  technisch  verwendet  und  also  auch 
nirgends  gebrochen  wird.  Es  sind  wie  überall  in  Thüringen 
blaue,  wenig  mächtige  Kalkbänke  mit  Zwischenlagern  von  grauem, 
oft  sehr  plastischem  Thon,  der  nicht  selten  an  Gesammtmächtig- 
keit  den  Kalk  fast  erreicht,  meist  aber  ziemlich  dahinter  zurück- 
steht. In  diesem  im  Ganzen  wohl  mehr  als  200  Fuss  mächtigen 
Schichtensystem  sind  einige  durch  besondere  Petrefakteneinschlüsse 
charakterisirte  Bänke  eingelagert.  Credner  erwähnt  eine  über 
weite  Strecken  nachweisbare  nicht  weit  über  dem  Trochitenkalk 
abgelagerte  Bank  mit  Nuculasteinkernen , Dentalium  laeve  und 
selten  Spirifer  fragüis.  Ich  habe  diese  Bank  jedenfalls  anstehend 
bei  Gotha  nicht  beobachtet,  dagegen  finden  sich  nicht  selten  in 
dem  Abraum  der  Trochitenkalkbrüche  isolirte  Platten  mit  Den- 
talien  und  unbestimmbaren  Steinkernen  von  kleinen  Muscheln 
(Sp.  fragüis  habe  ich  nie  gesehen),  die  vielleicht  dieser  Bank  an- 
gehören. Gegen  das  obere  Ende  des  Nodosenkalkes  hin  ist  die 
Schicht  mit  Ter.  vulgaris  var.  cycloides  zwar  auch  bei  Gotha  vor- 
handen, aber  nicht  in  so  ausgezeichneter  Weise  entwickelt,  wie 
das  sonst  in  Thüringen  vielfach  der  Fall  ist.  Meine  darauf  be- 
sonders  gerichtete  Aufmerksamkeit  hat  nie  zur  Auffindung  be- 
sonders  charakteristischer  und  terebratelreicher  Stücke  geführt, 
doch  ist  im  obersten  Tlieil  der  Nodosenschichten  eine  solche 
Bank  auch  bei  Gotha  unzweifelhaft  vorhanden , ebenso  eine 
Bank  mit  vielen  Exemplaren  von  Pecten  discites , deren  Lage- 
rung gegen  die  Cycloidesschichten  aber  nicht  zu  ermitteln  war. 
Dagegen  lässt  sich  an  mehreren  Stellen  dicht  unter  der  Letten- 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


345 


kohle  der  oberste  Horizont  des  Nodosenkalks,  die  Schichten  mit 
Ammonites  semipartitus  Monte.  deutlich  erkennen.  Es  sind  theils 
blaugefärbte  Kalke,  in  denen  auch  die  eingeschlossenen  Verstei- 
nerungen, besonders  der  genannte  Ammonit  aus  blauem  Kalk  be- 
stehen: so  findet  er  sich  beispielsweise  am  kleinen  Seeberg  als 
Seltenheit  ; oder  es  sind  gelbe  dolomitische  dichte  Kalke  mit  gelben 
Petrefakten,  welch  letztere,  auch  isolirt,  durch  ihre  Farbe  auf  diesen 
Horizont  hinweisen,  wie  das,  allerdings  nicht  in  sehr  ausgezeich- 
neter Weise,  an  beiden  Abhängen  des  Galberges  zu  beobachten 
ist.  Diese  gelbe  oder  braune  obere  Grenzschichte  des  Nodosen- 
kalks wird  vielfach  und,  wie  es  scheint  auch  von  Credner,  wegen 
der  Farbe  schon  zur  Lettenkohle  gerechnet.  Fs  ist  dies  aber 
nicht  richtig,  da  man  in  diesen  Schichten  an  vielen  Stellen  in  Thü- 
ringen noch  die  Muschelkalkammoniten  eingeschlossen  findet,  so 
dass  doch  nähere  Beziehungen  nach  unten,  als  nach  oben  vor- 
handen sind.  Allerdings  ist,  wenn  die  Ammoniten  fehlen,  die 
Sache  zweifelhaft,  da  die  Lettenkohle  mit  ganz  ähnlich  aus- 
sehenden Schichten  oft  beginnt. 

Die  Versteinerungen  der  Nodosenschichten  sind  dieselben,  die 
überall  in  Thüringen  in  diesem  Niveau  Vorkommen,  etwas  beson- 
ders Hervorzuhebendes  habe  ich  in  der  Nähe  von  Gotha  nicht 
beobachtet.  Es  wurden  besonders  folgende  Formen  gefunden: 

Terebratula  vulgaris  v.  Sciiloth. 

Discina  cliscoides  v.  Schloth.  spec. 

Ostrava  complicata  GoLDF. 

» spondxjloicles  v.  Schloth. 

» ostracina  v.  Schloth.  sp. 

Anomict  bergx  Giebel. 

Pecten  reticulatus  Brongn. 

» Albertii  Giebel. 

» cliscites  Bronn. 

» laevigatus  Bronn. 

Hinnites  comtus  Giebel. 

Lima  lineata  Golde. 

Geroillia  socialis  v.  Schloth.  sp. 

» costata  QüENST. 


346 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Mytilus  vetustus  Goldf. 

Nucula  elliptica  Goldf. 

Trigonia  vulgaris  Bronn. 

Myacites  musculoides  Goldf. 

Dentalium  laeve  Goldf. 

Melania  Schlotheimii  Quenst. 

Fusus  Hehlii  Zieten. 

Kleinere  unbestimmte  Schnecken. 

Nautilus  bidorsatus  Bronn  (die  Schale  und  die  Kiefer). 

Ammonites  nodosus  Bruguiere  sp. 

» semipartitus  v.  Buch. 

Schuppen,  Zähne  und  Knochen  von  Fischen  und  Sau- 
riern. 

L)er  Keuper.  Diese  Formation  beginnt  mit  der  Letten- 
kohle oder  dem  Kohlenkeuper.  Diese  Abtheilung  ist  an  ver- 
schiedenen Stellen  etwas  verschieden  zusammengesetzt  und  ver- 
schieden mächtig:.  Die  Mächtigkeit  beträgt  im  Minimum  ungefähr 
100  Fuss,  geht  aber  wohl  meist  darüber  hinaus.  Zu  unterst 
liegen  fast  überall  gelbe  oder  braune  eisenschüssige  dolomitische 
Kalke,  die  aber  mit  Bestimmtheit  nur  dann  zur  Lettenkohle  ge- 
rechnet werden  können,  wenn  sie  cavernös  mit  vielen  grossen 
polyedrischen  Flohlräumen  versehen  sind,  deren,  Volumen  das  der 
Gesteinsmasse  überwiegt,  welch  letztere  nur  in  Gestalt  von  mehr 
oder  weniger  ebenflächigen  Platten  oder  Leisten  als  Begrenzungen 
jener  Hohlräume  vorhanden  ist.  Sind  diese  Schichten  nicht 
cavernös  — wie  schon  bei  Betrachtung  der  obersten  Muschelkalk- 
schichten bemerkt  wurde  — , dann  ist  die  Zugehörigkeit  zweifel- 
haft, da  letztere  Formationsabtheilung  von  ganz  ähnlichen  Gesteinen 
nach  oben  als  dem  letzten  Glied  begrenzt  rvird  und  Sicherheit 
tritt  erst  wieder  ein,  wenn  das  Auffinden  A7on  Ammoniten  die 
Zutheilung  zum  Muschelkalk  erforderlich  macht.  Im  Ganzen  liegen 
die  Verhältnisse  so,  dass  man  im  Zweifelsfall  solche  Schichten 
eher  zum  Muschelkalk  als  zur  Lettenkohle  ziehen  wird.  Von  hier 
aus  wird  die  Gliederung  im  Gebiet  unserer  Karte  zweifelhaft,  da 
nirgends  ein  Aufschluss  durch  die  ganze  Lettenkohle  oder  durch 
die  einzelnen  sich  zu  einem  Gesammtprofil  ergänzenden  Niveaus 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


347 


vorhanden  ist.  Nur  die  oberen  Schichten  sind  ungefähr  halbwegs 
zwischen  Gotha  und  dem  südöstlich  davon  gelegenen  Dorfe  Sund- 
hausen au  der  durch  die  Sundhauser  Vorstadt  in  Gotha  führenden 
Chaussee  aufgeschlossen  (an  dem  sogenannten  »Tollen  Hund«, 
welchen  Namen  aber  die  Generalstabskarte  nicht  hat,  derselbe  hegt 
nur  wenige  hundert  Schritt  ausserhalb  des  Gebietes  unserer  Karte), 
wo  die  Lettenkohlensandsteine  in  grossen  Steinbrüchen  gewonnen 
werden.  Auf  diesen  Mangel  an  Aufschlüssen  ist  vielleicht  auch  ein 
Theil  der  Verschiedenheiten  und  Abweichungen  in  der  Ausbildung 
des  Kohlenkeupers  zurückzuführen,  die  man  mehrfach  auf  geringe 
Entfernung  wahrzunehmen  meint.  Ein  ausgezeichnetes  Profil  durch 
die  ganze  Lettenkohle  und  einen  Theil  der  darüber  liegenden 
Keuperschichten  beschreibt  aber  Credner  aus  einem  Wasserriss 
zwischen  Holzhausen  und  Bittstedt  ca.  2 Meilen  in  südöstlicher 
Richtung  von  unserer  Kartengrenze  entfernt.  Es  ist  allerdings 
zweifelhaft,  ob  man  auf  so  weite  Entfernung  Gleichheit  der  Ver- 
hältnisse in  den  Hauptsachen  voraussehen  darf,  aber  das  Profil 
vom  »Tollen  Hund«  bei  Gotha  stimmt  so  sehr  mit  dem  ent- 
sprechenden Theil  des  Profils  bei  Holzhausen  überein,  dass  man 
vielleicht  annehmen  darf,  dass  durch  dieses  Profil  auch  die  Ver- 
hältnisse bei  Gotha  in  den  Grundzügen  richtig  dargestellt  werden. 

An  jener  Stelle  liegen  zuunterst  wie  überall  sonst  jene  schon 
besprochenen  eisenschüssigen  dolomitischen  Kalke  (hellbrauner 
Bittermergelkalk)  in  geringer  Mächtigkeit,  nicht  cavernös,  also 
vielleicht  ganz  oder  zum  Theil  noch  zum  Muschelkalk  zu  ziehen. 
Hierauf  folgen  aschgraue,  schwarze,  oft  auch  grünlichgraue  Mergel- 
schiefer und  Thonletten,  dazwischen  finden  sich  dünne  eisen- 
schüssige ockergelbe  oder  braune  Dolomitbänkchen  von  festerer 
oder  lockerer  Beschaffenheit  eingelagert,  die  Lingula  tenuissima 
zuweilen  in  Menge  enthalten.  Credner  führt  von  dieser  Stelle 
nicht  Estheria  minuta  an , an  anderen  Orten , auch  im  Gebiet 
unserer  Karte  bei  Gotha  findet  man  oft  die  Schichtflächen  der 
Thonletten  mit  vielen  Exemplaren  dieses  Muschelkrebses  bedeckt, 
wie  das  auch  schon  Beyrich  früher  bemerkt  hat1),  der  sie  von 


b Zeitschr.  d.  Deutsch,  geolog.  Ges.  II,  168,  1850.  In  späteren  Arbeiten  er- 
wähnt auch  Ckednek  das  Vorkommen  dieser  Versteinerung  in  der  Lettenkolile. 


348 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Sonneborn  nordwestlich  von  Gotha  aus  kohligen  Schiefern,  aus 
der  Schlotheim  sehen  Sammlung,  erwähnt. 

Die  Gesammtmächtigkeit  dieser  Lettenkohlenthone  und  -Mergel 
beträgt  nach  Credner  381/2  Fuss.  Hierauf  folgt  das  Niveau  der 
Lettenkohlensandsteine  in  einer  Mächtigkeit  von  ungefähr  60  Fuss, 
der  » Trauen  Sandsteine«  von  E.  E.  Sciimid.  Es  sind  grünlich- 
graue  Mergelsandsteine  mit  Pflanzenresten,  von  denen  besonders 
Calamites  arenciceus  erwähnt  wird.  Dazwischen  ist  ein  schwarzer 
Mergelschiefer  stellenweise  mit  Schnüren  von  Kohlenmulm  ne- 
lagert,  und  bedeckt  wird  der  Sandstein  von  bunten  (grünen  und 
rothen)  Thonen,  deren  Gesammtmächtigkeit  Credner  zu  ca.  10  Fuss 
angiebt  und  welche  dann  von  der  Abtheilung  des  Grenzdolomiten 
15  Fuss  mächtig  überlagert  werden,  von  dem  nachher  noch  weiter 
die  Rede  sein  wird.  Es  hat  somit  die  Lettenkohle  dort  eine 
Mächtigkeit  von  ungefähr  120  Fuss. 

Am  »Tollen  Hund«  !)  ist  die  untere  Lettenkohle,  die  Letten- 
kohlenthone, nicht  aufgeschlossen.  Man  beobachtet  in  den  dorti- 
gen Steinbrüchen  zum  Tlieil  gelbgraue  und  zum  Theil  auch  rothe 
Sandsteine  mit  undeutlichen  Pflanzenresten  in  erheblicher  Mächtig- 
keit (30 — 40  Fuss)  anstehend.  Es  sind  weiche,  ziemlich  lockere, 
aber  doch  zu  Bausteinen  immer  noch  gut  brauchbare  Sandsteine 
mit  thonigem  Bindemittel  und  mit  vielen  weissen  Glimmerschüpp- 
chen, besonders  auf  den  Schicht  flä  chen.  Neben  den  sehr  reichlich 
vorhandenen,  unbestimmbaren  kohligen  Pflanzenresten  finden  sich 
auch  mannichfach  deutlich  erhaltene  und  bestimmbare  Pflanzenver- 
steinerungen. Es  ist  Calamites  arenaceus , Equisetum  columnare , 
Taeniopteris  vittata  und  mehrfache  andere,  noch  nicht  bestimmte 
oder  beschriebene  Arten;  Credner  führt  z.  B.  noch  eine  Neu- 
ropteris- Species  auf,  sowie  zahlreiche  Exemplare  einer  Mya- Art  und 
Wirbelthierreste,  Zähne  und  Schuppen  etc.,  von  denen  ich  an  der 
genannten  Stelle  nichts  beobachtet  habe. 

Diese  Sandsteine  sind  überlagert  von  den  ca.  10  Fuss  mäch- 
tigen, bunten,  grünen  und  rothbraunen  Thonmergeln,  die  überall  in 
Thüringen  im  oberen  Niveau  der  Lettenkohle  sich  finden  und  die 


D Die  Lokalität  liegt  nickt  mekr  im  Bereich  unserer  Karte, 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


349 


nur  durch  ihre  Lagerung  unter  dem  Grenzdolomit  sich  von  den 
darüber  liegenden  bunten  Mergeln  des  mittleren  Keupers  unter- 
scheiden, nicht  aber  im  Aussehen.  Genau  dasselbe  Profil  kann 
man  auch  an  der  Kesselmühle  beobachten,  wo  in  einem  Hohlweg 
der  Sandstein  ansteht  und  darüber  dann  die  bunten  Mergel  mit 
dem  Grenzdolomit  lagern,  aber  der  Aufschluss  ist  hier  nicht  durch 
Steinbrüche  erweitert. 

Den  Schluss  der  Lettenkohle  nach  oben  macht  endlich  der 
Grenzdolomit,  ein  meist  intensiv  gelbei’,  mehr  oder  weniger  dick 
geschichteter  Dolomit  mit  zwischengelagerten  weicheren  Schichten, 
der  durch  sein  constantes  Auftreten  einen  der  schärfsten  Trias- 
horizonte in  Thüringen  bezeichnet.  Er  umsäumt  als  schmales  Band 
im  Südwesten  und  auch  zu  einem  kleinen  Theil  im  Nordwesten, 
wo  er  unter  dem  Diluvium  verschwindet,  die  Stadt  Gotha,  und 
findet  sich  ebenso  bei  der  schon  erwähnten  Kesselmühle  und  am 
Südwestabhange  des  grossen  Seeberges. 

Wo  der  Grenzdolomit  gut  aufgeschlossen  ist,  zeigt  er  sich 
überall  sehr  reich  an  Petrefakten  aller  Art,  von  denen  besonders 
Trigonia  Goldfussn  von  Alb.  häufig  und  charakteristisch,  ausserdem 
habe  ich  bei  Gotha  an  verschiedenen  Stellen  noch  folgende  Petre- 
fakten beobachtet : 

Lingula  tenuissima  Bronn  (ein  Bruchstück), 

Trigonia  vulgaris  Bronn, 

Gervillia  socialis  v.  Schloth.  sp., 
daneben  unbestimmte  Steinkerne  verschiedener  anderer  Muscheln 
und  zahlreiche  Ueberreste  von  Fischen  und  Sauriern. 

Die  oben  als  häufig  und  typisch  angeführte  Beschaffenheit 
dieses  Grenzdolomits  ist  aber  durchaus  nicht  die  ganz  allgemeine, 
sondern  es  ist  im  Gegentheil  ein  starker  Wechsel  an  verschiedenen 
Stellen  des  Vorkommens  zu  beobachten.  Bald  ist  der  Dolomit 
gelb  und  fest  und  wird  dann  wohl  als  Baustein  verwendet  — 
Stücke  davon  finden  sich  schon  in  den  Mauern  des  alten  Schlosses 
Gleichen  bei  Wandersleben  östlich  vom  grossen  Seeberge  eilige- 
mauert  — oder  er  ist  gelb,  aber  locker  und  mürbe,  sogar  fast 
zerreiblich;  bald  sind  es  aber  auch  feste,  rauchgraue,  dichte  bis 
sehr  feinkörnige  Dolomite,  in  denen  dann  die  Petrefakten  nicht  so 


350 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


deutlich  zum  Vorschein  kommen,  wie  bei  den  gelben.  Zuweilen 
zeigt  auch  ein  und  dasselbe  Stück  an  verschiedenen  Stellen  die 
beiden  Beschaffenheiten  nebeneinander,  so  dass  es  aussieht,  als 
wäre  die  gelbe,  festere  oder  lockere  Ausbildungsweise  nur  eine 
durch  Verwitterungsprozesse  aus  dem  festen  rauchgrauen  Vor- 
kommen entstandene  sekundäre  Bildung,  bei  welchen  Prozessen 
dann  auch  die  Petrefakten  erst  aus  dem  Gestein  herauswitterten, 
wenigstens  treten  diese  bei  den  gelben  Dolomiten  viel  mehr  her- 
vor, als  bei  den  graubraunen,  bei  denen  sie  sich  oft  sehr  verstecken, 
so  dass  sie  schwer  wahrzunehmen  sind.  So  stark  bituminöse  Ab- 
arten, dass  sie  dem  Stinkschiefer  im  Zechstein  gleichen,  und  wie 
sie  Credner  von  anderen  Orten  in  Thüringen  beschreibt,  habe 
ich  bei  Gotha  nicht  wahrgenommen. 

Die  nun  folgende  Abtheilung  des  Gypskeupers  besteht 
ebenfalls,  wie  die  obere  Lettenkohle,  aus  rothen  und  grünen 
Thonen,  die  sich  von  den  entsprechenden  Letteukohlenthonen 
kaum  durch  etwas  grösseren  Wechsel  der  Farben  im  Aussehen, 
sondern  wesentlich  nur  durch  die  Lagerung  über  dem  Grenz- 
dolomit unterscheiden  lassen.  Ist  die  Lagerung  solcher  bunter 
Thone  zum  Grenzdolomit  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen,  dann 
ist  auch  die  Zugehörigkeit  derselben  zur  Lettenkohle  oder  zu  der 
höheren  Abtheilung  des  Keupers,  dem  Gypskeuper,  zweifelhaft,  vor- 
ausgesetzt, dass  nicht  die  dem  Gypskeuper  eigenthümlichen  Ein- 
lascerunffen  vorhanden  sind,  die  aus  mit  den  Thonen  wechselnden 
Gypsbänken  und  deren  Residuen  bestehen.  Diese  Gypsbänke  sind 
tlieils  sehr  dünn,  theils  dicker,  vielfach  auch  stellenweise  rasch  an- 
scliwellend  und  sich  wieder  verdrückend.  Der  Gyps  selbst  ist  roth 
oder  doch  weiss  mit  rothen  Flecken,  und  unterscheidet  sich  da- 
durch leicht  von  dem  nie  rothen  Muschelkalkgyps.  Er  ist  meist 
dicht,  enthält  aber  stellenweise  derbe,  krystallinische  Partieen  ein- 
gesprengt. Auch  enthält  er  in  grösserer  Menge  undeutlich  aus- 
gebildete Quarzkrystalle  eingesprengt.  Dieser  Gyps  ist  aber  nicht 
überall  vorhanden,  wo  die  Abtheilung  des  Gypskeupers  entwickelt 
ist,  vielmehr  fehlt  er  wohl  an  deu  meisten  Stellen,  was  aber  nur 
darauf  zurückzuführen  ist,  dass  der  ursprünglich  vorhandene  Gyps 
von  den  im  Innern  der  Schichten  circulirenden  Wässern  aufgelöst 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


351 


und  fortgeführt  wurde,  womit  viele  kleine  lokale  Schichtenstörungen 
verbunden  sind.  Wenn  dieser  Prozess  noch  nicht  ganz  beendigt 
ist,  so  sind  nur  einzelne  Knollen  von  Gyps  statt  der  zusammen- 
hängenden Schichten  vorhanden,  in  denen  die  unlöslichen  Bei- 
mischungen des  Gypses  dann  stärker  angehäuft  sind,  besonders 
die  Quarzkrystalle.  Solche  Gypsresidua  liegen  z.  B.  in  grosser 
Menge  in  der  Gypskeuperpartie  nördlich  vom  Dorfe  Günthers- 
leben, an  deren  südlichem  Rande  aber  auch  Gyps  in  der  ursprüng- 
lichen Form  von  dicken  Bänken  ansteht,  die  dort  in  Brüchen  ge- 
wonnen werden.  Ebenso  findet  man  den  Gyps  längs  des  südlichen 
Abhanges  des  kleinen  Seeberges  sich  hinziehen.  Er  steht  dort  nicht 
eigentlich  zu  Tage  an,  ist  aber  vielfach  in  Löchern  aufgeschlossen, 
die  zu  seiner  Gewinnung  gegraben  werden,  welche  aber  ihre  Stelle 
rasch  wechseln  und  sich  nie  zu  eigentlichen  Brüchen  ausdehnen, 
da  die  Quantität  des  vorhandenen  Materials  dazu,  wie  es  scheint, 
doch  zu  gering  ist.  Es  ziehen  sich  also  zwei  Gypsgewinnungs- 
zonen  vom  Südabhange  des  kleinen  Seeberges  auf  wenige  Schritt 
Entfernung  ziemlich  lange  nebeneinander  hin;  oben  am  Abhange 
der  ungleich  wichtigere  und  massenhaftere  Muschelkalkgyps,  unten 
auf  den  Feldern  der  Keupergyps.  Natürlich  mischen  sich  viel- 
fach in  dem  dort  lose  herumliegenden  Gesteinsmaterial  beide  Gypse 
mit  einander,  man  kann  aber  beide  in  jedem  Handstück  sicher 
auseinander  halten,  da  der  Keupergyps  stets  einen,  wenn  auch  nur 
schwachen  Stich  ins  Roth  hat,  was  beim  Muschelkalkgyps  nie  der 
Fall  ist.  An  manchen  Stellen  wird  der  Thon  von  Schnüren  von 
Fasergyps  durchzogen,  doch  sind  das  wenig  wichtige  secundäre 
Bildungen.  Mit  dem  Fasergyps  kommt  nach  Credner  am  kleinen 
Seeberge  auch  fleischrother  Cölestin  vor,  ich  habe  davon  nichts 
wahrgenommen. 

Im  Allgemeinen  ist  diese  Abtheilung  des  Gypskeupers  charak- 
terisirt  durch  das  Fehlen  von  Steinmergelbänken,  die  sich  erst 
weiter  nach  oben  einstellen.  Einzelne  solche  Bänke  sind  aber  doch 
auch  hier  schon  an  manchen  Stellen  ausgebildet.  So  durchzieht 
im  Liegenden  der  dortigen  Gypsbänke  nördlich  dem  Dorfe  Günthers- 
leben eine  ungefähr  einen  Fuss  mächtige,  sehr  feste  und  harte 
Steinmergelbank  von  hell  violetter  Farbe  die  Gypskeuperschichten, 


352 


Max  Bauer , über  die  geologischen  Verhältnisse 


die  vielleicht  mit  der  sogenannten  Bleiglanzbank  in  Schwaben  und 
Franken  und  an  anderen  Orten  in  Thüringen  äquivalent  ist,  doch 
ist  Bleiglanz  darin  noch  nicht  aufgefunden  worden,  ebenso  wenig 
Petrefakten  irgend  welcher  Art. 

Ausser  diesen  lokalen  Steinmergeleinlagerungen  sind  aber  noch 
andere  Zwischenschichten  vorhanden,  die  einiges  Interesse  ge- 
währen, nämlich  solche  von  Sandsteinen,  die  ihr  Lager  im  oberen 
Gypskeuper  haben  und  somit  wohl  dem  süddeutschen  Schilfsandstein 
äquivalent  sind.  Das  Vorkommen  ist  aber  nur  sehr  lokal  und  es 
sind  im  Gebiet  unserer  Karte  nur  zwei  Punkte,  wo  dieser  Sandstein 
deutlich  aufgeschlossen  ist.  Der  eine  Punkt  ist  nordwestlich  vom 
Dorf  Siebleben  auf  der  Höhe;  dort  ist  in  einer  ziemlich  grossen 
Grube  ein  sehr  weicher  und  lockerer,  ja  zwischen  den  Fingern 
zerreiblicher,  rother  oder  gelber  Sandstein  mit  vielen  undeutlichen 
kohligen  Pflanzenresten  und  vielen  Glimmerblättchen  aufgeschlossen, 
der  dort  gewonnen  wird,  aber  nicht  als  Baumaterial,  wozu  er  wegen 
seiner  lockeren  Beschaffenheit  durchaus  ungeeignet  ist,  sondern 
zur  Verbesserung  der  Felder  in  jenen  Gegenden.  Fs  ist  dieser, 
an  der  bezeiclmeten  Stelle  circa  20  Fuss  mächtig;  aufgeschlossene 
Sandstein  unzweifelhaft  eine  Einlagerung  der  Gypskeuper,  was 
man  noch  deutlicher  sieht  an  der  zweiten  Stelle,  wo  er  zu  Tage 
ansteht,  nämlich  in  dem  am  weitesten  bis  zur  Eisenbahn  vorge- 
schobenen der  Hügelchen  nördlich  vom  Dorfe  Seebergen,  die  in  einer 
ziemlich  langen  Reihe  den  Fuss  des  grossen  Seebergs  umsäumen. 
Dort  findet  sich  ein  dem  obigen  petrographisch  in  jeder  Beziehung 
gleicher  Sandstein,  der  sich  auf  den  ersten  Blick  in  jeder  Beziehung 
von  den  anderen  Sandsteinen  der  Gegend,  dem  Lettenkohlensandstein 
und  dem  später  zu  betrachtenden  rhätischen  Sandstein  des  grossen 
Seeberges,  unterscheidet,  so  dass  eine  Verwechslung  auch  in  Hand- 
stücken kaum  möglich  erscheint. 

Zwischen  diesen  beiden  Punkten  ist  bisher  von  diesem  Sandstein 
keine  Spur  beobachtet  worden,  und  es  hat  daher  den  Anschein, 
als  wären  an  beiden  Stellen  plötzlich  die  Sandsteine  zu  erheb- 
licher Mächtigkeit  angeschwollen,  die  sich  aber  nach  allen  Seiten 
rasch  wieder  verliert.  Dies  scheint  auch  aus  der  Terraingestaltung  her- 
vorzugehen, indem  an  beiden  genannten  Punkten,  wo  der  Schilfsand- 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


353 


stein  vorkommt,  der  Bergabhang  eine  markirt  vorspringende,  von 
weitem  schon  auffallende  Nase  bildet,  die  sonst  fehlt.  Ist  dieser 
Zusammenhang  zwischen  dem  Vorkommen  des  Sandsteins  und  der 
Oberflächengestaltung  richtig,  so  kann  man  die  Vermuthung  aus- 
sprechen, dass  auch  in  dem  unmittelbar  nördlich  von  Siebleben  vor- 
handenen kleinen  Bergvorsprung  dieser  Sandstein  in  der  Tiefe  ansteht, 
den  man  aber  nicht  sieht,  weil  die  Kuppe  von  einer  sehr  mäch- 
tigen diluvialen  Schottermasse  bedeckt  ist.  Diese  Kuppe  liegt  auch 
ganz  in  der  Linie,  in  welcher  der  Sandstein  an  der  Erdoberfläche 
ungefähr  verlaufen  müsste,  wenn  es  eine  continuirlich  und  in 
stets  gleicher  Mächtigkeit  verlaufende  Schicht  wäre.  Da  andere 
in  ähnlicher  Weise  vorspringende  Kuppen  nicht  weiter  vorhanden 
sind,  so  wäre  weiter  zu  vermuthen,  dass  an  anderen  Stellen  der 
Sandstein  nicht  oder  doch  nur  sehr  untergeordnet  vorkommt,  um 
so  mehr,  als  auch  auf  den  Feldern  Spuren  seiner  Existenz  nicht 
zu  finden  sind.  Sandsteine  in  diesem  Niveau  und  von  ähnlicher 
Beschaffenheit,  aber  immer  nur  als  wenig  umfangreiche,  aber  zum 
Theil  mächtige,  stockförmige  Einlagerungen  finden  sich  übrigens 
auch  noch  vielfach  anderwärts  in  Thüringen,  so  z.  B.  nördlich  von 
Gotha  bei  Langensalza  und  Bollstedt,  östlich  in  dem  oben  an- 
geführten Lettenkohlenprofil,  in  dem  Credner  noch  einen  Sand- 
stein über  dem  Grenzdolomit  und  im  oberen  bunten  Mergel 
anführt,  und  an  manchen  anderen  Orten,  doch  sind  es  nie 
solche  feste,  zusammenhängende  Schichten,  wie  der  Schilfsandstein 
in  Schwaben  und  Franken. 

Gegen  oben  verschwindet  der  Gyps  überall,  die  oberen  Thon- 
mergel werden  allmählich  härter  und  luftbeständiger,  als  die  unter- 
sten, den  Gyps  einschliessenden,  was  wohl  mit  einem  grössex'en 
Kalkgehalt  zusammenhängt,  und  damit  geht  Hand  in  Hand  ein 
Bunterwerden  derselben,  ein  Hervortreten  von  grelleren  rothen 
und  blauen  oder  grünen  Farben.  Zugleich  stellen  sich  allmählich 
zwischen  den  immer  noch  leicht  in  kleine,  scharfeckige  und  -kantige 
Stücke  zerfallenden  Thonmergeln  festere  Bänke  von  Steinmergel 
(Credner’ s Thonquarze)  ein,  welche,  anfangs  nur  wenig  mächtig 
und  vereinzelt,  nach  oben  mächtiger  (bis  zu  1 Fuss)  und  häufiger 
werden,  wie  das  besonders  an  dem  vom  Dorfe  Seebergen  auf  die 


354 


Max  Bader,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Höhe  des  grossen  Seeberges  führenden  sogenannten  Triftwege  zu 
beobachten  ist. 

Wegen  der  Steinmergeleinlagerungen  heisst  diese  Abtheilung 
der  Steinm ergelkeuper.  Er  zieht  sich  ungefähr  200  Fuss 
mächtig:  um  den  ganzen  grossen  Seeberg  herum  und  bildet  einen 
scharfen  Vorsprung  gegen  Siebleben  hin,  endlich  tindet  sich  eine 
kleine  Stelle  auf  der  Höhe  des  grossen  Seeberges;  an  anderen 
Orten  des  Kartengebietes  kommt  er  nicht  vor.  Er  bildet  überall 
um  den  grossen  Seeberg  herum  sehr  schroffe  Abhänge,  die  sich 
durch  grosse  Unfruchtbarkeit  von  den  meist  ergiebige  Aecker  und 
Wiesen  tragenden  Gypskeupermergeln  sehr  unterscheiden,  was  mit 
der  schwereren  Verwitterbarkeit  der  Thonmergel  der  oberen  Ab- 
theilung zusammenhängt.  Der  von  ihnen  gebildete  Boden  trägt 

o ö o ö 

meist  nur  eine  höchst  sparsame  Vegetation,  wenigstens  an  den 
steilen  Bergabhängen  und  stellenweise  fehlt  eine  solche  auch  so 
vollständig,  dass  die  von  Steinmergelkeuper  gebildeten  Flächen 
ganz  nackt  sind. 

Diese  Abtheilung  des  Steinmergelkeupers  hat  keine  scharfe 
Grenze  gegen  den  Gypskeuper.  Es  sind  zwar  zwei  in  ihrer  Ge- 
sammtbeschaffenheit  entschieden  sich  bedeutend  unterscheidende 
und  daher  auseinanderzuhaltende  Stufen,  aber  es  ist  nicht  möglich, 
eine  durchgehende  und  überall  leicht  wieder  aufzufindende  Schicht 
anzugeben,  die  in  ähnlicher  Weise  scharf  scheidet,  wie  z.  B.  der 
Grenzdolomit  zwischen  Lettenkohle  und  Gypskeuper.  Es  folgt 
daraus,  dass  man  leicht  die  Grenze  zwischen  beiden  Stufen  an 
verschiedenen  nicht  zusammenhängenden  Stellen  etwas  verschieden 
legt,  da  es  sich  dabei  um  Abwägung  einer  grösseren  Anzahl  von 
Erscheinungen  und  Eigenschaften  der  constituirenden  Gesteine 
handelt,  die  ja  auch  an  verschiedenen  Stellen  in  Folge  von  sekun- 
dären Einflüssen,  die  auf  sie  gewirkt  haben,  sich  etwas  verschieden 
verhalten  können. 

Sandsteineinlagerungen,  wie  an  der  Wachsenburg  und  sonst 
im  Osten  unseres  Gebietes  sind  am  Seeberg  von  mir  nicht  beob- 
achtet, dagegen  ist  zn  erwähnen,  dass  in  manchen  Steinmergel- 
bänken  sich  zuweilen  Versteinerungen  finden.  Es  sind  sparsame 
Fisch-  und  Saurierreste  und  Conchylien,  Corbula  Keuper  in  a , oft 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotlia. 


355 


in  grösserer  Anzahl  und  unbestimmbare  Steinkerne  von  Bivalven 
beobachtet  worden.  In  den  Thonmergeln,  in  denen  die  Stein- 
mergel eingelagert  sind,  sind  dagegen  Versteinerungen  von  mir 
nie  beobachtet  worden. 

Die  letzte  Abtheilung  der  Trias  endlich  ist  die  Rhätische 
Gruppe,  der  Sandstein  des  grossen  Seeberges,  ausschliesslich  nur 
auf  diesen  Berg  beschränkt  und  dort  in  zahlreichen  und  ausge- 
dehnten, theils  noch  im  Betrieb  stehenden,  theils  verlassenen 
Sandsteinbrüchen  aufgeschlossen.  Credner  hat  in  seiner  Arbeit 
aus  dem  Jahr  1839  diesen  Sandstein  mit  dem  darüberliegenden 
Angulatensandstein  zusammengefasst  unter  dem  Namen  Liassand- 
stein, welche  Ansicht  er  aber  später  (1860)  gegen  die  jetzige  allgemein 
übliche  vertauscht  hat.  Diese  Steinbrüche  bauen  aber  nur  auf  den 
mittleren  Schichten,  entblössen  daher  auch  beim  Abräumen  Schichten 
der  höheren  Niveaus,  lassen  dagegen  die  untersten  Schichten  ganz 
intakt,  so  dass  diese  jetzt  nur  unvollkommue  zufällige  und  ge- 
legentliche, auch  stets  wenig  ausgedehnte  Aufschlüsse  zeigen. 

Dagegen  hatte  Credner  die  Gelegenheit,  einen  Stölln  zu 
beobachten,  der  aus  dem  herrschaftlichen  Bruch  des  Grossen  See- 
herges ungefähr  nach  Norden  getrieben  wurde,  um  das  Wasser  aus 
dem  Bruche  abzuleiten  und  hier  gelang  es  dem  genannten  Forscher, 
die  Schichtenfolge  auch  im  untersten  Niveau  des  Rhät  aufs  Ge- 
naueste im  Detail  festzustellen.  Dieser  Stölln  ist  heute  unzu- 
gänglich und  ich  folge  daher  in  der  Darstellung  dieser  Schichten 
in  der  Hauptsache  Credner  unter  Berücksichtigung  meiner  eigenen 
zum  Tlieil,  aber  nur  in  unwesentlichen  Punkten  abweichenden 
Beobachtungen. 

Zuunterst  liegt  ein  weisser  bis  lichtgelber  Sandstein,  unten 
etwas  dicker  (ungefähr  lFuss),  oben  dünner  geschichtet  und  so- 
gar schieferig  werdend,  mit  vielen  kleinen  weissen  Glimmerblätt- 
chen, im  Ganzen  ca.  30  Fuss  mächtig.  In  ihm  eingelagert  ist 
die  einzige  am  Seeberg  vorkommende  versteinerungsreiche  Schicht, 
die  sogenannte  Gurkenkernschicht.  Es  sind  dünne  feste  Bänkchen 
desselben  hellgelblichweissen , aber  etwas  festeren  Sandsteins, 
wenige  Fuss  über  der  Grenze  zu  den  unterlagernden  Ylergeln, 
die  ganz  vollgefüllt  sind  von  der  von  Deffner  und  Fraas  soge- 


23* 


356 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


nannten  Anodonta  postera,  genauer  nicht  bestimmbarer  Bivalven- 
steinkernen.  In  dieser  Schicht  hat  R.  v.  Fritsch  im  Jahr  1875 
auch  Wirbelthierreste  gefunden1)  und  zwar:  Hybodus  minus  Ag., 
Acrodus  minimus  Ag.  , Saurichthys  acuminutus  Ag.  und  S.  lon- 
giconus  Plien.,  sowie  Fischschuppen  ( Gyrolepis  tenuistriatus  Ag.). 
Die  Ueberlagerung  der  Sandsteine  über  den  Mergeln  ist  besonders 
gut  zu  beobachten  auf  dem  schon  genannten  Triftweg,  der  vom 
Dorf  Seebergen  aus  dessen  südlichem  Ausgang  in  südwestlicher 
Richtung;  auf  die  Flöhe  des  grossen  Seeberges  führt  und  hier  steht 
auch  die  Gurkenkernschicht  besonders  deutlich  an.  Weniger  deut- 
lich zeigen  sich  die  Verhältnisse  überall  sonst  an  der  Kante  des 
grossen  Seeberges.  Die  Gurkenkernschicht  findet  sich  fast  rings 
um  den  Berg  herum,  wird  aber  stellenweise  nicht  anstehend, 
sondern  nur  in  einzelnen  losen  Plättchen  gefunden. 

Diese  Abtheilung  in  ihrer  Gesammtheit  würde  nach  Pflücker 
y Rico2)  das  Pflanzenrhät  repräsentiren.  Pflanzen  sind  allerdings, 
auch  in  unbestimmbaren  kohligen  Resten  nicht  oder  nur  sehr  spärlich 
vorhanden.  Alles  was  von  Rhätischen  Schichten  noch  darüber  folgt, 
entspricht  darnach  dem  Protocardienrhät,  dessen  einzelne  Abthei- 
lungen sich  nach  Pflücker  deutlich  erkennen  und  unterscheiden 
lassen. 

Auf  jenes  unterste  Glied  folgen  ungefähr  20  Fuss  weisse  oder 
gelblich  weisse  Sandsteine  und  Sandsteinschiefer  ohne  organische 
Reste  (unterer  Protocardienrhät)  und  darüber  dann  der  eigentliche 
Werksandstein,  der  in  den  Brüchen  vorzugsweise  gewonnen  wird. 
Es  ist  ein  gelblich  weisser  feinkörniger  Sandstein,  bis  zu  40  Fuss 
mächtig,  feinkörnig,  fest,  in  dicken  Bänken  geschichtet,  vielfach  von 
dunklen,  braunen  Schnüren  und  oft  sogar  von  förmlichen  Adern  von 
Brauneisenstein  durchzogen , der  auch  auf  Kluftflächen  zuweilen 
mit  traubiger  Oberfläche  vorkommt.  Zuweilen  enthält  der  Sand- 
stein faustgrosse,  oft  ziemlich  regelmässig  polyedrisch  umgrenzte 
Löcher  mit  stark  eisenschüssigen  Wänden,  welche  ganz  mit  feinem, 
losen  Sand  erfüllt  sind,  der  beim  Zerschlagen  herausfällt. 


B Teyetmeyer,  1.  c.  Zeitselir.  ges.  Nat.  1876.  13,  p.  473. 

2)  Zeitselir.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  1868.  Uebersichtstabelle. 


der  Seeberge  und  dos  Galberges  bei  Gotha. 


357 


Auf  den  Schichtflächen  ist  dieser  Sandstein,  wie  übrigens  auch 
die  Sandsteine  der  anderen  Stufen,  vielfach  mit  den  schönsten 
Wellenfurchen  bedeckt,  oft  auf  weite  Erstreckungen  hin.  Ebenso 
findet  man  auf  diesen  Flächen  leistenförmige,  sich  nach  verschie- 
denen Richtungen  durchschneidende,  niedrige  Erhabenheiten,  offen- 
bar Ausfüllungen  von  schmalen  Spalten  und  Kluften  der  Oberseite 
der  unmittelbar  darunterliegenden  Schicht.  Am  Ausgehenden  der 
Schichten  wird  der  Sandstein  am  grossen  Seeberge  vielfach  durch 
Verwitterung  lose  und  locker  und  zerfällt  zu  Sand,  der  in  vielen 
Gruben  gegraben  und  als  Stuben-  und  Scheuersand  verwendet 
wird.  An  organischen  Resten  ist  dieser  Sandstein  arm.  Verkohlte, 
aber  selten  deutlichere  Pflanzenreste  kommen  auf  den  Schicht- 
flächen nicht  selten  vor,  dagegen  sind  animalische  Reste  um  so 
seltener.  Ich  habe  nie  welche  gefunden,  Credner  führt  aber  Ab- 
drücke von  Cardium  cloacinum  Quenst.  und  Taeniodon  ( Protocar - 
dia)  Ewaldi  Bornem.  als  Seltenheiten  an.  Ausserdem  sollen  auch 
in  diesem  Sandstein  einige  Fischzähne  gefunden  worden  sein,  wie 
aber  Credner  nur  gerüchtweise  mittheilt.  Ueberlagert  wird  dieser 
Sandstein  von  2 — 4 Fuss  grauen,  mageren  Thons,  der  feuerbeständig 
ist  und  daher  zu  Kapseln  in  der  Porzellanmanufaktur  in  Gotha 
verwendet  wird.  Er  enthält  als  einzige  organische  Reste  schlecht 
erhaltene,  verkohlte  Pflanzenstengel,  dagegen  etwas  häufiger  runde 
Geoden  von  im  Inneren  vollkommen  dichter,  nicht  zerborstener 
septarienähnlicher  Beschaffenheit  und  von  einer  auf  dem  Quer- 
bruch zum  Vorschein  kommenden  eigenthümlichen  saftgrünen  Farbe, 
die  allerdings  beim  Liegen  an  der  Luft  und  Austrocknen  in  eine 
mehr  ins  Graue  gehende  Nüance  übergeht.  Der  Sandstein  oder 
Thon,  der  eine  unten,  der  andere  oben  vollkommen  herrschend, 
gehen  auf  der  Grenze  dadurch  allmählich  in  einander  über,  dass 
zwischen  den  Sandsteinbänken  sich  erst  schwächere,  dann  stärkere 
Schichten  grauen  und  stellenweise  auch  rothen  Thons  einstellen, 
bis  der  graue  Thon  endlich  den  Sandstein  ganz  verdrängt.  Beide 
zusammen,  Sandstein  und  Thon,  repräsentiren  nach  Pflücker  y 
Rico  das  mittlere  Protocardienrhät. 

Noch  weiter  nach  oben  tritt  nun  der  Sandstein  zurück,  er  ist 
nicht  mehr  so  dickbänkig  und  fest,  wie  oben,  sondern  oft  schieferig 


358 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


und  locker  und  zwischen  den  Sandsteinschichten  stellen  sich  immer 
massenhafter  Thon  und  Mergel  ein.  Credxer  unterscheidet  über 
dem  letztgenannten  Tlione  noch  eine  10 — 15  Fuss  mächtige  Masse 
eines  gelblichgrauen  bis  grünlichgrauen  Sandsteins  und  Sand- 
schiefers mit  mergeligem  Bindemittel,  von  unten  nach  oben  immer 
schwächere  und  schwächere  Schichten  bildend,  bis  endlich  ein  voll- 
kommener Sandsteinschiefer  nach  oben  abschliesst.  Die  unterste 
Schicht  ist  noch  D/2  bis  2 Fuss  mächtig  und  in  ihr  fand  man 
früher  ein  Equisetum  in  meist  aufrecht  stehenden  Exemplaren  und 
mannichfache  andere  Pflanzenreste,  aber  keine  Thiere.  Dann  folgt 
ein  gelblichgrauer,  unten  ebenfalls  Geoden  führender  Mergelschiefer, 
der  nach  oben  mehr  thonig  wird  und  dünne  Platten  von  Sandschiefer 
einscldiesst,  im  Ganzen  in  einer  Mächtigkeit  von  6 — 10  Fuss.  Der 
Mergelschiefer  enthält  als  Seltenheiten  Petrefakten  mit  zerstörten 
Schalen  und  zwar: 

Modiola  minuta  Quenst.  (wahrscheinlich  = Mocliola  minima 
Sow.) 

Cardium  rhäticum  E.  v.  d.  Lintii.  = Protocardia  rhätica. 

Cardium  Philippianum  Dxkr.  = Protocardia  carinata 
Pflücker. 

Diese  drei  Arten  sind  häufiger.  Seltener  sind: 

Posidonomya  Hausmanni  Borxem. 

Taeniodon  ( Protocardia ) Ewaldi  Borxem. 

Taeniodon  ellipticus  — Protocardia  praecursor  Schlöxb.  sp. 

Inoceramus  ? 

Cassianella  contorta  ist  bis  jetzt  noch  nicht  gefunden  worden. 

Verkohlte  Pflanzenreste  mit  Schwefelkies  finden  sich  nicht 
selten.  Endlich  wird  das  Rhät  von  einer  ca.  4 Friss  mächtigen 
röthlichgrauen  oder  grünlichgrauen  Thonmergelschicht  geschlossen. 

O OO  OO 

Dieser  ganze  obere  Rest  repräsentirt  dann  das  obere  Protocardien- 
rhät  Pflückers,  das  weiterhin  vom  Lias  überlagert  wird. 

Der  Lias.  Der  Lias  ist  auf  einem  kleinen  Gebiet  am  süd- 
östlichen und  südlichen  Abhang  des  grossen  Seeberges  entwickelt 
und  es  ist  von  ihm  die  untere  und  mittlere  Abtheilung  bis  zu  den 
Schichten  des  Ammonites  amaltheus  inclusive  vertreten.  Die  untere 
Abtheilung  ist  schon  längst  von  dieser  Stelle  bekannt.  Credxer 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


359 


spricht,  wie  schon  oben  erwähnt,  1839  von  Liassandstein  auf  dem 
grossen  Seeberg,  aber  er  führt  keine  einzige  Versteinerung  an,  die 
dafür  beweisend  wäre  und  fasst  namentlich  noch  den  ganzen  rhä- 
tischen  Sandstein  mit  dem  Liassandstein  zusammen.  Noch  in  der 
zweiten  Auflage  der  geologischen  Karte  von  Thüringen,  1854,  wird 
der  ganze  Gipfel  des  grossen  Seeberges  als  aus  Liassandstein  be- 
stehend dargestellt,  von  Rliät  ist  damals  noch  keine  Rede,  aber  es 
werden  in  der  Erläuterung  zur  Karte  nun  schon  ächte  Versteine- 
rungen des  unteren  Lias  als  am  Seeberg  vorkommend  angeführt, 
nämlich  Stein  kerne  kleiner  Cardinien,  und  in  der  That  kommen 
diese  dort  auch  in  grosser  Menge  vor.  Anderes  war  aber  damals 
wie  es  scheint  von  dort  noch  nicht  bekannt  und  erst  1860  führt 
Credner  dann  weitere  Belege  für  das  Vorkommen  des  unteren 
Lias  an : Am.  angulatus , Lima  Hausmanni,  Corbula  cardioides  und 
noch  manches  Andere,  was  unzweifelhaft  auf  unteren  Lias  hinweist. 
Auf  jener  genannten  Karte  war  auch  die  Verbreitung  des  Lias 
am  kleinen  Seeberg  nicht  richtig  dargestellt.  Einmal  war  die 
Ausdehnung  eine  zu  weite,  weil  der  ganze  grosse  Seeberg  als 
davon  gebildet  dargestellt  war,  was  eine  Folge  der  Verwechselung 
des  Rhätsandsteins  mit  dem  Liassandstein  war;  zum  anderen  war 
aber  das  Verbreitungsgebiet  auch  zu  enge  dargestellt,  weil  die  Ver- 
breitung der  Liassandsteine  und  der  anderen  Liasschichten  auf 
den  Feldern  am  südwestlichen  Abhang;  des  grossen  Seeberges  bis 
zum  Dorfe  Günthersleben  hin  Credner  unbekannt  geltlieben  war. 
Ganz  unbekannt  war  aber  vor  allem  der  mittlere  Lias  geblieben, 
der  nur  einen  sehr  kleinen  Raum  an  der  Oberfläche  einnimmt, 
dessen  Gesteine  denen  des  Keuper  zum  Theil  sehr  ähnlich  sind 
und  der  nur  wenige  Versteinerungen  führt. 

Der  mittlere  Lias  wurde  zufällig  aufgefunden,  als  im  Jahre  1879 
zur  Entwässerung  eines  Steinbruchs  ein  Stölln  getrieben  wurde,  der 
ungefähr  den  in  der  Karte  verzeiclmeten  Verlauf  nimmt.  Der  ent- 
wässerte Steinbruch  liegt  da,  wo  der  zwischen  den  Seeberger  Sand- 
steinbrüchen hindurchführende  von  Gotha  aus  über  den  ganzen  Berg- 
rücken herkommende  Fahrweg  das  Thalgründchen  überschreitet,  das 
von  Osten  her  nach  Westen  herabkommend,  sich  weiter  abwärts  mit 
einem  nordsüdlich  vom  Seeberg  herabkommenden  Thälchen  vereinigt. 


,360  Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 

Das  Stollnmmidloch  befindet  sich  ziemlich  genau  südlich  davon, 
nicht  weit  von  der  von  Günthersleben  nach  Seebergen  führenden 
Chaussee  auf  den  Feldern,  nahe  bei  dem  Punkt,  wo  die  Chaussee  die 
kurze  steile  Biegung  nach  Norden  macht,  ungefähr  halbwegs  zwischen 
den  Stellen,  wo  das  oben  genannte  südwärts  verlaufende  Thälchen 
die  Chaussee  schneidet  und  wo  der  oben  genannte  vom  Seeberg 
herabkommende  Fahrweg  in  die  Chaussee  einmündet.  Dieses 
Stollnmundloch  ist  im  mittleren  Lias  angesetzt  und  der  Stölln 
durchführt  von  dort  aus  immer  liegendere  Schichten,  da  letztere 
nach  Süden  unter  einem  ziemlich  steilen  Winkel  einfallen.  Eine 
erste  Notiz  über  diesen  Stölln  und  einige  darin  vorkommende 
charakteristische  Petrefakten  des  mittleren  Lias  habe  ich  bald  nach 
Eröffnung  der  Arbeiten  gegeben x) , heute  kann  dem  damals  Be- 
kannten noch  einiges  Weitere  zugefügt  werden. 

Credner  schilderte  seiner  Zeit  den  Lias  des  grossen  See- 
berges, der  sich  ganz  gleichmässig  und  auch  petrographisch  sehr 
ähnlich  dem  Kliät,  diesem  auflagert,  nach  den  Aufschlüssen  in  den 
Steinbrüchen  und  dem  Vorkommen  zerstreuter  Stücke  mit  Petre- 
fakten auf  den  Feldern  am  Südabhang  des  grossen  Seeberges.  Was 
er  beobachtete  war  nach  seiner  Beschreibung  folgendes: 

Zu  unterst  liegt  ein  in  dünne  ca.  4 Zoll  mächtige  Platten 
zerfallender  Sandstein , graulichweiss , feinkörnig , mit  grauem 
Thon  wechsellagernd,  der  nach  oben  vorherrscht.  Unten  liegen 
häufig  Versteinerungen,  Steinkerne  von  Conchylien,  deren  Schalen 
z.  Th.  durch  Schwerspath  ersetzt  sind.  Credner  führt  folgende 
Namen  an: 

Thalassites  depressus , 

Cardinia  Listen,  besonders  häufig, 

Pecten  sepultus, 

Pecten  disparilis, 

Lima  Hausmanni, 

Corbula  cardioides , 

Ostrea  irregularis , 

Ostrea  rugata , 


x)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  31,  482,  1879. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


361 


Mactromya  spec., 

Pinna  spec., 

Ammonites  angulatus , selten. 

Kleine  Gasteropodensteinkerne, 

Kleiner  Zahn  eines  Ichthyosaurus. 

Dieses  ganze  Schichtensystem  parallelisirt  dann  Crerner  mit 
der  Psilonotenschicht,  dem  untersten  Liasniveau  in  Schwaben  und 
anderen  Gegenden.  Es  geht  dies  aber  wohl  zu  weit,  da  auch 
Am.  angulatus  darin  vorkommt,  so  dass  höchstens  wohl  blos  der 
untere  Theil  des  Schichtensystems  die  Zone  des  Am.  psilonotus 
darstellt,  der  selbst  allerdings  noch  nicht  gefunden  worden  ist, 
während  der  obere  Theil  schon  in  das  A ngulatenniveau  hineingehört. 
Die  Mächtigkeit  soll  40  Fuss  betragen,  wahrscheinlich  ist  sie  nicht 
unerheblich  zu  viel.  Es  folgen  dann  weitere  Sandsteine,  feinkörnig, 
gelblichgrau  oder  gelblichweiss , oft  ockergelb  gefleckt,  2- — 3 Zoll 
starke  Schichten  bildend  mit  Thonzwischenlagen ; das  Ganze  6 — 8 
Fuss  mächtig.  Hier  ist  Am.  angulatus  weniger  selten,  ausserdem 
finden  sich  Cardinien,  glatte  Pectenarten  und  besonders  Lima  Haus- 
manni;  den  Beschluss  bildet  dann  2 Fuss  grauer  Thon  und  6 Fuss 
hellgelber  oder  ockergelber  Sandstein  mit  mergeligem  Bindemittel, 
beide  ohne  Versteinerungen  und  mit  dem  darunterliegenden  Sand- 
stein  das  Angulatenniveau  nach  Crerner’s  Ansicht  darstellend, 
dasselbe  muss  aber  wohl,  wie  erwähnt,  noch  etwas  nach  unten  hin 
ausgedehnt  werden.  Damit  war  die  Reihe  der  Liasablagerungen, 
so  weit  sie  Credner  kannte,  geschlossen. 

Was  die  Aufschlüsse  in  dem  Stölln  anbelangt,  so  wurden 
davon  leider  keine  richtig  geordneten  Belegstücke  gesammelt,  und 
auch  keine  genügenden  Notizen  über  das  durchfahrene  Schichten- 
material aufgezeichnet,  wenigstens  habe  ich  trotz  eifrigsten  Be- 
mühens nichts  darüber  erfahren  können.  Da  ausserdem  der  Stölln 
schon  zum  grossen  Theil  fertig  war,  als  ich  die  erste  Kunde 
von  seiner  Anlage  bekam,  so  konnte  ich  auch  nicht  selber  das 
geförderte  Material  der  Reihe  nach  verfolgen,  sondern  war  auf  die 
Beobachtung  der  unregelmässig  gelagerten  Massen  der  Halde  be- 
schränkt, deren  theilweise  Zugehörigkeit  zum  mittleren  Lias  — und 
das  war  das  wesentlich  Neue,  bisher  Unbekannte  vom  grossen 


362 


Max  Bauek,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Seeberg  — durch  in  grösserer  Zahl  herum  liegende  Bruchstücke 
von  Belemnites  paxillosus  und  clavatus  und  seltenere  andere  Petre- 
fakten  bewiesen  wurde.  Diese  Sachen  wurden  von  einigen  Gothaer 
Herren  zwar  eifrig  gesammelt1),  so  dass  genügender  Vorrath  zu 
einer  genauen  Feststellung  der  vorkommenden  Niveaus  vorhanden 
ist,  dieselben  haben  mir  aber  ihr  Material  nicht  zur  genaueren 
Untersuchung  zur  Verfügung  gestellt,  so  dass  ich  auch  hier  nur 
auf  gelegentliche  Beobachtungen  angewiesen  bin,  aber  die  Haupt- 
sache, der  Nachweis  des  mittleren  Lias  mit  den  Amaltheenschichten 
steht  unzweifelhaft  fest,  ebenso  steht  fest,  dass  von  jüngeren  Jura- 
schichten dort  zur  Zeit  keine  Spuren  bekannt  sind. 

Das  erste  Gestein,  das  der  Stölln  aufdeckte,  scheint  ein  grau- 
lichgelber, glimmeriger  und  sandiger  Schieferletten  gewesen  zu  sein, 
der  auf  der  Halde  am  weitesten  nach  vorn  lagerte  und  der  Ver- 
steinerungen  des  mittleren  Lias,  Am.  Amaltheus , Bel.  paxilosus, 
Bel.  clavatus,  Ter.  numismalis,  Rhynch.  rimosa  etc.  enthielt.  Darauf 
folgte  ein  im  frischen  Zustand  dunkelgrau  gefärbter  Thon,  ziem- 
lich plastisch  und  leicht  verwitterbar,  der  an  der  Luft  rasch  zuerst 
gelblich  und  bräunlichgrau  und  dann  intensiv  roth  wurde,  wie  er  sich 
jetzt  noch  anstehend  in  dem  vom  Stollnmundloch  ausgehenden 
ofienen  Graben  zeigt.  Dieser  Thon  erlangt  durch  seine  rothe  Farbe 
eine  solche  Aehnlichkeit  mit  den  rothen  Keupermergeln,  dass  eine 
Unterscheidung  beider  vor  der  Bildung  des  Aufschlusses  im  Stölln 
unmöglich  war.  Später  allerdings  wurden  wohl  Unterschiede  ge- 
funden. Der  Liasthon  ist  mehr  gleichmässig  roth  gefärbt,  nicht 
so  bunt,  wie  der  Keupermergel  und  viel  plastischer  als  dieser; 
aber  bis  in  die  letzte  Zeit  hat  man  den  ganzen  von  rothen 
thonigen  Schichten  bedeckten  Südwestabhang  des  grossen  See- 
berges stets  für  Keuper  gehalten,  während  jetzt  feststeht,  dass 
ein  grosser  Theil  davon  Lias  ist.  Diese  Verwechselung  war  um  so 
eher  möglich,  als  in  diesen  rothen  Thonen  Versteinerungen  sehr 
selten  zu  sein  pflegen.  Dann  scheint  weiter  nach  unten  ein  dünnes 
Bänkchen  eines  braunen,  dichten,  eisenschüssigen  Dolomits  zu 
folgen,  dass  auch  bei  Günthersleben  ansteht  und  das  gewissen 


) Zeitschr.  d.  Deutschen  geol.  Ges.  1879.  Bd.  31,  pag.  783. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


363 


Lettenkohlengesteinen  sehr  ähnlich  sieht,  und  darunter  folgt  ein 
System  von  gelblichgrauen,  etwas  sandigen,  sehr  dünnschieferigen 
Mergelschiefern,  voll  von  kohligen,  aber  unbestimmbaren  Pflanzen- 
resten (vielleicht  zu  C'lathropteris  gehörig)  und  ebenfalls  gewissen 
Lettenkohlenschichten  äusserst  ähnlich.  Diese  Schichten  sind  be- 
sonders auch  in  dem  von  Günthersleben  nach  Norden  führenden 
Weg,  in  dem  Einschnitt  unmittelbar  hinter  der  Alluvialebene  ent- 
blösst.  Diese  beiden  Gesteine,  der  eisenschüssige  Dolomit  und  der 
Mergelschiefer  mit  Pflanzen  sind  in  genau  gleicher  Weise  wie  sie  bei 
Günthersleben  anstehen,  auch  im  Stölln  gefunden  worden,  oder 
vielmehr  gewisse  Schichten  des  Stöllns  sind,  nachdem  sie  einige 
Zeit,  namentlich  einen  Winter  hindurch  der  Luft  und  der  Ver- 
witterung ausgesetzt  waren,  diesen  anstehenden  an  der  Oberfläche 
daher  ebenfalls  nicht  mehr  frischen  Schichten  so  ähnlich  geworden, 
dass  ihre  Zugehörigkeit  im  Lias  keinem  Zweifel  unterliegen  kann. 
Diese  Schieferletten  werden  unterlagert  von  einem  grauen  ausser- 
ordentlich festen,  feinkörnigen  Sandstein,  der  in  dicken  Bänken 
ansteht,  und  dicht  gespickt  ist  mit  den  dicken  Schalen  von  Cardinien , 
die  darin  noch  mit  ihrer  weissen  Kalksubstanz  in  ursprünglicher 
Besch aftenli eit  vorhanden  sind.  Auf  diesen  frischen  Sandstein  mit 
Cardinionschalen  müssen  die  Lesesteine  auf  den  Feldern,  mit 
massenhaften  Cardiniensteinkernen  unzweifelhaft  zurückgeführt 
werden,  die  sich  nicht  nur  in  der  Nähe  des  Stöllns,  sondern  weit 
nach  Westen  auf  den  Aeckern  nördlich  von  Günthersleben  und 
nach  Norden  bis  auf  die  Höhe  des  grossen  Seebei'ges  in  reichlicher 
Menge  finden.  Der  frische  Sandstein  verwittert,  wenn  er  lange 
Zeit  an  der  Erdoberfläche  den  Atmosphärilien  ausgesetzt  liegt; 
die  Cardiniensehalen  werden  aufgelöst  lind  die  Muscheln  bleiben 
als  Steinkern  zurück,  dabei  zerspaltet  gleichzeitig  der  Sandstein 
seine  dicken  Bänke  in  eine  grosse  Zahl  dünner,  noch  nicht  zoll- 
mächtiger  Platten,  die  hart  und  fest  sind  und  sich  schwer  weiter 
zerschlagen  und  zerspalten  lassen  und  die  auch  in  ihrer  Feinkör- 
nigkeit, dem  ursprünglich  frischen  Sandstein  des  Stöllns  ähnlich 
sind,  wie  in  ihrer  Festigkeit  und  Härte.  Diese  Platten  haben 
dann  eine  bräunliche  oder  gelbe  Farbe  mit  einem  eigenthümlichen 
Stich  ins  Grüne,  an  dem  man  sie  leicht  erkennt  und  unterscheidet, 


364 


Max  Bauer  , über  die  geologischen  Verhältnisse 


selbst  wenn  sie  vielleicht  stellenweise  ärmer  an  Cardinien,  oder 
wenn  sie  wohl  auch  ganz  frei  davon  sind.  Dann  folgt  im  Stölln 
ein  System  von  Sandsteinen,  das  von  den  rhätischen  Seeberger 
Sandsteinen  sich  nicht  unterscheidet;  es  sind  dies  wohl  die  Angu- 
latensandsteine  und  die  darunter  folgenden  Schichten,  weiteren  Auf- 
schluss giebt,  leider  der  Stölln  und  sein  Material  nicht,  dagegen  findet 
man  gelblichweisse,  feinkörnige,  lockere  Sandsteinplatten  mit  Am. 
angulatus , vielen  kleinen  Schneckensteinkernen  etc-.,  allerdings  nicht 
häufig  auf  der  Höhe  des  Seeberges  westlich  hinter  den  grossen 
Sandsteinbrüchen. 

Das  ist  ungefähr,  was  der  Stölln  und  seine  Umgebung 
hat  beobachten  lassen.  Nimmt  man  zu  diesen  Angaben  noch 
die  in  dem  Stollnmaterial  und  in  den  auf  den  Feldern  herum- 
liegenden liassischen  Lesesteinen  gesammelten  Petrefakten,  so 
erhält  man  doch,  wenn  auch  manches  im  Stölln  unklar  bleibt  und 
namentlich  eine  genaue  Bestimmung  der  Aufeinanderfolge  und  der 
Mächtigkeit  der  einzelnen  Schichten  nicht  möglich  ist,  ein  im- 
merhin einigermaassen  befriedigendes  Bild  dieser  kleinen  Lias- 
ablagerung. 

An  Versteinerungen  habe  ich  mit  Sicherheit  beobachtet: 

A.  In  den  Lesesteinen  auf  den  Feldern: 

Am.  angulatus  v.  SCHLOTH. 

in  mehreren,  allerdings  meist  stark  verdrückten,  aber  unzweideu- 
tigen Exemplaren.  In  mehreren  Sammlungen  finden  sich  übrigens 
auch  sehr  wohl  erhaltene  Exemplare  von  hier. 

Cardinia  Listen  Ag., 

kurze  Form,  die  langgestreckte  C.  concinna  scheint  nicht  vorzn- 
kommen;  es  sind  meist  kleine  Individuen;  das  häufigste  Petrefakt 
der  Sandsteine. 

Pinna  Hartmanni  Ziet. 
ein  unvollständiges  Exemplar. 

Steinkerne  kleiner  unbestimmbarer  Gasteropoden. 

Pentacrinus  spec. 

ein  Abdruck  der  Gelenkfläche  eines  fünfeckigen  Stielgliedes  mit 
wenig  vorspringenden  Kanten  und  deutlich  erhaltener  fünffach 
blattförmiger  Zeichnung. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


365 


13.  Aus  dem  Stölln: 

Ammonites  amaltheus  v.  Schloth.  2 Exemplare. 

Am.  capricornus  v.  Schloth. 

Am.  ibex  Quenst. 

Am.  raricostatus  Ziet. 

Von  den  drei  letzteren  Ammoniten  nur  einzelne  Exemplare  oder 
Bruchstücke,  ausserdem  noch  Bruchstücke,  die  nicht  zu  den  genannten 
Arten  gehören,  aber  auch  nicht  näher  bestimmt  werden  konnten. 
Belemnites  paxillosus  v.  Schloth. 

Bel.  clavatus  Blainv. 

Diese  zwei  Belemnitenarten  bilden  die  häufigsten  Versteine- 
rungen, die  der  Stölln  gefördert  hat,  sie  liegen  in  grösserer  Zahl 
auf  den  Abhängen  der  Halde  herum,  als  alle  übrigen  Versteine- 
runo-en  zusammen.  Ausserdem  finden  sich  aber  auch  noch  andere 

O 

Belemniten  mehr  als  Seltenheiten,  z.  B. 

Bel.  brems  f Quenst. 

in  mehreren  Exemplaren  und  eine  Anzahl  vielleicht  zu  anderen 
Arten  gehöriger  Bruchstücke. 

Gryphaea  arcuata  Lamark 
Gr.  cymbium  Lamark 
je  in  einigen  wenigen  Exemplaren. 

Plicatula  spinosa  Sow. 
einige  grössere  Exemplare. 

Pecten  priscus  Goldf. 

ein  vollständiges  dopp elklappiges  Exemplar  und  einige  Bruchstücke. 
Lima  gigantea  Sow. 

ein  kleines  Exemplar  mit  der  charakteristischen  Skulptur  der  Schale. 
Lima  punctataf  Sow. 

ein  ganz  glattes  Exemplar,  nicht  ganz  handgross,  mit  Schwefelkies 
überzogen,  aus  der  Nähe  der  Cardiniensandsteine. 

Spirifer  Walcotti  Sow. 

Spir.  verrucosus  v.  Buch 

und  vielleicht  noch  eine  oder  die  andere  sonstige  Spiriferart.  Ein 
Exemplar  mit  prachtvoll  erhaltenem  Spiralgerüst. 

Terebratula  numismalis  Lamark. 

Ter.  Heyseana  Dunker. 


366 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Rhynchonella  furcillata  v.  Buch. 

Rh.  rimosa  v.  Buch. 

Rh.  triplicata  Phil. 

Von  allen  diesen  Bracliiopodenarten  ist  keine  häufig,  es  haben 
sich  von  allen  nur  einzelne  Exemplare  gefunden. 

Pentacrinus  subangularis  Miller 
einige  runde  Stielglieder. 

Pent.  basaltiformis  Miller 
einige  fünfeckige  Stielglieder. 

Cotylederma  spec. 

mehrere  wohl  erhaltene  Exemplare. 

Damit  ist  aber  die  Liste  der  wirklich  Vorgefundenen  Arten 
noch  keineswegs  erschöpft.  Wäre  es  möglich,  das  gesammelte 
Material  genau  durchzuarbeiten,  so  würde  die  Liste  wohl  noch 
bedeutend  anwaclisen.  Aber  auch  so  ist  die  Reihe  der  vorkommen- 
den Liasniveaus  genügend  charakterisirt  zu  einem  ungefähren  Ein- 
blick  in  den  Bau  unserer  Ablagerung. 

Nach  dem  bisher  Angeführten  sind  folgende  Liasabtheilungen 
vertreten : 

Die  Psilonotenschicht  ist  vielleicht  repräsentirt  durch  einen 
Tlieil  der  obengenannten  Quarzsandsteine  mit  Cardinien , da  aber 
Am.  psilonotus  selbst  noch  nicht  beobachtet  ist,  so  ist  die  Sache 
noch  zweifelhaft. 

Die  Schichten  des  Am.  angulatus  sind  durch  dieses  Petrefakt 
selbst  genügend  gekennzeichnet.  Hierher  gehören  auch  wohl  zum 
grössten  Theil  die  Sandsteine  mit  Cardinia  Listen , welche  Muschel 
allerdings  auch  in  Schwaben  schon  mit  Am.  psilonotus  vorkommt, 
aber  doch  häufiger  erst  im  Angulatenniveau  gefunden  wird. 

Die  Schichten  mit  Am.  Buklandi  sind  durch  die  Gryphaea 
arcuata  bestimmt.  Ammoniten  aus  der  Gruppe  der  Arieten  sind 
noch  nicht  beobachtet  worden.  Hierher  gehören  dann  noch  die 
Limaarten,  Pinna  Ilartmanni  etc. 

Die  Schichten  mit  Pentacrinus  tuberculatus  sind  allein  vielleicht 
angedeutet  durch  den  fünfseitigen  Abdruck  der  Gelenkfläche  eines 
Pentakrititenstielgliedes  auf  einem  Sandsteinplättchen,  das  vielleicht 
zu  Pent.  tuberculatus  gehört,  so  dass  also  Quenstedt  s Abtheilung  ct 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


367 


ziemlich  vollständig  vorhanden  wäre.  Bis  hierher  scheint  auch 
die  vorzugsweise  sandige  Entwickelung  des  Lias  zu  gehen,  während 
die  folgenden  Schichtenreihen  ß bis  o vorzugsweise  thonig  sind. 

Die  folgenden  Abtheilungen  des  Lias  lassen  sich  nun  nicht 
mehr  so  genau  in  ihren  einzelnen  Niveaus  darstellen,  wie  oc,  aber 
bis  o inclusive  sind  die  genügenden  Nachweise  für  alle  grösseren 
Abtheilungen  vorhanden.  Zu  ß gehört  Am.  capricornus  und  rari- 
costatus  und  vielleicht  Bel.  brecis.  y ist  gekennzeichnet  durch  Am. 
ibex , Terebratula  numismalis , Rhynchonella  rimosa  und  Gryphaea 
cymbium  und  endlich  o durch  Am.  amaltheus.  Bel.  gaxillosus  und 
Plicatula  spinosa  sind  überhaupt  für  mittleren  Lias  bezeichnend. 
Für  noch  höhere  Schichten  sind,  wie  schon  oben  erwähnt,  keine 
Andeutungen  gefunden  worden,  wenn  man  nicht  Pent.  subangularis 
dahin  rechnen  will,  dessen  Bestimmung  sich  aber  auf  einige  wenige 
runde  Stielglieder,  also  auf  ganz  ungenügendes  Material  beschränkt. 
Ich  gehe  auf  diese  Verhältnisse  hier  nicht  weiter  ein,  weil  sich 
vielleicht  doch  noch  eine  Gelegenheit  bietet,  das  Gesammtmaterial 
der  gefundenen  Petrefakten  eingehend  zu  behandeln,  worauf  erst 
eine  genauere  Vergleichung  mit  anderen  Liasgebieten  im  Norden 
und  Süden  möglich  und  durchführbar  ist. 

Mit  den  Schichten  der  oberen  Lias  schliesst  die  Reihe  der 
älteren  Bildungen  und  es  linden  sich  im  Gebiet  unserer  Karte  nur 
noch  das  Diluvium  und  Alluvium  vertreten,  die  nördlich  und  südlich 
vom  Bergzug  des  Seeberges  und  Galberges  grosse  Distrikte  bedecken. 

Das  Diluvium  beginnt  zu  unterst  mit  mächtigen  Schotter- 
massen, die  besonders  in  der  Stadt  Gotha  selbst  in  umfangreichen 
und  tiefen  Kiesgruben  bis  zu  30  — 40  Fuss  Mächtigkeit  aufge- 
schlossen sind;  von  dort  zieht  sich  diese  Bildung,  offenbar  einen 
alten  Wasserlauf  anzeigend,  in  einem  breiten  Strom  längs  der 
Leina  nach  Norden  und  ebenso  auch  unabhängig  v/n  der  Leina 
nach  Süden  und  endlich  geht  von  Gotha  ein  Seitenzweig'  nach 
Osten,  in  die  Gegend  von  Siebleben  ab,  wo  eine  der  höchsten 
Kuppen  der  Gegend  von  einem  mächtigen  Schotterlager  bedeckt 
ist.  Diese  Schottermassen  liegen,  wo  sie  nahe  den  jetzigen  AVasser- 
läufen  Vorkommen,  weit  über  dem  höchsten  heutigen  Wasser- 
spiegel. Ebenso  ist  es  mit  dem  Schotter,  der  in  einem  schmalen 


368 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Band  das  Nordufer  der  Apfelstädt  bei  Günthersleben  begleitet  und 
mit  der  Partie  östlich  von  Seebergen.  Wo  eine  Schotterwand  in 
einer  Kiesgrube  entblösst  ist,  sieht  man,  dass  das  Material  vielfach 
nach  der  Grösse  seines  Korns  sortirt  ist.  Zwischen  Bänken,  die  nur 
nussgrosse,  bis  kopfgrosse,  aber  doch  meist  nur  faustgrosse  Geschiebe, 
die  alle  stark  abgerundet  sind,  enthalten,  liegen  mehr  oder  weniger 
mächtige  Streifen  von  ganz  feinkörnigem,  sandigem  Material,  das 
Spuren  von  Schichtung  zeigt  und  beides  wechselt  ganz  unregelmässig, 
da  die  an  Mächtigkeit  hinter  den  Geröllmassen  stets  weit  zurück- 
stehenden  Sandstreifen  nie  lang  anlialten.  Im  Grossen  und  Ganzen 
ist  keine  durchgehende  Schichtung  vorhanden,  so  dass  diese  Ab- 
lagerung ganz  den  Eindruck  einer  mächtigen  Flussbildung  macht. 
Das  Material  besteht  in  der  Hauptsache  aus  Porphyren  von  vio- 
letter Grundmasse  mit  mehr  oder  weniger  reichlich  eingesprengten 
Krystallen  von  Quarz  und  Feldspath,  die  nach  Credner  aus  der 
Gegend  von  Friedrichroda  stammen  sollen,  doch  sind  dort  voll- 
kommen übereinstimmende  Porphyre  anstehend  auch  nicht  mit 
völliger  Sicherheit  bekannt. 

Dieser  Schotter  ist  bedeckt  von  Löss,  der  in  seiner  gewöhn- 
lichen Beschaffenheit  weite  Gebiete  einnimmt  und  auch  stellen- 
weise Lössschnecken  und  vielfach  Lösspuppen  enthält.  An  der 
Grenze  zwischen  Schotter  und  Löss  haben  sich  mehrfach  schon 
Beste  von  Mammuth  und  Bhinoceros  gefunden,  aber  meines  Wissens 
weder  mitten  im  Löss,  noch  mitten  im  Schotter. 

Alluvialbildungen  sind  ebenfalls  verbreitet.  Sie  erfüllen 
die  alten  Wasserläufe,  das  Leinathal  und  besonders  das  Thal  der 
Apfelstädt  bei  Günthersleben  und  es  sind  hier  im  Grossen  und 
Ganzen  ähnliche  Schottermassen,  wie  die  des  Diluviums,  aus  denen 
wohl  das  Material  zu  diesem  alluvialen  Flussschotter  herstammt. 
Kleinere  Thälclien  wie  z.  B.  die  vom  grossen  Seeberg  herab  nach 
Süden  fliessenden  sind  mit  Auelehm  ausgefüllt.  Ein  altes  See- 
becken scheint  die  weite  Alluvialebene  zwischen  Siebleben  und 
Seebergen  zu  sein,  das  mit  schwarzem  fruchtbaren  Biedboden  aus- 
gefüllt ist  und  wo  Schotter  nur  an  den  Bändern  geringe  Bedeutung 
hat.  Vielleicht  ist  der  Siebleber  Teich  ein  letzter  Ueberrest  des 
alten  Sees. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotba. 


369 


Die  Lagerungsverhältnisse. 

Die  Lagerungsverhältnisse  sind  insofern  einfach,  als  jede  han- 
gende Schicht  ausnahmslos  concordant  auf  der  unmittelbar  darunter 
liegenden  liegt.  Complicationen  treten  nur  dadurch  ein,  dass  das 
ganze  Schichtensystem,  so  weit  es  überhaupt  beobachtbar  ist,  durch 
eine  äusserst  zahlreiche  Reihe  von  Verwerfungsspalten  durchzogen 
ist,  längs  welchen  Dislocationen  von  zum  Theil  sehr  erheblicher 
Sprunghöhe  stattgefunden  haben.  Diese  letzteren,  im  Verein 
mit  den  Wirkungen  der  Erosion  haben  zum  Theil  Verhältnisse 
erzeugt,  welche  scheinbare  Discordanz  von  unmittelbar  übereinander- 
liegenden Schichten  beobachten  lassen,  und  die  früheren  Beschreiber 
der  vorliegenden  Gegend  sprechen  auch  in  der  That  von  solchen 
Discordanzen,  aber  es  sind  dies  wie  gesagt  nicht  wirkliche,  sondern 
scheinbare  Verhältnisse,  hervorgebracht  durch  die  gegenseitige 
Verrückung  der  Gebirgsschicliten. 

Eine  erste  grosse  Verwerfungsspalte  trennt  das  Rhät  des 
grossen  Seeberges  von  den  älteren  Schichten  (Muschelkalk  haupt- 
sächlich) des  kleinen.  Diese  Spalte  streicht  ungefähr  h.  9 und 
lässt  sich  über  den  ganzen  Bergrücken  weg  in  fast  geradliniger 
Richtung  verfolgen  und  daneben , wenige  hundert  Schritt  weiter 
im  Südosten  ist  eine  der  ersten  parallele  zweite  Spalte,  die  aber 
nur  den  südlichen  Theil  des  Rückens  durchschneidet,  aber  nicht 
über  den  Kamm  hinüber  in  den  nördlichen  Abhang  hinein  sich 
erstreckt,  sondern  sie  ist  auf  der  Höhe  des  Rückens  durch  eine 
Querspalte  abgeschnitten  und  aus  ihrer  ursprünglichen  Richtung 
abgelenkt.  Nordöstlich  von  der  ersten  und  südwestlich  von  der 
zweiten  Spalte  sind  die  Schichten  um  beträchtliche  Beträge  in  die 
Tiefe  gesunken,  während  zwischen  den  zwei  Spalten  ein  Muschelkalk- 
rücken ziemlich  unbeweglich  stehen  geblieben  ist,  dessen  mittlere 
Partie  der  Anhydritgruppe  angehört,  die  nach  Nord,  Süd  und  Ost 
von  einem  schmalen  Band  von  Trocliitenkalk  umgeben  ist,  auf 
welchem  dann  weiter  nach  Nord  und  Süd  Nodosenkalk  lagert,  der  im 
Norden  etwas  nach  Nordwesten,  im  Süden  nach  Südwesten  ein- 
fällt. Die  Karte  selbst  und  das  Profil  No.  IV  machen  dies  deut- 


24 


370 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


lieber.  Im  Profil1)  hebt  sich  die  Muschelkalkpartie  mit  grosser 
Schärfe  gegen  die  rechts  und  liuks  anstossenden  Keuperschichten 
ab,  so  dass  die  beiden  Spalten  fast  auf  ihrem  ganzen  Verlauf  mit 
der  grössten  Deutlichkeit  an  dem  abnormen  Gesteinswechsel  an 
der  Oberfläche  verfolgt  werden  können.  Dass  die  gegenseitige 
Verschiebung  der  Schichten  längs  der  zwei  Spalten  eine  sehr 
grosse,  die  grösste  in  unserem  ganzen  Gebiet,  gewesen  ist,  erkennt 
man  aus  der  geologischen  Stellung  der  jetzt  auf  beiden  Seiten  der 
Spalten  an  einander  grenzenden  Schichten.  Nach  Nordosten  hin 
stösst  unter  Anderem  unterer  Lias  an  den  Trochiten-  und  Nodosen- 
kalk der  stehen  gebliebenen  Muschelkalkpartie,  weniger  gross  ist 
die  Verrückung  an  anderen  Stellen  der  Spalte  gewesen,  wo  Rhät 
an  Nodosenkalk  und  Trochitenkalk  oder  Steinmergelkeuper  an 
Nodosenkalk  grenzt.  Es  muss  also  wenigstens  an  der  einen  Stelle 
eine  gegenseitige  Verschiebung  um  den  Betrag  der  Gesammtmächtig- 
keit  des  ganzen  Keupers  incl.  Rhät  und  Lettenkohle  und  des  No- 
dosenkalks  stattgefunden  haben.  Der  absolute  Betrag  der  Ver- 
werfung  ist  schwierig  anzugeben,  da  die  Mächtigkeit  der  einzelnen 
Formationsabtheilungen  zum  Theil  nur  annähernd  bekannt  ist. 
Nimmt  man  einige  Zahlen  für  diese  Mächtigkeiten  an,  wie  sie  für 
unser  Gebiet  theils  gemessen  sind,  theils  geschätzt  werden  können, 


nämlich : 

Rhät 

130 

küss 

Steinmergelkeuper  . 

150 

» 

Gypskeuper  .... 

100 

» 

Lettenkohle  .... 

100 

Nodosenkalk  .... 

100 

» 

so  ist  die  gegenseitige  Verschiebung 

an  der  betreffenden  Stelle 

ungefähr  und  annähernd  gleich  600  I 

Ass,  an  anderen  Stellen  der- 

selben  Spalte  allerdings  erheblich  weniger  und 

ebenso  erheblich 

weniger  längs  der  zweiten  Spalte. 


J)  Im  Profil  sind  die  Verwerfungsspalten  alle  als  senkrecht  verlaufende 
Ebenen  gedacht.  Ein  Versuch,  die  Gestalt  der  Spalten  aus  ihrer  horizontalen 
Erstreckung  und  den  Niveaukurven  annähernd  abzuleiten,  hat  ergeben,  dass  dies  für 
die  vorliegende  Gegend  sich  ungefähr  so  verhält.  In  anderen  Fällen  sind  diese 
Spalten  ja  bekanntlich  weder  eben  noch  senkrecht. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


371 


Durch  diese  Spalten  wird  nun  also  der  grosse  Seeberg  als 
ein  geologisches  Ganzes  vom  kleinen  Seeberg  abgetrennt.  Die 
Lagerung  in  diesem  östlichsten  Ende  des  «ranzen  Zuges  ist  nun 
höchst  einfach,  es  ist  eine  flache  Mulde,  durch  deren  Centrum  die 
ebengenannte  Hauptspalte  mitten  hindurchgeht  und  an  deren  am 
Südabhange  des  Berges  gelegenen  Mitte  hin  die  Schichten  des 
Keupers  und  des  Rliät  einfallen.  Aber  diese  Mulde  ist  ausserdem 
noch  theilweise  durchschnitten  durch  drei  parallele  ungefähr  h.  11 
streichende  kleinere  Verwerfungen,  die  von  Süden  ausgehend  sich  in 
Rliätsandstein  verlieren,  ehe  sie  die  Höhe  des  grossen  Seeberges  er- 
reicht haben  und  längs  welchen  die  Liasschichten  in  das  Niveau  des 

* 

Rliät  und  Steinmergelkeupers  heruntergesunken  sind.  Diese  Spal- 
ten sind  tlieils  an  dem  Gesteinswechsel  auf  beiden  Seiten,  theils 
an  dem  mit  den  gewöhnlichen  Lagerungsverhältnissen  nicht  zu 
vereinigenden  Fallrichtungen  der  Schichten  ebenfalls  deutlich  zu 
erkennen. 

Die  erste,  östlichste  Verwerfung  in  der  Mulde  des  grossen 
Seeberges  ist  deutlich  aufgeschlossen  worden  durch  einen  tiefen 
Wassergraben,  der  unmittelbar  nördlich  von  der  Chaussee,  die  von 
Günthersleben  nach  Seebergen  führt,  hingezogen  wurde,  um  die 
Röhren  aufzunehmen,  welche  das  W asser  aus  dem  obengenannten 
Stölln  abführen.  Dieser  Graben  durchschnitt  die  Grenze  zwischen 
mittlerem  Lias  und  Steinmergelkeuper,  die  darin  sehr  scharf  zu  er- 
kennen war.  Die  Richtung  der  Spalte  ergab  die  Gesteinsbeobachtung 
an  der  Oberfläche,  so  wie  die  Richtung  des  Stöllns,  die  insofern  von 
Bedeutung  ist,  als  derselbe  offenbar  die  Verwerfungsspalte  nicht 
antraf.  Ebenso  ist  auch  die  Fallrichtung  der  Sandsteine  bei  dieser 
Bestimmung  von  Werth  gewesen:  rechts  von  der  Spalte  fallen  die 
Schichten  nach  Norden,  links  davon  nach  Süden  z.  Th.  ziemlich 
steil  ein. 

Die  zweite,  westlichere  Spalte  ist  dadurch  gegeben,  dass  auf 
der  einen  östlichen  Seite  des  Baches,  der  vom  grossen  Seeberg 
herabkommt,  Muschelkalk  und  Gypskeuper,  an  der  westlichen 
Seite  dagegen  Lias  anstelit,  wodurch  ein  Verlaufen  der  Spalte  in  dem 
Thal  des  Baches  angedeutet  wird,  welches  vielleicht  durch  diese 
Verwerfung  den  ersten  Anstoss  zur  Entstehung  erhalten  hat. 

24* 


372 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Diese  Richtung  ist  um  so  wahrscheinlicher,  als  sie  der  ziemlich 
genau  feststellbaren  Richtung  der  ersten  Spalte  fast  genau  parallel 
ist.  Endlich  ist  die  dritte  westlichste  Spalte  durch  verschiedenes 
Fallen  der  Schichten,  links  davon  nach  Nord,  rechts  davon  nach 
Ost,  gegeben.  Die  Richtung  ist  genauer  nicht  bestimmbar,  erfolgt 
aber  mit  Wahrscheinlichkeit  in  der  Richtung  der  zwei  anderen 
Spalten,  mit  denen  sie  parallel  angenommen  wurde. 

Fasst  man  die  Verhältnisse  im  Südwesten  der  oben  betrach- 
teten Hauptverwerfungsspalten  ins  Auge,  also  an  dem  Abhang  des 
grossen  Seeberges  nach  Günthersleben  hin,  so  stellt  sich  dort  ein 
grösseres  Liasversenkungsgebiet  dar,  auf  dem  eine  grosse,  zusam- 
menhängende Liaspartie  längs  einiger  Spalten  um  einen  so  erheb- 
lichen Betrag  in  die  Tiefe  gesunken  ist,  dass  an  einer  Stelle  Lias 
an  Muschelkalk  unmittelbar  angrenzt.  Von  den  Spalten,  welche 
diese  Versenkung  veranlasst  haben,  verläuft  die  nördlichste  unge- 
fähr in  h.  8.  Diese  Spalte  schneidet  nicht  an  der  zweiten,  kürze- 
ren Hauptverwerfungsspalte,  die  den  grossen  Seeberg  vom  kleinen 
trennt,  ab,  sondern  sie  geht  durch  bis  zur  längeren  ersten,  so  dass 
aus  dem,  den  grossen  Seeberg  nach  Südwest  geologisch  begren- 
zenden h.  10  verlaufenden  Muschelkalkrücken  ein  Stück  herausge- 
schnitten  und  durch  ein  Stück  Lias  ersetzt  wird;  ferner  geht  eine 
Spalte  über  die  Felder  nördlich  von  Günthersleben  in  der  Rich- 
tung von  ungefähr  h.  11  hin,  und  endlich  geht  die  Versenkung  z.  Th. 
vor  sich  längs  der  mittleren  jener  die  Mulde  des  grossen  Seeberges 
durchziehenden  Spalten,  welche  in  dem  Bachbette  verläuft.  Wie 
die  Verhältnisse  im  Süden  sind,  ist  nicht  zu  entscheiden,  da  dort 
Alles  durch  die  breite  und  mächtige  alluviale  Schottermasse  des 
Apfelstadtthaies  überdeckt  ist. 

Die  Richtung  und  Lage  aller  dieser  Spalten  ist  ziemlich  genau 
zu  beobachten.  Die  östliche  Spalte  im  Bachbette  haben  wir  schon 
besprochen,  die  nördliche  ist  gegeben  durch  die  Verbreitung  der 
Cardiniensandsteinplättchen , die  auf  jenen  Aeckern  stellenweise 
massenhaft  herumliegen  und  deren  nördliche  Verbreitung  eben  die 
Linie  angiebt,  welche  die  Richtung  der  Verwerfung  auf  der  Karte 
darstellt.  Besonders  scharf  ist  diese  nördliche  Spalte  aber  im  öst- 
lichsten Theil  ihres  Verlaufs  gegeben,  wo  Muschelkalk  an  den  Lias 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


373 


des  im  Süden  von  der  Spalte  gelegenen  Begrenzungsgebietes  an- 
stösst,  während  weiter  nach  Westen  nördlich  von  der  Spalte  der 
Reihe  nach  Gypskeuper,  Grenzdolomit  und  Lettenkohle  unmittel- 
bar mit  dem  Lias  in  Berührung  stehen.  Die  Spalte  im  Westen 
ist  ebenfalls  durch  die  Verbreitung  der  Sandsteinplättchen  mit  Car- 
dinien  ziemlich  scharf  gegeben,  doch  war  die  Feststellung  dieser 
Verhältnisse  mit  den  erheblichsten  Schwierigkeiten  verknüpft,  da 
manche  Liasgesteine  mit  manchen  Lettenkohle-  und  Keuperschich- 
ten grosse  äussere  Aehnliclikeit  haben,  wie  das  schon  angfetreben 
wurde.  Das  Profil  No.  III  giebt  diese  Verhältnisse  zum  Theil 
wieder. 

Gehen  wir  nun  über  zur  Betrachtung  der  Verhältnisse  am 
kleinen  Seeberge,  der  durch  die  erste  Hauptverwerfungsspalte  vom 
grossen  Seeberge  abgeschnitten  ist,  so  sieht  man,  wie  an  diesem 
Berge  ein  schmaler  Rücken  von  Muschelkalk  im  Norden  und 
Süden  längs  zweier  Spalten  unmittelbar  an  Gypskeuper  angrenzt 
(vergl.  Profil  No.  II).  Der  Muschelkalkrücken  des  kleinen  Seeberges 
ist  somit  die  unmittelbare  Fortsetzung  des  oben  genannten  Mu- 
schelkalkrückens zwischen  den  oben  genannten  zwei  Hauptspalten 
des  gi’ossen  Seeberges.  Dieser  Rücken  steigt  zuerst  in  der  Richtung 
von  Südost  nach  Nordwest  auf  die  Höhe,  biegt  sich  dort  scharf 
knieförmig,  um  aus  h.  9 ungefähr  in  h.  7 in  fast  ostwestlicher  Rich- 
tung weiterzulaufen.  Da,  wo  das  Knie  sich  befindet,  ist  eine  kleine 
Querspalte,  längs  welcher  der  östliche  Theil  des  Rückens  so  weit 
in  die  Tiefe  gesunken  ist,  dass  sein  Nodosenkalk  an  den  mittleren 
Muschelkalk  der  westlicnen  Partie  angrenzt. 

In  dem  Rücken  des  kleinen  Seeberges  selbst  haben  ebenfalls 
heftige  Schichtenstörungen  sich  ereignet,  doch  scheint  es  nirgends 
zum  vollständigen  Bruche  gekommen  zu  sein,  sondern  es  haben 
sich  nur  einige  Specialsättel  und  -Mulden  im  Muschelkalk  selbst 
gebildet,  welche  besonders  durch  den  schleifenartigen  Verlauf 
des  Trochitenkalks  in  der  Nähe  der  alten  Sternwarte  deutlich 
dargestellt  werden  und  die  ebenfalls  theilweise  im  Profil  No.  II 
abgebildet  sind. 

Die  Spalten,  die  den  kleinen  Seeberg  von  seinem  nördlichen 
und  südlichen  Keupervorland  scheiden , verlaufen  erst  etwas  mehr 


374 


Max  Bauer,  aber  die  geologischen  Verhältnisse 


rein  westlich,  biegen  sich  aber  hierauf  etwas  nach  Norden  um,  und 
die  nördlichere  zeigt  dann  am  Schlüsse  noch  eine  zweite,  wieder 
nach  Süden  gerichtete,  schwache  Umbiegung,  so  dass  etwas  süd- 
östlich von  der  alten  Sternwarte  eine  nicht  unerhebliche  Ausbrei- 
tung des  Muschelkalkes,  dahinter  dann  ein  geringes  Schmäler- 
werden desselben  erfolgt.  Auf  der  ganzen  Erstreckung  des  kleinen 
Seeberges  grenzt  Muschelkalk  unmittelbar  an  Gypskeuper. 

Unmittelbar  ehe  der  kleine  Seeberg  mit  seiner  schmalen, 
nordwestlichen  Kante  in  das  Leinathal  abfällt,  tritt  in  der  Nähe 
der  Kesselmühle  eine  Complication  der  sonst  so  einfachen  Ver- 
hältnisse ein,  indem  von  der  nördlichen  Hauptspalte  des  kleinen 
Seeberges  zwei  neue  Spalten  mit  etwas  mehr  nach  Norden  (h.  9, 
ziemlich  genau  in  der  Richtung  der  Hauptspalte  des  grossen  See- 
berges) gewendetem  Verlauf  ausgehen,  die  durch  eine  kleine,  h.  3 
verlaufende  Querspalte  gekreuzt  werden.  Zwischen  diesen  beiden 
Spalten  ist  südöstlich  von  der  Querspalte  Gypskeuper,  nordwest- 
lich von  derselben  ein  Meiner  Muschelkalkrücken,  bestehend  aus 
mittlerem  Muschelkalk,  Trochitenkalk  und  Nodosenkalk.  Zwischen 
der  südlichen  Seitenspalte  und  der  nördlichen  Hauptspalte  am 
kleinen  Seeberg  ist  ebenfalls  östlich  von  der  kleinen  Querver- 
werfung, die  in  dieses  Gebiet  noch  mit  hineingeht,  Muschel- 
kalk östlich  davor,  Lettenkohle  und  weiterhin  Grenzdolomit  und 
Gypskeuper. 

Geht  man  nun  über  das  Leinathal  hinüber,  so  hat  man,  ziem- 
lich genau  in  der  Richtung  des  kleinen  Seeberges  sich  erstreckend, 
den  schmalen  Muschelkalkrücken  des  Galberges,  ebenfalls  im  Norden 
und  Süden  durch  eine  Verwerfungsspalte  von  dem  tieferliegenden 
Vorland  abgeschnitten.  Es  ist  aber  unmöglich  zu  entscheiden,  ob  der 
Gaiberg  eine  Fortsetzung  des  Hauptrückens  des  kleinen  Seeberges, 
oder  der  kleinen  Muschelkalkpartie  zwischen  den  beiden  seitlich  aus- 
laufenden Verwerfungsspalten  bei  der  Kesselmühle  ist,  da  diese  ganze 
Gegend  einmal  bedeckt  ist  zum  Tlieil  vou  mächtigen  Schottermassen 
und  Lehmen  des  Diluviums  und  sodann  zum  Theil  von  der  Stadt 
Gotha  selbst,  innerhalb  welcher  Beobachtungen  der  geologischen 
Verhältnisse  in  genügender,  zusammenhängender  Weise  unmöglich 
sind.  Hier  kann  man  nur  constatiren,  dass  der  ganze  obere  Theil 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


375 


der  Stadt,  das  Schloss  Friedenstein  und  seine  Umgebung  noch 
auf  dem  Muschelkalkrücken  des  Galberges  liegt,  und  dass  in  der 
Stadt  nach  Süden  und  Norden  hin  Gypskeuper  ansteht,  was  auf 
gelegentlichen  Beobachtungen  bei  Grabungen  in  der  Stadt  beruht, 
die  nicht  selten  behufs  Revision  der  Gasleitungsröhren  etc.  statt- 
finden.  Südwestlich  vom  Schloss  Friedenstein  verflacht  sich  aber 
allmählich  die  ganze  Gegend  und  die  genannten  Umstände  ver- 
hindern jede  weitere  Beobachtung  über  den  Zusammenhang  der 
zwei  Muschelkalkrücken  auf  beiden  Seiten  der  Leina.  Es  scheint 
aber  die  Wahrscheinlichkeit  mehr  dafür  zu  sprechen,  dass  die 
kleine  Muschelkalkpartie  die  directe  Fortsetzung  des  Galberges 
ist  und  nicht  der  kleine  Seeberg  selbst.  Es  stimmen  damit  die 
Richtungen  der  seitlich  auslaufenden  Verwerfungsspalten,  welche 
allerdings  nicht  völlig  genau  festgestellt  werden  können  und  die 
noch  besser  zu  dieser  Annahme  stimmen  würden,  wenn  sie  die 
Leina  an  zwei  etwas  südlicher  gelegenen  Punkten  schneiden 
würden,  welche  Möglichkeit,  wie  gesagt,  nicht  ausgeschlossen  ist. 

Was  die  speciellen  Verhältnisse  des  Galberges  betrifft,  so 
sind  diese  durch  das  Vorkommen  von  Querklüften  und  wei- 
teren Längsspalten  nicht  unerheblich  complicirter,  als  am  kleinen 
Seeberge. 

Am  Anfang  des  Rückens  unmittelbar  hinter  der  Stadt  gehen, 
wie  am  kleinen  Seeberge,  zwei  Spalten,  in  der  Richtung  h.  8 — 9 
nebeneinander  her,  die  den  centralen  Tlieil,  der  aus  Muschelkalk 
besteht,  abschneiden  von  den  nördlich  und  südlich  vorliegenden 
Flügeln,  die  nahe  der  Stadt  aus  Gypskeuper,  weiterhin  aus  dessen 
liegenden  Schichten  Grenzdolomit,  Lettenkohle  und  Nodosenkalk 
bestehen.  Zwischen  dem  zweiten  Pulverhaus  am  Nordabhanare  des 

O 

Galberges  und  dem  Arnoldithürmchen  auf  dessen  Rücken  geht 
aber  nun  eine  ungefähr  h.  1 1 streichende  Querspalte  durch  in  der 
Art,  dass  das  ganze  vorhin  betrachtete  Spaltensystem  abgeschnitten 
wird.  Nur  die  nördliche  Spalte  desselben  geht  weiter,  die  süd- 
liche hört  auf  und  es  tritt  statt  ihrer  in  der  ursprünglichen 
Richtung  eine  neue  Spalte  ein,  zwischen  welcher  und  der  nörd- 
lichen Spalte  ein  ganz  schmales,  aber  laug  hingezogenes  Stück 
Keuper,  bestehend  der  Reihe  nach  von  Osten  nach  Westen  aus 


376 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Gypskeuper,  Grenzdolomit  und  Lettenkohle  (und  weiter  nach 
Westen  hin  folgt  auch  noch  Nodosenkalk),  in  regelmässiger 
Ueherlagerung  eingeklemmt  ist,  welches  nördlich  von  Nodosenkalk, 
südlich  von  mittlerem  Muschelkalk  begrenzt  wird,  wie  das  aus 
Profil  No.  I deutlicher  hervorgeht. 

Die  südliche  der  beiden  Spalten,  welche  dieses  zwischen- 
geklemmte Keuperstück  begrenzen,  erreicht  aber  an  der  vorhin  er- 
wähnten Querspalte  nach  Osten  zu  nicht  ihr  Ende,  sondern  setzt 
sich  in  den  Muschelkalkrücken  des  Galberges  nach  Osten  hin  fort, 
indem  sie  ihre  ursprüngliche  Richtung  etwas  nach  Norden  umbiegt 
und  das  Streichen  von  ungefähr  h.  7 — 8 annimmt.  Dadurch  wird 
aus  jenem  Rücken  ein  dreieckiges  Stück  herausgeschnitten,  das, 
wie  es  scheint,  eine  kleine  Drehung  in  der  Weise  erlitten  hat, 
dass  sich  der  Nodosenkalk  im  Nordosten  des  Stückes  in  das 
Niveau  des  mittleren  Muschelkalkes  des  Galberges  gesenkt,  und 
umgekehrt  der  mittlere  Muschelkalk  des  abgeschnittenen  Stückes 
bis  ins  Niveau  des  Nodosenkalkes  des  Galberges  gehoben  hat,  wobei 
aber  das  schmale  Band  des  Trochitenkalkes  in  beiden  Theilen  des 
Stückes  sich  gleichmässig  und  fast  ohne  Unterbrechung  fortsetzt. 
Nach  Westen  hin  verliert  sich  diese  Spalte  allmählich  im  Nodosen- 
kalk des  Krahnberges  und  der  Trochitenkalk  hört  hinter  der 
Schwedenschanze  an  derselben  auf  und  damit  auch  die  äusserst 
schmale  Zone  von  mittlerem  Muschelkalk,  die  sich  auf  der  Höhe 
des  Galberges  hinzieht. 

Ueberhaupt  sind  Schichtenstörungen  auf  dem  Galbergsrücken 
selbst  gerade,  wie  im  kleinen  Seeberge  deutlich  zu  beobachten, 
und  ebenso  in  den  nördlich  und  südlich  anliegenden  Schichten, 
besonders  dem  Nodosenkalk,  aber  auch  hier  gehen  dieselben  nur 
bis  zur  Bildung  von  zuweilen  sehr  steilen  Sätteln  und  Mulden 
und  zur  Erzeugung  von  stellenweise  recht  erheblichen  Schichten- 
neigungen,  wie  sie  am  ganzen  Gaiberg  zu  beobachten  sind.  Be- 
sonders energische  Schichtenfaltungen  sind  im  Süden  des  Berg- 
rückens am  Arnoldithürmchen  zu  beobachten,  wo  der  Trochitenkalk 
eine  langgezogene  Falte  macht,  welche  steilen  Sätteln  und  Mulden 
entspricht,  wie  das  im  Profil  No.  I abgebildet  ist.  Genau  in 
der  westlichen  Fortsetzung  der  Axe  des  in  dieser  Falte  vorhan- 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


377 


denen  steilen  Sattels  ist  aber  noch  ein  langgezogener  Bruch,  so 
dass  man  hier  die  minder  starke  Schichtenstörung  der  Sattelung1  all- 
mählich  nach  Nordwesten  zu  in  die  stärkere  der  Spaltenbildung  und 
Verwerfung  übergehen  sieht.  Es  sind  an  jenem  äussersten  west- 
lichen Ende  des  Galberges,  wo  derselbe  in  den  Krähnberg  ver- 
läuft, diese  Lagerungsverhältnisse  durch  den  Steinbruchsbetrieb 
sehr  deutlich  aufgeschlossen,  indem  zwei  ungefähr  1 50  Schritt  von 
einander  entfernte  Gräben  parallel  auf  lange  Erstreckung  neben 
einander  herlaufen,  welche  dadurch  entstanden  sind,  dass  in  beiden 
der  früher  vorhanden  gewesene  Trochitenkalk  fast  gänzlich  ausge- 
brochen ist.  In  beiden  Gräben  sieht  man  die  Schichten  des 
mittleren  Muschelkalkes  steil  sach  Südwest  einfallen.  Der  eine 
dieser  Trochitenkalkzüge  ist  der  unmittelbar  vorher  besprochene. 
Einige  kleinere,  ähnlich  gebaute  Brüche  liegen  diesen  zwei  lang- 
gedehnten  nach  Norden  zu  vor.  Im  Norden  bieten  die  Steinbrüche 
am  Abhang  des  Galberges  und  des  Krahnberges  mehrfach  Gelegen- 
heit zur  Beobachtung  solcher  Sättel  und  Mulden  von  ausgezeichnet 
schönem  und  charakteristischem  Bau. 

Um  die  Betrachtung  der  Dislocationen  in  dem  Gebiete  der 
Karte  zu  Ende  zu  führen,  bleibt  schliesslich  nur  noch  die  Betrach- 
tung der  Erscheinungen  am  Grenzberge  bei  Uemste dt  und  am 
Petersberge  bei  Siebleben  übrig.  Diese  sind  verhältnissmässig  ein- 
fach. Längs  Spalten,  welche  ungefähr  in  der  Richtung  der  Haupt- 
spalten an  den  Seebergen  streichen,  ist  der  Keuper  bis  in  das 
Niveau  des  mittleren  Muschelkalkes  in  die  Tiefe  gesunken  und  die 
Muschelkalkpartieen  an  beiden  Orten  heben  sich  als  ziemlich  steile, 
aber  wenig  umfangreiche  Rücken  aus  der  umgebenden  Ebene 
heraus. 

Am  Petersberge  ist  der  Muschelkalk  nach  Nordost  und  der 
gesunkene  Keuper  nach  Südwest  gerichtet  und  die  zwischen  diesem 
Berg  und  dem  kleinen  Seeberge  gelegene  Keuperpartie,  auf  welcher 
das  Dorf  Siebleben  liegt,  stellt  sich  somit  als  ein  Senkungsfeld 
von  nicht  unerheblichen  Dimensionen  dar,  wie  das  im  Profil  No.  III 
zu  sehen  ist.  Umgekehrt  ist  es  am  Grenzberge,  wo  der  Muschel- 
kalk südlich  von  der  hier  ziemlich  stark  nach  Süden  umgebogenen 
Spalte  liegt  und  der  Keuper  (Lettenkohle)  nach  Norden. 


378 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Welche  näheren  Beziehungen  zwischen  diesen  zwei  kleinen 
Dislocationsgebieten  und  dem  System  des  Seeberges  und  des  Gal- 
herges vorhanden  sind,  ist  unmöglich  zu  ermitteln,  da  der  ganze 
zwischenliegende  Raum  von  mächtigen  Diluviahnassen  ausgefüllt 

o O D 

ist,  die  jede  Beobachtung  verhindern.  Jedenfalls  trifft  man  ähn- 
liche Erscheinungen,  wie  die  der  genannten  zwei  kleinen  Berge, 
noch  mehrfach,  wenn  man  in  nordwestlicher  Richtung  über  das 
Kartengebiet  fortgeht,  so  bei  Goldbach,  Tüngeda  etc.,  und  immer 
gehen  die  Spalten  annähernd  in  derselben  Richtung  h.  8. 

Schliesslich  sei  noch  der  Lagerungsverhältnisse  der  kleinen 
H ügelehen  erwähnt,  die  in  grösserer  Anzahl  und  in  auffallender 
W eise  besonders  den  nordöstlichen  Abhang  und  Fuss  des  grossen 
Seeberges  umgeben.  Es  sind  das  einfach  Abrutschmassen , die 
theils  langsam  und  regelmässig  in  die  Tiefe  sinkend,  dabei  ihren 
Zusammenhalt  bewahrend,  über  den  steilen  Abhang  hin  in  die 
Tiefe  geglitten  sind,  nachdem  eine  Spalte  den  Zusammenhang  mit 
der  Hauptmasse  des  Berges  gelöst  hatte,  theils  sind  es  aber  auch 
unregelmässig  durcheinander  geworfene  Massen,  denen  der  ur- 
sprüngliche Zusammenhang  der  Schichten  verloren  gegangen  ist. 
Die  Massen,  aus  denen  diese  Hiigelchen  bestehen,  sind  theils 
Keupermergel,  theils  Rhätsandsteine. 


Fragt  man  nach  der  Ursache  der  Entstehung  aller 
dieser  Verwerfungen,  so  scheint  sich  einem  die  Erklärung 
am  Südabhang  des  grossen  Seeberges  von  selbst  aufzudrängen. 
Es  ist  der  Gyps,  welcher,  da  wo  er  stehen  geblieben  ist,  die 
hangenden  Schichten  in  ihrer  ursprünglichen  Stellung  mehr 
oder  weniger  vollständig  erhalten  hat,  dessen  Entfernung  durch 
Auslaugung  aber  im  Innern  Hohlräume  geschaffen  hat,  in  welche 
die  darüber  liegenden  Schichten  je  nach  den  Verhältnissen  all- 
mählich und  verhältnissmässig  regelmässig;  oder  auch  wohl  rasch 

O O O 

unter  starker  Zertrümmerung  der  Schichten  eingesunken  sind. 

o o 

Ein  Analogon  zu  dieser  Anschauung  hat  schon  von  Seebach1) 


) Das  mitteldeutsche  Erdbeben  vom  6.  März  1872,  p.  185. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


379 


publicirt.  Es  ist  ein  Profil  durch  Muschelkalk  und  Keuper, 
welches  durch  die  hohe  Steilwand  des  rechten  W erra-Ufers  unter- 
halb Creuzburg  auf  das  klarste  und  unzweideutigste  entblösst 
ist  oder  es  wenigstens  Anfangs  der  siebenziger  Jahre  war. 
Dort  ist  in  den  mittleren  Muschelkalk  ein  kleiner  Gypsstock 
eingelagert,  den  das  Profil  in  seiner  Längserstreckung  auf- 
deckt. Da  wo  der  Gypsstock  noch  in  die  Schichten  der  An- 
hydritgruppe eingelagert  ist,  liegen  die  Schichten  des  Nodosen- 
kalks und  Keupers  vollständig  ungestört  übereinander,  wo  der 
Gyps  im  Muschelkalk  fehlt,  ist  alles  was  jünger  ist,  als  mitt- 
lerer Muschelkalk  verworfen  und  zwar  ist  die  Lagerung  der 
verworfenen  Massen  so,  wie  wenn  sie  in  eine  Höhlung  ein- 
gesunken wären.  Das  Bild,  welches  von  Seebach  a.  a.  O. 
giebt,  zeigt  das  deutlicher  und  ich  habe  mich  selbst  an  Ort 
und  Stelle  von  der  genauen  Richtigkeit  desselben  überzeugt. 
Hier  kann  kein  Zweifel  obwalten;  die  Verwerfungen  sind  da- 
durch entstanden,  dass  der  früher  überall  vorhanden  gewesene 
Gyps  des  mittleren  Muschelkalks  durch  Auswaschung  stellen- 
weise entfernt  wurde  und  dass  in  die  so  entstandenen  Hohl- 
räume das  Darüberliegende  einsank;  diesen  Vorgang  sieht  man 
hier  noch  gewissermaassen  vor  seinem  geistigen  Auge  vorgehen, 
einen  so  genauen  Einblick  giebt  die  senkrechte  Steilwand  in  die 
ganzen  Verhältnisse. 

Ganz  ähnlich  denke  ich  mir  die  Verhältnisse  am  kleinen  See- 
berg, wo  ebenfalls  in  der  stehengebliebenen  Partie  der  Gypsstock 
noch  vorhanden  ist;  hier  ist  nur  die  Verwerfung,  überhaupt  die 
ganze  Erscheinung  grossartiger,  aber  dabei  allerdings  nicht  ganz 
so  gut  aufgeschlossen,  indessen  doch  auch  hier  gut  und  deutlich 
genug.  Es  grenzt  hier  Gypskeuper  an  mittleren  Muschelkalk, 
die  Verwerfung  muss  also  um  mindestens  den  ganzen  Betrag  des 
oberen  Muschelkalks  und  der  Lettenkohle  vor  sich  gegangen  sein, 
also  müsste,  wenn  unsere  Annahme  richtig  ist,  die  verworfene 
Partie  um  ungefähr  250  Fuss  in  die  Tiefe  gesunken  sein.  Diese 
Zahl  ist  auch  bei  den  obwaltenden  Verhältnissen  sehr  leicht  zu 
begreifen.  Einige  Meilen  weiter  östlich,  wo  im  Salzschacht  auf 
dem  Johannisfeld  bei  Erfurt  der  mittlere  Muschelkalk  gut  auf- 


380 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


geschlossen  ist,  giebt  E.  E.  Schmid’s  *)  Abtheilung  c\,  Steinsalz  mit 
Anhydrit  über  100  Fuss  mächtig  an,  das  heisst  bei  dieser  Mächtig- 
keit war  Gyps  und  Steinsalz  noch  nicht  durchteuft  und  es  kann 
niemand  wissen,  wie  mächtig  diese  leichtlöslichen  Gesteine  noch 
unter  der  tiefsten  Sohle  des  Schachtes  anstehen.  In  der  Ah- 
theilung  b.  sind  ausserdem  noch  50  bis  60  Fuss  Gyps  und  An- 
hydrit, also  sind  im  Ganzen  150  bis  160  Fuss  Gyps,  Anhydrit 
und  Steinsalz  dort  im  mittleren  Muschelkalk  aufgeschlossen  und 
dieses  Bekannte  ist  nur  das  Minimum  des  wirklich  Vorhandenen. 
Nimmt  man  nun  an,  dass  auch  bei  Gotha  der  mittlere  Muschel- 
kalk so  mächtig  mit  Steinsalz  und  Gyps  entwickelt  sei  — und 
directe  Beobachtungen  durch  Bohrung  etwas  nördlicher  bei  Buff- 
leben (Ernsthall)  und  Trochtelborn  bestätigen  dies  direct  — so  wird 
man  die  Möglichkeit  einer  auf  die  angeführte  Weise  dort  ent- 
standenen Verwerfung  von  der  erwähnten  Sprunghöhe  als  nach  den 
Verhältnissen  durchaus  möglich  wohl  anerkennen  müssen.  Eine 
Bohrung,  die  unter  dem  Gyps  des  kleinen  Seeberges  Steinsalz  in 
der  angegebenen  Mächtigkeit  oder  auch  nur  Gyps  in  dieser  Dicke 
ergeben  und  eine  zweite,  welche  die  Abwesenheit  dieser  For- 
mationsglieder unter  dem  Gypskeuper  nachweisen  würde,  könnte 
für  die  aufgestellte  Anschauung  den  vollständigen  Nachweis  führen 
und  es  könnte  dadurch  vielleicht  ein  technisch  wichtiger  Fund 
gemacht  werden.  Es  wäre  dann  damit  eine  der  zahlreichen  Ver- 
werfungsspalten, die  in  der  Richtung  des  Thüringer  Waldes  an 
dessen  Nordfuss  hinziehen,  auf  solche  Einsenkungen  zurück- 
geführt. 

Dabei  braucht  man  sich  nicht  vorzustellen,  als  sei  eine  solche 
Einsenkung  mit  einem  Ruck  vor  sich  gegangen,  und  es  sei  in 
Folge  dessen  eine  Wand  von  der  Höhe  des  Betrages  der  Senkung 
auf  der  nicht  gesunkenen  Seite  der  Spalte  stehen  geblieben,  hier 
also  in  der  Höhe  von  ca.  250  Fuss,  oder  es  habe  diese  Wand  ein 
ungeheures  Meer  von  Trümmern  aller  Art  beim  plötzlichen  Ein- 
sturz über  die  ganze  Umgebung  ausgebreitet.  Im  Gegentheil  ist 
dies  entschieden  zu  bezweifeln.  Die  Senkung  ging  wohl  langsam 


!)  Zeitschr.  d.  Deutschen  geolog.  Gesellsch.  Bd.  16,  p.  149.  1864. 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


381 


und  allmählich  vor  sich,  schon  ein  kleiner  ausgewaschener  Hohl- 
raum erzeugte  ein  Nachsinken  des  hohlliegenden  Aufgelagerten, 
das  so  allmählich  vor  sich  ging,  dass  die  Erosion  an  der  Oberfläche 
die  Spuren  der  Senkung  durch  Einnivelliren  der  höheren,  stehen 
gebliebenen  und  der  tieferen  eingesunkenen  Theile  des  umliegenden 
Bodens  stets  bequem  immer  wieder  verwischen  konnte,  so  dass  von 
der  Oberfläche  Niveauunterschiede  wohl  nie  zu  sehen  waren,  die 
in  einer  hervorragenden  Kante  längs  der  Verwerfungsspalte  hätten 
bestehen  müssen.  Dabei  waren  natürlich  Unregelmässigkeiten  in 
der  Senkung,  etwas  weniger  stetiges  Nachsinken  und  Einholen 
des  Versäumten  durch  einen  einmaligen  tieferen  Sturz  unter  Erd- 
beben-artigen Erscheinungen  und  anderes  Aehnliches  nicht  ausge- 
schlossen.  Aber  nicht  nur  die  sinkende  Hälfte  auf  der  einen  Seite 
der  Spalte  wurde  dadurch  afficirt,  auch  die  stehenbleibende  Hälfte 
auf  der  anderen  Seite  blieb  nicht  ganz  unangegriffen ; auch  hier 
spielten  die  Lösungsprozesse,  aber  im  Verhältniss  zu  jenseits  der 
Kluft  sehr  schwach,  so  dass  nur  Schichtenfaltungen  und  Biegun- 
gen, wie  z.  B.  an  der  alten  Sternwarte,  oder  auch  kleine  Quer- 
brüche entstehen  konnten,  wie  z.  B.  an  der  Butterleiste,  wo  beide 
Seeberge  zusammenstossen ; letztere  an  Stellen,  wo  in  Folge  ört- 
licher Verhältnisse  die  Auswaschung  im  stehen  gebliebenen  Theil 
etwas  beträchtlicher  waren  als  an  anderen  Stellen  desselben. 

Diese  Anschauungen,  wie  sie  für  die  Südseite  des  kleinen 
Seeberges  eben  auseinandergesetzt  worden  sind,  lassen  sich  viel- 
leicht für  alle  Verhältnisse  des  kleinen  Seeberges  und  des  Gal- 
berges verallgemeinern,  obgleich  an  keiner  anderen  Stelle  Gyps 
im  mittleren  Muschelkalk  daselbst  nachgewiesen  ist.  Man  müsste 
annehmen,  dass  auch  im  Rücken  des  Galberges  Gyps  vielleicht 
mit  Steinsalz  in  erheblicher  Mächtigkeit  sitzt  und  dass  durch  Weg- 
führen des  Gypses  nördlich  und  südlich  davon  auch  hier  die  Ein- 
senkung erfolgt  ist.  Hier  müssen  aber  innerhalb  der  stehenge- 
bliebenen Partie  ebenfalls  nicht  unerhebliche  Auswaschungen  vor 
sich  gegangen  sein,  wie  man  aus  der  Querspalte  und  dem  zwischen 
Muschelkalk  eingekeilten  Keuperstück,  überhaupt  aus  dem  ganzen 
Bau  des  westlichen  Endes  jenes  Zuges,  schliessen  muss.  Auch 
die  Unregelmässigkeit  am  Ende  des  kleinen  Seeberges  nach  der 


382 


Max  Bauer , über  die  geologischen  Verhältnisse 


Stadt  Gotha  hin,  die  Bildung  der  Seitenspalten  etc.  wäre  auf  die 
Rechnung  solcher  localer  grösserer  Auswaschungen  im  stehenge- 
bliebenen  Stück  zu  setzen.  Eine  stehengebliebene  Gypsmasse  war 
dann  wieder  zu  vermuthen  in  der  von  der  Butterleiste  aus  nach 
Südost  gehenden  Muschelkalkpartie,  die  sich  längs  des  grossen 
Seeberges  hinzieht  und  in  der  der  Gyps  allerdings  in  einer  Stelle, 
wo  der  Lias  in  dieser  Zone  auftritt,  vollständig  weggeführt  zu 
denken  wäre.  Die  Liasversenkung  am  Südwestabhang  des  grossen 
Seeberges  ist  vielleicht  später  erfolgt  und  es  haben  dabei  die 
Keupergypse  dieselbe  Rolle  gespielt,  wie  am  kleinen  Seeberg  und 
an  anderen  Orten  die  Muschelkalkgypse  und  das  Steinsalz.  Der 
Keupergyps  müsste  allerdings,  wenn  er  allein  diese  Versenkung 
bewirkt  hätte,  eine  sehr  beträchtliche  Mächtigkeit  gehabt  haben, 
ungefähr  gleich  der  Summe  der  Mächtigkeiten  des  Steinmergel- 

O O o o 

keupers  und  des  Rhät,  was  wenig  Wahrscheinliches  hat,  aber  er 
konnte  wohl  mit  dem  Muschelkalkgyps  zusammengewirkt  haben, 
umsomehr  als  er  in  der  stehengebliebenen,  die  Versenkung  ein- 
schliessenden  Keuperpartie  am  Apfelstadtufer  bei  Günthersleben 
tliatsächlich  ansteht. 

Es  bleibt  schliesslich  noch  die  grosse  Hauptsenkung  des 
grossen  Seeberges,  die  schon  oben  auf  ungefähr  600  Fuss  berechnet 
worden  ist.  Diese  allein  auf  den  Muschelkalkgyps  zu  schieben, 
erscheint  unzulässig,  denn  wenn  er  auch  bei  Erfurt  mit  100  Fuss 
(beziehungsweise  160  Fuss)  noch  nicht  durchsunken  worden  ist, 
wenn  also  die  wirkliche  Mächtigkeit  jedenfalls  grösser,  vielleicht 
sogar  viel  grösser  ist,  so  ist  doch  meines  Wissens  noch  nie  eine 
Mächtigkeit  von  auch  nur  annähernd  so  hohem  Betrag  für  Gyps 
und  Steinsalz  des  mittleren  Muschelkalks  beobachtet  worden,  dass 
deren  Entfernung  Verwerfungen  von  600  Fuss  hervorbringen 
könnte,  selbst,  wenn  man  noch  dazu  den  Keupergyps  nimmt, 
der  ja  in  der  Nähe  des  grossen  Seeberges  selbst,  aber  nur  in 
der  stehengebliebenen  Partie  bei  Günthersleben,  nicht  in  der 
gesunkenen  bei  Seebergen  mächtig  entwickelt  ist.  Hier  ist  viel- 
leicht der  Zechsteingyps  noch  in  Mitleidenschaft  gezogen  worden. 
Dieser  steht  in  geringer  Entfernung  von  Gotha,  z.  B.  bei  Georgen- 
thal, am  Rande  des  Thüringer  Waldes,  an  und  wurde  früher 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


383 


in  Steinbrüchen  gewonnen.  Es  ist  also  keine  zu  gewagte  Vor- 
aussetzung, ihn  auch  noch  in  der  Gegend  von  Gotha  als  in 
der  Tiefe  vorhanden  anzunehmen  und  ferner  anzunehmen,  dass 
da,  wo  in  der  Tiefe  der  Gyps  des  Muschelkalks  und  des 
Keupers  aufgelöst  und  fortgeführt  worden  sind,  dies  auch  mit 
dem  Gyps  des  Zechsteines  geschehen  sei  und  wenn  man  dies 
als  zulässig  annimmt  , hat  auch  eine  Einsenkung  von  600  Euss 
auf  die  hier  durchgeführte  Weise  zu  erklären  keine  Schwierigkeit. 
Wenn  dann  diese  Betrachtung  noch  weiter  ausgedehnt  werden 
soll,  so  müssten  stehengebliebene  Gypsmassen  auch  unter  dem 
Grenzberg  und  Petersberg  angenommen  werden,  wie  das  nach 
dem  Angeführten  von  selbst  klar  ist. 

Mag  diese  Erklärung  der  vorliegend  complicirten  Lagerungs- 
verhältnisse auch  noch  in  manchen  Einzelheiten  der  weiteren 
Klärung  bedürfen  und  vielleicht  vielfach  noch  der  näheren  Präci- 
sirung  harren,  so  führt  sie  doch  alles  auf  einen  und  denselben 
Grundgedanken  zurück,  der  auf  einer  häufig  thatsächlicli  beobach- 
teten Erscheinung,  dem  Auswaschen  des  Gypses  und  des  Stein- 
salzes, beruht,  und  auf  der  Thatsaclie,  dass  dadurch  wirklich 
wahre  Verwerfungen  entstehen  können.  Er  beruht  weiter  auf  der 
Beobachtung  einer  Reihe  von  Punkten  (Südseite  des  kleinen  See- 
berges), wo  sich  der  Einfluss  des  Gypses  ganz  von  selbst  aufdrängt. 
Es  liegen  also  jedenfalls  allgemeine  und  specielle  Thatsachen  zu 
Grunde  und  lassen  diese  Erklärung  als  die  dadurch  besser  ge- 
stützte  und  auch  ausserdem  als  die  einfachere  erscheinen  gegen- 
über den  Hebungslinien  Credner’s  und  Anderer,  die  kaum  that- 
sächlichen  Hintergrund  haben  dürften,  und  die  eine  dunkele  Er- 
scheinung eigentlich  durch  einen  noch  dunkeieren  Grund  zu  er- 
klären suchen.  Am  ausführlichsten  lässt  sich,  ganz  in  Credner’s 
Sinn,  Tegetmeyer1)  über  diese  Ansichten  vernehmen. 

Darnach  trat  nach  der  Ablagerung  des  rein  marinen  Muschel- 
kalks eine  allgemeine  Hebung  und  die  Bildung  seichter  Becken 
ein,  durch  welche  Hebung  auch  schon  der  »Anstoss  zur  Ent- 
stehung der  eigenthümlichen  Muschelkalkhebungslinien  in  Thüringen 


0 1.  c.  p.  410  ff.  und  p.  475  ff. 


384 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


gegeben  sein  mag,  die  wohl  schon  aus  dem  Keupermeer  als 
Klippen  hervorragten«.  Dieses  seichte  Becken  wurde  während 
der  Ablagerung  der  verschiedenen  Keuperabtlieilungen  dnrcli  wei- 
tere Hebungen  immer  kleiner  und  schliesslich  bildete  das  ursprüng- 
liche ausgedehnte  Meer  einzelne  isolirte  Becken,  aus  welchen  sich 
die  Keuperschichten  an  die  Steilküste  der  Muschelkalkhebungs- 
linien anlagerten.  Die  weiche  Beschaffenheit  der  Keuperthone  und 
Mergel  verursachten  Verschiebungen  und  Verrutschungen  und  der 
noch  immer  nicht  zur  Ruhe  gekommene  Muschelkalk  bei  weiterer 
Hebung  Stauchungen  und  Verwerfungen  aller  Art.  Dazwischen- 
durcli  kamen  durch  periodische  Senkungen  auch  Ueberfluthungen 
durch  die  dem  früheren  grösseren  europäischen  Ocean  angehörigen 
marinen  Gewässer  vor,  wie  das  die  reiche  Meeresfauna  des  Grenz- 
dolomits  unzweifelhaft  beweisen  soll.  Die  hier  wesentlich  zu  Grunde 
liegende  Anschauung  ist  also  die,  dass  die  Grenzen  der  Formation, 
z.  B.  des  Keupers,  wie  sie  sich  uns  jetzt  darstellen,  im  Wesent- 
lichen auch  die  Grenzen  der  früheren  Meeresbecken  darstellen, 
aus  dem  sie  sich  abgelagert  haben. 

Diese  Anschauung  lässt  zunächst,  wie  das  überhaupt  bei  den 
älteren  Geologen  vielfach  der  Fall  ist,  einen  äussei’st  wichtigen 
Factor  fast  ganz  ausser  Acht  und  räumt  ihm  nur  einen  ganz 
untergeordneten  secundären  Einfluss  ein,  nämlich  der  Erosion  und 
Denudation.  Durch  Berücksichtigung  dieser  factisch  in  mächtiger 
Weise  wirkenden  Kräfte  entgeht  man  aber  Annahmen,  die  nach 
unseren  Beobachtungen  an  der  heutigen  Erdoberfläche  unmöglich, 
zum  mindesten  höchst  unwahrscheinlich  sind.  Ist  die  heutige  Be- 
grenzung einer  Formation  im  Wesentlichen  die  Grenze  des  Meeres, 
aus  dem  sie  abgelagert  wurde,  wie  dies  vielfach  auf  Karten  dar- 
gestellt, wie  es  der  oben  skizzirten  Anschauung  entspricht,  und 
wie  es  speciell  beim  Keuper  und  noch  mehr  beim  Lias  unseres 
Gebiets  gewesen  sein  soll,  so  kommt  man  auf  Meeresformen  von 
einer  ganz  erstaunlichen  Complicatiou  und  schliesslich  auf  »abge- 
schlossene Meeresbecken«,  die  nur  durch  »Ueberfluthungen«  in- 
folge »periodischer  Senkungen«  noch  mit  dem  »grösseren  europäi- 
schen Ocean«  in  intermittirender  Verbindung  standen.  Das  sind 
Vorstellungen,  die  in  thatsächlichen  Verhältnissen  keinen  Boden 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


385 


mehr  haben,  denen  unsere  Erfahrungen  sogar  direct  wider- 
sprechen. 

Ganz  anders,  wenn  man  die  Erosion  in  Betracht  zieht.  Dass 
dies  ein  wirksames,  auf  der  Erdoberfläche  unaufhörlich  thätiges 
Agens  ist,  kann  von  Niemand  ernstlich  geleugnet  werden.  Still  und 
für  den  Augenblick  unbemerkt  vollbringt  sie  ihr  Werk  und  wird 
eben  wegen  dieser  wenig  in  die  Augen  fallenden  Wirkung  viel- 
fach  verkannt,  obgleich  es  sonst  allgemein  zugestanden  ist,  dass 
sich  auch  solche  kleine  Wirkungen  im  Laufe  der  geologischen 
Zeiten  durch  Summirung  ins  Unglaubliche  steigern  können.  Jeder 
Regentropfen,  der  auf  die  Erde  fällt,  reisst,  wenn  auch  noch  so 
kleine  Tlieilchen  des  Gesteins  der  Erdoberfläche  mit  sich  in  die 
Tiefe,  die,  einmal  in  den  Kreislauf  der  Gewässer  gelangt,  erst  an 
entfernten  Stellen  wieder  abgelagert  werden,  und  aus  diesen  kleinen 
Partikelchen  werden  im  Laufe  der  Zeiten  allmählich  Tausende  und 
Millionen  von  Kubikfussen.  Dies  geschieht  bei  harten  und  festen 
Gesteinen,  deren  keines  der  Erosion  absoluten  Widerstand  zu  leisten 
im  Stande  ist,  die  aber  eine  sehr  viel  längere  Zeit  zu  ihrer  Zer- 
störung in  Anspruch  nehmen,  als  die  in  der  Hauptsache  lockeren 
und  weichen,  thonigen  oder  sandigen  und  daher  äusserst  leicht 
zerstörbaren  Keuper-  und  Liasgesteine,  um  die  es  sich  hier  handelt. 
Man  steht  demnach  vielmehr  auf  einem  durch  die  thatsäcliliche  Er- 
fahrung gestützten  Standpunkt,  und  man  erklärt  die  Erscheinungen 
ausserdem  mit  einer  viel  grösseren  Einfachheit,  wenn  man  annimmt, 
dass  sich  die  hier  in  Betracht  kommenden  Formationsglieder,  also 
die  gesammte  Trias  und  der  Lias  bis  zu  den  Amaltheenschichten 
incl.  der  Reihe  nach  aus  einem  und  demselben,  durch  die  ganze 
Zeit  dieses  Ablagerungsprocesses  hindurch  im  wesentlichen  sich, 
wenigstens  in  unserer  Gegend,  gleichbleibenden  Ocean  abgesetzt 
haben,  der  den  Thüringer  Wald  als  Insel  oder  Halbinsel  umspülte, 
sich  mit  dem  Frankenwald,  Fichtelgebirge  und  bayerischen  Wald 
als  Ostküste  weiter  nach  Süden  erstreckte,  im  Norden  bis  zum 
Harz  und  im  Westen  bis  zum  rheinischen  Schiefergebirge  reichte, 
und  dass  sich  das  ganze  Schichtensystem  erst  darnach  über  den 
Meeresspiegel  erhob,  zu  welcher  Zeit,  bleibe  unerörtert,  und  Fest- 
land bildete,  auf  dem  dann  die  Erosion  ihr  Spiel  beginnen  und 


25 


386 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


fortsetzen  konnte,  das  noch  jetzt  unter  unseren  Augen  vor  sich 
und  darauf  ausgeht,  auch  die  letzten  Liasreste  vollends  zu  zer- 
stören und  ebenso  das  andere,  was  jetzt  unmittelbar  die  Erdober- 
fläche bildet. 

Eine  solche  Annahme  hat  durchaus  nichs  Widersinniges,  wird 
im  Gegentheil  durch  die  Thatsaehe  wesentlich  gestützt,  dass  die 
Liasablagerungen  in  Hannover,  bei  Gotha  und  Eisenach  und  im 
Süden  des  Thüringer  Waldes,  in  Franken  und  Schwaben  die  grösste 
allgemeine  Uebereinstimmung  zeigen  und  dass  erst  in  höheren 
Niveaus  des  Jura  wesentliche  Verschiedenheiten  zwischen  diesen 
einzelnen  Gegenden  sich  heraussteilen,  welche  zeigen,  dass  nach  der 
Liaszeit  wesentliche  Umgestaltungen  der  Erdoberfläche  im  mittleren 
Deutschland  stattgefunden  haben.  Dagegen  spricht  auch  nicht  die 
Verschiedenheit  in  der  Ausbildung  des  Keupers  südlich  und  nörd- 
lich vom  Thüringer  Walde.  Dieser  Unterschied  besteht  nur  in  der 
regelmässigen  Einlagerung  von  Sandsteinschichten  zwischen  dem 
Keupertlione  im  Süden.  Bedenkt  man  aber,  dass  solche  Sandstein- 
einlagerungen auf  ganz  lokalen  Ursachen  beruhen  können,  dass 
auch  in  Thüringen  Sandsteine  im  Keuper  keineswegs  fehlen,  dass 
sowohl  Schilfsandstein  an  vielen  Stellen,  als  auch  Semionatussand- 
stein  auch  hier  lokal  Vorkommen,  bedenkt  man  andererseits,  dass 
auch  in  Süddeutschland  die  Sandsteine  dem  Keuper  nicht  durchweg 
eingelagert  sind,  wie  z.  B.  der  Schilfsandstein  am  oberen  Neckar 
fehlt  oder  doch  kaum  wahrzunehmen  ist,  und  bedenkt  man 
schliesslich,  dass  in  allem  Uebrigen,  besonders  in  der  paläon- 
tologiselien  Entwickelung  der  Trias  und  des  Lias  durchweg  eine 
grosse  Uebereinstimmung:  zwischen  Thüring'en  und  dem  Süden 
herrscht,  so  wird  man  die  Existenz  eines  einzigen  grossen 
zusammenhängenden  Meeres  nicht  leugnen  wollen,  aus  dem  sich 
Trias  und  Lias  aller  dieser  Gegenden  abgesetzt  haben.  Nur 
die  Annahme  eines  zusammenhängenden  Meeresbeckens  erklärt  die 
grosse  Aehnlichkeit  der  Ablagerungen,  deren  verhältnissmässig 
unbedeutende  Unterschiede  sich  auf  lokale  Ursachen  zurückführen 
lassen.  Wären  es  wirklich  zum  Theil  abgeschlossene  Meeresbecken 
gewesen,  die  jene  Schichten  erzeugt  haben,  so  müssten  sich  viel 
grössere  Unterschiede  in  der  Fauna  und  in  der  ganzen  Beschaffen- 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


387 


heit  derselben  zeigen,  wie  etwa  heutzutage  zwischen  dem  Rothen 
Meer  und  Mittelmeer.  Wäre  ferner  der  Vorgang  so,  wie  nach  der 
Hebungshypothese  angenommen  werden  muss,  dass  also  erst  der 
Muschelkalk,  dann  die  Keuperschichten  allmählich  aus  dem  Meer 
herausgehoben  wurden  und  letzteres  dadurch  auf  eine  immer 
kleinere  und  kleinere  Fläche  begrenzt  blieb,  so  mussten  nothwen- 
dig  die  jüngeren  Schichten  vielfach,  besonders  nach  dem  Rande 
hin,  die  schon  gehobenen  älteren  discordant  überlagern  und  in- 
folge der  durch  periodische  Senkungen  erzeugten  Ueberflutlmngen 
müssten  jüngere  Schichten  übergreifend  auf  älteren  liegen  und 
stellenweise  ein  Fehlen  sonst  regelmässig  vorkommender  Glieder 
in  der  Schichtenreihe  zu  beobachten  sein.  Das  ist  aber  thatsäch- 
lieh  nirgends  der  Fall,  wo  vollkommen  klare  Verhältnisse  eine 
jeden  Zweifel  beseitigende  Beobachtung  zulassen.  Ueberall  liegen 
alle  Trias-  und  Liasschichten  absolut  concordant  und  regelmässig 
und  ohne  Unterbrechung  übereinander,  und  es  ist  mir  trotz 
eifrigsten  Bemühens  nach  dieser  Richtung  nicht  gelungen,  auch 
nur  den  Schatten  einer  unzweifelhaften  Discordanz  oder  über- 
greifendeu  Lagerung;  oder  ein  Fehlen  eines  Gliedes  in  der  regel- 

o o o o 

massigen  Schichtenreihe  zu  beobachten.  Ueberall,  wo  solche  Dis- 
cordanzen  oder  sonstige  Unregelmässigkeiten  sein  sollen  — und 
es  werden  ja  solche  mehrfach  angeführt  — sind  die  Schichten 
nicht  ungestört,  die  Beobachtung  ist  nicht  zweifellos  und  die 
scheinbare  Discordanz  kann  ganz  ebenso  gut,  ja  noch  besser 
und  ungezwungener  auf  spätere  störende  und  dislocirende  Einflüsse 
zurückgeführt  werden. 

Alle  diese  Betrachtungen  führen,  um  das  Gesagte  kurz  zu- 
sammenzufassen, dazu,  anzunehmen,  dass  in  früheren  Zeiten  eine 
zusammenhängende  Ablagerung  von  Schichten  der  gesammten 
Trias  und  des  Jura  bis  zum  mittleren  (vielleicht  oberen)  Lias  auf 
weite  Erstreckung  nach  Norden,  Westen  und  Süden  hinaus  den 
Thüringer  W ald  ganz  gleiclnnässig  und  in  concordanter  Lagerung 
über  der  Trias  umgeben  habe,  dass  dann  später  die  Erosion  ihr 
Zerstörungswerk  begonnen  und  für  die  verschiedenen  Formations- 
abtheilungen  mit  verschiedener  Vollständigkeit  von  oben  nach  unten 

O o 

abnehmend  durchgeführt  hat.  Der  obere  Lias  ist  in  der  Umgebung 

O O O 

25* 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


388 

des  Thüringer  Waldes  ganz  verschwunden,  wenn  er  je  dort  vorhan- 
den war,  der  mittlere  und  untere  Lias  ist  bei  Gotha  und  Eisenach, 
dann  aber  auch  an  verschiedenen  Stellen  in  Hessen  z.  B.  bei 
Wabern  noch  vorhanden,  von  andern  bekannten  Orten,  Göttin- 
gen u.  s.  w.  gar  nicht  zu  reden,  als  Beweis,  dass  er  früher  bis 
in  jene  Gegenden  gereicht  und  somit  in  der  Tliat  grosse  Flächen 
eingenommen  hat.  Die  Keuperschichten  sind  dann  um  so  be- 
schränkter in  der  Flächenausdehnung,  je  jünger  und  um  so  aus- 
gedehnter, je  älter  sie  sind,  so  dass  also  das  Rhät  noch  ganz 
geringe  Flächen  bei  Gotha  und  Eisenach  einnimmt,  während  die 
Lettenkohle  den  Muschelkalk  auf  viele  Quadratmeilen  hin  bedeckt, 
theils  unmittelbar  an  der  Erdoberfläche  liegend,  tlieils  von  Gyps- 
keuper  und  anderen  jüngeren  Keuperschichten  überlagert. 

Erst  nachdem  die  ganze  Schichtenreihe  concordant  und  gleich- 
mässig  abgelagert  war,  traten  auch  die  auf  das  Auslaugen  der 
leicht  löslichen  Gyps-  und  Steinsalzschichten  zurückgeführten  Ver- 
werfungen ein;  zu  welcher  Zeit  das  geschah,  lässt  sich  wohl  schwer 
angeben,  ebenso  ob  alle  Verwerfungen  rasch  hintereinander  oder 
ziemlich  gleichzeitig  oder  durch  grössere  Zwischenzeiten  getrennt 
entstanden  sind;  sicher  sind  sie  aber  wohl  vor  der  Diluvialzeit 
vollständig  fertig  gewesen , denn  in  den  discordant  über  die 
älteren  Formationen  hin  abgelagerten  Diluvialschichten  bemerkt 
man  nie  Schichtenstörungen , die  allerdings  auch  bei  der  lockeren 
Beschaffenheit  des  diluvialen  Materials  schwer  wahrzunehmen  sein 
würden. 

Ebenso  wie  die  Annahme  der  allmählichen  Hebungen  und  der 
dadurch  hervorgebrachten  Einengung  der  Meeresbecken  auf  un- 
lösbare Widersprüche  stösst,  so  auch  die  zweite  Annahme,  dass 
unmittelbar  nach  Ablagerung  einer  Formation  sich  Hebungslinien 
bildeten,  an  welchen  die  jüngeren  Schichten  sich  dann  anlagerten, 
hier  speciell  der  Keuper  und  Lias  an  die  Muschelkalkhebungs- 
linien. Man  muss  sich  darnach  vorstellen,  dass  längs  einer  Spalte 
die  eine  Schichtenhälfte  herausgehoben  wurde  und  eine  mehr  oder 
weniger  lang  ausgedehnte  und  hohe  steile  Wand  bildete.  Schon 
diese  Vorstellung  führt  Schwierigkeiten  im  Gefolge.  Man  sieht 
kaum  ein,  wie  längs  einer  Spalte,  deren  Existenz  gar  nicht  er- 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


389 


klärt  wird,  die  eine  Schichtenhälfte  soll  heraufgeschoben  werden 
können  und  die  andere  ruhig  liegen  bleiben.  Man  müsste  voraus- 
setzen, dass  nur  unter  der  gehobenen  Schichtenhälfte  die  hebenden 
Kräfte  wirken,  unter  der  andern  nicht,  und  wo  viele  Verwerfungen 
dicht  bei  einander  liegen,  müsste  man  eine  grössere  Anzahl  von 
mehr  oder  weniger  nahe  bei  einander  liegenden  Angriffspunkten 
der  hebenden  Kräfte  annehmen,  welche  auf  die  zwischen  den 
Spalten  liegenden  gehobenen  Schollen  einwirkten  und  die  dazwischen 
liegenden,  nicht  gehobenen  Partieen  wären  solchen  Kräften  nicht 
ausgesetzt  gewesen.  So  müssten  also  zum  Beispiel  die  hebenden 
Kräfte  in  unserem  Gebiet  auf  der  ganzen  ungefähr  zwei  Meilen 
langen  und  wenige  hundert  Schritt  breiten  Zone  vom  Krähn- 
berg über  den  Gaiberg  bis  zum  Stollnmundloch  bei  Günthers- 
leben am  Südabhang  des  grossen  Seeberges  thätig  gewesen  sein 
und  rechts  und  links  davon  nicht.  Was  sollten  das  für  Kräfte 
gewesen  sein?  Solche  hebenden  Kräfte  sind  zweifellos  in  den 
Alpen  und  ähnlich  gebauten  Gegenden  thätig  gewesen  und  noch 
wirksam.  Diese  waren  aber  im  ganzen  Gebirge  auf  ausgedehnten 
Flächen  thätig.  Dort  ist  das  ganze  Gebirge  geknickt,  gebogen, 
gefaltet,  verworfen,  kurzum  die  ganze  das  Gebirge  zusammen- 
setzende Schichtenmasse  oft  in  der  verworrensten  Weise  dislocirt. 
In  unserem  Gebiet  ist  dies  ganz  anders,  hier  sind  die  Schichten 
im  Allgemeinen  überall  vollkommen  regelmässig  horizontal  gelagert 
oder  weichen  doch  von  dieser  Lagerung  nur  sehr  wenig  ab  und 
nur  an  einer  beschränkten  Anzahl  von  Stellen  sind  Dislocationen, 
die  stets  auf  ein  nicht  sehr  ausgedehntes  Gebiet  beschränkt  sind, 
die  also  lokale  Erscheinungen  sind  und  die  somit  auch  auf  lokale 
Ursachen  zurückgeführt  werden  müssen. 

Solche  Schwierigkeiten  bietet  die  Erklärung  mittelst  Einsen- 
kung in  vorhandene,  d.  h.  also  nach  unserer  Annahme  durch  Aus- 
laugung entstandene  unterirdische  Hohlräume  nicht.  Die  Ursache 
der  Verwerfungen  ist  hier  eine  lokale  wie  die  Erscheinung.  Die 
thätige  Kraft  ist  die  Schwere,  die  überall  wirksam  ist,  aber  nur 
da  etwas  leistet,  wo  der  Untergrund  hohl  und  die  darüber  befind- 
liche Gesteinsmasse  nicht  mehr  in  der  Lage  ist,  ihr  eigenes  Ge- 
wicht zu  tragen.  Dann  bricht  die  Decke  ein,  und  die  Art  und 


390 


Max  Bauer,  über  die  geologischen  Verhältnisse 


Weise,  wie  dies  geschieht,  wird  eine  verschiedene  sein.  Ist  die 
Höhlung  klein,  so  entstehen  einfache  kleine  Trichter,  Erdfälle, 
ohne  dass  sich  eigentliche  Verwerfungen  bildeten.  Diese  kommen 
zum  Vorschein,  wenn  die  Unterhöhlung  über  grosse,  weite  Flächen 
hinging.  Dann  trennten  sich  Schichtentheile  nach  mehr  oder  weniger 
ebenen,  oft  allerdings,  wenn  auch  nicht  in  unserem  Gebiet,  erheb- 
lich gekrümmten  Flächen  der  Verwerfungsspalten,  und  an  all'  den 
Stellen,  wo  eine  unterirdische  Stütze  geblieben  war,  ging  auch 
keine  Senkung  vor  sich,  und  wenn  in  der  in  der  Hauptsache 
stehengebliebenen  Masse  kleine  Auswaschungen  auch  vorgekom- 
men sind  — und  ganz  intact  wird  sie  ja  wohl  nie  geblieben  sein  — , 
so  sind  auch,  wie  schon  hervorgehoben,  darin  kleinere  Dislokatio- 
nen, Schichtenneigungen  und  -Faltungen,  kleine  Quersprünge  etc. 
zu  beobachten.  Es  kann  ja  nun  auffällig  erscheinen,  dass  gerade 
ein  so  langgezogenes  Gypsriff  stehengeblieben  ist,  wie  das,  dessen 
Existenz  in  dem  vorhin  wiederholten  Muschelkalkrücken  als  vor- 
handen angenommen  werden  muss,  wenn  unsere  Annahme  richtig 
sein  soll.  Aber  die  Existenz  des  Gypses  ist  ja  auf  eine  grössere 
Erstreckung  am  kleinen  Seeberge  thatsächlich  nachgewiesen,  und 
wenn  ausserhalb  desselben  nördlich  und  südlich  davon  die  Nicht- 
existenz desselben  in  der  Anhydritgruppe  nachgewiesen  wäre,  so 
wäre  unsere  Annahme  damit  einfach  und  klar  bewiesen.  Dieser 
Beweis  der  Nichtexistenz  lässt  sich  aber  vorläufig  nicht  führen,  es 
wird  aber  behauptet,  dass  bei  früheren  Bohrungen  auf  Steinsalz 
im  Norden  der  Seeberge  erst  bei  Buff  leben  wieder  Gyps  mit 
Steinsalz  gefunden  sei,  zwischen  diesem  Ort  und  dem  Seeberge 
dagegen  nicht.  Genaueres  habe  ich  aber  hierüber  nicht  ermitteln 
können. 

Wenn  also  die  Annahme  von  Hebungen  beträchtliche  Schwierig- 
keiten  mit  sich  bringt,  so  stehen  der  Annahme  von  einer  Anla- 
gerung des  Keupers  an  eine  solche  Muschelkalkhebungslinie  that- 
sächliche  Beobachtungen  entgegen,  die  sie  unannehmbar  machen. 
AVie  kann  eine  solche  Anlagerung  vor  sich  gehen  in  der  Art, 
■dass  wir  am  grossen  Seeberg  Rhät  an  den  Muschelkalk  angelagert 
finden  und  gleich  um  die  Ecke  herum  an  dem  Knie  des  Muschel- 
kalkrückens auf  der  Butterleiste  längs  des  ganzen  kleinen  Seeberges 

O o o 


der  Seeberge  und  des  Galberges  bei  Gotha. 


391 

Gypskeuper?  Hier  müsste  also  angenommen  werden,  dass  nach 
der  Ablagerung  der  Rhät schichten  eine  abermalige  Hebung  längs 
der  zwei  Grenzspalten  am  kleinen  Seeberg  stattgefunden  hätte 
und  zwar  an  beiden  ganz  gleielnnässig,  bis  der  Gypskeuper 
an  diesen  Abhängen  mit  dem  Rhät  des  grossen  Seeberges  in  einem 
Niveau  lagen  oder  der  grosse  Seeberg  müsste  als  gesunken  an- 
genommen werden,  damit  wäre  aber  dann  das  Princip  der  He- 
bungen durchbrochen. 

Ferner:  War  der  Muschelkalkrücken  des  kleinen  Seeberges 
und  seiner  Fortsetzung  eine  Insel  im  Keupermeer,  an  der  sich  die 
Keuperschichten  anlagerten,  so  dürfen  sich  auf  der  Höhe  des  Gal- 
berges keine  Keuperschichten  finden ; deren  Existenz  wäre  mit  jener 
Annahme  absolut  unvereinbar.  Nun  findet  sich  aber  auf  der  Höhe 
des  Galberges,  fast  ganz  oben  auf  dem  Grat  ein  langgezogenes 
schmales  Keuperfeld  zwischen  den  Muschelkalkschichten,  längs 
einiger  Spalten  eingeklemmt,  das  völlig  unerklärlich  wäre,  wenn 
nicht  eben  auch  dieser  Muschelkalkrücken  in  früheren  Zeiten  mit 
Keuper  bedeckt  gewesen  wäre,  der  dann  durch  Erosion  soweit 
entfernt  wurde,  dass  nur  noch  einige  kleinere  Partieen  an  beson- 
ders günstigen  Stellen  erhalten  geblieben  sind. 

Endlich  ist  hervorzuheben  das  vollkommene  Fehlen  von  Ge- 
steinsmaterial längs  der  Muschelkalkrücken,  welches  als  eine  Strand- 
bildung an  dieser  hypothetischen  Keupermeeresküste  gedeutet  werden 
könnte. 

Wenn  nun  also  in  der  That  die  Annahme  von  Einsenkungen 
von  höherliegenden  Schichten  in  durch  Auswaschung  von  Gyps- 
uncl  Steinsalzmassen  entstandene  Höhlungen  die  complicirten  Schich- 
tenlagerungsverhältnisse hei  Gotha  ungezwungen  erklärt,  so  soll 
damit  durchaus  nicht  behauptet  werden,  dass  diese  Stelle  bei  Gotha 
allein  zur  Entscheidung  der  vorliegenden  Frage  vollkommen  ge- 
nügend sei.  Offenbar  sind  die  meisten  oder  alle  Verwerfungen 
nördlich  vom  Thüringer  Wald  auf  dieselbe  Ursache  zurückzuführen 
und  die  oben  für  Gotha,  wo  mir  die  Verhältnisse  durch  das 
Anstehen  des  Gypses  besonders  klar  zu  liegen  schienen,  gegebene 
Erklärung  müsste  für  alle  anderen  Fälle  in  gleicher  Weise  gelten. 
In  der  That  habe  ich  auch  in  den  mir  genauer  bekannten  Ver- 


392  Max  Bauer,  über  die  geologischen  erhältnisse  der  Seeberge  etc. 


werfungsgebieten , bei  Schlotheim  und  Ebeleben,  am  H ainich,  bei 
Treffurt,  Creuzburg  etc.  nichts  gefunden,  was  unserer  Annahme 
entgegenstände,  ebenso  wenig  sind  mir  entgegenstehende  That- 
sachen  durch  Dritte  aus  andern  Gebieten  bekannt  geworden,  so 
dass  die  obige  Annahme  vielleicht  wenigstens  einstweilen  den  Rang 
einer  wohlbegründeten  Hypothese  beanspruchen  kann. 


Bemerkungen  zu  den  Tafeln. 

Tafel  VIII.  ist  ein  Ausschnitt  aus  den  Generalstabsmesstischblättern 
Gotha  und  Fröttstedt  im  Maassstab  1 : 25000. 

Die  Profile  auf  Tafel  IX.  sind  im  l1/^ fachen  Maassstab  der  Karte 
gezeichnet  und  zwar  ohne  Ueberhöhung,  so  dass  also  für  die  Ordinaten 
und  Abscissen  derselbe  Maassstab  gilt. 


Ueber 

die  Bimssteine  des  Westerwaldes1). 

Von  Herrn  Gustav  Angelbis  in  Bonn. 


Die  Bimssteinsande,  welche  sich  anf  der  rechten  Rheinseite 
vom  Coblenz-Neu  wieder  Becken  ans  über  den  Hohen  Westerwald 
bis  in  das  Thal  der  Heller  verfolgen  lassen,  haben  schon  mehrfach 
die  Aufmerksamkeit  der  Geologen  auf  sich  gezogen.  Der  Erste, 
welcher  das  Vorkommen  derselben  auf  dem  Westerwalde  erwähnt, 
ist  J.  P.  Becher2),  doch  beschränkt  sich  derselbe  auf  eine  blose 
Aufzählung  der  ihm  bekannten  5 Fundpunkte,  ohne  hieran  weitere 
Erörterungen  über  die  Herkunft,  oder  das  Alter  der  Sande  anzu- 
knüpfen. 

40  Jahre  später  berichtet  Stifft  in  seiner  noch  immer  sehr 
schätzbaren  »Geognostisclien  Beschreibung  des  Herzogthums  Nassau« 
bereits  über  eine  grössere  Anzahl  von  Bimssteinablagerungen.  Der 
treffliche  Beobachter  wirft  sogar  schon  die  Frage  auf,  ob  die  Ent- 
stehung des  Basaltes  nicht  vielleicht  erst  nach  der  Ablagerung  der 
Bimssteinmassen  stattgefunden  habe,  da  letztere  so  häufig  nur 
an  den  Abhängen  zu  beobachten  wären , auf  den  Höhen  aber 
fehlten. 


*)  Herr  von  Dechen  hat  die  Güte  gehabt,  bereits  im  vorigen  Herbste  auf 
der  Versammlung  der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft  in  Saarbrücken  über 
die  Ergebnisse  meiner  Beobachtungen  zu  berichten  (vergl.  Zeitschr.  d.  Deutschen 
geol.  Ges.  1881,  p.  442),  doch  gestatte  ich  mir  hier  etwas  ausführlicher  darauf 
zurückzukommen. 

2)  J.  P.  Becher,  Beschreibung  der  Oranisch-Nassauischen  Lande.  Marburg 
1789,  S.  171  und  172. 


394 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


F.  Sandberger1)  äusserte  sich  dann  im  Jahre  1847  dahin, 
dass  der  Bimsstein  seinen  Ursprung  wohl  auf  dem  Westerwalde 
habe;  doch  scheint  dieser  Forscher  für  denselben  ein  jüngeres 
Alter  anzunehmen,  wonach  dann  die  Westerwalder  und  Laacher 
Bimssteine  ein  und  derselben  nachtertiären  Epoche  angehören 
sollten.  Schon  im  folgenden  Jahre  glaubte  der  genannte  Geologe2 3 *) 
seine  Ansicht  daliiu  ändern  zu  müssen,  dass  auf  dem  Westerwalde 
wohl  niemals  Bimssteinausbrüche  stattgefunden  hätten,  und  der 
Ursprung  der  so  mächtig  entwickelten  Bimssteinmassen  ganz  auf 
das  Gebiet  des  Laacher  See’s  zurückzuführen  sei.  Von  dort  sollen 
die  Auswurfsmassen  durch  den  Wind  weiter  nach  Osten  translocirt 
worden  sein.  Als  Hauptgründe  für  diese  Ansicht  führt  Sandberger 
an:  Das  vollständige  Fehlen  von  Kraterbildungen  auf  dem  Wester- 
walde, sowie  die  Un Wahrscheinlichkeit,  dass  die  Bimssteine  das 
Produkt  einer  plötzlichen  aus  der  Ebene  erfolgten  Eruption  seien. 
Auch  soll  von  den  dort  so  zahlreich  vorhandenen  Trachytvorkommen 
nur  ein  einziges  in  Bezug  auf  Porosität  und  sonstige  Eigenschaften 
dem  Bimsstein  nahestehen , aber  gerade  in  der  Umgebung  dieses 
Gesteins,  welches  dicht  bei  Helferskirchen  auftritt,  der  Bimsstein 
fehlen. 

Den  Mangel  jeder  kraterartigen  Bildung  müssen  wir  nun  frei- 
lich für  den  Westerwald  zugeben,  doch  wird  ja  auch  für  das  Ge- 
biet des  Laacher  See’s  der  Ausbruch  der  Bimssteinmassen  von  den 
competentesten  Forschern8)  gar  nicht  auf  einen  der  hier  zahlreich 
vorhandenen  Krater  zurückgeführt , vielmehr  die  Annahme  einer 
in  der  Ebene  erfolgten  Eruption  vorgezogen.  Für  den  Westerwald 
gewinnt  diese  Ansicht  um  so  grössere  Wahrscheinlichkeit,  als  für 
die  an  vielen  Stellen  abgelagerten  Trachyt-  und  Basalttuffe  keine 
andere  Erklärung;  möglich  ist.  Dasselbe  gilt  von  den  früher  viel- 
fach,  aber  mit  Unrecht  als  Conglomerate  angesprochenen  Trachyt- 
tuffen  des  Siebengebirges.  Auch  dort  muss  der  Ausbruch  dieser 


1 ) Fe.  Sandberger,  Uebersicht  der  geologischen  Verhältnisse  des  Herzogthums 
Nassau.  Wiesbaden  1847,  S.  73. 

‘J)  In  einem  Briefe  an  Leonhard:  N.  Jahrb.  1848,  S.  549. 

3)  von  Dechen,  Geognost.  Beschreibung  des  Laacher  See’s  und  seiner  vulkan. 

Umgebung.  Bonn  1S63,  S.  588. 


Gustav  Angkluis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


395 

Tuffe  in  der  Ebene  erfolgt  sein , da  von  Kratern  keine  Spur  vor- 
handen ist. 

Aus  dem  Umstande,  dass  die  anstehenden  Traeliyte  nicht  die 
Porosität  des  Bimssteins  zeigen,  kann  wohl  kaum  eine  Folgerung 
gezogen  werden.  Die  poröse  Ausbildung  ist  eben  für  den  Bims- 
stein charakteristisch,  nicht  aber  für  die  Traeliyte.  Wenn  auch 
beide  vulkanische  Gesteine  sich  in  Bezug  auf  die  chemische  Zu- 
sammensetzung sehr  ähnlich  verhalten  und  sogar  im  engsten  geo- 
logischen  Zusammenhänge  stehen,  so  sind  es  doch  immer  noch 
verschiedene  Bildungen.  Das  Trachytvorkommen  bei  Helferskirchen, 
welches  sich  nach  Sandberger  durch  seine  Porosität  auszeichnen 
soll,  steht  deshalb  dem  Bimsstein  nicht  näher  als  die  übrigen  Tra- 
chyte.  Auch  das  Fehlen  des  Bimssteins  in  der  Nähe  einer  ein- 
zelnen Trachytpartie  berechtigt  zu  keinen  Schlüssen,  indem  der 
Bimsstein  nur  im  Allgemeinen  an  das  Trachytterrain  des  Wester- 
waldes, nicht  aber  an  die  einzelnen  Trachytkuppen  gebunden  ist. 
Zudem  ergeben  die  Beobachtungen,  dass  fast  alle  Sande  auf  secun- 
därer  Lagerstätte  liegen,  weshalb  dem  Vorkommen  oder  Fehlen 
derselben  an  bestimmten  Punkten  keine  Bedeutung  zugeschrieben 
werden  darf. 

Als  Herr  von  Dechen  im  Jahre  1864  seine  langjährigen 
Forschungen  im  Gebiete  des  Laacher  See  s zusammenfasste,  musste 
es  ihm  leicht  werden,  sich  der  Meinung  eines  so  vorzüglichen  und 
um  die  Kenntniss  der  geologischen  Verhältnisse  Nassau’s  hochver- 
dienten Geologen  anzuschliessen;  doch  weniger  wegen  der  von 
Sandberger  vorgebrachten  Gründe,  als  vielmehr  wegen  der,  ich 
möchte  sagen,  natürlichen  Einfachheit  der  SANDBERGER  schen  Hy- 
pothese. Für  die  in  der  nächsten  Umgebung  des  Laacher  See's 
auftretenden  Bimssteinmassen  hatte  Herr  von  Dechen  in  über- 
zeugendster AVeise  nachgewiesen,  dass  dieselben  nicht  dem  Tertiär 
angehören  können,  vielfach  sogar  jünger  als  der  Löss  sind.  Die 
Bimssteine  des  Laacher  See’s  stehen  aber  lokal  im  engsten  Zu- 
sammenhänge mit  denen  des  Neuwieder  Beckens  und  lassen  sich 
von  hier  aus  weiter  nach  Osten  bis  über  den  Hohen  Westerwald 
verfolgen.  Die  Entfernung  selbst  der  am  weitesten  nach  Osten 
gelegenen  Bimssteinablagerungen  (bei  Wetzlar,  Giessen,  Marburg) 


396 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


vom  Laacher  See  ist  eine  verhältnissmässig  nur  geringe.  Der  Ge- 
danke, dass  der  grösste  Tlieil  dieser  Bimssteine  an  einem  gemein- 
samen Eruptionspunkte  ausgeworfen  und  dann  durch  den  Wind 
nach  Osten  transportirt  worden  sei,  lag  also  sehr  nahe.  — Wo 
aber  dieser  so  gewaltige  Massen  liefernde  Ausbruch  stattgefunden, 
ob  aus  einem  der  vorhandenen  Krater  oder  aus  der  Ebene,  darüber 
gingen  die  Meinungen  sehr  auseinander.  Ein  Ausbruch  aus  der 
Ebene,  wie  ihn  Herr  von  Dechen  anzunehmen  geneigt  ist,  er- 
scheint mir  um  so  eher  anzunehmen  zu  sein,  da  wir  jetzt  für  der- 
artige Eruptionen  Beispiele  im  Siebengebirge  und  Westerwalde 
haben,  indem,  wie  schon  bemerkt,  die  Tuffe  beider  Gebiete  nur 
in  dieser  Weise  entstanden  sein  können. 

Versucht  man  das  rechtsrheinische  Verbreitungsgebiet  der 
Bimssteinsande  durch  eine  Linie  zu  umschreiben,  wie  dies  auf  der 
von  DECHEN’schen  Uebersichtskarte  geschehen  ist,  so  wendet  sich 
diese  Grenzlinie  von  Nieder- Hammerstein  am  Rhein  in  nordöst- 
licher Richtung  bis  nach  Nieder-Diesselndorf  an  der  Deutz-Giessener 
Eisenbahn,  zieht  dann  nach  Süden  und  von  Mänberg  wieder  süd- 
westlich dem  Rheine  zu.  Hierbei  bleiben  die  weiter  nach  Norden 
ganz  vereinzelt  im  Rheinthal  auftretenden  Ablagerungen  (bei  Bonn, 
Cöln  u.  s.  w.),  die  offenbar  erst  in  allerjüngster  Zeit  durch  die 
Anschwemmungen  des  Stromes  gebildet  worden  sind,  unberück- 
sichtigt. Auch  die  östlichsten  Bimssteinvorkommen  bei  Wetzlar, 
Giessen  und  Marburg  fallen  ausserhalb  des  von  jener  Linie  um- 
grenzten Gebietes.  Ob  diese  letzteren  aber  wirklich  so  isolirt 
liegen,  wie  man  bis  jetzt  geglaubt  hat,  möchte  doch  zweifelhaft 
sein,  da  ich  bereits  jetzt  am  nördlichen  Fusse  des  Westerwaldes 
mehrere,  unter  sich  nur  durch  kleinere  Zwischenräume  getrennte, 
Ablagerungen  aufgefunden  habe,  welche  den  Zusammenhang  der 
Hauptbimssteinablagerungen  mit  den  Vorkommen  bei  Giessen  und 
Marburg  mehr  und  mehr  hersteilen. 

Wichtig  erscheint  mir  der  Umstand,  dass  die  allgemeine  Ver- 
breitung des  Bimssteins  durchaus  nicht  unabhängig  von  den 
Terrainverhältnissen  ist.  Sieht  man  von  den  im  Rheinthal  selbst 
abgelagerten  Massen  ab,  so  nehmen  die  Sande  nach  Osten  hin 
entschieden  zu,  wenigstens  was  die  horizontale  Verbreitung  anbe- 


Gustav  Angeebis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


397 


langt.  Am  stärksten  ist  diese  im  Tracliytgebiete  des  Wester- 
waldes. Oestlich  von  den  Trachytvorkommen  treten  die  Ablage- 
rungen immer  spärlicher  auf,  die  Zwischenräume  werden  grösser. 
Viel  schärfer  begrenzt  ist  das  Verbreitungsgebiet  des  Bimssteins 
im  Norden  und  Süden.  Das  Dorf  Nieder -Hammerstein,  wo  die 
Bimssteinsande  des  Rheinthaies  nach  Norden  hin  auf  hören,  bildet 
hier  den  Grenzpunkt  eines  Gebietes,  welches  nur  Bäche  aufnimmt, 
die  entweder  im  Trachytterrain  des  Westerwaldes  entspringen  oder 
doch  Zuflüsse  aus  demselben  erhalten.  Besonders  deutlich  zeigt 
sich  die  Abhängigkeit  der  Verbreitung  des  Bimssteins  nach  Norden 
hin  auf  der  Sectiou  Selters1).  Hier  nehmen  die  Sandlager  nicht 
etwa  allmählich  an  Zahl  und  Mächtigkeit  ab,  sondern  sie  hören 
vielmehr  ganz  plötzlich  am  Fusse  der  sich  auf  dem  nördlichen 
Rande  des  Blattes  erhebenden,  aus  Schichten  des  Unterdevons 
gebildeten  Höhe,  des  Hirschbacher  Waldes,  auf.  Oben  auf  dem 
ausgedehnten  Plateau,  sowie  jenseits  desselben,  im  Thale  der  Sieg 
fehlt  der  Bimsstein  gänzlich. 

Auch  im  Süden  ist  die  Ausdehnung  des  Bimssteins  ganz  an 
die  orographischen  Verhältnisse  gebunden.  Wenn  die  Sande  das 
Lahnthal  noch  überschreiten,  so  ist  dabei  zu  berücksichtigen,  dass 
dieselben  im  Westerwalde  bereits  zur  Tertiärzeit  von  ihrer  ur- 
sprünglichen Lagerstätte  weggeschwemmt  und  wieder  abgelagert 
worden  sind,  wie  sich  aus  dem  Folgenden  ergeben  wird.  Das 
Lahnthal  existirte  damals  noch  nicht.  Südlich  vom  Limburger 
Becken  finden  sich  keine  Bimssteine. 

In  mineralogischer  Hinsicht  sei  hier  nur  weniges  angeführt. 
Die  eigentliche  Bimssteinmasse  besteht  aus  vielfach  gewundenen 
Glasfäden,  welche  mit  ihren  Windungen  nicht  immer  in  einander 
greifend,  die  Poren  zwischen  sich  offen  lassen.  In  der  unter  dem 
Mikroskop  meist  vollständig  farblosen,  nur  selten  durch  geringe 
Infiltrationen  von  Eisenoxyd  schwach  gelblich  gefärbten  Glasmasse 
liegen  stets  zahlreiche  Sanidinkörnchen.  Plagioklas  konnte  ich  in 
den  meisten  Fällen  beobachten,  doch  tritt  derselbe  dem  Sanidin 
gegenüber  fast  ganz  zurück.  Hornblende  ist  häufig  vorhanden, 


x)  Es  sind  stets  die  Messtischblätter  (1  : 25000)  gemeint. 


398 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


oft  in  prächtig  ausgebildeten  Kryställchen.  Die  grünen  Durch- 
schnitte derselben  erweisen  sich  als  stark  dichroitisch.  Magneteisen 
fehlt  kaum  jemals  vollständig;  nicht  selten  ist  dasselbe  in  einzelnen 
Schichten  der  Sandlager  besonders  reichlich  angehäuft.  Fetzen 
von  Magnesiaglimmer  scheinen  in  den  Bimssteinstückchen  selbst 
weniger  häufig  vorzukommen,  dagegen  sieht  man  sie  vielfach  als 
lose  Beimengung  in  den  Ablagerungen  auftreten.  Grössere  bis 
3 Centimeter  Durchmesser  erreichende  Lappen  bleiben  vorzugs- 
weise auf  die  thonigen,  am  Rheine  als  Britz  bezeichneten  Zwischen- 
schichten beschränkt. 

In  jüngster  Zeit  hat  Wenkenkacii  j)  auch  das  Vorkommen 
des  Granats  in  den  Sauden  von  Grenzhausen  erwähnt.  Ich  habe 
niemals  Gelegenheit  gehabt  dieses  Mineral  im  Bimssteinsand  zu 
beobachten.  Sein  Auftreten  im  Basalte  bei  Neunkirchen  glaube 
ich  entschieden  bestreiten  zu  müssen. 

W as  die,  chemische  Zusammensetzung  der  Westerwalder  Bims- 


■ine  anbei 

langt,  so  erg, 

alten  mir  die 

Analysen  folg 

ende  Resultate 

Bimssteinsand 

Bimssteinsand 

von  Waldernbach 

von 

Ber/haln 

I. 

II. 

T. 

11. 

Si  02 

54,92 

54,92 

54,47 

54,47 

Ale  08 

21,75 

21,67 

20,83 

20,92 

Fe2  0;! 

2,82 

2,68 

3,33 

3,4 1 

Ca  0 

1,34 

1,42 

1,62 

L71 

Mg  0 

0,20 

0,31 

0,42 

0,38 

K2  0 

5,25 

5,25 

4,84 

4,84 

Na2  0 

4,57 

4,57 

4,68 

4,68 

h2  0 

9,47 

9,47 

10,02 

10,02 

100,38 

100,29 

100,21 

100,43 

Zum  Vergleich  seien  liier  auch  einige  zuverlässige  ältere 
Analysen  beigefügt: 


B F.  Wenkenbach,  Uebersicht  über  die  in  Nassau  aufgefundenen  einfachen 
Mineralien.  Jahrb.  des  Nass.  Vereins  f.  Naturkunde,  Jahrg.  31  und  3'2,  p 1 ( i 7 . 
Auch  Stippt  giebt  irrthümlicher  Weise  das  Vorkommen  von  Granat  in  mehreren 
Westerwalder  Basalten  an. 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


399 


Fundort: 

Si02 

AloOs 

Fo  O3 

Ca  0 

Mg  0 

NaoO 

k2o 

H20 

Summa 

Gisselberg  bei  Mar- 

bürg1)  .... 

58,02 

12,95 

9,51 

1,92 

1,18 

1,87 

0,13 

15,02 

100,60 

Krufter  Ofen 2)  . 

57,89 

19,12 

2,45 

1,21 

1,10 

6,65 

9,23 

2,40 

100,05 

Neuwied3)  . . . 

56,47 

19,40 

3.54 

0,67 

0,72 

11,17 

3,12 

5,24 

100,33 

Launsbach  bei 

Wetzlar4)  . . . 

54,41 

22,50 

3,20 

1,50 

0,40 

4,10 

4,90 

9,40 

100,50 

Engers5)  .... 

50,06 

18,34 

2,89 

1,29 

1,17 

4,49 

5,81 

15,06 

99,11 

Herr  Gümbel6)  hat  uns  vor  einigen  Tagen  durch  eine  Ab- 
handlung über  die  geologischen  Verhältnisse  der  Umgebung  von 
Ems  erfreut,  in  der  auch  den  Bimssteinen  eine  ausführlichere  Be- 
sprechung gewidmet  wird.  Der  Grundgedanke  der  GÜMBEltschen 
Darstellung  p-eht  dahin,  die  vollkommene  Identität  der  Wester- 
walder  Bimssteine  mit  denen  des  Laacher  See  s in  chemischer  und 
mineralogischer  Hinsicht  nachzuweisen.  Aus  dieser  Ueberein- 
stiinmung  wird  dann  gefolgert,  dass  alle  rheinischen  Bimsstein- 
sande, wenn  auch  nicht  einem  einzigen  Ursprungsorte,  so  doch 
ein  und  demselben  vulkanischen  Herde  entstammen.  Hier  handelt 
es  sich  zunächst  um  die  Uebereinstimmung  der  rheinischen  Bims- 
steine in  Bezug  auf  die  chemische  Zusammensetzung.  Herr  Gümbel 
giebt  uns  nun  eine  Zusammenstellung  von  15  Analysen,  wovon  sich 
5 auf  rheinische,  die  übrigen  auf  fremde  Bimssteine  beziehen.  Die 
Analysen,  welche  nach  dem  abnehmenden  Gehalt  an  Kieselsäure 
geordnet  sind,  machen  thatsäclilich  die  Armutli  der  rheinischen 
Bimssteine  an  Si  (B  gegenüber  den  fremdländischen  recht  augen- 
fällig, so  dass  nicht  bezweifelt  werden  kann,  dass  sich  die  Laacher 


*)  F.  Schaffer,  die  Bimssteinkörner  bei  Marburg.  1851  (Inauguraldisser- 
tation) S.  53. 

2)  Ibid.  S.  50. 

3)  Ibid.  S.  51. 

4)  Wachendorff,  Gesellsch.  zur  Beförd.  d.  Nat.  Marburg  1879,  S.  21. 

ä)  Schaffer  1.  c.  S.  52. 

6)  Sitzungsbericht  d.  math.-phys.  Klasse  d.  K.  Bayer.  Akademie  d.  Wissen- 
schaften. 1882,  Heft  2,  S.  197  ff. 


400 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


und  Westerwalder  Vorkommen  im  Allgemeinen  hierin  von  anderen 
unterscheiden.  Weniger  überzeugend  sind  aber  diese  Zahlen  werthe, 
wenn  es  gilt,  die  chemische  Identität  der  Laacher  und  Westerwalder 
Bimssteine  zu  beweisen.  Zunächst  ist  bei  den  Analysen  nur  ein 
einziger  Fundort  berücksichtigt,  der  unbedingt  dem  Gebiete  des 
Laacher  See  s angehört,  nämlich  der  Krufter  Ofen.  Alle  übrigen 
Vorkommen,  welche  analysirt  sind,  entstammen,  wie  ich  später 
ausführen  werde,  wahrscheinlich  dem  Westerwalde. 

Wie  verhält  sich  aber  nun  der  Bimsstein  des  Krufter  Ofens 
zu  den  übrigen?  In  der  Tabelle  des  Herrn  Gümbel,  die  mit  der 
oben  von  mir  gegebenen  übereinstimmt,  steht  er  bei  einem  Kiesel- 
säuregehalt von  57,89  °/o  an  der  zweiten  Stelle.  Sein  Wassergehalt 
beträgt  nur  2,4  °/o-  Heu  geringsten  Kieselsäuregehalt  hat  der  Bims- 
stein von  Engers  mit  50,06  %,  dafür  beläuft  sich  jedoch  die  Wasser- 
menge auf  15,06  o/0.  Offenbar  ist  der  Bimsstein  des  Krufter  Ofens 
nur  wenig  angegriffen,  während  bei  dem  Material  von  Engers  die 
Zersetzung  schon  ziemlich  weit  vorgeschritten  ist.  Herr  Gümbel 
betont  selbst  diese  Zersetzung,  um  den  hohen  Wassergehalt  zu 
erklären,  denn  sonst  müsste  er  ja  hierin  schon  einen  Unterschied 
zwischen  den  Bimssteinen  des  Westerwaldes  und  dem  des  Krufter 
Ofens  sehen.  Wenn  wir  nun  auch  keine  klare  Vorstellung  von 
dem  Verlaufe  dieser  Zersetzung  haben,  so  dürfen  wir  dieselbe  doch 
wohl  als  eine  Art  von  Kaolinisirung  auffassen.  Bei  einer  Auf- 
nahme von  15  % Wasser  muss  dann  aber  doch  noth  wendiger  Weise 
ein  ganz  bedeutender  Verlust  von  Kieselsäure  stattfinden.  Ohne 
diesem  Umstande  Rechnung  zu  tragen,  dürfen  wir  die  Analyse 
nicht  ohne  Weiteres  vergleichen.  Wären  wir  im  Stande,  uns  von 
dem  Verlauf  des  Zersetzungsprocesses  genaue  Rechenschaft  zu 
geben,  so  könnten  wir  die  Analyse  nach  dem  ursprünglichen 
Kieselsäuregehalt  zusammenstellen.  Vielleicht  würde  dann  aber 
der  noch  so  frische  Bimsstein  vom  Krufter  Ofen  an  letzter  Stelle 
figuriren,  die  Westerwalder  Vorkommen  sich  mehr  den  kiesel- 
säurereicheren Bimssteinen  nähern.  Möglicherweise  könnte  auch 
eine  auf  genaue  Analysen  des  am  Abhange  des  grossen  Arzbacher 
Kopfes  (auf  Trachyt)  liegenden  Bimssteins  sich  stützende  Ver- 
gleichung zu  einem  sicheren  Resultate  führen.  Der  Bimsstein  liegt 


Gustav  Angei, bis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


401 


dort  noch  auf  seiner  ursprünglichen  Lagerstätte  und  scheint  noch 
ziemlich  unzersetzt  zu  sein. 

Bei  der  Seltenheit,  mit  der  der  Leucit  in  den  Bimssteinen 
überhaupt  auftritt,  muss  es  dahin  gestellt  bleiben,  ob  auf  das  Vor- 
handensein oder  Fehlen  dieses  Minerals  eine  Unterscheidung  der 
Laacher  Vorkommen  von  denen  des  Westerwaldes  zu  begründen 
ist.  Von  17  dem  Laacher  Gebiete  entnommenen  Proben  erwiesen 
sich  5 als  leucithaltig,  während  52  Präparate , deren  Material  aus 
dem  Neuwieder  Becken  und  vom  Westerwalde  stammte,  keine 
Spur  von  Leucit  beobachten  liessen.  Auch  die  Tuffe  des  Wester- 
waldes sind  im  Gegensätze  zu  denen  der  Laacher  Gegend  absolut 
leucitfrei.  Von  Basalten  findet  man  auf  dem  Westerwalde  nur 
Feldspath  und  Nephelin  führende,  dagegen  ist  das  Gestein  des 
Bertenauer  Kopfes  am  Wildbache,  des  einzigen  bislang  bekannten 
echten  rechtsrheinischen  Vulkans,  ein  Leucitbasalt. 

Es  möge  hier  auf  die  eigenthümliche , wie  mir  scheint,  noch 
nicht  genug  beachtete  Thatsache  hingewiesen  werden,  dass  im 
Gebiete  des  Laacher  See’s  und  der  Eifel  noch  kein  Leucitgestein 
bekannt  ist,  für  welches  ein  tertiäres  Alter  nachweisbar  wäre,  wohl 
aber  lässt  sich  für  viele  eine  jüngere  Entstehung  feststellen.  Wenn 
wir  bei  den  Feldspathbasalten,  von  denen  doch  nur  sehr  wenige 
ihre  Zugehörigkeit  zum  Tertiär  unzweifelhaft  erkennen  lassen, 
nach  Analogien  schliessen  und  z.  B.  eine  im  Unterdevon  auf- 
setzende Feldspathbasaltmasse  ohne  Weiteres  als  tertiäre  Bildung 
ansprechen,  so  hat  das  gewiss  seine  Berechtigung,  aber  bei  den 
leucithaltigen  Gesteinen  würde  ein  auf  das  gleiche  Princip 
gegründeter  Schluss  stets  zur  Annahme  eines  jüngeren  Alters 
führen.  — 

LTm  ein  Bild  von  der  Ablagerungsweise  der  Bimssteinsande 
zu  geben,  wird  ein  Profil  genügen,  da  sich  kaum  wichtigere  lokale 
Abweichungen  bemerkbar  machen. 

In  der  dicht  beim  Bahnhofe  von  Neuwied  (rechtsrheinisch) 
betriebenen  Bimssteingrube,  wo  die  Sande  mit  3,7  Meter  voll- 
ständig aufgeschlossen  sind , erscheint  als  Liegendes  derselben  ein 
brauner,  ziemlich  plastischer  Thon,  welcher  etwa  1,2  Meter  stark 
auf  Quarzgeröll  (Rheingeschiebe?)  auf  liegt.  Es  lassen  sich  sehr 

2G 


402 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


deutlich  folgende  ganz  horizontal  gelagerte  Schichten  unter- 
scheiden : 


1)  Hirsekorngrosse  Bimssteinstücke;  daneben  nur 
wenige  bis  3 Centimeter  Durchmesser  er- 
reichende Brocken.  Spärliche  kleine,  schnee- 
weisse  Quarzgeschiebe.  Viele  Schülferchen 

von  Thonschiefer 1,10  Meter 

2)  Grössere  Bimssteinkörner  von  durchschnittlich 

1,5  Centimeter.  Ziemlich  zahlreiche,  erbsen- 
grosse Quarzgeschiebe 0,25  » 

3)  Sehr  feiner  Bimssteinsand 0,10  » 

4)  Britzschicht,  d.  h.  eine  thonige  Schicht,  die 
viel  Bimssteinmaterial  enthält.  Dieser  sog. 

Britz  ist  ausgezeichnet  durch  seinen  Reich- 
thum an  Maonesiaadiminer,  welcher  häufm  in 
bis  2,6  Centimeter  grossen  Fetzen  auftritt. 

Wenige  kleine  Quarze.  Viele  Thonsehiefer- 
bröckchen  . 0,14  » 

5)  Bimssteinbrocken  von  durchschnittlich  1,5  Cen- 

timeter Gi’össe.  Diese  Lage  lässt  in  der  Ver- 
theiluna: des  Masrneteisens  und  der  Thon- 
schieferbröckchen  sowohl , wie  auch  in  der 
regelmässig  wechselnden  Grösse  des  Bims- 
steins eine  weitere  Schichtung  deutlich  er- 
kennen   1,93  » 

In  der  Bimssteingrube  an  der  Chaussee  von  Urmitz  nach  dem 
Bahnhofe  Neuwied  (linksrheinisch)  fallen  die  Schichten  nach  dem 
Rheine  zu  ein,  machen  aber  verschiedene  Biegungen,  indem  sie 


in  der  Sohle  des  Bruches  fast,  horizontal  liegen,  weiter  aufwärts 
dagegen  erst  mit  18°,  dann  mit  40°  nach  Westen  fallen.  Von 
Interesse  sind  die  Verhältnisse  an  der  Strasse  von  Coblenz  nach 
Andernach,  etwa  7,5  Kilometer  von  Coblenz.  In  einem  im  Unter- 
devon betriebenen  Steinbruche  liegen  auf  den  mit  20°  einfallenden 
Grauwackenschichten  in  concordanter  Lagerung  zunächst  Rhein- 
gerölle  (0,5  Meter),  Bimsstein  (0,3  Meter)  und  schwarzer,  vulka- 
nischer Sand  (2,6  Meter),  dann  folgt  wieder  eine  Bimssteinlage, 


Gustav  Angei.bis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


403 


deren  Mächtigkeit  aber  nicht  vollständig  aufgeschlossen  ist.  Alle 
diese  Bildungen  werden  von  einer  ziemlich  horizontalen,  also  dis- 
cordant  aufgelagerten  Schicht  von  Quarzgeröll  und  Sand  über- 
lagert. — 

Auffallend  ist  das  ungemein  häufige  und  gleiclimässige  Auf- 
treten von  kleinen  Schülferchen  von  Thonschiefer,  welches  schon 
Herr  von  Dechen1)  nachdrücklich  betont.  Herr  Gümbel2)  weist 
mit  Recht  darauf  hin,  dass  diese  Thonschiefer  von  den  bei  Ems 
anstehend  beobachteten  verschieden  sind.  Es  sind  mir  auch  sonst 
im  Verbreitungsgebiete  des  Bimssteins  keine  Schiefer  bekannt,  die 
sich  mit  dem  in  dan  Sanden  vorkommenden  identificiren  Hessen. 
Da  ss  die  Thonschieferbröckchen  aus  der  Tiefe  stammen  und  mit 
den  Bimssteinsanden  empor  gebracht  worden  sind,  kann  demnach 
keinem  Zweifel  unterliegen.  Herr  Gümbel  ist  nun  geneigt,  in  der 
allgemeinen  Verbreitung  derselben  einen  weiteren  Beweis  dafür 
zu  erblicken,  dass  alle  rheinischen  Bimssteinsande  einem  einzigen 
vulkanischen  Herde  entstammen,  ihr  Ursprung  also  entweder  auf 
den  Laacher  See  oder  auf  den  Westerwald  zurückzuführen  ist.  — 

Ich  muss  gestehen,  dass  ich  die  Beweiskraft  dieses  von  dem 
hochverehrten  Forscher  vorgebrachten  Argumentes  nicht  sehr  hoch 
anschlagen  kann.  Die  Entfernung  vom  Laacher  See  bis  nach 
Selters  — diesen  Ort  will  ich  hier  als  Centrum  des  Westerwalder 
Trachytterrains  annehmen  — beträgt  in  der  Luftlinie  etwa 
36,4  Kilometer.  Bei  einem  so  geringen  Abstande  der  beiden  vul- 
kanischen Centren  ist  es  aber  doch  sehr  wahrscheinlich,  dass 
Schichten,  welche  in  der  Gegend  des  Laacher  Sees  in  der  Tiefe 
anstehen,  auch  Ins  zum  Westerwalde  fortreichen.  Damit  ist  das 
eonstaute  Vorkommen  der  phyllitartigen  Schieferstückchen  voll- 
ständig erklärt.  — 

Bevor  ich  mit  der  Schilderung  der  Westerwalder  Bimsstein- 
ablagerungen weiter  fortfahre,  dürfte  es  zweckmässig  sein,  hier 


’)  von  Dechen:  Geognost.  Beschreibung  des  Laacher  Sees  und  seiner  vul- 
kanischen Umgebung.  Bonn  1863. 

Hier  werden  die  im  Sande  vorkomnienden  Schulter  von  Thonschiefer  an  sehr 
zahlreichen  Stellen  erwähut. 

2)  1.  c.  S.  228. 


26 


404 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


meinen  Bedenken  gegen  die  von  Herrn  Gümbel  ausgesprochenen 
Ansichten  im  Zusammenhänge  Ausdruck  zu  geben.  Wie  schon 
bemerkt,  will  derselbe  die  gemeinschaftliche  Herkunft  aller  rheini- 
schen Bimssteine  dadurch  beweisen,  dass  er  ihre  Identität  in  che- 
mischer und  mineralogischer  Beziehung  darzulegen  sucht.  Beson- 
ders da,  wo  es  sich  um  den  Nachweis  der  gleichen  chemischen 
Zusammensetzung  handelt,  hebt  Herr  Gümbel  selbst  die  grosse 
Schwierigkeit  hervor,  die  vorhandenen  Analysen  ohne  Weiteres 
mit  einander  zu  vergleichen,  so  dass  meine  obigen  weitläufigeren 
Ausführungen  fast  überflüssig  erscheinen;  dennoch  hielt  ich  die- 
selben für  nothwendig,  weil  der  treffliche  Forscher  zuletzt,  wo  es 
sich  um  die  von  ihm  zu  ziehenden  Schlüsse  handelt,  doch  wieder 
seine  vorgebrachten  Argumente  als  schlagende  ansieht.  — 

»Alles  in  Allem  zusammengefasst«,  sagt  er  am  Schlüsse  seiner 
Arbeit,  »neige  auch  ich  mich  zu  der  Ansicht,  dass  die  sämmt- 
lichen  Bimssteine  der  rheinischen  Gegenden,  wenn  auch  nicht  einem 
einzigen  Ursprungspunkte,  so  doch  einem  gemeinsamen  vulka- 
nischen Herde  entstammen,  welchen  wir  in  der  vulkanischen  Gegend 
des  Mittelrheins  zu  suchen  haben.« 

Herr  Gümbel  hat  aber  für  seine  Ansichten  nur  die,  wie  er 
im  Verlaufe  seiner  Arbeit  selbst  zugiebt,  noch  sehr  problematische, 
gleiche  chemische  Zusammensetzung,  sowie  das  constante  Auf- 
treten der  Thonschieferbröekchen  anführen  können.  Er  lässt  es 
dahin  gestellt  sein,  ob  die  Bimssteinsande  auf  dem  Westerwalde 
oder  im  Gebiete  des  Laacher  Sees  ausgeworfen  worden  sind.  Da 
die  Zugehörigkeit  der  Westerwalder  Bimssteine  zum  Tertiär,  wie 
sich  aus  der  nachfolgenden  Beschreibung  ergeben  wird,  nicht  an- 
gezweifelt  werden  kann,  andererseits  aber  auch  Bimssteineruptionen 
für  das  Gebiet  des  Laacher  Sees  mit  grösster  Sicherheit  nachge- 
wiesen  sind,  so  lässt  uns  die  GÜMBEL’sche  Arbeit  doch  nur  die 
eine  Annahme  übrig,  nach  der  alle  Bimssteine,  auch  die  W ester- 
walder,  aus  dem  Laacher  Gebiet  herstammen,  hier  aber  sowohl 
zur  Tertiärzeit  wie  auch  später  ausgeworfen  worden  sind. 

Dem  gegenüber  glaube  ich  aber  meine  Ansicht,  dass  auch  auf 
dem  Westerwalde  Bimssteinausbrüche  stattgefunden  haben,  durch 
den  Nachweis  der  Abhängigkeit  des  Verbreitungsgebietes  derselben 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


40.5 


von  den  Terrainverhältnissen,  und  der  innigen  räumlichen  Ver- 
knüpfung mit  den  Trachyten,  stützen  zu  können.  Wichtig  ist  in 
dieser  Beziehung  auch  eine  Betrachtung  der  Bimssteinsande  in 
Rücksicht  auf  ihre  Korngrösse.  Wie  sich  schon  aus  dem  mitge- 
theilten  Profil  ergiebt,  drückt  sich  die  Schichtung  vielfach  durch 
die  sehr  verschiedene  Grösse  der  Bimssteinbrocken  aus.  Lagen 
von  5 Millimeter  grossen  Stückchen  wechseln  mit  solchen,  die  über 
3 Centimeter  im  Durchmesser  erreichen.  Was  aber  die  Häufig- 
keit der  grossen  Bimssteinbrocken  angeht,  so  nimmt  diese  im  All- 
gemeinen vom  Trachytgebiete  aus  nach  dem  Rheine  hin  um  ein 
Weniges  zu.  Oestlich  vom  Trachytterrain  dagegen  hört  das  Vor- 
kommen der  grösseren  Bimssteine  ganz  plötzlich  auf,  während  sich 
die  feinen  Sande  noch  so  häufig  auf  dem  Hohen  Westerwalde, 
wo  keine  Trachyte  bekannt  sind,  finden.  Der  Hohe  Westerwald 
hat,  als  die  Bimssteine  im  Trachytgebiete  entstanden  (also,  wie 
noch  nachgewiesen  wird,  zur  Tertiärzeit),  mit  diesem  in  keiner 
Verbindung  gestanden.  Es  ist  das  aufs  Bestimmteste  aus  dem 
Fehlen  mehrerer  Glieder  der  Braunkohlenformation  (Braunkohlen- 
quarzit, Quarzsand,  Quarzgerölle)  zu  scliliessen.  Die  feinen  Bims- 
steinsande gelangten  nur  durch  den  Wind  auf  den  Hohen  Wester- 
wald. So  findet  denn  das  scharf  begrenzte  Vorkommen  der  grossen 
Bimssteinbrocken  eine,  wie  mir  scheint,  durchaus  befriedigende 
Erklärung.  Stammten  aber  die  Westerwalder  Bimssteine  aus  dem 
Laacher  Gebiet,  so  wäre  nicht  einzusehen,  weshalb  nicht  auch  die 
grösseren  Stücke  nach  Osten  hin  nur  allmählich  verschwinden  sollten. 

Die  grössten  mir  überhaupt  bekannten  Bimssteinstücke  liegen 
nicht  im  Rheinthal  selbst,  sondern  auf  der  Höhe  bei  Nauort  in 
der  Nähe  des  Isenburger  Trachytes  und  bei  der  Ahler  Hütte 
zwischen  Lahnstein  und  Fachbach. 

Dass  die  Westerwalder  Bimssteine  im  Gegensätze  zu  denen 
des  Laacher  Sees  dem  Tertiär  angehören,  ergiebt  sich  einerseits 
aus  den  Verhältnissen,  die  man  in  den  Thaleinschnitten  beobachtet, 
andererseits,  und  mit  noch  grösserer  Sicherheit,  aus  der  Ueber- 
lagerung  durch  den  auf  der  Braunkohle  liegenden  Basalt. 

o O o 

Die  Beziehungen  der  Bimssteinablagerungen  zu  den  Thalein- 

O O O 

schnitten  lassen  sich  in  vorzüglicher  Weise  im  Thale  des  Elb- 


406 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


baches  beobachten.  Verfolgt  man  dieses  breite  Thal  etwa  von 
Dorchheim  an  aufwärts,  so  sieht  man,  wie  auf  beiden  Seiten  eine 
Anzahl  von  Sandlagern,  die  durch  grössere  Zwischenräume  von 
einander  getrennt  sind,  den  Elbbach  begleiten.  Die  Sande  nehmen 
überall  am  Gehänge  dasselbe  Niveau  ein,  und  reichen  nicht  bis 
in  die  Thalsohle  hinab1).  Weiter  aufwärts  stossen  die  Ablage- 
rungen an  den  Basalt,  während  dessen  Oberfläche  frei  von  Bims- 
stein ist.  Hier  kann  man  sich  nicht  des  Gedankens  erwehren, 
dass  die  Bimssteinmassen  bereits  vor  der  Thalbildung  vorhanden 
gewesen  sein  müssen.  Durch  die  allmähliche  Erosion  des  Thaies 
wurde  die  grösste  Menge  des  Bimssteins  fortgeführt,  nur  die 
hochgelegenen  Partieen,  die  jetzt,  obgleich  von  einander  getrennt, 
ein  und  dasselbe  Niveau  einnehmen,  blieben  erhalten.  Die  weg- 
geschwemmten Massen  nahmen  ihren  Weg  ins  Lahnthal,  oder 
l’ichtiger  ausgedrückt  ins  Limburger  Becken. 

Schon  bei  flüchtiger  Beobachtung  einer  grösseren  Anzahl  von 
Bimssteinablagerungen  ergiebt  sich  die  sehr  auffallende  Thatsache, 
dass  dieselben  fast  durchweg  nur  an  den  Abhängen  der  Basalt- 
rücken auftreten,  während  sich  auf  den  oft  sehr  ausgedehnten  und 
mehr  oder  weniger  flachen  Höhen  keine  Spur  von  Bimsstein  auf- 
finden lässt.  Diese  so  oft  wiederkehrenden  Verhältnisse  waren 
durch  die  Annahme  einer  späteren  Abschwemmung  des  allerdings 
sehr  leicht  beweglichen  Materials  kaum  zu  erklären;  sie  mussten 
vielmehr  auf  eine  Ueberlagerung  des  Bimssteins  durch  den  Basalt 
hindeuten.  Eine  sichere  Entscheidung  war  aber  nur  durch  Vor- 
nahme von  kleinen  Schürfarbeiten  zu  erzielen,  da  die  Abhänge 
der  Basaltkuppen  wegen  der  starken  Bedeckung  mit  Basaltgeröll 
der  Beobachtung  wenig  zugänglich  sind.  Im  Aufträge  der  Direk- 
tion der  geologischen  Landesanstalt  wurde  deshalb  eine  Reihe  von 
Schurflöchern  angelegt,  wobei  natürlich  die  Punkte  in  der  Weise 
gewählt  wurden,  dass  ich  zunächst  die  Grenze  der  Bimssteinablage- 
rung nach  der  Höhe  hin  durch  Beobachtungen  an  der  Oberfläche 
möglichst  scharf  bestimmte  und  dann  das  Schürf  loch  unter  Be- 


1)  Hier  sehe  ich  selbstverständlich  von  den  unbedeutenden  Bimssteinmassen 
ab,  die  jeder  starke  Kegen  ins  Thal  führt. 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


407 


rücksichtigung  der  Terrainverhältnisse  noch  etwas  höher  ausheben 
Hess.  An  mehreren  Stellen  gelang  es  denn  auch,  die  Grenze 
zwischen  Basalt,  und  Bimsstein  glücklich  zu  treffen,  zuweilen  aber 
ergab  es  sich,  dass  der  Basalt  am  Fusse  der  Kuppen  noch  auf 
grössere  Erstreckung  hin  in  flacher  Lagerung  fortreichte,  so  dass 
nur  ein  sehr  langer  und  tiefer  Scliurfgraben  die  Grenze  gegen  den 
Bimsstein  hätte  erreichen  lassen. 

Oestlich  von  Langendernbach,  am  Fusse  des  Lattendel,  eines 
breiten  und  langgestreckten  Basaltrückens  ergaben  die  Schürf- 
arbeiten, dass  hier  der  Bimssteinsand  dem  Basalte  horizontal  aufge- 
lagert ist.  Etwa  450  Meter  nördlich  von  dieser  Stelle,  am  Kohl- 
hack, bis  zu  welchem  der  Bimsstein  ohne  Unterbrechung  fort- 
reicht, konnte  dagegen  deutlich  nachgewiesen  werden,  dass  der 
sich  liier  über  Tage  sehr  steil  erhebende  Basalt  die  horizontalen 
Sandschichten  überlagert.  Der  Basalt  bildet  eine  unregelmässige 
bald  vor,  bald  zurückspringende  Wand,  deren  stärkstes  westliches 
Einfallen  35 — 38°  beträgt.  Es  folgt  hieraus,  dass  der  Basalt  des 
Kohlhack  und  der  des  Lattendel  von  verschiedenem  Alter  sein 
müssen.  Da  nun  an  zahlreichen  Stellen  des  Westerwaldes  ein 
älterer  die  Braunkohle  unterlagernder  und  ein  jüngerer  sie  über- 
lagernder Basalt  nachgewiesen  ist,  so  muss  die  Ablagerung  des 
Bimssteinsandes  in  die  Zeit  der  Braunkohlenbildung  fallen. 

Der  Weg,  welcher  von  Wilsenroth  nach  dem  Plateau  der 
Dornburg  führt,  bleibt  nur  wenige  Schritte  von  einem  alten  jetzt 
verlassenen  Basaltbruche  entfernt.  Da  in  diesem  Bruche  kein 
Bimsstein  auf  den  Köpfen  der  Basaltpfeiler  liegt,  obschon  er  sich 
im  Wege  bis  auf  wenige  Fuss  von  der  Höhe  des  Arbeitsstosses 
verfolgen  lässt,  so  musste  die  Grenze  zwischen  Basalt  und  Bims- 
stein innerhalb  einer  Strecke  von  kaum  4 Meter  zu  finden  sein. 
Ein  mitten  im  Wege  angelegtes  Schürf  loch  zeigte,  dass  dieselbe 
fast  in  der  Richtung  des  W eges  verläuft  und  saiger  steht.  Auch 
hier  kann  also  kein  Zweifel  darüber  bestehen,  dass  der  Basalt 
jünger  ist,  als  der  Bimssteinsand. 

An  der  Kirche  von  Wilmenroth  tritt  der  ältere  Basalt  zu 
Tage.  Nach  der  Höhe  des  Lindenberges  hin  verschwindet  er 
unter  einer  Bedeckung  von  Bimssteinsand,  der  durch  zahlreiche 


408 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


kleinere  Gruben  aufgeschlossen  ist.  Ein  am  Abhange  des  Linden- 
berges entlang  nach  Berzhahn  führender  Weg  giebt  so  ziemlich  die 
obere  Grenze  des  Bimssteinvorkonunens  an  und  geht  dicht  an 
einem  kleinen  Steinbruche  vorbei,  in  dessen  Sohle  der  Sand  noch 
gegraben  wird.  Auf  dem  Basalte  liegt  kein  Bimsstein,  weshalb 
ich  mit  einiger  Sicherheit  annehmen  kann,  dass  der  Basalt  des 
Steinbruches  der  jüngere  auf  dem  Bimsstein  lagernde,  der  unten 
an  der  Chaussee  anstehende  der  ältere  ist.  Es  wird  dies  um  so 
wahrscheinlicher,  wenn  man  die  Oberflächengestaltung  beachtet. 
Der  Bimssteinsand  liegt  auf  einer  Terrasse,  unter  welcher  mehrere 
kleine  Quellen  entspringen;  solche  Quellen  sind  aber  auf  dem 
Westerwalde  fast  stets  an  das  Ausgehende  der  zwischen  dem 
älteren  und  jüngeren  Basalte  liegenden  Tertiärschichten  gebunden. 
Die  am  Abhange  des  Lindenberges  in  geringer  Entfernung  von 

O O O o o 

dem  erwähnten  Basaltbruche  nachgewiesene  Braunkohle  dürfte  sich 
auch  noch  unter  dem  Bruche  herziehen,  wodurch  wir  folgendes 
kleine  Profil  erhalten: 

Aelterer  Basalt  (sog.  Sohlenbasalt), 

Thon, 

Braunkohle, 

Bimssteinsand, 

Jüngerer  Basalt  (sog.  Dachbasalt). 

Von  Inte  resse  sind  auch  die  Verhältnisse  an  den  Katzensteinen 
bei  Westerburg.  Die  am  Fusse  der  prächtigen  10 — 12  Meter 
hohen,  senkrechtstehenden  Basaltsäulen  abgelagerten  Bimsstein- 
massen verdienen  schon  deshalb  eine  besondere  Beachtung,  weil 
sie  das  östlichste  Vorkommen  von  grösseren  Bimssteinbrocken 
darstellen.  Bereits  oben  habe  ich  hervorgehoben,  dass  die  Menge 
dieser  grösseren  Stücke  nach  dem  Rheine  zu  um  ein  Geringes  zu- 
nimmt; um  so  bemerkenswerther  ist  es  aber  deshalb,  wenn  man 
dieselben  bei  Westerburg  so  plötzlich  aufhören  sieht.  Bei  Wester- 
burg beginnt  das  Traehytterrain;  hier  treten  zuerst  die  Trachyt- 
tuff'e  auf,  welche  am  Wege  bei  Gersliasen  entblösst  sind  und  auf 
denen  die  weithin  sichtbare  Kirche  von  Schönberg  steht.  Ferner 
beobachtet  man  hier  auch  echte  Basalttuffe,  die  östlich  von  Wester- 
burg, auf  dem  Hohen  Westerwalde  zu  fehlen  scheinen. 


Gustav  Angeebis,  über  die  Bimssteine  cles  Westerwaldes. 


409 


Das  Auftreten  cles  Basaltes  der  Katzensteine  erinnert  in 
höchstem  Grade  an  die  Laven.  Bei  Betrachtung  derselben  glaubt 
man  unbedingt  eine  horizontale  Unterlage  annehmen  zu  müssen. 
Diese  Unterlage  dürften  eben  die  am  Fusse  der  Basaltmasse  her- 
vortretenden Bimssteine  bilden.  Auch  die  gewaltigen  auf  dem 
Abh  ange  liegenden  Blöcke  scheinen  meine  Annahme  nur  zu  stützen. 
Durch  Auswaschung  des  das  Liegende  der  Katzensteine  bildenden 
Bimssteins  stürzte  die  Felswand  theil weise  ein.  Leider  verhin- 
derten die  zahlreichen  abgebröckelten  Basaltmassen,  welche  ohne 
ausgedehnte  Sprengungen  nicht  wegzuräumen  sind,  in  der  Nähe 
des  anstehenden  Gesteins  die  Anlegung  eines  Schurfloches.  Die 
Steinrossein  mit  einer  in  den  Sand  getriebenen  Strecke  zir  unter- 
fahren, war  mit  Rücksicht  auf  die  Kostspieligkeit  einer  unbedingt 
nothwendigen  sehr  soliden  Auszimmerung  unthunlich.  Immerhin 
ergaben  die  kleineren  zur  Orientirung  vorgenommenen  Arbeiten, 
dass  auch  hier  im  Sande  keine  Basaltblöcke  liegen,  woraus  mit 
Sicherheit  hervorgeht,  dass  die  Ablagerung  des  Bimssteins  min- 
destens zu  einer  Zeit  geschehen  ist,  wo  die  Verschotterung  der 
Abhänge  durch  die  abbröckelnden  Massen  noch  nicht  begonnen 
hatte. 

Der  Fuss  des  Sengelberges  zwischen  Salz  und  Wahnscheid, 
cler  durch  das  von  den  Herren  Sandberger  und  Bertels  be- 
schriebene Vorkommen  eines  eigenthümlichen  von  ihnen  als  Isenit 
bezeichneten  Hornblendeandesits  bekannt  geworden  ist,  wird  von 
Bimssteinsand  umgeben.  Die  grösste  Masse  des  Berges  besteht  aus 
Basalt,  in  dem  der  Andesit  als  mächtiger  auf  der  Höhe  und  am 
südwestlichen  Abhange  hervortretender  Gang  erscheint.  An  der 
Ostseite  beobachtet  man  die  Auflagerung  des  Randes  auf  dem  hier 
ziemlich  flachliegenden  Basalt,  der  deshalb  dem  älteren  sog.  Sohlen- 
besait zuzurechnen  ist.  Wenn  man  den  die  Kuppe  bedeckenden 
Wald  erreicht  hat,  wird  der  Abhang  bedeutend  steiler  und  hier 
scheint  die  Grenze  zwischen  Sohlenbasalt  und  dem  ihn  bedeckenden 
vom  Andesit  durchsetzten  Dachbasalt  zu  sein.  Die  auf  dem  süd- 
westlichen Airhange  liegenden  Bimssteinschichten  fallen  nach  dem 
Berge  zu  ein;  ferner  ziehen  auch  die  zahlreich  vorhandenen  Dachs- 
baue alle  bergan,  so  dass  die  Ueberlägerung  der  auch  hier  trotz 


410 


Gustav  Angelbis,  über  die  Bimssteine  des  Westerwaldes. 


der  starken  Schotterbedeckung  ganz  vom  Basalt  freien  Bimsstein- 
sande durch  den  jüngeren  Basalt,  resp.  Hornblendeandesit  sehr 
wahrscheinlich  wird. 

Die  Bimssteinsande  des  Westerwaldes  gehören  der  Braun- 
kohlenformation  an,  da  sie  wie  die  übrigen  Glieder  derselben 
zwischen  dem  älteren  und  jüngeren  Basalte  abgelagert  sind. 

Der  Ausbruch  der  Bimssteinsande  erfolgte  auf  dem  Wester- 
walde  und  zwar  in  dein  Trachytgebiete , da  wo  jetzt  noch  ihre 
horizontale  Verbreitung  am  grössten  ist.  Wahrscheinlich 
erfolgten  nur  wenige  Eruptionen,  vielleicht  nur  eine  grosse,  da 
sonst  die  geringe  Verbreitung  des  Bimssteins  von  Norden  nach 
Süden  nur  schwer  zu  erklären  sein  dürfte. 

Das  Hauptverbreitungsgebiet  der  Bimssteine  stellt  sich  als  ein 
langgestrecktes,  aber  schmales  Band  dar,  dessen  von  SW.  nach 
NO.  gehende  Richtung  mit  dem  Streichen  der  überall  zu  Tage 
tretenden  Devonschichten  übereinstimmt.  Diese  Thatsache  lässt 
sich  vielleicht  durch  die  Annahme  deuten,  dass  die  Eruptionen 
aus  einer  im  Devon  aufsitzenden  Spalte  erfolgten.  Für  eine  Reihe 
von  Trachytausbrüchen  ist  eine  solche  Verknüpfung  mit  präexi- 
stirenden  Spalten  als  ziemlich  sicher  nachzuweisen.  Das  Thal  des 
Saynbaches  folgt  in  seinem  oberen  Verlaufe  ganz  genau  der  Streich- 
linie der  unterdevonischen  Schichten.  In  demselben  setzt  eine 
Reihe  von  Trachyt-  und  Basaltkuppen  auf,  die  durch  den  Bach 
in  zwei  Hälften  getheilt  werden.  Wenn  das  Wasser  aber,  statt 
seinen  Weg  durch  die  wenig  widerstandsfähigen  Devonschichten 
zu  nehmen  und  die  festeren  Eruptivgesteine  zu  umgehen,  diese 
letzteren  durchbricht,  so  ist  wohl  nur  anzunehmen,  dass  die  Thal- 
bildung durch  eine  präexistirende  Spalte,  die  mit  dem  Streichen 
der  Devonschichten  correspondirte  und  aus  der  dann  auch  die 
Trachyte  und  Basalte  empor  kamen,  bedingt  war. 

Ein  geringer  Theil  der  Bimssteinmassen,  naturgemäss  nur  die 
feineren  Sande,  gelangte  durch  den  Wind  weiter  nach  Osten  auf 
den  hohen  Westerwald  und  darüber  hinaus. 

Die  Bimssteine  des  Westerwaldes  liegen  jetzt  fast  alle  wenig- 
stens auf  secundärer  Lagerstätte,  wie  dies  bei  der  überaus  grossen 
Beweglichkeit  derselben  leicht  erklärlich  ist.  Die  secundäre  Lager- 


Gustav  ängelhis,  über  die  Bimssteine  des  Wostorwaldes. 


411 


stätte  nahmen  die  Sande  bereits  zur  Tertiärzeit  ein,  da  auch  die 
unter  dein  jüngeren  Basalt  liegenden  Massen  die  vollkommenste 
Schichtung  zeigen,  diese  wird  aber  bedingt  durch  die  Mitwirkung 
von  fliessendem  Wasser.  Die  Ausbreitung  des  Bimssteins  durch  das 
Wasser  war  ganz  von  den  Terrainverhältnissen  abhängig,  weshalb 
die  grossen  Stücke  nach  Osten  hin  ganz  plötzlich  verschwinden. 

Einige  wenige  Ablagerungen  liegen  noch  an  ihrer  ursprüng- 
lichen Stelle,  d.  h.  da,  wo  die  Sande  niedergefallen  sind.  Als 
sicher  möchte  ich  dies  für  die  an  dem  Abhange  des  grossen  Arz- 
bacher  Kopfes  beobachteten  Bimssteine«  annehmen.  Hier  erreicht 
der  Bimsstein  sein  höchstes  Niveau;  er  liegt  auf  Sanidin-Oligoklas- 
T rachyt. 

Der  grösste  Theil  der  auf  dem  Westerwalde  ausgeworfenen 
Bimssteinmassen  fand  später  durch  Wegschwemmung  seinen  na- 
türlichen Weg  nach  dem  Lahn-  und  ganz  besonders  nach  dem 
Rheinthal.  In  letzterem,  so  wie  in  den  in  dasselbe  einmündenden 
Schluchten  hat  der  Bimsstein  jetzt  seine  grösste  verticale  Ver- 
breitung. Wenn  die  Zahl  der  grösseren  Bimssteinstücke  nach  dem 
Rhein  hin  um  ein  Weniges  zunimmt,  so  ist  der  Grund  davon 
darin  zu  suchen,  dass  gerade  die  grossen  Brocken  sich  länger 
schwimmend  auf  dem  Wasser  zu  halten  vermögen,  mithin  transport- 
fähiger sind  als  die  feineren  Sande.  Die  besonders  grossen  Bims- 
steine bei  Nauort,  die  an  und  für  sich  also  besonders  leicht  weg- 
zuführen sind,  blieben  auf  dem  Wege  nach  dem  Rheinthal  liegen, 
weil  das  in  der  Umgebung  des  genannten  Dorfes  sehr  flache 
Terrain  den  weiteren  Transport  erschwerte. 

Seit  der  Tertiärzeit  hat  eine  fortwährende  Verschiebung  der 
Bimssteinablagerungen  stattgefunden.  Eine  Ueberlagerung  dilu- 
vialer Bildungen,  besonders  des  Löss  durch  Bimssteinsand  kann 
deshalb  auch  nichts  Auffallendes  haben,  vielmehr  stehen  solche 
Verhältnisse  in  vollstem  Einklänge  mit  meinen  Beobachtungen. 
Dagegen  wird  durch  die  auch  bei  den  vom  Westerwalde  stam- 
menden Bimssteinen  vorkommende  Auflagerung  auf  jüngeren 
Bildungen  eine  Trennung  derselben  von  denen  des  Laacher  Ge- 
bietes sehr  erschwert. 

Bonn,  im  April  1882. 


Ueber 

das  Spalteiisjstem  am  SW. -Abfall  des 
Brockenmassivs, 

insbesondere  in  der  Gegend  von  St.  Andreasberg. 

Von  Herrn  E.  Kayser  in  Berlin. 

(Hierzu  Tafel  X und  XL) 


E i n 1 e i t e n de  Be m e r k u n g e n . 

Eins  der  interessantesten  Erzreviere  des  Harzes  ist  dasjenige 
von  St.  Andreasberg.  Nicht  nur  die  reiche  Ausbeute  an  Silber 
und  anderen  Metallen,  die  dasselbe  seit  Jahrhunderten  geliefert, 
und  die  Mannichfaltigkeit  und  Schönheit  der  die  Erze  begleitenden 
Mineralien,  sondern  auch  die  ganze  Art  des  Auftretens,  sowie  seine 
scheinbar  insulare  Abgeschlossenheit  machen  gerade  das  Anclreas- 
berger  Erzfeld  besonders  merkwürdig.  Die  formalen  Verhältnisse 
der  Andreasberger  Gänge  sowie  die  Art  ihrer  Mineral-  und  Erz- 
ausfüllunff  hat  uns  eine  im  Jahre  1865  erschienene  Arbeit  Her- 

O 

MANN  Credner’s1)  kennen  gelehrt,  in  der  Alles,  was  damals  über 
diese  Verhältnisse  zu  ermitteln  war  — und  viel  mehr  würde  auch 
beute  kaum  ermittelt  werden  können  — , in  ebenso  sorgfältiger  als 
klarer  Weise  zusammengestellt  worden  ist.  Was  aber  den  Tlieil 
der  Credner’ sehen  Arbeit  betrifft,  der  die  allgemeinen  geologischen 
Verhältnisse  „der  Andreasberger  Gegend  behandelt,  so  kann  der- 


) Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  XVII,  p.  163. 


E.  Kaysee  , über  das  Spaltensystem  am  SW.-  Abfall  etc. 


413 


selbe,  da  zu  jener  Zeit  die  Zusammensetzung  der  dort  verbreiteten 
Ablagerungen  des  älteren  Harzer  Schiefergebirges  noch  ganz  un- 
bekannt  war  und  daher  auch  der  geologische  Bau  eines  beliebig 
herausgegriffenen  Gebietes,  wie  des  Andreasberger,  unmöglich 
richtig  verstanden  werden  konnte,  heutzutage  nicht  mehr  genügen. 

Die  Credner  s ch e Arbeit  nach  dieser  Seite  zu  ergänzen  und 
zugleich  den  Zusammenhang  des  Andreasberger  Spaltensystems 
mit  dem  geologischen  Bau  dieses  Theils  des  Harzes  darzulegen, 
ist  der  Hauptzweck  des  vorliegenden  Aufsatzes.  Directe  Veran- 
lassung zu  demselben  gab  der  mir  Seitens  des  Vorstandes  der 
geologischen  Landesanstalt  ausgesprochene  Wunsch,  dass  ich  den 
Inhalt  eines  Vortrages,  den  ich  im  Winter  1880/81  vor  der  Deutschen 
geologischen  Gesellschaft J)  hielt,  und  der  über  grosse  Verwerfungs- 
spalten in  der  Gegend  von  Andreasberg  handelte,  zu  einer  ausführ- 
licheren Abhandlung  für  dieses  Jahrbuch  ausarbeiten  möge.  Ich  bin 
dieser  Aufforderung  um  so  bereitwilliger  nachgekommen,  als  es  mir 
im  Laufe  des  vergangenen  Sommers  (1881)  bei  einer  erneuten  Be- 
gehung der  Gegend  von  Andreasberg  und  Braunlage  gelungen  ist, 
eine  grosse  Anzahl  weiterer  Bruchlinien  aufzufinden,  die  diesem 
Theile  des  Harzes  eine  ganz  neue  Physiognomie  geben  und  zu- 
gleich für  das  Verständniss  des  Andreasberger  Gangnetzes  von 
grösster  Wichtigkeit  sind. 

Von  ausserordentlichem  Nutzen  waren  mir  bei  der  vor- 
jährigen Kartirung  des  Gebietes  von  Andreasberg  die  neuen,  aus 
dem  Jahre  1878  stammenden  metrischen  Aufnahmen  des  General- 
stabes, die  ein  ebenso  correctes  Bild  der  Gegend  geben,  als  das 
der  älteren  Karte  mangelhaft  war.  Ich  erkenne  es  gern  an,  dass 
ich  es  wesentlich  dieser  trefflichen  neuen  Grundlage  zu  danken 
habe,  wenn  es  diesmal  gelungen  ist,  eine  so  grosse  Zahl  von 
Dislocationsspalten  aufzufinden,  die  mir  bei  der  ersten  Ueber- 
sichtsaufnalnne  des  fraglichen  Gebietes  im  Jahre  1873  unbekannt 
geblieben  waren. 

Leider  war  der  Druck  der  LossEN’schen  geologischen  Ueber- 
sichtskarte  des  Harzes  (im  Maassstab  1 : 100000)  schon  zu  weit  vor- 


x)  Zeitsclir.  d.  Deutsch,  geol.  C4es.  Bd.  XXXIII,  p.  348. 


414 


E.  TCayseh,  über  das  Spaltensystem 


geschritten,  als  dass  es  noch  möglich  gewesen  wäre,  die  in  den 
letzten  anderthalb  Jahren  aufgefundenen  Spalten  am  SW. -Abfall 
des  Brockenmassivs  in  dieselbe  aufzunehmen.  Es  war  daher  zum 
Verständniss  der  nachfolgenden  Mittheilungen  nöthig,  denselben 
einen  Ausschnitt  aus  der  LöSSEN’schen  Karte  beizugeben,  auf  dem 
jene  Bruch-  und  Gangspalten  eingetragen  wurden  und  auch  einige 
sonstige,  sich  auf  meine  neueren  Beobachtungen  in  der  Gegend 
von  Sieber,  Andreasberg  und  Braunlage  stützende  Correcturen  zur 
Ausführung  gekommen  sind.  Die  Grenzen  dieser  Karte  ( Taf.  X) 
wurden  so  gewählt,  dass  dieselbe  im  O.  bis  in  die  Gegend  von 
Braunlage,  im  SW.  bis  an  den  Gebirgsrand  zwischen  Herzberg 
und  Osterode,  im  NW.  bis  Zellerfeld  und  Wildemann  reicht. 
Auf  diese  Weise  tritt  der  Zusammenhang  der  Andreasberger 
Spaltengruppe  sowohl  mit  dem  sich  ihr  im  S.  anschliessenden 
Lauterberger  Spaltensystem,  als  auch  mit  dem  Gangnetze  des 
Oberharzer  Plateaus  deutlich  hervor. 

Ausserdem  wird  die  Arbeit  noch  von  einer  zweiten  Karte  im 
Ma  assstab  1 : 25  000  (Taf.  XI)  begleitet,  die  einen  Ausschnitt  aus 
den  Messtischblättern  Andreasberg  und  Riefensbeek,  ebenfalls  nach 
den  neuesten  Aufnahmen  des  Generalstabes  darstellt  und  die 
specielleren  geologischen  Verhältnisse  der  Umgebung  von  Andreas- 
berg, wie  sie  sich  nach  meinen  eingehenden  letztjährigen  Unter- 
suchungen darstellen,  veranschaulichen  soll. 


Geologische  Verhältnisse  des  zu  betrachtenden  Gebietes. 

Der  im  Folgenden  zu  behandelnde  Theil  des  Harzes  gehört 
dem  SW. -Abfall  des  granitischen  Brockenmassivs  und  den  an- 
grenzenden Theilen  des  Schiefergebirges  an  und  reicht  im  N.  bis 
auf  die  Höhe  des  Brockens  und  des  Bruchberges,  im  O.  bis  über 
die  Heinrichshöhe  und  die  beiden  Winterberge  (nördlich  Braunlage) 
hinaus,  im  Süden  bis  in  die  Gegend  der  Brunnenbachmühle  (süd- 
lich Braunlage) , des  Oderhauses  und  der  Andreasberger  Silber- 
hütte, im  W.  endlich  über  das  Obere  Sieberthal  hinaus  bis  auf 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


415 


den  Rücken  des  Acker.  Die  allgemeine  Bodenabdachung  inner- 
halb dieser  Grenzen  geht  von  N.  nach  S.  Die  höchste  Erhebung 
(mit  1142  Meter)  liegt  in  der  Brockenkuppe,  von  der  aus  das 
Granitmassiv  sich  nach  W.  langsam,  nach  S.  schneller  abdacht. 
Nächst  dem  Brocken  tritt  als  bedeutende  Erhebung  der  gerade, 
langgedehnte,  nach  SW.  bis  an  den  Gebirgsrand  bei  Osterode  zu 
verfolgende  Quarzitrücken  des  Bruchberges  und  Acker  (über  900 
und  850  — 700  Meter)  hervor.  Von  tieferen  Thaleinschnitten  sind 
zu  nennen:  das  zwischen  Brocken  und  Bruchberg  in  östlicher 
Richtung  einschneidende  Thal  der  kalten  Bode,  sowie  das  Oder- 
und Sieberthal,  welche  beide  in  dieser  Gegend  eine  wesentlich 
südliche  Richtung  haben.  Das  zwischen  den  Thälern  liegende 
Plateau  hat  selbst  im  S.  von  Andreasberg  und  Braunlage  noch 
eine  sehr  beträchtliche,  hinter  der  des  Oberharzer  Plateaus  kaum 
zurückbleibende  (550  bis  über  G00  Meter  betragende)  Höhe;  und 
da  sowohl  das  Oder-  wie  auch  das  Sieberthal  sich  sehr  rasch  ver- 
tiefen, so  gehören  dieselben  schon  an  der  Südgrenze  unseres  Ge- 
bietes zu  den  tiefst  eingeschuittenen  Thälern  des  ganzen  Gebirges. 

Die  innerhalb  unseres  Gebietes  auftretenden  Ablagerungen 
des  Schiefergebirges  gehören  gänzlich  dem  Unter  dev  on  und 
zwar  den  beiden  ältesten  im  Harz  erscheinenden  Stufen  desselben, 
der  Tauner  Grauwacke  und  den  Wieder  Schiefern  an. 

Die  Tauner  Grauwacke  setzt  sich  bald  aus  einer  mehr 
massigen,  in  dicke  Bänke  gegliederten  Grauwacke,  bald  aus  einem 
dünnschichtigeren,  mürberen  Grauwackenschiefer,  aber  nie  aus 
reineren,  dünnblätterigen  Thonschiefern  zusammen.  Gewöhnlich 
wechseln  massige  Bänke  mit  mächtigeren,  schieferigen  Zwischen- 
lagen.  Im  frischen  Zustande  ist  die  compacte  Grauwacke  von 
blaugrauer,  die  schieferige  von  blau-  bis  grünlichgrauer  Fär- 
bung. Wie  allenthalben  im  Harz,  besteht  das  meist  ziemlich  fein- 
bis  kleinkörnige,  indess  hie  und  da  auch  grobkörnig  werdende 
Gestein  aus  wenig  gerundeten  Körnern  von  Quarz  und  Feldspath, 
sowie  aus  Fragmenten  von  Thon-  und  mitunter  Kieselschiefer.  An 
der  obersten  Grenze  ist  die  in  Rede  stehende  Stufe  gewöhnlich 
aus  dünnplattigen  Bänken  eines  feinkörnigen,  festen  Grauwacken- 
schiefers zusammengesetzt,  der  nach  oben  rasch  in  die  wetzschiefer- 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


416 

artigen  Gesteine  übergeht,  mit  denen  die  Stufe  der  Wieder  Schiefer 
im  W.  von  Andreasberg  zu  beginnen  pflegt.  Diese  obersten 
plattigen  Grauwackenschiefer  sind  ein  Aequivalent  der  namentlich 
im  Ostharze  sehr  entwickelten,  die  obere  Zone  der  Tauner  Grau- 
wacke bildenden  Plattenschiefer. 

Von  Versteinerungen  hat  sich  in  der  Tauner  Grauwacke 
unseres  Gebietes  nichts  Anderes  gefunden,  als  hie  und  da  Spuren 
von  Pflanzenresten. 

Die  S t u f e derWiederSchiefer  stellt  ein  mächtiges  System 
von  Thonschiefern  mit  mannichfachen  Einlagerungen  von  Kiesel- 
und Wetzschiefern,  kalkigen  Gesteinen,  Quarziten  und  Grauwacken 
dar,  zu  denen  in  bestimmten  Niveaus  noch  mehr  oder  weniger 
zahlreiche  und  bedeutende  Diabaslager  hinzuzutreten  pflegen. 

Die  Stufe  zerfällt  in  eine  untere  und  eine  obere  Abtheilung. 

Die  untere  Abtheilung  der  Wieder  Schiefer  beginnt 
im  W.  von  Andreasberg  allenthalben  mit  einer  Zone,  die  durch 
mehr  oder  minder  mächtige  Einlagerungen  von  Wetz-  und 
Kiesel  schiefem  ausgezeichnet  ist.  Local,  wie  am  Ostabhang 
des  Acker,  können  diese  Gesteine  so  stark  entwickelt  sein,  dass 
sie  nicht  mehr  als  Einlagerungen  im  Schiefer  erscheinen,  sondern 
ein  fast  reines  Wetz-  und  Kieselschiefersystem  bilden.  Hie  und  da 
treten  ganz  untergeordnet  schwach  kalkige  Gesteine,  selten 
(wie  im  Thal  der  Gr.  Kulmke  westlich  vom  Forsthause  Schilift) 
kleine  Lager  von  reinerem  Kalk  auf.  Im  Ö.  des  oberen  Sieber- 
thaies verschwinden  die  Wetz-  und  Kieselschiefer  sehr  rasch, 
während  sich  die  kalkigen  Einlagerungen  zu  grösserer  Häufigkeit, 
wenn  auch  nirgends  zu  grösserer  Mächtigkeit  und  Reinheit  ent- 
wickeln. Grauwacken,  die  im  mittleren  und  östlichen  Harz  in  Beglei- 
tung der  Kieselschiefer  und  Kalksteine  im  unteren  Theile  der 
unteren  Wiederschiefer  eine  nicht  unwichtige  Rolle  spielen,  fehlen 
in  dieser  Gegend  des  Harzes  so  gut  wie  gänzlich. 

Ueber  der  beschriebenen  Zone  folgt  eine  andere,  die  aus  ver- 
hältnissmässig  reinen,  von  fremden  sedimentären  Einlagerungen 
fast  freien  Thonschiefern  besteht,  die  aber  um  so  reicher  an  Ein- 
schaltungen von  körnigem  Diabas  zu  sein  pflegt  und  daher  als 
Zone  der  körnigen  Diabase  bezeichnet  werden  kann. 

O 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


417 


Die  untere  Abtheilung  der  Wieder  Schiefer  ist  es,  welche  die 
bekannte  hercynische  Fauna  beherbergt,  eine  Fauna,  die  sich 
trotz  ihres  entschieden  devonischen  Gesammtcharakters  (der  nament- 
lich in  den  Cephalopoden  [Goniatiten] , Trilobiten  und  Korallen 
hervortritt),  dennoch  eine  Anzahl  älterer,  früher  allgemein  als  sibirisch 
betrachteter  Formen  — darunter  besonders  Graptolithen  — ein- 
schliesst.  Innerhalb  des  in  Rede  stehenden  Gebietes  sind  Ver- 
steinerungen dieser  Fauna  leider  nirgends  aufgefunden  worden  — 
was  offenbar  mit  der  grossen  Unreinheit  und  Beschränktheit  der 
kalkigen  Einlagerungen  zusammenhängt,  an  welche  die  hercynische 
Fauna  überall  gebunden  ist. 

Die  obere  Abtheilung  der  Wieder  Schiefer  beginnt, 
wie  allenthalben  im  Harz,  mit  der  Zone  des  sog.  Hauptquar- 
zits. Dieselbe  besteht  aus  Schiefern,  welche  mehr  oder  minder 
zahlreiche,  im  Streichen  meist  nicht  lange  aushaltende  Einschal- 
tungen von  Quarzit  enthalten,  der  bald  nur  in  dünnen  Bänken 
zwischen  den  Schiefern  erscheint,  bald  grössere  linsen-  oder  klotz- 
förmige Massen  bildet  (wie  dies  letztere  namentlich  an  der  Hohen 
Tracht  zwischen  dem  Oderthal  und  Braunlage  der  Fall  ist).  Das 
Gestein  ist  von  dunkelblaugrauer  bis  hellgrauer  oder  weisser  Fär- 
bung,  gewöhnlich  feinkörnig,  von  compakter  oder  schieferiger 
Beschaffenheit  und  im  letzteren  Fall  gewöhnlich  glimmerreich.  In 
einer  vom  Forsthause  Dietrichsthal  (im  0.  der  Oder)  über  das 
Drei -Jungfernholz  und  die  Grube  Katharina -Neufang  nach  dem 
Sieberberge  sich  erstreckenden  Zone  zeichnet  sich  der  Quarzit  durch 
ungewöhnlich  grobkörnige  bis  conglomeratische  Beschaffenheit  und 
blaulichweisse  Färbung  aus.  Im  0.  von  Andreasberg,  besonders 
in  der  Umgebung  des  Drei-Jungferngrabens,  sind  die  den  Quarzit 
begleitenden  Schiefer  etwas  kalkig  und  schliessen  die  sogleich  zu 
besprechenden  Versteinerungen  ein. 

Als  eine  besondere  Facies  des  Hauptquarzits  — möglicher- 
weise mit  Einschluss  der  hängenderen  Unterdevonschichten  — ist 
auch  der  feinkörnige,  weisse  Quarzit  anzusehen,  der  in  dicken 
Bänken  mit  Zwischenlagen  von  schwarzem,  dünnblätterigem  Thon- 
schiefer wechsellagernd,  den  Kamm  und  die  oberen  Gehänge  des 
Acker-Bruchberges  zusammensetzt. 


27 


418 


E.  Kaysek,  über  das  Spaltensystem 


Im  Gegensatz  zur  unteren  Abtheilung  der  Wieder  Schiefer 
schliesst  die  Zone  des  Hauptquarzits  keine  ans  Silur  erinnernde 
Formen  mehr  ein,  sondern  enthält  vielmehr  lauter  solche  Arten, 
die  am  Rhein  im  Spirifer ens andstein,  und  zwar  in  dessen 
oberstem  Niveau,  unweit  der  Basis  des  Mitteldevon  verbreitet  sind. 
In  der  Umgebung  von  Andreasberg  sind  Versteinerungen  dieses 
Niveaus  zuerst  durch  F.  A.  Römer  in  der  Gegend  des  Drei- 
Jungferngrabens  entdeckt  worden1),  während  ich  sie  im  vorigen 
Sommer  zusammen  mit  Herrn  Studiosus  Schneider  auf  der 
Höhe  des  Dreckthalskopfes  im  Osten  der  Oder  aufgefunden 
habe.  Die  Fauna  besteht  hier  aus  Homalonotus-  und  Cry- 
phaeus- Fragmenten,  verschiedenen  Brachiopoden  (bes.  Chonetes 
sarcinulata,  Spirifer  macropterus  und  speciosusf  Crinoidenstiel- 
gliedern  etc.  Die  Fundpunkte  dieser  Versteinerungen  sind  auf 
der  Karte  Tafel  XI  durch  ein  besonderes  Zeichen  (r>)  angegeben 
worden. 

Sehr  eigenthümliche,  im  Niveau  des  Hauptquarzits  oder  auch 
etwas  tiefer  liegende  Glieder  des  Schiefergebirges  sind  die  sog. 
Porphyroide.  Dieselben  bilden  einen  aus  der  Gegend  östlich 
Elend  über  Braunlage  bis  in  die  Nähe  von  Andreasberg  zu  ver- 
folgenden  Zug,  der  sich  aus  zahlreichen,  meist  schmalen  und  lang- 
gezogenen, linsenförmigen  Einlagerungen  porphyr ähnlicher  Gesteine 
zusammensetzt.  Die  petrographische  Ausbildung  der  Porphyroide 
ist  äusserst  wechselnd.  Tlieils  sind  es  Gesteine  mit  überwiegender 
dichter,  splitteriger,  hell-  bis  dunkelgrauer,  bälleflintartiger  Grund- 
masse und  vereinzelten,  derselben  eingesprengten  Feldspath-  und 
Quarzkrystallen,  tlieils  solche  mit  zahlreichen  grösseren  Krystall- 
ausscheidungen  und  sich  individualisirender  Grundmasse,  tlieils 
endlich  flaserig-schieferige,  mehr  oder  weniger  sericitreiche  Gesteine 
mit  mehr  zurücktretenden  Krystallkörnern.  Diese  Gesteine  treten 
sowohl  innerhalb  als  ausserhalb  des  Hornfelsgürtels  auf,  ja  zuweilen 
(wie  bei  Rübeland)  sogar  in  weiter  Entfernung  vom  Granit,  stehen 
mithin  zur  Contactmetamorphose  desselben  in  keiner  unmittelbaren 
Beziehung. 


) Beitr.  z.  Kenntet,  des  nordwestl.  Harzgeb.  I,  p.  62 ; II,  p.  3. 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


419 


Mit  der  Zone  des  Hauptquarzits  ist  das  hängendste  Glied  des 
Schiefergebirges  erreicht,  welches  in  dem  zu  betrachtenden  Gebiete 
auftritt. 

Was  die  Eruptivgesteine  betrifft,  so  treten  körniger 
Diabas,  Granit,  Quarzporphyr  und  Melaphyr  auf. 

Das  Vorkommen  des  körnigen  Diabases  ist  ganz  auf  den 
oberen  Theil  der  unteren  Wieder  Schiefer  beschränkt.  Das  Gestein 
besteht  aus  einem  klein-  Dis  mittel-,  seltener  grobkörnigen  Gemenge 
von  Plagioklas  (Labrador)  und  diallagähnlichem  Augit  mit  etwas 
Magneteisen,  Titaneisen  und  Apatit  und  ist  in  Folge  chloritischer 
Zersetzungsproducte  des  augitischen  Bestandteils  stets  mehr  oder 
weniger  intensiv  grün  gefärbt.  Ilie  und  da  kommen  auch  mandel- 
steinartige  Abänderungen  vor. 

In  ungewöhnlich  mächtigen  und  weit  fortsetzenden  Massen 
erscheint  der  Diabas  im  S.  von  Andreasberg  zwischen  dem  Sperr- 
lutter- und  Brunnenbachthale.  In  diesen  grossen,  geschlossenen 
Massen  ist  das  Gestein  meist  sehr  feinkörnig  bis  fast  dicht  oder 
durch  Hervortreten  einzelner  grösserer  Feldspathkrystalle  porphyr- 
artig und  besitzt  oft  zugleich  eine  ausgezeichnete  sphäroidische 
Absonderung  (Wäschgrund,  Chaussee  Andreasberg-Oderhaus  und 
Oderhaus-Blaufarbenwerk).  Aber  auch  diese  grossen  Diabaspar- 
tieen  sind  nicht  gang-  oder  stockförmige  Massen,  sondern  — wie 
alle  Harzer  Diabase  — eruptive  Lager. 

Contactbildungen  sind  an  den  Diabasen  des  zu  betrachten- 
den Gebietes  verhältnissmässig  schwach  entwickelt.  Dieselben 
sind  meist  fleckschieferartige  Gesteine,  die  bekannten  Spilosite 
(SW. -Abhang  des  Sieberberges  u.  a.  a.  0.),  seltener  flintähnliche, 
zuweilen  gebänderte  Adinolgesteine , Desmosite  (bes.  in  der 
Schlucht  im  S.  der  Andreasberger  Pulvermühle,  zwischen  dem 
Matthias  - Schmidtsberge  und  dem  Forstorte  Schleife). 

Der  Granit  zeigt  überall  die  auf  der  ganzen  W.-  und 
S.-Seite  des  Brockenmassivs  herrschende  Beschaffenheit.  Er  stellt 
ein  graues  bis  röthliches,  meist  mittelkörniges  Gemenge  von  röth- 
lichem  Orthoklas,  grünlichem  Oligoklas,  graulichem  Quarz  und 
schwarzem  Glimmer  dar.  Nach  den  Rändern  verdichtet  sich  das 
Gestein  und  erhält  eine  feinkörnige  bis  fast  dichte  Grundmasse, 

27* 


420 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


aus  der  nur  einzelne  grössere  Feldspathkrystalle  porphyrartig  vor- 
zutreten pflegen.  Am  äussersten  Rande,  an  der  Auflagerungs- 
fläche  des  Hornfelses  und  ebenso  in  schmalen  Apophysen  ver- 
schwinden auch  jene  Krystallausscheidungen  und  es  bleibt  ein 
felsitisch  aussehendes,  glimmerarmes,  aber  häufig  turmalinreiches 
Gestein  übrig.  Ueberhaupt  spielt  in  der  Rand- Zone  des  Granits 
Turmalin  in  Begleitung  anderer  Mineralien,  wie  Flussspath, 
Granat  etc.,  eine  Rolle.  Ausser  durch  die  Verdichtung  des 
Gesteins  pflegen  die  Granitränder  auch  durch  mehr  oder  weniger 
zahlreiche,  arm-  bis  oft  kaum  fingerdicke  Apophysen  ausgezeichnet 
zu  sein.  Besonders  berühmt  sind  seit  alter  Zeit  die  Granitapo- 
physen  am  Rehberger  Graben;  aber  auch  au  der  gegenüberliegenden 
Thalseite  am  Hahnenklee,  an  der  Wand  unter  dem  Königskopf, 
am  Ostrand  der  kleinen  Granitpartie  im  Forstorte  Dietrichsthal  etc. 
kann  man  nicht  minder  schöne  Granitadern  im  Hornfels  beob- 
achten. 

Fast  allenthalben  zeigt  der  Granit  eine  starke  Zersetzung, 
durch  die  er  oftmals  bis  auf  grosse  Tiefe  zu  Grus  aufgelöst  ist. 
Es  bleiben  dabei  nur  einzelne  widerstandsfähigere  Gesteinspartieen 
in  Form  grosser  sphäroidischer  Blöcke  zurück,  welche  nach  Fort- 
führung des  Gruses  die  Gehänge  oftmals  als  förmliche  Felsen- 
meere bedecken. 

Granitgänge  kommen  in  der  in  Rede  stehenden  Gegend 
nur  an  zwei  Punkten  vor:  einmal  auf  dem  Sonnenberge,  an  der 
sog.  Zinngrube,  wo  im  Hornfels  der  Tauner  Grauwacke  ein  auf 
dem  dichtbewaldeten  moorigen  Plateau  nicht  weit  zu  verfolgender, 
nur  durch  ein  paar  alte  Schächte  aufgeschlossener,  sehr  turmalin- 
reicher Gang  aufsetzt1),  und  zweitens  auf  dem  Steiufelde  westlich 
Braunlage,  wo  zwischen  den  dortigen  Erzgängen  ein  sehr  zer- 
setzter,  selbst  von  der  Erzbildung  ergriffener  und  mit  Kalkspath 
und  Quarztrümern  sowie  mit  Erzkörnern  und  -Fünkchen  erfüllter, 
fast  glimmerfreier  Turmalingranit  auftritt,  dessen  Feldspath  — wie, 
weniger  stark  auch  am  Sonnenberger  Gang  — zum  grossen  Theil 

:)  Die  glänzenden  hemiedrischen  Turmalinkrystalle  worden  seiner  Zeit  mit 
Zinnstein  verwechselt  und  diese  Verwechselung  gab  Veranlassung  zur  Anlage 
einiger  kleiner  Versuchsbaue. 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


421 


in  ein  gelbgrünes  steinmarkälmliches  Mineral  nmgewandelt  ist. 
Beide  Gänge  besitzen  ein  ostwestliches  Streichen. 

Die  Contactb  il  düngen  des  Granits  sind  viel  mannichfaltmer 
als  die  des  Diabases,  was  damit  zusammenhängt,  dass  derselbe 
nicht  — wie  der  letztere  — blos  zwischen  Thonschiefern  auftritt, 
sondern  auch  mit  Grauwacken,  kalkigen  Gesteinen,  Quarziten, 
Diabasen,  kurz  mit  den  aller  verschiedensten  Gliedern  des  Schiefer- 
e-ebirares  in  Berührung:  kommt.  Die  Gesammthe.it  der  durch  Granit- 
metamorphose  veränderten  Gesteine  bezeichnet  man  mit  einem 
Harzer  Vulgärnamen  als  ITornfels  — eine  Bezeichnung,  die  auch 
ganz  brauchbar  ist,  wenn  man  nicht  vergisst,  dass  damit  kein 
Gestein  von  bestimmter  petrographischer  Beschaffenheit  gemeint  ist. 

Bei  schieferigen  Gesteinen  spricht  sich  der  Beginn  der 
Metamorphose  in  einer  allmählich  immer  stärker  werdenden  Härtung 
des  Gesteins,  verbunden  mit  einem  Undeutlichwerden  und  end- 
lichem Verschwinden  der  Schieferstructur  aus.  Es  entstehen  harte, 
splitterige,  muschelig  brechende,  dunkelblau  bis  violettschwarze, 
auf  den  ersten  Blick  fast  basaltähnliche  Gesteine,  die  aus  einem 
kryptokrystallinischen  Gemenge  vorwaltend  von  Quarz  und  braunem 
Glimmer  bestehen.  Bei  noch  stärkerer  Metamorphose  werden  die 
Gesteine  deutlicher  körnig  — es  tritt  namentlich  der  Glimmer 
oft  in  deutlichen  Blättchen  hervor  — und  die  schwarze  Färbung: 
macht  einer  mehr  violettbraunen  Platz.  Am  Südrande  des  Brocken- 
massivs, zwischen  Andreasberg,  Braunlage  und  Elend  spielen  unter 
den  schwächer  veränderten,  der  äusseren  Region  der  Contactzone 
angehörigen  Gesteinen  Knotenschiefer  eine  nicht  unwesentliche 
Rolle,  ohne  indess  eine  constante,  zusammenhängende  Zone  zu 
bilden. 

Die  Grauwacken  verlieren  bei  der  Metamorphose  ebenfalls 
allmählich  ihre  Schichtung  und  werden  zu  harten , klingenden 
dunkelbläulich-  bis  violettgrauen,  scheinbar  gleichartigen  Gesteinen, 
deren  Zusammensetzung  aus  verschiedenartigen  Bestandtheilen  oft 
nur  noch  auf  der  Verwitterungsrinde  zu  erkennen  ist. 

Kalkige  Gesteine  werden  theils  in  hellfarbige,  grünlich- 
weisse  bis  rein  weisse  Kalksilicate  verwandelt,  theils  aber,  wenn 
sie  reiner  sind,  in  zuckerkörnigen,  krystallinischen  Kalk,  der  mit 


422 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


verschiedenen  derben,  krystallini sehen  oder  auch  krystallisirten 
Silicaten  — darunter  besonders  Grossular  und  Epidot  — durch- 
wachsen ist.  Reineren  weissen  Kalkhornfels  findet  man  längs  des 
Wasserlaufs  im  W.  der  Glückaufer  Klippen  bei  Andreasberg,  sowie 
gleich  oberhalb  der  Braunlager  Glashütte,  sehr  schöne  schwarz- 
und  weissgebänderte  Gesteine  besonders  am  Abhang  des  Sonnen- 
berges, längs  der  im  Gr.  Sonnenthal  nach  der  Schluft  führenden 
Chaussee.  Körnige  Kalke  mit  krystallinischen  Silicaten  kommen 
in  unserem  Gebiete  nur  in  beschränkter  Weise  im  Thale  der 
Gr.  Schluft  oberhalb  des  gleichnamigen  Forsthauses  vor. 

Qu  arzi tische  Gesteine  werden  im  Allgeinen  wenig  ver- 
ändert, und  zwar  um  so  weniger,  je  reiner  sie  sind.  Am  Abhang 
des  Bruchberges  gegen  den  Oderteich  spielt  Turmalin  nicht  nur 
auf  Schichtenfugen  und  Adern,  sondern  als  die  Masse  des  Ge- 
steins selbst  durchdringende  und  pigmentirende  Substanz  local 
eine  Rolle.  Auch  im  Forstort  Dietrichsthal  treten  am  N. -Abhang 
des  mittleren  Dreckthals  turmalinreiche,  durch  lagenweise  Anhäufung 
des  Minerals  zum  Theil  gebänderte  Hornfelse  auf.  Auch  sie  waren 
vielleicht,  da  sie  wohl  der  Zone  des  Hauptquarzits  angehören,  ur- 
sprünglich quarzitische  Schiefer. 

Bei  Diabasen  endlich  macht  sich  die  Umwandlung  darin 
bemerkbar,  dass  ihre  Grundmasse  ebenfalls  hart  und  splittrig  wird 
und  eine  dunkelviolette  bis  schwarze  Färbung  annimmt,  während 
die  Feldspäthe  z.  Th.  in  Epidot,  und  die  ursprünglichen  Kalkspath- 
mandeln  mandelsteinartiger  Abänderungen  in  krystallisirten  Grossu- 
lar umgewandelt  werden  (bes.  schön  in  den  sog.  Berglöchern 
s.  w.  Braunlage  und  in  der  Umgebung  des  alten  Brunnenbacher 
Teiches). 

Die  Breite  der  Contactzone  des  Granits  wechselt  sehr  und 
hängt  wesentlich  von  der  Art  des  veränderten  Gesteins  ab.  Am 
leichtesten  werden  kalkige  Gesteine  umgewandelt.  Sie  sind  daher 
oftmals  metamorphosirt,  wo  die  umgebenden  Schiefer  kaum  noch 
eine  Spur  von  Umwandlung  erkennen  lassen.  Thonschiefer  werden 
leichter  metamorphosirt,  als  Grauwacken,  diese  wieder  leichter,  als 
kieselige  und  quarzitische  Gesteine.  Auf  der  Karte  Taf.  XI  ist 
der  Versuch  gemacht  worden,  die  äussere  Grenze  der  Contact- 


am  SW.-  Abfall  des  Brockenmassivs. 


423 


Wirkungen  des  Granits  durch  eine  Linie  anzugeben.  Dabei  muss 
indess  hervorgehoben  werden,  dass  die  Metamorphose  nach  aussen 
ganz  allmählich  ausläuft  und  ihre  Abgrenzung  daher  immer  etwas 
Subjektives  behält. 

Das  Vorkommen  des  Quarzporphyrs  beschränkt  sich  auf 
einen  Gang  am  grossen  Königsberge  n.  w.  Andreasberg.  Obwohl 

O O o o o 

nur  wenige  Meter  breit,  hat  sich  derselbe  doch  mit  nordwestlicher 
Streichrichtung  über  1 Kilometer  weit  verfolgen  lassen.  Im  mitt- 
leren Theil  der  Gangspalte  besitzt  das  Gestein  zahlreiche  grosse 
Krystallausschei düngen  von  Feldspat h und  Quarz  und  stimmt 
darin,  sowie  auch  im  ganzen  übrigen  Habitus,  mit  den  gross- 
krystallinischen  Quarzporphyrgängen  der  Gegend  von  Lauterberg 
überein.  An  den  Saalbändern  aber  wird  das  Gestein  dicht  und 
sphärolitisch  und  gleicht  hier  ganz  dem  Porphyr  des  Ganges  am 
Scharzfelder  Zoll  unweit  der  Bahnstation  Lauterberg-Scharzfeld. 

Auch  das  Vorkommen  des  Melaphyrs  scheint  sich  auf  einen 
einzigen , kurzen  Gang  im  Bremkethal  östlich  Braunlage  zu 
beschränken1),  der  gleich  den  zahlreichen,  in  der  Gegend  von 
Elbingerode  und  Rübeland  auftretenden  Eruptivgesteinsgängen 
nordsüdlich  streicht.  Das  feinkörnige,  lichtgraue  Gestein  setzt, 
sich  aus  reichlichem,  stark  glänzenden,  dunkelen  Glimmer,  Augit. 
und  Plagioklas  zusammen.  Im  Unterschied  vom  Diabas  hat  es 
eine  etwas  prismatische  Absonderung  und  bedeckt  sich  mit  einer 
scharf  abgesetzten,  lichtbraunen  Verwitterungsrinde. 

Ausser  den  beschriebenen  Gesteinsbildungen  treten  in  unserem 
Gebiete  nur  noch  Alluvial-  und  Diluvialablagerungen 
auf.  Den  ersteren  gehören  die  Absätze  in  den  meist  engen  Thal- 
sohlen an.  Ein  diluviales  Alter  dagegen  möchten  die  merkwürdigen, 
wallförmigen  Schuttanhäufungen  haben,  die  man  im  Thal  der 
Kalten  und  der  Warmen  Bode,  im  oberen  Sieberthal  und  besonders 
im  Oderthal  oberhalb  des  Andreasberger  Rinderstalles  beobachtet, 
wo  sie  stellenweise  bis  über  20  Meter  Höhe  erreichen.  Vorherr- 
schend aus  zerriebenem,  lehmigen  Granitsand  bestehend,  enthalten 


Q Auf  der  Karte  Taf.  X ist  dieser  Gang  mit  der  Farbe  des  Quarzporphyrs 
gedruckt  worden. 


424 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


diese  Wälle  auch  zahlreiche,  kaum  gerundete  Hornfelsgeschiehe, 
die  oft  stark  polirt  und  mit  Schrammen  und  Ritzen  bedeckt  sind. 
An  einer  anderen  Stelle  habe  ich  meine  Ansicht,  dass  die  frag- 
lichen Steinwälle  Reste  alter  Moränen  darstellen,  näher  zn  be- 
gründen versucht 1). 

Was  nun  die  Lagerungsverhältnisse  der  im  Vorstehenden 
geschilderten  Schichten  betrifft,  so  stellen  dieselben  im  Allge- 
meinen ein  System  von  SW.  nach  NO.  streichender,  überlappter 
Falten  dar,  deren  Flügel  fast  ausnahmslos  unter  grossen  Winkeln 
gleichsinnig  nach  SO.  einfallen.  Dies  gilt  ebensowohl  für  die  im 
SW.  des  Brockenmassivs  verbreiteten  Unterdevonbildungen,  wie 
für  die  an  diese  im  N.  des  Acker-  und  Bruchberges  angrenzenden, 
die  Hauptmasse  des  Clausthaler  Plateaus  bildenden  Culmschichten. 
Demgemäss  macht  sich  im  ganzen  uns  beschäftigenden  Gebiete 
ein  Alterniren  von  grösseren  Sattelfalten  (Luftsätteln)  und  zwischen 
diesen  liegenden,  ans  jüngeren  Gesteinsablagerungen  bestehenden 
Muldenfalten  geltend. 

Eine  derartige  Hauptfalte,  nicht  nur  für  die  hier  zu  betrach- 
tende Gegend,  sondern  für  das  gesammte  Gebirge,  stellt  der  lange 
Zug  von  Tanner  Grauwacke  dar,  der  sich  von  Scharzfeld  und 
Lauterberg  am  SW. -Rande  des  Gebirges  quer  durch  dasselbe  hin- 
durch bis  nach  Gernrode  am  N. -Rande  verfolgen  lässt  und  eine 
grosse  Sattelzone  bildet,  an  die  sich  im  Mittel-  und  Ostharz  sowohl 
nach  N.  als  auch  nach  S.  die  jüngeren  Glieder  des  Schiefergebirges 
in  symmetrischer  Weise  anschliessen. 

An  diesen  Grauwackenzug  grenzt  in  unserem  Gebiete  nördlich 
eine  grössere  Schichtenmulde  an,  die  aus  Wieder  Schiefern  bestehend, 
die  südwestliche  Fortsetzung  der  grossen,  in  ihren  centralen  Theilen 
aus  jüngeren  Devonbildungen  zusammengesetzten  Elbingeroder 
Mulde  darstellt.  Bei  Braunlage  noch  von  ziemlicher  Breite,  ver- 
schmälert sich  diese  Mulde  schon  im  W.  des  Oderthaies  beträcht- 
lich, um  sich  südwestlich  Andreasberg  in  zwei  schmale  Arme  zu 
theilen,  von  denen  der  nördliche  bis  an  den  Gebirgsrand  in  der 


J)  Verhandl.  der  Gesellsch.  für  Erdkunde  zu  Berlin,  Deeember-Sitzung  1881. 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


425 


Gegend  von  Herzberg  zn  verfolgen  ist,  während  der  südliche 
schon  vorher  sein  Ende  erreicht. 

Wie  im  S.  so  wird  die  genannte  Mulde  auch  im  N.  von 
Tauner  Grauwacke  begrenzt,  die  hier  in  grosser  Breitenausdehnung 
bis  auf  den  Abhang  des  Acker  hinaufreicht.  Im  W.  des  oberen 
Sieberthaies  sehr  zusammenhängend,  ist  der  fragliche  Grauwacken- 
zug im  O.  des  genannten  Thaies  durch  Dislocation  und  Denuda- 
tion in  eine  Reihe  schollenförmig  auf  dem  Granit  auf  liegender 
Partieen  aufgelöst  worden.  Solche  durch  Granitcontact  um- 
gewandelte Grauwacken -Schollen  sind  der  Reh-  und  Sonnen- 
berg, der  Hahnenklee,  der  Königskopf,  der  berühmte  Kegel  der 
Achtermannshöhe  etc.  Die  Kuppen  des  Wormberges  und  der  beiden 
Winterberge  sind  ebenfalls  inselförmige,  dem  Granit  aufgesetzte 
Hornfelskuppen ; sie  bestehen  indess  nicht  aus  Grauwacke,  sondern 
aus  Schieferhornfels. 

An  die  beschriebene  Grauwackenzone  schliesst  sich  im  Norden 
eine  neue  Zone  an,  die  aus  Schichten  der  Wieder  Schiefer  be- 
stehend, den  langen  hohen  Gebirgsrücken  des  Bruch-  und  Acker- 
berges bildet.  Aus  Kiesel-  und  Wetzschiefern,  Diabas  - führenden 
Thonschiefern  und  mächtigen  Quarziten  zusammengesetzt,  stellt 
der  fragliche  Rücken  sammt  den  ihm  im  N.  vorgelagerten  Berg- 
zügen eine  Reihe  von  Schichtenfalten  dar,  die  weiter  nördlich 
unter  Verhältnissen,  deren  völlige  Klarlegung  erst  von  der  bis  jetzt 
noch  nicht  abgeschlossenen  Kartirung  dieses  Gebietes  zu  erwarten 
ist,  mit  Culm-Kieselschiefern  und  -Grauwacken  zusammenstossen. 

Es  sei  zum  Schluss  noch  hervorgehoben,  dass  ebenso,  wie  die 
Schichten  im  Grossen  zu  Sätteln  und  Mulden  gefaltet  sind,  sie 
auch  im  Kleinen  wieder  aus  zahllosen  Falten  bestehen.  Die 
zahlreichen  localen  Wiederholungen  eines  älteren  Schichtengliedes 
inmitten  des  herrschenden  jüngeren,  oder  umgekehrt,  ebenso  wie 
die  vielfachen  Biegungen , Windungen  und  Stauchungen  der 
schieferigen  Gesteine  sind  die  Folge  dieser  bis  ins  Kleinste 
gehenden  Faltung.  Dieselben  sprechen  ebenso  für  den  gewal- 
tigen Druck,  dem  die  Schichten  ausgesetzt  gewesen,  wie  auch  die 
compacteren  Gesteine,  trotz  des  noch  bestehenden  äusseren  Zusam- 
menhanges, nicht  selten  zu  beobachtende  vollständige  innere  Zer- 


426 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


brechung  zeigen.  Besonders  gut  kann  man  diese  Zertrümmerung  an 
den  grossen  Diabasmassen  im  Süden  von  Andreasberg  (im  Wäsch- 
grund  und  anderweitig)  beobachten,  wo  das  Gestein  ;p:is  lauter 
kleinen  , polytom  - prismatischen  , gegen  einander  verschobenen 
Fragmenten  besteht,  welche  infolge  der  stattgehabten  Gleitung 
allenthalben  kleine  Rutsch  flächen,  Harnische  und  Spiegel  erkennen 
lassen. 


Das  Spaltensystem  am  SW.-Äbhange  des  Brockenmassivs. 

Als  Ausgangspunkt  für  die  Betrachtung  der  Bruch-  und  Gang- 
spalten in  der  Gegend  von  Braunlage  und  Andreasberg  will  ich 
die  zuerst  bekannt  gewordene,  grosse,  im  oberen  Oderthal  ver- 
laufende Bruchlinie  wählen,  die  im  Folgenden  der  Kürze  halber 
als  Oderspalte  bezeichnet  werden  soll.  Herrn  v.  Grgddeok 
gebührt  das  Verdienst,  den  ersten  Anstoss  zur  Entdeckung  dieser 
für  das  Andreasberger  Spaltensystem  so  überaus  wichtigen  Bruch- 
linie gegeben  zu  haben.  Dem  genannten  Forscher  war  es  näm- 
lich zuerst  aufgefallen,  dass  der  Quarzit  des  Bruchberges,  der 
an  der  Steilen  Wand  fast  geradlinig  am  Granit  abschneidet,  in 
seiner  Fortsetzung  an  den  Lerchenköpfen  (im  O.  des  oberen 
Keilwasserthaies)  nach  N.  verschoben  ist,  und  dass  eine  Ver- 
schiebung in  demselben  Sinne  auch  an  den  nördlich  vom  ge- 
nannten Quarzitzuge  liegenden,  dem  Culm  angehörigen  Kiesel- 
schieferzügen am  Schwarzen-  und  Ochsenberge  einerseits  und  am 
Spitzenberge  andererseits  hervortritt.  Als  Bestätigung  seiner  Ver- 
muthung,  dass  hier  eine  grosse  Verwerfung  vorliege,  gelang  es 
Herrn  v.  Groddeck,  im  Kellwasserthale  eine  grössere,  mit  blauen 
Letten,  Gangthonschiefer,  Kalkspath,  Quarz-  und  Schwefelkies- 
concretionen  erfüllte  Gangspalte  aufzufinden x).  Der  fragliche  Gang 
streicht  h.  12  und  fällt  steil  nach  O.;  und  da  die  Schichten  auf 
beiden  Seiten  desselben  nach  S.  einfallen,  so  liegt  hier  eine  nor- 
male Verwerfung  vor,  bei  welcher  das  hangende  (östliche)  Gebirgs- 


Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  1877,  S.  440. 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


427 


stück  gesunken  und  der  Fallrichtung  entgegen,  also  nach  N.  ver- 
schoben ist. 

Im  O.  von  Andreasberg  ist  im  N.  der  grossen  Diabasmasse 
im  Oderthal  eine  ähnliche  Schichtenverschiebung  zu  beobachten, 
die  sich  sowohl  im  Verlauf  der  Südgrenze  der  Tanner  Grauwacke 
gegen  den  Wieder  Schiefer,  als  auch  in  der  Lage  der  kalkigen 
Zone  der  unteren  Wieder  Schiefer  auf  beiden  Thalseiten  deutlich 
ausspricht.  Auch  hier  erscheinen  die  im  O.  des  Thaies  liegenden 
Schichten  nach  N.  verrückt  ; und  dass  sie  in  der  That  ein  längs 
einer  Verwerfung  abgesunkenes  Gebirgsstück  darstellen,  geht  aus 
dem  Umstande  hervor,  dass  die  Auflagerungslinie  der  Grau- 
wacke auf  dem  Granit,  die  auf  der  westlichen  Thalseite  am 
Abhang  des  Rehberges  nirgends  unter  das  Niveau  des  Rehberger 
Wasserlaufes  herabsinkt,  auf  der  gegenüberliegenden  Thalseite,  am 
Fusse  des  Hahnenklee,  noch  unter  der  Thalsohle,  also  über  400  Fuss 
tiefer  liegt,  so  dass  hier  eine  vertikale  Senkung  von  mindestens 
demselben  Betrage  stattgefunden  haben  muss.  Diese  Thatsachen 
waren  es,  die  mein  College  Lossen  schon  vor  mehreren  Jahren 
aus  meinen  damaligen  ersten  Uebersichtsaufnahmen  der  Gegend 
von  Andreasberg  und  Braunlage  herauslas,  und  die  ihn  zur  An- 
nahme einer  grösseren  in  diesem  Theile  des  Oderthaies  verlaufen- 
den Verwerfung;  führten.  Indem  er  alsdann  diese  Verwerfung;  in 
scharfsinnigerWeise  mit  dem  durch  v.  Groddeck  im  Kellwasser- 
thale  nachgewiesenen  Sprung  combinirte,  ergab  sich  eine  einzige 
gewaltige  Dislocation,  die  Oderspalte.  Dabei  blieb  freilich  das 
ununterbrochene  Fortsetzen  der  Verwerfung  durch  den  Granit  hin- 
durch bis  an  die  Steile  Wand  vorerst  noch  eine  blose  Hypothese. 
Erst  im  vorigen  Sommer  gelang  es  Herrn  Lossen  und  mir  selbst, 
an  mehreren  Stellen  das  Vorhandensein  von  Gangquarz  auf  der 
Spalte  nachzuweisen:  so  an  verschiedenen  Punkten  zwischen  der 
Steilen  Wand  und  dem  Oderteich,  so  längs  der  ganzen  Ostseite 
des  letzteren,  so  besonders  unterhalb  des  genannten  Teiches,  in 
der  grossen  Serpentine  der  ins  Thal  hinabsteigenden  Chaussee, 
wo  weisser  Gangquarz  in  Begleitung  von  Manganoxyden  in  zahl- 
reichen Blöcken  angehäuft  ist,  so  endlich  am  Westrande  der  merk- 
würdigen kleinen  Grauwackenkuppe,  welche  auf  der  rechten  Seite 


428 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


der  Oder,  gegenüber  der  Einmündung  des  Dietrichsthaies  liegt 
und  nur  durch  Thalerosion  von  der  unterhalb  der  Einmündung 
des  genannten  Thälehens  liegenden  Grauwackenpartie  getrennt  ist. 

Was  das  Südende  der  Oderspalte  betrifft,  so  nahm  Herr 
Lossen  ursprünglich  an,  dass  dieselbe  bis  an  die  grosse  Diabas- 
masse oberhalb  des  Oderhauses  heranreiche,  die  ihrem  Weiter- 
aufreissen  gewissermaassen  einen  undurchdringlichen  Damm  ent- 
gegengesetzt. habe;  nachdem  er  aber  später  am  Nordrande  der  kleinen 
am  Andreasberger  Rinderstall  liegenden  Granitkuppe  einen  südöstlich 
streichenden,  bis  über  das  untere  Dreckthal  hinaus  zu  verfolgenden 
Quarzgang  aufgefunden  hatte,  nahm  er  an,  dass  dieser  Gang  das 
Ende  der  Oderspalte  bilde;  und  so  ist  es  auch  auf  der  Lossen- 
schen  Uebersichtskarte  des  Harzes  dargestellt.  Es  soll  iudess  weiter 
unten  gezeigt  werden,  dass  die  Oderspalte  schon  vorher  endigt, 
das  eben  erwähnte  Gangstück  aber  einer  anderen  Spalte  angehört. 

Ein  weiterer  Schritt  zur  Klarlegung  des  uns  beschäftigenden 
Spaltensystems  geschah  im  Herbst  1880,  wo  es  mir  gelang,  im  N. 
von  Andreasberg  eine  zweite  grosse  Verwerfungsspalte  nachzu- 
weisen, die  aus  der  Gegend  des  Andreasberger  Rinderstalles  in 
nordwestlicher  Richtung  durch  das  Andreasberger  Kellwasserthal 
und  das  Fischbachthal  nach  dem  Forsthause  Schluft  (im  oberen 
Siebe'rthale)  und  von  dort  über  den  Kamm  des  Acker  hinüber 
verfolgt  werden  konnte.  Während  diese  gewaltige  Bruchlinie, 
die  im  Folgenden  kurz  als  Acker  spalte  bezeichnet  werden 
soll,  auf  der  ganzen  Erstreckung  zwischen  dem  Oder-  und  Sieber- 
thale  die  Grenze  zwischen  Granit  und  Grauwackenhornfels  bildet 
und  daher  ihre  Rolle  als  Gebirgsverwerfer  nicht  auf  den  ersten 
Blick  dokumentirt,  so  tritt  diese  Rolle  in  der  weiteren  Fortsetzung 
der  Spalte  nach  W.  in  handgreiflicher  Weise  hervor  durch  die  sehr 
erhebliche  Querverschiebung , welche  sämmtliche  den  Körper  des 
Acker  bildende  Schichten  1 änirs  der  fraglichen  Linie  erfahren 
haben.  So  stossen  gleich  westlich  vom  Forsthause  Schluft  die 
Wetzschiefer  der  tiefsten  Zone  der  Wieder  Schiefer  und  die 
Schichten  der  darüber  liegenden  Diabaszone  gegen  die  Tauner 
Grauwacke  ab,  und  noch  deutlicher  zeigt  sich  die  Verschiebung  an 
der  den  Kamm  des  Acker  bildenden  Quarzitmasse. 


am  SW.- Abfall  des  Broekenmassivs. 


429 


Auch  längs  dieser  Spalte  sind,  ebenso  wie  längs  der  Oder- 
spalte, die  im  O.  der  Dislocation  liegenden  Schichtentheile  nach 

N.  verschoben,  so  dass  wahrscheinlich  auch  die  Ackerspalte  nach 

O.  einfällt  und  auch  hier  eine  echte  Verwerfung  (mit  Senkung 
des  Hangenden)  vorliegt. 

Von  besonderem  Interesse  war  die  Wahrnehmung,  dass  auf 
der  ganzen  Erstreckung  der  Spalte  vom  Oderthal  bis  über  das 
Sieberthal  hinaus  fast  allenthalben  grosse  Massen  von  weissem, 
derbem  bis  drüsigem,  stellenweise  von  Eisen-  und  Manganoxyden 
begleitetem  Gangquarz  auftreten.  Im  Keil wasser-  und  besonders 
im  obersten  Fischbachthale  bilden  diese  Gangmassen  oft  viele 
Centner  schwere  Blöcke  — und  sie  waren  es,  die  mich  zuerst  auf 
die  Vermuthung  einer  grossen  Verwerfung  führten.  In  der  Nähe 
der  Schluft,  auf  beiden  Seiten  des  grossen  Sonnenthals,  treten  als 
Begleiter  des  Quarzes  auch  Rotheisenstein  und  (wie  mir  Herr 
Bergrath  Strauch  in  Andreasberg  versichert  hat)  in  grösserer 
Tiefe  auch  Kupfererze  auf,  auf  welche  letztere  im  vorigen  Jahr- 
hundert die  Grube  »Vereinigter  Theuerdank«  gebaut  hat. 

Im  Herbst  1880  ging  ich  der  Ackerspalte  nur  bis  an  den 
oberen  Anfang  des  Sösethals  nach;  im  vergangenen  Sommer  aber 
ist  es  mir  Dank  der  freundlichen  Unterstützung  des  Herrn 
v.  Groddeck  gelungen,  dieselbe  noch  weiter  nach  W.  zu  verfolgen. 
Da,  wo  im  N.  des  Ackerberges  die  Devonschichten  mit  dem  Culm 
zusammenstossen,  ist  die  Querverschiebung  noch  deutlich  zu  er- 
kennen, und  wenn  auch  hier  — wie  im  N.  des  Ackers  überhaupt  — 
Gangquarz  nirgends  nachgewiesen  werden  konnte,  so  weist  doch 
ein  am  Fusse  des  Ifenkopfes,  unmittelbar  an  der  Söse  (wie  es 
heisst,  auf  Kupfererze)  in  den  Berg  getriebener  Stölln  auf  das 
Vorhandensein  von  Ausfüllungsmassen  in  der  Spalte  hin.  Weiter 
nach  W.,  wo  die  Dislocation  in  die  grosse  Grauwackenpartie  des 
Mittel-  und  Schwarzenberges  eintritt,  konnten  sichere  Anhalts- 
punkte für  ihren  Verlauf  nicht  gewonnen  werden.  Erst  am  Nord- 
abhange  des  Schwarzethals  wurden  wieder  einige  kleine  Fingen 
angetroffen,  und  etwas  weiter  westlich,  im  Tliale  der  alten  Riefens- 
beek, stiessen  wir  am  Abhange  des  Berghauptmannskopfes  auf 
einen  alten  Stölln,  und  noch  weiter  nach  Westen  endlich,  im  Hangen- 


430 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem. 


thal,  auf  ein  Schwerspathvorkommen , in  dessen  Nähe  ebenfalls 
Spuren  eines  ehemaligen  Bergbaues  zu  erkennen  waren. 

Da  alle  diese  Punkte  in  der  Verlängerung  der  Ackerspalte 
liegen  und  da  an  derselben  Linie  der  Kieselschieferzug  des  Berg- 
hauptmanns- und  Brandkopfes  eine  deutliche  kleine  Verschiebung 
zeigt  (an  der  Stelle,  wo  der  oben  erwähnte  alte  Stölln  liegt),  so 
darf  man  annehmen,  dass  die  fragliche  Linie  die  Fortsetzung  der 
Ackerspalte  bildet.  Dieselbe  würde  dann  in  diesem  Theil  ihres 
Verlaufes  ein  viel  westlicheres  Streichen  haben,  als  jenseits  des 
Ackerberges;  es  muss  indess  hervorgehoben  werden,  dass  sich 
schon  viel  weiter  östlich,  im  obersten  Sösethal,  am  Fusse  des 
Vosshai  und  Ifenskopfes,  eine  allmähliche  Richtungsänderung  aus 
NW.  nach  WNW.  bemerklich  macht. 

Das  Westende  der  Ackerspalte  konnte  nicht  mit  Sicherheit 
festgestellt  werden.  Vielleicht  setzt  sie  noch  weiter  fort,  bis  an 
den  Grünsteinzug  oder  durch  denselben  hindurch.  Für  die  letztere 
Annahme  könnten  die  auffälligen  Unregelmässigkeiten  (die  mehr- 
fachen Verschiebungen  des  [Stringocephalen-]  Eisensteinlagers  in  der 
Mitte  des  Grünsteinzuges  und  die  «rosse  Breite  des  letzteren  im  S. 
des  Ziegenberger  und  Bärenbrucher  Teiches  im  Vergleich  zu  der- 
jenigen im  NO.  des  letztgenannten  Teiches)  sprechen,  welche  der 
Grünsteinzug  gerade  zeigt,  wo  ihn  eventuell  die  Ackerspalte 
schneiden  würde.  Setzt  die  Ackerspalte  in  der  That  durch  den 
Grünsteinzug  durch,  so  könnte  sie  sogar  möglicherweise  mit  dem 
in  W.  von  Buntenbock  aufsetzenden,  Spatheisenstein -führenden 
Gängen  der  BoRCHERs’schen  Gangkarte,  deren  östliches  Ende  noch 
nicht  ermittelt  ist,  in  Zusammenhang  stehen. 

Ausser  der  Ackerspalte  wurde  noch  ein  kleinerer,  nörd- 
licher Parallelsprung  nachgewiesen.  Derselbe  verläuft  nörd- 
lich vom  Steinkopf,  Vosshai  und  Ifenkopf  und  dokumentirt  sich 
sowohl  durch  deutliche  Schichtenverschiebungen,  als  auch  dadurch, 
dass  der  breite,  über  das  Dammhaus  streichende,  sowie  ein  anderer, 
schmälerer,  weiter  westlich  liegender  Kieselschieferzug  an  der 
Verwerfung  abschneiden.  Auch  auf  dieser  Spalte  wurden  mehrere 
alte  Bergwerkspunkte  aufgefunden,  so  im  Thale  des  Gr.  Ifenbachs 
und  in  der  Haldenkappe,  in  welcher  letzteren  an  der  Stelle,  wo 


am  SW.- Abfall  des  Brock enmassivs. 


431 


der  westlichere  Kieselschief erzug  abgeschnitten  wird,  eine  bedeutende 
alte  Halde  beobachtet  wurde.  Auch  bei  dieser  Spalte  macht  sich 
ganz  dieselbe  allmähliche  Richtungsänderung  aus  NW.  in  WNW. 
geltend,  wie  bei  der  Ackerspalte.  Es  ist  nicht  zu  verkennen,  dass 
sich  darin  eine  Annäherung:  an  die  herrschende  Streichrichtung:  der 
benachbarten  Clausthaler  Gänge  ausspricht. 

Nicht  unerwähnt  darf  der  auffällige  Einfluss  bleiben,  den  die 
beiden  beschriebenen  Spalten  auf  die  Richtung  des  Quarzitrückens 
des  Acker-Bruchberges  ausüben.  Während  nämlich  die  Kammlinie 
beider  Berge  in  ihrer  ganzen  Länge  fast  schnurgerade  in  östlicher 
Richtung  verläuft,  besitzt  das  niedrigere,  dieselben  verbindende 
Zwischenstück  eine  abweichende,  fast  genau  nördliche  Richtung. 
Dieses  Verbindungsstück  fällt  nun  aber  gerade  zwischen  unsere 

o O 

beiden  Verwerfungsspalten  und  darin  liegt  die  Erklärung  für  seine 
abweichende  Richtung.  Diese  Verhältnisse  treten  auf  Tafel  X, 
wo  der  Verlauf  der  Kammlinie  durch  den  in  die  Karte  ein- 
getragenen, sich  immer  auf  der  höchsten  Höhe  haltenden,  sog. 
Fastweg  angegeben  ist,  deutlich  hervor. 

Es  ist  nun  noch  die  Art  der  Vereinigung  der  Acker-  und 
Oderspalte  zu  betrachten.  Von  der  ersteren  war  oben  bemerkt 
worden,  dass  sie  von  der  Stelle  im  Oderthal  ausläuft,  wo  das 
Andreasberger  Keilwasser  in  das  letztere  einmündet.  Dieser  Punkt 
bezeichnet  indess  noch  nicht  das  äusserste  Ende  der  Ackerspalte. 
Dieselbe  setzt  vielmehr  auch  auf  die  linke  Seite  des  Oderthals 
hinüber,  und  zwar  in  Gestalt  eines  auf  der  Grenze  von  Granit  und 
Hornfels  aufsetzenden  Quarzganges,  der  — wie  eine  Anzahl  alter 
Schacht-  und  Pingenlöcher  vermuthen  lassen  — auch  Erze  führt. 
Dieser  Gang  reicht  noch  etwas  über  das  Untere  Dreckthal  hin- 
aus und  tritt  so  fast  in  unmittelbare  Verbindung  mit  einem  der 
weiter  unten  zu  besprechenden,  im  Forstorte  Dreckthal  aufsetzen- 
den, nordsüdlich  streichenden  Erzgänge. 

Was  nun  die  Oderspalte  betrifft,  so  reicht  dieselbe  nach  S. 
nicht  bis  an  den  Punkt,  wo  die  Ackerspalte  das  Oderthal  schneidet. 
Sie  vereinigt  sich  daher  auch  nicht  mit  der  letzteren,  sondern  hört 
schon  vorher  an  einer,  das  letzte  Ende  der  Ackerspalte  begleitenden, 
nördlichen  Parallelspalte  auf. 


432 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


Es  ist  das  ein  Gang,  der  auf  der  W. -Seite  der  Oder  wesentlich 
nur  Quarz,  auf  der  O. -Seite  aber  ausserdem  noch  Kalkspath  und, 
wie  es  scheint,  Kupfererze  führt.  Im  O.  der  Oder  bildet  der- 
selbe die  S.- Grenze  der  Dietrichsthaler  Granitpartie,  im  W.  des 
Flusses  aber  ist  zwischen  ihm  und  der  Ackerspalte  eine  Scholle 
von  Tauner  Grauwacke  bis  in  das  Niveau  des  Oderthals  einge- 
sunken, und  da  endlich,  wo  der  Gang  unterhalb  des  Rehberger 
Grabens  die  Granit  - Grauwackengrenze  trifft,  zeigt  diese  eine 
sehr  auffällige  Zerreissung.  Das  östliche  Ende  dieser  Neben- 
spalte der  Ackerlinie  liegt  auf  der  Höhe  des  Dreckthalskopfes, 
zwischen  den  beiden  Gipfeln  dieses  Berges.  Nach  S.  schliesst  sich 
ihr  — ganz  ähnlich,  wie  auch  der  Ackerspalte  ■ — ein  hora  12 
streichendes,  Pingen-tragendes,  Gangstück  an. 


Ich  gehe  nun  zur  Betrachtung  der  zahlreichen  auf  beiden 
Seiten  der  Oder  liegenden,  der  Ackerspalte  parallen 
Bruch-  und  Ganglinien  über,  schicke  aber  zunächst  einige 
allgemeinere  Bemerkungen  voraus.  Alle  jene  Spalten,  die  beson- 
ders im  O.  des  Oderthaies  sehr  zahlreich  und  z.  Th.  von  beträcht- 
licher Länge  sind,  stellen  gleich  der  Ackerspalte  Querzerreissungen 
dar,  die  einem  grossen  System  nordwestlich  (oder  in  hercynischer 
Richtung)  streichender  Bruchlinien  angehören.  Alle  geben  sich 
innerhalb  der  Sedimentärschichten  durch  die  an  ihnen  zu  beob- 
achtenden Verrückungen  der  correspondirenden  Schichten  als 
Verwerfer  zu  erkennen.  Fast  überall,  wo  nicht  Schutt-,  Wald- 
oder Moorbedeckung  die  Beobachtung  behindern,  findet  man  auf 
diesen  Spalten  Gangmineralien,  besonders  weissen  Gangquarz, 
sowie  hie  und  da  auch  Eisen-  und  Manganerze,  welche  vielfach 
zu  alten  Bergbauversuchen  Veranlassung  gegeben  haben.  Wenn 
man  andererseits  an  manchen  gut  aufgeschlossenen  Stellen  keine 
Mineralausfüllungen  nachweisen  kann,  so  darf  man  nicht  vergessen, 
dass  eine  Gangspalte  keineswegs  überall  mit  solchen  Ausscheidungen 
erfüllt  zu  sein  braucht,  sondern  dass  sie  stellenweise  nur  mit  leicht 
zu  übersehenden  Gangletten  erfüllt  oder  auch  ganz  unterbrochen 
sein  kann. 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


433 


In  dem  hier  behandelten  Gebiete  sind  Mineralausscheidungen 
und  zwar  besonders  Gangquarz  sehr  verbreitet  und  haben  mir  bei 
der  Verfolgung  der  Spalten  die  allergrössten  Dienste  geleistet. 
Nur  mit  ihrer  Hülfe  war  es  möglich  die  meisten  Spalten  aus  dem 
Schiefergebiete  in  den  Granit  hinein  zu  verfolgen,  sowie  auch  ganz 
im  Granit  liegende  Spalten  aufzufinden  und  damit  den  Beweis  zu 
liefern,  dass  die  fraglichen  Spalten  den  Granit  überall  mitverworfen 
haben. 

Ein  anderes  schätzbares  Hülfsmittel  für  die  Auffindung  und 
Verfolgung  der  Bruchlinien  bot  die  Beschaffenheit  des  Granits. 
Während  derselbe  nämlich  an  seinen  ursprünglichen  Erstarrungs- 
rändern überall  eine  feinkörnige  bis  nahezu  dichte  Beschaffen- 
heit und  meist  zugleich  eine  porphyrische  Ausbildung  zeigt  (wie 
man  sie  am  Rehberger  Graben,  an  der  Ostseite  der  Dietrichs- 
thaler  Granitpartie,  im  Ellrichswasser  und  im  Thal  der  Warmen 
Bode  oberhalb  Braunlage  beobachtet),  so  zeigt  der  Granit  an 
anderen  Grenzlinien  nicht  diese  verdichtete,  sondern  vielmehr 
eine  vollkrystallinische , grobkörnige  Structwr,  wie  sie  unter  nor- 
malen Umständen  nur  da  anzutreffen  ist,  wo  das  Gestein  einem 
tieferen,  der  ursprünglichen  Verbreitungsgrenze  ferner  liegenden 
Niveau  angehört.  In  solcher  grobkörnigen  Beschaffenheit  erscheint 
der  Granit  z.  B.  längs  der  ganzen  Ackerspalte  und  deren  später 
zu  besprechenden  südlichen  Nebenspalte,  und  darin  liegt  mit  ein 
Beweis,  dass  man  es  hier  nicht  mit  einem  ursprünglichen,  sondern 
mit  einem  durch  eine  Verwerfung  gegebenen  Granitrande  zu 
tliun  hat. 

Auch  im  Oderthal  kann  man  ähnliche  Beobachtungen  machen. 
Wie  nämlich  mein  Freund  Lossen  zuerst  wahrgenommen  hat,  hat 
der  Granit  der  linken  Thalseite  unter-  und  besonders  oberhalb 
der  Einmündung  des  Kl.  Rauschenbachthaies  eine  ausgezeichnet 
porphyrische  Ausbildung,  verbunden  mit  einer  unregelmässig  pris- 
matischen Absonderung,  wie  dies  bei  der  Nähe  der  Hornfelsgrenze 
als  ganz  normal  erscheint;  auf  der  gegenüberliegenden  Thalseite 
aber,  unter  dem  Rehberger  Graben,  steht  ein  grobkrystallinisches, 
zu  Grus  zerfallendes  Gestein  an  (welche  Auflösungsart  bei  der 
dichten  Abänderung  nicht  vorkommt),  an  dem  sich  keine  Spur 

28 


434 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


von  prismatischer  Zerklüftung  erkennen  lässt.  Es  treten  hier  so- 
mit zwei  ganz  abweichende,  einem  wesentlich  verschiedenen  Er- 
starrungsniveau entsprechende  Granitvarietäten  auf  — eine  Er- 
scheinung, die  nur  durch  Annahme  einer  zwischen  beiden  Thal- 
seiten hindurchlaufenden  Verwerfung  erklärt  werden  kann. 

Hinsichtlich  der  Darstellungsweise  der  Spalten  auf  den  beiden 
begleitenden  Karten  sei  noch  bemerkt,  dass  ich  bemüht  gewesen 
bin,  alles  Gedachte  und  Construirte  vom  positiv  Beobachteten 
möglichst  zu  trennen.  Daher  ist  der  Verlauf  der  Spalten  überall, 
wo  derselbe  nicht  durch  Mineralausfüllungen  oder  Schichtenver- 
schiebungen festgestellt  werden  konnte,  nur  mit  gestrichelten  Linien 
angegeben  worden. 

Mineralausscheidungen  auf  den  Spalten  sind  nur  da  angegeben, 
wo  dieselben,  sei  es  auch  nur  in  beschränkter  Weise,  beobachtet 
wurden.  Doch  muss  ich  für  den,  der  die  Gegend  von  Andreasberg 
mit  meiner  25 000-theiligen  Karte  begeht,  noch  hervorheben,  dass 
man  Gangausscheidungen  öfters  schon  in  einiger  Entfernung  von 
der  Stelle  beobachten  kann,  wo  ich  einen  Gang  angebe.  Dies 
erklärt  sich  daraus,  dass  in  Wirklichkeit  wohl  nur  selten  ein  ein- 
ziger geschlossener  Gang  vorliegt,  wie  ihn  die  Karte  darstellt, 
sondern  meistens  wohl  eine  Mehrzahl  sich  schaarender  oder  von 
dem  Hauptgange  ablaufender  Nebentrümer,  oder  endlich  in  anderen 
Fällen  einer  oder  mehrere,  den  Hauptgang  begleitende  Neben- 
gänge. Ich  habe  Grund,  das  Vorhandensein  zahlreicher  der- 
artiger, mit  krystallinischem  oder  krystallisirtem  Qangquarz  aus- 
gefüllter Nebenspalten  besonders  für  die  Gänge  im  NO.  des 
Oderteiches  zu  vermuthen ; der  Maassstab  der  Karte  und  vor  Allem 
die  Aufschlüsse  müssten  indess  ganz  andere  sein,  um  die  für  die 
Darstellung  solcher  Detailverhältnisse  nöthigen  Anhaltspunkte  zu 
gewinnen. 

Endlich  sei  noch  bemerkt,  dass  auf  der  Specialkarte  von  Andreas- 
berg der  Versuch  gemacht  worden  ist,  durch  verschiedene  Farben 
die  Art  der  Gangerfüllung  auszuzeichnen,  so,  ob  dieselbe  vor- 
wiegend aus  Quarz,  aus  Schwerspat]),  aus  Eisen-  und  Mangan-, 
aus  Kupfer-  oder  noch  anderen  Erzen  besteht.  Diese  Angaben 
stützen  sich  nicht  blos  auf  eigene  Beobachtungen,  sondern  auch 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


435 


auf  die  im  Eingänge  erwähnte  Credner’  sch e Arbeit,  sowie  auf 
freundliche  mündliche  Mittheilungen  des  Herrn  Bergrath  Strauch 
in  Andreasberg. 

Was  nun  zunächst  die  auf  der  östlichen  Seite  der  Oder 
liegenden  Dislocationslinien  betrifft,  so  endigen  dieselben 
sämmtlich  an  der  Oderspalte,  indem  sie  unter  spitzem  Winkel  an 
dieselbe  heransetzen  und  sich  mit  ihr  schaaren. 

Die  südlichste  dieser  Spalten  liegt  zwischen  dem  Oderthal 
und  der  neuen,  vom  Königskrug  über  den  Hahnenklee  und  die 
Hohe  Tracht  führenden  Forstchaussee.  Vollständig  im  Gebiete 
des  Schiefergebirges  gelegen,  bedingt  dieser  Sprung  eine  beträcht- 
liche Seitenverschiebung  der  correspondirenden  Schichten;  und 
zwar  sind  dieselben  im  O.  der  Verwerfung  nach  N.  verrückt,  so 
dass  wahrscheinlich  auch  diese  Spalte,  gleich  der  Oderspalte,  mit 
welcher  sie  sich  am  Fuss  des  Hahnenklee  vereinigt,  nach  Ö.  ein- 
fällt. Nicht  leicht  ist  an  einer  anderen  Bruchlinie  das  Vorhanden- 
sein einer  Querverschiebung  der  Schichten  in  solcher  Deutlichkeit 
zu  erkennen,  wie  hier,  wo  die  kalkigen  Einlagerungen  des  unteren 
Theils  der  Wieder  Schiefer  und  der  darüber  liegenden  körnigen 
Diabase  an  der  Tanner  Grauwacke,  die  hängenderen  Porphyroide 
aber  an  kalkigen  Gesteinen  abstossen.  Am  Ausgange  des  Dietrichs- 
thales,  am  obersten  Anfänge  des  Oberen  Dreckthaies,  sowie  zwischen 
diesem  und  dem  mittleren  Dreckthal  wurde  auch  auf  dieser  Spalte 
Gangquarz  beobachtet,  während  weiter  südlich  als  Ausfüllungs- 
material Braun-  und  Magneteisenstein  erscheint,  welcher  — wie 
zahlreiche  im  Hochwalde  zerstreute  Pingen  zeigen  — vor  Zeiten 
einen  kleinen  Bergbau  veranlasst  hat.  Hart  am  N. -Rande  der 
grossen  Quarzpartie  der  Hohen  Tracht  liegen  die  letzten  Pingen: 
die  compacte  Quarzitmasse  liess  ein  Weiteraufreissen  der  Spalte 
nicht  zu. 

Eine  zweite  Dislocation  liegt  im  O.  des  Hahnenklee, 
zwischen  diesem  und  den  Grauwackenpartieen  des  Königskopfes 
und  des  Königskruges.  Beide  Grauwackenschollen  stossen  an  der 
Spalte  mit  der  grösseren  Grauwackenpartie  des  Hahnenklee  in 
einer  Weise  zusammen,  welche  ihre  Zerreissung  auf  den  ersten 

28  * 


436 


E.  Kayser,  über  das  Spalten  System 


Blick  erkennen  lässt.  Gangquarz  wurde  auf  dieser  Spalte  beob- 
achtet am  Gehänge  des  Oderthaies  unter  dem  Königskopf,  südlich 
vom  Kleinen  Rauschenbachthal  und  endlich  — in  kleinen  Stücken 
von  stark  drüsiger  Beschaffenheit  — an  mehreren  Punkten  weiter 
südlich  bis  in  die  Nähe  des  Knies  der  Braunlager  Chaussee,  west- 
lich vom  Unteren  Jerm erstein.  Die  Verwerfung  ist  auf  der  Karte 
noch  etwas  weiter  nach  S.  verlängert  worden,  und  zwar  auf 
Grund  des  Umstandes,  dass  ein  im  SW.  der  Braunlager  Glas- 
hütte bis  an  den  Sprung  heran  zu  verfolgender  Porphyroid  - Zug 
im  W.  desselben  nicht  wieder  aufzufinden  war.  Eine  grössere 
alte  Pinge  liegt  da,  wo  die  Dislocation  die  Braunschweig’sche 
Grenze  schneidet. 

Ein  wenig  nordwestlich  von  dieser  Stelle  läuft  von  der  be- 
schriebenen Spalte  eine  kleine  Neben  spalte  in  liora  12  ab.  Sie 
schneidet  die  Braunlager  Chaussee  südöstlich  vom  Königskruge 
und  bedingt  eine  auffällige  Zerreissung  der  dortigen  Grauwacken- 
scholle, deren  östliches  Ende  sie  nach  S.  verschiebt,  während  sie 
weiter  südlich  die  Grenze  des  zwischen  ihr  und  der  Hauptspalte 
keilförmig  vorspringenden  Granits  gegen  das  Schiefergebirge  bildet. 
Mineralausscheidungen  sind  auf  dieser  Nebenspalte  nicht  beobachtet 
worden. 

Eine  dritte  Zerreissunffsli nie  liegt  zwischen  dem  Königs- 
köpf  und  der  Achtermannshöhe.  Ihre  südliche  Verlängerung 
fällt  mit  der  Grenze  der  inselförmigen  Hornfelspartie  der  »Trift« 
nordwestlich  Braunlage  gegen  den  Granit  zusammen.  Am  Hütten- 
berge bei  Braunlage  tritt  die  fragliche  Spalte  als  Quai’z-  und  Erz- 
gang auf,  dessen  Ausgehendes  durch  zahlreiche  alte  Pingen  mar- 
kirt  wird.  Auch  am  Abhänge  des  Königsbrucbes,  an  der  neuen 
Porstchaussee  nach  dem  Königskrug,  liegen  auf  der  Spalte  inmitten 
des  Granits  zwei  alte,  aus  Gangquarz  und  Manganerzen  bestehende 
Schachthalden.  Nördlich  von  diesem  Punkte  konnte  Gangquarz  auf 
der  Verlängerung  der  Spalte  nur  ganz  vereinzelt  aufgefunden 
werden:  so  am  alten  Kaiserweg,  im  N.  der  kleinen,  östlich  vom 
Königskopf  liegenden  Grauwackenpartie  und  da,  wo  die  Spalte 
den  vom  Südende  des  Oderteiches  nach  Oderbrück  führenden  Fuss- 
weg  schneidet. 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


437 


Eine  vierte  grosse  Bruchlinie  bildet  im  Forstort  Lieth- 
weg  (im  O.  der  Warmen  Bode)  wiederum  die  Grenze  zwischen 
Granit-  und  Schiefergebirge,  während  sie  weiter  südlich,  im  Schiefer- 
gebirge, ebenfalls  als  Quarz-  und  Erzgang  auftritt,  auf  dem  am 
Pfaffenstieg  bei  Braunlage  bis  vor  Kurzem  noch  Manganerz 
(Psilomelan,  Pyrolusit  etc.)  abgebaut  worden  sind. 

Im  O.  dieser  Spalte,  sowie  zwischen  ihr  und  der  dritten  Haupt- 
spalte, liegen  im  O.  von  Braunlage  auf  beiden  Seiten  der  Elender 
Chaussee  noch  einige  kleine,  stark  zertrümerte  Nebenspalten,  auf 
denen  — wie  die  zahlreichen  kleinen,  im  Walde  zerstreuten  Pingen 
beweisen  — überall  nach  Erzen  gesucht  worden  ist. 

Ein  weiterer,  fünfter  grosser  Sprung  läuft  aus  der  Gegend 
nördlich  vom  Oderteich  über  Oderbrück  durch  den  Forstort  »Die 
Gehren«  über  die  Warme  Bode  nach  dem  S. -Althang  des  Wurm- 
berges, um  im  Forstort  »Heinrichswinkel«  zu  endigen.  Im  N.  des 
Oderteiches  und  besonders  bei  Oderbrück  liegen  auf  dieser  Linie 
grosse  Massen  von  weissem  Gangquarz.  Der  weitere  Verlauf 
der  Spalte  nach  S.  wird  im  »Rothen  Bruch«  und  am  rechten 
Gehänge  der  Bode  durch  alte  Pingen  bezeichnet,  während 
endlich  nach  einer  Angabe  Zincken’s  j)  im  Heinrichswinkel  ein 
liora  10  — 11  streichender  Eisenstein-  (und  Mangan-?)  führender 
Gang  aufsetzt,  in  dem  man  wohl  das  südliche  Ende  unserer  Spalte 
sehen  darf. 

Ein  sechster  langer  Quarzgang  läuft  durch  die  »Oberen 
schwarzen  Tannen«  über  die  »Sandbrinke«  und  zwischen  dem  Wurm- 
berg und  Gr.  Winterberg  hindurch.  Auf  dieser  ganzen  Linie 
findet  man  kleine  Vorkommen  von  drüsigem,  oft  zierliche  Krystalle 
bildenden  Quarz;  da  aber,  wo  der  Quarz  das  Thälchen  des  Sand- 
beek schneidet,  stehen  sehr  bedeutende  Massen  von  dichtem,  weissem 
Quarz  an.  Zwischen!  dem  Wurmberge  und  Kleinen  Winterberg 
scheint  die  Spalte  anfznhören;  es  wäre  indess  nicht  unmöglich, 
dass  die  nur  wenige  hundert  Schritt  südlich  beginnende,  ebenfalls 
mit  Quarz  ausgefüllte  Verwerfungsspalte,  die  am  oberen  Ende 
des  Bremkethales  beginnt  und  durch  die  Forstorte  Kramershai, 


l)  Oestl.  Harz  I,  Seite  126  u.  15t;  vergl.  auch  die  W.-Hälfte  der  geol.  Karte. 


438 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


Stiltingshai  und  Amkenberg  verläuft,  nur  eine  Fortsetzung  der 
beschriebenen,  am  Kl.  Winterberge  endigenden  Spalte  wäre. 

Eine  siebente  Spalte  liegt  im  N.  des  Gr.  Winterberges, 
im  Thal  der  Kalten  Bode,  in  welchem  namentlich  im  N.  der 
flachen  Curve  des  Flusses,  unterhalb  der  Chausseeserpentine  an 
der  Sandbrinke,  ansehnliche  Massen  von  weissem  Quarz  anzu- 
treffen  sind. 

Eine  achte  Spalte,  deren  Lage  nicht  mit  Sicherheit  fixirt 
werden  konnte,  fällt  ungefähr  mit  dem  Thaleinschnitte  des  Schlufter- 
wassers  und  weiter  nördlich  mit  der  zwischen  der  Rabenklippe  und 
dem  Königsberge  einerseits  und  dem  Brockengipfel  andererseits 
liegenden  Senke  zusammen.  Leider  konnte  der  Quarz  hier  nirgends 
anstehend,  sondern  nur  in  losen  Blöcken  in  der  Thalrinne  beob- 
achtet werden. 

Mit  diesem  nur  wenig  unter  dem  Brockengipfel  liegenden 
Gang  ist  die  östlichste  Spalte  des  hier  zu  betrachtenden  Gebietes 
erreicht.  Dass  dieselbe  indess  nicht  die  östlichste  überhaupt  vor- 
kommende darstellt,  ergieht  sich  daraus,  dass  auch  zwischen 
Schierke  und  Elend  an  verschiedenen  Stellen  Gangquarz  beob- 
achtet worden  ist;  und  auch  die  im  NO.  des  Brockenmassivs,  auf 
dem  Wege  von  der  Steinernen  Renne  nach  Wernigerode  auf- 
tretenden grossen  Quarzgänge  (Silberner  Mann  etc.),  sowie  die 
ähnlichen  Gänge  bei  Harzburg  (Elfenstein)  gehören  demselben 
System  nordwestlich  streichender  Gangspalten  an  — ein  Beweis, 
dass  dasselbe  weit  über  die  Grenzen  des  hier  behandelten  Areals 
hinausreicht. 

Es  wären  nunmehr  die  Bruchlinien  und  Gänge  auf  der 
rechten  Seite  der  Oder  zu  betrachten.  Die  hier  aufsetzenden 
Spalten  liegen  alle  im  S.  der  Ackerspalte,  während  im  N.  der- 
selben — vielleicht  nur  in  Folge  der  im  Allgemeinen  sehr  mangel- 
haften Aufschlüsse  — kein  einziger  Gang  nachgewiesen  werden 
konnte. 

Hier  treffen  wir  zunächst  im  N.  von  Andreasberg  eine  Reihe 
der  Ackerspalte  nahezu  paralleler,  in  hora  10  streichender  Bruch- 
linien, die  nach  W.  z.  Th.  bis  über  das  Sieberthal  hinaus  verfolgt 


am  SW.-  Abfall  des  Brockenmassivs. 


439 


werden  konnten.  Alle  diese  Linien  sind  Quarz-  und  Eisenstein- 
gänge und  alle  zugleich  Verwerfer. 

Der  nördlichste  Gang  bildet  auf  seiner  ganzen  Erstreckung 
die  Grenze  zwischen  dem  Granit  und  der  Grauwacke  des  Kleinen 
Oderherges  und  der  Förmerhanskuppe.  Er  führt  bedeutende  Gang- 
quarzmassen,  namentlich  im  Dreibrodethal,  woselbst  auf  dem  Haupt- 
gange, sowie  auf  einigen  im  S.  desselben,  am  Abhange  der  Förmer- 
hanskuppe auftretenden  Nebengängen  früher  auf  Rotheisenstein 
(dichter  Rotlieisen  und  Glasslcopf)  gebaut  worden  ist  (Seegen 
Gottes-Gang).  Das  östliche  Ende  des  Ganges  hat  nicht  mit  Sicher- 
heit ermittelt  werden  können;  jedenfalls  aber  setzt  derselbe  von 
der  Clausthaler  Chaussee  aus  noch  etwa  500  Meter  nach  O.  fort. 
Wahrscheinlich  fällt  die  Gangkluft  steil  südlich  ein1).  Dass  der 
fragliche  Gang  nicht  als  ein  einfacher  Contactgang  aufzufassen  sei, 
sondern  eine  Verwerfung  darstellt,  geht  aus  dem  Umstande  hervor, 
dass  der  Granit  in  der  Spalte  nicht  die  feinkörnige,  verdichtete 
Beschaffenheit  des  normalen  Randgranits,  sondern  vielmehr  eine 
grobkrystallinische  Structur  besitzt. 

Vereinzelte,  zwischen  der  beschriebenen  und  der  Ackerspalte 
beobachtete  Quarzvorkommen  weisen  auf  das  Vorhandensein  von 
kleineren  Nebengängen  in  den  Forstorten  »die  Waage«  und  »die 
Birken«  hin. 

Ein  zweiter  Quarzgang  verläuft  südlich  vom  vielbesuchten 
Aussichtspunkte  »Jordanshöhe«  und  den  Glückaufer  Klippen  nach 
dem  Eisensteinberge,  woselbst  er  mit  den  zahlreichen  dort  auf- 
setzenden Eisensteingängen  in  Verbindung  steht.  Alte  Pingen- 
züge unter  der  Jordanshöhe  und  den  Glückaufer  Klippen  zeigen, 
dass  auch  auf  diesem  Gange  ehemals  Bergbau  stattgefunden 
hat  (Glückaufer  Gang  älterer  Karten).  Die  Schichtenverschiebung 


l)  Cbedner  giebt  in  seiner  Arbeit  (1.  c.  p.  170)  an,  dass  die  Grenzfläche 
zwischen  Granit  und  Hornfels  (d.  h.  die  Ganglduft)  am  N. -Abhange  des  Sand- 
hügels im  Stölln  des  Rehberger  Wasserlaufs  steil  nach  S.  einfällt.  Herr  Ober- 
steiger Müller  in  Andreasberg  bestätigte  die  fast  seigere  Lage  der  mit  einem 
Lettenbesteg  versehenen  Kluft,  erklärte  aber,  dass  ein  reines  S. -Fallen  nur  an  der 
westlichen  Stollnwand  zu  beobachten  sei;  an  der  östlichen  Wand  falle  die  Kluft 
im  oberen  Theil  gegen  S.,  im  unteren  aber  gegen  N.  ein. 


440 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


längs  des  Ganges  ist  sehr  auffällig.  Im  O.  der  Clausthaler  Chaussee 
bildet  er  die  Grenze  zwischen  Tann  er  Grauwacke  und  Wieder 
Schiefer  (die  hier  in  Folge  der  Verwerfung  in  hora  also  fast 

rechtwinkelig  zum  Generalstreichen  der  Schichten  verläuft),  während 
im  W.  der  Chaussee  zwei  lange,  schmale,  als  steile,  der  Tanner 
Grauwacke  aufgelagerte  Mulden  aufzufassende  Schiefer-  und  Kalk- 
hornfelspartieen  nur  im  N.  der  Verwerfung  nachzuweisen  waren. 

Ein  dritter  und  ein  vierter  ebenfalls  Eisenstein -führender 
Quarzgang  treten  im  Forstorte  »auf  dem  Sperrenthal«  auf.  Auch 
sie  haben  kleine  Schichtenverschiebungen  bedingt,  welche,  zusammen 
mit  der  durch  den  zweiten  Gang  bedingten,  den  treppenförmigen 
Verlauf  der  Grenze  zwischen  Tanner  Grauwacke  und  Wieder 
Schiefer  im  N.  von  Andreasberg  erklären. 

Zwischen  dem  zweiten,  dritten  und  vierten  Gange  liegen  noch 
mehrere  kleinere  Quarz-Eisensteingänge,  die  da,  wo  sie  durch  das 
Sperrenthal  hindurchsetzen,  ehemals  abgebaut  worden  sind  (Sperren- 
thals-Glücker  Gang,  Haus  Kedener  Gang  etc.).  Alle  diese  Gänge 
stehen  nahezu  seiger  und  alle  schneiden  gleich  den  Hauptgängen 
an  der  Neufanger  Ruschei  ab. 

Auch  südlich  von  Andreasberg  sind  Gänge  in  hercy- 
nischer  Richtung  vorhanden.  Es  gehören  nur  dahin  der  Hauptgang 
des  Engelsburger  Thaies,  zwei  Gänge  im  »Ramselnthal«  und  auf 
der  »Schleife«,  sowie  ein  am  W. -Abhänge  des  Sieberberges,  im  S. 
der  vereinigten  Andreasberger  Grenzruscheln  aufsetzender,  mit  den 
letzteren  durch  eine  kurze  streichende  Verwerfung  in  unmittelbarer 
Verbindung  stehender  Gang,  dessen  W.-Ende  am  Königsberge  mit 
den  zahlreichen  dort  aufsetzenden  Eisensteingängen  zusammen- 
1 lärmt.  In  auffälligem  Gegensatz  zu  den  im  N.  und  O.  von  An- 
dreasberg  auftretenden  Gängen  führen  diese  Gangspalten  als  Haupt- 
gangmineral Schwerspath.  In  Begleitung  desselben  erscheinen 
vielfach  Eisen-  und  Kupfererze,  welche  letztere  früher  an  der 
Engelsburg  einen  bedeutenden  Bergbau  veranlasst  haben. 

Alle  diese  Gänge  gehören  dem  System  norwestlich  streichen- 
der, Schwerspath-,  Rotheisenstein-  (Glasskopf)  und  Kupfererze 
führender  Gangspalten  an,  die  nach  S.  in  immer  zunehmender  Zahl 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


441 


und  Länge  bis  an  den  Gebirgsrand  bei  Lauterberg,  zu  verfolgen 
sind,  wo  sie  ehedem  ebenfalls  einen  lebhaften  und  ziemlich  ausge- 
dehnten Bergbau  hervorgerufen  haben  (Alte  Baue  an  der  Kupfer- 
rose, im  Krumm  - Lutterthal , Frische  Lutter  etc.).  Im  >S.  von 
Andreasberg  schneiden  diese  Gänge  an  der  südlichen  Andreasberger 
Grenzruschel  ab.  Im  W.  Andreasberg  aber,  zwischen  den  Thälern 
der  Goldenke,  der  Verlorenen  und  der  Grossen  Kulmke  reichen 
einige  kleinere  derartige  Gänge  bis  fast  auf  die  Höhe  des  Acker  hinauf. 
Im  Knie  der  Sieber  bei  Königshof  treten  noch  mehrere  hierher- 
gehörige, z.  Th.  kleine  Verwerfungen  bedingende  Gänge  auf;  in- 
dess  bezeichnet  im  Allgemeinen  die  Sieber  die  Ostgrenze  der 
Schwerspathverbreitung,  indem  nur  an  der  W.-  und  N. -Seite  des 
Sieberberges  einige  kleine  Schwerspathgänge  noch  im  O.  des 
Sieberflusses  auftreten.  Die  am  N. -Abhang  des  Sieberberges  auf- 
setzenden Gänge  (wie  das  sog.  Frische  Trum)  schneiden  ebenfalls 
an  der  Ruschei  ab  und  werden  von  derselben  eine  Strecke  weit 
geschleppt. 

Neben  den  genannten,  nordwestlich  streichenden,  kommen  im 
S.  von  Andreasberg  auch  einige  N.  — S.  oder  NNW.  — SSO. 
verlaufende  Schwerspathgänge  vor.  Dahin  gehört  ein  kleiner,  an 
der  Andreasberger  Silberhütte  aufsetzender,  nach  N.  bis  über  das 
Pillichenthal  hinaus  verfolgter  Gang.  Man  muss  in  diesen  Gängen 
ein  Sichwiedergeltendmachen  der  N.  — S.  - Richtung  sehen,  welcher 
die  Oderspalte  und  die  weiter  unten  zu  besprechenden,  im  O.  des 
Oderthals  liegenden  Bleierzgänge  folgen  und  die  auch  für  die 
Quarz-  und  Schwerspathgänge  des  Gödeckenkopfes  und  der  Ko- 
boltsthaler  Köpfe  südwestlich  Andreasberg,  den  Schatzkammer- 
zug bei  Altenau,  sowie  die  hora  11  — 1 streichenden  Eruptiv- 
gesteingänge des  Mittelharzes  maasgebend  ist. 

Es  ist  nunmehr  das  Andreasberger  Gang  netz  im  engeren 
Sinne  zu  besprechen  und  dabei  namentlich  der  Verlauf  der  beiden 
Hauptruschein  zu  betrachten,  die  bekanntlich  für  den  Andreas- 
berger Bergbau  dadurch  eine  so  ausserordentliche  Wichtigkeit  be- 
sitzen,  dass  alle  edlen,  Silbererz -führenden  Gänge  ganz  auf  das 
zwischen  ihnen  gelegene  Gebiet  beschränkt  sind. 

O O 


442 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


Die  (faulen)  Ruschein  sind  bekannlich  sehr  mächtige, 
mehrere  bis  dreissig  Meter  breite  Spalten,  die  mit  einem  mehr  oder 
weniger  thonigen,  mürben  bis  bröckeligen,  an  Rutschflächen  und 
Harnischen  reichen , dunkelfarbigen  Material  ausgefüllt  sind 1). 
An  ihren  Saalbändern  kommen  immer  Lettenbestege  vor.  Ausser 
den  beiden  Haupt-  und  Grenzruscheln,  von  denen  die  Neufanger 
im  N.,  die  Edelleuter  im  S.  des  edlen  Andreasberger  Erzfeldes 
liegt,  giebt  es  noch  zwei  kürzere  Nebenrusch  ein,  die  Silber- 
burger und  die  Abendröt  her,  welche  nur  Bogentrümer  der 
Edelleuter  darstellen. 

Sämmtliche  Ruschein  fallen  steil  nach  S.  ein  (die  Neufanger  mit 
55 — 75°,  die  Edelleuter  mit  65 — 70°).  Die  beiden  Hauptruschein 
verlaufen  ziemlich  geradlinig  und  zwar  so,  dass  sie  nach  W.  con- 
vergiren  und  sich  auf  dem  Sieberberge  vereinigen,  um  alsdann  in 
der  Richtung  der  Edelleuter  Ruschei  über  das  Sieberthal  fort  bis 
ans  Kulmkethal  fortzusetzen. 

Der  Verlauf  der  Edelleuter  Ruschei  ist  auf  deren  ganze  Er- 
streckung von  der  Sieber  bis  über  die  Oder  hinaus  durch  den  Bergbau 
genau  fest-gestellt  und  im  S.  und  0.  von  Andreasberg  durch  die 
zahlreichen,  ihrem  Ausgehenden  folgenden,  aus  dem  unverkenn- 
baren, schwarzen,  glänzenden  Ruscheigestein  bestehenden  Halden 
auch  über  Tage  leicht  zu  verfolgen.  Was  aber  den  Verlauf 
der  Neufanger  Ruschei  betrifft,  so  ist  derselbe  durch  berg- 


l)  Das  Ausfüllungsmaterial  der  Ruschein  muss,  ähnlich  wie  der  Gangthon- 
schiefer der  Oberharzer  Gänge,  aus  der  Zertrümmerung  und  Zermalmung  des  die 
Spaltenwandungen  bildenden  Nebengesteins  hervorgegangen  sein.  Damit  hängt 
zusammen,  dass  die  Beschaffenheit  des  Ruschelgesteines  keineswegs  überall  die- 
selbe ist.  Während  die  südliche  Grenzruschel,  die  ausserhalb  des  Contactringes 
des  Granites  liegt-,  eine  weiche,  thonige  Beschaffenheit,  eine  fast  schwarze  Farbe 
und  in  Folge  der  die  ganze  Masse  durchziehenden  Druck-  und  Gleitungsflächen 
ein  glänzendes,  anthracitisches  Aussehen  besitzt  und  manchen  Oberharzer  Gang- 
thonschiefern sehr  ähnlich  wird , so  besteht  das  Ausfüllungsmaterial  der  nörd- 
lichen Grenzruschel,  die  zum  grossen  Theil  schon  im  Gebiet  harter  Hornfelsgesteine 
liegt,  hauptsächlich  aus  einem  hellfarbigeren,  conglomeratischen  bis  breccien- 
artigen,  viel  härteren  und  weniger  glänzendem  Gestein.  In  jener  ersten  Be- 
schaffenheit kann  man  das  Ruscheigestein  überall  im  S-  und  0.  von  Andreasberg, 
bis  an  und  über  die  sog.  blaue  Halde  hinaus  beobachten,  in  der  letzten  dagegen  an 
der  Stelle,  wo  die  Neufanger  Ruschei  durch  das  Sperrlutterthal  hindurchsetzt. 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


443 


männische  Arbeiten  nach  O.  mit  Sicherheit  nur  etwa  bis  an  die 
Clausthaler  Chaussee  heran  bekannt.  Indem  man  aber  von  der 
Analogie  der  Silberburger  und  Morgenröther  Kuschel  ausging,  die 
sich  beide  als  Bogentrümer  mit  der  Edelleuter  Kuschel  vereinigen, 
und  weiter  darauf  fusste,  dass  auch  die  beiden  Hauptruschein  sich 
nach  W.  vereinigen,  glaubte  man  eine  solche  Vereinigung  auch  nach 
O.  annehmen  zu  dürfen.  Da  indess  der  geradlinige  Verlauf  der 
Edelleuter  Kuschel  feststand,  so  war  eine  Vereinigung  nur  im  Fall 
einer  wesentlichen  K i e h t, u n ms ä n d e r u n £ der  Neufanger  Kuschel  in  ihrer 
östlichen  Hälfte  möglich,  und  so  wurde  denn  angenommen,  dass 
die  Neufanger  Kuschel  gleich  im  0.  der  Clausthaler  Chaussee  nach 
S.  umzubiegen  beginne,  um  bald  eine  rein  südöstliche  Richtung 
anzunehmen  und  sich  endlich  in  der  Nähe  der  Oder  mit  der  Edel- 
leuter zu  vereinigen. 

Auf  diese  Weise  erhielt  man  das  durch  die  beiden  Haupt- 
ruschein  begrenzte,  die  Andreasberger  Silbererzgänge  einschliessende, 
rings  geschlossene  Ellipsoid,  als  welches  das  Andreasberger  Erzfeld 
sich  bis  jetzt  auf  allen  Karten  darstellt. 

Als  Stütze  für  diese  Annahme,  die  von  dem  besten  Kenner 
des  Andreasberger  Bergbaues,  Herrn  Bergrath  Strauch  herrührt, 
wurde  das  Vorkommen  von  ruscheiartigem  Gestein  am  sog.  Knöchel 
im  Kälberthal  geltend  gemacht.  Dieses  für  sich  allein  kann  indess 
noch  nicht  als  genügender  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  Con- 
struction  angesehen  werden,  da  ruscheiartige  Gesteine  an  vielen 
Punkten  des  Andreasberger  Reviers  Vorkommen,  so  z.  B.  (nach 
einer  Mittheilung  des  Herrn  Obersteiger  Müller)  im  Rehberger 
Wasserlauf  unter  dem  Sandhügel  und  am  sog.  rothen  Bär  im  0. 
von  Andreasberg,  der  sogar  nach  Credner  eine  grössere,  vollständig 
verruschelte  Gebirgspartie  darstellt.  Erkennt  man  aber  dem  Vor- 
kommen von  Kuschelgestein  keinen  absolut  beweisenden  Werth 
zu,  so  fällt  die  ganze  Annahme  einer  südlichen  Ablenkung  der 
Neufanger  Kuschel  und  ihrer  Vereinigung  mit  der  Edelleuter  in 
sich  zusammen. 

Mein  College  Lossen  hat  dies  zuerst  hervorgehoben  und  zu- 
gleich die  Vermuthung  ausgesprochen,  dass  die  Neufanger  Ruschei 
ihre  Fortsetzung  in  dem  im  W.  der  Clausthaler  Chaussee  von  ihr 


444 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


auslaufenden,  mächtigen  Wenns  Glückt’er  Gang  haben  möchte. 
Für  diese  Annahme  schien  zu  sprechen,  dass  der  fragliche  Gang, 
der  östlichste  unter  den  Andreasberger  Gängen,  von  allen  übrigen 
durch  seine  bedeutende  (durchschnittlich  18  Meter  betragende) 
Mächtigkeit,  durch  seine  abweichende  Ausfüllungsart  (durch  Quarz 
und  Kalkspath  verkittete  Thonschieferbrocken,  an  der  Oberfläche 
Eisenstein  und  nur  in  grösserer  Tiefe  und  ganz  sporadisch  Silbererze) 
und  das  Vorkommen  unausgefüllter  Räume  sehr  erheblich  unter- 
scheidet. 

Aber  auch  der  Wenn’s  Glückt’er  Gang  stellt  nicht  die  Fort- 
setzung des  Neufanger  Ruschei  dar.  Meine  vorjährigen  Aufnahmen 
haben  vielmehr  gezeigt,  dass  die  letztere  im  0.  der  Clausthaler 
Chaussee  in  derselben  Richtung  weiterläuft,  wie  im  W.  Wie 
nämlich  im  W.  der  Clausthaler  Chaussee  infolge  einer  durch  die 
Ruschei  bedingten  Verwerfung  Schichten  aus  dem  Niveau  des  Haupt- 
quarzits mit  älteren  Gesteinen,  auf  längere  Erstreckung  sogar  fast 
mit  der  Tanner  Grauwacke  zusammenstossen,  so  ist  dasselbe  auch 
auf  der  ganzen  östlichen  Verlängerung  der  Ruschei  bis  auf  die 
Höhe  des  Sägemühlenberges  hin  der  Fall.  Soweit  muss  also  die 
Ruscheispalte  jedenfalls  reichen;  dass  sie  aber  noch  weiter,  bis  in  den 
Granit  hineinreicht,  dafür  spricht  sowohl  die  auffällige  Zerreissung 
der  Tanner  Grauwacke  auf  dem  Sägemühlenberge,  als  auch  der 
ebenfalls  durch  Zerreissung  bedingte,  scharf  einspringende  Winkel, 
den  die  Grenze  von  Grauwacke  und  Granit  da  zeigt,  wo  sie 
von  der  Spalte  getroffen  wird.  Ich  muss  es  daher  für  höchst 
wahrscheinlich  halten,  dass  die  Neufanger  Ruschei  auch  im  O.  der 
Clausthaler  Chaussee  ohne  wesentliche  Richtungsänderung  fort- 
läuft und  bis  in  den  Granit  am  Abhange  des  Sägemühlenberges 
hineinreicht. 

Diese  Annahme  erhält  eine  Stütze  in  der  Thatsache,  dass 
auf  der  fraglichen  Linie  in  der  That  an  einer  Stelle  Ruschel- 
gestein  zu  Tage  zu  treten  scheint.  Diese  Stelle  liegt  gleich  unter 
der  Holzschleiferei,  im  Bogen  der  Braunlager  Chaussee.  Auf  der 
O. -Seite  der  kleinen,  sich  bei  jener  Schleifmühle  einsenkenden 
(den  obersten  Theil  des  Kälberthaies  darstellenden)  Depression 
geht  an  der  Chausseeböschung  ein  bis  ins  Kleinste  zerbrochenes, 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


445 


aus  polytomen  Fragmenten  bestehendes,  bröckeliges  Gestein  aus, 
aus  welchem  fortwährend  Wasser  hervorquillt,  während  einige 
Meter  davon  entfernt  der  normale,  compacte  Schieferhornfels  an- 
steht. Auch  Obersteiger  Müller  erklärte  mir,  dass  ihm  die 
Aelmlichkeit  dieses  Gesteins  mit  dem  der  Neufanger  Ruschei  auf- 
gefallen sei. 

Aus  diesen  Mittheilungen  ergiebt  sich,  dass  die  beiden 
Andreasberger  Hauptruscheln,  weit  entfernt,  sich  nach  O.  zu  ver- 
einigen, sich  im  Gegentheil  immer  weiter  von  einander  entfernen 
und  somit  kein  Ellipsoid,  sondern  ein  spitzwinkeliges,  nach  O. 
geöffnetes  Dreieck  umschliessen. 

Ein  Blick  auf  die  Karte  zeigt,  dass  nicht  nur  die  nördliche, 
sondern  auch  die  südliche  Hauptruschel  Gebirgsverwerfer  dar- 
stellen. Was  die  Neufanger  Rusehel  betrifft,  so  ist  bereits  oben 
erwähnt  worden,  dass  an  derselben  auf  längere  Erstreckung 
Tauner  und  Hauptquarzit  fast  unmittelbar  aneinander  grenzen. 
Die  ganze  Diabas  - führende  Schieferzone,  sowie  auch  die  unter 
dieser  auftretende  kalkige  Zone  fehlt  hier  also  zwischen  den  jetzt 
in  einem  Niveau  liegenden  Schichten  der  Grauwacke  und  des 
Quarzits,  was  nur  durch  Annahme  einer  Verwerfung  erklärt  werden 
kann.  Da  die  Ruschei  nach  S.  einfällt  und  die  hängenderen 
Schichten  im  S.  derselben  liegen,  so  muss  hier  eine  normale  Ver- 
werfung vorliegen. 

Dass  auch  die  Edelleuter  Ruschei  eine  spiesseckige  Störung 
darstellt,  geht  sowohl  aus  der  Art,  wie  die  grossen  Diabaslager 
des  Oderberges,  des  Matthiasschmidtsberges  und  Glockenberges, 
und  weiter  westlich  die  sich  in  einem  breiten  Specialsattel  heraus- 
hebenden Schichten  der  tieferen  Kalk-Kieselschieferzone  an  der 
Ruschei  abschneiden,  als  auch  aus  der  merklich  abweichenden 
Streichrichtung  der  Schichten  im  N.  und  S.  der  Ruschei  hervor. 
Noch  entschiedener  aber  tritt  die  Dislocation  darin  hervor,  dass 
auf  der  ganzen  Erstreckung;  vom  Sieberberge  bis  über  das  Oder- 
thal  hinaus  die  körnigen  Diabase  im  Wesentlichen  nicht  über  die 
Ruschei  hinausreichen,  vielmehr  in  deren  N.  allenthalben  sofort 
Schichten  des  Hauptquarzits  auftreten.  Ob  auch  die  Edelleuter 
Ruschei,  gleich  der  Neufanger,  eine  echte  Verwerfung  (mit  ge- 


446 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


sunkenem  Hangenden)  oder  — wie  Lossen  annimmt  — eine 
Ueberschiebung  darstellt,  muss  ich  unentschieden  lassen  x). 

Was  die  innerhalb  der  Gr enzruscheln  aufsetzenden 
Gänge* 2)  betrifft,  so  folgen  dieselben  zwei  Hauptrichtungen,  einer 
ostwestlichen,  ungefähr  den  Ruschein  parallelen,  und  einer  nord- 
westlichen, der  Ackerspalte  parallelen.  Alle  fallen,  im  Gegensatz 
zu  den  Ruschein,  nach  N.  resp.  NO.  ein,  und  alle  sind  edel,  d.  h. 
enthalten  neben  Kalkspath  und  anderen  Mineralien  und  Arsen-, 
Antimon-,  Blei-,  Zink-,  Kupfer-  etc.  Erzen  auch  Silbererze. 
Wahrscheinlich  haben  auch  diese  Gänge  kleinere  Verwerfungen 
zur  Folge.  Am  wahrscheinlichsten  ist  dies  für  den  grossen,  un- 
gewöhnlich mächtigen  Wenn  s Glückt’ er  Gang,  auf  dessen  Ostseite 
allenthalben  kalkige  Hornfelse  und  Quarzite  des  Hauptquarzit- 
Niveaus  (mit  den  oben  angegebenen  Versteinerungen)  auftreten, 
während  solche  im  W.  des  Ganges  nicht  vorhanden  sind. 

Der  Wenn  s Glückt’ er  Gang  reicht  nach  N.  bis  unmittelbar 
an  die  Neufanger  Ruschei  und  ebenso  erstrecken  sich  auch  mehrere 
der  westlich  von  ihm  liegenden,  nordwestlich  streichenden  Gänge 
bis  an  die  Grenzruscheln  heran.  Dennoch  kennt  man  keinen  Fall, 
dass  einer  der  fraglichen  Gänge  über  die  Grenzruscheln  hinaus- 
reichte; vielmehr  hören  alle  an  denselben  auf,  ohne  deren  Ver- 
lauf  irgendwie  zu  beeinflussen,  geschweige  denn  dieselben  zu  ver- 
werfen. Alle  Andreasberger  Gänge  stellen  verhältnissmässig  un- 
bedeutende Spalten  dar,  die  nicht  oder  nur  nach  einer  mehr  oder 
weniger  erheblichen  Ablenkung  oder  Schleppung  Seitens  der 
Grenzruscheln  über  diese  hinaus  aufzureissen  vermochten. 

Zu  den  innerhalb  der  Hauptruschein  auftretenden  Gangspalten 
gehört  endlich  auch  eine  von  der  Neufanger  Ruschei  nach  SO. 
auslaufende,  im  N.  der  Braunlager  Chaussee  liegende  Verwerfung. 


!)  Schon  vor  mehreren  Jahren  hatte  mein  College  Lossen  auf  Grund  meiner 
früheren  Aufnahmen,  sowie  eigener  Beobachtung  im  Sperrlutterthale  und  auf  dem 
Todtenberge,  die  Ueberzeugung  gewonnen,  dass  die  Andreasberger  Ruschein  Ver- 
werfungen seien.  Meine  neuen  Aufnahmen  haben  die  Richtigkeit  dieser  Ver- 
muthung  in  unzweifelhaftester  Weise  bestätigt. 

2)  Diese  Gänge  sind  vom  Königl.  Oberbergamt  zu  Clausthal  in  die  Karte 
eingezeichnet  worden,  und  zwar  in  einer  Projection  von  ca.  1U0  Meter  unter  Tage. 


am  SW.- Abfall  des  Bröckenmassivs. 


447 


Diese  Spalte  ist  es,  die  das  durch  die  Neufanger  Rusehel  ver- 
worfene Südende  der  Grauwackenpartie  des  kleinen  Oderberges, 
sowie  den  am  Abhang  des  Oderthaies  vortretenden  Granit  ab- 
schneidet. Von  Gangausfüllungen  wurde  auf  dieser  Spalte  da, 
wo  sie  den  alten,  nach  dem  Andreasberger  Rinderstall  hinab- 
führenden Fahrweg  schneidet,  etwas  Gangquarz  und  weiter  östlich, 
auf  dem  Schachtelnkopfe,  an  mehreren  Stellen  Gangbreccie  auf- 
gefunden. 

Als  eine  westöstliche  Nebenspalte  der  gesammten  Spalten  er- 
scheint ein  kleiner,  den  Granit  des  Schachtelnkopfes  auf  der  Süd- 
seite begrenzender  Quarzgang. 

Es  wären  schliesslich  noch  die  in  der  Umgebung  des 
Oderthaies  unterhalb  des  Andreasberger  Rinderstalles  und  im 
SW.  und  S.  von  Braunlage  auftretenden  kleineren  Bruch- 
linien  und  Erzgänge  zu  besprechen1). 

Im  W.  des  Oderthaies  liegt  am  Oderberge  eine  Reihe  kleiner, 
vorwiegend  westöstlich  streichender  Gänge,  auf  denen  früher  be- 
sonders auf  Kobalt-  und  Nickel erze  gebaut  worden  ist.  Es  sind 
das  die  Gänge  des  sog.  Oderzuges. 

Bedeutender  sind  die  Gänge  auf  der  östlichen  Seite  der  Oder. 
Dieselben  streichen  überwiegend  parallel  dem  Oderthal,  von  N. 
nach  S.,  und  führen  als  Gangmaterial  hauptsächlich  Bruchstücke 
des  Nebengesteins,  die  durch  krystallinischen  Quarz  zu  einer  festen 
Gangbreccie  verkittet  sind,  Bleiglanz,  Blende  und  etwas  Kupfer- 
kies. In  den  Thälern  der  Stölzernen  Stieg,  des  Morgensterns  und 
Magdgrabes  liegen  zahlreiche  Schächte,  Stulln,  Pingen  und  Halden, 
die  von  dem  seit  alter  Zeit  auf  den  dortigen  Erzgängen  umgegangenen 
Bergbau  zeugen.  Nach  S.  reichen  diese  Gänge  bis  an  die  gewaltige 
Diabasmasse  des  Schlosskopfes,  wo  sie  in  ähnlicher  Weise,  wie 
die  Andreasberger  Gänge,  an  der  Verlängerung  der  Edelleuter 


1 ) Die  Gänge  an  den  Abhängen  der  Oder  sind  theils  nach  an  Ort  und 
Stelle  beobachteten  alten  Pingenzügen  und  dem  Vorkommen  von  Gangquarz  und 
Breccie,  theils  nach  älteren,  zum  Theil  noch  aus  dem. • vorigen  Jahrhundert 
stammenden  Plänen  und  Rissen  in  die  Karte  Tafel  XI.  eingetragen  worden.  Ich 
verdanke  diese  Risse  der  Güte  des  Herrn  .Bergrath  Strauch  in  Andreasberg. 


448 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


Kuschel  abzuschneiden  scheinen;  nach  N.  aber  sind  sie  fast  bis 
an  die  Endigungen  der  Ackerspalte  und  deren  nördlicher  Neben- 
spalte zu  verfolgen.  Indem  sie  auf  diese  Weise  gewissermaassen 
ein  Bindeglied  zwischen  der  grossen,  soeben  genannten  Spalte  und 
der  Edelleuter  Kuschel  bilden,  stellen  sie  zugleich  die  dritte,  kürzeste 
Seite  des  spitzwinkeligen,  gleichschenkligen,  von  den  beiden  Haupt- 
ruscheln  umschlossenen  Dreiecks  dar. 

Auch  die  iu  Kede  stehenden  Gänge  sind  Yerwerfer.  So  muss 
es  auffallen,  dass  die  grosse  Quarzitmasse  der  Hohen  Tracht  am 
östlichsten  Gangzuge  plötzlich  abschneidet,  und  ebenso  bemerkens- 
wei’tli  ist  es,  dass  zwischen  dem  Gangzuge,  der  westlich  vom 
ebengenannten  liegt,  und  dem  noch  westlicheren,  die  Mündung  des 
Morgensternthaies  schneidenden,  Quarzite  gänzlich  fehlen,  während 
sie  zu  beiden  Seiten  des  von  jenen  Spalten  begrenzten  Gebirgs- 
stückes  vorhanden  sind. 

Was  endlich  die  in  der  Gegend  von  Braunlage,  am  Steinfeld, 
im  Hasselhof  und  am  Hasselkopf  aufsetzenden  Gänge  betrifft,  so 
ist  deren  Streichen  vorherrschend  nach  NW.  gerichtet,  während 
sich  daneben  noch  eine  ostwestliche  Richtung  geltend  macht.  Der 
erstgenannten  Richtung  gehört  eine  ungefähr  mit  dem  Brunnen- 
baehthale  zusammenfallende  Bruchlinie  an,  an  welcher  die  Quarzit- 
partie der  Hohen  Tracht  im  O.  in  ihrer  ganzen  Breite  abschneidet, 
ferner  der  Hauptgang  des  Steinfeldes,  der  Herzog  Ludwig- 
Rudolpher  Gang,  zahlreiche  kleine,  im  O.  desselben  erschürfte 
Gänge,  sowie  endlich  eiue  Verwerfung  im  Ilasselliof,  an  welcher 
in  den  sog.  Berglöchern,  einem  alten,  im  SW.  von  Braunlage 
liegenden  Pingenfelde,  in  auffälliger  Weise  Hauptquarzit  und 
Diabas  zusammenstossen.  Der  letztere  ist  hier  durch  Granit- 
einwirkung stark  verwandelt  (vergl.  Seite  422)  und  längs  der 
Spalte  mit  Magnet-  und  Brauneisenstein  imprägnirt.  Der  west- 
lichen Richtung  gehören  an  der  (nach  der  Zin OKEN’schen  Karte 
copirte)  Gang  auf  dem  Hasselhof,  der  Herzogin  Christine-Louiser 
Gang  im  Steinfeld  und  endlich,  wenn  man  will,  der  Seite  420 
erwähnte,  inmitten  der  Steinfelder  Gänge  auftretende,  von  Kalk- 
spat!), Quarz  und  Erzen  durchdrungene  Granitgang.  Von  Erzen 
führen  die  Steinfelder  Gänge  besonders  Kupferkies,  daneben  Blende 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


449 


und  etwas  Bleiglanz,  als  Gangmasse  Quarz,  Kalkspath  und  Thon- 
schieferbreccie.  Alle  stehen  sehr  steil  (geringste  Neigung  ca.  60°) 
bis  fast  seiger  und  alle  fallen  nach  S.  ein1). 


Schlussbemerkungen. 

'''Alts  obigen  Mittheilungen  ergiebt  sich,  dass  das  im  W.  und 
SW.  des  Brockenmassivs  liegende  Gebiet  durch  zahlreiche  Bruch- 
und  Gangspalten  in  hohem  Maasse  zerrissen  ist.  Die  Mehrzahl 
der  zum  Tlieil  recht  bedeutenden  Zerreissungen  streichen  in  einer 
der  Gebirgsaxe  nahezu  parallelen  Richtung.  Neben  ihnen  sind 
andere  vorhanden,  zu  denen  vor  Allem  die  grosse  Oderspalte  ge- 
hört, die  NNW.  bis  N.  streichen.  Alle  diese  Spalten  sind  Quer- 
sp alten.  Eine  Gruppe  noch  anderer  Bruchlinien  und  Gänge, 
deren  wichtigste  die  Andreasberger  Rusclieln  sind,  haben  eine  un- 
gefähr ostwestliche  Richtung  und  sind  D iagonalsprüng e.  Aechte 
Längsverwerfungen  kommen  nur  in  ganz  beschränktem  Maasse 
(am  Sieberberge)  vor. 

Alle  fraglichen  Spalten  sind  gleichzeitig  Verwerfer.  Viele  durch- 
setzen und  verschieben  in  aller  evidentester  Weise  auch  den  Granit. 
Es  geht  daraus  hervor,  dass  alle  Theorieen,  welche  die  Entstehung 
der  Oberharzer  Gangspalten  mit  dem  Aufdringen  des  Oder-  und 
Kellwasserthaler  Granits  in  Zusammenhang  bringen  wollten,  unhalt- 
bar sind.  Dies  gilt  nicht  nur  für  die  Andreasberger  Gänge,  sondern 
auch  für  diejenigen  der  Gegend  von  Clausthal.  Denn  beide  Gang- 


:)  Die  obigen  Notizen  sind  den  in  der  herzogl.  Kammer  zu  Braunscliweig 
aufbewahrten,  mir  auf  mein  Ersuchen  in  zuvorkommendster  Weise  zur  Verfügung 
gestellten  Acten  und  Karten  entnommen.  Die  letzteren  rühren  zum  grossen  Theil 
von  v.  Seckendorff  her  und  wurden  in  den  30  er  Jahren  auf  Grund  der  damals 
im  Steinfeld  ausgeführten  Schürfarbeiten  angefertigt. 

Nach  Zincken  (östl.  Harz,  I,  S.  154,  155)  wären  auf  dem  Ludwig-Rudolpher 
Gange  ehedem  auch  Silbererze  und  Kobalt  angetroffen  worden.  Der  Umstand, 
dass  man  auf  Zincken’s  Karte  auch  in  der  Gegend  des  Morgensternthals  (im  0. 
des  Oderthals)  das  Silberzeichen  angegeben  findet,  lässt  schliessen,  dass  sich  ehe- 
mals auch  hier  in  Begleitung  von  Blei-  und  Zinkerzen  Silbererze  gefunden  haben. 

29 


450 


E.  Kaysek,  über  das  Spaltensystem 


gruppen  stehen  durch  die  Oderspalte,  an  die  sich  das  Clausthaler 
System  im  N.,  das  Andreasberger  im  S.  unmittelbar  anschliesst, 
im  innigsten  Zusammenhang,  wie  denn  überhaupt  das  ganze  Spalten- 
netz im  W.  des  Brocken  als  ein  durchaus  einheitliches  erscheint. 

Wahrscheinlich  sind  alle  Spalten  nahezu  gleichzeitig  ent- 
standen. Für  die  vielen  einander  parallelen,  in  der  Richtung  der 
Gebirgsaxe  verlaufenden  Gänge  auf  beiden  Seiten  des  Oderthals 
werden  gewiss  die  meisten  Fachgenossen  auch  eine  wesentlich  gleich- 
zeitige  Entstehung  annehmen  wollen;  dass  aber  auch  die  Gänge 
des  Clausthaler  Plateaus  trotz  ihrer  viel  flacheren  Streichungs- 
richtung  dasselbe  Alter  haben,  wie  die  in  hercynischer  Richtung 
streichenden  Spalten  im  N.  vom  Andreasberg  und  Braunlage,  das 
geht  aus  dem  Verlauf  der  Ackerspalte  hervor,  die  im  0.  des 
Acker-Bruchberges  der  hercynischen  Richtung  folgt,  im  W.  des 
genannten  Bergzuges  aber  in  demselben  Maasse,  als  sie  sich  dem 
Clausthaler  Plateau  nähert,  mehr  und  mehr  die  Richtung  der 
dortigen  Erzgänge  annimmt. 

Wenn  es  auf  diese  Weise  wahrscheinlich  wird,  dass  im 
grossen  Ganzen  alle  oberharzer  Gangspalten  zu  wesentlich  gleicher 
Zeit  aufgerissen  sind,  so  soll  doch  damit  das  Vorhandensein  kleiner 
AltersdifPerenzen  in  keiner  Weise  geläugnet  werden.  So  sprechen 
z.  B.  alle  Umstände,  besonders  aber  die  Gangauslenkungen,  welche 
man  sowohl  an  den  Andreasberger,  als  auch  an  den  Clausthaler 
Ruschein  beobachtet,  mit  Bestimmtheit  für  ein  wenigstens  etwas 
höheres  Alter  dieser  mächtigen  Zerreissungen1). 

Was  nun  die  Frage  nach  dem  geologischen  Alter  der  Spalten- 
bildung betriflft,  so  muss  ich  hier  etwas  länger  verweilen. 

b Zwei  der  Clausthaler  Gange,  die  »faule  Ruschei«  und  der  Charlotter  Gang- 
zug sind  ächte  Ruschein,  d.  h.  mächtige,  erzfreie  oder  -arme,  mit  Zermalmungs- 
producten  des  Nebengesteins  ausgefüllte  Brachspalten.  Aber  auch  die  übrigen 
Clausthaler  Gange  sind  durch  ihre  Mächtigkeit  und  Länge,  ihr  südliches  Ein- 
fällen und  ihre  besonders  aus  sog.  Gangthonschiefer  bestehende  Ausfüllung  viel 
mehr  den  Andreasberger  Ruschein  vergleichbar,  als  den  Andreasberger  Silbererz- 
gängen, welch  letztere  nur  unbedeutende  Nebenrisse  darstellen.  Dass  auch  die 
Clausthaler  Gänge  Verwerfen  sind,  wissen  wir  aus  den  schönen  Arbeiten  des  Herrn 
von  Groddeck  (Zeitsckr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  1866,  p.  710 — 719,  775.  Zeitschr. 
f.  Berg-,  Hütten  - u.  Salinenwesen  im  preuss.  Staat  1873,  p.  1). 


am  SW.- Abfall  des  Brockenmassivs. 


451 


Bis  in  die  ältere  Kohlenzeit  hinein  ging  die  Ablagerung  der 
Sedimente  im  Gebiet  des  heutigen  Harzes  und  weit  darüber  hinaus 
ruhig  und  stetig  vor  sich.  Nach  Bildung  der  Culmschichten  aber 
trat  eine  langandauernde  Periode  verschiedenartiger  Bodenbewe- 
gungen ein,  die  von  wiederholten  Eruptionen  begleitet,  grosse  Ver- 
änderungen in  den  damaligen  Oberflächenverhältnissen  Mitteleuropas 
zur  Folge  hatten.  Zunächst  trat  eine  sich  über  weite  Flächenräume 
geltendmachende  Faltung  der  bis  dahin  gebildeten  Sedimente  im  Sinne 
des  niederländischen  Systems  (L.  v.  Buch’s)  ein.  Daran  schlossen 
sich  mannichfache  andere  Oscillationen,  die  sich  speciell  für  den 
H arz  darin  dokumentiren,  dass  nicht  nur  die  am  NO.-  und  SO. -Rande 
des  Gebirges  entwickelte  oberste  Steinkohlenformation  discordant 
auf  den  gefalteten  älteren  (Kerngebirgs-)  Schichten  liegt,  sondern 
dass  ebenso  auch  das  Rothliegende  übergreifend  auf  dem  Kohlen- 
gebirge und  der  Zechstein  ebenso  auf  dem  Rothliegenden  aufruht. 

Diese  mit  der  jüngeren  Carbon -Periode  beginnende  Zeit 
grosser  geologischer  Umwälzungen  in  unseren  Gegenden  war  es, 
in  welcher  der  Harz , der  vorher  noch  nicht  als  selbständiges 
Gebirge  existirt  hatte,  seine  erste  orographische  Abgrenzung  erhielt. 

Wahrscheinlich  war  die  Erhebung  des  Gebirges  schon  während 
der  Ablagerung  des  Rothliegenden  soweit  gediehen,  dass  dasselbe 
im  Wesentlichen  seine  heutigen  Contouren  besass.  Dafür  sprechen 
sowohl  die  groben  Conglomeratlager  — wie  sie  sich  nur  in  unmittel- 
barer Nachbarschaft  der  Küste  bilden  können  — im  Rothliegenden 
am  NO.-,  O.-  und  S. -Rande  des  Gebirges,  als  auch  die  sehr  un- 
gleichen Höhen,  welche  gleichwerthige  Glieder  jener  Formation  am 
und  in  der  Nähe  des  südlichen  Harzrancles  einnehmen  — Niveau- 
differenzen, die  sich  wohl  nur  durch  Annahme  von  Spaltungen  und 
Hebungen  in  hercynischer  Richtung  erklären  lassen,  welche  den 
Gebirgsrand  während  der  älteren  Perm-Zeit  betroffen  haben 1). 

x)  Herr  E.  Beyrich  hat  zuerst  auf  diese  Niveaudifferenzen  aufmerksam 
gemacht  und  sie  in  der  angegebenen  Weise  erklärt  (Erläuterungen  zur  geologischen 
Specialkarte  von  Preussen  etc.,  Blatt  Zorge  (No.  237,  p.  15,  J870).  Durch  jene 
Hebungen  -wurde  der  Zusammenhang  der  eben  erst  gebildeten  Sedimente  des 
Rothliegenden  aufgehoben ; ein  Theil  wurde  über  das  Meeresniveau  erhoben  und 
liegt  jetzt,  ohne  von  Zechstein  bedeckt  zu  werden,  im  Inneren  des  Gebirges;  der 
andere  verblieb  am  Gebirgsrande  und  wurde  später  von  Zechstein  überlagert. 

29* 


452 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem 


Dass  in  der  That  ein  grosser  Theil  der  oben  beschriebenen 
Spalten  im  Inneren  des  Gebirges  zur  Zeit,  als  das  Rothli egende 
sich  ablagerte,  bereits  vorhanden  gewesen  ist,  geht  daraus  her- 
vor, dass  man  von  Lauterberg  an  bis  über  Andreasberg  hinaus 
Spalten  findet,  die  damals  mit  Quarzporphyr  (und  in  den  weiter 
östlich  gelegenen  Theilen  des  Gebirges  mit  basischeren  Eruptiv- 
gesteinen) ausgefüllt  wurden.  Wenn  wir  aber  oben  gesehen  haben, 
dass  unsere  Spalten  den  Granit  mit  durchsetzen  und  verwerfen, 
so  haben  wir  auch  darin  einen  Anhaltspunkt  für  ihre  Ent- 
stehungszeit. Denn  wir  wissen,  dass  das  Hervortreten  des  Harzer 
Granits  demjenigen  der  eben  genannten,  der  Periode  des  Roth- 
liegenden  angehörigen  Eruptivgesteine  vorangegangen  ist  und  in 
die  Zeit  nach  Bildung  der  vom  Granit  mit  durchbrochenen  Culm- 
schichten  und  vor  Ablagerung  des  Rothliegenden,  mithin  in  die 
jüngere  Carbonzeit  hineinfällt.  Kurz,  alles  weist  darauf  hin,  dass 
das  Aufreissen  der  Spalten  erst  einige  Zeit  vor  Anfang  der  Perm- 
Periode  begonnen  haben  kann.  Dass  sich  die  Spaltenbildung 
andererseits  nicht  über  die  ältere  Perm-Zeit  hinaus  fortgesetzt  hat, 
das  beweist  der  Umstand,  dass  weder  die  Lauterberger  Porphyr- 
gänge, noch  die  Clausthaler  Erzgänge  — obwohl  beide  zum  Theil 
bis  an  den  äussersten  Gebirgsrand  heranreichen  — in  den  hier 
lagernden  Zechstein  hineinsetzen1). 

In  hohem  Grade  merkwürdig  sind  die  grossen  örtlichen  Unter- 
schiede im  Füllungsmaterial  der  Andreasberger  Spalten.  Zwischen 
den  beiden  Hauptruschein,  aber  auch  nur  hier,  sehen  wir  eine 

x)  Für  die  Lauterberger  Porphyre  habe  ich  dieses  schon  im  vorigen  Jahre 
in  meinem  kleinen  Aufsatze  über  dieselben  (dieses  Jahrbuch  1880,  pag.  45)  her- 
vorgehoben; von  den  erzführenden  Schwerspathgängen  der  Gegend  von  Grund 
(am  Rösteberg)  aber  nahm  ich  damals  auf  Grund  der  Kartenaufnahmen  meines 
verstorbenen  Collegen  Speyer  an , dass  sie  in  den  Zechsteindolomit  hineinsetzten 
und  kam  so  zum  Schlüsse,  dass  die  Schwerspathgänge  am  SW. -Rande  des 
Harzes  ein  jüngeres  Alter  besässen,  als  die  Porphyrgänge,  deren  Ausfüllung  schon 
in  der  Zeit  des  Rothliegenden  erfolgt  sein  muss.  Herr  von  Groddeck,  der  das 
Schwerspathvorkommen  am  Rösteberg  genau  untersucht  hat,  erklärte  mir  indess 
auf  das  Entschiedenste,  dass  dasselbe  keineswegs  einen  Gang,  sondern  vielmehr 
ein  Lager  im  Dolomit  darstellt  und  dass  die  schwerspathführenden  Gänge  des 
alten  Gebirges  sämmtlich  am  Zechsteinrande  aufhören. 


am  SW.-  Abfall  des  Brockenmassivs. 


453 


eigentümliche  Vereinigung  von  Kalkspath,  Zeolithen  und  mannig- 
fachen anderen  Mineralien  mit  Silber-,  Arsen-,  Antimon-,  Blei-, 
Zink-  und  anderen  Erzen;  im  N.  von  Andreasberg  setzen  aus- 
schliesslich Quarz-  und  Eisensteingänge  auf,  die  nur  hie  und  da 
auch  etwas  Kupfer  führen,  und  im  S.,  SW.  und  W.  jener 
Bergstadt  endlich  finden  wir  fast  nur  Eisen-  und  Kupfererz- 
führende Schwerspathgänge.  Weder  diese  noch  die  Eisenstein- 
gänge setzen  jemals  in  den  von  den  Grenzruscheln  umschlossenen 
Raum  hinein. 

Um  das  Gebundensein  der  Silbererzgänge  an  den  Innenraum 
der  beiden  Grenzruscheln  zu  erklären,  nahm  H.  Credner  an,  dass 
die  mit  thonigem  Material  ausgefüllten,  mächtigen  Ruscheispalten 
undurchdringbare  Dämme  für  die  aus  der  Tiefe  emporsteigenden, 
das  Material  der  Silbererzgänge  liefernden  Solutionen  gewesen  seien, 
und  dass  deshalb  die  Entstehung  dieser  Gänge  ganz  auf  den  Innen- 
raum der  Ruschein  beschränkt  blieb.  Auf  alle  Fälle  muss  man 
annehmen,  dass  der  Absatz  von  Mineralien  und  Erzen  innerhalb  der 
Ruschein  unter  wesentlich  anderen  Bedingungen  erfolgte,  wie  ausser- 
halb  derselben.  Es  wäre  wohl  möglich,  dass  dabei  die  grossen, 
ehemals  mit  denen  des  Matthiasschmidtsberges  und  des  Wäsch- 
grundes direct  zusammenhängenden  Diabasmassen,  welche  in  den 
tieferen  Regionen  des  Andreasberger  Erzfeldes  vorhanden  sein 
müssen,  eine  wesentliche  Rolle  gespielt  haben.  Einen  Fingerzeig 
dafür  könnte  man  darin  sehen,  dass  die  Zeolithe,  die  eine  so  eigen- 
thümliche Erscheinung  der  edlen  Andreasberger  Gänge  bilden,  auch 
ausserhalb  des  Erzfeldes  ganz  an  den  Diabas  gebunden,  in  diesem 
aber  ziemlich  verbreitet  sind  (Datolith  und  Prehnit  im  Wäschgrund, 
an  der  Schleife,  am  Matthiasschmidtsberg,  Trutenbeek  etc.).  Der 
Quarz-  und  Eisengehalt  der  Gänge  im  N.  von  Andreasberg  lässt  sich 
wohl  auf  den  Granit  zurückführen,  und  zwar  um  so  leichter,  als  der- 
selbe in  der  Nähe  der  Spalten  stark  verändert  zu  sein  pflegt  — wie 
schon  daraus  hervorgeht,  dass  die  Feldspäthe  dort  fast  immer 
in  eine  grünliche,  steinmark  ähnliche  Substanz  verwandelt  sind. 
Schwerer  dürfte  es  sein , den  Ursprung  des  Schwerspatlis  der 
Lauterberger  Ganggruppe  nachzuweisen.  Da  indess  die  fraglichen 
Gänge  ganz  überwiegend  in  der  Tanner  Grauwacke  aufsetzen,  so 


454 


E.  Kayser,  über  das  Spaltensystem  am  SW.- Abfall  etc. 


wäre  es  möglich,  dass  der  Feldspath  dieses  Gesteins  die  Quelle 
ihrer  Mineral-  und  Erzausfüllung  bildet. 

Zum  Schluss  möchte  ich  noch  auf  einige  Erscheinungen  hin- 
weisen,  die  sich  durch  die  oben  beschriebenen  Spalten  in  sehr 
befriedigender  Weise  erklären  lassen.  Dahin  gehört  einmal  die 
Art  des  Auftretens  des  Granits  der  Waage  und  der  Birken  in 
Gestalt  eines  langen,  schmalen,  vom  Oder-  bis  zum  Sieberthale 
reichenden,  von  der  Hauptmasse  des  Brockengranits  fast  ganz 
getrennten  Streifens.  Diese  auffällige  Form,  wie  auch  die  Richtung 
der  fraglichen  Granitpartie  erklärt  sich  sehr  einfach  dadurch,  dass 
sie  zwischen  zwei  in  hercynisclier  Richtung  verlaufenden  Spalten 
liegt.  Aber  auch  die  Thatsache,  dass  die  meisten  im  Granitgebiet 
auftretenden  Hornfelsschollen  (wie  der  Kl.  Oderberg,  der  Rehberg, 
der  Hahnenklee,  die  Achtermannshöhe,  der  Wurmberg,  die  Ver- 
bindungslinie der  beiden  Winterberge)  eine  ausgesprochen  nord- 
westliche Richtung  besitzen,  während  doch  das  Schichtenstreichen 
nach  NO.  gerichtet  ist,  wird  dadurch  verständlich,  dass  jene 
letzten  TJeberbleibsel  einer  ehemals  zusammenhängenden,  den  Granit 
überlagernden  Schichtendecke  zwischen  Spalten  liegen,  die  in  her- 
cynischer  Richtung  verlaufen.  Auch  das  Nebeneinandervorkommen 
zweier  petrographisch  sehr  verschiedener  Granitvarietäten  endlich, 
die  ursprünglich  nicht  demselben  Erstarrungsniveau  angehört  haben 
können  (wie  ein  derartiger  Fall  auf  Seite  433  aus  dem  Oderthal 
beschrieben  worden  ist),  wird  durch  den  Nachweis  von  Spalten, 
welche  die  beiden  Varietäten  trennen,  leicht  begreiflich. 


Ueber 

das  Oher-Rotliliegende,  die  Trias,  das  Tertiär 
und  Diluvium  in  der  Trier’sclien  Gegend. 

Von  Herrn  H.  Grebe  in  Trier. 

(Hierzu  Tafel  XII.) 


Bei  den  geognostisclien  Specialuntersuchungen  in  der  Trier- 
schen  Gegend  haben  sich  in  jüngster  Zeit  so  viele  neue  Resultate 
ergeben,  dass  es  von  Interesse  ist,  schon  bevor  die  Specialkarten 
(1:25000)  erscheinen,  darüber  etwas  Näheres  mitzutheilen 1). 

Ein  ganz  neues  Ergebniss  derselben  ist  es,  dass  das  öber- 
Rothliegende,  das  früher  nur  am  NW.-Rande  des  Unterdevons  bei 
Uerzig  a.d.  Mosel  und  an  einigen  anderen  Punkten  im  Alfthale  als 
schmale  Partie  bekannt  war,  in  der  Bucht  des  Unterdevons  zwischen 
Uerzig,  Springiersbach,  Bausendorf,  zwischen  Platten  und  Wittlich 
in  grosser  Ausdehnung  vorkommt  und  südwestlich  über  Trier  hinaus 
fortsetzt,  dass  der  grösste  Theil  dessen,  was  früher  in  dieser  Bucht  als 
Buntsandstein  angegeben  wurde,  zum  Ober-Rothliegenden  gehört,  und 
es  konnten  auch  mehrere  Glieder  desselben  unterschieden  werden. 

Dann  hatte  die  Trias  auf  älteren  und  neueren  geologischen 
Karten  von  der  Trier'schen  Gegend  ein  recht  einförmiges  Ansehen. 
Aber  wie  gewährt  eine  Ueber  sichtskarte  der  geologischen  Verhält- 
nisse  dieser  Formation  ein  so  auffallend  buntes  Bild.  Der  Muschel- 
kalk z.  B.  erscheint  auf  dieser  nur  an  den  Rändern  der  Plateaus 

1)  Die  Karte  zu  der  Abhandlung  »Ueber  die  Quarzit  - Sättel  im  südöstlichen 
Theile  des  Hunsrücks«  in  diesem  Jahrbuche  für  18S0  stimmt  nicht  in  allen  Tkeilen 
vollständig  überein  mit  der  Karte,  welche  zu  der  nachfolgenden  Abhandlung  gehört, 
und  ich  habe  mich  durch  später  erfolgte  Untersuchungen  veranlasst  gesehen, 
Manches  anders  darzustellen,  als  es  dort  geschehen.  Es  sind  jedoch  keine  wesent- 
lichen Abänderungen.  Namentlich  wurde  die  Ausdehnung  der  Schotterablagerungen 
an  den  Gehängen  der  Quarzitrücken  an  einigen  Stellen  anders  angegeben;  dann 
sind  noch  die  vielen  Diabasvorkommen  im  Unterdevon  hinzugefügt  worden. 


456 


H.  Grebe,  über  das  Ober- Rothliegende,  die  Trias, 


NW.  uncl  SW.  von  Trier  oder  in  einzelnen  Rücken  und  schmalen 
Schollen  zwischen  Verwerfungen,  während  die  Plateaus  selbst  meist 
aus  Keuper  in  grosser  Ausdehnung  bestehen.  Das  Bild  von  der  Trias 
wird  hier  um  so  mannichfaltiger,  weil  eine  ganz  aussergewöhnliche 
Zahl  kleinerer  und  grösserer  Verwerfungen  durch  dieselbe  setzt, 
wodurch  das  Gebirge  an  einzelnen  Stellen  wie  zerhackt  erscheint. 

Tertiäre  Alllagerungen  waren  früher  hier  gar  nicht  nachge- 
wiesen und  sind  theilweise  ganz  übersehen,  theilweise  als  Diluvium 
angegeben  worden.  Aber  schon  bei  der  geologischen  Bearbeitung 
des  Terrains  SW.  von  Trier  fanden  sich  auf  dem  Triasplateau 
zwischen  der  Saar  und  Mosel  im  Kreise  Saarburff  und  Merzio;  an 
manchen  Stellen  viele  Blöcke  von  Braunkohlenquarzit  ( früher 
»Trappquarz,  Knollenstein«  genannt)  bei  1000  bis  1200  Fuss 
Meereshöhe.  In  gleicher  Meereshöhe  wurden  in  neuerer  Zeit  auf 
den  Plateaus  N.  und  N O.  von  Trier  ausgedehnte  und  mächtige 
Ablagerungen  von  runden,  weissen  Kieseln  angetroffen,  die  ebenso 
wie  die  mächtigen  weissen  Thone,  die  in  der  Gegend  von  Speicher, 
Binsfeld  damit  Vorkommen,  dem  Tertiär  angehören  werden. 

Das  Diluvium  kommt  in  der  Trier’schen  Gegend  in  grosser 
Verbreitung  vor;  es  schliesst  sich  den  tertiären  Ablagerungen  an, 
und  es  sind  besonders  an  der  Mosel  und  Saar  eine  ganze  Reihe 
höherer  und  niederer  Terrassen  zu  unterscheiden,  welche  mit  dilu- 
vialen Niederschlägen  bis  zu  den  jetzigen  Thalsohlen  herab  bedeckt 
sind.  Man  erkennt  daran  in  auffälliger  Weise,  wie  sich  das  Bett 
unserer  Flüsse  und  Bäche  allmählich  gesenkt  und  wie  sich  auch 
die  Richtung  derselben,  namentlich  des  Mosel-  und  Saarlaufes  zum 
Theil  geändert  hat. 

Das  O her- Rothliegende  dehnt  sich  auf  der  linken  Seite 
der  Mosel  vom  unteren  Alfthale,  wo  es  an  einigen  Stellen  dem 
Unterdevon  aufgelagert  ist,  an  dem  Rande  desselben  in  südwest- 
licher Richtung  nach  Schweich  hin  aus  und  setzt  dann  auf  der 
rechten  Moselseite  noch  eine  kurze  Strecke  nach  Ruwer  fort.  Von 
da  nach  Conz  hin  tritt  es  nur  an  einer  Stelle  im  Moselthale  zu 
Tage,  scheint  aber  unter  dem  Alluvium  der  Thalsohle  fortzusetzen, 
denn  bei  Anlage  der  Fundamente  der  Pfalzeier  Eisenbahnbrücke 
traf  man  bei  6 Meter  Tiefe  ein  Conglomerat  an,  das  dem  bei 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  trierschen  Gegend. 


457 


Ruwer  anstehenden  ganz  gleichkommt  und  an  beiden  Stellen  Stücke 
von  verwittertem  Porphyr  einschliesst.  Auch  beim  Abteufen  von 
Brunnenschächten  in  der  Nähe  von  Trier  fand  man  ein  ähnliches 
Conglomerat  unter  dem  Moselalluvium.  — Die  Stelle,  wo  es  dicht 
am  Moselufer  zu  Tage  tritt,  ist  bei  St.  Medart  (Vorort  von  Trier). 
Hier  wurde  es  bei  dem  niedrigen  Wasserstande  der  Mosel  im 
vorigen  Sommer  wahrgenommen  auf  einer  Länge  von  1 bis  200 
Meter  als  ein  grobes  Conglomerat,  bestehend  aus  vorherrschend 
Quarzbrocken  bis  Eigrösse,  aus  Quarzit  mit  vereinzelten,  verwit- 
terten Porphyrbrocken.  Die  Schichten  des  Ober-Rothliegenden 
bei  St.  Medart  fallen  mit  10  Grad  gegen  NW.  ein. 

In  den  Erläuterungen  zu  Blatt  Saarburg  wurde  bereits  er- 
wähnt,  dass  in  der  Nähe  von  Bahnhof  Conz  Ober-Rothliegendes 
auf  Hunsrücker  Schiefer  auflagert  und  zwar  nahe  über  dem  Balni- 
planum  und  dass  eine  zweite  sehr  beschränkte  Stelle  des  Vorkom- 
mens am  Tobiashaus  SW.  von  Wawern  sei. 

Weiter  südlich  ist  es  an  der  Grenze  von  Unterdevon  und  der 
Trias  nicht  mehr  nachweisbar.  Erst  am  Südrande  des  Unterdevons 
bei  Saarhölzbach,  Mettlach  und  Ponten  tritt  es  wieder  auf.  Von 
hier  setzt  das  Ober-Rothliegende,  nur  auf  eine  kurze  Strecke  von 
4 bis  5 Kilometer  von  Buntsandstein  bedeckt,  am  südöstlichen 
Rande  des  Unterdevons  ununterbrochen  fort  bis  zum  Primsthale, 
zum  Theil  zwischen  Klüften  eingekeilt.  Von  diesem  Tliale  bis  in 
die  Gegend  von  Birkenfeld  erfüllt  es  eine  grosse  Mulde  von  Unter- 
Rothliegenden,  deren  nördlicher  Flügel  sich  am  Rande  des  Unter- 
devons anlehnt,  während  der  südliche  Muldenflügel  von  der  unteren 
Prims  nach  der  Nahe  hin  verläuft.  Dann  findet  eine  Unterbrechung 
des  Ober-Rothliegenden  durch  Grenzmelaphyr  zwischen  Hopp- 
städten und  Oberstein  statt.  Von  hier  setzt  es  ohne  Unterbrechung 
fort  bis  in  die  Kreuznacher  Gegend. 

Das  Ober-Rothliegende  im  Saar-  und  Nahegebiete  ist  seit  einer 
Reihe  von  Jahren  einer  ganz  eingehenden  geologischen  Unter- 
Buchung  unterzogen  worden,  und  es  konnten  dort  auch  bei  diesem 
so  mächtig  entwickelten  Gebirgsgliede  verschiedene  Abtheilungen 
gemacht  werden.  — Es  sind  an  der  Nahe  drei  Hauptabtheilungen 
des  Ober-Rothliegenden  unterschieden  worden,  die  sich  auch  an 


458 


H.  Grebe,  über  das  Ober- Rothliegende,  die  Trias, 


Abtheilum 


der  Mosel  wieder  erkennen  Hessen,  kommen  liier  aber  in  viel  ge- 
ringerer Mächtigkeit  vor. 

Das  Ober -Rothliegende,  wie  es  sich  von  der  Saar  nach  der 
Nahe  erstreckt,  ist  eingetheilt  worden,  wie  folgt: 

Untere  Abtheilung  j Unterer  Thonstein. 

(Untere  Söterner  Schichten)  | Oberer  Thonstein. 

Zwischen  beiden  häufig  eine  Decke  von  basaltischem  Melaphyr 
und  Melaphyrmandelstein  (Grenzmelaphyr). 

Mittlere  Abtheilung  l Melaphyr-  und  Quarziteonglomerat, 

(Obere  Söterner  Schichten)  ) ^ oft  auoh  mit  Poiphyrstüdran. 

Geröllegruppe,  ohne  Melaphyr. 

ni  [ Monzina;er  Schichten,  feinkörnige,  rothe  Schiefer- 
thone  mit  Conglomeraten. 

Kreuznacher  Schichten,  feinkörnige  rothe  Sandsteine. 

Die  Thonsteine  sind  im  Saar-  und  Nahegebiet  überall  mehr 
oder  weniger  entwickelt.  Der  untere  Thonstein,  oft  aber  auch 
ein  grobes  Porphyrconglomerat,  tritt  am  Nordflügel  oben  erwähnter 
Mulde  nur  schwach  hervor;  darüber  folgt  eine  Decke  von  Mela- 
phyr, darauf  der  obere  Thonstein  in  einer  durchschnittlichen  Mäch- 
tigkeit von  60  Meter,  und  es  stellt  sich  derselbe  überall  als  eine 
ziegelrothe  Porphyrbreccie  dar,  die  viele  Stücke  von  devonischem 
Schiefer  einschliesst.  Dagegen  ist  am  südlichen  Muldenflügel  von 
Selbach  bis  Sötern  das  grobe  Conglomerat  des  unteren  Thonsteins 
besonders  entwickelt  und  tritt  hier  stets  über  den  oberen  Schichten 
des  Unter-Rothli egenden,  den  oberen  Lebacher  Sandsteinen,  hervor. 
Eine  grössere  Entwickelung  dieses  groben  Porphyrconglomerates  ge- 
wahrt man  noch  weiter  östlich  nach  Birkenfeld  hin  und  ist  Vieles  hier, 
was  früher  als  Porphyr  auf  geologischen  Karten  angegeben  wurde, 
als  Porphyrconglomerat  (unterer  Thonstein)  erkannt  worden. 

Ueber  dem  Grenzmelaphyr  zwischen  Selbach  und  Sötern  tritt 
der  obere  Thonstein  anfangs  nur  schwach  hervor,  nimmt  aber  nach 
Sötern  hin  eine  grössere  Mächtigkeit  an.  Zwischen  Birkenfeld 
und  der  pfälzischen  Grenze  dehnt  der  Grenzmelaphyr  sich  in 
grosser  Breite  aus.  An  seinen  Rändern  auf  der  NW. -Seite  ist 
der  untere  Thonstein  meist  nur  wenig  entblösst,  auch  auf  der 
SO. -Seite,  soweit  bis  jetzt  die  eingehenderen  geologischen  Unter- 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  trierschen  Gegend. 


459 


suchungen  dieser  Gegend  sich  erstreckten.  Erst  im,, Meckenbach  er 
Thale  unterhalb  Kirn  erscheint  der  untere  Thonstein  über  den 
oberen  Lebacher  Schichten  wieder  in  einer  Mächtigkeit  von 
15  Meter  als  eine  weniger  grobkörnige  Porphyrbreccie  von  hell- 
rother  und  graurother  Färbung  plattenförmig  abgesondert.  Die 
Platten  werden  an  mehreren  Stellen  gebrochen  und  zur  Bedeckung 
von  Hausfluren  verwandt.  Im  Krebsweiler  Thal  oberhalb  Kirn, 
in  dem  sämmtliche  Schichten  vom  Unter -Rothliegen  den  bis  zur 
mittleren  Abtheilung  des  Ober -Rothli  egenden  mit  den  Melaphyr- 
einlagerungen  aufgeschlossen  sind,  ist  über  den  oberen  Lebacher 
Schichten  der  untere  Thonstein  nur  schwach  vertreten,  dagegen 
in  grösserer  Mächtigkeit  die  ziegelrothe,  in  ihrem  lithologischen 
Charakter  im  ganzen  Saar -Nahegebiet  sich  gleich  bleibende  Por- 
phyrbreccie des  oberen  Thonsteins.  Am  mächtigsten  abgelagert 
in  eben  genanntem  Gebiete  findet  sich  die  mittlere  Abtheilung  des 

o o 

Ober-I'oth liegenden.  An  der  Basis  sind  es  sehr  grobe  Melaphyr- 
und  Quarz-  und  Quarzitconglomerate,  die  häutig  auch  kleine  Por- 
phyrstücke führen,  nach  oben  werden  die  Melaphyr-,  Quarz-  und 
Quarzitgeschiebe  kleiner,  im  Hangenden  verlieren  sich  Melaphyr- 
und  Porphyrbrocken  gänzlich  und  trifft  man  nur  mehr  ein  loses 
Gerolle  von  Quarz  und  Quarzit  an.  Diese  mittlere  Abtheilung 
des  Ober-Rothliegenden  (die  oberen  Söterner  Schichten)  erreicht  am 
Priesberg  und  Petersberg  SW.  von  Sötern  eine  Mächtigkeit  von 
80  Meter.  In  einigen  Seitenthälern  auf  der  rechten  Seite  der  Nahe, 
besonders  bei  Kirchenbollenbach  trifft  man  in  dieser  mittleren  Ab- 
theilung nicht  selten  ein  festes  Melaphyrconglomerat,  das  nur  ganz 
vereinzelt  Quarz-  und  Quarzitgeschiebe  einschliesst  und  wenn  die 
Melaphyrstücke  weniger  abgerundet  sind,  so  kann  man  das  Gestein 
leicht  für  Melaphyrmandelstein  ansehen.  An  der  unteren  Nahe, 
besonders  in  der  Gegend  von  Monzingen,  verschwinden  die  groben 
Conglomerate  der  mittleren  Abtheilung  und  es  treten  die  fein- 
körnigen , glimmerreichen , rothen  Schieferthone  der  oberen  Ab- 
theilung auf,  die  aber  häufig  noch  mit  Bänken  von  weniger  groben 
Conglomeraten  wechsellagern;  endlich  bei  Kreuznach  erscheint 
vorherrschend  ein  mehr  oder  weniger  feinkörniger  Sandstein  von 
rother  und  bunter  Farbe,  der  für  Buntsandstein  angesehen  werden 


460 


H.  Grebe,  über  das  Ober  - Rothliegende,  die  Trias, 


könnte;  indess  findet  man  bei  genauerer  Betrachtung,  dass  mit 
den  Sandkörnern  viele  kleine  Schieferstücke  Vorkommen  und  ausser- 
dem weisse  Kaolinbröckchen,  die  aus  Porphyr  hervorgegangen  zu 
sein  scheinen.  Nachdem  die  genaue  Durchforschung  des  Ober- 
Rothliegenden  im  Saar-  und  Nahegebiete  vorausgegangen  und  die 
verschiedenen  Abtheilungen  festgestellt  waren,  konnte  auch  in  der 
trierschen  Gegend  dasselbe  eingehender  studirt  werden.  — Es  hat 
dabei  sich  ergeben,  dass  auch  hier  die  obigen  drei  Haupt- 
abtheilungen vertreten  sind.  Bei  der  unteren  fehlt  der  untere 
Thonstein,  der  obere  ist  indess  am  Rande  des  Unterdevons  au 
mehreren  Stellen  gut  aufgeschlossen,  am  besten  bei  Urzig  a/Mosel 
in  einer  Mächtigkeit  von  20 — 30  Meter.  Wenn  man  vom  Orte  die 
Strasse  nach  dem  Bahnhof  Uerzig  verfolgt,  so  sieht  man  braun- 
rothe  Schieferschichten  des  Unterdevons  anstehen  bis  zu  100  Fuss 
über  der  Mosel,  darauf  folgt  eine  Porphyrbreccie,  die  dem  oberen 
Thonstein  im  Nahegebiete  ganz  ähnlich  ist.  Darüber  fehlt  das 
Melapliyrbrocken  einschliessende  Conglomerat,  dafür  ist  ein  30  Meter 
mächtiges,  rothes  Quarzit-  und  Quarzconglomerat  vorhanden.  Im 
Hangenden  folgen  dann  die  feinkörnigen,  mürben  Sandsteine,  die 
sich  bis  gegen  Bausendorf  ausdehnen.  — In  nordöstlicher  Richtung 
setzt  der  obere  Thonstein  am  Rande  des  Unterdevons  noch  etwa 
7 Kilometer  bis  zum  Alfbach  unterhalb  Bengel  fort  und  kommt 
dann  eine  kleine  Partie  davon  auf  Devon  ruhend  vor  am  Reiler 
Hals,  dicht  am  Wege  Bengel -Alf,  200  Fuss  über  dem  Alfbach. 
Von  Uerzig  in  südwestlicher  Richtung  ist  der  obere  Thonstein 
wieder  gut  aufgeschlossen  am  Wege  von  Rachtig  nach  Bausen- 
dorf und  in  gleicher  Mächtigkeit  wie  bei  Uerzig.  Dann  tritt  der- 
selbe unter  einer  starken  Schotterdecke  auf  beiden  Seiten  des 
Biberbaches  südöstlich  von  Station  Wittlich  hervor.  Am  NW.- 
Rancle  des  Unterdevons  gen  Clausen  und  Schweich  hin  ist  diese 
untere  Abtheilung  des  Ober-Rothliegenden  nur  wenig  entblösst  und 
kommen  hier  auch  grosse  Ablagerungen  von  Schotter  und  Diluvium 
vor.  Auf  der  rechten  Moselseite  ruht  zwischen  Longuich  und 
Ruwer  auf  dem  Devon  eine  Porphyrbreccie,  die  dem  oberen  Thon- 
stein ähnlich  siebt.  Die  groben  Conglomerate  der  mittleren  Ab- 
theilung sind,  wie  vorher  erwähnt,  am  Wege  von  Uerzig  nach 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  trierschen  Gegend. 


461 


dem  Balmliofe  durch  feinkörnigen  Sandstein  bedeckt,  treten  aber 
bei  Bausendorf  am  Südrande  des  Kondelwalder  Devons  wieder 
auf  mit  südlichem  Einfallen,  während  sie  bei  Uerzig  ein  nörd- 
liches Einfallen  zeigen,  sie  bilden  demnach  eine  Mulde  zwischen 
dem  Kordelwald  und  dem  Devon  von  Uerzig.  Im  Alfthal 
bei  Kinderbeuren  und  Bengel  sind  die  Conglomerate  zu  beiden 
Seiten  des  Thaies  aufgeschlossen,  auf  der  linken  mit  südlichen  und 
auf  der  rechten  Seite  mit  nördlichen  Einfallen.  Schwächer  ent- 
wickelt sind  sie  weiter  nach  Südwesten  am  Dieser-  und  Salmbach, 
dagegen  treten  nahe  am  Rande  des  Devons  bei  Schweich,  Kenn 
und  Ruwer  mehr  oder  weniger  grobe  Conglomerate,  bestehend  aus 
Stücken  von  Quarz , Quarzit , Devonschiefer  und  vereinzelt  auch 
von  verwittertem  Porphyr  hervor.  Des  Vorkommens  eines  ähn- 
lichen Conglomerates  unter  dem  Moselalluvium  an  der  Pfalzeier 
Brücke  und  am  Moselufer  bei  St.  Medart  wurde  bereits  gedacht. 
Auf  der  linken  Seite  der  Mosel  ist  von  den  Congloineraten , wie 
sie  bei  Kenn  und  Ruwer  anstehen,  nichts  mehr  zu  sehen,  hier  ist 
am  Thalrande  von  Trier  bis  Ehrang:  nur  Vogesensandstein  mit  den 
unteren  Congloineraten  desselben;  zwischen  Ehrang  und  Quint  be- 
ginnen die  Sandsteine  der  oberen  Abtheilung  des  Ober-Rothliegen- 
den  und  reichen  dieselben  bei  Quint  auch  nur  20  — 30  Meter  über 
den  Moselspiegel;  es  scheint  zwischen  den  Congloineraten  auf  der 
rechten  und  zwischen  den  Sandsteinen  auf  der  linken  Moselseite 
eine  Verwerfung;  zu  verlaufen.  Dieselbe  dürfte  in  der  Richtung- 
des  Moselthaies  liegen  und  durch  die  breite  Thalsohle  von  SW. 
nach  NO.  über  Schweich  fortsetzen.  Es  beginnt  in  der  That  N. 
von  Tawern  und  westlich  von  Conz  eine  Kluft,  die  aber  nur  bis 
zum  Vogesensandstein  nachgewiesen  werden  konnte.  Dieselbe 
würde  dasselbe  Streichen  haben,  wie  jene,  welche  von  Sirzenich 
(NW.  von  Trier)  nach  dem  Kockeisberg  zieht  und  die  bei  der 
Besclireibung  der  Trias  weiter  unten  noch  erwähnt  werden  wird. 

Die  obere  Abtheilung  des  Ober-Rothliegenden , die  sich  von 
Quint  über  Hetzerath  ins  Salm-  und  Liesertlial  verbreitet,  stellt 
sich  in  ganz  ähnlicher  Beschaffenheit  dar,  wie  an  der  Nahe,  in  der 
Gegend  von  Monzingen  und  Kreuznach : braunrothe,  mürbe  Sand- 
steine mit  sandigen  Schieferthonen  im  Wechsel  mit  weniger  groben 


462 


H.  Grebe,  über  das  Ober-  Rothliegende,  die  Trias, 


und  untergeordneten  Conglomeraten,  nach  oben  vorherrschend  fein- 
körnige, tiefbraunrothe  Sandsteine  mit  schmalen  Bänken  von  klein- 
körnigem Conglomerat,  die  viel  milchweissen  Quarz  führen.  Die 
Sandsteine  bestehen  oft  nur  aus  ganz  kleinen  Schieferbrocken;  sie 
zeigen  häufig  wie  an  der  Nahe  grünlichweisse  Flecken,  meist  ist 
das  Gestein  mürbe  und  bröckelig  und  zerfällt  leicht  an  der  Luft; 
die  Sandsteine  sind  selten  so  deutlich  geschichtet  wie  der  Bunt- 
sandstein; sie  sind  auch  zuweilen  bunt.  Rothe  und  weisse  Bänke 
wechseln  mit  einander,  wie  es  auch  bei  Kreuznach  wahrgenommen 
wurde  und  sehen  dann  aus  wie  Buntsandstein.  Im  Bahneinschnitt 
bei  Wilhelmsdorf,  unfern  Hetzerath  fand  man  bei  der  Anlage  des- 
selben in  der  Sohle  einen  dunkelen,  fast  schwarzen,  bröckeligen 
Schieferletten,  wie  er  an  der  Nahe  in  dieser  oberen  Abtheilung 
noch  nicht  beobachtet  worden  ist.  Dann  ist  noch  erwähnenswerth, 
dass  am  Lüxemberg  bei  Bombogen  2^2  Kilometer  nördlich  der 
Station  Wittlich  ein  10 — 15  Meter  mächtiger  Gang  von  Basalt1) 
in  Stunde  9 mit  70  Grad  gegen  NO.  einfallend  durch  den  fein- 
körnigen Sandstein  des  Ober-Rothliegenden  setzt.  Der  Basalt  wird 
hier  zum  Strassenbau  genommen  und  ist  dadurch  die  Stelle  jetzt 
gut  aufgeschlossen.  An  der  Contactstelle  ist  zu  beiden  Seiten  des 
Ganges  der  Sandstein  auf  mehrere  Meter  im  Hangenden  und 
Liegenden  ganz  gefrittet  und  so  dicht  geworden,  dass  er  manchem 
Quarzit  ähnlich  sieht;  erst  6 — 8 Aleter  im  Hangenden  und  Liegen- 
den hat  der  Sandstein  wieder  sein  gewöhnliches  Aussehen  und  ist 
buntfarbig.  Die  Schichten  des  Ober-Rothliegenden  streichen  im 
Allgemeinen  von  WSW.  nach  ONO.  und  fallen  gegen  NW.  ein, 
zwischen  Ruwer  und  Kenn  mit  30,  bei  Hetzerath  mit  25  Grad, 
nur  bei  Bausendorf  und  Bengel  wurde  ein  Einfallen  der  Schichten 
von  10 — 15  Grad  gegen  S.  und  SW.  beobachtet. 

Es  kommen  vielfache  Zerklüftungen  im  Ober-Rothliegenden, 
namentlich  in  der  oberen  Abtheilung  desselben  vor  und  sind  die- 
selben, wie  es  auch  in  der  Kreuznacher  Gegend  wahrgenommen 
worden  ist,  mehr  oder  weniger  geneigt,  während  die  Schichten 

1 ) Nach  einer  gefälligen  Mittheilung  des  Herrn  von  Dechen  hat  Herr  Zirkel 
diesen  Basalt  als  Pikrit  erkannt,  bestehend  aus  Olivin,  Magnesiaglimmer,  Augit 
und  Hornblende,  enthält  keine  Spur  von  Feldspath,  Nephelin  und  Leucit. 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  triersehen  Gegend. 


4G3 


des  Buntsandsteins  meist  vertikal  zerklüftet  sind.  An  dem  schönen 
Profil  der  oberen  Abtheilung  bei  der  Quint  setzen  viele  Sprünge 
durch  die  Schichten  in  nördlicher  Richtung,  die  auch  beim  Bau 
des  Quinter  Tunnels  bemerkt  werden  konnten.  Die  Grenze  des 
Ober-Rothliegenden  und  des  Vogesensandsteins  ist  zwischen  Quint 
und  Wittlich  meist  von  Schottermassen  bedeckt  und  sind  nur 
wenige  gute  Aufschlüsse  vorhanden.  Bei  diesen  erscheinen  als 
Grenzgesteine  sandig-dolomitische  Schichten,  die  jedoch  nur  sehr 
schwach  entwickelt  auftreten  und  beginnt  der-  Vogesensandstein 
in  concordanter  Auflagerung  auf  dem  Ober-Rothliegenden  mit  einer 
ziemlich  mächtigen  Bank  groben  Conglomerates.  Am  neuen  Wege 
von  Sehlem  nach  Dodenburg  sind  diese  Conglomerate  ca.  20  Meter 
mächtig  und  findet  man  an  der  Grenze  gegen  das  Ober- Roth- 
liegende  Knollen  von  röthlich  grauem,  schimmerndem,  lcrystalli- 
nischem  Dolomit,  wie  sie  auch  an  der  Saar  in  der  Nähe  von  Mett- 
lach und  Ponten  früher  an  der  Grenze  beider  Formationen  ange- 
troffen  worden  sind. 

Die  Trias  umgiebt  hier  in  einer  grösseren  Verbreitung  den 
südwestlichen  Theil  des  rheinischen  Unterdevons.  Sie  dehnt  sich 
vom  Rande  desselben  bei  Trier  bis  zum  Devon  der  Eifel  und  der 
Ardennen  aus  und  füllt  den  grossen  Busen  zwischen  den  Ardennen, 
der  Eifel  und  dem  südwestlichen  Ausläufer  des  Hunsrücks  aus. 
Zwischen  diesen  Gebirgszügen  bildet  sie  eine  grosse  Mulde,  die 
sich  gegen  NO.  bis  in  die  Wittlicher  Gegend  erstreckt.  Vom  NW.- 
Rande  des  Devons  an  der  Mosel  fallen  die  Triasschichten  gegen 
NW.  sanft  ein.  An  der  Sauer  zwischen  Echternach  und  Bollen- 
dorf trifft  man  den  tiefsten  Theil  der  Mulde,  so  dass  die  oberen 
Keuperschichten  hier  nur  350  — 400  Fuss  über  dem  Sauerthale 
liegen,  sie  sind  von  unterem  Lias  (Luxemburger  Sandstein  und 
Gryphitenkalk)  bedeckt.  Weiter  an  der  Sauer  aufwärts  treten  die 
mittleren  Glieder  der  Trias  wieder  hervor  und  nach  Vianden  hin 
Buntsandstein  und  unterer  Muschelkalk.  Der  Buntsandstein  lagert 
von  da  gegen  NO.  in  grösserer  Breite  an  das  Eifeler  Devon  und 
setzt  gegen  SW.  am  Rande  des  Ardenner  Devon  fort.  Bis  jetzt 
wurde  die  Trias  in  der  triersclien  Gegend  zwischen  der  Saar  und 
Alosel  näher  untersucht;  zwischen  der  Mosel  und  Sauer  nördlich 


464 


H.  Grebe,  über  das  Ober-Rothliegende,  die  Trias, 


bis  Bollendorf  und  Bitburg,  östlich  bis  Wittlieh  und  gerade  dieses 
Gebiet  zeichnet  sich  aus  durch  eine  grosse  Menge  von  Verwer- 
fungen.  Es  sei  nun  zunächst  etwas  Näheres  erwähnt  über  die 
Triasgesteine  selbst.  Sie  erscheinen  hier  in  derselben  oder  doch  in 
ähnlicher  Beschaffenheit  wie  an  der  oberen  Saar,  wie  sie  in  den 
Erläuterungen  zu  den  Blättern  von  der  oberen  Saargegend  näher 
beschrieben  worden  sind. 

An  der  unteren  Saar  lagert  der  Buntsandstein  zum  Theil  auf 
dem  Unterdevon,  zum  Theil  lehnt  er  sich  an  die  alten  Schichten 
an.  Von  Conz  bis  Ruwer  bildet  die  Mosel  die  Grenze  zwischen 
beiden  Bildungen,  dann  lehnt,  wie  oben  näher  erwähnt,  von  Ruwer 
bis  zum  Alfthale  Ober-Rothliegendes  an  das  Devon,  das  bis  in  die 
Gegend  von  Salmrohr  von  Buntsandstein  zum  Theil  überlagert  ist. 
An  der  Kyll  ist  derselbe  sehr  mächtig  entblösst  und  reicht  von 
der  Kyll  aufwärts  bis  Philippsheim.  Dann  kommt  er  wieder  bei 
Erdorf  jenseits  einer  grossen  Verwerfung  zum  Vorschein  und  setzt 
nun  ununterbrochen  fort  Ins  in  die  Gegend  von  St.  Thomas,  bis  an 
das  Devon  der  Eifel.  Auf  der  rechten  Kyllseite  dehnt  sich  der  Bunt- 
sandstein von  da  breit  aus  bis  in  die  Gegend  von  Huscheid  und  ver- 
läuft dann  als  mehr  oder  weniger  breites  Baud  am  Rande  des  Eifeler 
Devons  bis  zu  den  Ardennen;  auf  der  linken  Kyllseite  geht  er  bis  in 
die  Nähe  des  Mosenbergs  bei  Mandernscheid.  Von  Conz,  die  Mosel 
aufwärts  reicht  der  Buntsandstein  nur  bis  zu  der  grossen  Ver- 
werfung  von  Wasserliesch,  4 Kilometer  von  Conz.  An  der  Sauer 
tritt  er  zwischen  zwei  parallel  verlaufenden  Verwerfungen  von  Born 
bis  Wintersdorf  hervor,  in  geringer  Ausdehnung,  ebenfalls  zwischen 
Verwerfungen  bei  Godendorf.  In  den  Seitenthälern  auf  der  linken 
Moselseite  bei  Zewen  und  Euren  reicht  er  nur  bis  an  die  grosse 
Kluft,  die  von  Igel  nach  der  Kyll  hin  verläuft;  an  der  Trier- 
Aachener  Strasse,  am  Galgenberg,  stösst  er  an  derselben  Kluft  ab. 
Auf  der  linken  Moselseite  bei  Trier  fällt  der  Buntsandstein  ganz 
steil  gegen  das  Thal  ab,  zu  beiden  Seiten  der  unteren  Kyll  bildet 
er  hohe,  steile  und  felsige  Gehänge;  an  der  Kyll  und  Mosel  er- 
bebt er  sich  500  — 600  Fuss  über  die  Thalsohle.  Er  besteht  aus 
zwei  Abtheilungen,  dem  Vogesensandstein  und  dem  Voltziensand- 
stein.  Ersterer  nimmt  bei  Weitem  die  grösste  Mächtigkeit  ein, 

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das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  trierschen  Gegend. 


465 


an  der  Basis  finden  sich  Conglomeratbänke  von  10  bis  20  Meter 
Mächtigkeit,  dann  folgt  in  mehr  oder  weniger  mächtigen  Bänken 
ein  grobkörniger  Quarzsandstein  von  hellrother  Farbe  mit  spärlichen 
Glimmerschüppchen  und  wenigen  Thongallen.  Die  Schichten  sind 
oft  buntfarbig;  dann  ist  das  Gestein  zerreiblich  und  zu  Werk- 
steinen nicht  geeignet.  Häufig  kommen  in  den  oberen  Schichten 
des  Vogesensandsteins  Schalen  von  Brauneisenstein  vor.  In  der 
Nähe  von  Trier  am  meisten  am  Wege  nach  Lorich,  auf  dem  Kreuzer- 
berg und  in  dem  Pfalzeier  Walde.  Es  setzen  zuweilen  auch  schmale 
Gänge  von  Brauneisenstein  durch  den  Sandstein,  meist  von  SW. 
nach  NO.  streichend  und  bis  zu  70  Grad  einfallend.  — Dann  ist  hier 
noch  zu  erwähnen,  dass  sich  in  den  hangenden  Schichten  manch- 
mal noch  eine  Conglomeratbank  zeigt  von  1 bis  2 Metern  Stärke; 
einzelne  Geschiebe  im  Sandstein  kommen  in  dieser  ganzen  Ab- 
theilung vor. 

An  der  Grenze  gegen  die  obere  Abtheilung,  den  Voltzien- 
sandstein , bemerkt  man  oft  viele  weisse  Kiesel , zuweilen  auch 
Dolomitknauern  und  eine  bläuliche  Färbung  der  Schichten.  Beim 
Fehlen  dieser  Merkmale  wurde  die  Grenze  zwischen  beiden  Ab- 
theilungen da  gezogen,  wo  die  feinkörnigen,  sehr  glimmerreichen 
Thonsandsteine  mit  mächtigen  Bänken  beginnen.  Der  Voltzien- 
Sandstein  stellt  sich  meist  als  schmales  Band  zwischen  dem  Vogesen- 
sandstein und  dem  unteren  Muschelkalk  in  einer  Mächtigkeit  von 
40,  50  und  mehr  Meter  dar,  oder  er  bedeckt  auch  die  aus  Vogesen- 
sandstein bestehenden  Kuppen  in  grösserer  Ausdehnung.  Der 
Buntsandstein  an  der  unteren  Sauer  zwischen  den  Klüften  bei 
Born  und  Wintersdorf,  sowie  bei  Gorndorf  ist  Voltziensandstein. 
Die  feinkörnigen,  glimmerreichen  Thonsandsteine  dieser  Abtheilung 
haben  eine  hellrothe,  graulichrothe  bis  weisse  Farbe.  Der  Glimmer 
ist  besonders  auf  den  Schichtflächen  angehäuft.  Sie  liefern  gute 
Werksteine  und  werden  an  der  Saar  und  Kyll  vielfach  gebrochen. 
Während  die  Schichten  in  den  tieferen  Lagen  1 bis  2 Meter  mächtig 
sind,  folgen  nach  oben  dünnplattige  Sandsteine,  dann  an  der  Grenze 
gegen  den  unteren  Muschelkalk  rothe  Thone  mit  dünnschieferigem 
Sandstein.  Hier  kommen  auch  schon  thierische  Reste  vor  (Estherien, 
Lingulae  und  Gasteropoden).  Pflanzenreste  finden  sich  im  Voltzien- 

30 


466 


H.  Grebe,  über  das  Ober  - Rothliegende,  die  Trias, 


Sandstein  vielfach,  jedoch  nicht  so  häufig,  wie  an  der  oberen  Saar, 
sie  bedecken  oft  ganze  Flächen  des  Gesteins,  sind  aber  meist  un- 
bestimmbar. Voltzia  heterophylla  und  Anomopteris  Mougeoti  wurden 
auf  der  linken  Moselseite  angetroffen,  bei  Zewen,  in  den  Stein- 
brüchen bei  Butzweiler,  Cordei,  bei  Orenhofen,  in  der  Nähe  von 
Kyllburg  (letztere  in  grossen  Exemplaren)  und  bei  Wintersdorf  an 
der  Sauer.  Mit  den  Pflanzenresten  finden  sich  auch  Kupferfossilien 
(erdige  Kupferlasur  und  Malachit),  die  man  an  einigen  Stellen 
bergmännisch  zu  gewinnen  versucht  hat. 

Die  jetzt  folgenden  Schichten  gehören  den  Muschelkalk- 
formationen  an,  wenn  gleich  sie  zunächst  noch  als  Sandstein 
fortsetzen. 

Die  untere  Abtheilung  des  Muschelkalkes,  der  Muschel- 
sandstein, tritt  zum  Tlieil  isolirt  auf  den  Plateau  s des  Buntsand- 
steins hervor,  zum  Tlieil  zwischen  Verwerfungen  eingekeilt,  ge- 
wöhnlich aber  bedeckt  er  die  Vorplateau’s  der  Rücken  des  Haupt- 
muschelkalks, wie  sie  westlich  der  Saar  oder  nordwestlich  der 
Mosel  bei  Trier  sich  von  S.  nach  N.  forterstrecken.  Es  ist  ein 
feinkörniger  Sandstein  mit  thonig-kalkigem  Bindemittel  im  Wechsel 
mit  kalkigen  und  dolomitischen  Schichten.  Er  ist  meist  graulich- 
weiss,  schmutziggelb  und  rötlilichgrau ; er  führt  viele  Glimmer- 
schüppchen, besonders  auf  den  Schichtflächen,  zeigt  häufig  auch 
Manganflecken.  Der  Muschelsandstein  kommt  in  Bänken  von  t/2 
bis  1 Meter  Stärke  vor,  meist  aber  dünnplattig  und  liefert  ein  ge- 
schätztes Baumaterial.  Er  führt  oft  Versteinerungen,  die  auch 
nicht  selten  ausgewittert  auf  den  Feldern  zerstreut  liegen:  Myophoria 
vulgaris , Gervillia  socialis,  Ostrea  complicata,  Pecten  discites,  ferner 
Myacitestoruien,  Tellina  edentula , Gasteropoden,  Fisch-  und  Saurier- 
reste. In  den  dolomitischen  Schichten  kommen  auch  häufig  Stiel- 
glieder von  Encrinus  liliiformis  vor.  Die  Mächtigkeit  dieser  Ab- 
theilung ist  60 — 80  Meter. 

An  der  Grenze  gegen  den  mittleren  Muschelkalk  tritt  in  ge- 
ringer Mächtigkeit  Dolomit  auf,  der  grau  und  röthlich  gefärbt,  meist 
zellige  Beschaffenheit  hat;  darin  findet  sich  Myophoria  orbicularis. 

Die  mittlere  Abtheilung  des  Muschelkalks  zeigt  an  der 
Basis  rothe  und  graue  Thone,  darüber  folgen  röthliche  sandig- 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  trierschen  Gegend. 


467 


schieferige  Mergel  und  grauer  Schieferletten,  häufig  mit  Pseudo- 
morphosen  nach  Steinsalz.  Dann  folgen  nach  oben  Zellendolomite 
und  Schieferletten  in  Wechsellagerung  und  damit  kommen  Gyps- 
lager  vor,  welche  eine  Mächtigkeit  von  6 — 8 Meter  erreichen. 
Schmale  Schnüre  von  Steinsalz  hat  man  zwischen  den  Gyps- 
schichten  von  Igel  gefunden,  auch  die  Salzquellen  an  der  oberen 
Mosel  und  Sauer  mögen  in  diesen  Schichten  ihren  Ursprung 
haben.  Diese  Abtheilung  ist  über  40  Meter  mächtig.  An  der 
Grenze  gegen  den  Hauptmuschelkalk  kommen  graulichweisse  und 
weisse  mergelige  Kalke  (Dolomite)  bis  3 Meter  mächtig  vor,  in 
denen  sich  stellenweise  Lingula  tenuissima  findet,  daher  sie  den 
Namen  Ligulakalke  führen. 

Der  Hauptmuschelkalk  erscheint  westlich  der  Saar  als 
ein  langgestreckter  Rücken,  der  sich  an  der  oberen  Leuk  (Seiten- 
thal der  Saar)  an  den  Quarzit  des  Schwarzbruchs  lehnt;  seine 
östliche  Grenzlinie  verläuft  von  da  nach  Wasserliesch  a.  M. ; 
dann  setzt  er  von  der  Mosel  über  Helenenberg  und  über  die 
Kyll  nach  Dudeldorf  fort.  Von  dem  Plateau  zwischen  Saar  und 
Mosel  fällen  die  Schichten  so  stark  gegen  W.  ein,  dass  dieselben 
an  der  Mosel  (bei  Remich)  in  6 Kilometer  Entfernung  schon  in 
der  Thalsohle  liegen,  sie  befinden  sich  hier  in  einem  500 — 600  Fuss 
tieferen  Niveau.  Weiter  gegen  O.  von  der  angeführten  Linie 
Schwarzbruch  - Dudeldorf  kommen  noch  kleinere  und  grössere 
Schollen  von  Hauptmuschelkalk  vor,  die  zwischen  Verwerfungen 
liegen.  NW.  von  Trier  findet  eine  Einsenkung  des  Hauptmuschel- 
kalks statt,  so  dass  schon  im  Sauerthal  bei  Echternach  die  Schichten 
verschwunden  sind.  Er  erscheint  zwischen  Saar  und  Mosel  und 
westlich  der  Kyll  an  den  Rändern  des  Plateaus  oft  nur  als  schmales 
Band  auf  der  Karte,  weil  er  von  Keuper  oder  auch  von  jüngeren 
Bildungen  bedeckt  ist  (er  zerfällt  in  Trochitenkalk  und  oberen 
Muschelkalk  ( N odosenkalk). 

Der  Trochitenkalk  wechselt  in  seiner  Mächtigkeit;  er  erreicht 
eine  solche  von  80  Meter.  Der  Nodosenkalk  dagegen  nur  30  bis 
40  Meter.  Erster  er  kommt  in  Bänken  vor  von  1/-2 — 1 Meter 
Dicke,  dieselben  bestehen  aus  ascli-  und  hellgrauen,  auch  gelb- 
lichen, dichten,  oft  glaukomtischen  Kalken,  die  häufig  dolomitisch 

30* 


468 


H.  Grebe  , über  das  Ober  - Rothliegende,  die  Trias, 


werden.  Stielglieder  von  Encrinus  liliiformis  finden  sich  überall 
darin,  seltener  Theile  der  Krone.  Eine  vollständige  Krone  von 
Encrinus  liliiformis  fand  sich  nur  an  einer  Stelle  an  der  Römer- 
strasse bei  Kümmern  im  Kreise  Saarburg.  Ausserdem  kommen 
Terebratula  vulgaris , Lima  striata , Ostrea  subanomia,  Gasteropoden, 
Saurier-  und  Fischreste  vor.  Der  Trochitenkalk  wird  vielfach 
gebrochen  und  zum  Brennen  verwandt. 

Eine  einigermaassen  scharfe  Grenze  gegen  den  auflagernden 
oberen  Muschelkalk,  den  Nodosenkalk  ist  nicht  wahrnehmbar; 
deshalb  wurde  die  Grenze  da  gezogen,  wo  die  Encriniten  - Stiel- 
glieder aufhören.  Die  oberen  Schichten  bestehen  gewöhnlich  aus 
grauem  mehr  oder  weniger  deutlich  dolomitischen  Kalkstein , zu- 
weilen in  mergeliger  Beschaffenheit;  oft  ist  er  dünnplattig.  ln 
der  Gegend  von  Eisenach  und  Gilzen  (Landkreis  Trier)  kommt 
er  besonders  in  sehr  grossen  Platten  von  10  Decimeter  Dicke  vor, 
die  eine  knotige  und  wulstige  Oberfläche  zeigen.  Während  an 
der  oberen  Saar  und  auch  in  der  Merziger  Gegend  der  Nodosen- 
kalk über  den  Bänken  des  Trochitenkalks  durch  das  häutige  Auf- 
treten von  Ceratites  nodosus  ausgezeichnet  ist,  kommt  dieses  Fossil 
weiter  nördlich  ganz  vereinzelt  vor  und  wurde  nur  an  folgenden 

o o 

Stellen  angetroffen:  Am  Hammelsberg  bei  Perl,  in  einem  Stein- 
bruch bei  Oberleuken , in  den  Steinbrüchen  am  Herresthaler  Hof, 
und  am  Neuhaus  an  der  Trier- Aachener  Strasse.  Schon  auf  dem 
Muschelkalkrücken  westlich  von  Wellingen  und  Wehingen  nach 
Perl  hin  beginnt  Gerat,  nodosus  zu  verschwinden.  Der  obere 
Muschelkalk  ist  überhaupt  arm  an  Versteinerungen;  zuweilen 
kommen  vor  Gervillia  socialis  und  Lima  striata , häufiger  Fisch- 
und  Saurierreste. 

Der  Keuper  tritt  in  dem  südlichen  Theile  unseres  Gebietes 
zwischen  Saar  und  Mosel  an  der  Abdachung  des  Muschelkalk- 
plateaus zur  Mosel  auf  und  ist  auf  der  rechten  Seite  derselben 
von  vielen  diluvialen  Ablagerungen  bedeckt.  Westlich  von  Trier 
zwischen  der  Mosel  und  Sauer  ist  er  zwischen  grossen  Klüften 
eingesenkt;  die  Hauptpartie  ist  hiervon  der  grossen  Kluft  Wasser- 
liesch-Sirzenich auf  der  SO. -Seite  und  nordwestlich  von  der  Kluft 
Grewenig-Udelfangen  begrenzt.  Dann  treten  weiter  nördlich  kleinere 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  Gierschen  Gegend. 


469 


Partieen  von  Keuper  zwischen  anderen  Klüften  hervor.  Auf  dem 
Plateau  von  Helenenberg  liegt  er  meist  auf  der  westlichen  Ab- 
dachung desselben  gegen  das  Sauer-  und  Niemsthal  und  ist  dann 
auf  der  rechten  Seite  der  Niems  von  den  mächtigen  Bänken  des 
Luxemburger  Sandsteins  bedeckt  , unter  denen  er  im  Prüm-  und 
Sauerthal  (zwischen  Echternach  und  Bollendorf)  wieder  zum  Vor- 
schein kommt.  Auf  dem  Plateau  zwischen  Helenenberg  und  Bit- 
burg ist  der  Keuper  vielfach  von  jüngeren  Bildungen  (Tertiär) 
bedeckt.  Auf  die  linke  Kyllseite  setzt  er  östlich  Bitburg  über  und 
tritt  hier  an  mehreren  Stellen  auf  dem  Plateau  von  Metterich 
unter  jüngeren  Bildungen  hervor. 

In  dem  südlichen  Theile  zwischen  Saar  und  Mosel  und 
zwischen  der  Mosel  und  Sauer  erscheinen  hauptsächlich  die  drei 
Abtheilungen  des  unteren  Keupers,  nämlich  die  Lettenkohlen- 
schichten. Der  untere  Keuper  enthält  bei  uns  wenig  Gesteine, 
die  den  Abbau  lohnen  und  dies  erschwert  die  Untersuchung  des- 
selben in  hohem  Grade;  die  Aufschlüsse  in  demselben  sind  über- 
haupt spärlich,  dazu  kommt  die  häufige  Bedeckung  von  jüngeren 
Bildungen.  — An  der  Basis  kommen  schmale  Bänke  von  dichtem 
Dolomit  vor,  damit  treten  rothe  und  gelbe  sandige  Schichten  mit 
Cardinien  auf,  die  nur  selten  zu  stärkeren  Sandsteinlagen  an- 
schwellen. Die  dichten  unteren  Dolomite  sind  grau,  gelblich  und 
weiss,  führen  überall,  wenn  auch  spärlich,  Myophoria  Goldfussi-, 
die  sandigen  Schichten  zeigen  nicht  selten  Pflanzenreste.  Darüber 
folgen  dann  die  bunten  Mergel  der  mittleren  Abtheilung, 
30  bis  40  Meter  mächtig  und  in  weiter  Verbreitung;  sie  machen 
sich  überall  leicht  durch  die  charakteristische  rothe,  grünliche  und 
gelbliche  Färbung  kenntlich.  In  geringerer  Mächtigkeit  als  der 
untere  erscheint  der  obere  (Grenz-)  Dolomit.  Er  ist  meist  ein 
poröses,  zelliges  Gestein,  das  viel  in  Blöcken  auftritt,  gelblich  ge- 
färbt, reich  an  Versteinerungen,  besonders  an  Myophoria  Gold- 
fussi ist. 

Von  dem  mittleren  Keuper,  der  aus  dem  Gypskeuper 
und  den  Steinmergeln  besteht,  ist  die  untere  Abtheilung  NW.  von 
Trier  bis  zur  Sauer  nur  wenig  vertreten.  Erst  jenseits  der  Ver- 
werfung, die  gleich  unterhalb  Echternach  durchsetzt,  tritt  sie 


470 


H.  Grebe,  über  das  Ober-Rothliegende,  die  Trias, 


ziemlich  mächtig  hervor.  In  dem  interessanten  Profil  von  dem 
mittleren  Keuper  in  der  Ernzener  Schlucht,  Echternach  gegen- 
über, ist  der  Gypskeuper  50  Meter  mächtig.  Plier  wechseln  bunte 
Mergel  mit  dünnen  Gypsschichten ; darüber  liegt  ein  mürber, 
graulichrother  Sandstein,  3 Meter  mächtig  (Schilfsandstein),  welcher 
den  Gypskeuper  von  den  Steinmergeln  trennt.  Diese  sind  in  der 
Ernzener  Schlucht  über  60  Meter  mächtig.  Die  oberen  Keuper- 
Schichten  (Rhätischen)  sind  hier  nicht  aufgeschlossen,  dagegen  aber 
die  rothen  Tlione  an  der  Grenze  gegen  den  unteren  Lias  ange- 
deutet. Ehe  man  auf  das  Plateau  von  Ernzen  gelangt,  treten  die 
mächtigen  Bänke  des  Luxemburger  Sandsteins  hervor,  der  bei 
Ernzen  von  Gryphidenkalk  bedeckt  ist.  Die  Grenzschichten  zwischen 
dem  oberen  Keuper  und  dem  unteren  Lias  sind  besser  aufgeschlossen 
am  W ege  von  Irrel  a.  Prüm  nach  der  Burg  Prüm  zur  Lay,  an  dem 
über  den  rothen  Grenzthonen  die  schwarzen  bituminösen  Kalke  mit 
Ammonites  planorbis  liegen,  die  schon  zum  unteren  Lias  zu  rechnen 
sind.  Auch  am  W ege  von  Alsdorf  nach  Holzthum  sind  diese  oberen 
Keuper-  und  unteren  Liasschichten  gut  entblösst.  40  Meter  über 
dem  Niemsthale  treten  die  oberen  Keupersandsteine  (Rhät)  auf. 
Rechts  vom  Wege  ist  ein  Steinbruch,  in  dem  die  Sandsteinbänke 
2— 3 Meter  mächtig  sind;  darüber  liegt  rother  fetter  Thon.  Am 
Wege  selbst  folgen  über  den  rothen  Thonen  mehrere  Meter  mäch- 
tige schwarze  bituminöse  Kalksteine  mit  Ammonites  planorbis , die 
beim  Anschlägen  stark  riechen,  weiter  ins  Hangende  graue  Thone 
und  Mergel,  welche  dann  von  Luxemburger  Sandstein  überlagert 
sind.  Beim  Absteigen  vom  Plateau  auf  demselben  Wege  nach 
Holztlium  treten  die  grauen  Thone  und  Mergel  unter  dem  Luxem- 
burger Sandstein  mächtiger  hervor,  etwa  20  Meter;  dann  folgen 
die  schwarzen  bituminösen  Kalksteine,  auch  hier  Ammonites  pla- 
norbis führend,  ziemlich  mächtig,  und  tiefer  sind  auch  die  rothen 
fetten  Thone  über  dem  oberen  Keupersandsteine  angedeutet.  Die 
dann  folgenden  Steinmergel  sind  auch  hier  50  — 60  Meter  mächtig. 
Etwas  weniger  mächtig  ist  der  Gypskeuper,  der  fast  bis  zur  Thal- 
sohle der  Prüm  niedersetzt.  40  Meter  über  derselben  befindet  sich 
SÖ.  von  Holzthum  im  Gypskeuper  ein  Gypsbruch.  Hier  erscheinen 
in  den  Mergeln  des  Gypskeupers  häufig  die  Pseudomorphosen  nach 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  t-rierschen  Gegend. 


471 


Steinsalz,  wie  sie  auch  sonst  fast  nirgends  in  denselben  fehlen. 
Der  Sandstein  (Schilfsandstein)  zwischen  den  Steinmergeln  und 
dem  Gypskeuper  konnte  bis  jetzt  nur  gut  entwickelt  beobachtet 
werden  in  der  Gegend  von  Echternach  und  Bollendorf,  am  Wege 
nach  der  Nussbaumer  Hardt. 

Verwerfungen  in  der  Trias. 

Der  vielen  Verwerfungen  in  unserer  Trias  zwischen  Saar  und 
Mosel  und  NW.  von  Trier  wurde  schon  oben  gedacht.  Während 
der  Theil  der  Trias,  der  an  die  älteren  Gesteine,  an  den  SW. -Rand 
des  Hochwaldquarzits  lagert,  die  Saar  aufwärts  bis  in  die  Gegend 
von  Saarbrücken  weniger  gestört  ist  — es  kommen  in  dieser  Gegend 
zwar  sehr  grosse,  aber  nur  wenige  Verwerfungen  vor  — beginnt 
schon  gleich  am  W.-  und  NW. -Rande  des  Unterdevons  der  Saar 
eine  auffallende  Zerreissung  der  Triasschichten,  die,  je  mehr  man 
sich  der  Mosel  und  der  unteren  Saar  in  westlicher  Richtung  nähert, 
zunimmt.  Am  meisten  zerrissen  ist  das  Triasgebiet  zwischen  der 
Mosel  und  der  unteren  Sauer,  denn  man  überschreitet  von  Trier 
in  der  Richtung  nach  Rahlingen  auf  einer  Entfernung  von  nur 
etwa  10  Kilometer  mehr  als  ein  Dutzend  Verwerfungen.  Wandert 
man  die  Strasse  von  Trier  nach  Helenenberg,  so  überschreitet  man 
auch  dieselben,  die  nächste  recht  auffallende  am  Galgenberg, 
2 Kilometer  von  Trier,  auf  die  schon  Steininger  aufmerksam 
machte,  und  gesellen  sich  in  dieser  Richtung  noch  einige  kleinere 
Verwerfungen  hinzu.  Dem  aufmerksamen  Beobachter  wird  auf 
diesem  Wege  schon  die  eigenthümliche  Oberflächengestaltung  des 
Terrains  zur  Linken,  zumal  aber  zur  Rechten  in  der  Aacher 
Gegend  überraschen,  die  zum  grösseren  Theil  eine  Folge  der 
Gebirgsstörungen  ist.  Es  treten  zu  beiden  Seiten  der  Strasse 
Kuppen  und  Rücken  von  Hauptmuschelkalk,  zum  Theil  mit 
ganz  steilem  Absturz  hervor,  an  deren  Fuss  Keuperschichten 
ruhen,  so  z.  B.  am  Galgenberg,  W.  von  Trierweiler  und  an 
der  Höhe  »auf  der  Forst«  bei  Fusenich  oder  am  Galgenberg 
bei  Trier,  auf  dessen  Südseite  Voltziensandstein  anlehnt.  So 
sind  bei  der  Erosion  die  Unebenheiten  des  Terrains,  durch  die 
Verwerfungen  hervorgerufen,  doch  lange  nicht,  ganz  ausgeglichen 
worden. 


472 


H.  Grebe,  über  das  Ober-Rotliliegende,  die  Trias, 


Erst  je  mehr  man  sich  auf  vorerwähnter  Strasse  dem  Plateau 
von  Helenenberg  und  Bitburg  nähert,  tritt  eine  grössere  Ruhe  in 
der  Lagerung  der  Gebirgsschichten  ein.  Es  setzen  auf  demselben 
auf  eine  Entfernung  von  etwa  15  Kilometer  nur  noch  vier  Klüfte 
durch.  Das  Terrain  NW.  und  N.  von  Bitburg  bis  zum  Eifeier 
Devon  ist  noch  nicht  näher  untersucht  worden,  aber  es  kommen 
auch  in  dieser  Richtung  noch  Störungen  in  der  Trias  vor.  Einige 
kleinere  führt  auch  die  v.  DECHENsche  Section  Neuerburg  an. 
Mehrere  Sprünge  westlich  der  Saar  konnten  bis  an  das  Devon 
verfolgt  werden  und  setzen  jedenfalls  auch  in  diesem  fort;  wegen 
der  Gleichartigkeit  des  Unterdevons  zwischen  der  Quarzitgrenze 
von  Oberhamm  und  Conz,  wo  zu  beiden  Seiten  der  Saar  überall 
die  blauschwarzen  Hunsrückschiefer  anstehen,  konnten  in  diesen 
Gesteinen  keine  Verwerfungen  nachgewiesen  werden.  — Was  die 
Richtungen  anlangt,  in  denen  die  vielen  Klüfte  durch  unsere  Trias 
setzen,  so  nimmt  man  wahr,  dass  dieselben  vorherrschend  von  SW. 
nach  NO.  verlaufen,  oder  genauer  in  Stunde  3 — 4 und  in  Stunde 
2 — 3.  An  der  oberen  Saar  verläuft  der  grosse  Sprung  von  Siers- 
dorf in  Stunde  4 und  konnte  in  NO.-Richtung  bis  in  die  Gegend 
von  Wadern  auf  20  Kilometer  Entfernung  von  der  Saar  verfolgt 
werden.  Gegen  SW.  ist  er  von  Weiss  (Section  Gross-Hemmers- 
dorf) bis  zur  Lothringischen  Grenze  nachgewiesen  worden.  Auch 
einige  kleine  Klüfte  saarabwärts  zeigen  diese  Streichungslinie  in 
h.  4.  Ebenso  einige  Sprünge  auf  der  NW.-Seite  des  breiten  Quarzit- 
rückens, der  von  der  Saar  in  nordöstlicher  Richtung  durch  den 
Hochwald  zieht,  streichen  in  Stunde  3 — 4.  Dann  setzt  aber  von 
dem  grossen  Sprung  bei  Freudenburg  ein  solcher  in  fast  nörd- 
licher Richtung  auf  eine  Entfernung  von  fast  15  Kilometern  über 
Cahren  nach  dem  alten  Saarthale,  W.  von  Bibelhausen  durch  und 
von  diesem  gabelt  sich  ein  zweiter  in  NW.-Richtung  von  Meurig 
nach  Fisch  hin  ab.  Ein  grösserer  Sprung  in  der  Richtung  von 
SO.  nach  NW.  giebt  auch  Weiss  an,  der  von  Unterfelsberg  nach 
Kerperich  verläuft.  Ausser  diesen  beiden  und  grossen  sind  aber 
nur  wenige  kleinere  Querklüfte  bekannt  geworden.  Die  Sprünge 
zwischen  der  unteren  Saar  und  Mosel,  zwischen  Saarburg  und 
Grevenmacher  nehmen  schon  eine  mehr  nördliche  Richtung  an, 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  trierschen  Gegend. 


473 


streichen  in  Stunde  2 — 3 und  setzen  in  dieser  Richtung  NW.  von 
Trier  durch,  z.  Th.  bis  in  die  Nähe  des  Kyllthaies,  z.  Th.  über 
dasselbe  hinaus.  In  derselben  Richtung  verläuft  auch  ein  Theil 
des  Moselthales.  Von  Sierclc  bis  Remich  ist  die  Richtung  der 
Mosel  eine  fast  nördliche,  dann  macht  sie  einige  starke  Krüm- 
mungen. Unterhalb  Ebnen  aber  hält  sie  diejenige  Richtung  der 
Verwerfungen  ein,  wie  solche  zu  beiden  Seiten  der  Mosel  auf- 
tret en.  Der  Theil  des  Moselthales  von  Machtum  bis  Wasserbillig 
liegt  zwischen  zwei  grossen  parallelen  Klüften,  zwischen  welchen 
Triasgesteine  grabenförmig  tief  eingesunken  sind.  Im  Grossen  und 
Ganzen  sind  diese  Klüfte  geradlinig,  sie  weichen  aber  von  der 
parallelen  Richtung  häufig  ab;  es  kommt  auch  vor,  dass  sie  sich 
verzweigen,  mitunter  auch  durchsetzen  und  dann  haben  die  kleine- 
ren die  Richtung  in  Stunde  4,  die  grösseren  in  Stunde  2 — 3.  Es 
kommt  auch  vor,  dass  zwei  auf  eine  längere  Erstreckung  parallel 
verlaufende  Sprünge  in  einem  spitzen  Winkel  zusammenlaufen,  so 
dass  der  zwischen  beiden  eingeschlossene  Gebirgstlieil  keilförmig 
erscheint,  so  auf  der  W.-Seite  des  Kyllthaies  an  mehreren  Stellen. 
Besonders  interessant  ist  hier  eine  Localität,  W.  von  Cordei,  in 
der  das  Auskeilen  der  gesunkenen  Triasschichten  zwischen  zwei 
Sprüngen  recht  auffallend  hervortritt.  Die  ganze  Reihe  der  Ge- 
steine vom  Voltziensandstein  bis  zum  unteren  Keuper  ist  um  100 
Meter  gesunken  und  hier  förmlich  zwischen  den  Buntsandstein  ein- 
gekeilt. Diese  grosse  Einsenkung  der  Gebirgspartie  zwischen  den 
beiden  Klüften  lässt  sich  über  Wasserbillig  hinaus  auf  eine  Länge 
von  über  20  Kilometer  bis  zur  Sauer  und  Mosel  und  ins  Luxem- 
burgische verfolgen.  Bei  Wasserbillig  stellen  sich  die  Verhältnisse 
so  dar,  dass  in  der  Thalsohle  sich  untere  Keuperschichten  finden, 
während  die  Gehänge  zu  beiden  Seiten  der  Mosel  aus  mittlerem 
und  Hauptmuschelkalk  bestehen.  Die  westliche  von  beiden  Klüf- 
ten ist  in  einem  Steinbruch  bei  Udelfangen  deutlich  aufgeschlossen. 
Im  Eingang  zu  demselben  von  der  S. -Seite  stehen  die  bunten 
Mergel  der  Lettenkohle  an,  dicht  daneben  befindet  sich  Muschel- 
sandstein in  starken  Bänken.  Die  östliche  Kluft  ist  nahe  der 
Klauter  Mühle,  Grevenmacher  gegenüber,  am  besten  wahrnehmbar, 
wie  dies  in  den  Erläuterungen  zu  Blatt  Wincliringen  bereits  er- 

o O 


474 


H.  Grebe,  über  das  Ober-Rothliegende,  die  Trias, 


wähnt  worden  ist.  Es  möge  liier  nochmals  wiederholt  werden, 
was  dort  über  diese  Gebirgsstörung  gesagt  ist:  »Westlich  an  der 
Kluft  lagern  untere  Keuperschichten.  In  dem  tiefen  Wassergraben 
unterhalb  der  Klauter  Mühle  sind  die  Schichten  aufgeschlossen 
und  es  war  im  hohem  Grade  interessant,  hier  darzuthun,  dass  die 
im  unteren  Theil  des  Grabens  lagernden  sandigen  Schiefer  im 
Wechsel  mit  grauen  und  bunten  Thonen  und  Mergelkalk  dem 
unteren  Keuper,  die  im  oberen  Theile  aufgeschlossenen  Schichten 
dem  mittleren  Muschelkalk  angehören.  Beide  Abtheilungen,  in 
regelmässiger  Ablagerung  in  so  verschiedenem  Niveau  liegend, 
führen  bunte  Thone,  beide  mergelig-sandige  Schichten  mit  Pseudo- 
morphosen  nach  Steinsalz  und  wenn  man  diesen  Graben  begeht, 
ohne  zu  wissen,  dass  eine  so  mächtige  Kluft  durchsetzt,  könnte 
man  leicht  beide  Schichtensysteme  für  ident  halten;  im  Graben 
weiter  aufwärts  treten  die  Bänke  des  Trochitenkalks  hervor.«  Die 
Einsenkung  der  Gebirgsschichten  zwischen  beiden  Klüften  dehnt 
sich  über  den  Nitteler  Kopf  nach  Machtum  und  Nieder-Donwen 
ins  Luxemburgische  aus.  Am  Fusse  des  Nitteler  Kopfes  steht  un- 
mittelbar am  Moselufer  Trochitenkalk  an.  Die  östliche  Kluft 
streicht  in  Stunde  2%  und  es  liegen  auf  ihrer  östlichen  Seite  die 
Schichten  des  Trochitenkalks  80  Meter  über  dem  Moselspiegel. 
Die  westliche  Kluft  streicht  in  500  Meter  Entfernung.  An  der 
westlichen  Seite  derselben  wird  Muschelsandstein  in  mehreren 
Steinbrüchen  gebrochen.  Dieser  Sprung  ist  an  dem  Eingang  zu 
den  Kalksteinbrüchen,  Machtum  gegenüber,  deutlich  aufgeschlossen, 
so  dass  hier  neben  dem  Kalk  Muschelsandsein  ansteht.  Durch 
den  Tunnel  der  Moselbahn  ist  diese  Kluft  auch  in  der  Tiefe  auf- 
geschlossen worden.  Schon  im  Voraus  konnte  durch  genaue  Fest- 
stellung der  Streichungslinie  der  westlichen  Kluft  bestimmt  werden, 
dass  der  Tunnel  bei  circa  200  Meter  vom  unteren  Tunnelportal 
aus,  dieselbe  erreichen  würde. 

Bei  Wasserbillig  ändert  die  Mosel  ihren  bis  dahin  nordnord- 
östlichen Lauf  und  wendet  sich  anfangs  in  östlicher  und  dann  in 
südöstlicher  Richtung  bis  zur  Einmündung  der  Saar.  Hier  treten 
zwischen  Wasserbillig  und  Igel  auf  4 Kilometer  Entfernung  recht 
bedeutende  Verwerfungen  auf  und  siud  dieselben  durch  das  Aus- 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  trierschen  Gegend. 


475 


waschen  der  Mosel  gut  entblösst.  Wenn  man  sich  von  Conz  nach 
Wasserbillig  wendet,  so  verlässt  man  bei  Conz  das  Unterdevon. 
Jenseits  der  Mosel  steht  am  Berggehänge  Vogesensandstein  mit 
einer  Conglomeratbank  an  der  Basis  an.  Dieselbe  ist  in  dem 
nahen  Einschnitt  der  Bahn  nach  Trier  ( 1.  M.)  gut  aufgeschlossen 
und  im  Durchschnitt  8 Meter  mächtig.  Hier  setzen  mehrere  kleine 
Klüfte  quer  durch  und  liegt  die  Conglomeratbank  bald  in  der 
Sohle  des  Einschnitts,  bald  3 — 4 Meter  höher.  Bei  Igel  trifft  man 
die  erste  grössere  Verwerfung;  sie  ist  am  klarsten  auf  dem  Reini- 
ger Kapellenberg  zu  sehen.  Oestlich  der  Kapelle  ist  ein  Stein- 
bruch im  Muschelsandstein;  dicht  daneben  steht  Trochitenkalk  an. 
Die  Schichten  sind  hier  auf  der  W.-Seite  der  Kluft  um  mindestens 
40  Meter  eingesunken.  Dieselbe  konnte  vom  Löberg  bei  Sirzenich 
bis  Fellerich  auf  eine  Länge  von  10  Kilometer  verfolgt  werden, 
2Va  Kilometer  NO.  von  Igel  zweigt  von  derselben  eine  Kluft  ab, 
die  am  südlichen  Abhang  des  Galgenbergs  durchzieht  und  sich 
im  Vogesensandstein  des  Biwerthales  verliert.  Auf  die  Igeler 
Kluft  trifft  südwestlich  des  Reiniger  Kapellenbergs  eine  solche, 
die  W.  von  Tawern  durchsetzt,  und  welche  fast  bis  nach  Remich 
hin  verfolgt  werden  konnte.  Es  verdient  noch  erwähnt  zu  werden, 
dass  zwischen  dem  Reiniger  Kapellenberg  und  dem  Rosenberg  bei 
Tawern  an  die  zuletzt  erwähnte  Kluft  eine  andere  stösst,  die  die 
Richtung  des  Moselthales  zwischen  Conz  und  Schweich  hat  und 
bis  Schweich  hin  fortsetzen  dürfte,  wie  oben  bei  Beschreibung  des 
Ober-Rothliegenden  angedeutet  worden  ist.  Schreitet  man  im  Mosel- 
thal von  Igel  nach  Wasserbillig  etwa  1500  Meter  weiter  voran, 
so  verlieren  sich  die  hohen  steilen  Felsen  des  Vogesensandsteins 
plötzlich  und  über  den  Weinbergen  zur  Rechten  ragen  mächtige 
Schichten  vom  Hauptmuschelkalk  hervor.  Darunter  sind  grosse 
Gypsbrüche,  dann  fehlt  in  den  Weinbergen  bis  zur  Thalsohle 
jeder  Aufschluss,  indess  steht  am  Moselufer  bei  kleinem  Wasser- 
stand Muschelsandstein  an.  Die  Schichten  auf  der  Ostseite  der 
Kluft  bestellen  bis  auf  circa  30  Meter  Höhe  aus  Vogesensandstein, 
der  auf  lagernde  Voltziensandstein  ist  25 — 30  Meter  mächtig;  gegen 
das  Plateau  ist  Muschelsandstein  aufgeschlossen.  Die  Schichten 
sind  durch  diese  Kluft  um  fast  100  Meter  verworfen  und  ist  hier 


476 


H.  Grebe,  über  das  Ober-Rothliegende,  die  Trias, 


eine  der  grössten  Gebirgsstörungen  der  Trias  an  der  Mosel.  Diese 
Verwerfung  kann  gegen  NO.  bis  an  die  Kyll,  gegen  SW.  bis  in 
die  Gegend  von  Winchringen  auf  eine  Länge  von  30  Kilometer 
verfolgt  werden.  Kaum  100  Meter  weiter  nach  Wasserbillig  bin, 
trifft  man  einen  dritten  Sprung,  auf  dessen  westlicher  Seite  die 
Schichten  wieder  um  circa  50  Meter  gesunken  sind,  so  dass  der 
Trockitenkalk  fast  bis  zur  Thalsohle  niedergeht.  Derselbe  bildet, 
wie  es  scheint,  eine  Querspalte,  von  der  Höhe  »auf  der  Pfeilte« 
W.  von  Liersberg  bis  Oberbillig  verlaufend.  — Ein  vierter  ziem- 
lieh  mächtiger  Sprung  befindet  sich  nahe  am  linken  Sauerufer. 
In  dem  Bahneinschnitt  steht  Muschelsandstein  an,  am  Sauerufer 
auf  der  W. -Seite  des  Sprungs  Trochitenkalk,  derselbe  steht  auch 
dicht  am  Moselufer  oberhalb  Wasserbillig  an.  Dann  folgt  jenseits 
W asserbillig  eine  weitere  Einsenkung  der  Schichten,  so  dass  die 
Lettenkohle  unter  der  Thalsohle  liegt,  sie  wurde  hier  bei  Anlagen 
von  Brunnen  angetroffen  und  mögen  die  Triasschichten  auf  die 
kurze  Entfernung  von  Igel  nach  Wasserbillig  (etwa  4 Kilometer) 
über  200  Meter  eingesunken  sein. 

Saueraufwärts  treten  oberhalb  Metzdorf  wieder  untere  Glieder 
der  Trias,  Voltziensandstein  und  Muschelsandstein  hervor  und 
halten  an  bis  in  die  Nähe  von  Wintersdorf.  Hier  setzen  zwei 
Parallelsprünge  durch,  zwischen  welchen  ein  Gebirgstheil  in  der 
Breite  von  800  Meter  eingesunken  ist.  Dann  steht  am  rechten 
Sauerufer  nochmals  Voltziensandstein,  aber  nur  auf  500  Meter  Länge 
an,  worauf  neue  Einsenkungen  erfolgen.  Indess  erscheint  noch 
einmal  im  unteren  Laufe  der  Sauer  jenseits  einer  Verwerfung  bei 
Godendorf  der  Voltziensandstein  auf  eine  kurze  Strecke.  Auf  der 
NW. -Seite  einer  Kluft,  die  durch  Minden  geht,  sinken  die  Trias- 
schichten so  tief  ein,  dass  Trochitenkalk  an  das  Eifer  der  Sauer 
tritt,  der  bis  zur  Kluft  an  der  Mindener  Lay  sich  ausdehnt. 
Weiter  die  Sauer  aufwärts  bestehen  die  Gehänge  zu  beiden  Seiten 
aus  mittlerem  und  oberem  Keuper,  über  dem  der  Luxemburger 
Sandstein  etwa  400  Fuss  über  dem  Thal  in  grossen  Felspartieen 
hervorragt. 

Ein  Theil  der  Verwerfungen  an  der  unteren  Sauer  scheinen 
weit  ins  Luxemburgische  zu  gehen.  \ ielleicht  bildet  die  grosse 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  trierschen  Gegend. 


477 


Verwerfung,  die  im  Bahneinschnitt  von  Fentigen  und  dann  im 
unteren  und  mittleren  Jura  von  Esch  aufgeschlossen  ist,  die  Fort- 
setzung einer  solchen  an  der  unteren  Sauer.  Die  vor  einigen 
Jahren  erschienene  geologische  Karte  von  Luxemburg  (von  Wies) 
im  Maassstabe  von  1 : 40000  zeigt  keine  dieser  Verwerfungen, 
weder  die  oben  erwähnte  grosse  bei  Esch,  noch  die  vielen  an 
Sauer  und  Mosel.  Leider  fehlt  es  noch  in  diesem  Nachbarlande 
an  einer  guten  Terrainkarte  in  grösserem  Maassstabe  und  so  lange 
diese  nicht  vorhanden,  werden  sich  auch  die  vielen  und  grossen 
Verwerfungen  dort  nicht  genau  verfolgen  lassen. 

Die  tertiären  Bildungen  unserer  Gegend  bestehen  vor- 
herrschend aus  z.  Th.  recht  mächtigen  Quarzgeröllen,  weissem 
Thon  und  Sand,  sowie  vereinzelten  Blöcken  von  Braunkohlen- 
quarzit und  liegen,  wie  oben  schon  erwähnt  bei  1000  — 1200  Fuss 
Meereshöhe  auf  dem  Trias-Plateau  zwischen  Saar  und  Mosel, 
spärlicher  auf  dem  NW.  von  Trier,  dehnen  sich  aber  weit  über 
das  Plateau  von  Helenenberg  und  Bitburg  und  auf  der  linken 
Kyllseite  über  das  zwischen  Speicher,  Zemmer  und  Binsfeld  aus, 
ferner  über  die  Höhen  zu  beiden  Seiten  des  Salmbaches;  hier 
theils  auf  Buntsandstein,  tlieils  auf  Unterdevon  lagernd.  Auch 
auf  den  plateauförmigen  Höhen  von  Grosslittgen , dem  Rücken 
zwischen  der  kleinen  Kyll  und  der  Dieser  und  weiter  östlich  auf 
den  Höhen  bei  Ober-  und  Niederscheidtweiler  kommen  viele  und 
oft  recht  mächtige  Ablagerungen  von  weissen,  ganz  abgerundeten 
Quarzgeröllen  vor  und  werden  gewiss  noch  mehr  tertiäre  Bildun- 
gen angetroffen  worden,  je  weiter  die  geologischen  Specialaufnah- 
men gegen  Osten  und  Norden  fortschreiten.  Südlich  nach  der 
Mosel  hin  werden  Ablagerungen  von  weissem  Thon  gefunden  bei 
1 100 — 1200  Fuss  Meereshöhe  auf  dem  Plateau  NW.  von  Köwe- 
nicli  und  weisse  Quarzgerölle  in  gleicher  Höhe  zwischen  Ferres 
und  Kiwenich.  Die  isolirten  1000  Fuss  hohen  Buntsandsteinkuppen, 
der  Asberg  und  Burgberg  N.  von  Salmrohr,  der  Kalleberg  W.  von 
Dörbach  sind  mit  den  weissen  Quarzgeröllen  bedeckt  , wie  auch 
in  grosser  Ausdehnung  das  westlich  sich  befindliche  Plateau  von 
Dodenburg  und  das  von  diesem  südlich  gelegene  zwischen  Hecken- 
münster und  Erlenbach. 


478 


H.  Grebe,  über  das  Ober- Rothliegende,  die  Trias, 


Auf  der  Hochfläche  NW.  von  Trier  und  namentlich  auf  der 
zwischen  der  unteren  Saar  und  oberen  Mosel  kommen  Blöcke  von 
Braunkohlenquarzit  in  sandigem  Boden  vor;  dieselben  sind  stark 
abgerundet,  ihre  Oberfläche  ist  glatt,  bisweilen  wie  polirt  und 
matt  glänzend.  Das  Gestein  ist  sehr  dicht,  graulichweiss,  röthlich 
und  gelblich;  bisweilen  feinkörnig,  sandig  und  enthält  mitunter 
Quarzgerölle.  Es  fanden  sich  in  mehreren  dieser  Blöcke  Stein- 
kerne von  Helix.  — Auf  der  Hochfläche  bei  Hellendorf  und  Bisch- 
dorf (Blatt  Perl)  findet  man  ausgedehnte  Ablagerungen  von  Lehm, 
theilweise  mit  Sand  und  Geschieben  (weisse  Quarzgerölle),  sowie 
mit  vielen  Körnern  von  Brauneisenstein,  die  in  den  Erläuterungen 
zu  Blatt  Perl  unter  dem  Diluvium  aufgeführt  worden  sind,  sie 
werden  wohl,  da  sie  in  gleicher  Höhe  wie  die  Braunkohlenquar- 
zite liegen,  auch  dem  Tertiär  zuzurechnen  sein.  Ebenso  zählen 
dazu  die  festen  eisenschüssigen  Conglomerate , die  auf  dem  1100 
Fuss  hohen  Devonrücken  zwischen  Irsch  und  Zerf  (Blatt  Saarburg) 
vorhanden  und  erst  nach  der  Publication  dieser  Section  bekannt 
geworden  sind.  Vielleicht  dürften  auch  die  grossen  lehmigen 
und  sandigen  Ablagerungen  mit  einzelnen  Quarzgeröllen,  sowie 
mit  Körnern  von  Brauneisenstein  bei  Talling  und  an  anderen 
Localitäten  auf  der  Hochfläche  des  Devons,  südlich  der  Mosel, 
tertiäre  Bildungen  sein.  Dann  ist  mir  erinnerlich,  in  früherer  Zeit 
auf  dem  Plateau  des  Hunsrücks  in  der  Gegend  von  Cappel  Ab- 
lagerungen von  weissen,  ganz  runden  Quarzgeröllen  beobachtet  zu 
haben.  Hier  mag  noch  hingewiesen  sein  auf  das  Vorkommen  von 
Braunkohle  bei  Eckfeld,  NO.  von  Manderscheid,  die  schon  im 
Jahre  1839  aufgefunden  worden  ist  Q.  Alle  diese  jetzt  isolirt  vor- 
kommenden Ablagerungen  mögen  vor  der  Thalbildung  im  Zusam- 
menhano-  o-ewesen  sein  und  wohl  dem  Tertiär  ano;ehören,  so  dass 
dieses  vor  der  Erosion  in  unserer  Gegend  in  grosser  Ausdehnung 
vorhanden  war.  Die  Braunkohle  bei  Eckfeld  liegt  freilich  über 
200  Fuss  tiefer  als  das  Plateau  von  Eckfeld  und  nur  etwa 


•)  Ueber  dieses  Braunkohlenlager  von  Eckfeld  in  der  Eifel  hat  Dr.  C.  0. 
Weber  in  den  Verhandlungen  des  naturhistorischen  Vereins  der  preuss.  Rhein- 
lande und  Westfalen  im  10.  Jahrgang,  Heft  III  u.  IV,  1853  nähere  Mittheilungen 
gemacht. 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  triersehen  Gegend. 


479 


100  Fnss  über  dem  Lieserthal,  welches  liier  circa  1000  Fuss  Meeres- 
höhe hat,  in  einem  Thalkessel  (Seitenthal  auf  dem  linken  Ufer 
der  Lieser),  aber  es  könnte  hier  eine  Einsenkung  des  Braunkohlen- 
lagers erfolgt  sein. 

In  grosser  Mächtigkeit  trifft  man  die  weissen  Quarzgerölle 
an  in  den  Kiesgruben  bei  Dodenburg,  bei  Grosslittgen  und  in  der 
Gegend  von  Niederkail:  über  15  Meter  mächtig  in  der  grossen 
Kiesgrube,  am  Wege  von  Binsfeld  nach  Hof  Muhlbach,  wo  die 
Gerolle  mit  weissem  Thon,  gelbem  und  weissem  Sand  wechsel- 
lagern. Sie  kommen  von  Ei-  bis  Faustgrösse  vor  und  bestehen 
fast  nur  aus  weissem  Quarz.  Den  Thon  findet  man  in  den  Thon- 
gruben bei  Speicher  9 Meter  mächtig  und  wird  gegenwärtig  noch 
gewonnen  bei  Binsfeld;  verlassene  Thongruben  sind  in  der  Um- 
gegend von  Niederkail,  Landscheid  und  Bruch;  noch  im  Betrieb 
stehende  auf  der  Höhe  NW.  von  Kövenich.  Mit  den  Gerollen 
treten  nicht  selten  sehr  feste  Tertiärconglomerate  auf,  namentlich 
bei  Dodenburg  und  Niederkail.  Der  tertiäre  Brauneisenstein  ist 
zwischen  Zemmer  und  Herforst  gewonnen  worden;  dann  finden 
sich  auch  bei  Picklissem  u.  a.  O.  verlassene  Eisensteingruben. 

Organische  Reste  sind  ausser  im  Braunkohlenquarzit,  den 
Pflanzenabdrücken  in  den  Kohlen  von  Eckfeld  und  den  vulkani- 
schen Tuffen  am  Buerberge  bei  Schulz  und  N.  von  der  Warth  bei 
Daun  bis  jetzt  noch  nicht  bekannt  geworden.  In  neuester  Zeit 
fand  Herr  O.  Follmann  Kieselholz  in  dem  Kies  bei  Landscheidt. 

Die  diluvialen  Ablagerungen  an  der  Mosel  und  Saar 
unterscheiden  sich  in  ihrem  Material  wesentlich  von  den  vorher 
beschriebenen  tertiären  Bildungen.  Es  sind  hier  nicht  mehr  jene 
stark  abgerundeten  weissen  Quarzgerölle  mit  Sand-  und  Thonlagen, 
sondern  vielmehr  Lehm  und  meist  eckige  Gerolle,  die  aus  Quarzit, 
stark  gefärbtem  Quarz,  Grauwacke  und  Buntsandstein  bestehen; 
dazwischen  wohl  auch  weisse , abgerundete  Quarzgerölle  wie  im 
Tertiär,  welche  von  den  Plateaus  herabgeschwemmt  sind.  — Sie 
kommen  in  grosser  Ausdehnung  an  beiden  Flüssen  und  den  Neben- 
flüssen der  Mosel  vor  und  bedecken  kleinere  und  grössere  Terrassen 
zu  beiden  Seiten  derselben  oder  liegen  in  alten  Flussläufen,  be- 
sonders in  dem  alten  Moselthal  zwischen  Schweich  und  Platten. 


480 


H.  Grebe,  über  das  Ober  - Rotliliegende,  die  Trias, 


Es  lässt  sich  eine  Reihe  höherer  und  niederer  Terrassen  bis  zu  den 
jetzigen  Thalsohlen  der  Flüsse  unterscheiden  und  zeigen  dieselben 
den  Lauf  der  Flüsse  von  der  ältesten  Diluvial-  bis  zur  Alluvialzeit 
und  zugleich  das  allmähliche  Sinken  ihres  Wasserstandes  an. 

Die  höchsten  Diluvialterrassen  sind  auf  der  rechten  Moselseite 
bei  Mariahof  S.  von  Trier  bei  400  bis  500  Fuss  über  der  Mosel; 
hier  lagert  ein  gelblicher  Sand  mit  Geschieben  bis  2 Meter  mächtig. 
Diesen  Terrassen  entsprechen  diejenigen,  welche  bei  Liersberg  und 
einige  kleine  auf  der  Höhe  »auf  der  Pfeilte«  N.  von  Igel  und  auf 
den  Höhen  N.  von  Ehrang  verzeichnet  sind.  — Eine  ca.  300  Fuss 
über  der  Thalsohle  gelegene  sehr  ausgedehnte  Diluvialterrasse  ist 
die  vom  Roscheiderhof  bei  Conz,  welcher  die  vom  Wolfsberg  bei 
Trier  entspricht,  auch  die,  welche  sich  von  Irsch  über  Kernscheid, 
Tarforst  nach  dem  Grüneberg  und  auf  der  rechten  Ruwerseite 
über  die  Höhe  zwischen  Ruwer  und  Longnich  und  zwischen  Longen 
und  Ensch  weiter  erstreckt.  An  der  Saar  entsprechen  diesen  Ter- 
rassen die  in  gleicher  Höhe  über  der  Saar  gelegenen  bei  Taben, 
Serrig,  zwischen  Beurig  und  Irsch -Büst,  bei  Schoden,  zwischen 
Wawern  und  Cönen  und  auf  dem  Sonnenberg  bei  Ayll. 

Eine  ausgedehnte  Diluvialterrasse,  die  etwa  60  Fuss  über  dem 
Moselthal  liegt,  nimmt  man  in  der  Gegend  von  Conz,  westlich  der 
Saar  und  auf  der  linken  Moselseite  zwischen  Igel  und  Zewen 
wahr;  sie  findet  ihre  Fortsetzung  in  der  plateauförmigen  Erhöhung 
von  Heiligkreuz  bei  Trier  und  auf  der  Fläche  W.  von  Schweich. 
Die  vielen  kleinen  und  grossen  Terrassen  zu  beiden  Seiten  der 
Mosel  von  Schweich  abwärts  nach  Neumagen  und  weiter  hin  ent- 
sprechen in  ihren  Höhenlagen  denen  an  der  Mosel  bei  Trier  und 
an  der  unteren  Saar.  Grosse  ältere  Diluvialablagerungen  finden 
sich  in  dem  alten  Moselthal  von  Schweich  über  Hetzerath  nach 
Platten  hin.  Besonders  ausgedehnt  ist  die  Diluvialfläche  bei  dem 
Hochkreuz,  zwischen  Bekond  und  Hetzerath.  Sie  muss  das  Bett 
der  Mosel  oder  doch  eines  Moselarmes  gewesen  sein,  als  dieselbe 
noch  in  einem  200  bis  300  Fuss  höheren  Niveau  verlief.  Dieser 
alte  Mosellauf  lässt  sich  über  Platten  und  von  da  weiter  über 
Osann,  Noviand,  den  Siebenbornerhof  nach  Lieser  verfolgen.  Aber 
es  ist  anzunehmen,  dass  gleichzeitig  ein  zweiter  Moselarm  von 


das  Tertiär  und  Diluvium  in  der  trierschen  Gegend. 


481 


Schweich  abwärts  in  der  Richtung  des  jetzigen  Moselthaies  seinen 
Lauf  hatte,  da  in  gleicher  Höhenlage  wie  bei  dem  Hochkreuz  auch 
unterhalb  Longuich  Diluvialterassen  Vorkommen.  Wenn  man  von 
einem  höheren  Punkte  in  der  Nähe  von  Trier,  etwa  von  Grüne- 
berg seinen  Blick  nach  Schweich  hin  wendet  , so  fällt  auch  die 
Niederung  zwischen  den  Devonbergen  zur  Rechten  und  den  Bunt- 
sandsteinhöhen zur  Linken  in  der  Fläche  von  dem  Hochkreuz  sehr 
auf  und  lässt  die  Oberflächengestaltung  schon  vermuthen,  dass 
hier  ehemals  ein  mächtiger  Flusslauf  gewesen.  Derselbe  bildet 
auch  in  seiner  Richtung  genau  die  Fortsetzung  des  Mosellaufes 
zwischen  dem  Devon  und  Buntsandstein  von  Conz  bis  Schweich. 

Noch  ein  zweiter  alter  Mosellauf  lässt  sich  zwischen  Dusemond 
und  Mühlheim  durch  diluviale  Absätze  nachweisen,  die  auf  der 
ca.  300  Fuss  hohen  Fläche  südlich  von  Dusemond  nach  Burgen 
zu  liegen;  hier  muss  in  alter  Zeit  ein  Moselarm  seinen  Wes:  über 
Burgen,  Veldenz  nach  Mühlheim  'gehabt  haben,  um  den  insel- 
förmig gestalteten  schmalen  Höhenrücken,  Bitsch  genannt,  zwischen 
Burgen  und  Mühlheim.  In  den  Erläuterungen  zu  Blatt  Saarburg 
wurde  schon  darauf  hingewiesen,  wie  auch  zu  beiden  Seiten  des 
jetzigen  Saartliales  alte  Flussläufe  zu  erkennen  sind.  Die  dilu- 
vialen Massen  zwischen  Beurig  und  Irsch-Büst  deuten  darauf,  dass 
der  frühere  Lauf  der  Saar  sich  von  Beurig  aus  gegen  O.  nach 
Irsch-Büst  und  von  hier  in  einem  grossen  Bogen  nach  Okfeu  zog 
und  dann  lässt  das  breite,  ringförmige  Thal  auf  der  linken  Saar- 
seite, das  sich  von  Okfeu  über  Ayll,  Tobiashaus,  dann  über  Wawern 
nach  Bibelhausen  ausdelmt,  auf  einen  alten  Flusslauf  schliessen 
und  erscheint  der  Ayllerberg,  den  derselbe  umgiebt,  als  Insel.  — 
Ein  anderes,  grosses,  ringförmiges  Thal  auf  der  rechten  Saarseite 
verläuft  von  Wiltingen  über  Oberemmel,  Crettuach,  Ober-  und 
Niedermennig  nach  Conz  und  sind  zwischen  Wiltingen  und  Ober- 
mennig viele  Kiesablagerungen  vorhanden;  sie  zeigen,  dass  einst 
ein  mächtiger  Wasserlauf  durch  dieses  Thal  gegangen  ist. 

In  dem  jüngeren  Diluvium  bei  Wellen  im  Eisenbahneinschnitt 
zum  Tunnel,  sowie  in  den  Kiesgruben  bei  Issel  sind  viele  Reste 
von  Elephas  primigenius  gefunden  worden. 


31 


Die  Sande 

im  norddeutschen  Tieflande 

und 

die  grosse  diluviale  Ahsclnuelzperiode. 


Von 

Herrn  6.  Berendt  in  Berlin. 


Im  Allgemeinen  und  so  ’aucli  vom  Standpunkte  der  bis  vor 
Kurzem  in  Deutschland  bei  Erklärung  der  Diluvialbildungen  und 
ihrer  Entstehung  unumschränkt  herrschenden  Drifttheorie  war  man 
berechtigt,  mit  der  Bildung  deutlicher  Strom-,  Fluss-  und  Bach- 
thäler  und  deren  Gruppirung  zu  ausgeprägten  Flusssystemen,  wie 
sie  die  heutige  Oberflächengestaltung  Norddeutschlands  erkennen 
lässt,  die  Trockenlage  des  bisherigen  diluvialen  Meeresbodens, 
d.  h.  das  Ende  der  Diluvialzeit  für  einen  solchen  Theil  der  Erd- 
oberfläche anzunehmen  und  die  Alluvialzeit  zu  beginnen.  Mit 
anderen  Worten,  alle  nachweislich  nach  Bildung  der  Thäler  in 
Norddeutschland  entstandenen,  in  den  letzteren  abgesetzten  Schichten 
hatte  man  ein  Recht  für  alluvial  anzusprechen.  Wenn  es  sich 
somit  des  Weiteren  herausstellte,  dass  neben  der  Bildung  der 
heutigen  Flusssysteme  ein  regelrechtes  nur  in  höherem  Niveau 
gelegenes  und  weit  grossartigeres  Flusssystem  in  Norddeutschland 
bestanden  habe,  aus  welchem  die  gegenwärtig  anscheinend  sehr 
abweichenden  Flusssysteme  dennoch  mit  Leichtigkeit  abzuleiten, 
und  dessen  Thalauswaschungen,  auch  wo  sie  heute  von  keinem 
Flusse  mehr  durchströmt  werden,  überall  noch  deutlich  erkennbar 
sind,  so  war  man  ebenso  berechtigt,  ein  solches  als  altalluvial 
abzutrennen  und  die  in  diesem  höheren  Niveau  eine  ausgeprägte 


G.  Bekendt,  die  Sande  im  norddeutschen  Tieflande  etc. 


483 


alte  Thalsohle  bildenden,  steinfreien  Sande  als  altalluviale  Thal- 
sande zu  unterscheiden,  wie  es  bei  den  Kartenaufnahmen  der 
Berliner  Gegend  (s.  die  umstehenden  Profile)  geschehen. 

Man  war  dazu  um  so  mehr  berechtigt,  als  schon  die  Auf- 
nahmen Meyn’s  in  Schleswig-Holstein  und  demnächst  die  meinen 
in  Ostpreussen  die  Unterscheidung  eines  ungefähr  in  gleichem 
Niveau  lagernden,  steinfreien  Altalluvialsandes,  des  Haidesandes, 
zur  Folge  hatten,  einer  Bildung,  die  Herr  von  Dechen  sofort  den 
Sauden  der  belgischen  Campine  gleichalterig  erkannte  und  auch 
seinerseits  als  eine  altalluviale  Umränderung  der  Nord-  und  der 
Ost-See  erklärte. 

Dem  entgegen  zwingen  die  fortgesetzten  Aufnahmen  der  geo- 
logischen Specialkarte  im  norddeutschen  Flachlande  gegenwärtig 
immer  mehr  dazu,  Altalluvium  und  Jungdiluvium,  d.  h.  Haidesand 
und  Thalsand  einerseits,  Geschiebesand  und  Geröllbestreuung 
andererseits  als  gleichzeitige  Bildungen  zu  erkennen  und  ich 
freue  mich,  den  meinerseits  bisher  begangenen  Fehler  noch  recht- 
zeitig erkannt  zu  haben  und  selbst  wieder  gut  machen  zu  können. 

Denn  während  man  des  Weiteren  berechtigt  war,  dieselben 
mehr  oder  weniger  steinfreien  Thalsande,  wie  sie  nicht  nur  das 
Berliner  Hauptthal,  sondern  auch  grössere  Verzweigungen  dessel- 
ben zeigen,  nnd  wie  sie  alte  Seebecken  bildend  vielfach  auf  der 
Hochfläche  sich  finden,  nun  auch  in  den  kleineren,  z.  Th.  recht 
tief  eingeschnittenen  Nebenthälern  und  Rinnen,  welche  die  Ober- 
fläche Norddeutschlands  in  unzähliger  Menge  durchfurchen,  wieder- 
zufinden, zeigten  schon  die  in  dem  höhergelegenen  Nordosten  der 
Berliner  Umgegend,  nach  Bernau  und  Biesenthal,  nach  Alt- 
Landsberg  und  Werneuchen  vorgerückten  Kartenaufnahmen  das 
Gegentheil.  Die  die  Hochfläche  in  N.  — S. -Richtung,  genauer  meist 
in  NNO.-  zu  SSW.-Richtung  durchfurchenden  Thalrinnen,  wie 
die  der  Pauke,  der  Wühle,  des  Zochengraben,  bez.  des  Neuen- 
hagen-Altlandsberger,  sowie  des  Fredersdorfer  Fliesses  zeigten 
wieder  und  wieder  auch  geschiebeführende , von  dem  diluvialen 
Geschiebesande  nicht  unterscheidbare  Sande. 

Man  hätte  nothwendig  auch  zur  Annahme  altalluvialer  Ge- 
schiebesande sich  entschliessen  müssen,  wenn  man  nicht  in  um- 

31* 


Querschnitt  durch  das  Havelthal 


Maassstab  der  Länge  Maassstab  der  Höhe 

1:60  000  1:3000 


und  die  grosse  diluviale  Abschmelzperiode. 


485 


gekehrter  Richtung  von  der  hier  bis  zu  400'  Meereshöhe  (Hirsch- 
felder Haide  bei  Werneuchen)  aufsteigenden  Hochfläche  hinab- 
kommend zu  anderen  Schlüssen  gelangt  wäre.  Die  rastlosen  Be- 
mühungen Dr.  Läufer’ s und  Dr.  Wahnscitaffe’s,  hier  eine  Grenze 
oder  auch  nur  ein  Unterscheidungsmerkmal  zwischen  dem  in  aus- 
gedehnten Flächen,  Hochfläche  wie  Kuppen  bedeckenden  Geschiebe- 
sande und  dem  Geschiebesande  der  Thäler  aufzufinden,  waren 
stets  fruchtlos.  Nicht  nur,  dass  der  Geschiebesand  der  Höhe  sich 
durch  die  flachere  Fortsetzung  ausgeprägter  Thalauswaschungen 
auf  der  Höhe  des  Plateaus  in  zusammenhängender  Decke  fort- 
und  zungenartig  in  den  tieferen  Theil  des  Thaies  hinabzieht  , der 
Geschiebesand  in  seiner  charakteristischen  Ausbildung  ist  sogar 
in  diesen  tieferen,  unteren  Theilen  der  Thalrinne  vielfach  bis  nahe 
zu  ihrer  Ausmündung  in  gleicher,  ja  oft  verstärkter  Mächtigkeit 
zu  verfolgen. 

Die  Annahme  des  Vorhandenseins  bez.  der  Bildung  fast  all 
dieser  kleineren  Nebenthäler  und  Rinnen  zur  Zeit,  als  sich  der 
Geschiebesand  bildete,  ist  dadurch  nicht  zu  umgehen. 

Es  bieten  diese,  in  den  letzten  zwei  Jahren  in  der  Berliner 
Umgegend  gemachten  Beobachtungen  das  Seitenstück  zu  mehr- 
fachen früheren  aus  Westpreussen  und  Pommern.  In  Hinter- 
pommern fielen  mir  schon  vor  Jahren  verschiedene,  auf  jeder  Ge- 
neralstabskarte sofort  in  die  Augen  springende  Thäler  der  Gegend 
von  Pollnow  durch  den  unverkennbaren  Geschiebesand  ihrer  gegen 
zwei  bis  drei  Kilometer  breiten  Thalsohlen  auf.  Namentlich  aber 
war  mir  stets  die  Geschiebeführung  der  Sande  des  alten  Berlin- 
Warschauer  Plauptthales  in  der  Gegend  zwischen  Bromberg  und 
Thorn  und  oberhalb,  soweit  ich  es  kenne,  auffällig  gewesen  und 
stets  in  Erinnerung  geblieben. 

In  gewissem  Grade  fanden  diese  Beobachtungen  aber  auch 
ihre  Bestätigung  bei  den  von  Prof.  Scholz  und  Prof.  Grüner 
ausgeführten  Aufnahmen  westlich  der  Elbe  in  der  Gegend  von 
Stendal  und  Gardelegen.  Es  zeigte  sich  dort  nur  der  Unterschied, 
dass  die  Thalsenken,  in  welche  sich  der  Geschiebesand  mehr  oder 
weniger  deutlich  auch  hier  hinabzog,  dadurch,  dass  auch  die 
darunter  liegenden  Diluvialschichten  der  Oberflächenform  in  ge- 


486 


G.  Berendt,  die  Sande  im  norddeutschen  Tief  lande 


wissem  Grade  folgen,  dort  weniger  als  Auswaschungsthäler  sich 
zu  erkennen  gaben,  und  somit  nicht  denselben  zwingenden  Beweis 
liefern  für  die  mit  der  Bildung  des  Geschiebesandes  gleichzeitige 
der  echten  Thäler  und  Thalrinnen,  oder  mit  andern  Worten  für 
die  Geschiebesandbildung  oberhalb  des  Meeresniveaus. 

Meine  Aufmerksamkeit  war  daher  vor  einer  Entscheidung  im 
verflossenen  Sommer  noch  einmal  ganz  besonders  auf  die  im  Volks- 
munde trostlosesten  Sandgegenden  der  Lüneburger  Haide  einer- 
seits und  der  Tucheier  Haide  andererseits,  sowie  zweier  nicht 
minder  interessanter  Haiden,  der  Jastrower  Teufelshaide  und  der 
grossen  schon  mit  der  Jastrower  Stadthaide  beginnenden  Zipp- 
nower  Haide  gerichtet.  Die  letzteren  fasste  ich  vor  allem  deshalb 
ins  Auge,  weil  sie  im  Gegensatz  zu  den  erstgenannten,  so  recht 
der  Hochfläche  selbst,  dem  eigentlichen  Landrücken  angehörenden 
und  in  Norddeutschland  gewissermassen  als  Typus  dienenden  Haiden 
sich  geradezu  auf  einer  alten,  weiten  Thalsohle  befinden,  welche 
jetzt  von  einer  Anzahl  dem  breiten  Thale  der  Küddow  von  Westen 
her  zueilender  Bäche  durchfurcht  wird. 

Als  Resultat  ergiebt  sich,  dass  hier  überall 

1)  echter  Geschiebesand,  sowohl  die  eigentliche  Höhe  des 
Plateaus,  wie  auch  die  alte  Thalsohle  der  dasselbe  durch- 
furchenden Thäler  bedeckt;  dass 

2)  wo  Thäler  sich  an  ihrem  oberen  Ende  in  die  flachwellige 
Plateaufläche  verlieren,  auch  die  Geschiebesande  der  Höhe 
und  der  Thalsohle  in  keiner  Weise  eine  Abgrenzung  zu- 
lassen; dass 

3)  wo  auf  grössere  Entfernung  ein  petrographischer  Unter- 
schied der  Sande  auf  der  Höhe  und  im  Thale  bemerkbar 
wird,  die  Grösse  der  Geschiebe  thalabwärts  meist  ab-,  die 
Zahl  derselben  meist  zunimmt,  so  dass  nicht  selten  eine 
ausgesprochene  Grand-  und  Geröllbedeckung  der  alten  Thal- 
sohle sich  entwickelt;  dass 

4)  dem  Ausgange  solcher  Thäler  zu,  wenn  nicht  durch  nam- 
hafte Vertiefung  der  gegenwärtigen  die  alte  Thalsohle  bei 
ihrem  Uebergange  ins  Hauptthal  gerade  hier  schon  grössten- 
theils  zerstört  ist,  eine  abermalige  Verkleinerung,  gleich- 


und  die  grosse  diluviale  Abschmelzperiode. 


487 


zeitig  aber  auch  Abnahme  der  Geschiebe  bemerkbar  wird, 
und  dass  endlich 

5)  im  Hauptthale  selbst  sich  vielfach  eine  mehr  oder  weniger 
breite  randliche  Zone  der  Bestreuung  des  dasselbe  er- 
füllenden Thalsandes  oder  des  blossgelegten  unteren  Di- 
luvialsandes mit  meist  nur  noch  wallnussgrossen  Geschieben 
(des  acls  der  Karten)  erkennen  lässt. 

Es  lässt  sich  somit  im  norddeutschen  Flachlande  eine  Trennung 
des  Geschiebesandes  und  des  Thalsandes,  so  gerechtfertigt  und 
nothwendig  sie  in  petrographischer  Hinsicht  auch  jetzt  noch  er- 
scheint, der  Zeit  nach  in  keiner  Weise  mehr  aufrecht  erhalten, 
und  ich  sehe  mich  genöthigt,  dieselben  hinfort  als  vollkommen 
gleichalterig  zu  betrachten. 

W enn  ich  somit  die  bisher  zeitlich  gemachte  Trennung  zwischen 
Geschiebesand  und  Thalsand  hiermit  ausdrücklich  zurücknehme, 
so  glaube  ich  andererseits  bereits  ebenso  berechtigt  zu  sein,  auch 
den  von  Meyn  wie  von  mir  seither  als  altalluvial,  dem  Geschiebe- 
sande gegenübergestellten  Haidesand  mit  ersterem  der  Zeit  nach 
verschmelzen  und  nur  als  eine  petrographische  Abstufung  gelten 
lassen  zu  dürfen.  Liest  man  die  letzte,  etwa  zwei  Jahre  vor  seinem 
Tode  geschriebene  Abhandlung  Meyn’s,  welche  soeben  als  Er- 
läuterung zu  der  von  ihm  noch  vollendeten  geologischen  Ueber- 
sichtskarte  Schleswig -Holsteins  erschienen  ist,  aufmerksam  durch, 
so  kann  man  sich  an  der  betreffenden  Stelle  des  Eindruckes  einer 
künstlichen  Trennung  nicht  erwehren.  Meyn  sagt  dort  wörtlich1): 
»Während  der  Geschiebedecksand  noch  der  Diluvialformation  an- 
gehört und  als  jüngeres  Diluvium  unterschieden  werden  muss, 
gehört  der  Sand  des  Blachfeldes,  der  ihm  so  ähnlich  ist  und 
in  der  Nähe  des  Kammes  der  Halbinsel  mit  ihm  zu  einer 
breiten,  welligen  Hochfläche  zusammenfliesst,  bereits  der 
Alluvialformation  an  und  wird  als  älteres  Alluvium  unterschie- 
den...  . Er  besteht  aus  grobem  Sande  ohne  Kollsteine,  nur  mit 
Feuersteinbrocken,  welche  höchstens  die  Grösse  einer  Wallnuss 
erreichen;  er  ist  oberflächlich  ungeschichtet,  wie  der  Geschiebe- 


x)  Abliandl.  zur  geol.  Specialkarte  von  Preussen  etc.  Band  III,  Heft  ?>,  S.  29. 


488 


G.  Berendt,  die  Sande  im  norddeutschen  Tief  lande 


(deck)sand. « »Weiter  gegen  Westen«,  heisst  es  dann  weiter, 
»geht  das  Blachfeld,  welches  immer  tiefer  und  tiefer  sinkt,  und 
über  welchem  daher  die  Haiderücken  (des  Geschiebesandes)  sich 
mehr  erheben,  rasch  in  die  schlechte  Haideebene  über.  Mit  dieser 
aber  beginnt  der  bekannte  »steinleere,  mehlige  Haidesand«  selbst 
und  man  vermisst  eigentlich  geradezu  eine  Auseinandersetzung, 
warum  nicht  die  geschilderten  drei  Sande,  Geschiebe(deck)sand, 
Blachfeldsand  und  Haidesand,  nur  als  petrographische  Abstufungen 
einer  der  Zeit  nach  gleichen  Bildung  anzusehen  sind. 

Thut  man  jedoch  das  letztere,  verschmilzt  man  Haidesand 
und  Geschiebesand  zu  einer  gleichalterigen  — es  möge  vor  der  Hand 
noch  dahingestellt  bleiben,  ob  diluvialen  oder  altalluvialen  Bil- 
dung — und  wendet  diese  Vereinfachung  auf  die  schöne  Meyn’- 
sehe  Karte  von  Schleswig-Holstein  durch  Verschmelzung  der  gelben 
und  hellbraunen  Farbe  an,  so  erstaunt  man  ob  des  plötzlich  in 
auffallendster  Weise  vereinfachten,  die  dreifache  Gürtelbildung, 
welche  Meyn  stets  hervorhebt,  in  viel  schlagenderer  Weise  zum 
Ausdruck  bringenden  Gesammtbildes , und  kann  schliesslich  nicht 
umhin,  in  dieser  dem  systematischen  Aufbau  des  Landes  ent- 
sprechenden Vereinfachung  einen,  wenn  auch  nur  indirecten  Beweis 
für  die  Richtigkeit  solcher  Verschmelzung  zu  sehen.  Ist  es  Meyn 
doch,  wie  auch  schon  aus  der  oben  angezogenen  Stelle  herauszu- 
fühlen ist,  schwer  genug  geworden,  kartographisch  die  bisherige 
Trennung,  selbst  in  dem  kleinen  Maassstabe  der  Karte,  durchzu- 
führen. Wäre  es  ihm  vergönnt  gewesen,  noch  in  dem  grossen 
Maassstabe  der  Messtischblätter  zu  arbeiten,  er  wäre  sicher  zu 
gleichen  Resultaten  gekommen,  wie  sie  die  Aufnahmen  in  der 
Berliner  Gegend  jetzt  nothwendig  machen. 

Wie  aus  dem  Vorhergehenden  bereits  hervorgehen  dürfte,  ist 
diese  Vereinigung  des  bisher  unterschiedenen  Altalluviums  und 
obersten  Diluviums  zu  einer  gleichalterigen  Bildung  jedoch  nicht 
im  Sinne  der  Drifttheorie  zu  verstehen,  nach  welcher  die  stein- 
freie  Altalluvialbildung  auf  dem  aus  dem  Wasserspiegel  hervor- 
tauchenden Festlande  stattgehabt  und  gleichzeitig  geschiebefüli- 
rende  Jungdiluvialbildung  im  zurücktretenden  Meere  sich  fortge- 
setzt hätte.  In  Wirklichkeit  stellt  sich  das  Verhältnis  vielmehr 


und  die  grosse  diluviale  Absclnnelzperiode. 


489 


gerade  umgekehrt:  während  die  durch  Geschiebe  charakterisirte 
Jungdiluvialbildung,  der  Geschiebesand,  in  gleicher  Weise  den 
Rücken  der  Hochfläche  und  sogar  gerade  auch  die  höchsten  Er- 
hebungen  derselben,  wie  den  Boden  der  meisten,  namentlich  aller 
höher  gelegenen,  wenn  auch  noch  so  tief  in  diese  Hochfläche  ein- 
geschnittenen Thäler  und  Rinnen,  mithin  fast  das  ganze,  seiner 
ausgesprochenen  Thalbildungen  halber  nothwendig  als  solches  an- 
zusprechende damalige  Festland  bedeckt,  beschränken  sich  die  seither 
als  altalluvial  bezeichneten  Bildungen  einerseits  als  Haidesand  auf 
eine  die  Nordsee  und  Ostsee  umrändernde  Zone  (Holland,  Hol- 
stein, Ostpreussen),  welche  die  Ausdehnung  des  gleichzeitig  vor- 
handenen Meeres  andeuten,  andererseits  auf  die  Sohle  der  in  dieses 
Meer  mündenden  Hauptthäler  (untere  Elb-,  bez.  Berliner  Haupt- 
thal u.  a.). 

Vom  Standpunkte  der  Drifttheorie  dürfte  ein  solches  Verhält- 
niss  unerklärbar  bleiben.  Denn  betrachtet  man  das  gesammte, 
vom  Geschiebesande  bedeckte  Gebiet,  mithin  ganz  Norddeutsch- 
land, zur  Zeit  der  Geschiebesandbildung  noch  als  Meeresboden, 
so  bleibt  die  überall,  namentlich  östlich  der  Elbe,  der  Oder  und 
der  Weichsel  bis  nach  Russland  hinein  so  charakteristische  und 
vielfach  so  scharfe,  oft  tief  in  unteres  Diluvium  einschneidende 
Thalbildung  unerklärt  und  auch  mit  der  freigebigsten  Annahme 
von  Meeresströmungen  unvereinbar.  Denkt  man  sich  aber  das  ge- 
nannte Gebiet  als  eben  dem  Meere  entstiegenes,  die  letzte  Ge- 
schiebesandbildung zeigendes  Festland,  bez.  den  Geschiebesand  in 
den  Thälern  als  eine  zwar  petrographisch  gleiche  aber  altalluviale 
Bildung,  so  fehlen  in  gleicher  AVeise  die  enormen  Massen  strö- 
mender AVasser,  welche  doch  bei  einer  solchen  Thalausfurchung 
und  dichten  Rinnenbildung,  wie  ich  sie  als  »grossartigste  Diluvial- 
furchung Norddeutschlands«  seinerzeit  bezeichnete,  unbedingt  er- 
forderlich sind. 

Die  allmählich  mehr  und  mehr  in  ihre  Rechte  eintretende 
Binnenlandeis  - Theorie  löst  dagegen  gewissermaassen  leicht  das 
Räthsel  zum  neuen  Beweise  ihrer  Richtigkeit.  Die  bei  dem 
schliesslichen  Schmelzen  einer  vorhandenen  mächtigen  Eisdecke 
überall  in  grosser  Menge  sich  ergebenden  Wasser  erklären  sofort 

Ö O o 


490 


G.  Berendt,  die  Sande  im  norddeutschen  Tief  lande 


die  Bildung  des  von  jeher  als  »ein  Zerstörungsprodnkt  nächstlie- 
gender tieferer  Schichten,  also  des  Diluvialmergels  und  Diluvial- 
sandes« *)  aufgefassten,  auch  von  Dr.  Wahnschaffe  neuerdings* 2) 
in  seiner  Entstehung  geschilderten  oberen  Diluvial-  oder  Geschiebe- 
sandes auf  der  ganzen  Hochfläche  und  überall  zwischen  den  nur 
als  Gletscherbach  zu  betrachtenden  Rinnen.  Der  Geschiebesand 
erscheint  immer  deutlicher  als  der  nothwendig'  sich  bildende  Rück- 
stand  einerseits  des  von  den  stürzenden  und  stark  strömenden 
Schmelzwassern  zerstörten,  gewissermaassen  ohne  directe  Umlage- 
rung ausgeschlemmten  oberen  Diluvialmergels  (der  Grundmoräne 
des  Eises),  andererseits  des  in  der  mächtigen  Eisdecke  selbst  ent- 
haltenen Gesteinsmaterials  und  wurde  in  diesem  doppelten  Sinne 
bereits  früher  als  Rückstands-,  Rückzugs-  oder  Abschmelzungs- 
Moräne  bezeichnet. 

Dieselben  Schmelzwasser  konnten,  ja  mussten  aber  auch,  wie 
ich  solches  bereits  bei  erster  Erörterung  der  Frage  ausgeführt 
habe3),  die  Bildung  dieser  parallelen,  bez.  radialen  (vielleicht 
ursprünglichen  Spaltensystemen  des  Eises  entsprechenden)4)  Rinnen 
und  der  in  denselben  abgelagerten  Geschiebesande  und  Grande 
bewirken.  Je  tiefer  die  Rinnen  wurden,  d.  li.  je  grössere  Massen 
oder  je  heftiger  strömende  Wasser  sie  führten,  desto  gröber  wurde 
das  auf  ihrem  Boden  sich  ansammelnde  Material  (siehe  die  oben 
erwähnten  Grand-  und  Gerölldecken  vieler  derselben),  während  in 
dem  breiten,  dahinfluthenden  Strome,  dem  sie  alle  direct  oder 
indirect  zueilten,  und  schliesslich  im  Meere  nur  noch  steinfreie 
Sande  zum  Absätze  gelangten  (Thalsand  und  Haidesand)5). 


9 Diluvialablagerungen  der  Mark  Brandenburg  1863,  S.  79. 

2)  In  diesem  Jahrbucbe,  Band  I.  1880,  S.  340. 

3)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XXXI,  S.  13. 

4)  Man  werfe  nur  einen  Blick  auf  die  vortrefflichen  Abbildungen  in  Johnstrup 
Meddelelser  om  Grönland  I.  1878,  namentlich  Seite  56. 

5)  Es  stimmt  diese  Auffassung  auch  vollkommen  mit  den  seiner  Zeit  von 
Kunth  (s.  Lossen,  Berlin  S.  1026)  nach  der  Körnung  aufgestellten  drei  Sand- 
stufen des  Berliner  Thaies,  deren  grobkörnigste  zugleich  die  tiefste  ist  und,  wie 
Lossen  (a.  a.  0.  S.  1028)  nachweist,  auch  das  beschränkteste  Verbreitungsgebiet 
besitzt.  Es  beweist  das  dort  Gesagte  eben  ein  anfänglich  tiefes,  aber  nicht 
breites,  auch  von  Inseln  Unteren  Diluviums  noch  mehrfach  verengtes  Strombette, 


und  die  grosse  diluviale  Abschmelzperiode. 


491 


Fassen  wir  also  diese  der  Abschmelzungsperiode  angehörenden 
jüngsten  Diluvialbildungen  als  eine  besondere  Altersstufe  zusammen, 
so  erfährt  mithin  nur  die  schon  1863  unterschiedene  und  stets 
als  ein  besonderes  Niveau  aufrecht  erhaltene  »Etage  des  Deck- 
sandes« (Geschiebesandes,  Geschiebedecksandes)  insofern  eine  Er- 
weiterung, als  derselben  auch  entschiedener  Thalbildung  angehö- 
rende Sande  und  namentlich  geschiebefreie  Sande  in  grösserer 
Menge  hinzutreten.  Ich  sage  in  grösserer  Menge,  denn  gerade  der 
Umstand,  dass  auch  auf  der  Hochfläche  selbst,  wenn  auch  in 
schwachen  Einsenkungen  derselben,  hier  und  da  steinfreie  Sande 
als  dieser  Stufe  angehörend  mir  schon  früher  entgegengetreten 
waren,  bewog  mich  damals,  den  Namen  »Decksand«  statt  der  im 
übrigen  so  charakteristischen  Bezeichnung  »Geschiebesand«  für  die 
ganze  Stufe  in  Vorschlag  zu  bringen.  Die  Schwierigkeit  entspre- 
chender allgemein  annehmbar  erscheinender  Namengebung  löst 
sich  somit  in  dem  vorliegenden  Falle  jedenfalls  zu  allgemeiner 
Befriedigung.  Der  Name  »Decksand«  tritt  fortan  in  sein  volles 
Recht  als  Sammelname  für  die  petrographisch  verschiedenen  Bil- 
dungen dieser  Abschmelzperiode. 

Die  Stufe  des  Decksandes  umfasst  demgemäss  einerseits  Ge- 
schiebesande, Grand-  und  Gerölllager,  sowohl  auf  der  Hochfläche 
als  in  den  Rinnen  und  Thälern,  andererseits  Thalsande  und  Thal- 
grande nicht  nur  in  den  entschiedenen  Thälern  und  tieferen  Rinnen, 
sondern  auch  in  schwachen  Einsenkungen  der  Hochfläche.  Sie  be- 
greift ferner  sowohl  die  bis  jetzt  unter  der  Bezeichnung  ( ads ) 
»Grand-  und  Geröllbestreuung  auf  ds  x)  als  Rückstand  bei  der 
Einebnung«  in  den  Karten  unterschiedenen  randliehen  Zonen  oder 
Inseln  innerhalb  der  alten  Thalsohlen,  als  auch  die  unter  der  Be- 
zeichnung (9 ds)  »Reste  von  9 m auf  ds«  unterschiedenen  Flächen 
auf  dem  Plateau.  Ja  insofern,  als  die  mechanische  Ausschlämmung 

in  welchem  sich  zum  Theil  geradezu  grandige  Thalsande  absetzten,  ein  demnächst 
folgendes  breites,  noch  verhältnissmässig  tiefes  der  mittleren  Sandstufe  mit  nur 
bis  wallnussgrossen  Geschieben  und  endlich  das  die  ganze  Breite  erfüllende,  immer 
seichter  werdende  des  völlig  stoinfreien  gleich-  bezw.  feinkörnigen  Thalsandes. 

9 ds  bedeutet  nach  der  bei  der  Kartirung  angewandten  systematischen  Buch- 
stabenbezeichnung »Unterer  Diluvialsand«,  a ist  das  Zeichen  für  Altalluvium, 
B für  Oberes  Diluvium,  Bin  für  Oberen  Diluvialmergel. 


492 


G.  Berendt,  die  Sande  im  norddeutschen  Tief  lande 


der  jetzigen,  äussersten  Verwitterungsrinde  des  Oberen  Geschiebe- 
mergels  in  ihren  Anfängen  jedenfalls  schon  in  diese  Abschmelzungs- 
periode zurückgeführt  werden  muss  und  sogar  ein  Einfluss  der  aus- 
schlämmenden Schmelzwasser  auf  die  Decke  des  oberen  Diluvial- 
mergels, auch  wo  sie  mächtig  genug  blieb,  gar  nicht  ausgeschlossen 
werden  kann,  gehört  auch  diese  Rinde  mit  ihren  Anfängen  der 
Stufe  des  Decksandes  an.  Es  rechtfertigt  dies  nicht  nur  in  etwas 
die  1863  noch  von  mir  versäumte  Trennung;  dieser  lehmigen  Ver- 
witterungssande  von  dem  eigentlichen  Geschiebesande,  sondern 
kommt  auch  einigermaassen  dem  Wunsche  Lossen  ’s  entgegen, 
welcher  den  Namen  Decksand  gerade  für  diesen  Yerwitterungssand 
als  passend  festhalten  möchte. 

Dass  nun  innerhalb  dieser  Abschmelzperiode  oder  mit  andern 
Worten,  in  der  Stufe  des  Decksandes,  abermals  Altersverschieden- 
heiten der  Sande  local  nachweisbar  sein  werden,  versteht  sich 
eigentlich  von  selbst,  wenn  man  bedenkt,  dass  eine  so  mächtige 
Eisdecke,  wie  man  sie  auch  bei  bescheidensten  Vorstellungen  sich 
denken  muss,  nicht  so  plötzlich  verschwinden  konnte,  vielmehr 
zunächst  in  ihrem  südlichen  Rande  zurückweichen  und  demnächst 
sich  in  verschiedene  Eisfelder  auflösen  musste.  Es  bedarf  dies 
jedoch  um  deswillen  schon  hier  der  Erwähnung,  weil  bereits  bei 
dem  gegenwärtigen  Stande  der  Specialaufnahmen  und  der  Kenntniss 
vom  Flachlande  überhaupt  solche  Altersverschiedenheiten  sich  heraus- 
gestellt haben,  ja  zum  Theil  gerade  bestimmend  für  die  bisherige 
Unterscheidung  eines  Altalluviums  gewesen  sind,  ohne  dass  es 
darum  möglich  wäre,  dieselben  in  der  Karte  auf  die  Dauer  näher 
zu  unterscheiden,  als  es  das  verschiedene  Höhenniveau,  an  welches 
sich  die  einen  oder  andern  binden,  erkennen  lässt. 

So  habe  ich  bereits  aus  der  Topographie  der  Berliner  Um- 
gegend1) den  Beweis  geführt,  dass  die  mehrerwähnte  nordsüdliche 
Rinnenbildung  hier  regelrecht  über  das  breite  Berliner  Hauptthal 
hinweg  fortsetzt  und  ebenso  wie  die  Hauptmasse  der  sie  erfüllenden 
Thal-  und  Geschiebesände  somit  älter  ist,  als  das  genannte  Haupt- 
thal selbst  und  seine  Thalsände. 


9 Zeitsckr.  d.  D.  geol.  Ges.  XXXII,  1880,  S.  69. 


und  die  grosse  diluviale  Absehmelzperiode. 


493 


So  habe  ich  des  Weiteren  schon  bei  erster  Betrachtung  nord- 
deutscher Verhältnisse  vom  Standpunkte  der  Glacialtheorie *)  darauf 
aufmerksam  gemacht,  dass  die  drei  Hauptthäler,  das  Glogau-Baruther, 
das  Warschau-Berliner  und  das  Thorn-Eberswalder  Hauptthal,  mehr 
oder  weniger  nach  einander  entstanden  sein  müssen,  und  zwar  das 
erstgenannte  wahrscheinlich  das  älteste  derselben  gewesen  ist. 
Mithin  dürfen  auch  die  Sande  derselben  nicht  durchaus  gleichalterig, 
wenn  auch  ein  und  derselben  Formationsabtheilung  zugerechnet 
werden.  e 

So  glaube  ich  ferner  bereits  hinzufügen  zu  können,  dass  sich 
innerhalb  dieser  nordsüdlichen  Furchung  des  Landes  und  zwar 
nicht  nur  im  Bereiche  des  Berliner  Aufnahmegebietes,  sondern 
auch  allgemeiner 2),  weniger  ein  Schwanken  zwischen  der  reinen 
N. — S.-  und  der  NNO. — SSW. -Richtung  ergiebt,  als  vielmehr  die 
Aufeinanderfolge  einer  solchen  Parallelfurchung  erst  in  der  einen 
und  später  in  der  andern  Richtung.  Der  schon  früher  gewählte 
Vergleich  dieser  grossartigen  Furchung  Norddeutschlands  mit  der 
bekannten  Gletscherschrammung  auf  festem  Gestein  wird  durch 
diese  Doppelfurchung  nach  zwei  verschiedenen  Richtungssystemen 
nur  um  so  zutreffender.  Welche  dieser  beiden  Richtungen  die 
ältere  und  wie  weit  dieselbe  mit  den  ebenso  verschiedenalterigen 
Hauptthälern  in  Wechselverhältniss  stehen,  lässt  sich  vor  der  Hand 
mit  Sicherheit  noch  nicht  übersehen  und  bleibt  somit  eine  der 
nächst  zu  beantwortenden  Fragen.  Soviel  lässt  sich  jedoch  für 
die  Berliner  Gegend  schon  jetzt  erkennen,  dass  beide  Richtungen 
über  das  Berliner  Hauptthal  auch  südlich  fortsetzen,  somit  jeden- 
falls älter  als  dieses  sind. 

So  ergiebt  sich  mir  endlich  bei  Fortsetzung  der  Beobachtungen 
schon  seit  längerer  Zeit  ein  immer  klarer  und  klarer  sich  gestal- 

x)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  XXXI,  1879,  S 17  und  demnächst  eingehender 
in:  Geognostische  Beschreibung  der  Gegend  von  Berlin,  1880,  S.  13. 

2)  Ich  verweise  nur  einerseits  auf  die  allerdings  noch  nicht  dem  Handel 
übergebene,  aber  in  einer  grösseren  Anzahl  als  vorläufiges  Gesammtbild  von  Seiten 
der  Geolog.  Landesanstalt  bereits  im  Jahre  1880  unter  die  Theilnehmer  des  Geologen- 
tages zu  Berlin  vertheilte  Geolog.  Uebersichtskarte  der  Umgegend  von  Berlin  und 
andererseits  auf  das  1879,  Bd.  XXXI  der  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.,  S.  14  gegebene 
Kärtchen  aus  der  Weichselgegend. 


494 


G.  Berendt,  die  Sande  im  norddeutschen  Tief  lande 


tencles  und  hoffentlich  bald  kartographisch  darstellbares  Gesammt- 
bild  von  Norddeutschland,  nach  welchem  beispielsweise  der  meck- 
lenburgisch-pommerisch-preussische  Höhenzug  sich  für  den  Schluss 
dieser  Abschmelzungsperiode  als  ein  besonderes  Eisfeld  ergiebt, 
das  im  Kleinen  seine  Gletscher  und  Gletscherbäche  sowohl  nach 
Norden  zur  Ostsee,  als  nach  Süden  zum  grossen  Thorn-Eberswalder 
Hauptthal  herabsandte.  Darauf  führen  in  erster  Reihe  die  zahl- 
reichen Thäler  der  Nord-  wie  der  Südabdachung,  welche  sich  in 
ihren  Anfängen  zum  grössten  Theile  auf  ältere  Rinnenbildung 
zurückführen,  ja  vielfach  durch  diese  deutlich  mit  einander  in 
Verbindung  setzen  lassen.  Diese  Thäler  haben  aber  später  offenbar 
erst  durch  Entwässerung  so  gut  nach  Norden  wie  nach  Süden  ihre 
jetzige  Ausbildung  erhalten  und  deuten  nicht  nur  in  ihrem  die  Ver- 
bindung in  höherer  Sohle  abgerechnet,  plötzlichen  Anfänge  beiderseits 
der  Wasserscheide,  sondern  auch  in  ihrer  Breite  und  Regelmässigkeit 
auf  Wassermassen  hin,  wie  sie  ohne  Annahme  von  Eis  nur  durch 
Wolkenbrüche  in  jedem  einzelnen  Falle  etwa  denkbar  wären;  eine 
Erklärung,  die  sich  aber  eben  durch  die  regelrechte  Verbreitung 
der  Erscheinung  über  den  genannten  ganzen  Theil  Norddeutschlands 
von  selbst  widerlegt. 

Zur  weiteren  Stütze  des  letzterwähnten  in  der  Folge  erst 
fester  zu  begründenden  Gedankens,  den  ich  nur  angeregt  haben 
wollte,  sei  es  aber  gestattet  noch  auf  eins  hinzuweisen.  In  der 
Nähe  der  Schneegrenze  genügen  100  Meter  Höhendifferenz,  um 
aus  dem  ewigen  Eise  auf  grüne  Matten  hinabzusteigen.  Ein 
ähnliches  Bild  bietet  sich,  wenn  auch  nicht  alljährlich,  so  doch 
häufig,  in  unserrn  doch  noch  nichts  weniger  als  der  Schneegrenze 
nahen  Ostpreussen.  Die  einzige  Bedingung  ist,  dass  nach  regel- 
rechtem Winter  der  Eintritt  des  Frühjahrs  kein  allzu  plötzlicher 
sei,  die  Temperatur  sich  vielmehr  einige  Zeit  auf  wenig  über  dem 
Eispunkt  hält. 

Während  dann  die  weiten  Flächen  Littauens,  Nadrauens  und 
Natangens  bis  hinein  in’s  Bartener  Land  schon  lange  kein  Eis 
und  keinen  Schnee  mehr  gesehen  haben,  leuchtet  das  kaum  100  Meter 
höher  gelegene  Masuren  auf  demselben  preussischen  Höhenzuge, 
von  dem  ich  eben  sprach,  schon  von  ferne  unter  seiner  dichten 


und  die  grosse  diluviale  Abschmelzperiode. 


495 


Schneedecke  dem  Reisenden  entgegen.  Der  Schlitten  ist  hier  dann 
noch  immer  das  einzige  brauchbare  Gefährt  des  Landmanns  wie 
des  Städters  und  mittelst  desselben  besteht  in  dem , nicht  mit 
Unrecht  als  die  preussische  Seenplatte  bezeichneten  Lande  noch 
der  regelrechte  Winterverkehr  sonst  nur  auf  meilenweiten  Umwegen 
zu  erreichender  Nachbarn  über  die  feste  Eisdecke  der  Seen  hinweg. 
Wer  derartige  wochenlang  anhaltende  Unterschiede  kennen  gelernt 
hat  und  schliesslich  noch  in  Betracht  zieht,  dass  bei  der  zu  Ende 
der  Eiszeit  offenbar  niedrigeren  Jahrestemperatur  auch  die  solche 
Unterschiede  zu  dauernden  machende  ewige  Schneegrenze  auf  der 
nördlichen  Hemisphäre  südlicher  bezw.  niedriger  beginnen  musste, 
der  wird  den  oben  ausgesprochenen  Gedanken  eine  Zeitlang  er- 
haltener Gletscher  Norddeutschlands  als  Schluss  der  allgemeinen 
Eisbedeckung  desselben  weniger  befremdlich,  ja  vielleicht  ohne 
weiteres  annehmbar  finden. 


Ein  Süsswasserbecken  der  Diluvialzeit 
bei  Korbiskrug  nalie  Königs -Wusterhausen. 

Von  Herrn  Ernst  Läufer  in  Berlin. 


In  der  Umgegend  von  Königs -Wusterhausen  finden  sich  be- 
deutende Thongruben,  welche  nördlich  von  der  Stadt  längs  des 
Thalrandes  angelegt,  unter  einer  sehr  mächtigen  Bank  (etwa  20  Kuss) 
unterem  Diluvialmergels  seiner  Zeit  den  Diluvialthon  aufgeschlossen 
hatten. x)  Am  westlichen  Gehänge  des  Thaies  der  Dahme  oder 
wendischen  Spree  trat  der  Diluvialthon  in  mächtigerer  Schicht  auf, 
während  am  östlichen  Gehänge  die  Thonschicht  viel  schwächer  ge- 
funden  wurde.  Eine  ähnliche  Ziegelindustrie  gewann  Diluvialthon 
bei  Zernsdorf  und  Mittenwalde.  Alle  jene  Tlione  gleichen  sich 
unter  einander  in  ihrem  petrographischen  Bestand  und  in  ihren 
Lagerungsverhältnissen.  Das  Hangende  des  Diluvialthones  ist  in  der 
Regel  in  dieser  Gegend  der  untere  Geschiebemergel,  welcher  nach 
dem  Liegenden  zu  als  ein  Uebergangsgebilde  zum  Thonmergel  ausge- 
bildet erscheint.  Von  diesen  Verhältnissen  vollkommen  abweichend, 
fand  sich  ein  Vorkommen  von  Diluvialthon  nahe  der  kleinen  An- 
siedelung Korbiskrug.  Die  Aufschlüsse  dieses  eigenartigen  Thon- 
mergels liegen  nahe  dem  Abhange  einer  jener  zahlreichen,  westlich 
Königs-Wusterhausen  auftretenden  Diluvialinseln.  Sie  liegen  bereits 
innerhalb  einer  ebenen  Thalfläche,  welche,  wie  im  Gebiete  der 
Section  Friedersdorf  so  häufig,  von  einem  Thalsande  bedeckt  ist, 


*)  G.  Berendt,  die  Diluvialablagerung  der  Mark  Brandenburg  18G3,  S.  30 
und  31,  und  ausführlicher: 

v.  Könen,  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  1866,  S.  26. 


Ernst  Läufer,  ein  Süsswasserbecken  der  Diluvialzeit  etc. 


497 


in  dessen  Oberkrume  kleine  Steinehen  auftreten.  An  der  Stelle, 
auf  welcher  die  Gruben  angelegt  sind,  ist  die  Auflagerung  des 
Thalrandes  nur  gering,  so  dass  hier  als  Bodendecke  ein  Geschiebe- 
führender Sand  auftritt. 

Das  durch  die  Erdarbeiten  entblösste  Profil  ist  durch  folgende 
Zeichnung  dargestellt. 


Thongrube  von  Korbiskrug. 


9s  Oberer  Diluvialsand,  schwach  bedeckt  von  Thalsand,  über  Schleppsand 
des  Unteren  Diluviums.  E Ockersandschicht,  dE  Conchylienreicher  Diluvial- 
thonmergel. d s i und  ds2  Unterer  Diluvialsand,  dtia  Diluvialthonmergel, 
Uebergangsbildung  zum  Mergelsand. 

Unter  einer  1- — 1.5  Meter  mächtigen  Bauk  von  Oberem  Dilu- 
vialsand, welcher  ungeschichtet  ist  und  vereinzelte  grössere  (über 
1 Kubikfuss  grosse)  Geschiebe  führt,  liegt  eine  1 — 1.5  Meter  mächtige 
Bank  eines  geschiebearmen  Thonmergels,  welcher  als  eine  Grenz- 
ausbildung des  Diluvialthones  zum  Unteren  Diluvialmergel  anzu- 
sehen  ist,  jedoch  dem  Thonmergel  weit  näher  steht.  An  der  Grenze 
der  Sandauflagerung  bemerkt  man  eine  nur  wenig  starke  (0.05  Meter) 
Schicht  eines  braungefärbten  Sandes,  welcher  im  Profile,  ähnlich 
deu  Lehmzapfen  eines  Mergels,  in  einer  wellig  auf-  und  abgehen- 
den Linie  verläuft.  Seine  chemische  Prüfung  ergab,  dass  er  durch 
Eisenoxydhydrat  gefärbt  war.  Oberhalb  dieser  Schicht  traten  an 
einigen  Stellen  unter  dem  Oberen  Sande  schwache  Schlepp- 
streifen auf. 


32 


498 


Ernst  Läufer,  ein  Süsswasserbecken  der  Diluvialzeit. 


Der  Mergelthon  wird  unterlagert  von  einer  dünnen  Bank  von 
Unterem  Diluvialsande,  in  welchem  mehrfach  grandige  Ein- 
laarerungen  Vorkommen,  daneben  treten  in  ihr  schwache  Thon- 
und  Mergelsandstreifen  auf.  Dieser  Sand  ist  auch  rostfarbig. 
Unter  ihm  liegt  eine  etwa  4 Meter  mächtige  Bank  von  dem 
eigentlichen  Gflindower  Thon.  Auch  dieser  ist  in  der  Grube 
durchsunken  und  ein  feiner  Unterer  Diluvialsand  als  Liegendes 
anaretr offen.  An  der  Grenze  der  unteren  Thonbank  zum  Lieg;en- 
den  fehlt  hier  jene  in  allen  Thongruben  bei  Werder  auftretende 
Eiserschicht.  Der  Kürze  wegen  seien  die  beiden  Thonbänke  als 
»Oberbank«  und  »Unterbank«  unterschieden. 

Die  Oberbank  ist  nun  einer  ganz  besonderen  Beachtung  werth. 
Zunächst  ist  der  im  feuchten  Zustande  blauschwarze  Thon  von 
einer  Unzahl  von  Süsswasserschnecken  an  vielen  Stellen  geradezu 
erfüllt,  so  dass  er  als  Muschelmergel  bezeichnet  werden  könnte. 
Ferner  finden  sich  in  demselben  Pflanzenreste,  meist  schilfartigen 
Pflanzen  angehörend.  Ein  grösseres  Interesse  erhält  er  durch  das 
Vorkommen  von  zahlreich  an  einigen  Orten  vorhandenen,  leider 
nicht  genauer  bestimmbaren  Samen -Kapseln. 

Die  hier  auftretende  Fauna  bestand  in  unzähligen  Exemplaren 
von  Valvata  piscinalis 1)  var.  contorta,  noch  zahlreich  fanden  sich 
Bithynia  tentaculata  mit  Deckeln,  welche  letzteren  in  weit  grösserer 
Zahl  erhalten  waren,  als  die  leicht  zerbrechlichen,  zugehörigen 
Schnecken.  Ausserdem  fanden  sich  Pisidium  pusillum  und  amnicum , 
sowie  Planorbis  laevis , in  Bruchstücken  Limnaeus  auricularius *). 
Paludina  diluviana  wurde  nur  in  einem  Exemplare  angetroffen. 

Ferner  fand  sich  in  der  Oberbank  eine  Fischschuppe,  eine 
Gräte,  einige  Cyprinoidenzähne 2),  ein  2 Ceutimeter  breiter  Fisch- 
wirbel und  einige  Backenzähne  nebst  einem  Theil  Kinnlade  von 
Cervus  elaphus.  Ein  Geweihstück  war  ebenfalls  in  dieser  Schicht 
vorscekommen. 

In  dem  Sande  unter  der  Oberbank  lagen  einige  Valvaten  und 
eine  sehr  dickschalige  Muschel,  Unio  oder  Anodontaf 

x)  Die  genauere  Bestimmung  der  Species  hatte  Herr  Prof.  v.  Martens  die 
Güte,  mir  mitzutheilen. 

2)  Nach  Bestimmung  des  Herrn  Hilgendorf. 


bei  Korbiskrug  nahe  Königs-Wusterhausen. 


499 


Die  Unterbank  war  frei  von  organischen  Resten. 

Höchst  auffällige  Resultate  ergab  die  chemische  Analyse  der 
Oberbank  (nach  Auslesen  der  Schalreste): 

Kieselsäure  . . . = 18.14  j 

Lösliche  Kieselsäure  — 0.42  > 


Thonerde  .... 

= 1.62. 

Eisenoxyd  .... 

= 1.74. 

Kalkerde  .... 

= 37.19. 

Magnesia  .... 

= 1.05. 

Kohlensäure  . 

= 27.35  entsprechend  kohlensaurem 

Kalk  =62.16  %. 

Phosphorsäure 

Schwefelsäure 

| Spuren. 

Kohlenstoff 

= 2.87. 

Wasser 

= 8.65. 

Alkalien  .... 

= 0.97  a.  d.  V. 

100.00. 

Rechnet  man  die  Analyse 
so  erhält  man: 

nach  Abzug  des  kohlensauren  Kalkes 

Kieselsäure 

. . . ==  49.05 

Thonerde 

. . . = 4.28 

Eisenoxyd 

. . . = 4.60 

Kalkerde  . 

...  — 6.29 

Magnesia 

. . . = 2.78 

Kohlenstoff 

. . . = 7.58 

Wasser  . 

. . . = 22.86 

Alkalien  . 

. . . = 2.56 

100.00. 

Würde  man  den  Kohlenstoff  als  Braunkohle  aus  den  Bestand- 
theilen  entfernen,  so  resultirt  immer  noch  ein  sehr  Thonerde- armer 
Körper,  welcher  in  seiner  Zusammensetzung  den  Mergelsanden 
nahe  kommt. 

Die  mechanische  Analyse  der  Unterbank  ergab  62.5  °/o  Staub 
(0.05 — 0.01  Millimeter  Durchmesser)  und  29.2  °/o  Feinste  Theile 
(unter  0.01  Millimeter  Durchmesser).  Sie  erinnert  demnach  an  die 
Mergelsande  von  Stolpe.  Der  Kalkgehalt  wurde  gefunden  = 1 4. 1 °/q. 

32* 


500 


Ernst  Läufer,  ein  Süsswasserbecken  der  Diluvialzeit  etc. 


Bisher  waren  in  der  Berliner  Umgegend  nur  in  der  Thon- 
grübe  am  Kesselberg  bei  Werder  in  einer  sandigen  Schicht  des 
Thonmergels  durch  Herrn  Gr.  Berendt  einige  Yalvaten,  Bithynien 
und  Planorbis  beobachtet.  Nach  einer  Mittheilung  des  Ziegelei- 
besitzers von  Phöben  tritt  in  dessen  Gruben  auch  eine  Schnecken- 
führende Bank  auf. 

Der  hohe  Kalkgehalt,  sowie  die  Lagerungsverhältnisse  führten 
dazu,  das  Vorkommen  von  Korbiskrug  mit  den  Kalkmergeln  von 
Belzig1),  den  Westerweiher  und  Uelzener  Mergeln  in  Beziehung 
zu  bringen.  Einige  von  mir  untersuchte  Westerweiher  Mergel 
hatten  82.6  bis  87.5  °/o  kohlensauren  Kalk.  Bei  Belzig  fanden  sich 
Knochenreste  und  Geweihstücke  vom  Hirsch  in  den  Kalkmergeln. 
Auch  Pflanzenreste  habe  ich  daselbst  gesehen,  doch  kommen  sie 
in  jenen  Mergeln  häufiger  vor,  als  bei  Korbiskrug.  Bei  Belzig  liegt 
über  dem  Kalkmergel  eine  kohlige,  ganz  nach  Art  der  Ockersand- 
schicht von  Korbiskrug  wellig  verlaufende  Schicht,  welche  bei  Uelzen 
wieder  als  Ockersandschicht  auftritt2).  Uebrigens  berichtet  auch  von 
diesen  Mergeln  Herr  Berendt,  dass  sie  Geweihstücke  enthalten. 

Der  Reichtlmm  an  Süsswasserschnecken3),  das  Vorkommen 
von  Pflanzenresten,  der  hohe  Kalkgehalt  und  das  räumlich  be- 
schränkte Auftreten  dieser  entschieden  diluvialen  Bildung  führen 
dahin,  diese  Ablagerungen  aufzufassen  als  abgesetzt  in  Becken 
der  Diluvialzeit,  welche  natürlich  in  manchen  Gegenden  häufiger 
gefunden  werden  können,  wie  z.  B.  im  Lüneburgischen. 

Dass  wir  es  bei  Korbiskrug  mit  einem  Becken  des  Unteren 
Diluviums  zu  thun  haben,  erhellt  auch  daraus,  dass  die  nur  wenige 
Schritte  östlich  gelegene  Grube,  sowie  die  Aufschlüsse  in  der  Nach- 
barschaft die  Concliylien-  reiche  Bank  nicht  besitzen. 

1)  Ivlöden,  Beiträge  zur  min.  u.  geol.  Kenntniss  d.  Mark  Brandenburg  1830, 
bezeichnet  diese  Kalkmergel,  sowie  die  ähnlichen  des  Buckauthaies  als  Palaeo- 
therische  Mergel -Formation  und  vergleicht  sie  irrthümlicher  Weise  mit  dem 
Pariser  Becken. 

2)  G.  Berendt,  Jahrb.  der  königl.  preuss.  geol.  Landesanstalt.  Berlin  1880, 
S.  278. 

3)  0.  Semper,  Verhandlungen  des  Vereins  für  uaturwissenschaftl.  Unter- 
suchungen zu  Hamburg,  Jahrg.  1875,  S.  2SG — 287,  beschreibt  aus  einem  Bohr- 
loch ein  ganz  gleiches  Vorkommen  einer  von  Valvata  piscinalis  erfüllten  Schicht; 
vereinzelt  fand  sich  Pisidium. 


Die  Lagerungsyerliältnisse 
des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lelmin. 
Von  Herrn  Ernst  Läufer  in  Berlin. 

(Hierzu  Taf.  XIII,  XIV  u.  XV.) 


Die  Bedeutung  der  diluvialen  Ablagerungen  ist  bei  weitem 
grösser  für  Land-  und  Forstwirthschaft  als  für  die  Technik.  Daher 
kommt  es,  dass  wir  im  Diluvium  tiefe  Aufschlüsse  viel  seltener 
vorfinden,  als  dies  im  Gebirge  der  Fall  ist.  Wegeeinschnitte  und 
Ausschachtungen  der  Eisenbahnen  sind  bei  den  geringen  Niveau- 
Schwankungen  nur  in  seltenen  Fällen  im  norddeutschen  Flachlande 
von  Bedeutung.  So  ist  denn  die  Kenntniss  der  Lagerungsverhält- 
nisse  der  Diluvialschichten  an  engere  Grenzen  der  Beobachtung 
gebunden  und  zum  Theil  mehr  auf  vielfältige  Wiederkehr  gleicher 
Profile  basirt. 

Es  wird  daher  von  grösserem  Werthe  gerade  für  die  Geologie 
der  Quartärbildungen  sein,  wenn  in  einer  Gegend  tiefere  Auf- 
schlüsse vorhanden  sind,  welche  in  ganz  anderem  Maasse  als 
blosse  Bohrungen  die  Lagerungsverhältnisse  der  in  Rede  stehen- 
den Bildungen  veranschaulichen. 

In  dem  Gebiete  um  Berlin  besitzt  keine  Localität  solche  tiefen 
Aufschlüsse,  als  die  Umgegend  von  Werder,  es  sei  denn,  dass 
man  die  bedeutenden  Gruben  südlich  Mittenwalde  noch  in  jenes 
engere  Gebiet  mit  hineinzieht. 

Die  Aufschlüsse  bei  Werder  sind  durch  einen  seiner  Zeit 
grossartigen  Ziegeleibetrieb  entstanden  und  gestatten  vorzüglich  die 


502 


Ernst  Läufer,  die  Lagerungsverhältnisse 


Lagerungsverhältnisse  des  nach  jenem  eine  Stunde  von  der  Stadt 
gelegenen  Dorfe  Glindow  benannten  » Glindower  Tliones«,  des 
Unteren  Diluvialthonmergels,  zu  studiren.  Herr  G.  Berendt1) 
hat  bereits  vor  nahezu  20  Jahren  (1863)  jene  Ablagerungen  der 
Umgegend  von  Potsdam  eingehend  beschrieben.  Vieles  hat  sich 
während  der  Zeit  geändert  hinsichtlich  der  Aufschlüsse , welche 
in  jener  Arbeit  besprochen  sind.  Theils  hat  der  immer  grösser 
werdende  Abraum  die  Gewinnung  des  Thones  erschwert,  anderen 
Theils  ist  eine  Ueberproduction,  sowie  wenig  Nachfrage  nach 
Ziegelsteinen  für  die  geringere  Ausschachtung  des  geschätzten 
Materials  entscheidend  gewesen.  Dazu  kommt,  dass  man  in  der 
Nähe  von  Ketzin,  welches  nur  U/2  Meile  entfernt  ist,  mit  viel 
geringerem  Kostenaufwand  grosse  Alluvial -Thonlager  ausbeutet 
und  durch  die  Wasserstrasse  den  Ziegeleien  zuführt.  Dadurch  ist 
schon  eine  ganze  Reihe  von  Gruben  völlig  verlassen,  und  dann 
hat  vor  Allem  Regen  und  Wind  die  lockeren  Massen  derartig 
bewegt,  dass  der  Geognost  in  solchen  Aufschlüssen  keine  Beob- 
achtungen mehr  auszuführen  vermag.  So  steht  es  bereits  mit  den 
Gruben  auf  dem  Glienicker  Werder,  östlich  Potsdam,  jenen  am 
Hahneberg  bei  Spandau,  Königs- Wusterhausen  und  anderen 
Orten.  Es  ist  der  Zweck  folgender  Zeilen,  diejenigen  Beob- 
achtungen, welche  ich  in  der  Umgegend  von  Werder  während 
der  dortigen  geognostischen  Aufnahmen  anzustellen  Gelegenheit 
hatte,  hier  eingehend  mitzutheilen.  Zu  gleicher  Zeit  können  die- 
selben als  Wegweiser  bei  Excursionen  in  jener  Gegend  benutzt 
werden. 

Verfolgen  wir  die  Aufschlüsse  längs  des  Abhanges  der  dilu- 
vialen Hochfläche,  im  Süden  beginnend,  so  finden  wir  zunächst 
die  bedeutenden  Gruben  der  Löckenitz-Ziegelei. 

x)  G.  Berendt,  die  Diluvialablagerungen  der  Mark  Brandenburg,  insbesondere 
der  Umgegend  von  Potsdam.  Berlin,  1863.  Mittler  11.  Sohn. 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 


503 


Die  Thongrube  der  Löckenitz-  Ziegelei. 

Die  Löckenitz-Ziegelei  schneidet  mit  ihren  tiefen  Erdestichen 
in  den  randlich  am  Schwielow  - See  gelegenen  Kesselberg  ein. 

Man  sieht  in  diesen  grossartigen  Gruben  unter  einer  oft  zu 
grösserer  Mächtigkeit  anwachsenden  Bank  von  Unterem  Diluvial- 
Sand  den  Diluvialthonmergel  auf  eine  lange  Strecke  hin  aufge- 
schlossen. Häufig  bemerkt  man  am  Rande  der  Grube  eine  schwache 
Decke  lehmiger  Bildungen,  welche  meist  aus  lehmigem  Sand  und 
Lehm  bestehen,  zuweilen  jedoch  auch  kleine  Mergelnester  enthalten 
und  als  Reste  der  erodirten  Platte  des  Oberen  Diluvialmergels 
aufzufassen  sind.  Sie  fehlen  vollständig  in  der  Nähe  der  Erhebung 
des  Berges.  Darunter  lagern  feine  Diluvialsande  mit  deutlicher 
Schichtung,  häufig  durchzogen  von  secundären  Lehmstreifen  und 
reich  an  Glimmersand-  und  Schlepp-  resp.  Mergelsandeinlagerungen. 
Die  in  der  Grube  liegenden  grösseren  Geschiebe  stammen  alle 
von  oben,  aus  den  lehmigen  Resten.  Vereinzelt  kommen  dieselben 
auch  in  dem  Diluvialsand  vor.  Es  sind  meistens  Gneisse  und 
Granite,  dabei  treten  häufig  graue  Quarzite  und  rothe  Dalasand- 
steine  auf.  Kalksteine  fehlen  nicht,  kommen  jedoch  seltener  vor. 

Der  Diluvialthonmergel  ist  in  seinen  obersten  Schichten  gelb 
gefärbt,  in  tieferen  Lagen  wird  er  blau-  oder  braunschwarz.  Hier 
würde  der  auch  sonst  übliche  Name  »Geschiebefreier  Thon«  Anstoss 
erregen  können,  sobald  man  das  vollständige  Fehlen  von  Geschieben 
voraussetzt,  denn  in  der  Timt  bedarf  man  keines  sehr  langen 
Suchens,  um  einige  Sternchen  in  seiner  Ablagerung  zu  finden; 
grössere  Geschiebe  treten  jedoch  nicht  auf.  Besser  würde  man 
»Geschiebearmer  Thon«  sagen  müssen,  wie  dies  bereits  Eck  fin- 
den Thonmergel  der  Rüdersdorfer  Gegend  vorschlägt.  Auch  Penck1) 
weist  darauf  hin,  dass  der  Glindower  Thon  nicht  ganz  steinfrei 
ist.  (Hinsichtlich  dieser  Beobachtung  und  der  analytischen  Unter- 
suchung siehe  »Abhandl.  zur  geol.  Spec. -Karte  von  Preussen  u.  s.  w. 
Bd.  III,  Heft  2.  Untersuchungen  des  Bodens  der  Umgegend  von 


Conf.  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  1879,  S.  169;  Conf.  Zeitsch.  d.  Deutsch, 
geol.  Ges.  1857,  S.  490;  v.  Könen,  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  1866,  S.  25. 


504 


Ernst  Läufer,  die  Lagerungsverhältnisse 


Berlin,  von  Ernst  Läufer  und  Felix  Wahnschaffe,  S.  89.«  die 
Resultate  und  Bemerkungen  von  Dr.  L.  Dulk.) 

Interessant  ist,  dass  an  einigen  Stellen  in  der  feingeschichteten 
Thoninasse  bis  zu  eigrossen  Kanten  abgerundete  Geschiebe  von  Dilu- 
vialthonmergel  Vorkommen,  welche  aus  fetterem  Thone  bestellen, 
der  seinerseits  wieder  eine  feine  Schichtung  zeigt.  Nirgends  liess 
sich  nachweisen,  dass  zwischen  diesen  Thongeschieben  ein  näherer 
Zusammenhang  vorhanden  gewesen;  sie  liegen  bunt  in  die  Thon- 
masse eingestreut.  Dieser  Beschaffenheit  halber  wird  man  jenen 
Thon  als  Brockenmergel1)  zu  bezeichnen  haben.  Noch  sei  bemerkt, 
dass  in  den  obersten  Lagen  sich  hier  zuweilen  recht  gross  werdende 
Mergelknauern  finden.  Die  deutliche  Schichtung,  welche  durch 
Einlagerung;  von  feinsten  Sanden  und  sandigem  Thon  in  dünnsten 
Schichten  in  die  fette  Thonmasse  gebildet  wird,  hat  bei  den  säch- 
sischen Geologen  für  den  Diluvialthonmergel  den  Namen  »Bänder- 
thon« herbeigeführt.  — Man  kann  sich  die  Ausbildung  des  Brocken- 
mergels  entstanden  denken,  wenn  man  annimmt,  dass  bereits  zur 
Ablagerung  gekommener  Thon  von  Neuem  aufgeschlämmt  und 
umgelagert  wurde , denn  künstlich  entsteht  stets  ein  derartiges 
Gebilde,  wenn  man  fetten  Thon  mit  Wasser  in  der  Kälte  behandelt. 
Dass  auch  die  Thonbrocken  dem  Diluvialthone  angehören,  beweist 
sowohl  der  hohe  Kalkgehalt,  als  auch  das  Vorkommen  von  rothen 
Feldspath-  und  Gneissfragmenten  in  denselben.  — Oft  treten  inner- 
halb des  Thones  auf  das  Abenteuerlichste  gewundene  Schichtungen 
auf,  welche  sich  aber  im  Allgemeinen  au  die  einstigen  Bewegungen 
der  Thonbank  anschliessen.  — An  einigen  Stellen  finden  sich  Sand- 
nester im  Thone,  innerhalb  welcher  die  Schichtung  des  Sandes  oft 
gestaucht  und  gewunden  erscheint. 

Das  Liegende  des  Diluvialthones  ist  ein  feinkörniger  Spatli- 
sand,  dessen  Lagerung  fast  ganz  horizontal  ist.  Diese  Lagerung 
ist  bemerkenswert!! , denn  im  Verein  mit  den  mannigfach  auf- 
gepressten Faltungen  des  Hangenden  des  Thones  führt  sie  dahin, 
jene  Schichtenstörungen  als  Druckerscheinungen  aufzufassen.  Am 

x)  Herr  Prof.  Berendt  stellt  dieses  Vorkommen  dem  von  Herrn  Geh.  Berg- 
rath Beyrich  als  »Broe.kenmergel«  bezeichneten  Thone  vom  Brodtner  Ufer  gleich 
(Mark  Brandenburg,  S.  67)  und  hat  diesen  Namen  auch  hier  angewandt. 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 


505 


deutlichsten  ist  jene  horizontale  Lage  des  Unteren  Sandes  gerade 
in  den  in  stetigem  Betrieb  befindlichen  Gruben  der  Löckenitz- 
Ziegelei  zu  sehen.  Der  Sand  unter  dem  Thone  ist  in  flachen 
Gräben  längs  der  Gruben  aufgedeckt,  um  die  Sickerwasser  auf- 
zunehmen1). — Ganz  dieselbe  Erscheinung  giebt  Dames2)  an  von 
einer  Thongrube  der  Insel  Hvin  in  Schonen.  Auch  hier  ist  der 
Sand  unter  dem  Thone  fast  horizontal  gelagert.  Nur  der  obere 
Theil  des  Thones  ist  dort  durch  den  Druck  von  oben  in  seiner 
Lagerung  verändert,  während  der  untere  Theil  intact  und  ungestört 
ist.  Genau  dieselben  Verhältnisse  treten  in  dieser  Grube  und  in 
der  Umgegend  von  Werder  allgemein  auf. 

Die  Abbildung  der  Thongrube  der  Löckenitz  (Taf.  XV,  Fig.  1) 
zeigt  den  Thonmergel  in  einer  Leihe  von  Sätteln  aufgeschlossen, 
deren  einer  (auf  der  Zeichnung  rechter  Hand)  quer  durchschnitten 
ist;  die  Sättel  sind  stehen  gelassen,  während  der  dieselben  be- 
deckende Sand  als  Abraum  abgefahren  wurde.  Im  Hintergründe 
sieht  man  einen  Verticalabstich  der  Grube,  an  derem  Rande  rechts 
vom  Walde  noch  eine  dünne  Platte  von  Oberem  Diluvialmergel 
liegt.  Im  Vordergründe  ist  zugekarrter  Abraum  an  Stelle  des 
Thones  und  unter  jenem  links  das  Liegende  zu  bemerken. 

Das  Bild  giebt  ferner  auch  einen  Einblick  in  die  Art  und 
Weise  des  Abbaues  des  Ziearelmateriales.  Man  gräbt  dieses  zu- 
nächst  so  weit  ab,  dass  die  Mulden  der  Sattelbildungen  beinahe 
erreicht  werden  und  nimmt  dann  erst  die  Hügel  (daher  »Hügel- 
erde« der  Ziegler)  selbst  hinweg. 

Im  nördlichen  Theile  der  Grube,  in  welchem  zur  Zeit  der 
Beobachtungen  gerade  weiter  abgebaut  wurde,  trat  zu  jenen  den 
Thon  überlagernden  Schichten  eine  schwache  Bank  des  Unteren 
Diluvialmergels  hinzu.  Dieselbe  war  vou  einer  etwa  2 Meter 
mächtigen  Schicht  von  Unterem  Spath-  und  Schleppsand  über- 
lagert. Es  war  hier  somit  folgendes  Profil  aufgeschlossen:  Reste 
des  Oberen  Diluvialmergels,  über  Unterem  Sand  mit  Mergelsand- 

0 Auf  Tafel  XIV  ist  in  Fig.  I eine  schematische  Darstellung  der  Lagerung 
im  Profile  gegeben.  Die  Schichten  der  in  der  Abbildung  sichtbaren  Sand -Ein- 
lagerung sind  ungemein  gestört,  an  einigen  Stellen  gestaucht  und  gewunden. 

2)  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geolog.  Ges.  1881,  S.  407. 


506  Ernst  Läufer,  die  Lager  ungsverhältnisse 

banken,  über  Unterem  Diluvialmergel,  über  Thon  und  über  Di- 
luvialsand. 

Von  Interesse  ist  noch  die  an  der  Grenze  des  Diluvialthones 
im  Liegenden  zum  Sande  auf  der  ganzen  Sohle  getroffene  Eisen- 
schicht (Eisen-  oder  Isererde  der  Thongräber).  Diese  ist  von 
G.  Berendt,  Mark  Brdbg.  S.  25,  bereits  eingehend  beschrieben. 
Sie  tritt  in  allen  Gruben  der  Umgegend  von  Werder  auf,  fehlt 
jedoch  in  den  Thongruben  von  Lehnin  und  südlich  Königs- 
Wusterhausen1).  An  manchen  Stellen  erreicht  diese  Schicht  mehrere 
Zoll  Stärke  und  zeigt  in  sich  einen  Uebergang  von  eisenschüssigem, 
kalkfreien  Thon  zu  eisengekittetem,  oft  stark  mangangefärbten 
groben  und  feinen  Sand.  Sie  kann  entstanden  gedacht  werden 
durch  die  an  der  Grenze  der  Wasser- undurchlassenden  gegen  die 
durchlassende  Schicht  beständig  vorhandenen  Wassermengen,  welche 
aus  dem  Thone  stets  Eisenoxyd  ausziehen  (vielleicht  als  humin- 
saures  oder  quellsalzsaures  Eisen)  und  an  der  Sandgrenze  absetzen, 
während  feiner  Thonschlamm  in  die  Grenzschichten  des  Sandes 
hineinfiltrirt  und  der  leichter  bewegliche  doppeltkohlensaure,  viel- 
leicht auch  quellsalzsaure  Kalk  weiter  hinabgeführt  wird. 

So  nimmt  auch  G.  Berendt,  Mark  Brandenburg  S.  25,  an, 
dass  die  Eisenschicht  ihr  Bindemittel  aus  dem  Thone  erhalten 
und  bei  der  Ausscheidung  der  Druck  der  auflagernden  Schichten 
mitwirkte. 

Anderentheils  kann  man  auch  die  Eisenschicht  direct  abge- 
setzt denken,  dadurch,  dass  von  Vegetabilien  Eisenoxyd  abge- 
schieden wurde  aus  dem  Wasser,  aus  welchem  der  Thon  zum  Ab- 
satz kam2). 

Gerade  für  die  Druckerscheinungen  ist  es  von  Wichtigkeit, 
dass  die  Eisenschicht,  resp.  das  Liegende  des  Thones,  der  Sand, 
fast  ganz  horizontal  liegt  und  nicht  die  Aufpressungen  des  Thones 


x)  v.  Könen  erwähnt  von  den  Motzener  Gruben,  südlich  Königs -Wuster- 
hausen, dass  hier  die  oberste  Schicht  des  Sandes  unter  dem  Thone  von  Eisenocker 
röthlich  gefärbt  ist. 

2)  In  der  durch  Taf.  XY,  Fig.  2 , abgebildeten  Grube  bemerkt  man  auch 
über  der  Thonbank  eine  dünne  Schicht,  in  welcher  Eisenoxyd  stark  angehäuft  ist. 
Diese  wird  jedenfalls  nur  als  secundär  gedacht  werden  können. 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 


507 


mitmacht.  Die  Schichtenstörungen  erstrecken  sich  somit  nur  auf 
den  plastischen  Thon,  während  der  Untere  Sand  in  höherem 
Niveau  in  normaler  Lagerung  auftritt.  (Siehe  Taf.  XIV,  Fig.  I, 
und  Taf.  XV,  Fig.  1.)  Durch  jene  Aufpressungen  des  Thones, 
wie  sie  sich  gerade  in  dieser  Grube  so  vorzüglich  zeigen,  sind 
alle  eiuenthümlichen  La<ierui  ms  Verhältnisse  bei  Werder  zu  er- 
klären. 

Wandern  wir  von  der  Löckenitz  weiter  nach  Norden,  so  finden 
wir  kaum  1 Kilometer  entfernt  die  grossen  Gruben  von  Petzow. 


Die  Ttiongnsben  vors  Petzow. 

Der  Diluvialthonmergel  tritt  in  diesen  Gruben  nicht  oft  in 
solcher  Mächtigkeit  und  so  fett  ausgebildet  auf,  als  in  den  Erde- 
stichen der  Löckenitz.  Sein  Hangendes  ist  hier  nicht  immer  der 
Untere  Diluvialsand,  sondern  es  treten  nach  Osten,  so  am  Eingänge 
der  Gruben,  sehr  mächtig  werdende  Bänke  von  Unterem  Diluvial- 
mergel auf,  welche  sich  über  dem  Thone  geradezu  auskeilen. 
Unter  dem  Mergel  folgt  eine  nur  schwache  Bank  von  Diluvial- 
mergelsand, unter  welchem  feine  Spathsande  liegen.  Der  Thon 
ist  hier  ebenfalls  aufgepresst.  (Taf.  XIV,  Fig.  II.) 

Der  Untere  Diluvialmergel  ist  von  sandiger  Beschaffenheit, 
wie  dieselbe  der  Gebend  eigenthümlich,  von  orauffelber  Farbe  und 
enthält  Schalreste  der  Paludina  diluviana. 

Der  Diluvialthonmergel  zeigt  auch  hier,  aber  seltener,  jene 
Ausbildung  zum  Brockenmergel. 

Nördlich  vom  Dorfe  Petzow  treffen  wir  dicht  am  Wege  eine 
ansehnliche  Grube,  welche  im  Profil  eine  Bank  Oberen  Diluvial- 
mergels zeigt  von  höchstens  1,5  Meter  Mächtigkeit.  An  einigen 
Stellen  wird  dieselbe  sehr  dünn.  Darunter  findet  man  gemeinen 
Diluvialsand  und  Mergelsand  wechsellagernd;  nach  der  Tiefe  zu 
folgt  reiner  Diluvialmergelsand.  Der  eigentliche  Diluvialthon  ist 
in  dieser  Grube  noch  nicht  erreicht,  wenn  auch  bereits  schwache 
Bänke  einer  Uebergangsbildung  von  Mergelsand  zum  Thonmergel 


508 


Ernst  Läufer,  die  Lagerungsverhältnisse 


vorhanden  sind.  Die  Lagerungsverhältnisse  sind  hier  aber  einfach, 
indem  der  Mergel,  in  welchem  sich  übrigens  ein  Paar  Exemplare 
von  Bithynia  fanden,  horizontal  als  Platte  auf  den  Sauden  und 
Mergelsanden  aufliegt. 


Die  Thongruben  von  Glindow. 

Nach  Berghaus,  Landbuch  der  Mark  Brandenburg,  S.  555, 
bestanden  im  Jahre  1800  vier  Ziegelwerkstätten  bei  Glindow.  Die 
eine  derselben,  der  Marienberg,  gehörte  zum  Kloster  Lehnin 
Schon  1469  ertheilten  die  Mönche  von  Lehnin  dem  Magistrat  von 
Neustadt-Brandenburg  die  Erlaubniss,  bei  Glindow  Ziegelerde  zu 
graben. 

Die  älteren  Thongruben  von  Glindow  sind  südlich  vom  Dorfe 
gelegen.  In  ihnen  map'  zu  Anfang;  unter  sehr  günstigen  Verhält- 
nissen  Ziegelerde  gewonnen  worden  sein,  denn  am  Iiankefang  tritt 
der  Diluvialthonmergel  noch  heute  geradezu  zu  Tage.  Es  sind 
hier  schon  durch  das  mehr  geneigte  Gehänge  zum  Glindower  See 
andere  Lagerungsverhältnisse  zu  erwarten,  als  solche  nördlich  vom 
Dorfe  bei  allmählicherem  Ansteigen  vom  Thalrande  aus  bedingt 
sind.  An  dem  Eingänge  von  nur  einer  Grube  am  westlichen  Ufer 
des  Glindower  Sees  kann  der  Untere  Diluvialmergel  gesehen  werden, 
somit  ist  der  Diluvialthon  von  Spathsand  und  Mergelsand  über- 
lagert. 

In  sämmtlichen  Gruben  von  Glindow  zeigt  der  Thon  die  be- 
reits bei  Besprechung  der  Aufschlüsse  auf  der  Löckenitz  erwähnten 
Emporspressungen.  In  der  2 ten  Thongrube  vom  Glindower  Wege 
nach  dem  Mittelbusch  sind  drei  Sättel  durch  den  Betrieb  ange- 
schnitten, auch  zeigen  hier  die  im  Han  genden  auftretenden  Mergel- 
sandbänke dieselben  Schichtenstörungen.  (Taf.  XIV,  Fig.  III.)  Der 
Untere  Diluvialsand  ist  gerade  in  dieser  Grube  reich  an  Paludina 
diluoiana.  Der  Thon  hat  an  einigen  Stellen  auch  hier  die  Structur 
des  Brockenmergels.  Die  abgebildete  Grube  ist  diejenige,  in  welcher 
der  Untere  Sand  noch  von  einer  dünnen  Decke  von  Oberem 
Mergel  stellenweise  bedeckt  ist,  während  die  Glindower  Gruben 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 


509 


im  Uebrigen  als  Hangendes  nur  Reste  jenes  Mergels  und  secun- 
däre  Lehmstreifen  besitzen.  Noch  sei  erwähnt,  dass  mir  aus  den 
Glindower  Gruben  ein  Mahlzahn  von  Elephas  primigenius  zugestellt 
wurde x). 

Als  Beispiel  der  zahllosen  hier  auftretenden  Schichtenstörun- 
gen im  Unteren  Diluvialsand  ist  folgende  Zeichnung  beigegeben, 
welche  völlige  Discordanz  der  Sandschichten  zeigt  und  eine  Auf- 
pressung einer  tieferen  Schicht  in  aufliegende  darstellt. 


Schichtenstorungen  im  Diluvialsande  von  Glindow. 


Häufig:  tritt  die  Schichtung;  des  Sandes  mehr  hervor  durch 
eingelagerte  Braunkohlenstücken  und  Gerolle,  deren  freie  Verthei- 
lung  den  Sand  oft  »baumkuchenartig«,  wie  Berendt  sich  ausge- 
drückt, erscheinen  lässt,  oft  demselben  auch  ein  geflecktes  Ansehen 
verleiht. 

Die  beiden  Abbildungen  auf  Tafel  XV,  Fig.  2 und  3,  geben 
ein  Bild  von  den  beiden  zur  Zeit  noch  in  Betrieb  befindlichen 
Gruben  südlich  Glindow.  Sie  zeigen  ausser  den  Lagerungsver- 
hältnissen des  Tliones,  welcher  auf  jeder  Abbildung  in  zwei  Sätteln 
sichtbar  ist,  in  dem  Abstich,  der  Lei  der  Tiefe  der  Grube  in  etwas 
über  1 Meter  hohen  Terrassen  angelegt  ist,  die  wunderbarsten 
Schichtenstörungen  im  Unteren  Diluvialsande.  In  der  südlicheren 
Grube  (Fig.  2)  sind  die  Sandschichten  parallel  zur  Erhebung  des 


*)  G.  Berendt,  Mark  Brandenburg,  S.  35,  erwähnt  einen  solchen  Fund  aus 
der  Grube  am  Kesselberg , eben  daher  einen  Backenzahn  von  Bos  und  aus  der 
Thongrube  bei  Phöben  einen  Zahn  von  Rkinoceros. 

Von  Phöben  erhielt  ich  ebenfalls  einen  Mahlzahn  sowie  eine  Tibia  von 
Elephas. 


510 


Ernst  Laüfer,  die  Lagerungsverhältnisse 


Thonmergels  aufgerichtet,  in  der  nördlicheren  (Fig.  3)  stehen 
die  Schichten  des  Spathsandes  in  der  Nähe  des  links  sichtbaren 
Thonsattels  saiger  und  sind  reich  an  Braunkohle,  welche  in  feinster 
Form,  aber  auch  in  grösseren  Geschieben  vorkommt.  Am  Rande 
beider  Gruben  sind  Reste  von  Oberem  Mergel  noch  erhalten, 
häufig  jedoch  ist  nur  eine  ganz  dünne  Decke  von  Oberem  Sande 
vorhanden,  in  welchem  pyramidale  Geschiebe  zu  den  gewöhnlichen 
Erscheinungen  gehören.  Es  sei  hier  bemerkt,  dass  auch  aus  einer 
offenbar  dem  Unteren  Diluvium  angehörigen  Grandbank  drei- 
kantige  Geschiebe  entnommen  werden  konnten. 

Die  auf  den  Abbildungen  sichtbare  obere  Sohle  der  Grube 

ist  nicht  die  des  ursprünglichen  Abbaues,  sondern  es  ist  hier  nach 

Ausgrabung-  des  Ziegelmateriales  Abraum  hingefahren  und  der- 
© © © © 

selbe  zur  Sohle  eingeebnet  worden.  Fig.  3 lässt  ferner  den 
liegenden  Sand  und  die  zum  Einsickern  des  Wassers  aufgeworfene 
Eiserschicht  erkennen,  ebenso  ist  auf  Fig.  2 im  Vordergründe 
das  Liegende  auf  der  Sohle  der  kleinen  Ausgrabung  sichtbar. 
Bei  beiden  Gruben  sind  an  den  Stellen  zwischen  den  Thonsätteln 
(in  den  Mulden)  Bretterschützen  gegen  den  Andrang  des  Sicker- 
wassers angebracht,  welches  den  Abraum  auf  der  Sohle  der  in 

Fig.  3 abgebildeten  Grube  durchbrochen  hat. 

© © 

Als  nun  südlich  Glindow  die  Abraummassen  grösser  wurden, 
entstanden  die  neueren  Gruben  im  Westen  und  Norden  des  Dorfes, 
an  dem  Abhänge  des  Mühlenberges  und  Strebenberges.  Zur  Zeit 
sind  die  Thongruben  am  Glindower  See  zwar  noch  im  Betriebe, 
aber  bei  weitem  eifriger  wird  der  Thon  ausgebeutet  in  denen 
nördlich  vom  Dorfe. 

Die  bedeutenden  Aufschlüsse  westlich  der  Windmühle  von 
Glindow  zeigen  am  Eingänge  der  Gruben  vom  Thalrande  aus  den 
Unteren  Diluvialmergel,  welcher  weiter  in  den  Berg  hinein  als  eine 
immer  dünner  werdende  Decke  erscheint,  ja  häufig  sich  vollständig 
nach  der  Höhe  zu  auskeilt.  Unter  dem  Unteren  Diluvialmergel  liegt 
Unterer  Diluvialsand,  unter  welchem  Diluvialmergelsand  und  weiter 
der  Thonmergel  folgt.  Der  Diluvialmergel  tritt  besonders  mächtig 
auf  (etwa  4 — 6 Meter)  in  der  der  Mühle  zunächst  gelegenen  Grube, 
weniger  mächtig  in  der  Grube  am  Wege  von  Glindow  nach  Bliesen- 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 


511 


dorf  und  derjenigen  am  Abhänge  des  Strebenberges.  Die  Lage- 
rung des  Unteren  Mergels  ist  offenbar  gestört  durch  die  Auf- 
pressung des  Diluvialthones.  Schematisch  muss  das  Profil  hier 
gedacht  werden,  wie  folgende  Zeichnung  dasselbe  darstellt. 


dSi  ds2  dS3  Unterer  Diluvialsand,  d h Tlionmergel.  dm  Unterer  Diluvialmergel. 

as  Thalsand. 


In  der  Grube  am  Bliesendorfer  Wege  war  durch  Abbau  gerade 
die  Stelle  erreicht,  wo  der  Untere  Mergel  sich  an  der  Oberfläche 
vollkommen  auskeilte.  Es  gelang  durch  mehrere  Bohrungen  von 
2 — 3 Meter  Tiefe  die  gedachten  Lagerungsverhältnisse  zn  beweisen, 
indem  nur  wenige  Schritte  vom  Rande  der  Grube  entfernt  unter 
1 Meter  Sand  der  Mergel  erbohrt  und  bei  2 Meter  Tiefe  wieder 
durchsunken,  während  noch  einige  Schritte  weiter  entfernt  in 
2.5 — 3 Meter  Tiefe  der  Untere  Mergel  angetroffen  wurde.  Ein 
gleicher  Versuch,  die  Lagerungsverhältnisse  direct  durch  Bohrungen 
zu  erfahren,  gelang  dagegen  nicht  bei  Bohrungen,  welche  ange- 
setzt wurden  in  der  Nähe  des  westlichen  Grubenrandes  der  Erde- 
stiche am  Strebenberge.  Es  gehören  dazu  eben  tiefere  Bohrungen 
als  solche  von  3 Meter  Tiefe,  da  derartige  wenig  tiefgehende  Ver- 
suche gerade  nur  bei  sehr  günstigen  Verhältnissen  zum  Ziele 
führen  können.  Nun  findet  sich  wenig  unterhalb  der  Höhe  des 
Strebenberges  am  westlichen  Gehänge  eine  Bank  von  Unterem 
Diluvialmergel;  es  ist  nicht  unmöglich,  dass  diese  mit  derjenigen 
der  Grube  zu  vereinigen  ist.  Die  volle  Uebereinstimmung  aller 
Aufschlüsse  von  Glindow  bis  zum  Westrande  der  Section  Werder- 
lassen  ohne  Zweifel  den  längs  des  Abhangs  in  schmalerem  oder 
breiterem  Bande  auftretenden  Mergel  als  Unteren  Diluvialmergel 
erkennen.  Ferner  findet  sich  in  demselben,  zuweilen  bloss  sein- 
vereinzelt,  die  das  Untere  Diluvium,  wenn  auch  vielleicht  nicht 


512 


Ernst  Läufer,  die  Lagerungsverhältnisse 


ausnahmslos,  bestimmende  Palicdina  diluviana.  Dass  auch  weiter 
nordwestlich  von  den  zuletzt  geschilderten  Gruben  der  Thonmergel 
Aufpressungen  zeigen  muss,  erhellt  daraus,  dass  der  Untere  Mergel 
am  kleinen  Karfunkelberge  vom  Unteren  Diluvialsande  ebenfalls 
durchragt  wird. 

Eine  merkwürdige  Erscheinung,  die  ebenfalls  als  Druckwirkung 
zu  deuten  ist,  zeigte  sich  in  der  ersten  Grube,  westlich  von  der 
Glindower  Mühle.  An  der  Stelle,  wo  der  Untere  Sand  sich  unter  dem 
Unteren  Diluvialmergel  auskeilt,  findet  ein  wechsellagerndes  Aus- 
keilen des  Mergelsandes  und  Thonmergels  statt.  (Taf.  XIV,  Fig.  V.) 
Die  Zeichnung  (Fig.  VI)  stellt  eine  Ansicht  der  Grube  dicht 
am  Bliesendorfer  Wege  dar.  Der  Untere  Diluvialmergel  betheiligt 
sich  weiter  links  ausserhalb  der  Abbildung;  an  der  Bewegung;  des 
Terrains,  welches  von  hier  zum  Thale  allmählich  abfällt.  Am 
Eingänge  zur  Grube  ist  er  von  bedeutend  grösserer  Mächtigkeit. 
Rechts  ist  in  der  Grubenwand  beinahe  der  Punkt  erreicht,  wo 
der  unter  dem  Mergel  lagernde  Untere  Spathsand  sein  Ausgehendes 
hat.  Wenn  schon  die  Zeichnung  eine  Anschwellung  des  Thon- 
mergels  erkennen  lässt,  so  ist  dieselbe  durch  die  Mergelsandbank, 
welche  durch  ihre  Hebung  ein  Auskeilen  des  Spatlisandes  bewirkt 
hat,  recht  deutlich  zu  sehen. 

Dieselben  Verhältnisse  finden  sich  in  der  Grube,  westlich  vom 
Bliesendorfer  Wege,  am  Abhang  des  Strebenberges.  (Taf.  XIV, 
Fig.  IV.)  Erwähnt  sei  hier  noch  eine  am  Eingang  der  Grube  an- 
geschnittene Bank  von  stark  mit  Braunkohl entheilchen  und  gerollten 
Braunkohlenstücken  (Lignit)  durchsetzten  und  daher  braunschwarz 
erscheinendem  sandigen  Kalktuff  von  nahe  Meter  Mächtigkeit. 
Ei  ne  ähnliche  kalkige  1 Fuss  starke  Schicht  erwähnt  Berendt  in 
dem  Profile  der  Thongrube  am  nördlichen  Fusse  des  Kesselberges 
von  Werder  (Mark  Brandenburg,  S.  33).  Die  Zeichnung  stellt 
rechts  eine  Aufrichtung  der  Spathsand-  und  Mergelsandschichten 
dar,  links  eine  Druckerscheinung  im  Unteren  Sande,  an  der  Grenze 
zum  Unteren  Mergel.  Die  Sandschichten  sind  hier  mehrfach 
gestaucht  und  gewunden. 

o o 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 


513 


Die  Thongrubeü  der  Werder'sctien  Weinberge. 

Von  den  seiner  Zeit  bedeutenden  Aufschlüssen  auf  den  Werder- 
sclien  Weinbergen  sind  bereits  diejenigen  am  Kesselberge,  ebenso 
jene  am  östlichen  Ufer  des  Glindower  Sees  eingegangen.  G.  Berendt 
hat  in  seiner  oft  genannten  Abhandlung  das  Profil  angegeben, 
welches  sich  in  der  am  Nordfusse  des  Kesselbera;es  o-eWenen 
Grube  vorfand  (siehe  ibidem  S.  33).  Von  grösstem  Interesse  ist, 
dass  hier  von  jenem  Autor  eiue  schwarzbraune  Thonschicht  erwähnt 
wird,  welche  Valvata  contorta , Bithynia  tentaculata  und  Planorbis 
enthielt.  Mir  ist  ein  gleiches  muschelführendes  Vorkommen  nur 
noch  bekannt  geworden  aus  der  nördlich  von  hier  zu  erreichenden 
Thongrube  von  Phöben1). 

An  den  Werder’schen  Weinbergren  sind  noch  im  Gange  die 
Thongruben  am  Plessower  See,  in  den  sogenannten  Werder’schen 
Erdebergen.  In  diesen  wird  zur  Zeit  noch  viel  Thon  gegraben, 
obgleich  ein  bedeutender  Abraum  auch  hier  bald  Stillstand  gebieten 
wird.  Am  nördlichen  Abhange  der  Grube  steht  eine  mehrere 
Meter  mächtige  Mergelsandbank  an.  Der  Thon  ist  feingeschichtet 
und  in  seiner  Plasticität  sehr  verschieden.  Am  Eingänge  zu  jenen 
Aufschlüssen  findet  sich  über  dem  den  Thon  überlagernden  Unteren 
Sande  eine  nur  wenig  mächtige  Bank  von  Unterem  Geschiebe- 
mergel. 

Die  Lagerungsverhältnisse  des  Diluvialthonmergels  dieser 
Gruben  sind  abweichend  von  den  bereits  geschilderten,  insofern 
als  von  der  eigentlichen,  fast  horizontal  liegenden  Hauptthonbank 
mehrere  z.  Th.  unter  50°  einfallende,  mannigfach  gewundene  Bänke 
sich  abzweigen  (siehe  Taf.  XIV,  Fig.  VII).  Die  Spath-  und  Mergel- 
sande zwischen  denselben  sind  aufgerichtet  und  zeigen  an  vielen 
Stellen  Verwerfungen.  In  beigegebener  Zeichnung  sind  solche  Ver- 
werfungen  der  Sandschichten  almebildet.  Dieselben  wiederholen 
sich  fast  in  1 Meter  Entfernung  auf  einer  grösseren  Strecke.  An 

*)  Besonders  reich  an  Süsswasserschnecken  ist  eine  schwache  Bank  auf  der 
Höhe  des  Kesselberges,  ferner  jene  am  Geltower  Chausseehause,  welche  sich  am 
Schäfereiberge  und  Heinesberge  wiederfindet.  Doch  sind  jene  Bänke  einer  thonig 
ausgebildeten  Facies  Unteren  Mergels  zuzuschreiben. 


33 


514 


Ernst  Läufer,  die  Lagerungsverhältnisse 


der  unteren  Grenze  des  Thones  zum  Liegenden  fand  sich  auch  bei 
den  aufgerichteten  Bänken  eine  von  Eisenocker  stark  gefärbte 
Sandschicht.  Eine  Stelle  des  Aufschlusses  zeigte  in  den  oberen 
Schichten  des  Thones  die  wunderbarsten  durch  Druck  herbei- 
geführten Quetschungen  und  Verzerrungen  (Taf.  XIV,  Eig.  VII). 

Die  Auflösung  einer  mächtigen  thonigen  Diluvialschicht  in 
mehrere  dünnere  Bänke,  welche  durch  Einlagerung  von  Sauden 
getrennt  werden,  ist  eine  häufig  in  der  Umgegend  von  Werder 
beobachtete  Erscheinung. 

Die  Abtrennung  mehrerer  Bänke  von  der  ursprünglichen, 
mächtigeren  Bank  und  die  Aufrichtung  derselben  lässt  sich  eben- 
falls durch  einen  einseitigen  und  schiebenden  Druck  erklären. 

G.  Berendt  beschreibt  ganz  ähnliche  Lagerungsverhältnisse  des 
Thones  bei  Leest  auf  der  Töplitzer  Insel.  Er  beobachtete  daselbst 
drei,  mehrere  Schritt  von  einander  entfernte,  fast  saiger  stehende 
Thonbänke  längs  des  Kückens  des  Brützberges,  welche  in  der 
Tiefe  mit  dem  Hauptlager  zusammenfielen. 

Es  scheint,  als  ob  längs  des  Plessower  Sees  eine  weitere  Thon- 
gewinnung, wenn  Bedarf  darnach  sein  sollte,  am  sichersten  wäre, 
denn  am  Schnittpunkte  des  Weges  längs  des  Ufers  und  des 
Kemnitzer  Weges  tritt  der  Thonmergel  fast  zu  Tage  und  ergab 
ein  Brunnen,  welchen  ich  gerade  Gelegenheit  hatte  zu  beobachten, 
den  Thon  in  ganz  beträchtlicher  Mächtigkeit.  Bemerkenswerth 
ist,  dass  den  Fischern  das  Vorhandensein  des  Thones  an  dem 
östlichen  Ufer  des  Plessower  Sees  bekannt  ist. 

Fassen  wir  die  Reihe  der  Beobachtungen  zusammen,  so  zeigt 
sich  in  den  Gruben  bei  W erder  die  Schichtenfolge  des  unteren  Dilu- 
viums derart,  dass  unter  einer  Bank  von  Unterem  Diluvialmergel, 
Spatlisand  und  Mergelsande  folgen,  unter  diesen  der  Diluvialthon, 
welcher  wieder  von  einem  älteren  Diluvialsand  unterlagert  wird. 
Das  Fercher  Bohrloch1)  hat  ergeben,  dass  auch  unter  dem  Thon 
noch  thonige  Bildungen  und  zwar  Mergel-  und  Thonbänke  in 

o o o 

jenem  Sande  eingelagert  sind. 

*)  G.  Berf.ndt,  Umgegend  von  Berlin.  I.  Der  Nordwesten.  Aldidl.  z.  geol. 
Specialkarte  von  Preussen  Bd.  TI,  Heft  3,  S.  10. 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lelinin. 


515 


Die  Thongruben  von  Lehnin. 

Nahe  Lehnin  ist  durch  das  Auftreten  von  Diluvialthon  ein 
Ziegeleibetrieb  entstanden,  welcher  demjenigen  von  Werder  nicht 
nachsteht.  Die  Aufschlüsse  bei  Lehnin  sind  von  denen  der 
näheren  Umgebung  von  Werder  und  Glindow  vor  allem  unter- 
schieden durch  das  Vorwalten  von  Diluvialmergelsand-  und 
Schleppsandschichten.  Diese  sandigen  Bildungen  treten  hier  noch 
weit  häufiger  als  Begleiter  des  eigentlichen  Diluvialthones  auf. 
Tiefe  Aufschlüsse  im  Mergelsande  finden  sich  in  den  Gruben  der 
Michelsdorfer  Ziegelei.  Tn  der  6 — 10  Meter  mächtigen  Mergel- 
sandbank liegen  zahlreiche,  2 — 3 Dec-imeter  mächtige  Thonmergel- 
bänkclien,  deren  häufigere  Aufeinanderfolge  im  Liegenden  einen 
Uebergang  zur  Diluvialthonbank  vermittelt.  Der  Mergelsand  fällt 
von  Norden  nach  Süden  ein  und  ist  von  gewöhnlichem  Spathsande 
überlagert.  Der  letztere  ist,  wie  bei  Werder,  reich  an  Paludina 
diluviana.  Häufig  sieht  man  im  Profile  auch  die  in  den  Glin- 
dower  Gruben  beobachtete  auskeilende  Wechsellagerung  von  Thon 
und  Mergelsand.  — Wenn  allgemein  von  den  Thon-  und  Mergel- 
sandbänken dieser  Gegend  gesagt  werden  kann,  dass  sie  weniger 
Schichtenstörungen  zeigen,  als  jene  von  Werder,  so  treten  die- 
selben hier  doch  im  Kleinen  in  jeder  Mannichfaltigkeit  auf. 
Biegungen  und  Stauchungen  zeigen  die  Mergelsande  und  Thon- 
streifen der  Gruben  von  Rähnitz.  Häufig  treten  in  kleinen  Sätteln 
zerdrückte  Thonstreifen  auf,  welche  dann  auch  eine  Art  Brocken- 
mergel bilden.  Am  schönsten  sind  Faltungen  und  Verwerfungen 
der  Schichten  in  den  Ziegeleigruben  von  Schale  zu  sehen;  auch 
die  FisCHER  sche  Grube  zeigt  dieselben. 

Erst  in  den  näher  Lehnin,  nach  dem  Thalrande  zu,  gelegenen 
Aufschlüssen  findet  sich  als  Hangendes  über  dem  Mergelsande 
eine  nur  wenige  Meter  mächtige  Bank  von  Unterem  Diluvialmergel. 
Der  Mergel  weicht  in  keiner  Weise  von  dem  Vorkommen  bei 
Werder  ab.  Die  Schichten  des  Mergelsandes  und  Thonmergels 
liegen  ziemlich  horizontal  oder  nur  wenig  geneigt  in  der  Grube; 
an  geringen  Thonsätteln  ist  ein  Streichen  von  Ost  nach  West  zu 

33* 


516 


Ernst  Läufer,  die  Lagerungsverhältnisse 


beobachten.  In  der  Thongrube  von  Gustav  Schulze  wurde  fol- 
gendes Profil  beobachtet. 


dm  Unterer  Diluvialmergel,  ds  Unterer  Diluvialsand, 
dms  Unterer  Diluvialmergelsand,  dfi  Diluvial  thonmergel. 


Die  Biegung  des  Thones  ist  als  Druckerscheinung  aufzufassen, 
wie  dieselbe  sich  bei  Werder  geltend  macht. 


Oie  Äufpressungen  des  OiluvialfhonmergeSs  in  ihren 
Beziehungen  zu  einander  und  zur  Thalbildung. 

Die  Schichtenstörungen  des  Diluvialthonmergels  erscheinen 
als  Zusammen-  und  Aufpressungen.  Sie  sind  nicht  eigentliche 
Faltungen,  denn  das  Liegende  ist  horizontal.  Die  Aufpressungen 
der  Thonbank  sind  für  die  Lagerung  der  hangenden  Schichten 
von  Bedeutung,  soweit  dieselben  dem  Unteren  Diluvium  angehören. 
Die  bedeutendsten  Störungen  der  hangenden  Diluvialsande  bemerkt 
man  in  der  durch  Taf.  XIV  ’)  Fig.  II  abgebildeten  Grube,  in  welcher 
dieselben  beinahe  den  Grubenrand  erreichen.  In  jener  Grube 
werden  die  mannichfacli  in  ihrer  Lagerung  gestörten  Sand- 
schichten im  höheren  Niveau  von  fast  horizontal  gelagerten  Sand- 
bänken abgeschnitten,  in  denen  discordante  Parallelstructur  auftritt 
und  zwischen  welchen  wieder  aufgerichtete  Schichten  Vorkommen 
(vergl.  den  Holzschnitt  auf  S.  509).  In  den  Aufschlüssen  der 
Löckenitz  sind  die  einstigen  Bewegungen  der  Thonbank  nur  in 
ihrem  unmittelbaren  Hangenden  noch  zu  erkennen,  indem  fast  stets 
ein  Parallelismus  der  Schichtung  des  Sandes  mit  der  Sattelbildung 
eintritt,  und  der  obere  Theil  der  zwischen  den  Sätteln  liegenden 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 


517 


Mulden  häufig  schon  im  Allgemeinen  horizontal  abgelagert  ist,  wenn 
auch  die  dem  Unteren  Sande  eigene,  oft  discordante  Schichtung 
auftritt.  Auch  die  Gruben  im  Norden  von  Glindow  zeigen  eine 
Ausgleichung  der  Schichtenstörung  nach  dem  Hangenden,  welches 
nicht  in  dem  Maasse  bewegt  erscheint,  als  die  Thonbank. 

In  den  Thongruben  der  Löckenitz  waren  seiner  Zeit  zehn 
durch  Aufpressung  entstandene  Sättel  neben  einander  zu  beob- 
achten. Wohl  muss  ich  zugestehen,  dass  eingehendere  Unter- 
suchungen derselben  hätten  angestellt  werden  können,  wenn  von 
vorn  herein  eine  Bearbeitung  dieser  Verhältnisse  von  mir  beab- 
sichtigt worden  wäre.  Doch  denke  ich,  dass  die  ausgeführten 
Messungen  zur  Erläuterung  der  dort  auftretenden  Lagerung  der 
Thonbank  ausreichend  sein  werden. 

Um  ein  genaueres  Bild  von  den  in  diesem  Aufschlüsse  vor- 
kommenden Sätteln  zu  geben,  seien  einige  Grössen  angeführt. 
Ein  Sattel  war  in  einer  Länge  von  25  Meter  angeschnitten  und 
hatte  eine  Höhe  von  30  Meter,  ein  anderer,  welcher  auf  diesen 
folgte,  hatte  eine  Länge  von  20  Meter  und  fiel  mit  seinen  Seiten- 
flächen unter  50°  ein.  Die  Sattellinien  fallen  meistens  nur  wenig 
ein.  In  einigen  Fällen  wurden  10°  und  5°  Abweichung  von  der 
horizontalen  gemessen.  In  der  Regel  liegt  hier,  wie  auch  in  den 
anderen  Aufschlüssen  die  Sattellinie  horizontal.  Nicht  immer  bleiben 
diese  Linien  in  einer  Höhe. 

Die  Streichrichtungen  dieser  Sattellinien  wurden  bei  zehn 
Sätteln  gemessen  und  folgende  Abweichungen  vom  geographischen 
Norden1)  erhalten,  wobei  die  Zählung  vom  nördlichen  Theile  der 
Grube  nach  dem  Eingänge  zu  derselben  vorgenommen  wurde. 

q ,,  i Abweichung  der  Streicklinio 

a e vom  geogivtph.  Norden 

No.  1 38°  östl. 

»2  1 0 westl. 

»3  11° 

»4  21°  » 


l)  Die  westliche  Declination  der  Magnetnadel  wurde  mit  11°  30'  berechnet. 
Es  war  nicht  möglich,  die  Messungen  bis  zu  einer  Genauigkeit  von  1 Grad  aus- 
zuführen. 


518 


Ernst  Laufeh,  die  Lagerungsverhältnisse 


Sattel 

No.  5 
» 6 
* 7 

» 8 
» 9 

» 10 


Abweichung  der  Streichlinie 
vom  geograph.  Norden 

31  0 westl. 

51°  » 

io  » 

21°  » 

21  o » 

21°  » 


Aus  diesen  Messungen  ergiebt  sich  eine  Drehung  der  Sattel- 
linien 1).  Betrachtet  man  die  Beziehungen  der  Streichrichtungen 
zu  dem  Verlauf  der  Horizontalcurven  in  der  Generalstabskarte, 
so  macht  sich  deutlich  ein  Zusammenhang  zwischen  beiden  geltend. 
In  ganz  ähnlicher  Weise  sind  drei  in  der  Grube,  südlich  von 
Petzow,  gemessene  Sättel  abhängig  von  der  Configuration  des 
Berges.  In  der  Petzower  Grabe  wurde  gemessen: 

Abweichung  der  Streichlinie 
vom  geograph.  Norden 

56°  westl. 

28°  östl. 

38°  » 


Sattel 

No.  1 
* 2 
» 3 


Der  erstere  Sattel  läuft  somit  parallel  mit  dem  »Langen  Grunde«, 
der  zweite  und  dritte  schmiegt  sich  an  den  hier  umbiegenden  Ab- 
hang an. 

Durch  die  Glindower  Thongruben  ist  in  Folge  der  Auftragung 
des  Abraumes  der  ursprüngliche  Verlauf  der  Horizontalen  nicht 
zu  ersehen.  Doch  zeigt  sich  auch  hier,  dass  Beziehungen  der 
Sattellinie  zum  Abhange  vorhanden  sind.  Es  wurde  gemessen: 


Nördlich  der  Hasenhaide 
Sattel  der  II.  Grube 


Abweichung  der  Streichlinie 
. vom  geograph.  Norden 

41°  westl. 


» » III. 

Drei  Sättel  » IV. 


21°  » 

26°  » 


*)  Die  Stellung  dieser  Sattellinien  ist  für  den  Abbau  der  Thonschicht  selbst- 
redend von  Einfluss;  daher  ist  jene  Drehung  der  Streichrichtung  in  dem  Abstich 
der  Grubenwand  wiedergegeben.  Man  hat  die  Ausschachtung  in  einem  flachen 
Bogen  weiter  geführt,  wie  aus  der  Zeichnung  der  Grube  zu  ersehen  ist. 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 


519 


Eine  nahezu  mit  der  Nordlinie  zusammenfallende  Streichlinie 
zeigte  ein  Sattel  am  Ein  man  ir  zu  dem  Erdestich  am  Dorfe  Glindow. 
Die  Abweichung  vom  geographischen  Norden  betrug  8°  nach  Osten. 

Die  Streichlinie  des  durch  Taf.  XIV,  Fig.  III,  abgebildeten 
Sattels  der  Grube  westlich  der  Glindower  Windmühle  wurde  um 
31°  westlich  vom  Norden  abweichend  bestimmt.  (Die  Streichrich- 
tungen der  Thonsättel  sind  in  der  Karte  Taf.  XIII  eingetragen.) 

Es  ist  schon  erwähnt,  dass  die  Emporpressungen  des  Thones 
als  Druckerscheinungen  aufzufassen  sind.  Die  Richtung  der  ge- 
messenen Sattellinien  ergiebt,  dass  diese  und  somit  auch  die  Druck- 
wirkungen abhängig  sind  von  der  Bewegung  des  Terrains  und  der 
Richtung  des  Abhanges.  In  der  Löckenitzer  Ziegeleigrube  ist  der 
randlich  am  Schwielow  sich  erhebende  Kesselberg  und  Tiesendorfer 
Berg  von  Einfluss  auf  die  Drehung  der  Sattellinien.  Sie  laufen  parallel 
der  Höhencurve.  Ebenso  stellt  sich  in  den  Gruben  bei  Petzow  ein 
Parallelismus  der  Sattel-  und  Höhenlinien  heraus.  Da,  wo  der 
Thalrand  nach  Norden  umbiegt,  findet  auch  bei  den  Sattellinien 
eine  Annäherung  zur  Nordrichtung  statt. 

Es  ist  klar,  dass  die  Thalbildung  im  Zusammenhang  steht  mit 
den  Aufpressungen  der  Thonbank.  Diese  sind  entstanden  durch 
den  einseitigen  Druck  nach  Aufhebung  des  Zusammenhanges  der 
Schichten  durch  die  Erosion  des  Thaies.  Im  Kleinen  kann  man 
eine  gleiche  Wirkung  jedes  Jahr  in  den  Aufschlüssen  sehen,  in- 
dem in  denselben  der  Thon  aus  der  senkrecht  abgestochenen  Wand 
der  Grube  herausgepresst  wird,  oder,  wie  die  Leute  sagen,  hervor- 
quillt. Das  Liegende  ist  in  keiner  Weise  gestört,  wohl  aber  ist 
die  Bank  des  Unteren  Diluvialmergels  durch  die  Emporpressungen 
mitgehoben,  wie  die  hangenden  Schichten  überhaupt.  Da  durch 
Erosion  am  Sattel  die  Mergelbank  ungemein  geschwächt  ist,  so 
erscheint  dieselbe  in  den  Aufschlüssen  als  eine  Anlagerung,  wäh- 
rend sie  in  der  That  im  Berge  weiter  fortsetzt.  — Diese  Mergelbank 
wird  in  der  Nähe  der  Glindower  Wassermühle  zu  einer  kaum 
1 Meter  starken  Schicht,  und  in  ebenso  geringer  Mächtigkeit  tritt 
dieselbe  am  Glindower  See  auf.  Sie  ist  durch  die  spätere  Erosion 
geschwächt.  Wenn  schon  die  Aufschlüsse  ein  Ausgehen  des  Thones 


520 


Ernst  Laurer,  die  Lagerungsverhältnisse 


am  Thalrande  und  kein  Einfallen  nach  demselben  zeigen,  so  ist 
ausserdem  nach  einer  Angabe,  welche  Herr  Dr.  Dulk  notirt  hat, 
der  Glindower  See  zwischen  den  Glindower  Ziegeleien  und  Cagels- 
Bruchs  50 — 60  Fuss  tief,  so  dass  die  Aufhebung  des  Zusammen- 
hanges der  Schichten  wohl  mit  Recht  angenommen  werden  kann. 

Herr  Lossen1)  stellt  als  notliwendige  Folge  der  Berendt- 
schen2)  Ansicht,  nach  welcher  eben  die  unteren  Schichten  des 
Diluviums  durch  einseitig  lastenden  Druck  nach  der  Erosion  des 
Thaies  gehoben  sind,  hin,  dass  dann  ein  Parallelismus  zur  Thal- 
bildung vorhanden  sein  müsste ; er  bezweifelt  die  Aufpressung  der 
Schichten  am  Kreuzberge  durch  von  oben  wirkenden  Druck. 

Er  beobachtete  bei  seiner  ungemein  eingehenden  Bearbeitung 
des  Diluviums  der  Stadt  Berlin,  dass  nicht  alle  Sattelbildungen  an  den 
Thalrand  gebunden  sind,  dass  vielmehr  auch  innerhalb  der  Hoch- 
fläche und  unter  dem  Alluvium  Sattelbildungen  auftreten.  Wohl 
muss  dies  für  die  Hochfläche  bei  Werder  auch  zugegeben  werden. 
Jene  in  der  Hochfläche  auftretenden  Sättel  sind  aber  sehr  ver- 
einzelt, während  dieselben  am  Rande  fast  regelmässig  nicht  nur 
hier,  sondern  in  der  Berliner  Gegend  überhaupt  Vorkommen.  — 
Ganz  ähnliche  Verhältnisse  wie  bei  Werder  treten  in  der  Nähe  von 
Königswusterhausen  auf.  Es  ist  gar  nicht  anders  zu  denken,  als 
dass  hier  bedeutende  Emporpressungen  am  Thalrande  stattgefunden 
haben,  denn  der  Untere  Diluvialmergel  kommt  nicht  am  unteren 
Theile  des  Gehänges  hervor,  sondern  reicht  bis  an  die  Oberkante 
des  Abhanges  der  Hochfläche.  Ganz  ähnlich,  wie  am  Kreuzberg 
bei  Berlin,  ist  hier  der  Rand  höher  als  das  Innere  der  Hochfläche. 
Auch  innerhalb  dieser  kommt  eine  solche  Emporpressung  vor 
nördlich  von  dem  Dorfe  Ragow,  woselbst  auf  einer,  wenn  auch 
geringen  Anhöhe  der  Untere  Diluvialmergel  und  unter  diesem  der 
Thonmero-el  auftritt.  Können  aber  nicht  solche  Erscheinungen 
auch  durch  eine  ungleichmässige  Belastung  der  plastischen  und 
daher  weichen,  in  sich  zusammenpressbaren  Thonbank  entstehen? 
In  den  mir  bekannt  gewordenen  Fällen  von  Sattelbildung  inner- 


J)  Der  Boden  der  Stadt  Berlin,  S.  1021. 

2)  Die  Diluvialabl.  d.  Mark  Brandenburg,  S.  79  u.  80. 


des  Diluvialthonmergels  von  Werder  und  Lehnin. 


521 


halb  der  Hochfläche  traten  dieselben  fast  immer  an  Rinnen  der- 
selben anf.  Bei  Werder  ist  vorläufig  in  den  Schichten  unter  dem 
Diluvialthon  noch  keine  Sattelbildung  beobachtet,  die  doch  vor- 
handen sein  müsste,  wenn  Störungen  im  Untergründe  oder  schon 
vorhandene  Unebenheiten  desselben  die  Faltung  des  Thones  bewirkt 
hätten.  Daher  ist  zunächst  die  dortige  Erscheinung  als  eine  durch 
Druck  von  oben  entstandene  zu  betrachten. 

Da  die  den  Thonmergel  überlagernden  Sandschichten  bis  zur 
Grenze  des  Oberen  Diluviums  häufig  aufgerichtet,  verworfen  und 
gefaltet  sind,  so  können  diese  Sandinassen  die  Druckerscheinungen 
am  Thonmergel  allein  schwerlich  bewirkt  haben,  selbst  wenn  man 
die  Platte  des  Oberen  Mergels  in  ihrer  vollen  ursprünglichen 
Mächtigkeit  zurechnet.  Die  drückende  Masse  erhält  man  aber, 
wenn  man  den  Mergel  als  Moräne  und  darüber  die  Eisdecke  denkt. 

Nicht  unwichtig  ist  es  jedenfalls  auch,  dass  die  Grösse  der 
Aufpressung  in  gewissem  Verhältnisse  zu  stehen  scheint  zur  Breite 
des  Thaies. 

Die  Bildung  des  Lehniner  Thaies  hat  nicht  jene  Störungen 
hervorzubringen  vermocht,  wie  die  tiefen  und  breiten  Einschnitte 
der  Havelgewässer  bei  Werder.  Weniger  häufig  treten  Aufpres- 
sungen der  Thonschicht  auf,  niemals  in  solchem  Grade,  wie  die- 
selben bei  Werder  gewöhnlich  sind.  Innerhalb  der  Thon-  und 
Mergelsandbänke  kommen  auch  hier  die  eigenthümlichsten  Störungen 
der  Schichten  durch  Druck  vor.  Die  Streichrichtung  der  wenigen 
und  flachen  hier  vorkommenden  Sättel  lässt  keinen  bestimmten 
Zusammenhang  erkennen. 

Bei  Lehnin  sind  wie  bei  Werder  Druckerscheinungen  nur  an 
dem  Diluvialthone  und  z.  Th.  an  den  hangenden  Schichten  zu 
sehen.  Das  Liegende  ist  ungestört.  Ganz  ähnlich  sind  die  Ver- 
hältnisse  im  nordwestlichen  Sachsen,  welche  II.  Credner1)  mit- 
getheilt  hat.  Die  dortigen  Diluvialthone  (Bänderthone)  sind  häufig 
in  Falten  zusammengeschoben,  geknickt  und  in  den  überlagernden 
Geschiebelehm  hineingepresst,  während  das  Liegende  von  den 
Verzerrungen  verschont  ist.  Dass  gleiche  Verhältnisse  in  Schonen 


) Zeitschrift  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXII,  S.  103. 


522  Ernst  Läufer,  die  Lagerungs  Verhältnisse  des  Diluvialthonmergels  etc. 


Vorkommen,  ist  schon  oben  erwähnt.  — Wenn  man  aber  jene 
Schichtenstörungen  durch  den  Druck  einer  ehemaligen  Eisdecke 
entstanden  denkt,  so  ist  es  bei  Anwendung  jener  Erklärung  für  die 
Lehniner  Thonmergel  auffällig,  dass  letztere  die  Störungen  nur  in 
geringem  Grade  zeigen,  während  dieselben  bei  Werder  viel  gross- 
artiger auftreten.  Denkt  man  sich  aber  beide  Ursachen,  die  Thal- 
bildung und  die  Eisbedeckung  zusammenwirkend,  so  würde  auch 
die  Regelmässigkeit  der  Aufpressungen  parallel  dem  Thalrande 
bei  Werder  erklärt  sein.  Auch  ist  dann  eine  Erhebung  des  Thal- 
randes  über  das  Niveau  der  Thalfläche  nicht  verwunderbar.  Dass 
solche  Thalbildungen  bereits  zur  Zeit  der  Eisbedeckung  vorhanden 
gewesen  sind,  beweisen  die  von  mir  an  der  Grenze  des  Septarien- 
thones  von  Hermsdorf,  welcher  als  geringe  Erhebung  in  einem 
tief  eingeschnittenen  Thale  auftritt,  beobachteten  geschliffenen  und 
geschrammten  Septarien x). 

Einen  eigentümlichen  Fernblick  eröffnet  schliesslich  noch 
folgende  Betrachtung : 

Beobachten  wir  das  Vorkommen  des  Thonmergels  bei  Werder 
im  Grossen  und  Ganzen,  so  finden  wir  denselben  am  nördlichen 
und  westlichen  Abhange  der  Werder’schen  Weinberge,  an  beiden 
Ufern  des  Glindower  Sees  und  am  westlichen  Uferrande  der 
Insel  südlich  Baumgartenbrück  (siehe  Tafel  XIII).  Bei  der  Be- 
schreibung der  Grube  nördlich  von  Petzow  war  schon  oben 
angegeben,  dass  der  Thonmergel  noch  nicht  erreicht  ist.  Tiefere 
Bohrungen  in  dem  Erdestich  haben  ihn  nicht  getroffen.  Ebenso 
ist  der  Thon  am  Ostabliange  der  Werder’schen  Weinberge  nirgends 
gefunden.  Man  ist  mithin,  im  Hinblick  auf  das  im  ganzen  letzten 
Abschnitte  dargelegte  Verhältniss  der  Druckerscheinungen  zur  Thal- 
bildung, berechtigt,  den  Wasserlauf  des  Glindower  und  Plessower 
Sees  für  älter  anzusprechen,  als  den  der  jetzigen  Havel. 

*)  conf.  dieses  Jahrbuch  1880,  S.  338  und  Neues  Jahrbuch  f.  Min.  1881. 


Aufschlüsse  in  den  Einschnitten  der 
Stargard  - Cüstriner  Eisenbahn. 

Von  Herrn  Ernst  Läufer  in  Berlin. 

(Hierzu  Taf.  XYI.) 


Durch  die  Direction  der  Königlichen  Geologischen  Landes- 
anstalt, in  Folge  einer  bezüglichen  Nachricht  des  Herrn  M.  v.  dem 
Borne  auf  Berneuchen,  beauftragt  mit  der  geologischen  Unter- 
suchung der  durch  den  Bau  der  Stargard  - Cüstriner  Eisenbahn 
entstandenen  Aufschlüsse,  bereiste  ich  fast  die  ganze  Strecke  der- 
selben und  fand  von  Stargard  bis  Cüstrin  nur  diluviale  Schichten 
angeschnitten,  während  ältere  Formationen  nirgends  getroffen 
wurden.  Die  sich  im  Profile  darstellende  Lagerung  und  die  petro- 
graphische  Beschaffenheit  jener  Bildungen  war  dieselbe,  wie  die  der 
näheren  Umgebung;  von  Berlin.  Da  aber  der  Zusammenhang;  der 
Schichten  und  besonders  einige  der  zahlreichen  tieferen  Profile  ein 
weiteres  Interesse  darbieten,  so  erscheint  mir  die  Veröffentlichung 
der  ausgeführten  Untersuchung;  nicht  unangemessen. 

Die  Eisenbahnlinie  läuft  von  Stargard  über  Klützow,  Damnitz, 
Gross-Schönfeld,  Pass,  Pyritz,  Mellenthin,  Lippehne,  Soldin,  Bosen- 
thal, Neudamm,  Zieher,  Tamsel  bis  Cüstrin. 

Dicht  vor  Stargard  (siehe  Taf.  XVI,  Prof.  I)  schneidet  die 
neue  Eisenbahn  in  den  nur  allmählich  ansteigenden  Thalrand  des 
Ilmathales  mehre  Meter  tief  ein.  Wie  zu  erwarten  war,  ist  hier 
der  Untere  Diluvialmergel  in  dem  Aufschlüsse  blossgelegt,  und, 
wie  aus  der  Zeichnung  hervorgeht,  nur  wenig  in  seiner  Lagerung 
aufgepresst. 


524 


Ernst  Läufer,  Aufschlüsse  in  den  Einschnitten 


Ueberlagert  wird  dieser  Mergel  von  geschichtetem,  gröberen 
Unteren  Diluvialsand,  welcher  nur  wenig  weiter  hinauf  am  Ab- 
hange von  der  Platte  des  Oberen  Diluvialmergels  bedeckt  ist.  Als 
rudimentäre  Bestandteile  desselben  zieht  sich  eine  nur  fferinsre 

o O 

Decke  von  Geschiebesand  über  die  Bildungen  am  Abhang  hinweg. 

Genau  denselben  Unteren  Mergel,  nur  etwas  fetter,  auch  wohl 
kalkreicher  ausgebildet,  als  der  sehr  sandige  des  Einschnittes,  fand 
ich  dicht  beim  Bahnhof  Stargard  auf  der  Sohle  bedeutender  Sand- 
gruben. Die  hier  blossgelegten  Schichten  sind  dieselben,  wie  jene 
des  erwähnten  Einschnittes,  nur  hat  der  Untere  Sand  eine  grössere 
Mächtigkeit  erreicht  (ca.  3 Meter)  und  wird  seiner  grandigen  Be- 
schaffenheit halber  durch  Absieben  des  beigemengten  feineren  Ma- 
teriales zu  Kies  verarbeitet.  Durch  eine  Brunnenbohrung  auf  der 
Sohle  der  einen  Grube  war  zur  Zeit  der  Untere  Mergel  bereits 
4 Meter  durchsunken. 

Diluviale  Schalreste  konnten  im  Sande,  wie  im  Mergel  nicht 
aufgefunden  werden. 

Bis  über  Gross-Schönfeld  hinaus  ist  die  Hochfläche  mit  einer 
nur  wenig  mächtigen  Bank  des  Oberen  Diluvialmergels  bedeckt. 
Manche  der  Einschnitte  haben  stellenweise  Unteren  Spathsand  er- 
reicht. Am  Dorfe  Klützow  (Station  46)  wurde  eine  grössere  Er- 
hebung durchschnitten  und  unter  dem  Oberen  Mergel  der  Schlepp- 
oder Mergelsand,  wechsellagernd  mit  gemeinem  Spathsand  getroffen. 
Von  dieser  Folge  wird  später  die  Rede  sein. 

Ein  tieferer  und  etwa  1000  Meter  langer  Aufschluss  war 
durch  den  Eisenbahnbau  bei  Pass  entstanden.  Pass  liegt  am  Fusse 
des  hohen  nördlichen  Randes  des  Plönethales.  Das  ziemlich  steile 
nördliche  Gehänge  setzt  in  nordwestlicher  und  südöstlicher  Richtung 
noch  weit  fort,  während  der  südliche  Thalrand  nur  wenig  hoch 
über  die  Thalsohle  ansteigt. 

Bei  Pass  ist  der  grösste  Aufschluss  auf  der  Eisenbahnlinie. 
Derselbe  schneidet  auf  der  ganzen  Strecke  und  an  der  tiefsten 
Stelle  überall  in  den  Diluvialmergelsand  ein.  Die  Schichtung 
des  Mergelsandes,  in  welchem  übrigens,  wie  auch  an  anderen 
Orten,  dünne  Thon-  und  Spathsand  - Bänkchen  eingelagert  sind 
(nur  an  dem  südlicheren  Theile  ist  eine  mächtigere  Einlagerung 


der  Stargard  - Cüstriner  Eisenbahn. 


525 


von  feinem  Spathsand  blossgelegt),  liegt  fast  horizontal;  es  ist 
trotzdem  möglich,  dass  auf  grössere  Entfernung  hin  erst  eine 
schwache  Aufrichtung,  wie  solche  am  Thalrande  gewöhnlich  auf- 
tritt,  sich  geltend  macht.  (Profil  II.) 

Die  geringere,  in  den  südlichen  Thalrand  einschneidende  Aus- 
schachtung hat  ebenfalls  den  Mergelsand  ergeben.  Der  Aufschluss 
ist  nur  400  Meter  lang,  geht  aber  auch  5 Meter  an  seiner  tiefsten 
Stelle  hinab.  Nahe  der  grössten  Erhebung  des  Berges  sind  etwas 
gewundene  und  aufgepresste  Streifen  von  Spathsand  eingelagert. 
Noch  ist  zu  bemerken,  dass  in  dem  sonst  ganz  steinfreien  Materiale 
in  ersterem  Aufschluss  sich  ein  Gneiss-Gescbiebe  von  ca.  3 Kubik- 
fuss  Grösse,  in  dem  letzteren  ein  Porphyr  von  ca.  x/2  Kubikfuss 
Grösse  mitten  im  Mergelsande  vorfand. 

In  der  mit  Jung-Alluvium  ausgefüllten  Niederung  des  Plöne- 
flusses  liegt  ein  nur  wenig  mächtiges  Torflager,  und  unter  dem- 
selben tritt  ein  sandiger  Wiesenthonmergel  auf. 

Der  Mergelsand  bildet  vom  Thalrande  aus  auf  eine  weite 
Entfernung;  hin  direct  den  Ackerboden.  Die  Gegend  ist  von 
Friedrichsthal  bis  südlich  Briesen  flach  und  besitzt  nur  wenige 
schwache  Erhebungen.  Wo  solche  durchschnitten  wurden,  ward 
der  Mergelsand  getroffen.  Eine  beträchtliche  Mengung  des  oberen 
Bodens  mit  Humus  macht  denselben  ganz  besonders  fruchtbar; 
wir  befinden  uns  hier  auf  dem  bekannten  Pyritzer  Waitzenboden. 
Die  vorliegende  Ebene  gehört  jedenfalls  in  das  Nudationsgebiet 
der  Plöne,  welche  in  das  Diluvium  eingeschnitten  und  dasselbe 
eingeebnet  hat,  während  Saudabsätze,  wie  anderwärts,  hier  nicht- 
stattgefunden  haben. 

Weiter  südlich  liegt  wieder  Diluvialmergel  auf  einer  beträcht- 
lichen Anhöhe;  er  wird  jenem  Vorkommen  auf  der  Hochfläche 
bei  Gross-Schönfeld  entsprechen.  Unter  dem  Mergel  ist  seitlich 
von  der  Eisenbahn  der  Untere  Sand  in  grösseren  Gruben  aufge- 
schlossen; da  dieselben  aber  bereits  längere  Zeit  verlassen  sind, 
gestatteten  sie  keine  ferneren  Beobachtungen.  Es  ist  noch  nicht 
als  sicher  zu  betrachten,  dass  jener  im  Einschnitte  bei  Pass  ange- 
troffene Mergelsand  direct  unter  dem  Oberen  Diluvialmergel  liegt, 
oder  ob  er  von  Unterem  Mergel  bedeckt  wird,  dessen  Grenze  zum 


526 


Ernst  Läufer,  Aufschlüsse  in  den  Einschnitten 


Oberen  an  der  Oberfläche  nicht  zu  beobachten  ist.  Auffällig1  und 
gewissermaassen  für  diese  Lagerung  sprechend,  ist  die  thonreichere 
Beschaffenheit  des  Bodens  nach  dem  Rande  des  Thaies  zu.  Jedoch 
können  solche  Verhältnisse  erst  aus  einer  Reihe  anderweitiger  Be- 
obachtungen am  Thalrande  mit  Sicherheit  erkannt  werden. 

Nördlich  der  Stadt  Pyritz  findet  sich  wieder  Mergelsand.  Der 
Einschnitt  an  der  Stargarder  Chaussee  dicht  vor  dieser  Stadt  hatte 
ihn  einige  Meter  tief  aufgeschlossen  und  zeigte  zahlreiche  Thon- 
bänkchen in  demselben. 

Zwischen  Pyritz  und  Naulin  ist  die  Hochfläche  vom  Oberen 
Mergel  bedeckt.  Nahe  letztgenannten  Ortes  war  durch  einen  Ein- 
schnitt der  Untere  Spathsand  unter  dem  Mergel  blossgelegt. 

Von  Naulin  bis  Cremlin  erhält  die  Gegend  einen  ganz  anderen 
Charakter.  Während  von  Stargard  aus  bis  hierher  nur  geringe 
Anschwellungen  das  im  Ganzen  ebene  Land  unterbrechen,  beginnt 
hier  ein  eigentümlich  kuppiges  Terrain  von  ziemlich  steilen  Er- 
hebungen, in  den  zwischenliegenden  Mulden  finden  sich  stets 
tiefe  Torflager.  Der  Charakter  dieser  Gegenden  bis  nahe  Lippehne 
und  weiter  südlich  von  Soldin  ist  vollständig  der  der  Moränen- 
landschaft. Ein  steiler  Hügel  erhebt  sich  neben  dem  anderen. 

In  den  Einschnitten  ist  auf  der  Strecke  von  Naulin  bis  Eich- 
liorst  überall  bis  auf  das  Planum  Diluvialmergel  getroffen.  Die 
Aufschlüsse  allein  reichen  jedoch  nicht  aus,  um  mit  voller  Sicher- 
heit festzustellen,  wie  weit  man  es  mit  Unterem  oder  Oberem  Mergel 
zu  thun  hat.  Nahe  Cremlin  sieht  man  unter  dem  Mergel  stellenweise 
den  Unteren  Sand.  An  mehreren  Orten  lässt  sich  ein  Unter- 
schied in  der  petrographischen  Beschaffenheit  des  Mergels  beob- 
achten. Während  derselbe  die  sonst  dem  Oberen  so  eigene  gelb- 
graue Farbe  besitzt,  ti’itt  häufig  auf  dem  Planum  selbst  ein  blau- 
grauer Mergel  auf,  ja  an  einigen  Stellen  liegt  zwischen  beiden 
Mergeln  eine  dünne  Bank  geschichteten  Sandes  (Prof.  III).  Dies 
sind  die  Gründe,  weshalb  der  Obere  Mergel  im  Profile  angegeben 
wurde;  auf  dem  Planum  konnte  an  einigen  Stellen  der  Untere 
Mergel  verzeichnet  werden.  Der  trennende  Sand  scheint  hier  meist 
zu  fehlen,  so  dass  der  Obere  Mergel  direct  auf  dem  Unteren  liegt. 
An  einer  Stelle  (Station  365,  50)  erschien  der  gelbe  Mergel  in 


der  Stargard  - Cüstriner  Eisenbahn. 


527 


den  blauen  hineingepresst,  denn  mehrere  dünne  Bänkchen  des 
blauen  Mergels  wechsellagerten  mit  dem  gelben  Oberen  und  keilten 
sich  bald  in  demselben  vollständig  aus. 

Ein  grösseres  Interesse  bietet  ein  etwa  7 Meter  tiefer  Ein- 
schnitt gegenüber  Eichhorst. 

Hier  hat  der  Bahnbau  eine  kuppenartige  Erhebung  durch- 
schnitten, welche  von  einem  bedeutenden  Geröllelager  des  Unteren 
Diluviums  gebildet  wird.  Der  Anblick  des  Aufschlusses  gleicht 
vollkommen  dem  von  Eiepe  und  Chorin  in  der  Eberswalder  Gegend. 
Bei  Eichhorst  sind  geschichtete  Sande,  auch  dünne  Bänkchen  von 
Mergel  weit  häufiger  eingelagert.  Hierdurch  entsteht  eine  Art 
Schichtung  des  ganzen  Kegelberges  (Prof.  IV).  Geschiebe  von 
3—4  Kubikfuss  Grösse  waren  häufig,  einige  erreichten  sogar  eine 
Grösse  von  5 Kubikfuss.  Die  meisten  derselben  gehörten  dem 
Gneiss  und  Granit  an,  dazwischen  fanden  sich  grosse  Blöcke  von 
versteinerungsarmem  Kalkstein.  Zur  Zeit  mochten  etwa  100  Schacht- 
ruthen gewonnen  sein.  Am  nördlichen  Ende  des  Einschnittes  war 
als  Liegendes  eine  starke  Bank  von  Unterem  Mergel  getroffen. 

Von  diesem  Punkte  aus  waren  nur  wenige  tiefe  Einschnitte 
vorhanden.  Das  Terrain  wird  hier  wieder  ebener.  Eine  Aus- 
schachtung gab  eine  dünne  Bank  Unteren  Mergels,  welche  von 
einem  Meter  Unterem  Sande  überlagert  war,  unter  welchen  als 
Liegendes  eine  schwache  Bank  von  Thonmergel  angeschnitten 
wurde.  Ferner  ist  das  Vorkommen  des  Unteren  Mergels  (blau- 
graue,  fette  Ausbildung)  in  dem  Brunnen  am  Stationsgebäude  von 
Lippehne  zu  erwähnen.  Gegenüber  befindet  sich  eine  etwa  4 Meter 
tiefe  Mergelgrube,  in  welcher  der  obere  Theil  des  Mergels  eine 
gelbgraue  Farbe  besitzt,  während  dem  unteren  die  bezeichnende 
blaue  Farbe  und  übrige  petrographische  Beschaffenheit  des  Unteren 
Mergels  eigen  ist. 

Zwischen  Lippehne  und  Soldin  waren  die  Erdarbeiten  noch 
nicht  in  Angriff  genommen.  Der  Boden  der  Gegend  ist  vorwiegend 
lehmig. 

Südlich  von  Soldin  wird  das  Terrain  wieder  kuppig.  Die 
Einschnitte  südlich  und  nördlich  des  Weges  nach  Liebenfelde  haben 
einen  gelbgrauen  Diluvialmergel  getroffen.  Das  dieser  Gegend 


528 


Ernst  Läufer,  Aufschlüsse  in  den  Einschnitten 


entnommene  Profil  stellt  eine  starke  Aufpressung  des  Liegenden, 
des  Unteren  Sandes,  dar,  welcher  gleichmässig  noch  von  Mergel 
bedeckt  ist  (Profil  V).  Der  Mergel  enthält  hier  mehrere  grosse 
Geschiebe,  darunter  vereinzelt  sibirische  Kalksteine.  Eine  Grube 
an  der  Cüstriner  Chaussee,  nahe  der  Windmühle  von  Soldin,  hat 
unter  3 Meter  Mergel  den  Spathsand  ebenfalls  aufgeschlossen. 
Hingegen  schneidet  der  Weg  von  hier  nach  Rostin  durch  etwa 
2 Meter  Mergel  in  Mergelsand  ein.  Bei  einer  Brunnenbohrung 
gegenüber  Werblitz  wurde  angetroffen:  3 Meter  Torf,  2 Meter 
Wiesenmergel  mit  zahllosen  Süsswasserschnecken  ( Valvata),  ^ Meter 
grauer  Alluvialthonmergel,  welcher  ebenfalls  Schnecken  führte  und 
zuweilen  auch  einige  kleine  Steinchen  enthielt.  Darunter  folgte 
ein  graugrüner  kalkiger  Thomnergel,  dessen  eigenthümliche  Farbe 
jedoch  sicher  von  Eisenoxydul  herrührte  und  in  welchem  sich  eben- 
falls vereinzelte  Reste  von  Valcata  fanden. 

Einen  grösseren  Aufschluss  hat  der  Bahnbau  nordöstlich  von 
Rostin  geliefert.  In  demselben  ist  Unterer  Diluvialmergel  in  der 
so  häufigen  blaugrauen,  sandigen  Ausbildung  getroffen,  jedoch 
tritt  derselbe  nicht  in  zusammenhängender  Bank  auf,  sondern  er 
ist  häufig  durch  gröbere  geschichtete  Sande  unterbrochen  und  in 
mehrere  Bänke  gespalten  (Profil  VI).  Ein  ganz  ähnliches  Profil 
gab  seiner  Zeit  eine  Ausschachtung  der  Wetzlarbahn,  nahe  Alt- 
Langerwisch,  auf  Sect.  Potsdam.  — Anders  sind  die  Verhältnisse 
weiter  südlich.  Hier,  wo  der  Weg  von  Rostin  nach  Kuhdamm 
die  Eisenbahn  schneidet,  ist  der  Untere  Mergel  auf  eine  längere 
Strecke  hin  in  zusammenhängender  Schicht  getroffen,  löst  sich  aber 
auch  hier  zu  einem  grandigen  Sand  mit  Geröll  auf.  Südlicher 
liegen  wenig  grobe  Sande  auf  demselben  (Pi’ofil  VII).  Oberhalb 
dieses  Aufschlusses  ist  am  Wegeeinschnitt  dicht  bei  der  Bahn- 
strecke Unterer  Sand  abgegraben,  in  welchem  ein  1 — 2 Deciineter 
mächtiges  Thonbänkchen  eingelagert  gefunden  wurde. 

Südlich  von  hier  waren  die  Erdarbeiten  noch  nicht  überall 
in  Angriff  genommen.  Mehrere  Einschnitte  gingen  in  Unteren 
Sand,  welcher  fast  regelmässig  eine  dünne  Decke  von  Geschiebe- 
sand besitzt.  Der  Baugrund  des  Durchlasses  gegenüber  dem  Vor- 
werke Wustewitz  zeigte  im  Profil  geschichteten  Unteren  Sand  von 

o o 


der  Stargard-Cüstriner  Eisenbahn. 


529 


etwa  1 Meter  Mächtigkeit,  darunter  einen  graublauen,  thonreichen 
Unteren  Diluvialmergel.  Weiter  nach  Süden,  gegenüber  Berneuchen 
waren  leider  die,  wenn  auch  kleinen,  Aufschlüsse  bereits  mit  Mutter- 
boden beworfen.  Zur  Seite  der  Bahnlinie  war  eine  grössere  Aus- 
schachtung ausgeführt  und  in  derselben  unter  einer  1 — 2 Meter 
starken,  undeutlich  geschichteten  Sandbank  ein  blaugrauer,  fein- 
geschichteter  Diluvialthonmergel  gegraben  worden. 

Es  sei  noch  bemerkt,  dass  nahe  am  Bahnhof  Rügenwalde  ein 
geschichteter  Unterer  Spathsand  ausgeschachtet  war,  in  welchem 
Grerölle  von  Diluvialthonmergel1),  etwa  in  Nussgrösse  Vorkommen. 
Aehnliche  kugelige  Geschiebe  sah  ich  im  Unteren  Sande  bei  Belzig, 
doch  bestanden  diese  aus  Mergel. 

Die  oben  erwähnte  Ausschachtung  bei  Berneuchen,  welche 
Thonmergel  getroffen  hatte,  liegt  am  Rande  einer  breiten  Thal- 
bildung, welche  zunächst  durch  eine  vollkommen  ebene  Fläche, 
durch  nur  wenig  gröberes  Material  führende  Sande  und  zahlreiche 
Dünenzüge  bezeichnet  wird.  Doch  liegen  eigentliche  Diluvial- 
bildungen  bereits  in  geringer  Tiefe.  So  befindet  sich  dicht  am 
Kreuzungspunkte  der  Eisenbahnlinie  und  der  Cüstriner  Chaussee 
eine  kleine  Grube,  in  welcher  ein  grober  Sand  und  Kies  bis  auf 
eine  Tiefe  von  2 Meter  aufgeschlossen  ist. 

Der  Einschnitt  durch  eine  Düne  war  insofern  interessant,  als 
sich  in  dem  von  Natur  ungeschichteten  Dünensande  eine  deutliche 
Schichtung  geltend  machte  durch  secundäre  Ausscheidungen  von 

o o o 

Eisenoxydhydrat,  sogenannte  Eiserstreifen,  welche  sich  an  einigen 
Stellen  auf  Ausscheidungen  durch  Wurzeln  zurückführen  Hessen. 

Weiter  südlich  erreicht  man  die  Mietzel.  Eine  in  der  Nähe 
dieses  Flüsschens  angelegte  Ausschachtung  ergab  eine  nur  wenige 
Decimeter  mächtige  Schicht  von  Wieseulehm.  Von  hier  bis  Neu- 
dämm  folgten  feinkörnige,  eingeebnete  Sande  und  vereinzelte 
Dünen. 

Die  nächsten  Aufschlüsse  begannen  südlich  von  Zieher.  Sie 
sind  nur  wenig  tief  und  gehen  in  den  Oberen  Diluvialmergel.  An 

x)  A.  Okth,  Geognost.  Durchforschung  des  Schles.  Schwemmlandes,  Berlin 
1872,  S.  82,  führt  ähnliche  Thonkugeln  an  aus  einem  lehmigen  Sande  (wahr- 
scheinlich Schleppsand)  der  Trelmitzer  Berge. 


34 


530 


Ernst  Laufkr,  Aufschlüsse  in  den  Einschnitten 


Einsenkungen  des  Terrains  sind  nur  Reste  dieses  Mergels  auf 

o o 

Unterem  Sande  vorhanden. 

Einer  an  der  tiefsten  Stelle  bis  zu  4,28  Meter  einschneidenden 
Ausschachtung  von  ca.  900  Meter  Länge  begegnete  ich  nordwest- 
lich von  Tamsel.  In  der  ganzen  Länge  und  Tiefe  war  der  Obere 
Mergel  getroffen. 

Südlich  von  hier  neigt  sich  das  Terrain.  Zwei  kleinere  Auf- 
schlüsse schnitten  ebenfalls  noch  in  den  Oberen  Mergel  ein,  dann 
aber  findet  man  Unteren  Sand,  welcher  gegenüber  Tamsel  eine 
grössere  Erhebung  bildet.  Der  Durchschnitt  durch  dieselbe  hat 
folgendes  interessante  Pi’ofil  ergeben  (Prof.  VIII): 

Der  Einschnitt  hat  an  der  höchsten  Stelle  eine  Höhe  von 
nahezu  9 Metern  erreicht  und  besitzt  eine  Länge  von  über  300  Meter. 
In  demselben  ist  unter  einer  1 bis  2 Meter  Mächtigkeit  betragenden 
Decke  groben  ungeschichteten  Oberen  Sandes  der  Untere  Spathsand 
auf  der  ganzen  Strecke  blossgeleg't.  Dieser  Sand  ist  reich  an 
kleinen,  bis  nussgrossen  Kalksteinen  und  überhaupt  von  grandiger 
Beschaffenheit.  Unter  diesem  Spathsand  ist  fast  auf  der  ganzen 
Länge  der  Ausschachtung  ein  durch  feine  Sandeinlagerungen  ge- 
schichteter (gebänderter)  Diluvialthonmergel  getroffen.  Derselbe 
übersteigt  eine  M ächtigkeit  von  1 Meter  nur  wenig  und  wird 
nach  der  Tiefe  zu  fetter.  Die  auf  dieser  Bank  sich  haltenden 
Sickerwasser  haben  einestheils  dem  Thonmergel  in  seinen  ober- 
sten Lagen  Kalk  aus  den  überlagernden  Sandschichten  zu- 
geführt, welcher  sich  als  kalkige  Krusten  in  ihm  vorfindet, 
anderentheils  ist  durch  dieselben  der  Untere  Spathsand  rostig 
gefärbt  worden.  Die  tieferen  Lagen  des  Thones  hatten  einen 
Kalkgehalt  von  1 9 pCt. 

Die  Thonbank  keilt  sich  nach  Norden  und  Süden  vollkommen 
im  Sande  aus. 

Unter  dem  Thonmergel  ist  als  Liegendes  bis  auf  die  Sohle 
des  Einschnittes  ein  sandiger  Unterer  Diluvialmergel  getroffen, 
welcher  mehrere  grössere  Geschiebe,  darunter  auch  einige  Kalk- 
steine, enthielt. 

In  keiner  der  Schichten  konnten  organische  Reste  gefunden 
werden. 


der  Stargard-Oüstriner  Eisenbahn. 


531 


Das  liier  aufgedeckte  Profil  mit  directer  Auflagerung  eines 
Thonmergels  auf  Unterem  Geschiebemergel  hat  ein  weiteres  In- 
teresse; es  wird  von  dieser  Lagerung  später  die  Rede  sein. 

Nachdem  südlich  dieses  Profiles  der  Bahnbau  eine  tiefe 
Senke  überschritten  hat,  folgt  ein  unbedeutender  Einschnitt  im 
Unterem  Spatlisand,  welcher,  nur  etwa  ein  Kilometer  weiter  ent- 
fernt, durch  eine  seitlich  an  der  Bahnstrecke  angelegte  Aus- 
schachtung bis  auf  nahe  8 Meter  Tiefe  aufgeschlossen  ist.  In 
diesem  Spathsande  ist  Unterer  Diluvialmergel  eingelagert;  über 
demselben  liegt  eine  dünne  rostgelbe  Grandbank.  Der  Mergel 
hat  eine  Mächtigkeit  von  nur  l/-2  Meter.  Weiter  südlich  wird  er 
mächtiger  und  es  treten  dann  zwei  Bänke  desselben  auf,  welche  aber 
kaum  */ 2 Meter  mächtig  werden  und  durch  gröberen  Spatlisand 
getrennt  sind.  Ehe  die  Bahnlinie  den  Waldrand  nahe  der  Busch- 
Schäferei  erreicht  hat,  findet  ein  vollständiges  Auskeilen  jener 
Mergelbänke  statt,  am  Waldrande  jedoch  wurde  er  wieder  als 
mächtigere  Bank  bis  zu  2,5  Meter  durch  eine  Ausschachtung 
angeschnitten. 

Auf  der  den  Wald  durchschneidenden  Strecke  hat  die  Auf- 
schüttung des  Bahnkörpers  tiefere  seitliche  Ausgrabungen  nöthig 
gemacht.  Hierdurch  sind  grandige,  oft  rothgefärbte  Sande,  dünne 
Mergel-  und  Thon  - Bänkchen  blossgelegt,  welche  ganz  unregel- 
mässig  zu  einander  liegen.  Thonstreifen  sind  über  und  unter  den 
Mergelpartieen  getroffen,  welche  oft  als  Schollen  im  Spathsande 
auftreten.  Erst  südlich  des  Schnittpunktes  des  Weges  von  der 
Busch  - Schäferei  zur  Cüstriner  Chaussee  tritt  der  Untere  Mergel 
wieder  als  zusammenhängende  Bank  auf  und  hat  man  denselben 
bis  zum  Thalrande,  zuweilen  von  etwas  grobem  Oberen  Sande,  auch 
von  Unterem  Spatlisand  überlagert,  regelmässig  ausgeschachtet. 

Am  Thalrande  selbst  bietet  sich  folgendes  Profil  dar:  Auf 
eine  Strecke  von  450  Meter  ist  der  Untere  Diluvialmergel  bloss- 
gelegt und  durch  eine  zur  Seite  der  Bahnlinie  angelegte  Aus- 
schachtung bis  zu  einer  Mächtigkeit  von  über  5 Meter  aus- 
gegraben.  Während  der  Mergel  im  nördlichen  Theile  des  Auf- 
schlusses zu  Tage  geht,  ist  er  im  südlichen  Theile  von  Unterem 
Sande  überlagert,  auf  welchem  eine  dünne  Decke  von  Geschiebe- 

SD 


532 


Ernst  Läufer,  Aufschlüsse  in  den  Einschnitten 


sand  zu  bemerken  ist.  In  dem  Unteren  Sande  über  dem  Mergel 
kommen  schwache  Bänkchen  von  Schlepp  vor,  zugleich  aber  auch, 
besonders  an  einer  Stelle,  mehrere  Grandbänkchen.  Zum  Liegenden 
hin  zeigt  der  sonst  völlig  ungeschichtete  Mergel  parallelepipedische 
Absonderung,  wie  dieselbe  besonders  in  der  Potsdamer  Gegend 
so  oft  beobachtet  wurde.  Das  Liegende  selbst  ist  eine  nur  selten 
0,5  Meter  mächtig;  werdende  Bank  von  Diluvialthonmergel,  wel- 
eher  fein  geschichtet,  in  ähnlicher  Weise  wie  der  Mergel  abge- 
sondert  ist  und  eine  eigenthündiche  rotlie  Färbung  besitzt.  Unter 
jener  schwachen  Thonbank  folgen  feinkörnige  Diluvialspathsande, 
in  welchen  stärkere  und  schwächere  Mergelsandstreifen  einge- 
lagert sind. 

Von  diesem  Einschnitte  aus  durchschneidet  die  Eisenbahnlinie 
eine  weite  Thalebene,  welche  von  gröberen  Sanden  bedeckt  ist, 
in  welchen  kleine  Steine  häufig  genug  Vorkommen,  um  dieselben 
als  Geschiebesand  zu  charakterisireu. 

Die  Diluvialbildungen  zwischen  Stargard  und  Cüstrin  weichen 

o o 

somit  in  ihrem  petrographisclien  Bestand,  als  auch  in  ihren 
Lagerungsverhältnissen  in  keiner  Weise  von  denen  der  Umgegend 

o o o o 

Berlins  ab. 

Von  Stargard  bis  südlich  Gross-Scliönfeld  ist  eine  mit  Oberem 
Mergel  bedeckte  Hochfläche  durchschnitten,  an  derem  nördlichen 
Bande  der  Untere  Diluvialmergel,  an  derem  südlichen  Rande  der 
Diluvialmergelsand  hervortritt,  welcher  hier  eine  grosse  Flächen- 
ausdehnung erhält  und  sich  von  der  Plöneniederung  bis  nahe  Pyritz 
erstreckt.  Von  hier  aus  ist  eine  zweite  Hochfläche  von  dem 
Bahnbau  angeschnitten,  welche  südlich  der  Haltestelle  Ringen- 
walde ihr  Ende  erreicht  und  südlich  Mellenthin  ihre  höchste 
Erhebung  besitzt.  Bis  hierher  finden  wir  auch  auf  derselben 
die  Platte  des  Oberen  Mergels , unter  welchem  jedoch  mit 
grösster  Wahrscheinlichkeit  in  geringster  Tiefe  der  Untere  Mergel 
getroffen  werden  kann.  Von  Lippehne  bis  Soldin  waren  die  Erd- 
arbeiten noch  nicht  begonnen.  Nahe  der  Haltestelle  Rostin  tritt 
mitten  auf  der  Hochfläche  Unterer  Diluvialmergel  auf.  Von  hier 
bis  zum  Rande  jener  zweiten  Hochfläche  findet  sich  Unterer  Spath- 


der  Stargard-  Cüstriner  Eisenbahn. 


533 


sand,  unter  welchem  am  Thalrande  Diluvialthonmergel  aufgedeckt 
wurde.  Die  weite,  der  Mietzel  angehörige,  Thalebene  wird  durch 
Dünen  häufig  unterbrochen.  In  derselben  findet  sich  ein  stein- 
armer,  jedoch  nicht  steinfreier  Sand.  Die  dritte  Hochfläche  reicht 
von  Zieher  bis  nahe  Cüstrin  und  ist  auf  ihrem  nördlichen  Theile 
bis  zur  grössten  Erhebung  vom  Oberen  Mergel  bedeckt,  während 
auf  dem  südlichen  Theile  nur  eine  schwache  Bank  groben  Ge- 
schiebesandes auf  Unterem  Spathsand  auftritt.  Gegenüber  Tamsel 
bildet  der  Untere  Sand  eine  Kuppe,  deren  Durchstich  durch  den 
Bahnbau  jenes  interessante  Profil  directer  Ueberlagerung  des 
Unteren  Diluvialmergels  durch  geschichteten  Thonmergel  er- 
geben hat. 

Das  Niveau  dieses  Thonmergels  ist,  wenn  man  den  Mergel- 
sand als  dessen  Vertreter  betrachtet,  bereits  bei  Klützow  bemerkt, 
vermuthlich  bei  Pass,  dann  wieder  nahe  Rostin  und  es  ist  nicht 
unwahrscheinlich,  dass  gegenüber  Berneuchen  unter  dem  dortigen 
Thonmergel  gemeiner  Unterer  Mergel  getroffen  wird. 

M.  v.  i).  Borne  theilt  mit,  dass  östlich  von  Greifenhagen  beim 
Kupferhammer  in  einer  Töpferei  - Grube  Lehm  2 — 3 F uss  von 
Diluvialthonmergel  bedeckt  ist.  (Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  1857, 
S.  486.)  Vielleicht  zeigen  sich  derartige  Schichtenfolgen  in  der 
dortigen  Gegend  häufiger. 

Ein  ganz  ähnliches  Profil,  in  welchem  Thonmergel  über 
Unterem  Geschiebemergel  auftritt,  findet  sich  in  der  Berliner  Gegend 
aufgeschlossen  nahe  Glienicke  bei  Grünau1).  Aelinlieh  zeigte  sich 
bei  der  Kartirung  der  Sectioneu  Lichtenrade  und  Königs- Wüster- 
hausen  Mergelsand,  auf  Lichtenrade  auch  Thonmergel  selbst,  als 
Liegendes  des  Oberen  Mergels.  Es  ist  hierdurch  ein  Horizont  des 
Thonmergels  und  Mergelsandes  zwischen  den  beiden  Diluvial- 
mergeln  erwiesen. 

Das  am  Thalrande  nördlich  Cüstrin  auftretende  Profil  verdient 
fernere  Beachtung,  indem  es  gewiss  eigenthümlich  ist,  dass  an  der 
Grenze  zum  Liegenden  des  Unteren  Mergels  eine  schwache  Thon- 
schicht auftritt. 


x)  Siehe  die  eingehende  Beschreibung  d.  Jahrb.  S.  537  ff.  durch  F.  Wahnschaffe. 


534 


Ernst  Laurer,  Aufschlüsse  in  den  Einschnitten  etc. 


Was  die  Diluvialgeschiebe  der  beschriebenen  Gegend  an- 
belangt,  so  ist  mir  kein  Unterschied  aufgefallen  im  Vergleich  zu 
ihrem  Vorkommen,  sowohl  nach  Art  als  auch  Häufigkeit  bei 
Berlin.  Der  Obere  Mergel  ist  auf  der  bereisten  Strecke  als  arm 
an  Geschieben  zu  bezeichnen,  der  Untere  Mergel  enthält  solche 
häufiger.  Unter  den  Kalksteinen,  welche  nur  sehr  spärlich  ge- 
funden werden  konnten,  fanden  sich  besonders  Graptolithenschiefer 
und  meist  graue  Orthocereukalke.  Nahe  Kost  in  kamen  vereinzelte 
Geschiebe  von  braunem  Jura  (wahrscheinlich  Camminer  Jura)  vor. 
Kreidematerial  war  nicht  häufig;  es  wurden  Belemniten  und  ein 
Spondylus  gefunden. 

Auf  der  ganzen  Strecke  von  Stargard  bis  Cüstrin  fehlte  in 
den  aufgedeckten  Schichten  jegliche  diluviale  Fauna. 


Ueber 

das  Vorkommen  gescliiebefreien  Tliones 

in  den  obersten  Schichten  des  Unteren  Diluviums 
der  Umgegend  von  Berlin. 

Von  Herrn  Felix  Wahnschaffe  in  Berlin. 


Bei  der  geologischen  Aufnahme  der  Section  Cöpenick  hatte 
ich  Gelegenheit,  im  äussersten  Südwesten  des  Blattes,  begünstigt 
durch  vortreffliche  Aufschlüsse  sowohl  am  Rande  der  dortigen 
Diluvialhochfläche  als  auch  weiter  nach  dem  Inneren  zu,  die 
Lagerungsverhältnisse  daselbst  sehr  genau  kennen  zu  lernen.  Da 
eine  Mittheilung  der  gewonnenen  Erfahrungen  für  die  Schichten- 
folge im  Unteren  Diluvium  und  speciell  für  die  geologische 
Stellung  des  dort  auftretenden  geschiebefreien  Tliones  von  allge- 
meinerem Interesse  sein  dürfte,  so  soll  nachstehend  eine  kurze 
Beschreibung  von  dem  Aufbau  der  dortigen  Diluvialablagerungen 
geliefert  und  dabei  die  Frage  erörtert  werden,  wie  man  sich  die 
Bildung  der  geschichteten  Diluvialablagerungen  vom  Standpunkte 
der  Inlandeistheorie  aus  erklären  kann. 

Das  Gebiet,  auf  welches  ich  die  Aufmerksamkeit  lenken 
möchte,  bildet  einen  kleinen  Ausschnitt  aus  der  im  Süden  Berlins 
gelegenen  Diluvialhochfläche,  dem  sogenannten  Plateau  des  Teltow, 
und  wird  im  Norden  und  Nordosten  durch  das  ehemalige  Oder- 
thal begrenzt,  welches  die  Section  Cöpenick  in  der  Richtung  von 
SSW.  nach  NNO.  in  einer  Breite  von  ungefähr  elf  Kilometer 
durchzieht.  Diese  grosse  Breite  verdankt  das  Thal  in  besagter 
Gegend  dem  Andrange  der  Wassermassen  aus  dem  Thale  der 


536  Felix  Wahnschaffe,  über  das  Vorkommen  geschiebefreien  Thones 


heutigen  Wendischen  Spree,  die  sich  ehemals  zwischen  den  Miiggels- 
bergen  und  dem  Diluvialgehänge  bei  Falkenberg  in  das  alte  Oder- 
tlial  ergossen  und  aus  dem  Plateaurande  zwischen  Falkenberg  und 
Pixdorf  ein  Stück  in  Form  eines  Kreissegmentes  ausspülten,  ein 
Gebiet,  welches  jetzt  von  den  Jungalluvionen  der  Britzer  und 
Rudower  Wiesen  eingenommen  wird. 

Die  oberste  Ablagerung  innerhalb  des  Plateaus1)  bildet  der 
Obere  Diluvialmergel,  welcher  in  typischer  Ausbildung  als  sandig- 
lehmiger Geschiebemergel  in  einer  zusammenhängenden  und  nur 
an  einigen  Stellen  von  durchragendem  Unteren  Diluvialsande  durch- 
brochenen Decke  sich  den  verschiedenen  schwachen  Erhebungen 
und  Senkungen  der  Hochfläche  anschmiegt.  Seine  in  vielen  Gruben 
beobachtete  Mächtigkeit  beträgt  2 — 4 Meter,  einschliesslich  seiner 
ihm  stets  auflagernden  Verwitterungskruste,  dem  Lehm  und  leh- 
migen Sande. 

Durch  die  Thalerosion  sind  die  Schichten  an  dem  Gehänge  fort- 

O 

geführt  und  zum  Theil  entblösst,  so  dass  man  dort  das  scheinbare 
Sichauskeilen  des  Oberen  Mergels  zu  einer  oft  nur  wenige  Decimeter 
mächtigen  Lehmdecke  durch  Bohrungen  nachweisen  kann  und  den 
darunter  liegenden  Unteren  Diluvialsand  überall  hervortreten  sieht. 
Derselbe  ist  ebenso  wie  in  den  bekannten  Rixdorfer  Sandgruben 
immer  deutlich  geschichtet,  Aron  sehr  wechselndem  Korn  und  zeigt 
häufig  linsenförmige  oder  bandartige  Einlagerungen  von  geschich- 
tetem Grand,  welche  meist  discordant  mit  den  feineren  Sand- 
schichten lagern.  Etwa  achthundert  Meter  südöstlich  vom  Dorfe 
Glienicke  befinden  sich  an  dem  nach  Schöneberg  führenden  Wege 
drei  jetzt  allerdings  verstürzte  Gruben,  welche  jedoch  während 
meiner  Aufnahmearbeiten  daselbst  im  Flerbst  1879  sehr  gute  Auf- 
schlüsse boten.  Durch  die  südöstlichste  derselben  ist  die  Linie 
des  beigefügten  Querprofils  gelegt,  welches  die  dortigen  Lagerungs- 
verhältnisse am  besten  veranschaulichen  wird  und  in  sofern  von 
einigem  Interesse  ist,  als  ein  ähnliches  Profil  aus  der  nächsten 
Umgebung  Berlins  bisher  noch  nicht  veröffentlicht  wurde. 


x)  Vergleiche  die  Section  Cöpenick  im  Maassstab  1 : 25000,  geogn.  u.  agronom. 
bearbeitet  von  F.  Wahnschaffe.  (Im  Druck  befindlich.) 


Querprofil  durch  das  Süd  - Gehänge  des  ehemaligen  Oderthaies 
zwischen  Rudow  und  Glienicke. 


in  d.  obersten  Schichten  d.  Unteren  Diluviums  d.  Umgegend  von  Berlin.  537 


5,38  Felix  Wafinschaffe,  über  das  Vorkommen  geschiebefreien  Thones 


In  allen  drei  Gruben  war  seiner  Zeit  dasselbe  geognostische 
Profil  zu  beobachten.  Unter  einer  Decke  Oberen  Diluvialmergels 
von  ungefähr  2 Meter  Mächtigkeit  folgte  eine  Ablagerung  Unteren 
Diluvialsandes  mit  eingelagerten  Grandstreifen,  von  8^/2  Meter  Mäch- 
tigkeit, welche  von  einer  Bank  geschiebefreien  Thones  unterlagert 
wurde.  Ueber  die  Mächtigkeit  dieser  Thonbank  konnte  ich  keine 
weitere  Auskunft  erhalten.  Meine  in  der  Sohle  der  Grube  an- 
gestellten  Bohrungen  erschlossen  denselben  bis  auf  eine  Tiefe  von 
2 1 2 Meter.  Der  Thon  ist  von  gelblicher  Farbe,  durch  papierdünne 
Zwischenlagerungen  von  äusserst  feinem  Sande  sehr  schön  horizontal 
geschichtet  und  besitzt  bei  ziemlich  hohem  Thongehalt  nur  geringe 
Mengen  von  kohlensaurem  Kalk  (1,93  pCt.).  Spuren  von  organi- 
schen Einschlüssen  wurden  in  demselben  nirgends  aufgefunden. 

Bei  der  Kartirung  des  betreffenden  Kartenabschnittes  konnte  ich 
durch  zahlreiche  Bohrversuche  sowie  durch  die  vorhandenen  Auf- 
schlüsse feststellen,  dass  die  Erstreckung  dieser  Thonbank  nach 
Nord,  AY  est  und  Ost  nur  eine  geringe  sein  kann.  An  dem  ganzen 
Plateaurande  zwischen  Glienicke,  Vorwerk  Falkenberg  und  Bohns- 
dorf  sowie  auch  in  den  tiefen  Sandgruben  westlich  von  Rudow 
(nahe  bei  dem  Dorfe)  wurde  das  Thonlager  nirgends  angetroffen, 
dagegen  zeigte  sich  in  der  ehemaligen  Grandgrube  der  Görlitzer 
Eisenbahn  zwischen  Rudow  und  Glienicke  (siehe  das  Querprofil) 
unter  21/2  Meter  intacten  Unteren  Diluvialsandes  (nicht  Abrutsch- 
masse des  Gehänges)  eine  4 Decimeter  mächtige  Bank  geschiebe- 
freien Thones,  welcher  eine  in  den  Sandgruben  südlich  Glienicke  in 
gleicher  Meereshöhe  gefundene,  nur  4 Centimeter  dicke  Einlagerung 
eines  sehr  fetten  Thones  zu  entsprechen  scheint.  Offenbar  haben  wir 
es  hier  mit  dem  wirklichen,  nicht  durch  Erosion  entstandenen  Aus- 
gehenden der  in  den  erwähnten  drei  Gruben  aufgeschlossenen  Thon- 
bank zu  thun,  welche  wahrscheinlich  auch  nach  Süden  zu  keine  sehr 
weite  Ausdehnung:  besitzen  wird. 

Von  den  Herren  Läufer  und  Dulk  sind  auf  den  südlich 
anstossenden  Sectionen  Königswusterhausen  und  Lichtenrade  sowie 
von  mir  auf  Section  Tempelhof  in  einem  nördlich  Gross  - Ziethen 
gelegenen  Becken  verschiedentlich  sandige  Thonmergel  resp.  Mergel- 
sande als  Einlagerung-  in  dem  den  Oberen  und  Unteren  Diluvial- 

o o 


in  d.  obersten  Schichten  d.  Unteren  Diluviums  d.  Umgegend  von  Berlin.  539 


mergel  trennenden  Unteren  Diluvialsande  beobachtet  worden,  jedoch 
ist  keineswegs  der  Beweis  geliefert,  dass  diese  Ablagerungen  mit  der 
Thonbank  bei  Glienicke  in  directem  Zusammenhänge  stehen,  wenn- 
gleich sie  auch  zu  ein  und  derselben  Zeit  gebildet  sein  mögen. 
Die  Glienicker  Thonablagerung  scheint  mir  vielmehr 
eine  locale  Beckenbildung  zu  sein.  — Ueber  ein  analoges 
Profil  hat  Herr  Läufer  in  der  Februarsitzung  der  Deutschen 
geologischen  Gesellschaft  (1882)  einen  Vortrag  gehalten1).  Das- 
selbe wurde  von  ihm  bei  Tamsel  unweit  Küstrin  in  einem  Eisen- 
bahneinschnitte beobachtet.  Der  dort  auftretende  Diluvialthon- 
mergel nimmt  das  gleiche  Niveau  ein,  wie  die  Bank  bei  Glienicke, 
nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  bei  Tamsel  unter  dem  Thone 
direct  der  Untere  Mergel  folgt. 

Die  weitere  Schichtenfolge  des  Unteren  Diluviums  bei  Glienicke 
war  nur  an  dem  Gehänge  des  alten  Oderthaies  zu  beobachten. 
Unter  dem  Thon  folgte  abermals  eine  Ablagerung  von  ungefähr 
3 Meter  Unteren  Sandes  und  darauf  eine  Bank  Unteren  Geschiebe- 
mergels von  sehr  wechselnder  Mächtigkeit.  Während  derselbe  bei 
Falkenberg  zu  einer  sehr  beträchtlichen  Ablagerung  anschwillt, 
zeigt  er  sich  z.  B.  in  einem  Aufschlüsse  in  Glienicke  westlich  vom 
Kirchhofe  der  reformirten  Gemeinde  als  eine  nur  ein  Meter  mäch- 
tige Bank.  An  dieser  Stelle  wurde  auch  eine  Paluclina  diluviana 
Kunth,  welche  hier  sonst  sehr  selten  zu  sein  scheint,  in  demselben 
gefunden.  In  der  Grandgrube  zwischen  Rudow  und  Glienicke 
wird  der  Untere  Mergel  von  einem  kleinen  Grandbänkchen  über- 
lagert und  geht  östlich  vom  Dorfe  Rudow  oft  plötzlich  in  ge- 
schichtete Sande  und  Grande  über,  so  dass  dann  ein  völliges  Ans- 
setzen desselben  beobachtet  werden  kann.  Es  entspricht  dieser 
Untere  Mergel  dem  an  dem  ganzen  Siidgeliänge  des  alten  Oder- 
thales  von  Berlin  ab  beobachteten  und  besonders  schön  in  den 
Rixdorfer  Sandgruben  am  Rollkruge  aufgeschlossenen. 

Aus  der  nachstehenden  Tabelle,  welche  nach  den  von  mir 
ausgeführten  Untersuchungen  eine  Zusammenstellung  des  Gehaltes 


*)  Siehe  auch  die  vorstehende  Abhandlung  E.  Laufer’s  in  diesem  Jahrbuche 
S.  530,  Taf.  XVI,  Profil  VIII. 


540  Felix  Wahnschaffe,  über  das  Vorkommen  geschiebefreien  Thones 


Fundort 

Geognostische  Bezeichnung 

Mechanische 
Zusammensetzung 
der  Probe 

Kohlensäurebestimmung 
des  Feinbodens 
(Von  je  2 Proben  durch 
Wägung  a.  d.  Differenz) 

Grand  u. 
kleinere 
Geschiebe 
über 
2 Milli- 
meter D. 
pCt. 

Fein- 
boden 
unter 
2 Milli- 
meter D. 

pCt. 

Kohlensäure 

pCt. 

Durch- 

schnitt 

Berechnet 

auf 

Calcium- 

carbonat 

pCt. 

Durch- 

schnitt 

Mergelgrube  südlich 
der  Trainiranstalt 
bei  Dahlwitz 

Oberer 

Diluvial- 

mergel 

4,4 

95,6 

2,32  ) 

> 2,45 
2,57  ) 

5,27) 

5,56 

5,34) 

Mergelgrube  an  der 
östlichen  Sectionsgrenze 
NO.  - Krummendamm 

do. 

2,9 

97,1 

5,16  ) 

5,16 

5,15  ) 

11,73) 

11,72 

11,71) 

Mergelgrube 
bei  Vorwerk  Falken- 
berg 

do. 

3,9 

96,1 

3,05  ) 

3,12 

3,19  1 

6,93) 

7,09 

7,25) 

Oberste  Ablagerung 
in  der  Habrecht’schen 
Thongrube 
bei  Glienicke 

do. 

2,6 

97,4 

5,58  ) 

5,62 

5,66  ) 

12,68) 

12,78 

12,87) 

Mergelgrube 
am  Red -Pfuhl !) 
SO.  Rudow 

do. 

4,8 

95,2 

3,22  ) 

3,24 

3,25  1 

7,32) 

7,36 

7,39) 

Grube  am 
Plateaurande  bei 
Falkenberg, 
von  2 Stellen 

Unterer 

Diluvial- 

mergel 

2,4 

97,6 

3,10) 

3,23 

3,36  1 

7,05) 

7,35 

7,64) 

2,9 

97,1 

4,71  ) 

4,71 

4,71  ) 

10,70) 

10,70 

10,70) 

an  kohlensaurem  Kalk  im  Feinboden  (unter  2 Millimeter  Durch- 
messer) von  verschiedenen  Mergeln  der  Section  Cöpenick  enthält, 
ist  ersichtlich,  dass  ein  höherer  oder  geringerer  Kalkgehalt  hier 

0 Der  dem  Messtischblatt  entnommene  Name  Red-Pfuhl  ist  wahrscheinlich  in 
Roth -Pfuhl  oder  Rothe -Pfuhl  umzuwandeln,  eine  Bezeichnung,  die  sich  vielfach 
in  der  Umgegend  Berlins  findet  und  daher  rührt,  dass  diese  Pfuhle  früher  zum 
»Röthen«  des  Flachses  verwendet  wurden. 


in  d.  obersten  Schichten  d.  Unteren  Diluviums  d.  Umgegend  von  Berlin.  541 


kein  Unterscheidungsmerkmal  für  die  Mergel  des  Oberen  und 
Unteren  Diluviums  abgeben  kann.  Ein  gleiches  Resultat  bat  die 
Zusammenstellung  von  Kalkbestimmungen  einer  grossen  Anzahl 
verschiedener  Mergel  des  Oberen  und  Unteren  Diluviums  aus  der 
Umgegend  Berlins  ergeben1). 

Eine  von  Herrn  Baron  Trützschler  von  Falkenstein  be- 
hufs Gewinnung  guten  Trinkwassers  unternommene  Tiefbohrung, 
welche  vom  Dorfe  Glienicke  aus  fast  genau  in  der  nordwestlichen 
Fortsetzung  der  Profillinie  (p.  537)  bei  Bad  Johannisthal  (in  der 
Sohle  des  alten  Oderthaies,  110  Fuss  über  dem  Ostseespiegel  ge- 
legen) ausgeführt  wurde,  ergab  mit  Sicherheit  nach  den  von  mir 
untersuchten  Bohrproben  nach  Durchteufung  von  3 Meter  feinen, 
gleichkörnigen  Thalsandes  bis  118  Meter  Tiefe  Unteren  Diluvial- 
sand mit  eingelagerten  kleinen  Grandbänkchen.  Darunter  folgte 
nach  Aussage  des  genannten  Herrn  ein  blauer  Thon;  doch  konnte 
ich  keine  Auskunft  darüber  erhalten,  ob  derselbe  bis  zu  140  Meter 
— soweit  wurde  die  Bohrung  geführt  — anhielt.  Aus  dieser  Tiefe 
erhielt  ich  durch  die  Güte  des  Herrn  Baron  eine  allerdings  nur 
kleine  Bohrprobe.  Dieselbe  enthielt  nach  meiner  Untersuchung 
9,14  pCt.  kohlensauren  Kalk,  besass  eine  tief  blaugraue  Farbe  und 
einen  ziemlich  reichlichen  Gehalt  an  feinen  Glimmerblättchen.  Bei 
dem  Durchbrechen  eines  völlig  unversehrten  Stückes,  so  dass  an 
eine  Einschlämmung  von  oben  her  nicht  gedacht  werden  kann, 
fand  ich  die  eine  Schale  eines  Pisidium , welches  Dank  der  gütigen 
Bestimmung  des  Herrn  Prof,  von  Marxens  wegen  eines  starken 
Fortsatzes  an  der  Aussenseite  der  Schale  in  der  Nähe  des  Schlosses 
als  ein  jugendliches  Exemplar  des  noch  jetzt  in  der  Mark  Branden- 
burg lebenden  Pisidium  Henslotoianum  Shepp.  anzusehen  ist.  Da 
sich  ausserdem  unter  dem  Mikroskop  keine  Polythalamien  nachweisen 
liessen,  dagegen  beim  Abschlämmen  deutliche  Reste  von  Kreide- 
bryozoen  gefunden  wurden,  so  ist  die  Probe  trotz  der  grossen 
Tiefe  diluvial.  Ob  das  Material  als  geschiebefreier  Thon  oder  als 
eine  thonige  Ausbildung  des  Unteren  Geschiebemergels  aufzufassen 

x)  Untersuchungen  des  Bodens  der  Umgegend  von  Berlin,  bearbeitet  von 
Dr.  Ernst  Läufer  und  Dr.  Fei.ix  Wahnschaffe  (Abhandl.  z.  geolog.  Specialkarte  von 
Proussen  etc.  Band  III,  Heft  II.  Berlin  1881)  p.  155,  251 — 256,  258  und  259,  263. 


542  Felix  Wahnschaffe,  über  das  Vorkommen  geschiebefreien  Thones 


ist,  liess  sieli  bei  der  Kleinheit  der  Probe  nicht  entscheiden.  — 
Interessant  ist  immerhin  die  grosse  Mächtigkeit  und  Gleichförmig- 
keit  der  durchsunkenen  Diluvialschichten,  welche  in  der  Tief- 
bohrung in  der  Citadelle  Spandow1),  woselbst  die  Tertiärschichten 
erst  bei  137,7  Meter  erreicht  wurden,  ihr  Pendant  findet. 

Um  nun  auf  das  Glienicker  Profil  zurückzukommen,  so  haben 
wir  es  daselbst  mit  einer  Bank  geschiebefreien  Thones  zu  thun, 
welche  nicht  wie  die  Glindower  Tlione  ein  verhältnissmässig  tiefes 
Niveau  im  Unteren  Diluvium  einnimmt,  sondern  den  Sanden, 
welche  hier  den  Oberen  und  Unteren  Mergel  trennen, 
zwischengelagert  ist. 

Die  früheren  Gliederungen  des  Diluviums,  welche  wesentlich 
unter  dem  Einflüsse  der  Drifttheorie  standen,  nahmen  gewöhnlich 
unter  der  Voraussetzung  einer  ziemlich  streng  nach  petrographi- 
schen  Merkmalen  unterscheidbaren  Altersfolge  drei  Abtheilungen 
im  Diluvium  an,  so  zwar,  dass  die  untersten  Schichten  desselben 
ausschliesslich  aus  feinen  Sanden  und  Thonen  bestehen  sollten, 
während  in  den  beiden  oberen  Abtheilungen  zwar  auch  geschichtete 
Sande  und  Grande,  jedoch  vorwiegend  die  geschiebeführenden 
Ablagerungen  vorhanden  wären.  Veranlasst  durch  eine  grössere 
Reihe  neuerer  Beobachtungen  haben  Lossen  und  Berendt,  obwohl 
noch  vom  Standpunkte  der  Drifttheorie  aus,  diesen  Gesichtspunkt 
später  aufgegeben.  Ersterer2)  unterscheidet  nur  zwei  Hauptabthei- 
lungen, ein  Oberes  und  ein  Unteres  Diluvium,  und  nimmt  in 
letzterem  eine  Sand-  und  Lehm-,  respective  Thonfacies 
an,  deren  Schichten  sich  gegenseitig  vertreten  können 
und  nur  local  eine  gewisse  Regelmässigkeit  in  der 
Ueb  er  ein  an  der  folge  erkennen  lassen.  Auch  Berendt3) 

x)  Yergl.  Geogn.  Beschreibung  der  Gegend  von  Berlin.  G.  Berendt  u.  W.  Dames. 
Berlin  1880,  p.  35  u.  36.  — G.  Berendt,  über  Tiefbohrungen  bei  Berlin  u.  Spandow. 
Zeitschrift  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXII,  p.  821. 

2)  K.  A.  Lossen,  der  Boden  der  Stadt  Berlin  etc.  Berlin  1871),  p.  829. 
Bereits  mitgetlieilt  im  Sitzungsprotoeoll  d.  Deutschen  geolog.  Ges.  vom  2.  Juni 
1875.  Bd.  XXVII,  p.  494. 

3)  G.  Berendt,  Abhandlungen  zur  geolog.  Specialkarte  von  Preussen  etc. 
Band  II,  Heft  3.  Die  Umgegend  von  Berlin.  I.  Der  Nordwesten  Berlins.  1877. 
p.  9 u.  16. 


in  d.  obersten  Schichten  d.  Unteren  Diluviums  d.  Umgegend  von  Berlin.  543 


hat  sich  dahin  ausgesprochen,  dass  nur  eine  Gliederung  in  Oberes 
und  Unteres  Diluvium  statthaft  sei,  da  die  Ergebnisse  der  fiskali- 
schen Tiefbohrungen  und  die  Aufnahmearbeiten  der  geologischen 
Landesanstalt  die  Wechsellagerung  geschiebeführender  und 
geschiebefreier  Bildungen  bewiesen  hätten. 

So  zeigt  auch  das  Glienicker  Profil,  dass  die  feinen  geschiebe- 
freien Thone  in  der  Umgegend  Berlins  nicht  nur  auf  die  tiefsten 
Schichten  des  Unteren  Diluviums,  wie  man  früher  annahm,  be- 
schränkt sind,  obgleich  dies  allerdings,  abgesehen  von  einigen 
kleinen  Mergelsand-  respective  Schleppbänkchen,  auf  den  Karten- 
blättern im  Nord-  und  Süd -Westen  der  Residenz,  soweit  die 
Beobachtungen  reichen,  ausnahmslos  der  Fall  zu  sein  scheint. 

Wenn  man  die  geschichteten  Bildungen  im  Diluvium  als  die 
Aufbereitungsprodukte  der  Grundmoräne  des  Inlandeises  betrach- 
tet1), entstanden  durch  die  Schmelzwasser  des  Gletschereises,  so  setzt 
die  häufig  in  sich  discordante  Ablagerung  der  Sand-  und  Grand- 
schichten ein  mehr  oder  weniger  stark  strömendes  Wasser  voraus, 
während  die  feinen  horizontalgeschichteten  Thone  sich  nur  in  ganz 
ruhigen,  beckenartigen  Vertiefungen  absetzen  konnten.  Es  lassen  sich 
für  die  Bildung  der  geschichteten  Ablagerungen  drei  Fälle  denken : 
Dieselbe  konnte  stattfinden  entweder  an  einzelnen  innerhalb  der 
grossen  Inlandeisdecke  aus  irgend  welchen  Ursachen  eisfrei  ge- 
bliebenen Stellen,  oder  am  Fusse  des  Eises2)  bei  dessen  fort- 
während stattfindender  Oscillation  und  drittens  unter  dem  Eise 
selbst,  wie  dies  II.  Credner3)  von  den  subglacialen  Pleisse-  und 
Muldeschottern  Sachsens  bewiesen  hat.  Auch  Helland4)  sagt 
ausdrücklich:  »Sowohl  unter  als  vor  einem  Gletscher  können  von 
den  Gletscherwässern  solche  (Sand-  und  Kies-)  Ablagerungen  ab- 
gesetzt werden.«  Da  das  Inlandeis  bei  seinem  Vorrücken  im  nord- 

!)  Vergl.  W.  Dames,  Zeitschrift  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXIII,  p.  440. 

2)  F.  E.  Geinitz  hat  die  Bildung  geschichteter  Ablagerungen  (Sande,  Kiese 
und  Thone)  am  Fusse  des  vorrückenden  Inlandeises  neuerdings  sehr  anschaulich 
gemacht  in  der  Zeitschr.  d.  I).  geol.  Ges.  Bd.  XXXIII,  p.  567  u.  568. 

3)  II.  Credner,  Zeitschrift  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXTT , p.  587  u.  588. 

4)  A.  Helland,  über  die  glacialen  Bildungen  der  norddeutschen  Ebene. 
Zeitschrift  d.  D.  geolog.  Ges.  Bd.  XXXI,  p.  93. 


544  Felix  Wahnschaffe,  über  das  Vorkommen  geschiebefreien  Thones 


deutschen  Flachlande  vielfach  genötliigt  war,  eine  geneigte  Ebene 
hinaufzusteigen,  so  können  wir  auch  annehmen,  dass  die  am  Fusse 
sich  sammelnden  Schmelzwasser  oftmals  unter  das  Eis  zurück- 
strömten. 

Unter  welchen  von  diesen  Bedingungen  sich  in  jedem  ein- 
zelnen Falle  die  geschichteten  Diluvialablagerungen  bildeten,  lässt 
sich  bis  jetzt  nicht  immer  nachweisen,  doch  müssen  wir  an- 
nehmen, dass  für  solche  Gegenden,  wo  sich  Tlione  mit  vege- 
tabilischen und  animalischen  Resten  finden,  eine  sehr  lange,  eisfreie 
Zeit  vorhanden  gewesen  sein  muss,  in  der  sich  eine  Fauna  und 
Flora  ansiedeln  konnte.  Es  braucht  jedoch  aus  solchen  bisher 
nur  local  bekannten  Vorkommen  noch  keineswegs  eine  allgemeine 
grosse  Interglacialperiode  für  das  ganze  Inlandeisgebiet  gefolgert 
zu  werden.  James  Geikie* 1)  beschreibt  aus  Schottland  mehrfach 
Einlagerungen  von  geschichteten  Sanden  und  Thonen  im  Till, 
dem  Aequi valent  unseres  Geschiebemergels,  deren  Entstehung  er 
von  einem  jedesmaligen  durch  Milderung  des  Klimas  hervorgerufenen 
Zurückweichen  der  Eisdecke  bis  auf  die  Hochgebirge  abhängig 
macht.  Die  auf  dem  eisfreien  Gebiet  abgelagerten  Schichten  fasst 
er,  abgesehen  von  den  offenbar  marinen  Bildungen,  welche  die 
Annahme  einer  Senkung  des  Terrains  unter  den  Meeresspiegel 
voraussetzen,  je  nach  ihrer  Natur  als  Stromabsätze  oder  als  Land- 
seebildungen auf.  Holmström2)  glaubt  allerdings  aus  dem  Vor- 
kommen der  von  ihm  zwischen  dem  Oberen  und  Unteren  Geschiebe- 
mergel (gul  och  bla  kross  - stenslera)  bei  Klägerup  in  Schonen 
naclmewiesenen  Thonbänke  mit  einer  Süsswasserfauna  eine  all- 
gemeine  Interglacialperiode  folgern  zu  können.  Ich  möchte  mich 
jedoch  eher  der  Ansicht  E.  Erdmann’s  3)  anschliessen,  welcher 
dieses  Vorkommen  für  eine  locale  Bildung;  hält. 

Vom  Standpunkte  der  ToRELL’schen  Inlandeistheorie  aus  und 
unter  der  Annahme  einer  nur  einmaligen  grossen  Ver- 

J)  J.  Geikie,  The  great  ice  age.  London  1874.  p.  158 — 161,  180  — 192. 

2)  L.  Holmström,  Öfversigt  af  bildningar  frän  och  efter  istiden  vid  Klägerup 

i Malmöhus  län.  Öfversigt  af  Kgl.  V.-Akadem.  Förhandlingar  1873. 

a)  E.  Erdmann,  Jakttagelser  öfver  moränbildningar  och  deraf  betäckta  skiktade 

jordlager  i Skäne.  Geol.  Foren.  Förhandlingar  Bd.  1,  No.  12,  p.  17. 


in  d.  obersten  Schichten  d.  Unteren  Diluviums  d.  Umgegend  von  Berlin.  545 

ofl  et  scherung  muss  man  nach  meiner  Anschauung  unser 
ganzes  Unteres  Diluvium  mit  seinen  geschichteten  und 
ungeschichteten  Ablagerungen  als  ein  einheitliches, 
seiner  Bildungszeit  nach  mehr  oder  weniger  gleichzei- 
tiges Formationsgl  ied  auffassen,  so  dass  eine  Specialgliederung 
dieser  Ablagerungen,  wie  dies  schon  Lossen,  wiewohl  als  Anhänger 
der  Drifttheorie,  in  seinem  gediegenen,  vortrefflichen  Werke  zuerst 
und  überzeugend  dargelegt  hat1),  nur  local  von  Bedeutung  ist2). 
Die  geschichteten  Bildungen,  welche  unter  oder  über 
den  verschiedenen  Bänken  des  Unteren  Mergels  liegen 
oder  denselben  ganz  und  gar  vertreten,  sind  nur  als 
die  secundären  Aus waschungs-  resp.  Schlämmprodukte 
der  grossen  Grundmoräne  des  Inlandeises  anzusehen, 
weshalb  sich  meiner  Ansicht  nach  für  dieselben  ein 
bestimmtes  Niveau  auf  grössere  Erstreckung  hin  in 
unserem  norddeutschen  Flach  lande  nicht  fest  halten 
lässt. 

x)  K.  A.  Lossen,  der  Boden  der  Stadt  Berlin,  p.  971  — 975. 

Nachstehende  Worte  dieses  gründlichen  Forschers  können  nicht  genug  be- 
herzigt werden:  »Der  Hauptsache  nach  besteht  er  (der  Unterschied  zwischen 
Lossen’s  und  der  bisher  geläufigen  Auffassung  über  die  Gliederung  des  Nord- 
deutschen Diluviums)  darin,  dass  man  sich  bisher  das  Unterdiluvium  viel  zu  gleich- 
massig  nach  einer  bestimmten  Aufeinanderfolge  seiner  einzelnen  petrographisch 
unterscheidbaren  Formationsglieder  zusammengesetzt  vorstellte  und  diesen  Gliedern 
selbst  vielfach  eine  zu  sehr  gleichmässige  Ausdehnung  in  einem  bestimmten 
geologischen  Niveau  beimaass.«  pag.  972. 

Vergleiche  auch  Scholz,  über  die  geologische  Beschaffenheit  der  Gegend  von 
Stralsund  und  einige  der  dortigen  Trinkwasserverhältnisse,  pag.  7 (Mittheil.  a.  d. 
naturw.  Ver.  v.  Neuvorpommern  u.  Rügen.  Jahrg.  14.  1882).  Der  Verfasser  glaubt 
von  den  im  Stralsunder  Geschiebemergel  auftretenden  Sandschichten,  dass  sie  sich 
nicht  immer  als  regelmässige  Einlagerungen  auf  weitere  Strecken  hin  verfolgen 
lassen. 

2)  Vergleiche  A.  Helland,  über  die  glacialen  Bildungen  der  norddeutschen 
Ebene.  Zeitschrift  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  XXXI,  p.  92,  Anmerk. 


35 


Die  Lagerung  der  diluvialen  Nordseefauna 
bei  Marienwerder. 

Von  Herrn  Alfred  Jentzsch  in  Königsberg  i.  Ostpr. 

(Hierzu  Tafel  XVn.) 

Die  ersten  Spuren  der  marinen  Diluvialfauna  Westpreussens 
fand  G.  Berendt  1865  »ziemlich  genau  eine  Meile  unterhalb 
Marien werder , wo  an  dem  Abhange  des  Plateaus  zu  dem  hier 
ca.  5/4  Meile  breiten  Weichselthal e , gegenüber  dem , durch  das 
fast  verwachsene  Bett  der  alten  Nogat  getrennten  Dorfe  Rothhof, 
eine  Schicht  (wahrscheinlich  unteren)  Diluvialmergels  (nach  der 
damaligen  Bezeichnung  »Sandmergel«)  in  ca.  25  Fuss  (7,85  Meter) 
Höhe  über  dem  Wege,  also  ca.  40 — 50  Fuss  (12,55  — 15,69  Meter) 
über  dem  mittleren  Weichselspiegel  ihr  Ausgehendes  hat.  Hier  ist 
behufs  geringer  Gewinnung  des  unterlagernden  Sandes,  auch  wohl 
des  Mergels  selbst,  genau  gegenüber  dem  FROHWERCKschen  Wohn- 
gebäude, die  äusserst  scharfe  untere  Grenze  der  Sandmergelschicht 
zum  Sande  entblösst  und  zeigen  die  liegendsten  9 Zoll  (0,235  Meter) 
genannter  Schicht  neben  einem  stärkeren  Sandgehalte  zahlreiche 
äusserst  gebrechliche  Schalen  oben  genannter  Mollusken,  sowie 
vereinzelt  kleine  Hohlräume,  die  mit  einer,  durch  Eisenoxydhydrat 
rothbraun  gefärbten,  leichten  faserigen  Masse,  offenbar  Fragmenten 
von  Pflanzenstengeln  gefüllt  sind,  die  jedoch  bis  jetzt  keine  be- 
stimmten Formen  erkennen  lassen.  Oberhalb  dieser  9 Zoll  (0,235 
Meter)  verlieren  sich  die  Schalreste  ziemlich  plötzlich«  1). 

Berendt  fand  ähnliche  Vorkommnisse  noch  mehrfach  im 
Weichselthal  südwärts  bis  Thorn  und  Bromberg  und  constatirte 


*)  Schriften  der  physikal.  Ökonom.  Gesellschaft  zu  Königsberg,  1865  und 
Nachträge  das.  1867  u.  1871.  Abgekürzt  in  der  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges. 


Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung  der  diluvialen  Nordseefauna  etc.  547 


darin  folgende  Arten:  Ostrea  edulis  L.,  Cardium  edule  L.,  C.  echina- 
tum  L.,  Tellina  solidula  Pult.,  Corbula  gibba  Olivi  (=  nucleus  Lam.), 
Mactra  subtruncata  Dac. Scrobicularia  piperata  Gmel.  (Schum.); 
Venus  virginea  L.,  Cyprina  islandica  L.,  Nassa  reticulatci  L.  sp., 
Cerithium  lima  Beug.  (6'.  reticulatum  Dac.  Lov.),  Scalaria  communis 
Lam.,  also  eine  reine  Nordseefauna,  und  als  Seltenheiten  einige 
Exemplare  von  Süsswasserschnecken , nämlich  Paludina  diluviana 
Ivunth,  Valvata  piscinalis  Müll,  und  V.  macrostoma. 

Die  allmählich  fortschreitende  Kartenaufnahme,  sowie  gelegent- 
liche Funde  wiesen  eine  ähnliche  Fauna  in  einem  weiten  Umkreise 
in  Ost-  und  Westpreussen  an  sehr  zahlreichen  Punkten  theils  im 
Geschiebemergel,  theils  und  hauptsächlich  im  Grand,  bis 
zu  einer  Meereshöhe  von  516Fuss  (161,95  Meter)  nach.  An  neuen 
Formen  traten  dadurch  hauptsächlich  hinzu  Dreissena  polymorpha , 
welche  mit  Valvata  piscinalis , V.  naticina  Menke,  Unio  sp.  und 
Paludina  diluviana  ganze  Süsswasserschichten  bei  Elbing  erfüllt,  und 
Yoldia  arctica  Gray,  welche  gemeinsam  mit  Cyprina  islandica  L., 
Astarte  borealis  etc.  den  sehr  merkwürdigen  Yoldiathon  am  Frischen 
Haff  zwischen  Elbing  und  Tolkemit  charakterisirt. 

Schon  früher  war  marine  Diluvialfauna  in  Holstein  und  Schles- 
wig nachgewiesen;  sie  fand  sich  weiter  auf  Rügen,  Möen  und 
Schonen,  sowie  ganz  neuerdings  bei  Stade.  Die  übrigen  Gegenden 
des  norddeutschen  Flachlandes,  insbesondere  bei  Berlin,  Halle  und 
Leipzig  zeigten  bisher  nur  Süsswasserfauna. 

Während  somit  die  horizontale  Verbreitung  der  Fauna  von 
Jahr  zu  Jahr  mehr  bekannt  wurde,  und  die  Fundorte  allmählich 
sich  häuften,  ist  über  die  Lagerung  bisher  wenig  publicirt  worden. 
Die  wenigen  Einzelprofile  durften  nicht  ohne  Weiteres  verallge- 
meinert werden,  da  die  Schichten  des  Diluviums  oft  schon  auf 
geringe  Entfernung  einen  völlig  verschiedenen  Anblick  gewähren. 
So  kam  es,  dass  einmal  diese  Fauna  als  ursprünglich  einem  mehr 
oder  minder  geschiebefreien  Unterdiluvium  angehörig  betrachtet,  von 
anderer  Seite1)  z.  B.  die  Austernbank  von  Blankenese  bei  Hamburg 
dem  geschiebeführenden  Oberdiluvium  zugewiesen  werden  konnte. 


1)  Gottsche,  Skizzen  und  Beiträge  zur  Geognosie  Hamburgs.  187G,  p.  15. 

35* 


Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung 


548 

Die  bisherigen  Karten  in  1 : 100  000  konnten  zwar  die  Zuge- 
hörigkeit zum  geschiebeführenden  Unterdiluvium  überall  nachweisen, 
eine  speciellere  Schichtenfolge  aber  nicht  erkennen  lassen *). 

Die  vom  Verfasser  im  Sommer  1881  im  Maassstab  1 : 25  000 
bearbeitete  Section  Marienwerder  bot  zum  ersten  Male  Gelegenheit, 
die  Schichtenreihe,  welcher  die  Meeresfauna  angehört,  eingehend 
klar  zu  stellen.  Da  hier  zugleich  der  oben  erwähnte  erste  Fund- 
punkt Westpreussens  liegt,  beansprucht  sie  auch  aus  diesem  Grunde 
erhöhtes  Interesse. 

Der  alte  Fundpunkt,  den  mir  Herr  Prof.  Berendt  authentisch 
bezeichnete,  ist  jetzt  so  ungünstig  aufgedeckt,  dass  er  nur  mit 
Lebensgefahr  ausgebeutet  werden  könnte.  Es  gelang  mir,  einige 
wenige  Stücke  zu  erbeuten.  Das  zunächst  liegende  Gebäude  ge- 
hört jetzt  Frohwerck  jun.,  nicht  mehr,  wie  1865,  Frohwerck  sen. 
Letzterer  besitzt  jetzt  weiter  südlich,  am  Ausgange  einer  grösseren 
Schlucht,  ein  Grundstück,  hat  behufs  Ausbau  desselben  den  Berg 
theilweise  abgegraben  und  dadurch  den  gegenwärtig  besten  Auf- 
schluss derselben  Concliylienschicht  wiederum  geschaffen.  Auch  hier 
liegen  die  Conchylien  im  echten  typischen  Geschiebe- 
mergel, die  untersten  0,5  Meter  desselben  erfüllend.  Es 
sind  meist  Bruchstücke,  und  alle  Exemplare  sind  sehr  weich  und 
bröcklich;  doch  kommen  auch  ganze  Schalen  resp.  Klappen  vor,  und 
hin  und  wieder  finden  sich  noch  Farbenspuren.  Mau  kann  sich  bei 
der  Reichlichkeit  des  Vorkommens  des  Eindruckes  nicht  erwehren, 
dass  das  Material  des  Geschiebemergels  sich  vorwärts  schob  entweder 
über  den  Meeresgrund  oder  doch  über  eine  muschelreiche  Meeres- 
schicht; dass  die  Conchylien  bald  nach  ihrem  Absterben  von  thonigem 
Material  umhüllt  wurden,  wird  durch  die  Farbenspuren  angedeutet. 

Die  Basis  des  Geschiebemergels  liegt  7 Meter  über  der  Hofsohle, 
ca.  78  Fuss  (24,48  Meter)  über  der  Ostsee.  Darunter  folgt  sandiger 


')  Die  geologische  Karte  der  Provinz  Preussen  giebt  Fundorte  für  Diluvial- 
fauna auf  den  Sectionen  Friedland,  Heiligenbeil,  Frauenburg,  Wormditt,  Dirschau 
und  (besonders  reichlich)  Elbing  an;  vergl.  auch  die  Uebersichtskarte  des  Weichsel- 
delta’s  nebst  Umgebung,  in  »Jentzsch,  Geol.  Bericht  (Schriften  d.  physikal.  ökon. 
Ges.,  1880,  Taf.  I.)«.  Dieselbe  reicht  südwärts  bis  zur  Grenze  des  in  Rede  stehen- 
den Blattes  Marienwerder. 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienworder. 


549 


Grand  bis  zur  Ilofsohle.  Hier  wurde  am  Fusse  des  Abhanges 
gebohrt;  ich  fand  0,5  Meter  sandigen  Abrutsch,  1,0  Meter  thonigen 
Mergel;  darunter  1,5  Meter  groben  Diluvialsand,  der  somit  hier 
die  tiefste  bekannte  Schicht  des  Diluviums  darstellt.  Der  den 
Grand  bedeckende  Geschiebemergel  zieht  sich  dem  Abhang  parallel 
abwärts  (so  dass  der  Grand  eben  nur  künstlich  aufgedeckt  ist) 
und  ist  oberflächlich  bis  0,8  Meter  Tiefe  schwach  hiunos,  daher 
sehr  vorzüglich  fruchtbar.  Letztere  Erscheinung  entspricht  dem 
schwarzen  Höhenboden  (Schwarzerde),  welcher  bei  Mewe  und  in 
Cujawien  weit  ausgedehnter  entwickelt  ist.  — Das  Herabschleppen 
aber  des  Geschiebemergels  ist  eine  an  diluvialen  Gehängen  sehr 
allgemeine  Lagerungsform,  welche  eben  deshalb  die  Erkenntniss 
der  wahren,  ursprünglichen  Lagerung  und  der  Gliederung  des 
Diluviums  sehr  erschwert;  denn  selbstredend  ist  dies  Herab- 
schleppen erst  secundär,  bei  und  nach  der  Auswaschung  der  Thal- 
rinnen eingetreten. 

Der  Geschiebemergel  ist  1,5  Meter  mächtig.  Dass,  wie  schon 
1865  Berendt  vermuthete,  derselbe  dem  Unterdiluvium  angehört, 
wird  durch  das  Folgende  auf  das  Bestimmteste  bestätigt:  Zunächst 
sieht  man  darüber  1 Meter  mächtig,  unmittelbar  auflagernd,  ge- 
schichteten Thonmergel  (sogenannten  Bänderthon).  An  einer  Stelle 
sieht  man  darüber  noch  3 Meter  eines  sichtlich  gerutschten  Thones 
mit  deutlichster  Breccienstructur.  Etwa  1 Meter  höher  steht  Thon- 
mergel an;  derselbe  lässt  sich  noch  2 Meter  höher  (also  bis  ca. 
3 Meter  über  der  Thonbreccie)  im  Boden  verfolgen-,  bis  20  Meter 
landeinwärts,  wo  echter  Thon  überlagert  wird  durch  2 Meter  dilu- 
vialen Grand  mit  Stücken  mariner  Concliylien.  Letzterer  ist  keines- 
wegs eine  aus  dem  Berggehänge  zu  Tage  tretende  Schicht,  sondern 
eine  Auflagerung.  — Wie  durch  ein  Bohrloch  constatirt  wurde,  tritt 
der  Thon  unter  derselben  weiter  landeinwärts  alsbald  wieder  zu 
Tage,  und  auch  im  Streichen  des  Gehänges  verschwindet  der  Grand 
in  geringer  Entfernung.  Thon,  mit  geringer  Lehmbedeckung,  bildet 
das  höhere,  ziemlich  flache  Gehänge,  bis  in  ca.  140  Fuss  (44  Meter) 
Höhe  sich  sandiger  Grand  darauf  legt,  der  durch  Grube  und  Bohr- 
loch 4,2  Meter  mächtig  erschlossen  wurde.  Darüber  liegt  thoniger 
Lehmmergel,  der  weiter  westlich  direct  über  den  Thon  sich  her- 


550 


Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung 


unterzieht,  so  dass,  wie  durch  Bohrungen  und  natürliche  Auf- 
schlüsse sich  ersucht,  der  Grand  sich  zwischen  Thon  und  Diluvial- 
mergel  auskeilt,  wie  dies  das  Profil  LM  auf  der  beigegebenen 
Tafel  darstellt. 

Die  zwei  oberen  Reihen  dieser  Profile  sind  Querprofile  des 
Weichselthalgehänges  der  Section  Marienwerder  (Gradabtheilung  33, 
No.  16  der  geologischen  Specialkarte  in  1 : 25  000).  Jedes  Profil 
stellt  einen  ungefähr  W. — O.  streichenden  Verticalschnitt  dar,  und 
alle  sind  in  ihrer  natürlichen  Reihenfolge  so  aneinandergereiht, 
dass  AB  das  nördlichste,  112  das  südlichste  Profil  der  Section 
darstellt.  Als  Maassstab  wurde  1 : 2500  für  die  Längen,  1 : 1000 
für  die  Höhen  gewählt.  Die  eingeschriebenen  Zahlen  bezeichnen 
die  Nummern  der  Handbohrlöcher,  über  welche  auf  der  Bohrkarte 
und  im  Bohrregister  das  Nähere  einzusehen  ist. 

Der  jetzt  1 10  Fuss  (34,52  Meter)  hoch  liegende  Grand  erscheint 
nunmehr  als  ein  abgetrenntes  Bruchstück  des  bei  140  Fuss  (44  Meter) 
anstehenden.  Wir  müssen  annehmen,  dass  eine  zusammenhängende 
grosse  Scholle  allmählich  tiefer  gesunken  ist.  So  erklärt  sich  auch 
die  Breccienstructur  des  Thones  weiter  unten;  es  zeigt  sich,  dass 
die  Mächtigkeit  des  Thones  nicht  seiner  Verbreitung  von  82  bis 
140 Fuss (25,74 — 44Meter)  entspricht,  also  nicht  58 Fuss (18, 2Meter), 
sondern  sehr  viel  weniger  beträgt,  wie  dies  auch  aus  andern  Profilen 
der  Gegend  hervorgeht.  Es  hat  geradezu  den  Anschein,  als  sei  an 
einem  steil  ausgenagten,  hohen  Absturz  ein  allmähliches  staffelartiges 
Herabrutschen  entlang  mehrerer,  in  ihrem  Streichen  der  Oberfläche 
entsprechender  Verwerfungsklüfte  erfolgt.  Dadurch  wird  auch  die 
ursprüngliche  Flöhe  des  die  Sohle  des  Geschiebemergels  bezeichnen- 
den Muschel' agers  weit  beträchtlicher,  etwa  1 30  Fuss  (40,8  Meter). 

214  Schritt  östlich  von  Bohrloch  B.  111,  No.  54  liegt  No.  60, 
auf  der  Grenze  der  Feldmark.  Von  hier  nach  Süd  abwärts  zur 
Schlucht  wurde  das  Profil  NO  durch  7 Handbohrung;en  ermittelt. 
Oben  liegt  1,5  Meter  Geschiebemergel  über  Sand;  kaum  0,3  Meter 
tiefer,  1 Meter  südlich  von  No.  60,  geht  dieser  Sand  zu  Tage  aus; 
darunter  folgt  3,2  Meter  unter  der  Oberkante  wieder  Geschiebe- 
mergel; es  folgt  ein  theilweise  verrutschter  Wechsel  von  Sand  und 
Geschiebemergel,  schliesslich  15  Meter  unter  No.  60  Thonmergel 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder. 


551 


und  3 Meter  tiefer  tlioniger  Lehmmergel.  Die  Oberkante  der  Thon- 
schicht liegt  hier  etwa  bei  145  Fuss  (45,5  Meter)  Meereshöhe. 

Weiter  westlich,  an  demselben  Gehänge  der  Schlucht,  vom 
Burgwall  abwärts , wurde  das  Profil  P Q abgebohrt  (Bohrloch 
B.  III,  No.  37  — 52).  Oben  liegt  Lehmmergel;  8 Meter  unter  der 
Oberkante  wird  Sand  erbohrt,  der  im  Wesentlichen  das  tiefere  Ge- 
hänge zusammensetzt.  Etwa  23  Meter  unter  der  Oberkante  ]ie<rt 
darin  0,6  Meter  gelber  Lehm ; darunter  folgt  reiner  Sand  bis  zum 
Bachbett;  der  Thon  liegt  hier,  wie  die  Combination  verschiedener 
Aufschlüsse  lehrt,  etwas  tiefer,  fällt  mithin  nach  Osten  ein,  d.  h. 
in  das  Plateau  einwärts,  völlig  entsprechend  dem  von  Berendt 
entwickelten  Gesetze  1). 

Das  Facit  der  Profile  L — Q ist  hiernach:  Unter  einem  sich 
parallel  den  Abhang  hinabziehenden  Geschiebemergel  folgt  mäch- 
tiger Sand  und  Grand  mit  Conchylien  und  mit  eingelagerter  Bank  von 
Geschiebemergel;  unter  dem  Sand  liegt  Thon,  darunter  typischer 
Geschiebemergel,  der  an  seiner  Basis  reich  an  Conchylien  ist;  darunter 
7 Meter  Grand,  darunter  1 Meter  tlioniger  Mergel,  darunter  Sand. 

Etwa  400  Meter  nördlich  von  LM  wurde  das  Profil  JK  ab- 
gebohrt. Sand  bildet  hier  die  Steilböschung  bis  7 Meter  über  der 
Niederung  (ca.  74  Fuss  [23,2  Meter]  über  dem  Meere);  darüber  folgt 
echter  Geschiebemergel,  in  Bohrloch  A.  III,  No.  12  mit  1,1  Meter 
nicht  durchbohrt;  darüber  Thonmergel,  der  sich,  mit  0,4 — 1,7  Meter 
Abrutschmassen  bedeckt,  den  Abhang  hinauf  56  Schritte  weit  ver- 
folgen lässt,  bis  etwa  142  Fuss  (44,57  Meter)  Meereshöhe.  Hier  legt 
sich  darauf  reiner  Sand  (A.  III,  No.  19 — 21),  der  (No.  20 — 21)  von 
1,6  Meter  Lehnnnergel  bedeckt  wird.  Die  Grenze  beider  Schichten 
ist  zu  162  Fuss  (50,84  Meter)  anzunehmen,  die  Mächtigkeit  des 
Sandes  mithin  zu  20  Fuss  (6,27  Meter).  Bis  oben  bei  195  Fuss 
(61,2  Meter)  (No.  22)  liegt  tlioniger  Geschiebemergel. 

Das  nächst  nördlichere  Profil  GH  beginnt  an  dem  entlang 
der  Niederung  laufenden  Wege,  8 Schritt  nördlich  von  dem  süd- 
lich Alt -Rotlihof  eine  kurze  Schlucht  bildenden  Wässerchen  mit 


*)  Gletschertheorie  oder  Drifttheorie?  Zeitsehr.  der  Deutsch,  geol.  Ges., 
1879,  p.  15. 


552 


Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung 


A.  III,  No.  85,  steigt  den  Abhang  hinauf  nach  Nordost  zu  der  mit 
162  Fuss  (50,84  Meter)  auf  der  Karte  verzeichneten  Kuppe  (A.  III, 
No.  93)  und  läuft  von  da  zur  Ecke  des  Gutsgartens  von  Alt-Rothhof 
in  der  Richtung  nach  ONO.  (Bohrloch  A.  III,  No.  106).  Sein 
unteres  Ende  ((?)  liegt  130  Meter  nördlich  von  sein  oberes  (H) 
320  Meter  nördlich  von  K.  — An  der  Südseite  der  Mündung  jener 
Schlucht  ist  deutlich  Sand  zu  sehen,  darüber,  etwa  4 Meter  über 
dem  Wege  Geschiebemergel,  direct  überlagert  durch  Thonmergel  mit 
Kalkpuppen;  wir  haben  also  hier  jene  bei  L Conchylien  führende 
Schichtengruppe  unverändert  wieder.  Der  Fuss  unseres  Profils  bei  G 
ist  mit  Abrutschmassen  bedeckt.  40  Schritt  vom  W ege  wird  0,8  Meter 
Lehmmergel  unter  Thon  erbohrt.  Die  Schichten  ziehen  sich  auch 
hier  zum  Abhänge  parallel;  denn  noch  80  Schritt  vom  Wege  (A.  III, 
No.  87)  finden  wir  0,1  Meter  lehmigen  Abrutsch  über  1,2  Meter 
Thonmergel,  über  0,7  Meter  sandigem  Lehmmergel.  Bei  100  Schritt 
(A.  III,  No.  88)  verschwindet  in  etwa  126  Fuss  (39,55  Meter)  Höhe 
der  oben  in  Staubmergel  übergehende  Thonmergel  unter  reinem 
Sand.  Bei  160  Schritt  (A.  III,  No.  92)  in  ca.  146  Fuss  (45,82  Meter) 
Höhe  folgt  über  diesem  echter  Diluvialmergel.  Bei  180  Schritt 
(A.  III,  No.  94)  legt  sich  0,6  Meter  Sand  auf  den  Letzteren.  Und 
bei  210  Schritt  am  Gipfel  (A.  III,  No.  93)  finden  wir  0,6  Meter 
thonigen  Lehm  und  Mergel  über  0,4  Meter  reinem  Sand,  über 
0,4  Meter  Thonmergel,  über  0,6  Meter  reinem  Sand. 

Hier  nach  der  Gartenecke  schwenkend  und  eine  neue  Schritt- 
zählung beginnend,  immer  allmählich  aufsteigend,  finden  wir  bei 
76  Schritt  (No.  95)  1,1  Meter  thonigen  Geschiebemergel  über 
0,9  Meter  reinem  Sand;  darüber  bei  80- — 82  Schritt  (No.  96  und 
97),  einen  kleinen  Absturz  bezeichnend,  3 Meter  Sand,  der  auch 
bei  100  Schritt  (No.  98)  noch  die  Oberfläche  bildet.  Bei  130  Schritt 
(No.  99)  liegt  in  etwas  höherem  Niveau  wieder  2 Meter  thoniger 
Diluvialmergel,  welcher  bei  160  Schritt  (No.  100)  nochmals  unter 
1,2  Meter  Sand  erbohrt  wird.  Letzterer  bildet  aber  nur  eine  un- 
bedeutende Schicht;  denn  bei  170  Schritt  (No.  102)  finden  wir 
bereits  0,5  Meter  Lehm;  bei  180  Schritt  (No.  10.1)  0,2  Meter  leh- 
migen Sand  über  0,9  Meter  sandigem  Lehm  (und  Mergel),  über 
0,2  Meter  Sand,  über  0,9  Meter  thonigem  Lehmmergel.  Das  letztere 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder. 


553 


Bohrprofil  lässt  sich  als  durchweg  Diluvialmergel  auffassen.  Bei 
200  Schritt  (No.  103)  liegt  gleichfalls  1 Meter  thoniger  Lehm- 
mergel, der  bei  222  Schritt  (No.  104)  durch  1,8  Meter  Sand  be- 
deckt wird.  Letzterer  bildet  weiterhin  die  Oberfläche,  enthält  bei 
240  Schritt  (No.  105)  in  0,5  Meter  Tiefe  ein  dünnes  Thonbänkchen 
und  lässt  auch  bei  278  Schritt  an  der  Gartenecke  (No.  106)  noch 
den  Lehmmergel  als  Unterlage  in  1,3  Meter  Tiefe  erkennen. 

Dies  Profil  erweitert  unsere  Kenntniss  von  der  Lagerung  der 
Diluvialfauna,  soweit  wir  dieselbe  ans  den  oben  geschilderten  Pro- 
filen schöpfen,  ganz  wesentlich.  Wir  haben  auch  hier,  wenn  auch 
ohne  Nachweis  von  Conchylien,  die  typische  Gruppe:  Sand  unter  Ge- 
schiebemergel, unter  Thon,  letzteren  bis  126  Fuss  (39,55  Meter)  Höhe; 
darüber  wiederum  20  Fuss  (6,28  Meter)  Sand,  darüber  ein  60  Fuss 
(18,83  Meter)  mächtiges  System  wechselnder  Bänke  von  Diluvial- 
mergel und  Sand.  Damit  ist  der  Muschelschicht  ihre  Stellung  nicht 
nur  im  Unterdiluvium,  sondern  sogar  recht  tief  darin  angewiesen. 

200  Meter  nördlich  von  G liegt  Berendt’s  erster  Fundpunkt 
über  Sand  im  Geschiebemergel,  der  von  Thonmergel  bedeckt  wird. 

400  Meter  nördlich  von  G legen  wir  das  Profil  CD.  Es  be- 
ginnt nahe  südlich  von f der  nördlich  Alt  - Ilothhof  vorbeilanfenden 
Schlucht  mit  einem  schönen  Aufschluss:  3 Meter  Geschiebemergel 
liegt  über  6 — 7 Meter  reinem,  ziemlich  grobem  Sand.  Die  Grenze, 
welche  etwa  80  Fiiss  (25  Meter)  Meereshöhe  besitzt,  ist  nur  an  zwei 
kleinen  Stellen  direct  zu  sehen,  und  gerade  da  ist  im  Geschiebemergel 
nichts  von  Conchylien  zu  finden.  Aber  auf  der  sandigen  Halde 
liegen  Schalen  von  Cardium,  Nassa  u.  a. , wohl  unzweifelhaft  der 
Basis  jenes  Geschiebemergels  entstammend.  Unter  dem  Sand  liegt 
0,3  Meter  thonähnlicher  Geschiebemergel,  dessen  oberste  0,03  Meter 
reich  an  Conchylienstücken  sind;  die  obersten  1 — 2 Millimeter 
bilden  eine  wahre  Muschelbreccie,  die  aber  so  feinstückelig  ist, 
dass  nur  ganz  wenige  Formen  erkennbar  sind,  worunter  Cardium 
und  in  3 Exemplaren  die  sonst  in  Westpreussen  nur  einmal  gefun- 
dene Scalaria  communis.  Also  auch  diese  tiefliegende,  dünne  Bank,  die 
jedenfalls  der  bei  L erbohrten  entsprechen  dürfte,  ist  mit  Nordsee- 
fauna erfüllt.  Durch  eine  kleine  Aufgrabung  wurde  in  sehr  klarer 
Weise  das  ca.  20°  betragende  Einfallen  dieser  Schicht  in  den  Berg 


554 


Alfred  Jextzsch,  die  Lagerung 


hinein  oonstatirt.  Die  Oberfläche  der  Schicht  ist  merklich  eben; 
doch  ist  dieselbe  scharf  geknickt,  so  dass  ein  Flügel  sich  dem 
Abhang  parallel  im  scharfen  Winkel  nach  aufwärts  biegt,  und  der 
Verticalschnitt  der  Schicht  mithin  die  Gestalt  eines  liegenden 
annimmt.  Daraus  geht  hervor,  dass  trotz  des  überall  so  ähnlichen 
Niveaus  dennoch  auch  hier  ein  Herabsinken  stattgefunden  hat. 
Unter  der  thonigen  Geschiebemergelbank  (die  ich  der  Kürze  halber 
als  Scalariabank  bezeichne)  liegt  1,7  Meter  reiner  Diluvialsand. 

Die  höheren  Schichten  des  Profils  wurden  durch  11  Hand- 
bohrungen entlang  einer  auf  Alt-Kothhof  zulaufenden  Linie  er- 
mittelt. Unmittelbar  über  dem  Aufschluss,  zunächst  der  Steilkante 
wird  Thon  erbolirt,  was  die  Regelmässigkeit  der  Lagerung  von 
Neuem  bestätigt.  Der  Thon  schleppt  sich,  mit  sichtlich  gerutschten 
resp.  abgeschwemmten  Massen  bedeckt,  Ins  60  Schritt  von  der 
Oberkante  des  Aufschlusses  nach  aufwärts,  wo  er  (A.  III,  No.  162) 
in  144  Fuss  (45,19  Meter)  Höhe  durch  Sand  überlagert  wird; 
20  Schritt  höher  fand  sich  (No.  163)  zwar  noch  ein  Thonbänkchen 
von  0,1  Meter  Mächtigkeit;  im  Uebrigen  ist  alles  Sand  bis  D 
(A.  111,  No.  165)  bei  178  Fuss  (55,87  Meter)  Meereshöhe.  — D liegt 
220  Meter  nordwestlich  von  II.  — 

Das  Profil  CD  schliesst  sich  mithin  den  oben  genannten  aufs 
innigste  an,  zeigt  aber  eine  stärkere  Entwickelung  des  über  dem 
Hauptthon  liegenden  Sandes. 

Profil  EF  vermittelt  newissermaassen  einen  Uebersrang;.  Geht 
man  von  Alt-Rothhof  nach  Norden,  so  findet  man  bei  E am  Wässerchen 
Thonmergel  aufgeschlossen  bei  etwa  122  Fuss  (38,29  Meter).  Dieser 
Punkt  liegt  250  Meter  nordnordöstlich  von  H.  Von  hier  aus  nach 
Nordnordost  aufsteigend,  findet  man  zunächst  alluvialen  Kalktuff; 
dann  mächtigen  Diluvialsand  bis  150  Fuss  (47,08  Meter)  Höhe,  mithin 
28  Fuss  (8,79  Meter)  mächtig.  Darüber  folgt (A.  III,  N o.  8 1)  Geschiebe- 
mergel ca.  4 Meter,  darüber  (No.  79)  0,5  Meter  Sand,  bedeckt  von 
0,7  Meter  Lehm;  darüber  ca.  2 Meter  Sand,  nochmals  0,7  Meter  Lehm 
und  darauf  Sand,  der  bei  190  Fuss  (59,63  Meter)  nochmals  von  Lehm 
bedeckt  wird,  über  welchem  wiederum  Sand  folgt.  — Ein  sehr  compli- 
cirter  Wechsel  von  Sand  und  Geschiebemergel,  50Fuss  (15,69 Meter) 
mächtig,  bezeichnet  auch  in  diesem  Profil  die  oberste  Schichten- 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder. 


555 


gruppe,  die  sich  von  der  entsprechenden  des  Profils  GH  nur  durch 
die  relativ  stärkere  Entwickelung  des  Sandes  unterscheidet. 

Parallel  diesem  Profil  von  dem  Hause  am  Ausgange  dieser 
Schlucht  aufwärtsgehend,  finden  wir  anfangs  Gehängekalk  und 
allerhand  Abrutschmassen;  Thon  wird  zuletzt  70  Schritt  über  der 
Bachmitte  (A.  III,  No.  172)  erbohrt  unter  Sand.  30  Schritt  höher 
legt  sich  darauf  Diluvialmergel,  auf  diesen  weitere  40  Schritt  höher 
Sand;  weitere  60  Schritt  höher  folgt  wieder  Lehmmergel,  der 
10  Schritt  höher  (A.  III,  No.  181)  unter  Sand  verschwindet. 
20  Schritt  höher  wird  auch  dieser  von  vorwiegend  lehmigen 
Schichten  bedeckt,  und  auf  dem  Gipfel,  195  Fuss  (61,2  Meter) 
hoch,  erbohren  wir  (A.  III,  No.  185)  1,9  Meter  Sand  über  0,1  Meter 
lehmigem  Sand  bis  sandigem  Lehm. 

Von  der  Mündung  der  zuletzt  genannten  Schlucht  260  Meter 
nach  Nord,  mitten  zwischen  zwei  kleinen  Wohnhäusern  ist  in  dem 
steilen  Gehänge  ein  kleiner  Wasserriss,  dessen  Tiefe  von  0,5  bis 
1,5  Meter  wechselt,  ausgewaschen.  Hier  wird  in  der  Sohle  ein 
Profil  abgebohrt.  7 Bohrungen  von  je  2 Meter  (A.  III,  No.  190 
bis  196)  geben  bis  27  Meter  über  dem  Wege  (an  dem  dem  natür- 
lichen Böschungswinkel  entsprechenden  Gehänge  gemessen),  mit- 
hin bis  etwa  130  Fuss  (40,8  Meter)  Meereshöhe  nur  reinen  Sand, 
der  mithin  sichtlich  einer  mächtigen  Sandschicht  entspricht,  von 
der  jedoch  sich  keineswegs  behaupten  lässt,  dass  sie  wirklich 
in  der  ganzen  Höhenausdehnung  ansteht. 

Meeresconchylien  liegen  im  Sand  nahe  der  Oberfläche,  anfangs 
spärlicher  und  zerbrochen,  weiter  oben  (bei  No.  196)  plötzlich  viel 
reichlicher  und  wohl  erhalten  ( Cardium  eclule , C.  echinatum,  Ceri- 
thium  lima,  Nassa  reticulata,  Venus  virginea , Scrobiculctria  sp., 
0 streu  sp.  etc.).  31  Gehängemeter  vom  Wege  (No.  197)  erbohren 
wir  2 Meter  grandigen  Sand;  bei  35  Gehängemeter  ist  1,5  Meter 
Sand  aufgeschlossen  zu  sehen,  dessen  Schichten  ganz  sauft  in  den 
Bei’g  hinein  (also  nach  Ost)  fallen;  darunter  treffen  mehrere  Bohr- 
löcher (No.  198)  1 Meter  grandigen  Sand,  darunter  Steinchen,  d.  h. 
reinen  Grand.  Dieser  dürfte  die  grössere  Häufigkeit  der  Con- 
chylien  hier  oben  bedingen.  Es  wurde  indess  als  auffällig  be- 
merkt, dass  die  weiter  unten  fehlende  Nassa  hier  bei  Weitem  die 


556 


Ai.fred  Jentzsch,  die  Lagerung 


häufigste  Form  ist.  Sand  mit  grandigen  Lagen  steht  an  von  35  bis 
39  Gehängemeter,  wo  er  von  0,3  Meter  grünlichgrauem,  thonigem 
Geschiebemergel  bedeckt  wird,  der  Conchylienstücke  enthält.  Doch 
auch  der  anstehende  Sand  enthält  davon  in  0,1  — 1,0  Meter  Tiefe 
unter  dem  Geschiebemergel,  besonders  häufig  in  einer  Lage  feinen 
Grandes,  0,8  Meter  unter  Letzterem.  Ein  senkrechter,  2 Meter  hoher 
Absturz  endet  hier  den  Wasserriss  in  nahezu  150  Fuss  (47  Meter) 
Flöhe.  Es  folgt  mächtiger  Sand  mit  Schichten  von  Thon-  und  Lehm- 
mergel,  deren  Lage  wahrscheinlich  durch  Rutschungen  gestört  ist. 

170  Meter  nördlicher  liegt  das  Profil  AB.  Es  beginnt  am 
Wege  mit  einem  rein  sandigen,  im  natürlichen  Böschungswinkel 
aufsteigenden  Absturz  von  33  Meter  Erstreckung  (im  Gehänge 
aufwärts  gemessen);,  oben  wird  (A.  III,  No.  220)  2 Meter  Sand 
erbohrt.  Darüber  sieht  man  1,2  Meter  diagonalgeschichteten  Sand  mit 
ganz  vereinzelten  kleinen  Geschieben,  durchsetzt  durch  viele  kleine 
Verwerfungen  von  0,01- — 0,1  Meter  Sprunghöhe.  Darüber  liegt,  etwa 
130  Fuss  (40,8  Meter)  über  der  Ostsee,  mit  scharfer,  wenig  unebener 
Grenzfläche  3,5  Meter  echter  Geschiebemergel.  Nahe  seiner  Basis 
enthält  derselbe  einzelne  Conchylienstücke,  sowie  0,5  Meter  über 
der  Sohle  ein  ganzes  Gehäuse  von  Nassa.  An  der  Grenze  ist  der 
Sand  durch  Kalkcarbonat  zu  festem  Diluvialsandstein1)  ver- 
kittet, welcher  mit  dem  Diluvialmergel  innig  verwachsen  ist,  eine 
0,03  — 0,5  Meter  dicke  Platte  bildet,  und  von  dieser  Warzen-  und 
stalaktitenförmig  in  den  Sand  bis  1,2  Meter  unter  der  Sohle  des 
Diluvialmergels  herabhängt.  In  diesen  Stalaktiten  ist  die  Diagonal- 
schichtung des  Sandes  vollkommen  erhalten  und  fixirt. 

Am  südlichen  Ende  des  34  Meter  langen  Aufschlusses  folgt 
unter  dem  Diluvialmergel  nur  1,2  Meter  Sand,  darunter  0,1  bis 
0,2 Meter  Geschiebemergel («),  reich  an  Conchylien stücken,  welche 
in  Nestern  (theils  oben,  unten  oder  in  der  Mitte  gelegen)  geradezu 
gehäuft  sind;  Conchylienbrut  scheint  eine  Hauptrolle  zu  spielen, 
und  dazwischen  finden  sich  reichlich  Pflanzenfasern,  analog  wie  an 
Berendt’s  erstem  Fundpunkt.  Darunter  folgt  1,2  Meter  Sand, 
darunter  nochmals  0,15  Meter  thoniger  Mergel  (y),  über  dessen 

x)  Derselbe  ist  im  kleinen  Profile  vom  Süd-Ende  des  Aufschlusses,  rechts 
von  AB,  angedeutet  und  weiss  gelassen. 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder. 


557 


Bezeichnung  als  Diluvialmergel  trotz  seiner  Geschiebearmuth  kein 
Zweifel  obwalten  kann ; darunter  liegt  Sand.  Die  zwei  dünnen 
Mergelbänke  steigen  nach  Norden  sanft  an  und  schneiden  am 
Hauptgeschiebemergel  ab,  so  dass  letzterer  etwa  von  der  Mitte 
des  Aufschlusses  an,  direct  über  dem  mächtigen,  trockenen  Haupt- 
sand liegt,  und  daher  auch  nur  dort  die  Bildung  des  erwähnten 
Diluvialsandsteins  veranlassen  konnte 1). 

Es  liegt  nahe,  die  Bänke,  namentlich  x,  der  Scalariabank  des 
Profils  CD  zu  vergleichen,  zumal  auch  diese  Pflanzenreste  führt. 
Dass  dieselbe  dem  gleichen  geologischen  Niveau  entspricht,  wird 
weiter  bestätigt  durch  den  Thon,  welcher  2 Meter  mächtig  über 
dem  Hauptgeschiebemergel  aufgeschlossen  ist.  Auch  der  letztere 
selbst  enthält  übrigens,  0,2  — 1,0  Meter  über  der  Basis,  Thon  als 
zahlreiche,  aber  nur  wenige  Millimeter  dicke  Lagen  in  horizontalen 
Streifen  eingebettet.  Diese  Streifen,  in  denen  Thon  mit  ganz 
feinem  Sand  wechselt,  sind  z.  Th.  reich  an  Gerollen  von  Thon 
und  enthalten  gleichfalls  verzweigte,  horizontal  liegende  Pflanzen- 
fasern. Zwischen,  unter  und  über  diesen  Thonstreifen  hegt  Ge- 
schiebemergel. Es  scheint  somit,  dass  dieser,  wie  die  Gonchylien, 
so  auch  eine  Thonschicht  mit  sich  fortgeschoben  und  theilweise  in 
seine  Masse  hineingeknetet  hat. 

Der  über  dem  Geschiebemergel  liegende  Thon  ist  dünnge- 
schichtet  (Bänderthon).  Messen  wir  von  der  Oberkante  des  Auf- 
schlusses, so  haben  wir  am  begrasten,  steilen  Abhang  bei  4 Meter 
aufwärts  (was  ungefähr  2 Meter  verticaler  Höhe  entsprechen  würde) 
bei  A.  III,  No.  221  noch  2 Meter  Thon;  bei  12  Meter  liegt  darüber 
(No.  223)  0,9  Meter  Sand;  bei  16  Meter  (No.  224)  lässt  dieser  in 
1,7  — 2,0  Meter  Tiefe  noch  Mergelsand,  den  Uebergang  zum  Thon, 
als  seine  Grundlage  erbohren;  hei  22  Meter  (No.  225)  finden  wir 
nur  Sand,  der,  z.  Th.  grandartig  werdend,  anhält  bis  zur  Ober- 
kante bei  49  Meter  (No.  229),  wo  sich,  etwa  186  Fuss  (58,4  Meter) 
über  dem  Meere,  Geschiebemergel  darauf  legt.  Der  den  Thon 
bedeckende  Sand  ist  mithin  hier  30  Fuss  (9,42  Meter)  mächtig, 
was  den  oben  geschilderten  Profilen  sich  passend  anreiht. 

Vergl.  die  Abbildung  dieses  Profils,  Fig.  2 der  Erläuterungen  zu  Section 
Marienwerder. 


558 


Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung 


Von  hier  aus  landeinwärts,  nach  dem  224,9  Fuss  (70,586  Meter) 
hohen,  trigonometrischen  Fixpunkt  hin  zählend,  finden  wir  den  ent- 
kalkten Mergel  durch  1,4  Meter  Sand  bedeckt  bei  80  Schritt  (A.  III, 
No.  231).  Es  ist  ein  tlieils  abgeschwemmter,  theils  vom  Winde 
verwehter  Sand,  der  einer  diluvialen  Sandschicht  entstammt,  die 
bei  180  Schritt  (No.  233)  mit  2 Meter  nicht  durchsunken  wird. 
Bei  230  Schritt  (No.  234)  finden  wir,  die  Kuppe  bezeichnend, 
0,3  Meter  Flugsand;  darunter  0,7  Meter  thonigen  Lehm  mit  Kohlen- 
punkten, darunter  0,2  Meter  Sand;  darunter  0,6  Meter  Geschiebe- 
lehm und  unter  diesem,  bei  210  Schritt  durch  A.  III,  No.  235 
nachgewiesen,  0,7  Meter  Sand.  Wir  sind  mithin  hier  wieder  in 
jener  Region  vielfach  wechselnder  Sand  und  Mergelbänke  ange- 
langt, die  wir  in  den  Profilen  EF  und  G II  in  etwas  geringerer 
Meereshöhe  angetroffen  hatten. 

Ueber  D/2  Kilometer  haben  wir  nunmehr  die  wesentlich  gleiche 
Schichtenreihe  verfolgt  und  dabei  den  Thon  als  einen  vorzüglichen 
Leithorizont  erkannt.  Auch  weiter  nach  Norden  bewährt  sich  dies. 
Doch  entwickelt  sich  hier  Sand  und  Grand  etwas  mehr  und  der  Thon 
unterliegt  allerhand  Verdrückungen,  so  dass  er  z.  B.  nur  auf  einer 
Seite  mancher  Thalsenken  zu  finden  ist.  Noch  unmittelbar  auf  der 
Grenze  der  Sectionen  Marienwerder  und  Rehhof,  3 Kilometer  nördlich 
der  Profile  L — Q finden  wir  in  145  Fuss  (45,51  Meter)  Meereshöhe 
Diluvialmergel  über  Sand;  darunter  wird  bei  115  Fuss  (36,09  Meter) 
Thon,  bei  100  Fuss  (31,385  Meter)  Diluvialmergel  erbohrt;  der  den 
Thon  bedeckende  Sand  ist  also  auch  hier  30 Fuss (9,42  Meter)  mächtig, 
nimmt  jedoch  ein  etwas  tieferes  Niveau  als  in  den  zuletzt  geschilderten 
Profilen  ein.  Weiter  abwärts  liegt  daselbst  Sand  und  Grand,  der  in 
Gut  Weisshof  mit  40  Fuss  (12,55  Meter)  noch  nicht  durchsunken  ist, 
also  dort  bis  35  Fuss  (10,99  Meter)  Meereshöhe  abwärts  reicht. 

Verfolgen  wir  von  L (Frohwerck  sen.)  aus  das  Gehänge  des 
Weichselthaies  südwärts,  so  begegnen  wir  250  Meter  südlich  dem 
Protil  RS.  Ueber  einem  kleinen  Wohnhause  ist  dort  Spathsaud 
aufgeschlossen,  direct  überlagert  von  Geschiebemergel.  Fauna  ist 
leider  nicht  zu  beobachten,  wovon  vermutlilich  die  Kleinheit  des 
Aufschlusses  Ursache  ist.  Darüber  wird  (B.  III,  No.  100)  0,3  Meter 
typischer  Thon  unter  1,7  Meter  lehmigen  Abrutschmassen  erbohrt. 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder. 


559 


Von  hier  nach  Osten  aufwärts  gehend,  finden  wir  bei  10  Schritt 
Entfernung  (B.  III,  No.  101)  nochmals  den  Thon  unter  0,9  Meter 
humosen  Abschlemmmassen;  bei  20  Schritt  (B.  III,  No.  204)  nur 
Sand;  bei  30  Schritt  (No.  205)  desgleichen  mit  einem  0,05  Meter 
starken  Thonbänkchen,  bei  40  Schritt  (No.  104)  aber,  unter 
0,2  Meter  sandigem  Humus,  1,8  Meter  Lehm  mit  einzelnen  thonigen 
Lagen.  Auch  bei  50  Schritt  (No.  105)  wird  dieser  mit  1,1  Meter 
Tiefe  nicht  durchbohrt;  bei  62  Schritt  (No.  106)  aber,  auf  localer 
Kuppe,  1,6  Meter  humoser,  z.  Th.  schwach  lehmiger  Sand  über 
0,4  Meter  reinem  Sand.  — Weil  die  Ueberlagerung  hier  nicht  nach- 
gewiesen, wurde  in  der  Profilzeichnung  jener  Lehm  als  Anlagerung 
dargestellt;  bei  Erwägung  aller  Umstände  aber  ist  es  ziemlich 
wahrscheinlich,  dass  er  eine  Bank  im  Unterdiluvialsand  bildet,  so 
dass  nach  dieser  Auffassung  zwischen  ihm  und  dem  Hauptthon 
das  mehrfach  beobachtete  Maass  von  ca.  30  Fuss  (9,42  Meter)  Sand 
liegen  würde.  Auf  dem  Plateau  bei  180  Fuss  (56,49  Meter)  Höhe 
wird  2 Meter  thoniger  Lehm  und  Mergel  erbohrt. 

520  Meter  südlich  von  L Wen  wir  das  Profil  T U.  Unten 

O 

sind  hier  Abrutschmassen  stark  entwickelt.  Am  Wege  (B.  III, 
No.  276)  treffen  wir  nur  solche;  20  — 62  Schritt  vom  Wege  er- 
reichen wir  Thon  (B.  UI,  No.  277  — 281)  und  durchsinken  den- 
selben mit  1,1  Meter  nicht.  Etwa  84  Fuss  (26,36  Meter)  hoch  legt 
sich  (B.  III,  No.  281)  darauf  1,2  Meter  Sand,  der  darüber  einen 
dünn  bewachsenen  Absturz  bildet.  An  der  Oberkante  desselben 
(No.  285)  legt  sich  in  etwa  118  Fuss  (37,03  Meter)  Höhe  darauf 
Lehmmergel,  der  auch  weiter  östlich  den  Boden  vorwiegend  zu- 
sammensetzt. Bei  B.  III,  No.  287  jedoch,  60  Schritt  östlich  von 
No.  285  finden  wir  0,5  Meter  Sand  über  thonigem  Diluvialmergel, 
der  noch  Ins  140  Schritt  weiter  durch  4 Bohrlöcher  constatirt  wird, 
so  dass  eine  dünne  Sandeinlagerung  vorliegt. 

Nur  200  Meter  südlicher  wurde  das  Profil  VW  aufgenommen. 
Während  unten  abgerutschte  Massen  keine  deutliche  Schichtenfolge 
erkennen  lassen,  wird,  im  Gehänge  gemessen,  40  Meter  vom  Wege 
(B.  III,  No.  271)  0,5  Meter  Thonmergel  unter  reinem  Sande  er- 
bohrt. Letzterer  wird  von  thonigem  Lehm,  z.  Th.  sogar  thonigem 
Lehmmergel  bedeckt,  der  sich  dem  Gehänge  parallel  über  dem 


560 


Alfred  Jkntzsch,  die  Lagerung 


Sande  verschleppt  (No.  269  — 270).  Noch  an  der  Oberkante  des 
Steilgehänges,  18  geneigt  gemessene  Meter  über  No.  271,  wii*d 
0,9  Meter  reiner  Sand  unter  thonigem  Geschiebemergel  erbohrt 
(B.  III,  No.  268).  Der  Sand  reicht  demnach  etwa  von  73  — 105  Fuss 
(22,91 — 32,95  Meter)  Meereshöhe,  ist  somit  wiederum  30  Fuss 
(9,42  Meter)  mächtig.  Von  No.  268  zählend  nach  Osten  verschwindet 
der  Geschiebemergel  bei  60  Schritt  (B.  III,  No.  266)  unter  1,9  Meter 
Sand;  dieser  bei  120  Schritt  (No.  265)  unter  0,7  Meter  thonigem 
Diluvialmergel,  der  sich  bis  280  Schritt  und  weiter  verfolgen  lässt. 

240  Meter  südlich  von  F,  südlich  eines  von  Baldram  kommenden 
Weges,  liegt  Sand  bis  6 — 7 Meter  über  der  Niederung;  darüber 
ist  1 — 2 Meter  echter  Geschiebemergel,  darüber  0,3  — 1 Meter 
Thon,  darüber  Sand,  also  wieder  die  bekannte  charakteristische 
Schichtengruppe  aufgeschlossen.  Die  untere  Grenze  des  Geschiebe- 
mergels fällt  an  einer  Stelle  deutlich  mindestens  30°  nach  Südost,  also 
in  den  Berg  hinein.  Fauna  ist  zwar  nicht  im  Mergel  selbst,  aber 
in  den  lehmigen  Abrutschmassen  auf  dem  Sande  zu  finden,  wenn 
auch  nur  spärlich.  Neben  kleinen  Bruchstücken  sammelte  ich 
auch  eine  Ostrea  edulis , wodurch  das  Vorkommen  dieser  Muschel 
von  Neuem  bekräftigt  wird. 

300  Meter  südlicher  beobachten  wir  das  Profil  X Y.  Mächtige 
Humusbildungen  und  Moormergel  resp.  Gehängekalk,  auf  Quellen 
und  damit  auf  eine  Schichtenmulde  hindeutend,  bedecken  den  Abhang 
(B.I1I,  No.  365 — 369)  bis  etwa  102  Fuss  (32  Meter)  Seehöhe.  Zählen 
wir  von  hier  ab  am  Gehänge  aufwärts,  so  findet  sich  (immer  unter  einer 
Decke  von  Humus-  und  abgeschlemmten  Massen)  bei  6 Meter  (B.  III, 
No.  364)  reiner  Sand,  ebenso  bei  14  und  18  Meter.  Bei  22  Meter 
(B.  III,  No.  36  1 a)  legt  sich  darauf  0,6  Meter  Diluvialmergel,  der  bei 
26  Meter  (B.  III,  No.  361)  von  1,1  Meter  Sand  bedeckt  wird,  über 
den  sich  weiter  oben  nochmals  Diluvialmergel  legt.  — Nach  Analogie 
der  früheren  Profile  dürfen  wir  hier  die  Hauptsandschicht  zu 
30  Fuss  (9,42  Meter)  Mächtigkeit  annehmen  und  demnach  die  obere 
Grenze  des  Thones  etwa  bei  100  Fuss  (31,39  Meter)  vermuthen. 

Das  etwa  700  Meter  südlicher  liegende  Profil  ZV  läuft  nach 
dem  Aussichtspavillon  »Wilhelmsblick«  des  zu  Stürmersberg  ge- 
hörigen Gasthauses  Ziegelscheune.  Vom  Hauptweg  aus  den  Ab- 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Mariemverder. 


561 


hang  aufwärts  abbohrend  finden  wir  zunächst  durchweg  Sand; 
bei  36  Schritt  (B.  III,  No.  320)  1,1  Meter  Diluvialmergel  unter 
0,9  Meter  Abrutschmassen ; darüber  folgt  mächtiger  Sand,  während 
die  Höhe  durch  über  2 Meter  mächtigen  Geschiebemergel  markirt 
wird.  Thon  wird  in  der  Nähe  dicht  an  der  alten  Nogat  in  ca. 
45  Fuss  (14,12  Meter)  Meereshöhe  erbohrt.  Es  ist  indess  mehr 
als  wahrscheinlich,  dass  der  ganze  Abhang  verrutscht  ist,  zumal 
in  der  nahen  Schlucht  dicht  südlich  unter  ! ' Thon  (von  Gehänge- 
kalk bedeckt)  reichlich  60  Fuss  (18,83  Meter)  hoch  ansteht. 

Eine  bisher  nicht  erwähnte  Schichtengruppe  ist  an  der  von 
Stürmersberg:  nach  Marienau  führenden  Verbinduneschaussee  auf- 
geschlossen,  etwa  2250  Meter  südlich  von  L.  Zwar  ist  wegen 
mancherlei  Verrutschungen  in  der  Umgebung  die  Verbindung  jener 
Aufschlüsse  mit  denen  der  Nachbarschaft  noch  nicht  ganz  sicher- 
gestellt,  aber  das  Profil  selbst  ist  in  seinen  Grundzügen  völlig  klar. 

Eine  Ziegelei  baute  hier  früher  Thon  und  soll  angeblich  helle 
Ziegeln  geliefert  haben  (eine  Eigenthümlichkeit,  die  besonders 
tertiärem  Material  zuzukommen  scheint).  Thon  ragt  bis  3,2  Meter 
über  das  Chaussee -Planum,  resp.  bis  4 Meter  über  die  Sohle  des 
nördlichen  Chausseegrabens.  Er  fällt  stark  nach  Osten  ein,  be- 
deckt von  1 Meter  Lehm.  Ueber  diesem  folgt  Sand,  der  im  nächst 
höheren  Grabeneinschnitt  eine  1,4 — 2 Meter  mächtige  Bank  grün- 
lichen Geschiebelehmes-  enthält.  Dass  tertiäre  Beimengungen  diese 
Färbung  verursachen,  wird  u.  A.  auch  durch  einen  darin  gefun- 
denen Zahn  von  Lamna  illustrirt.  Der  darüber  liegende  Sand  ist 
theils  grünlich,  theils  durch  Kohlenpunkte  auffallend  braun  ge- 
färbt und  schwach  bindig.  Darüber  folgt  0, 1 Meter  Lehm,  darüber 
1,3  Meter  Sand,  der  an  einer  andern  Stelle  als  Grand  entwickelt  ist,  so 
dass  wir  (nach  anderweit  gesammelten  Erfahrungen)  den  Grand 
als  Vertreter  durch  Auswaschung  zerstörten  Geschiebemergels  an- 
sehen  können.  Ueber  diesem  Grand  folgt  mehr  als  2 Meter  typischer 
Thonmergel  mit  Kalkpuppen,  darüber  mächtiger  Sand;  darüber, 
durch  schwächere  Diluvialmergelbänke  vorbereitet,  mächtiger  Ge- 
schiebemergel. 

Aus  dem  Gehänge  des  Weichselthaies  südlich  Marien werder 
sind  zum  Vergleich  drei  Profile  dargestellt.  Auch  hier  lässt  sich 


36 


562 


Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung 


eine  complicirte  Gliederung  nachweisen ; doch  ist  das  Gehänge 
flacher,  und  eine  bis  zu  gleichem  Niveau  emporreichende  Dar- 
stellung würde  demnach  bei  dem  gewählten  Maassstabe  zu  viel 
Raum  beanspruchen.  Zunächst  südlich  von  Marienwerder  ist 
inmitten  des  sehr  sandigen  Gehäno-es  Thon  erbohrt  in  etwa 
90  Fuss  (28,25  Meter)  Meereshöhe;  darüber  folgt  bei  ca.  125Fuss 
(39,23  Meter)  Diluvialmergel.  Der  den  Thon  bedeckende  Sand  ist 
mithin  hier  ca.  35  Fuss  (10,98  Meter)  mächtig  (Profil  A0).  Der 
Diluvialmergel  breitet  sich  350  Meter  weit  flach  aus,  bis  zu  etwa 
150  Fuss  (47,08  Meter)  Höhe,  woselbst,  260  Schritt  von  der  Chaussee 
nach  Rospitz,  Sand  ansteht.  Von  liier  das  Gehänge  aufwärts  nach 
Osten  gehend,  finden  wir  bei  40  Schritt  (C.  III,  No.  336)  jenen  Sand 
unter  1 Meter  festem  Diluviallehm;  bei  120  Schritt  (C.  III,  No.  337) 
erbohren  wir  wieder  Sand  von  der  Oberfläche  an  bis  1,1  Meter  Tiefe, 
und  von  180  Schritt  (C.  III,  No.  338)  bis  zu  dem  bei  310  Schritt 
erreichten  Wege  finden  wir  durchweg  Lehm. 

Nordwestlich  von  Karschwitz  an  dem  von  der  Rospitzer 
Chaussee  nach  der  Liebe  herabführenden  Hohlwege  steigt  Thon- 
mergel bis  etwa  130  Fuss  (40,8  Meter)  empor,  überlagert  durch 
Grand  und  mit  Fauna.  Eine  Mergelbank  legt  sich  bei  etwa 
155  Fuss  (48,65  Meter)  darauf  (im  Profil  AH  aus  Versehen 
fortgelassen!);  es  folgt  östlich  der  Chaussee  ein  Aufschluss  im 
grandigen  Sand  mit  Fauna,  überlagert  in  ca.  174  Fuss  (54,6  Meter) 
Meereshöhe  von  Diluvialmergel,  der  weiterhin  die  Plateauhöhe 
zwischen  Weichsel-  und  Liebe -Thal  bei  Karschwitz  bedeckt. 
Dennoch  ist  dies  nicht  die  oberste  Schicht ; denn  in  durch- 
schnittlich 200  Fuss  (62,77  Meter)  Meereshöhe  treten  aus  dem 
Geschiebemergel  mehrfach  Sande  hervor,  die  einen  noch  höheren 
Horizont  gut  charakterisiren.  Das  Profil  112  stellt  den  Abhang 
am  Südrande  der  Section  bei  Rospitz  dar. 

Dieselben  Schichten  kehren  auf  dem  nach  Osten  gerichteten 
Abfall  des  Plateaus  zur  Liebe  wieder;  nur  sind  hier  die  Diluvial- 
mergel meist  weniger  mächtig,  und  dafür  die  Sande  stärker  ent- 
wickelt, sowie  theilweise,  insbesondere  bei  Bäckermühle  und  Ka- 
miontken,  die  Grande.  Auch  im  Thale  der  Liebe  ist  Thonmergel 
fast  ununterbrochen  von  Kamiontken  bis  zum  Südrande  der  Section 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder. 


563 


nachscewiesen.  Seine  Oberfläche  lieg-t  bei  Kamiontken,  Bäcker- 
mühle  und  Schäferei  150  Fuss  (47,1  Meter)  hoch,  und  sinkt  bis 
zum  Südrande  allmählich  auf  wenig  unter  90  Fuss  (28,28  Meter). 
Auch  an  der  Liebe  ist  unter  dem  Thon  an  einigen  Stellen  Sand 
nachgewiesen;  der  zwischenlagernde  Geschiebemergel  scheint  hier 
zu  fehlen. 

Oestlich  vom  Liebethal  reicht  kein  Einschnitt  mehr  bis  zum 
Thon  herab;  nur  an  der  Ostgrenze  der  Sectiou  auf  Abbau  Gross- 
Krebs  ist  derselbe  nach  der  Beschreibung  des  Besitzers,  Herrn 
Leinweber,  wieder  angetroffen  worden. 

Es  wäre  zwecklos,  weitere  Profile  im  Speciellen  aufzuzählen. 
Die  obigen  wurden  eingehender  geschildert,  um  an  einem  besonders 
geeigneten  und  interessanten,  sehr  detaillirt  untersuchten  Gebiete 
gewissermaassen  einen  Ausgangspunkt  für  weitere  Aufnahmen  in  der 
Weichselgegend  zu  schaffen.  Es  zeigt  sich,  dass  das  Diluvium  hier 
wohl  gegliedert  ist,  und  dass  man,  mit  geringfügigen  Abänderungen, 
von  oben  nach  unten  etwa  nachfolgende  Schichtenreihe  antrifft: 
i.  60  Fuss  (18,83  Meter)  complicirter  Wechsel  von  Geschiebe- 
mergel  und  Sand  oder  Grand.  Auch  hier  findet  re.ffel- 
mässige  Specialgliederung  statt,  die  sich  beträchtliche 
Strecken  weit  verfolgen  lässt;  und  anscheinend  ist  dies 
System  noch  mächtiger.  Da  aber  die  höheren  Theile 
der  Section  flacher  geneigt  und  ärmer  an  Aufschlüssen 
sind  und  demzufolge  hier  und  da  noch  Zweifel  über 
die  wahre  Lagerung  der  Schichten  bestehen  blieben, 
so  wurden  die  höchsten  Theile  des  untersuchten 
Plateaus  weder  in  den  Profilzeichnungen  daro-estellt, 
noch  in  dieser  Gliederung  berücksichtigt.  Als  Beispiel 
diene  die  Gliederung  bei  Karschwitz. 
h.  20  — 30  Fuss  (6,28 — 9,42  Meter)  Sand  (stellenweise  bis  35  Fuss 
[10,99  Meter]),  stellenweise  Grand. 
g.  etwa  6 — 10  Fuss  (1,88  — 3,14  Meter)  Thonmergel. 

/.  » 10  » (3,14  Meter)  Geschiebemergel,  unten  mit 

Conchylien. 

e.  bis  25  Fuss  (7,85  Meter)  Sand  bis  Grand. 

36* 


564 


Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung 


x,  y.  je  0,5  Fuss  (0,157  Meter)  zwei  dünne  Geschiebemergelbänke 

mit  Conchylien  (ßcalaria - Bank). 

d.  etwa  6 — 10  Fuss  (1,88  — 3,14  Meter)  Sand. 

c.  3 » (0,942  Meter)  Lehm  ) , . ~ , 

' , , , hei  otiirmersberp'. 

b.  12  » (3,77  Meter)  Thon  \ 

In  dieses  Schema  haben  wir  die  auf  Section  Marienwerder 
beobachteten  Fundpunkte  der  Diluvialfauna  einzuordnen. 

Die  Schichten  5,  c und  d sind  nur  wenig  aufgeschlossen 
und  haben  bis  jetzt  keine  Petrefacten  geliefert. 

Die  Schicht  x ist  reich  an  Conchylien;  die  erkennbaren 
Arten  gehören  ausschliesslich  der  Nordseefauna  an  (Scalariabank 
in  Profil  CD  und  Nachbarschaft). 

e in  der  Grand-Facies  führt  zwischen  Dorf  und  Mühle 
Weisshof,  nahe  dem  Kirchhofe,  ziemlich  reichlich  Conchylien. 
Neben  der  gewöhnlichen  Nordseefauna  kommt  auch  Yoldia 
arctica  vor. 

An  der  Grenze  von  ef  liegen  Conchylien:  bei  Mühle  Weiss- 
hof im  thonigen  Mergel  und  auf  der  Halde  des  denselben  unter- 
teufenden  grandigen  Sandes;  in  einem  Wasserriss  westlich  des 
Weges  von  Weisshof  nach  Alt-Rothhof;  in  Unterberg  bei  Froh- 
WERCK  jun.  und  Frohwerck  sen.,  in  den  Profilen  AB,  CD  und 
den  andern  erwähnten  Stellen ; im  ganzen  in  Unterberg  an  8 Stellen, 
somit  überhaupt  an  10  Fundpunkten. 

g,  sowie  der  hängendere  Theil  von  / haben  bisher  keine 
Conchylien  geliefert. 

7t,  als  echter  Grand  entwickelt,  enthält  spärliche  Conchylien 
an  der  Ziegelei  Borrisliof;  Dreissena  bei  A.  III,  No.  77  (Unter- 
berg); Conchylien  bei  B.  III,  No.  55  (oberes  Grandlager  bei  Froh- 
werck sen.);  südwestlich  von  A.  III,  No.  236  am  Wege  Borris- 
hof- Tiefenau ; südlich  Marienwerder  westlich  der  Chaussee  über 
dem  Thonhohlweg  (Profil  A 3)  und  am  rechten  Gehänge  des  Cypelle- 
thales  nahe  dem  nach  dem  »Semmler«  führenden  Hohlwege.  Im 
ganzen  6 Fundorte,  von  denen  keiner  besonders  reich  ist. 

i resp.  der  unteren  Grenze  dieser  Gruppe  gehören  14 — 15  Fund- 
punkte an,  nämlich:  Unterberg  unweit  A.  III,  No.  302;  Klatt’s 
Grandgrube  östlich  von  Baldram (unweit  des  264,2  Fuss  [83,64  Meter] 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder. 


565 


hohen  trigonometrischen  Signals);  3 Grandgruben  oberhalb  der 
Chaussee  Bäckermühle -Kamiontken;  südlich  Marienwerder  östlich 
der  Chaussee  nach  Rospitz;  südöstlich  von  Karschwitz  am  Wege 
nach  Boggusch;  dicht  bei  Marienwerder  am  Kirchhof  nördlich  der 
Graudenzer  Chaussee;  südlich  von  Gorken;  nördlich  vom  Semmler; 
4 Fundstellen  in  der  Südostecke  der  Section,  im  Thal  der  Cypelle 
und  deren  Seitenschluchten,  zusammen  14  Punkte;  eine  15.  Fund- 
stelle liegt  im  Grand  unter  Geschiebemergel  (fraglich,  ob  erstem- 
g oder  h ist?)  im  Hohlweg  von  Liebenthal  nach  Bandtken,  dort, 
wo  letzterer  das  Thal  der  Cypelle  verlässt.  An  allen  15  Orten 
liegen  die  Conchylien  im  Grand. 

In  sämmtlichen  Schichten  überwiegt  Nordseefauna.  Unter- 
geordnet beigemischt  ist  im  Grand  sowohl  in  d als  g und  h Yoldia 
arctica , die  Eismeerform.  Es  ist  eine  gemischte,  jedenfalls  umge- 
lagerte Fauna.  Die  Yoldia  deutet  in  diesem  Falle  keineswegs 
etwa  auf  Einwanderung  vom  Weissen  Meere,  sondern  von  der 
Nordsee  her;  sie  gehört  einer  hochnordischen  Region  an,  die  über 
die  Nordsee  in  Verbindung  mit  Westpreussen  gelangte1). 

Ein  Unterschied  scheint  in  der  Vertheilung  der  Süsswasser- 
reste zu  liegen.  Während  diese  unter  dem  Thon  nur  selten  resp. 
sehr  selten  Vorkommen,  ist  in  g und  h insbesondere  Dreyssena 
polymorpha , eine  an  Süss-  oder  Brackwasser  gebundene  Form, 
ziemlich  allgemein  verbreitet. 

Einen  anderen  Unterschied  bildet  die  Art  des  Vorkommens. 
In  den  höheren  Horizonten  liegen  die  Conchylien  im  Grand,  in 
den  tieferen  vorwiegend  im  Geschiebemergel,  niemals  weit  über 
dessen  Sohle;  im  Grand  sind  sie  entfärbt  aber  fest,  im  Mergel 
sehr  bröckelig,  aber  oft  mit  Farbenresten. 

Eine  ganz  ähnliche  Gliederung  wie  auf  Section  Marienwerder 
konnte  ich  auf  dem  linken  Weichselufer  nachweisen,  welches  ich 
von  Me'we  abwärts  bis  Dirschau  im  Jahre  1879  (zum  Zwecke  der 
Aufnahmen  in  1 : 100000)  begangen  habe.  Das  im  Jahre  1881 


*)  Vergl.  Cleve  und  Jentzsch,  über  diluviale  und  alluviale  Diatomeenscliicliten 
Norddeutschlands.  Schriften  d.  physikal.  Ökonom.  Gesellscli.  1881,  p.  156  ff. 


566 


Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung 


von  mir  vorläufig  untersuchte  Profil  des  hohen  Steilufers  bei  Fied- 
litz  bildet  auch  im  Süden  einen  Markstein. 

In  der  dritten  (untersten)  Reihe  der  beigegebenen  Tafel  sind 
diese  Profile  dargestellt  und  mit  den  oben  specieller  geschilderten 
der  Section  Marienwerder  zu  einem  Nord  — Süd  laufenden  Leber- 
sichtsprofil  von  40  Kilometer  Längenerstreckung  vereinigt.  Zu 
diesem  Zwecke  wurden  die  Einzelprofile  auf  die  Meridianebene 
projicirt;  der  Maassstab  ist  1:100  000  für  die  Längen,  1:2000 
für  die  Höhen;  das  Verhältniss  von  Höhe  zur  Länge  demnach 
wie  1 : 50.  Selbstredend  liegen  mehr  Einzelbeobachtungen  vor  als 
hier  eingetragen  sind;  es  wurde  aber  vorgezogen,  nur  die  sicher 
constatirten , möglichst  ohne  Combination  direct  zu  beobachtenden 
Profile  darzustellen,  gerade  um  das  Gesetzmässige  der  Er- 
scheinung aus  den  Thatsachen  von  selbst  hervorleuchten  zu  lassen. 

Ueber  die  Combination  der  Profile  A — 2 habe  ich  nichts 
hinzuzufügen;  die  zu  Grunde  liegenden  Beobachtungen  habe  ich 
gegeben  und  das  Sammelprofil  erläutert  sich  von  selbst.  Einge- 
schaltet wurde  ein  auf  Section  Marienwerder  dem  Abhang  zur 
Liebe  entnommenes  Profil  bei  Liebenthal,  welches  eine  Lücke  aus- 
füllt und  die  Verbreitung  der  Gliederung  auch  landeinwärts  (nach 
Osten)  nachweist;  es  beruht  auf  Bohrungen,  während  der  Thon 
und  der  ihn  bedeckende  Sand  durch  die  Ziegelei  Liebenthal  auf- 
geschlossen sind. 

Gegenüber  Rospitz  liegt  am  linken  Weichselufer  oberhalb 
Fiedlitz  ein  bis  200  Fuss  (62,77  Meter)  über  den  Fluss  sich 
erhebender,  steil  vom  Wasser  abgenagter  Absturz.  Leider  ist 
auch  hier  der  wahre  Sachverhalt  durch  Abrutschungen  getrübt,  so 
dass  ich  mich  z.  B.  über  die  Lagerstätte  der  hier  nicht  seltenen 
Meeresconchylien  vorläufig  nicht  aussprechen  möchte.  Dunkel- 
grauer, ungeschichteter,  nach  Art  des  Yoldia-  und  Cyprinenthones 
übelriechender  Thon,  resp.  Fayencemergel,  wird  hier  unmittelbar 
durch  5 Meter  typischen  grauen  Geschiebemergel  (mit  geschüttenen 
Geschieben)  bedeckt,  über  welchem  4 Meter  geschichteter  Thon- 
mergel (Bänderthon)  zu  sehen  ist.  Leber  letzterem  liegt  mächtiger 
Sand,  der  weiterhin  dicht  an  den  Steilabsturz  tritt  und  dort  alle 
tieferen  Schichten  völlig  überrieselt  hat.  Doch  ragt  in  der  Mitte 

o o 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder. 


567 


des  Absturzes,  etwa  bei  150  Fuss  (47,08  Meter)  Meereshöhe,  eine 
Klippe  Thon  aus  der  Sandwüste  und  zeigt,  dass  letzterer  ursprüng- 
lich jenes  höhere  Niveau  besass.  Oben  wird  der  völlig  sandige 
Abhang  durch  zwei  etwa  je  2 Meter  mächtige  Bänke  von  Geschiebe- 
mergel abgeschlossen,  über  welchen  sich  als  Kantenbildung  Flug- 
sand allmählich  anhäuft. 

Nahezu  2 Meilen  nördlicher  liegen  die  durch  Berendt  be- 
kannten Conchylien-Fundpunkte  bei  Mewe.  So  überwältigend  hier 
die  Zahl  der  Nordseemuscheln  ist,  darf  doch  nicht  unerwähnt 
bleiben,  dass  ich  am  steilen  Weichselufer  unterhalb  Mewe  auch 
Yoldia  arctica  vereinzelt  fand.  Der  reiche  Fundpunkt  Jacobsmühle 
liegt  an  der  Ferse.  4 Kilometer  aufwärts  liegt  an  diesem  Flusse 
Deutsch -Brodden.  Dort  finden  wir  mächtige  Sandaufschlüsse  bis 
etwa  115  Fuss  (36,09  Meter)  Meereshöhe;  darüber  Geschiebe- 
mergel, der  bei  etwa  140  Fuss  (43,94  Meter)  von  geschichtetem 
Thon  überlagert  wird.  Auf  der  Halde  des  Sandes  liegen  marine 
Conchylien. 

Bei  der  Bearbeitung  der  Section  Dirschau  der  geologischen 
Karte  der  Provinz  Preussen  in  1 : 100000  habe  ich  letzteren  Thon 
als  oberdiluvialen  »Deckthon«  aufgefasst.  Nach  den  bei  der 
Specialaufnahme  des  Blattes  Marienwerder  erlangten  Aufschlüssen 
und  bei  der  überraschenden  Uebereinstimmung  des  Profils  nach 
Gliederung  und  Meereshöhe  muss  ich  denselben  jedoch  hier  un- 
bedingt dem  Unterdiluvium  zurechnen,  eine  Auffassung,  die  schon 
1880  Herr  Professor  Berendt  als  möglicherweise  zutreffend  be- 
zeichnet hatte.  Der  Deckthon  der  Sectionen  Elbing,  Heiligenbeil, 
Friedland  etc.  ist  th  eil  weise  gleichfalls  unterdiluvial;  ob  durch- 
weg, bedarf  noch  der  Untersuchung.  Wenig  nördlicher  liegt  am 
Gehänge  des  Weichselthales  ein  Fundort  mariner  Conchylien  bei 
Sprauden;  auf  der  Höhe  liegt  dort  Thon  über  Geschiebemergel. 

Derselbe  Thon  über  Mergel  lässt  sich  verfolgen  bis  Raudener 
Mühle.  Der  darunter  liegende  Grand  ist  dort  charakterisirt  durch 
eine  anscheinend  reine  Süsswasserfauna  (Paludina,  Valvata , Dreissena ), 
was  für  diese  Gegend  sichtlich  eine  Ausnahme  bezeichnet,  aber 
auch  scharf  die  Warnung  ausspricht,  generelle  Schlüsse  über  die 
Yertheilung  der  Formen  (trotz  der  Tausende  von  Conchylien,  welche 


568 


Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung 


aus  dem  Diluvium  West-  und  Ostpreussens  vorliegen)  nicht  schon 
jetzt  zu  ziehen. 

Auch  am  Gehänge  bei  Gross  -Gartz  sehen  wir  Thon  über 
Geschiebemergel  über  Sand. 

In  der  Schlucht  südwestlich  von  Klein -Gartz  am  Wege 
G r embl  i i 1 -Eintracht  sehen  wir  den  von  Geschiebemergel  bedeckten 
Sand  unterteuft  von  grauem  Thon  bis  Fayencemergel,  der  schon 
weiter  südlich  anstand,  aber  hier  zuerst  schön  aufgeschlossen  ist, 
und  wohl  der  unteren  Thonschicht  von  Fiedlitz  entsprechen  dürfte. 

Südöstlich  Klein-Schlantz  treffen  wir  denselben  Thon  wieder, 
und  am  steilen,  wenn  auch  nicht  mehr  sehr  hohen  Weichselufer 
tritt  darunter  mächtiger  Geschiebemergel  hervor.  Beide  lassen 
sich  bis  Kniebau  bei  Dirschau  verfolgen1).  Darüber  legt  sich  auch 
hier  Sand  und  Grand,  der  besonders  bei  Klein-Schlantz  mächtig 
entwickelt  ist  und,  etwa  600  Meter  vom  Weichselufer  entfernt,  in 
einer  Grube  schön  aufgeschlossen  ist.  Zahllose  Nordseemollusken 
erfüllten  denselben  hier  mit  ihren  trefflich  erhaltenen,  meist  un- 
zerbrochenen  Schalen.  Darüber  ist  Geschiebemergel  aufgeschlossen, 
der  an  seiner  Basis  zahlreiche  Schalen,  meist  noch  mit  Farben- 
spuren, enthält  und  der  bedeckt  wird  von  rothem  Thonmergel. 
Wir  haben  also  genau  das  Profil  der  Gegend  von  Marienwerder. 

Die  Zeichnung  lässt  erkennen,  in  welcher  Weise  dieselbe 
Schichtengruppe  an  dem  Steilufer  bei  Kniebau  hervortritt,  um  an 
dem  Grundstücke  »Zweiter  Groschen«  durch  das  Drebeck-Fliess 
abgeschnitten  zu  werden.  An  mehreren  Stellen  finden  sich  hier 
bei  Kniebau  Meeresconchylien  an  der  Grenze  von  Sand  und  be- 
deckendem Geschiebemergel,  und  auch  noch  weiter  nördlich  in 
Zeisgendorf  und  Dirschau  finden  wir  solche  im  gleichen  geologischen 
Horizont. 

So  haben  wir  denn  auf  eine  Erstreckung  von  40  Kilometer 
eine  diluviale  Schichtengruppe  verfolgt.  Von  den  auf  Section 
Marienwerder  unterschiedenen  Gliedern  sind  5,  e,  /,  g am  linken 
Weichselufer  überall,  h daselbst  bei  Fiedlitz  wiedergefunden;  c,  x 


*)  Die  aus  dem  Kniebauer  Thon  hergestellten  Ziegel  sollen,  gleich  denen  von 
Ziegelscheune,  hell  gefärbt  sein. 


der  diluvialen  Nordseefauna  bei  Marienwerder. 


569 


und  ?/,  durchweg  unbedeutende  Schichten,  wurden  bei  der  vorläufigen 
Untersuchung  dort  nicht  aufgefunden;  hinzugefügt  wurde  noch  ein 
unterstes  Glied  ci,  der  Geschiebemergel  von  Kl.-Schlanz  und  Kniebau. 

Allgemein  verbreitet  zeigte  sich  dabei  Nordseefauna,  doch  in 
allen  Horizonten  vermischt  mit  spärlichen  Resten  einer  arctischen 
und  einer  Süsswasserfauna.  Die  reichsten  Fundorte  und  zugleich 
die  der  besterhaltenen  Schalen  gehören  sämmtlich  der  Grenze  von 
e und  / an.  Sie  finden  sich  meist  in  /,  doch  auch  entschieden 
in  e.  Da  indess  auch  e noch  den  conchylienführenden  Geschiebe- 
mergel x überlagert,  so  ist  dennoch  die  Ursprünglichkeit  der 
Muschelanhäufung:  im  Sande  von  Klein  - Schlanz  noch  nicht  über 
allen  Zweifel  erhaben  und  bedarf  noch  näherer  Untersuchung. 

Festgestellt  aber  ist,  dass  alle  3 genannten  Faunatypen  in 
tiefliegenden  Schichten  des  Unterdiluviums  bereits  vorhanden  sind, 
und  dass  die  Nordseefauna  im  Allgemeinen  hier  in  den  tiefsten 
Schichten  am  reichsten  vertreten  ist,  so  dass  möglicherweise  hier 
alle  jüngeren  Unterdiluvialschichten  davon  Reste  erst  auf  secun- 
därer  Lagerstätte  enthalten. 

Eine  mächtige  Schichtenreihe  des  Unterdiluviums  haben  wir 
betrachtet  und  auf  beiden  Seiten  der  Weichsel  in  ungefähr  gleicher 
Höhe  vorgefunden.  Wenn  das  Thal  dieses  Flusses  somit  als 
Erosionsthal  erscheint,  so  bezeichnet  die  dargestellte  Schichten- 
gruppe bei  Weitem  noch  nicht  die  Basis  des  Diluviums. 

Denn  wenn  Berendt  weiter  oberhalb  bei  Graudenz  gleich- 
falls Nordseefauna  unter  ähnlichen  Verhältnissen  beobachtete,  wir 
also  die  Vertreter  unserer  Schichtengruppe  auch  am  dortigen 
Weichselufer  voraussetzen  dürfen,  so  verdient  Beachtung  ein  1881 
bei  Graudenz  für  die  projectirte  Zuckerfabrik  auf  Kosten  der  Stadt 
in  der  alten  breiten  Thalrinne  gebohrter  Brunnen,  der  nach  den 
mir  vorliegenden  Proben  echte  Diluvialschichten  (zuletzt  Geschiebe- 
mergel) bis  62,15  Meter  unter  der  Oberfläche,  also  bis  etwa  35  Meter 
unter  dem  Ostseespiegel,  antraf,  ohne  das  Diluvium  zu  durchsinken! 

Derart  tiefreichendes  Diluvium  steht  nicht  isolirt  da.  Denn 
nach  Lossen  reicht  das  Diluvium  zu  Grüna  bei  Jüterbogk  bis 


l)  Der  Boden  der  Stadt  Berlin,  1879,  p.  804  — 805. 


570  Alfred  Jentzsch,  die  Lagerung  der  diluvialen  Nordseefauna  etc. 


43  Meter,  unweit  Rüdersdorf  bei  Berlin  71  Meter,  in  Berlin 
39  Meter,  in  Hamburg  stellenweise  114  Meter,  in  Stettin  16  Meter, 
in  Colberg  39  Meter,  in  Slagelse  auf  Seeland  98  Meter  unter  den 
Meeresspiegel  herab ; desgl.  nach  Bep.endt  zu  Spandow  bei  Berlin 
120  Meter  unter  die  Thalsohle,  ca.  89  Meter  unter  den  Meeres- 
spiegel. 

In  West-  und  Ostpreussen  ward  Diluvium  nach  den  mir  vor- 
liegenden Proben  zu  Hermannshöhe  bei  Bischofswerder  bis  15  Meter, 
Tiegenhof  im  Weichseldelta  etwa  100  Meter,  Englischbrunnen  bei 
Elbing  116  Meter,  zu  Mühlhausen  bei  Elbing  24  Meter,  in  Königs- 
berg nahezu  58  Meter,  Cranz  bei  Königsberg  ca.  28  Meter, 
Schwarzort  auf  der  kurischen  Nehrung  ca.  26  Meter,  Purmallen 
bei  Memel  64  Meter,  Ponnau  bei  Wehlau  62  Meter  und  in  Tilsit 
20  Meter  unter  den  Meeresspiegel  hinab  durchbohrt. 

Wenngleich  wir  nun  von  den  hieraus  abzuleitenden  Mächtig- 
keiten  und  Massen  des  Diluviums  alle  die  zahlreichen  aufragenden 
Plateaus,  Rücken  und  Klippen  von  Tertiär-  und  älterem  Gebirge 
abzurechnen  haben,  so  bleibt  dennoch  recht  beträchtlich  viel  für 
das  Diluvium  übrig.  — Wir  werden  uns  fragen  müssen,  ob  denn 
die  Ablagerung  erratischer  Massen  nicht  vielleicht  doch  bis  in 
pliocäne  Zeiten  hinaufreicht?  Die  Zusammensetzung  der  jüngsten 
Tertiärfaunen  Italiens  scheint  dieser  Vermuthung  nicht  gerade  zu 
widersprechen;  die  Beziehungen  erratischer  Bildungen  zum  Pliocän 
am  Südfusse  der  Alpen  werden  zwar  neuerdings  wieder  mehrfach 
bestritten;  eine  genauere  Vergleichung  gerade  jenes  Moränen- 
terrains an  den  italienischen  Seen  mit  unseren  hiesigen  Vorkomm- 
nissen würde  indess  vielleicht  nicht  unwichtige  Streiflichter  auf 
beide  Gebiete  werfen. 

x)  Zeitscbr.  d.  Deutsch,  geol.  Gesellsch.  1881,  p.  821. 


lieber  Kugelsandsteine 
als  charakteristische  Diluvialgescliiebe. 

Von  Herrn  Alfred  Jentzsch  in  Königsberg  i.  Ostpr. 

(Hierzu  Tafel  XVIII.) 

Im  Diluvium  Ostpreussens  finden  sich  nicht  selten  kugel- 
förmige Sandstein  - Concretionen,  welche  durch  ihre  auffällige  Ge- 
stalt die  Aufmerksamkeit  erregen.  Bald  sind  es  einfache  Kugeln 
bez.  Sphäroide,  bald  sind  2 solche  mit  kleinerer  oder  grösserer 
Fläche  verwachsen.  Bei  anderen  Stücken  tritt  eine  3.  Kugel  hinzu, 
deren  Mittelpunkt  theils  nahezu  in  der  Verbindungslinie  der  beiden 
andern  Centren  liegt,  meist  aber  mit  ilmen  ein  Dreieck  bildet. 
Eine  4.  Kugel  tritt  hinzu,  gewissermaassen  die  Spitze  eines  Te- 
traeders bezeichnend,  und  immer  unregelmässiger  reihen  sich  daran 
eine  5.,  6.,  7.  und  folgende  Knollen.  So  entstehen  complicirte 
Gruppen,  deren  allgemeiner  Umriss  theils  völlig  unregelmässig  ist, 
theils  einer  an  sämmtlichen  Flächen  ringsum  mit  Kugelcalotten 
bedeckten  kleinen  Platte  entspricht. 

Während  andere  Concretionen,  z.  B.  die  Lösspuppen,  die 
diluvialen  Kalkpuppen,  die  Marlekar  und  dergh,  mehr  oder  minder 
unregelmässige  Formen  aufweisen,  setzt  sich  die  Oberfläche  aller 
in  Rede  stehenden  Concretionen  aus  Kugelflächen  zusammen,  die 
natürlich  z.  Th.  durch  den  Transport  abgescheuert  sind  und  auch 
von  vorn  herein  kleine  Abweichungen  aufweisen;  aber  immer  ist 
aufs  Deutlichste  die  Tendenz  zur  Kugelbildung  erkennbar. 

Diese  Kimeln  sind  keine  modernen  oder  diluvialen  Con- 
cretionen,  denn  der  Sand,  welcher  sie  zusammensetzt,  ist  vom  di- 
luvialen Sande  wesentlich  verschieden.  Zwar  ragen  bisweilen  aus 


572 


Alfred  Jentzsch,  über  Kugelsandsteine 


der  Oberfläche  kleine  G ran itb r ö ckchen  oder  andere  nur  dem  Di- 
luvium zukommende  Elemente;  dieselben  sind  aber  stets  nur  ober- 
flächlich angekittet,  genau  so,  wie  man  dies  bei  den  völlig  sand- 
freien sibirischen  Kalkgeschieben  des  Diluvialgrandes  sehr  häufig 
beobachtet.  Unsere  Concretionen  sind  mithin  älter  und  erscheinen 
im  Diluvium  als  Geschiebe. 

Zunächst  ist  ihre  Verbreitung  festzustellen,  soweit  das  Ma- 
terial des  Provinzialmuseums  der  Physikalisch  -öconomischen  Ge- 
sellschaft zu  Königsberg  dies  zulässt,  wodurch  man  zugleich  eine 
Uebersicht  über  das  Häufigkeitsverhältniss  der  einzelnen  Formen 
gewinnt : 

Einfache  Kugeln  besitzen  wir  mehrfach  von  Königsberg, 
ferner  von  Caymen  bei  Königsberg,  Tilsit,  Bludczen  bei  Goklap, 
Arys,  Eisenberg  bei  Heiligenbeil  (vergl.  Eig.  9); 

Doppelte  Kugeln  von  Darkehmen,  Gründen  bei  Krug- 
lanken, Bergenthal  bei  Rössel,  Gross  - Barthen  bei  Königsberg, 
Tilsit,  Craussen  bei  Königsberg,  Cranz,  Rastenburg  (vergl.  Eig.  10); 

Gruppen  von  3 und  mehr  Kugeln  mehrfach  von  Königs- 
berg, ferner  von  Tharau,  Tilsit,  Korblack  und  Gross- Schönau  bei 
Gerdau en,  Arys,  Wiesborienen  bei  Pillkallen,  Bludczen  bei  Goldap, 
Grabnick  bei  Eyck,  Gründen  bei  Kruglanken,  Bergenthal  bei 
Rössel  und  ein  Stück  aus  »Litthauen«  ; alle  diese  aus  Ostpreussen; 
dagegen  nur  einen  Fund  aus  Westpreussen  von  Rosenberg  und  einen 
von  Bromberg  (vergl.  Eig.  1,  2,  3,  4,  5); 

Gruppen  sehr  zahlreicher  Kugeln  von  Bischofstein, 
Bludczen  bei  Goldap,  Siewken  bei  Kruglanken,  Gerdauen,  Claussen 
bei  Arys,  Andreaswalde  bei  Eyck,  Wiesborienen  bei  Pillkallen 
und  aus  der  Gegend  von  Königsberg;  sämmtlich  aus  Ostpreussen 
(vergl.  Fig.  7 und  11). 

Endlich  fanden  sich  Stücke,  bei  denen  die  Oberfläche  grösserer 
Kugeln,  oder  eine  Aushöhlung  derselben  mit  zahlreichen  kleinen 
Kugelsegmenten  warzenartig  bedeckt  ist,  so  bei  Darkehmen  und 
an  2 unbekannten  Fundorten  der  Provinz  (vergl.  Fig.  6 und  8). 

Eine  Vermittelung  dieser  Concretionen  mit  zusammenhängenden 
Schichten  bilden  die  hin  und  wieder  vorkommenden  Bruch- 
stücke von  Sandsteinplatten,  welche  an  einer  Schichtfläche 


als  charakteristische  Diluvialgeschiebe. 


573 


oder  an  beiden  mit  Kugelflächen  besetzt  sind.  Dergleichen  be- 
sitzen wir  von  Gross  - Schönau  bei  Gerdauen,  Raguit,  Bergenthal 
bei  Rössel  und  mehrfach  von  Königsberg,  sämmtlich  in  Ostpreussen; 
2 weitere  Stücke  sammelte  ich  zu  Bäckermühle  und  Bogguscli  bei 
Marien werder  in  Westpreussen. 

Aus  obiger  Aufzählung  der  Funde  geht  die  nach  Osten  zu- 
nehmende Häufigkeit  klar  hervor;  die  Mehrzahl  stammt  aus  dem 
östlichen  Ostpreussen,  obwohl  gerade  dies  in  unserer  Sammlung 
weniger  reich  als  der  westliche  Theii  Ostpreussens  vertreten  ist. 
Dies  deutet  von  vorn  herein  auf  die  russischen  Ostseeprovinzen 
als  Heimath  unserer  Kugelgebilde. 

Carbonate  bilden  durchweg  das  Bindemittel  derselben;  nur 
an  der  Oberfläche  sind  dieselben  meist  bis  auf  ganz  geringe  Tiefe 
verschwunden.  Das  Bindemittel  ist  stets  krystallinisch.  Jede  Kugel 
bildet  krystallographisch  ein  Individuum,  indem  jede  Spaltungs- 
fläche als  eine  gleichmässig  einspiegelnde,  nahezu  vollkommene 
Ebene  erscheint.  Die  Spaltung  erfolgt  viel  schwieriger  als  bei 
reinem  Calcit,  indem  zahllose  Sandkörnchen  die  Spaltfläche  unter- 
brachen; selbstredend  lässt  sie  sich  nach  allen  3 Flächen  des  Grund- 
rhomboeders durchführen.  Die  Spaltungsflächen  benachbarter 
Kugeln  liegen  verschieden  und  bilden  eine  deutliche  Kante,  welche 
in  der  Ebene  des  beide  Kugeln  trennenden  Einschnittes  liegt1). 
Auch  in  den  grösseren  Gruppen  und  im  Innern  der  Platten  zeigt 
sich  die  nämliche  Structur  auf  den  Bruchflächen,  welche  sichtlich 
von  Spaltungsflächen  in  grösserer  Anzahl,  deren  jede  deutlich 
glänzt,  zusammengesetzt  werden.  Ein  krystallinisches  und  ein 
klastisches  Gestein  durchdringen  sich  gewissermaassen  innig,  ohne 
sich  gegenseitig  in  ihrer  Structur  zu  stören. 

Denn  auch  der  Sandstein  hat  seine  ursprüngliche  Schichtung 
vortrefflich  erhalten;  dieselbe  tritt  vielfach  auch  oberflächlich  in 
Folge  des  verschiedenen  Widerstandes  gegen  Abwaschung  deutlich 
hervor,  z.  B.  bei  Fig.  7,  9 und  10.  Anderseits  sind  bisweilen 
schon  beim  Transport  während  der  Diluvialzeit  die  Kugeln  ge- 


D Die  dadurch  begründete  Vermuthung  einer  Zwillingsbildung  näher  zu  be- 
gründen, war  leider  nicht  möglich. 


574  Alfred  Je.vtzsch,  über  Kugelsandsteine 

spalten  worden,  wie  sich  an  einigen  der  Gruppen  deutlich  er- 
kennen lässt. 

Wie  der  im  reinen  Zustande  so  flächenreich  und  scharf  kry- 
stallisirende  Kalkspath  im  »Krystallisirten  Sandstein  von  Fontaine- 
bleau« auf  eine  der  einfachsten  Krystallformen  herabgesunken  ist, 
und  selbst  diese  ohne  scharfe  Kanten  und  Ecken  ausbildet,  so 
ist  hier  die  äussere  Krystallform  völlig  unterdrückt  durch  den  als 
Hemmniss  wirkenden  Sand  und  nur  die  innere  Structur  hat  zur 
Geltun*;  kommen  können. 

Die  Bildungsweise  dürfte  einigermaassen  der  unserer  Diluvial- 
sandsteine entsprechen,  welche  gleichfalls  einen  durch  Carbonate 
verkitteten,  in  seiner  ursprünglichen  Schichtung  völlig  erhaltenen 
Sand  repräsentiren.  Dieselben  finden  sich  nicht  selten  an  sandigen 
Steilgehängen  als  lose  Blöcke.  Da,  wo  man  sie  anstehend  findet, 
bilden  sie  das  Dach  eines  mächtigen  Diluvialsandes  und  liegen 
unmittelbar  unter  Diluvialmergel,  dessen  theilweise  ausgelaugter 
Kalkgehalt  in  ihnen  eine  neue  Gestalt  angenommen  hat.  Man 
vergleiche  z.  B.  das  Profil  A B auf  der  zu  der  Abhandlung  über 
diluviale  Nordseefauna  bei  Marienwerder  gehörigen  Tafel  XVII 
dieses  Jahrbuches.  Das  Lösungswasser  verdampft  offenbar  zeit- 
weise in  den  Sand,  der  in  Folge  seiner  natürlichen  Entwässerung 
wie  eine  Höhle  wirkt.  Selbstredend  kann  der  Niederschlag  des 
Kalkes  wohl  auch  inmitten  des  Sandes  an  geeigneten  Stellen  er- 
folgen; doch  ist  offenbar  die  obere  Grenzfläche  desselben  der  im 
Allgemeinen  günstigste  Ort  zur  Abscheidung. 

Aehnlich  ist  auch  das  Vorkommen  krystallisirter  Sandsteine. 
So  liegen  letztere  im  Buntsandstein  direct  unter  dem  rothen  Thon- 
mergel des  Röth  am  Fusse  des  Geba  bei  Meiningen1). 

Weniger  deutlich,  doch  wahrscheinlich  ähnlich  ist  die  Lagerung 
bei  anderen  Vorkommnissen.  Bücking2)  fand  krystallisirten,  seines 
Kalkgehaltes  später  beraubten  Sandstein  als  Scalenoeder  bei  Aller- 
heiligen unweit  Oppenau  im  Schwarzwald  in  den  feinkörnigen 
Lagen  der  oberen  Abtheilung  des  Unteren  Buntsandsteins. 

1)  Emmerich,  Zeitsclir.  d.  D.  geol.  Gesellscli.  II.  1850,  p.  28. 

2)  N.  Jatirb.  f.  Mineralogie  1879,  p.  54  — 55. 


als  charakteristische  Diluvialgeschiebe. 


575 


Das  durch  Blum  entdeckte  Vorkommen  gleichfalls  entkalkter, 
aber  mit  Kalkschalen  umgebener  Sandsteinskalenoeder  am  Salz- 
lackenberg  bei  Ziegelhausen  unweit  Heidelberg  besteht  nach 
Beneke  und  Cohen  ')  (welche  diese  Gebilde  sehr  eingehend  be- 
schreiben) aus  dichtgedrängten  Blöcken,  welche  etwa  30  Meter  unter 
dem  Gipfel  liegen  und  sichtlich  einer  schwach  geneigten  Schicht 
entstammen.  Genannte  Autoren  führen  die  Entstehung  jener 
Krystalle  auf,  in  einer  lockeren  Saudanhäufung  versiegende,  sehr 
kalkreiche  Quellen  zurück. 

Die  Rhomboeder  von  Fontaineblau  liegen  nach  Delesse2)  in 
dem  bekannten  »Sand  von  Fontaineblau«,  welcher  von  Süsswasser- 
kalk  bedeckt  wird.  »Gewöhnlich  haben  sich  die  Krystalle  im 
Innern  des  Sandes  in  Höhlungen,  die  man  Krystallgrotten  nennt, 
gebildet,  zuweilen  sind  sie  aber  auch  in  dem  Saude  selbst  ent- 
standen. W enn  sich  die  Krystalle  nicht  ausbilden  konnten,  so  hat 
sich  der  kohlensaure  Kalk  in  Kugeln  zusammengezogen ; man  sieht 
häufig  solche  Kugeln,  die  sich  mitten  im  Sande  gebildet  haben; 
auch  können  sie  unter  einander  zu  traubenförmigen  Massen  ver- 
wachsen.« Hier  haben  wir  also  die  Beziehungen  unserer  Kugeln 
zu  den  Rhomboedern  direct  ausgesprochen.  Die  Menge  des  Sandes 
beträgt  in  den  Krystallen  57 — 63  pCt.,  in  den  Kugeln  bis  83  pCt. ; 
das  Bindemittel  ist  kohlensaurer  Kalk  ohne  Beimengung  von 
Magnesia. 

Unseren  Gebilden  verwandt  ist  auch  der  »Krystallisirte  Sand- 
stein von  Perg  in  Oberösterreich«,  der  dem  Neogen  angehört  und 
dessen  Bruchflächen  als  Spaltungsflächen  schimmern,  obwohl  der 
Sand  an  Masse  weit  überwiegt3),  und  der  zu  Sievering  bei  Wien 
im  Tertiär  vorkommende  »Krystallisirte  Sandstein«. 

Die  Rhomboeder  von  Miechowitz  bei  Beuthen  in  Oberschlesien 
liegen  nach  F.  Römer4)  in  einem  trockenen  Tertiärsande,  der  eine 

')  Geognostische  Beschreibung  der  Umgegend  von  Heidelberg.  Strassburg 
1881,  p.  302  — 307. 

2)  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Gesellsch.  V.  1853,  p.  600  — 601. 

3)  v.  Hauer,  Geologie  der  österr.- Ungar.  Monarchie.  2.  Aufl.  Wien  1878, 

p.  628. 

4)  Geologie  von  Oberschlesien  1870,  p.  105. 


576 


Alfred  Jentzsch,  über  Kugelsandsteine 


Kluft  des  Muschelkalkes  erfüllt ; sie  sind  zu  grösseren  Platten 
verbunden  und  bilden  sogar  Zwillinge  und  Vierlinge. 

Auch  die  Rhomboeder  von  Brilon  in  Westfalen  gehen  nach 
Lottner1)  in  ganz  gerundete  und  knollige  Concretionen  über;  sie 
finden  sich  auf  der  Sohle  von  Sandgruben  und  in  Klüften  des 
darunter  lagernden  devonischen  Kalkes. 

Sehen  wir  uns  in  den  Heimathsgebieten  unserer  Diluvial- 
geschiebe nach  ähnlichen  Bildungen  um,  so  finden  wir  die  einzigen 
Analoga  im  ostbaltischen  Devon,  und  zwar  bezeichnenderweise  in 
der  Grenzregion  der  Dolomit-  und  unteren  Sandsteinetage.  Hier 
ragen  sie,  nach  Grewingk2)  entweder  regellos  tropfsteinartig  in 
den  unteren  Sand  hinein,  oder  sie  bilden  erbsensteinartige  Lagen, 
oder  sie  treten  ohne  Verband  als  dicht  neben  einander  liegende 
Knollen  und  Kugeln  auf,  die  nach  oben  ganz  allmählich  in  gleich  - 
mässiger  zusammengesetzte  Schichten  übergehen.  Der  späthige 
Habitus  oder  die  Spaltungsflächen  dieses  Gesteins  sind 
ein  ganz  bezeichnendes  Merkmal  desselben.  Grewingk 
vermisste  dieselben  dort,  wo  die  Grenzregion  der  beiden  Etagen 
entblösst  war,  nie  und  fand  sie  auch  in  den  oberen  Schichten  der 
unteren  Sandsteine  an  Punkten,  wo  die  Ausbildung  von  regel- 
mässigen Dolomitbänken  fehlt.  Als  Fundorte  werden  sowohl  die 
Welikaja  Facies  (Tscherkassow  bei  Pskow),  als  die  Dünafacies 
bei  Kokenhusen  erwähnt;  ferner  Mare  Carnber  bei  Rönnen  und 
am  Goldinger  Wasserfall,  sowie3)  187  Fuss  unter  der  Oberfläche 
im  gleichen  geognostischen  Horizont  zn  Rypeiki  bei  Birsen  im 
Kreise  Ponewesch  des  Gouvernements  Kowno.  — Aehnliches 
Material  zeigt  sich  jedoch  auch  »in  der  oberen  Sandsteinetage 
(des  Devons)  dort,  wo  die  Kalkstein-  oder  Dolomitbildung  im  Ab- 
nehmen begriffen  ist«. 

In  Bezug  auf  ein  zum  Vergleich  übersandtes  Stück  von 
Boggusch  bei  Marienwerder  schrieb  Herr  Professor  Grewingk  am 


J)  Zeitsehr.  d.  D.  geol.  Gesellsch.  XV.  1863,  p.  242. 

2)  Geologie  von  Liv-  und  Kurland.  Dorpater  Archiv  1.  Serie.  II.  Bel.  p.  718 
bis  735. 

3)  Sitzungsberichte  der  Naturforschergesellschaft  zu  Dorpat  vom  Januar  1877. 


als  charakteristische  Diluvialgeschiebe. 


577 


16/6.  1881  gütigst:  »Ihr  mir  zugeschicktes  Geschiebe  könnte  wohl 
dem  Grenzgebiete  unterdevonischer  Dolomite  entstammen,  doch 
kenne  ich  aus  diesem  Gebiete  keine  eigentlichen  »Sandsteinplatten«, 
die  auf  beiden  Schichtflächen  mit  wallnussurossen,  halbku« mimen 
Erhöhungen  bedeckt  sind,  sondern  mehr  freie,  kugelige,  trauben- 
förmige oder  dergleichen  Kalks  and  stücke,  die  im  lockeren  Sande 
lagern  und  welchen  höher  aufwärts  feste  Lager  von  Sandkalk 
(oder  Dolomit)  mit  geringer  Quantität  Sand  folgen.  Auch  finden 
sich  unter  unseren  Geschieben  rothbraune  Sandkalkkugeln , deren 
Herkunft  ich  nicht  genau  bestimmen  kann,  doch  nur  auf  jene 
Grenzregion  zurückzuführen  weiss.« 

Die  chemische  Zusammensetzung  der  devonischen  Kugeln  ist 
sehr  schwankend,  wie  folgende  4 durch  Grewingk  publicirte  Ana- 
lysen des  Baron  Rosen  lehren.  Es  ist  No.  36  der  oberste,  dichte 
und  gleichmässige  Theil  der  Schicht  bei  Kokenhusen;  No.  36 a ein 
darunter  liegender,  fester,  dolomitischer  Sandmergel  von  violetter, 
grünlicher  oder  gelblicher  Farbe,  in  welchem  man  auch  Kalkspath 
bemerkt;  No.  36b  und  No.  36 ß ein  noch  sandigerer  Dolomit  oder 
Dolomitsand,  der  stalaktitisch  in  den  Sand  hineinragt. 


No.  36 

No.  36a 

No.  36b 

No.  36^ 

Kohlensaurer  Kalk 

46,20 

38,40 

16,73 

10,18 

Kohlensäure  Magnesia 

34,80 

31,20 

13,84 

6,32 

Kohlensaures  Eisenoxydul  .... 

0,63 

0,49 

0,19 

0,16 

Silicate  und  Quarz 

16,03 

30,15 

69,64 

83,32 

W asser 

2,58 

Spur 

Spur 

Spur 

100,24 

100,24 

100,40 

99,98 

Von  unseren  ostpreussischen  Geschieben  analysirte  Herr  Dr. 
Klien  auf  meine  Bitte  eine  auf  dem  Bruch  deutliche  Spaltflächen 
zeigende  Sandsteinplatte  von  Königsberg,  No.  9461  des  Provinzial- 
museums (Analyse  IV);  zum  Vergleich  setze  ich  nach  Beneke 

37 


578 


Alfred  Jentzsch,  über  Kugelsandsteine 


und  Cohen  hierzu  Analysen  krystallisirten  Sandsteins  von  Tarno- 
witz  *)  (I  und  II)  und  von  Brilon  (III). 


1 

II 

III 

IV 

Kohlensaurer  Kalk 

34,32 

34,76 

43,31 

34,82 

Kohlensäure  Magnesia 

0,34 

0,37 

0,36 

0,52 

Eisenoxyd 

0,60 

0,75 

© 

CO 

GO 

1,06 *  2) 

Sand  (in  Säure  unlöslicher  Theil)  . . 

64,78 

64,40 

55,52 

63,27 

Kali,  Natron  etc 

— 

— 

— 

0,33 

Unsere  Kugeln  stimmen  danach  in  Bezug  auf  die  Menge  des 
Sandes  am  besten  mit  den  Krystallen  von  Tarnowitz,  den  san- 
digsten Krystallen  von  Fontainebleau,  sowie  mit  Analyse  36 b.  In 
Bezug  auf  Magnesiagehalt  bleiben  sie  weit  zurück  hinter  den 
Analysen  von  Kokenhusen,  übertreffen  dagegen  alle  anderen. 
Dieser  wenn  auch  geringe  Dolomitgehalt  dürfte  mit  Sicherheit 
Beziehungen  zu  echten  dolomitischen  Kalken  erweisen,  somit  die 
Abstammung  aus  dem  Devon  Liv-  und  Kurlands  wahrscheinlich 
machen.  Da  nun  aus  dolomitischem  Kalk  kohlensäurehaltmes 

O 

Wasser  anfangs  nur  Kalkcarbonat  löst,  so  hat  die  Analyse  des 
ostpreussischen  Stückes  absolut  nichts  Befremdliches,  deutet  viel- 
mehr auf  die  Bildung  in  einem  Sandstein  hin,  der  von  dolomiti- 
schem Kalk  überlagert  oder  durchdrungen  war,  welch  letzterer 
sich  bei  dem  Fortschreiten  der  Auslaugung  mehr  und  mehr  einem 
Normaldolomit  näherte. 

Nach  den  citirten  Analysen  scheint  ein  Sandgehalt  von  un- 
gefähr 63  pCt.  am  häufigsten  vorzukommen;  jedenfalls  ist  derselbe 
in  unseren  Kugeln  nicht  grösser  als  in  manchen  auch  äusserlich 
krystallisirten  Sandsteinen.  Dass  bei  uns  Krystallflächen  nicht  zur 
Ausbildung  gelangten,  dürfte  vielleicht  durch  den  Dolomitgehalt 


M Dies  ist  wohl  unzweifelhaft  der  erwähnte  Fundort  Myslowitz  bei  Beuthen. 

2)  inel.  Thonerde. 


als  charakteristische  Diluvialgeschiebe. 


579 


bedingt  worden  sein.  Wenn  oben  gesagt  wurde,  die  ursprüngliche 
Structur  des  Sandes  sei  unverändert  erhalten,  so  ist  dies  selbst- 
redend cum  grano  salis  zu  nehmen.  Denn  bei  einem  so  hohen 
Kalkgehalt  berühren  sich  die  Körner  nicht  mehr,  wie  sie  dies 
unzweifelhaft  ursprünglich  thaten.  Der  krystallisirende  Kalk  hat 
mithin  die  Sandkörner  um  ein  Minimum  von  einander  entfernt,  aber 
nach  allen  Richtungen  gleichmässig,  so  dass  die  Hauptstructur, 
insbesondere  die  Schichtung,  erhalten  blieb. 

Die  als  wahrscheinlichste  Heimath  unserer  Kugelsandsteine 
anzusehende  Grenzzone  des  Unter-  und  Mitteldevon  zieht  sich  auf 
Grewingk’s  Karten  von  Pskow  (Pleskau)  nach  WSW.  über  Riga 
und  Goldingen  zur  Küste,  um  am  Boden  der  Ostsee  vermuthlich 
in  ähnlicher  Richtung  fortzustreichen.  Eine  scharf  bestimmte 
Transportrichtung  lässt  sich  mithin  für  unsere  Kugeln  keinesfalls 
erkennen.  Ein  Ursprung  aus  einem  noch  tieferen  Horizont  ist  wohl 
kaum  anzunehmen.  Denn  da  das  Untersilur  nahezu  reine  Kalke 
enthält,  so  würden  ähnliche  etwa  darunter  in  cambrischen  Sand- 
steinen sich  bildende  Kugeln  wohl  kaum  ^ pCt.  Mg  C O3  ent- 
halten. Dagegen  ist  eine  theilweise  Abstammung  aus  Oberdevo- 
nischen  Sandsteinen  schon  durch  Gkewingk’s  Funde  als  möglich 
angedeutet;  und  es  würden  insbesondere  unter  einer  Zechsteindecke 
ganz  ähnliche  Verhältnisse  wie  an  der  Basis  des  Mitteldevon  ob- 
walten, da  nach  den  durch  Dr.  Klebs  ausgeführten  Analysen  des 
Gesteins  aus  dem  Bohrloche  zu  Purmallen  bei  Memel  auch  der 
ostbaltische  Zechstein  zwar  nicht  normaler  Dolomit,  aber  stark 
dolomitischer  Kalk  ist,  der  neben  Calcit  14  — 43  pCt.  Normal- 
dolomit [zu  2 (C  0:j),  Mg  Ca  berechnet]  enthält1). 

Den  näheren  Horizont  unbestimmt  lassend,  müssen  wir  mithin 
unsere  Kugeln  aus  devonischen,  von  dolomitischen  Kalken  über- 
lagerten Sandsteinen  Livlands,  Kurlands  oder  der  benachbarten 
Ostsee  ableiten.  Ist  auch  für  Ostpreussen  somit  die  Transport- 
richtung eine  wenig  genau  bestimmbare^  so  würde  doch,  wenn 
gleiche  Gebilde  in  andern  Provinzen,  z.  B.  in  Schlesien,  gefunden 

Vergl.  die  Analysen  der  Schichtenproben  No.  58  und  No.  60  in  Jentzsch, 
Geolog.  Jahresbericht.  Schriften  d.  physikal.  ök.  Gesellsch.  zu  Königsberg  1876, 

p.  167. 


37* 


580 


Ai.pricd  Jentzsch,  über  Kugelsandsteine 


würden,  die  Richtung  sich  wegen  der  grösseren  Entfernung  ziem- 
lich gut  erkennen  lassen. 

Die  Farbe  unserer  Geschiebe  ist  zumeist  hellgrau  resp.  hell- 
bläulichgrau bis  gelblichgrau.  Doch  kommen  auch  ziemlich  aus- 
geprägt röthliclie  bis  rothe  Farbentöne  vor,  welche  theils  in 
unregelmässigen  Flammen,  theils  oberflächlich  zu  einer  hellgrauen 
Farbe  gebleicht  sind.  Blassgrünlicher  Thon  bildet  bisweilen,  z.  B. 
in  dem  analysirten  Stück,  kleine,  linsenförmige  Einschlüsse. 

Der  die  Carbonate  verunreinigende  Sand  bietet  nichts  be- 
sonders charakteristisches.  Es  wurden  3 Dünnschliffe  solcher  Kugel- 
gruppen von  Bludczen  (bei  Goldap,  vergl.  Fig.  11)  (Prov. -Mus. 
No.  586),  von  Boggusch  und  Bäckermühle  bei  Marienwerder  (1881 
gesammelt,  noch  nicht  katalogisirt)  untersucht.  Man  sieht  die 
Körner  (vergl.  die  Abbildung)  in  einer  wasserklaren  Grundmasse 
liegen,  in  welcher  2 vollkommen  deutliche  Spaltungsrichtungen 
durch  das  ganze  Gesichtsfeld  verlaufen,  so  dass  die  Sandkörner 
als  Einschlüsse  des  Krystalls  erscheinen.  Eine  durch  das  ganze 
Gesichtsfeld  gleichmässig  verlaufende  Zwillingsstreifung  konnte  ich 
nur  in  einer  Ecke  des  Präparates  von  Bäckermühle  constatiren. 

Die  Sandkörner  sind  ganz  vorwiegend  Quarz  und  (mit  Aus- 
nahme eines  Kornes)  optisch  einheitlich,  also  zwischen  gekreuzten 
Nicols  jedes  Korn  nur  in  einer  Farbe  leuchtend.  Nach  Sorby 
würde  dies  auf  Abstammung  aus  Graniten  oder  Gneissen  hin- 
deuten, doch  kann  Rosenbusch  die  optische  Einheitlichkeit  der 
Granit-  und  Gneissquarze  nicht  bestätigen 1).  Da  für  den  devo- 
nischen Sand  die  Abstammung  aus  Finnlands  Granit-  und  Gneiss- 
terrain  am  nächsten  zu  liegen  scheint,  die  optisch  complexe  Structur 
vieler  Granitquarze  aber  allgemein  bekannt  ist,  so  dürfen  wir  viel- 
leicht darauf  schliessen,  dass  bei  der  Sedimentbildung  nicht  nur 
das  Gestein,  sondern  auch  die  einzelnen  Mineralkörner  mechanisch 
zerkleinert  (zerstückelt)  werden. 

Zum  Unterschiede  von  den  Quarzen  krystallinischer  Gesteine 
zeigen  die  vorliegenden  nicht  einen  in  verschiedenen  glänzenden 
Farben  regenbogenartig  hervorleuchtenden  Rand,  sondern  um  den 


x)  Referat  im  N.  Jahrb.  f.  Mineralogie  1880.  I.  p.  218. 


als  charakteristische  Dilnvi  algeschiebe. 


581 


glänzend  farbigen  Kern  einen  matten,  weisslichttrüben  oder  doch 
wesentlich  schwächer  gefärbten  Rand.  Diese  für  den  ersten  An- 
blick auffällige  Abweichung  wird  sehr  einfach  hervorgerufen  durch 
die  mit  der  Abrollung  des  Kornes  verbundene  Trübung  der  Ober- 
fläche. Ungetrübt  durchsichtig  ist  eben  nur  der  in  der  Mitte 
liegende,  frisch  angeschlifiene  Theil.  — Die  Mehrzahl  der  Quarze 
ist  ziemlich  arm  an  Flüssigkeitseinschlüssen,  während  einzelne  eine 
sehr  grosse  Fülle  solcher  aufweisen.  Einzelne  Körner  sind  aus- 
gezeichnet  durch  fast  farblose,  sehr  dünne  Nadeln,  welche  bis 
0,1  Millimeter  Länge,  aber  höchstens  0,0005  Millimeter  Dicke  er- 
reichen; jede  der  Nadeln  steckt  unabhängig  von  ihrer  Nachbarin 
und  von  anderem  Punkte  ausgehend,  nach  einer  anderen  Richtung 
im  klaren  Quarz;  meist  sind  diese  Nadeln  gerade,  doch  kommen 
auch  knieförmig  gebogene  resp.  verwachsene  vor. 

Neben  Quarz  sind  Orthoklas  und  Glimmer  (Kali-  und  Magnesia- 
glimmer) in  jedem  Präparate  vorhanden,  doch  sehr  spärlich;  Pla- 
gioklas beobachtete  ich  nur  in  dem  Stück  von  Bäckermühle; 
ausserdem  kommen  hin  und  wieder  Körnchen  eines  grünen,  Glau- 
konit-ähnlichen Minerals  vor. 

Die  Sandkörner  sind  trotz  ihrer  Abrollung  mehr  oder  minder 
eckig;  ihr  Durchmesser  beträgt  bei  den  Stücken  von  Bäckermühle 
und  Bludczen  meist  0,10 — 0,15  Millimeter,  bei  einzelnen  länglichen 
Körnern  bis  0,35  Millimeter;  die  Sandkörner  von  Boggusch  sind 
gröber,  meist  von  0,20 — 0,30  Millimeter,  viele  bis  0,40  Millimeter, 
einzelne  bis  0,75  Millimeter  Durchmesser. 

Durch  Behandlung  mit  verdünnter,  kalter  Salzsäure  zerfallen 
die  Kugeln  und  der  zurückbleibende  Sand  lässt  die  gleichen  Ver- 
hältnisse wie  in  den  geschilderten  Präparaten,  nur  weniger  deutlich, 
erkennen.  Das  Material  des  analysirten  Stückes  von  Königsberg 
besitzt  Körner  von  meist  0,2— 0,3  Millimeter;  Feldspath  ist  etwas 
reichlicher  als  sonst  vorhanden,  und  schon  mit  blossem  Auge  be- 
merkt man  keineswegs  seltene  Blättchen  von  silberhellem  Glimmer. 
Ein  ausgeprägt  krystallinisch  spaltendes,  knolliges  Stück  von 
Andreaswalde  bei  Eyck  hinterlässt  bei  gleicher  Behandlung  fast 
reinen  Quarzsand  von  durchschnittlich  etwa  0,07 — -0,12  Millimeter 
(zumeist  0,1  Millimeter)  Durchmesser. 


582  Alfred  Jentzsch,  über  Kugelsandsteine  als  ckarakt.  Diluvialgeschiebe. 


Fig.  1. 
Fig.  2. 

Fig.  3. 
Fig.  4. 
Fig.  5. 
Fig.  6. 
Fig.  7. 
Fig.  8. 
Fig.  9. 
Fig.  10. 
Fig.  11. 
Fig.  12. 

Fig.  13. 


Erklärung  der  Tafel. 

Von  Bromberg.  Prov.-Mus.  No.  7394. 

Von  Grossschönau  bei  Gerdauen.  Prov.- 
Mus.  No.  11564. 

Rombinus  bei  Tilsit.  Prov.-Mus.  No.  11565. 

Tilsit.  Prov.-Mus.  No.  6962. 

Tharau.  Prov.-Mus.  No.  11566. 

Darkehmen.  Prov.-Mus.  No.  6681. 

Bischofstein.  Prov.-Mus.  No.  7771. 

Provinz  Preussen.  Prov.-Mus.  No.  91a. 

Bludczen  bei  Goldap.  Prov.-Mus.  No.  11567. 

Darkehmen.  Prov.-Mus.  No.  7. 

Bludczen  bei  Goldap.  Prov.-Mus.  No.  586.  ' 

Quarzkörner,  in  Calcit  eingewach-  Vergrössert  nach  dem 
sen,  40/i  natürlicher  Grösse.  I Dünnschliff  eines  Kugel- 

Flüssigkeitseinschlüsse,  gerade  und  ; Sandsteines  von  Boggusch 
knieförmige  Nadeln  aus  Quarz,  in  ^ bei  Marienwerder, 
looo/i  natürlicher  Grösse.  Prov.-Mus. 


Kugelsandsteine 
io  72 
natürlicher 
Grösse. 


Ein  Tiefbohrloch  in  Königsberg. 

Von  Herrn  Alfred  Jentzsch  in  Königsberg  i.  Ostpr. 


Im  Hofe  der  Kürassier-Kaserne  zu  Königsberg,  am  Tragheimer 
Thor,  wenige  Schritte  westlich  vom  Hauptportal  der  Kaserne  wurde 
im  Jahre  1882  das  erste  der  von  der  Königlichen  Intendantur  in 
einer  Conferenz  am  4.  Juni  1881  mit  dem  Civilingenieur  Veitmeyer 
und  dem  Professor  Dr.  Keren  dt  als  Vorarbeiten  für  eine  ein- 
heitliche Wasserversorgung  der  militairfiskalischen  Etablissements 
Königsbergs  vereinbarten  Reihe  von  Tiefbohrungen  durch  den 
hiesigen  Bohrmeister  Quaeck  ausgeführt.  Es  wurde  ohne  Wasser- 
spülung mit  Löffeln  am  Drahtseil,  gebohrt;  die  Kosten  betrugen 
rund  1 1 000  Mark.  Begonnen  December  1881,  musste  eines  Un- 
falles wegen  das  erste  Bohrloch  aufgegeben  werden,  wodurch  eine 
Verzögerung  von  circa  6 Wochen  entstand.  Am  18.  April  ward 
die  Bohrung  bei  94,85  Meter  Tiefe  eingestellt.  Die  erste  Röhren- 
tour hat  6 Zoll  Weite;  die  zweite,  von  4 Zoll,  reicht  bis  71  Meter; 
von  da  ab  steht  das  Bohrloch  ohne  Röhren.  Ein  früher  in  ge- 
ringer  Entfernung  gestossenes  Bohrloch  (No.  I.)  traf  z.  Th.  die- 
selben Schichten  in  gleicher  Tiefe;  z.  Th.  aber  zeigt  sein  Profil 
schwer  deutbare  Abweichungen,  die  unten  bemerkt  sind.  Unweit 
der  Kaserne  liegt  das  Strassenpflaster  des  Mitteltragheims  nach 
dem  städtischen  Nivellement  74  Fuss  hoch;  da  an  dieser  Stelle 
das  Terrain  fast  horizontal  liegt,  so  ist  die  Terrainhöhe  des  Bohr- 
lochs zu  23 — 24  Meter  anzunehmen;  in  den  unten  folgenden  Ver- 
gleichungen nehmen  wir  23  Meter  an.  Wir  geben  zunächst  die 


584 


Alfred  Jejjtzsch,  ein  Tiefbokrloch  in  Königsberg. 


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Alfred  Jentzsch,  ein  Tiefbohrloch  in  Königsberg. 


Die  durchbohrten  Schichten  der  Kreideformation  sind  durchweg 
der  Mukronatenkreide  zuzurechnen.  Die  schon  früher  festgestellte 
Thatsache,  dass  Feuerstein  und  die  verschiedenen  Abstufungen 
der  als  »harte  Kreide«  bekannten  Diluvialgeschiebe  kieselige  Con- 
cretionen  innerhalb  der  weissen  Kreide  und  der  verschiedenen 
Abstufungen  glaultonitischen  Kreidemergels  bilden,  — diese  That- 
sache kann  durch  vorliegendes  Profil  nur  aufs  Neue  bestätigt 
werden.  Ebenso  wird  aufs  Neue  dargethan,  dass  in  Ostpreussen 
weisse  Kreide  mit  Feuerstein  durch  24  Meter  mächtigen  Grünsand- 
mergel mit  Belemniten  überlagert  wird. 


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Von  dem  aus  71  — 94  Meter  Tiefe  aufsteigenden  Wasser 
wurde  nach  dreitägigem  Abpumpen  eine  Probe  entnommen  und 
durch  Herrn  Corpsstabs-Apotheker  Peise  analysirt.  Nach  gütiger 
Mittheilung  des  Herrn  Generalarztes  Dr.  Loewer  ergab  die  Analyse 
in  100000  Theilen: 

2,01  sogenannte  organische  Substanz  (äquivalent  0,402  Kalium- 
permanganat) und  1,065  Chlor;  dagegen  fehlen  Schwefelsäure  und 
alle  Stickstoffverbindungen  (Ammoniak,  salpetrige  Säure,  Salpeter- 
säure). Die  absolute  Härte  nach  Clark  beträgt  7,8  Grad.  Das 
Wasser  erwies  sich  als  klar,  färb-  und  geruchlos  und  von  reinem 
Geschmack. 

Hiernach  ist  das  Wasser  eines  der  besten  Trinkwässer 
Königsbergs.  Der  geringe  Gehalt  an  organischer  Substanz  war 

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vorauszusehen.  Hervorzuheben  ist  dagegen  die  äusserst  unbedeu- 
tende  Menge  Chlor,  da  anderwärts1)  die  Kreide  Ost-  und  West- 
preussens,  sowie  anderer  Provinzen  mehrfach  salzhaltige  Wässer 
hervortreten  lässt. 

x)  Jentzsch,  der  Untergrund  des  norddeutschen  Flachlandes.  Schriften  der 
physikalisch -ökonomischen  Gesellschaft  zu  Königsberg,  1881,  p.  50. 


Die  Steinkohlen  - führenden  Schichten  hei 
Ballenstedt  am  nördlichen  Harzrande. 

Von  Herrn  Ch.  E.  Weiss  in  Berlin. 


Zu  den  Randbildungen  des  Harzes  gehören  als  älteste  Glieder 
das  Rothliegende  und  gewisse  kohleführenden  Schichten,  welche 
sowohl  am  Süd-  als  am  Nordrande,  auftreten.  Diese  letzteren, 
deren  wichtigstes  Vorkommen  das  bei  llefeld  ist,  sind  früher  all- 
gemein als  zur  Steinkohlenformation  gehörig  betrachtet,  später 
aber  bei  Erscheinen  der  ersten  Lieferung  der  geologischen  Special- 
karte von  Preussen  als  unterstes  Glied  zum  Rothliegenden  gezogen 
worden  und  es  entsteht  die  Frage,  wie  man  die  Stellung  dieser 
Schichten  und  der  ähnlichen  bei  Grillenberg  (Blatt  Wippra)  am 
Südrande  und  bei  Meisdorf  und  Opperode  bei  Ballenstedt  am 
Nordrande  zu  deuten  habe.  Auf  diese  3 Punkte  beschränkt  sich 
das  Vorkommen  von  Steinkohle  - führenden  Schichten  am  Harz. 

Was  llefeld  anbelangt,  so  hatten  F.  A.  Römer  (Beitr.  zur 
Kenntniss  des  nordwestl.  Harzgebirges,  IV.  Abth.,  1860)  und  dann 
Geinitz  (Steinkohlen  Deutschlands  u.  a.  Länder,  I.  Bd.,  1865, 
S.  104)  die  dort  Vorgefundene  Flora  näher  bestimmt.  Der  letztere 
Autor  gelangt  zu  einem  Verzeichnisse  von  47  Pflanzenarten  wie 
folgt : 

Calcimites  Suckowi , cannaeformis , approximatus;  Annularia 
longifolia , sphenopliylloides , microphylla  Röm.  ; Sphenophyllum  emar- 
ginatum , saxifragaefolium , oblongifolium ; Sphenopteris  artemisiae- 
folia  St.,  cristata  Brg.,  integra  Germ.;  Schizopteris  Gutbieriana ; 
Neuropteris  auriculata , gigantea , Loshi , heterophyUa,  mirabüis  Rost., 
Regina  Röm.,  densifolia  Röm.  ; Cyclopteris  trichomanoides,  flabellata , 

38* 


596 


Ch.E.  Weiss,  die  Steinkohlen -führenden  Schichten 


obovata  Rom.;  Dictyopteris  Brongniarti;  Odontopteris  hercynica  Röm., 
Schütz  ei  Röm.;  Cyatheites  dentatus,  abbreciatus,  Miltoni , argutus 
Brg.,  arborescens,  Candolleanus,  oreopteroides-,  Alethopteris  aquilina, 
pteroides,  Pseudo-  Buckland  i^  longifolia  Presl  sp. ; Selaginites  Erd- 
manni,  Sigillaria  Presliana  Röm.  (=  Sigillaria  Brardi  var.  approxi- 
mata  Sterzel),  carinata  Röm.,  subsulcata  Röm.,  distans  Gein.  ; 
Cordnites  principalis , Nöggerathia  B einer  tiana , crassa  und  sulcata 
Röm.  — 

Dieses  Verzeichniss  konnte  an  der  Ueberzeugnng,  dass  die 
Schichten  zur  Steinkohlenformation  zu  stellen  seien,  nichts  ändern, 
und  es  wurde  die  Flora  auch  in  der  That  besonders  mit  jener  von 
Wettin  verglichen. 

Es  waren  wesentlich  geologische  Gründe,  welche  bei  der 
Kartirung  der  Gegend  von  Ilefeld  die  kohleführenden  Schichten 
zum  Rothliegenden  zu  bringen  bewogen  haben.  Denn,  da  sie 
einen  nur  unbedeutenden  Schichtentheil  an  der  Basis  eines  mächtig 

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entwickelten  Rothliegenden  bilden,  so  erscheint  die  Einreihung  in 
das  Letztere  als  etwas  sehr  Naturgemässes.  Die  Lagerung  ergiebt 
mit  Noth wendigkeit,  dass,  falls  man  sie  nicht  in  das  Rothliegende 
klassificirt,  sie  nur  dem  allerobersten  Theile  der  Steinkohlen- 
formation zugezählt  werden  können.  — In  neuester  Zeit  nun, 
wo  die  Aufmerksamkeit  sich  mehrfach  den  an  der  Grenze  von 
Steinkohlenformation  und  Rothliegendem  befindlichen  Schichten 
zugewendet  hat,  hat  sich  auch  gleichzeitig  ein  so  inniges  Inein- 
andergreifen  der  Floren  herausgestellt,  dass  beide  sogenannten 
Formationen  durch  Milchfloren  verbunden  werden  und  man  die 
einmal  in  die  Wissenschaft  eingeführte  Grenze  nur  durch  den 
mehr  oder  weniger  nach  irgend  einer  Seite  hin  sich  neigenden 
Charakter  der  Flora  palaeontologisch  festsetzen  kann.  - — Was 
aber  die  Flora  von  Ilefeld  angeht,  so  würde  eine  erneute  Revision 
derselben,  bei  der  grossen  Aehnlichkeit  so  mancher  der  carbonischen 
und  permischen  Pflanzen,  danach  möglicher  Weise  eine  grössere 
Uebereinstimmung  mit  rothliegenden  Floren  ergeben,  als  es  augen- 
blicklich scheint,  und  eine  solche  erneute  Untersuchung  wäre  von 
Interesse.  Nach  eigenen  Funden  kann  ich  der  obigen  Flora  das 

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Vorkommen  von  Walchia  piniforniis  hinzufügen. 


bei  Ballenstedt  am  nördlichen  Harzrande. 


597 


Bei  der  geologischen  Aufnahme  der  Gegend  von  Grillenberg 
bestätigte  sich  die  Aehnlichkeit  mit  den  Schichten  bei  Ilefeld  durch 
das  Vorkommen  von  Stiymaria  ficoides  in  den  alten  Halden  der 
dortigen  Kohlenbauversuche,  sowie  von  Neicropteris  flexuosa, 
angustifolia , aur iculata  Gein.  , einer  Cyclopteris , Dicty- 
opteris  cf.  neuropteroides , Pecopteris  pteroides,  cf.  C al- 
lipteridium  connatum  Röm.  sp.,  Cordaites  borassifolius  u.  a. 
in  rothen  etwas  sandigen  Sehieferthonen  an  der  Strasse  nach 
Wippra,  zwischen  Thonschiefercougloinerat,  das  unmittelbar  auf 
Thonschiefer  liegt. 

Beide  Stellen  liegen  ganz  an  der  Basis  des  Mansfelder  Roth- 
liegenden.  Die  Zusammensetzung  der  Schichten  ist  nicht  die 
gleiche  wie  bei  Ilefeld,  wie  ja  auch  das  liotli liegende  hier  petro- 
graphisch  recht  verschieden  ist.  Allein  hierauf  ist  ein  Werth  bei 
der  Bestimmung  des  Alters  der  Schichten  nicht  zu  legen,  da  wir 
es  dabei  mit  Formationen  zu  thun  haben,  welche  je  nach  den  Ge- 
bieten sehr  veränderlich  erscheinen. 

Das  Mansfelder  Roth  liegende  zieht  um  die  südöstliche  Spitze 
des  Harzes  herum  bis  in  die  Gegend  von  Ballenstedt,  wo  be- 
sonders noch  grobe  Quarzitconglomerate  mit  wohlgerundeten,  an 
der  Oberfläche  roth  gefärbten  Quarzitgeröllen  die  gleiche  Be- 
schaffenheit wie  im  Mansfeldischen  zeigen. 

Kohlenführende  Schichten  treten  auch  hier  wieder  an  der 
Basis  des  Rothliegenden  auf  und  haben  bei  Meisdorf  (Blatt  Pans- 
felde)  und  bei  Opperode  (Blatt  Ballenstedt)  früher  zu  Bergbau 
Anlass  gegeben.  Diese  gliedern  sich  nach  den  Angaben  von 
Hoffmann  (s.  Text  zu  Blatt  Pansfelde)  so,  dass  zuunterst  die 
unteren  Conglomerate,  den  obigen  Quarziteonglomeraten  (früher 
Hornquarz  - Conglomerate)  täuschend  ähnlich  und  nach  unten  in 
rothe,  feinkörnige  Sandsteine  und  Schieferletten  übergehend,  auf- 
treten.  Darauf  folgt  eine  bis  zu  48  Meter  starke  Zone  von 
Schiefern  mit  dem  Koh  lenflötze,  dieses  5 — 8 Decimeter  mächtig, 
Schieferkohle  mit  8 — 10  Ceutimeter  Schiefermittel  und  hierüber 
die  Dachschale  d.  i.  bis  1 Meter  mächtiger  Brandschiefer,  zuweilen 
mit  schwarzem  hornsteinähnlichen  Gestein  nebst  unreinem  Kalk- 
stein. Auf  diesen  lagern  4,2  — 10,5  Meter  mächtige  Schiefer- 


598 


Ch.  E.  Weiss,  die  Steinkohlen  - führenden  Schichten 


thone,  welche  an  Pflanzen- Abdrücken  reich  sind,  bedeckt 
von  einer  2 Meter  starken  Bank  Kohlensandstein.  Nach  oben 
schliessen  bläulichgraue  und  rothe  Schieferthone  nebst  feinkörnigem, 
glimmerigen  Sandstein  diese  Zone  ab.  Obere  Conglomerate  auf 
ihr  ähneln  den  nur  etwas  grobstückigeren  Quarzitconglomeraten 
sehr.  Bei  Opperode  fallen  die  Schichten  N.  und  NO.  unter  15 
bis  20°. 

Die  hangenden  Schieferthone  des  Kohlenflötzes  sind  für  die 
palaeontologische  Untersuchung  die  wichtigen  Schichten,  da  aus 
ihnen  die  Reste  herrühren,  welche  theils  einige  Angaben  in  der 
Literatur  veranlasst  haben,  theils  auch  noch  in  alten  Sammlungen 
aufbewahrt  werden.  Leider  sind  namentlich  die  Handstücke,  welche 
bis  jetzt  dem  Verfasser  zugänglich  waren,  sehr  spärlich  geblieben 
und  beschränken  sich  auf  einige  Stücke  der  Halleschen  Universi- 
tätssammlung  (von  meinem  Freunde  Prof.  C.  VON  Fritsch  ge- 
liehen) von  Meisdorf  und  mehrere  andere  der  SciiLOTHEiMschen 
Sammlung  in  der  Universität  zu  Berlin  (von  Geh.  Rath  Beyrich  zur 
Benutzung  gegeben)  von  Opperode.  Erstere,  von  Meisdorf,  zeigen 
die  Abdrücke  in  grauem  Schieferthon,  der  nur  einmal  etwas  röth- 
lich  ist  und  wovon  mehrere  Exemplare  auch  Anthracosien  führen. 
Letztere,  von  Opperode,  sind  sämmtlich  ziemlich  dunkel  graurother, 
fast  violetter,  etwas  glänzender,  krummflächiger  Schieferthon. 

Was  sich  an  bestimmbaren  Resten  vorfand,  ist  Folgendes. 

A.  Von  Meisdorf: 

1)  Sphenopteris  erosa  Morris  (Brongniart  in:  Mür- 
chison,  Verneuil  et  Keyserling,  geologie  de  la  Russie  d’Europe 
vol.  II,  p.  8,  Taf.  C,  Fig.  3a  und  b).  Zwei  Stücke,  deren  Ab- 
drücke der  citirten  Art,  besonders  Fig.  3b,  so  ähnlich  sind,  dass 
trotz  Unvollständigkeit  der  russischen  Exemplare  an  der  Identität 
nicht  wohl  zu  zweifeln  ist.  Hierbei  muss  jedoch  die  GüTBiER  sche 
Art  (Verst.  d.  Rothl.  Taf.  VIII,  Fig.  8)  ausgeschieden  bleiben, 
welche  nur  in  ganz  schlecht  erhaltenen  Fiedern,  wo  fast  nur  die 
Nervation  hinterlassen  ist,  nicht  aber  in  solchen,  die  die  Umrisse 
zeigen,  Aehnlichkeit  mit  der  russischen  zeigt.  Ausser  Sph.  erosa 
Hesse  sich  höchstens  Sphenopteris  hymenophylloides  Weiss 
aus  dem  Rothl iegenden  von  Wünschendorf  in  Betracht  ziehen, 


bei  Ballenstedt  am  nördlichen  Harzrande. 


599 


allein  die  kleineren  Blättchen,  die  echt  fiederspaltigen  Fiederchen 
mit  viel  kürzeren  Lappen  unterscheiden  erosa  von  der  letzteren 
Art.  — Die  Halleschen  Exemplare  sind  mit  beigefügten  Zetteln 
und  der  Bezeichnung  Sphenopteris  artemisiaef olia  versehen, 
worauf  wohl  gewisse  Angaben  in  der  Literatur  zurückzuführen 
sind;  indessen  ist  die  Fiedertheilung  viel  zu  fortgeschritten,  die 
Blättchen  und  Zipfel  zu  schmal,  als  dass  man  diese  Art  für  ident 
halten  dürfte. 

2)  Mehrere  Exemplare  vom  Typus  der  Sphenopteris  ger- 
manica Weiss  (Flora  von  Wünscheudorf  Taf.  I,  Gütbier’s  Sphen. 
dichotoma  1.  c.  Taf.  VIII,  Fig.  7),  jedoch  allerdings  kleiner  und 
zartei’,  gleichwohl  im  klebrigen  jener  durchaus  entsprechend,  daher 
nur  als  Varietät  zu  betrachten. 

3)  Callipteris  catadroma  Weiss  (Flora  d.  jüngst.  Stk. 
u.  d.  Rothl.  im  Saar-Itheingebiete  Taf.  IV  u.  V,  Fig.  4,  sowie  Zeit- 
schrift d.  Deutsch,  geol.  Ges.  1870,  Taf.  XX,  Fig.  3)  s.  Holz- 
schnitt Fig.  1.  Abweichend  nur  durch  ein  vollständig  abgeson- 
dertes, schmales,  abgerundetes  Oehrchen  am  Grunde  des  Fiederchens 
statt  jenes  halb  herzförmigen  Lappens  in  den  älteren  Figuren.  Es  ist 
offenbar  ein  etwas  tiefer  stehendes  Fiederstück,  während  jenes  aus 
dem  Saar-Ilheingebiete  der  Spitze  einer  Fieder  angehörte.  Fiederchen 
oblong,  gegen  den  Grund  zusammengezogen  und  darin  die  Callipteris- 
Nervation  bis  auf  sehr  wenige  (einen?)  neben  dem  Hauptnerven  aus 
der  Spindel  entspringende  Seitennerven  reducirt,  daher  Sphenopteris- 
artig;  Rand  gekerbt  bis  wellig,  Seitennerven  vorzugsweise  in  die 
Kerben  verlaufend.  Diese  Art  ist  als  ein  Glied  einer  Reihe  von 
Formen  zu  betrachten,  welche  mit  C allipteris  conferta  subsp. 
obliqua  Göpp.  beginnt,  durch  sich  einstellende  Kerbung  des  Randes 
sich  weiter  verändert  (wozu  dann  Hymenophyllites  semialatus 
Gein.  gehört),  endlich  durch  allmähliche  Absonderung  eines  Oelir- 
chens  am  äusseren  unteren  Ende  des  Fiederchens  vermittelst  einer 
Anzahl  noch  unbeschriebener  Varietäten  oder  Subspecies  bis  zu 
Sphenopteris  Naumanni  Gutb.  fortsetzt,  die  Sterzel  bereits 
zu  C allipteris  stellt. 

Nur  der  Einreihung  von  Sphenopteris  erosa  Morris  nach 
Sterzel  (Palaeontol.  Charakter  d.  oberen  Steinkohlenform.  u.  d. 


600 


Ch.  E.  Wkiss,  die  Steinkohlen - führenden  Schlichter 


Rotlilieg.  im  erzgebirgischen  Becken,  VII.  Ber.  d.  Naturwiss.  Ges. 
zu  Chemnitz  1881,  S.  103)  kann  ich,  wenn  unter  ihr  auch  die 
russische  Art  verstanden  sein  soll,  nach  meinem  Materiale  nicht 
zustimmen,  da  diese  fast  parallele  Nerven,  schmale  Fiederclien  und 
kein  Oelirchen  (nach  Bjrongniakt  und  in  den  Harzer  Stücken)  hat. 


4)  Sphenopteris  Losseni  n.  sp.  Das  hier  abgebildete 
Stück  Hesse  sich  an  Gütbiers  Sphenop  teris  Naumanni  (Rothl. 
in  Sachsen  Taf.  VIII,  Fig.  6)  anreihen,  ist  aber  in  seinen  Theilen 
viel  grösser,  breiter,  dabei  zarter,  mit  geflügelter  Spindel  versehen, 
auch  die  Fiederclien  schiefer  gestellt.  Dagegen  haben  diese  letzteren 
denselben  oblongen  Umriss,  sind  theils  einfach,  tlieils  doppelt  ein- 
gekerbt, die  ersten  Einschnitte  tiefer,  am  Grunde  ein  unvollkommen 
abgesondertes  Oelirchen  wie  bei  Naumanni , die  Zipfel  sämmtlich 
stumpf  abgerundet.  Blattmasse  in  die  geflügelte  Spindel  (bis 
3 Millimeter  breit)  herablaufend.  Mittelnerv  der  Fiederclien  massig 
stark,  nach  oben  und  unten  schwächer,  am  unteren  Ende  umge- 
bogen und  spitz  in  die  Spindel  verlaufend  wie  bei  Callipteris 
conferta.  Seitennerven  meist  in  die  Einkerbungen  verlaufend, 
spitz,  dünn;  ausserdem  die  Oberfläche  zwischen  ihnen  parallel  sein- 
fein  gestreift.  Wie  angedeutet,  ist  die  Beziehung  zu  Sph.  Nau- 


Fig.  2. 

Sphenopteris  Losseni. 


bei  Ballenstedt  am  nördlichen  Harzrande. 


601 


via  uni  zwar  offenbar,  aber  der  Habitus  und  gewisse  Merkmale 
in  der  Weise  der  früher  gebräuchlichen  Gattung  11  y me  nophyllites. 
Es  würde  ein  sehr  weit  sich  entfernendes  Glied  sein,  wollte  man 
S'ph.  Losseni  in  die  oben  angedeutete  Reihe  von  C allipteris 
obliqua  zu  Naumanni  mit  einstellen. 

B.  Von  0 p p e r o d e : 

5)  S igillaria  Brardi  Brongn.,  von  Schlotheim  als  Pal- 
macites  quadrangulatus  bezeichnet.  Ein  Stück,  das  die  mehr 
subquadratischen  Blattnarben,  wenn  auch  schlecht  erhalten,  erkennen 
lässt,  ausserdem  wellige  Streifung  unter  der  Rinde. 

6)  Sigillarienblätter  von  der  bekannten  langlinealen  Form, 
3 nervig,  bis  4 Millimeter  breit. 

7)  Schuppen  wohl  von  Sigillario strobus , verschiedener 
Grösse,  breit  lanzettlich,  mit  Spur  der  Pfeilform  an  der  Basis, 
nicht  ganz  vollständig. 

8)  Aster  opliyllites  equisetiformis , auf  mehreren  Stücken 
sehr  deutlich. 

9)  Spitze  einer  M acrostachy a mit  dichten,  dachziegelförmig 
sich  deckenden  Bracteen,  deutlich  quergegliedert,  schmaler  als 
carinata  zu  sein  pflegt. 

10)  Pecopteris  arbor escens  in  mehreren  Exemplaren,  dar- 
unter ein  recht  gut  fructificirendes,  mit  je  6 Sori  auf  jeder  Seite 
neben  dem  Mittelnerv  eines  Fiederchens.  Die  Mitte  der  Sori  ist 
durch  eine  Vertiefung  markirt  und  bisweilen  gehen  hiervon  Spuren 
radialer  Linien  aus  wie  bei  Asterocarpus. 

11)  Sphenopteris  germanica  wie  von  Meisdorf,  aber  weit 
kräftiger  und  der  Figur  von  Sph.  dichotoma  bei  Gutbier  mehr 
entsprechend,  nicht  vollständig.  (Sph.  dichotoma  Gütb.  — Sph. 
germanica  Weiss.) 

Wie  bemerkt,  existiren  Angaben  über  die  Flora  von  Meisdorf 
und  Opperode,  so  von  Römer  (1.  c.)  und  Giebel  (nach  Römer), 
nämlich  folgende : 

Sphenopteris  artemisiaefolia  (auch  bei  Ilefeld  nach 
Römer);  Neuropteris  auriculata  (Meisdorf),  heterophylla 
(desgl.);  Pecopteris  Pluckeneti  (Opperode  und  Ilefeld),  abbre- 
viata  (Meisdorf),  oreopteridia  (Meisdorf). 


602 


Ch.E.  Weiss,  die  Steinkohlen- führenden  Schichten 


Die  ersten  4 Arten  dieser  älteren  Angaben  scheinen  der  Be- 
stätigung zu  bedürfen,  da  sie  mit  anderen  leichter  verwechselbar 
sind.  Es  wurde  schon  angedeutet,  dass  Sphen.  artemisiaefolia 
der  Sph.  erosa  entsprochen  haben  kann,  und  so  könnte  auch 
vielleicht  die  Angabe  von  Pecopteris  Pluckeneti  auf  Sphenopt. 
germanica  (oben  No.  11)  zu  beziehen  sein. 

Bei  der  Beurtheilung  der  geologischen  Stellung  der  Schichten, 
welche  die  vorstehenden  Pflanzenreste  enthalten,  müssen  wir  für 
jetzt  diese  letzterwähnten  Bestimmungen  ausser  Betracht  lassen. 
Unter  den  übrigen  befinden  sich  solche,  welche  sowohl  in  der 
oberen  Steinkohlenformation  als  im  Rothliegenden  bekannt  sind, 
andere,  welche  nur  im  Rothliegenden  gefunden  wurden  und  nur 
die  Sigillarienblätter  und  die  etwas  fraglichen  Zapfenschuppen  von 
Sigillaria , auch  den  Macrostachyenrest  kennt  man  im  Rothliegenden 
nicht,  wiewohl  bei  dem  Vorkommen  von  Sigillaria  B rar cli 
im  Rothliegenden  auch  dasjenige  von  Sigillarienbl ättern  und 
-Schuppen  nicht  verwundern  darf.  Dann  bliebe  nur  Macrostacliya 
als  das  übrig,  was  bisher  dem  Rothliegenden  fremd  war.  Danach 
stellt  sich  das  Vorkommen  der  bei  Ballenstedt  gefundenen  Arten 
wie  folgt: 

bekannt  in 


Sigillaria  Brardi 

Sigillarienblätter 

Sigillariostrobus 

Aster ophyllites  equis eti fo r mi s 

Macr o stachy a sp 

Pecopteris  arbor escens 

P.  abbreviata 

P.  oreopteridia 

Sphenopteris  germanica  . . . . 

Sph.  erosa 

Sph.  Losseni  

C allipteris  catadr oma 


oberer  Steink.-Form.  und  Rothl. 


» 

» 


» 

» 

y> 


? 

? 


» 

» 


y> 

» 


» » 

» » 

» » 

» » 

» » 


Mehr  Gewicht  als  auf  das  Ueberwiegen  der  rothliegenden 
Formen  in  dieser  kleinen  Tabelle  über  die  carbonischen  ist  auf 


bei  Ballenstedt  am  nördlichen  Harzrande. 


603 


die  Arten  selbst  zu  legen  und  hierbei  ist  das  Auftreten  so  aus- 
gesprochener Formen  wie  Sphenopteris  erosa , C allipteris 
catadroma  und  überhaupt  solcher,  die  sich  einerseits  an  C al- 
lipteris conferta , andererseits  an  Sphenopteris  N aumanni 
anlehnen,  ganz  besonders  zur  Geltung  zu  bringen.  Ihnen  nach 
würde  man  die  Schichten  von  Ballenstedt  nicht  der 
Steinkohlenformation,  sondern  wirklich  dem  Rothlie- 
genden  zutheilen  zu  müssen  schliessen,  und  diesem  Entscheide 
würde  die  geologische  Entwickelung  der  Gesteine  durchaus  nicht 
widersprechen. 

Ein  Vergleich  der  Pflanzenreste  von  Ballenstedt  mit  jenen 
von  Ilefeld  und  Grillenberg  ergiebt  das  bemerkenswerthe  Resultat, 
dass  nur  wenige  Arten  von  Bedeutung  hier  wie  dort  gefunden 
wurden,  wie  Sigillaria  Brardi  etc.,  überhaupt  solche,  die  beiden 
Formationen  gemeinsam  sind.  Dagegen  macht  die  Flora  von  Ile- 
feld nebst  den  wenigen  Formen  von  Grillenberg  sehr  den  Ein- 
druck  einer  Steinkohlenflora,  nämlich  der  Ottweiler  Schichten. 
Daher  erscheint  die  Verschiedenheit  der  Floren  zwischen  dem  Sücl- 
und  Nordrande  des  Harzes  grösser,  als  dass  man  dies  blos  auf  Rech- 
nung localer  Verhältnisse  setzen  dürfte.  Schon  ein  geringer  Unter- 
schied im  Alter  muss  hier  bedeutendere  Verschiedenheiten  erwarten 
lassen,  da  die  Grenze  für  die  Schichten  der  eigentlichen  Stein- 
kohlenformation gewiss  dicht  über  den  kohleführenden  von  Ilefeld 
zu  suchen  ist. 

Man  hat  aus  naheliegenden  Gründen  die  Steinkohle  des  Süd- 
wie  des  Nordrandes  für  gleichaltrig  angenommen.  Dies  bestätigt 
sich  gegenwärtig  insofern  aber  nicht,  als  die  Flora  von  Ballenstedt 
jünger  zu  sein  scheint,  mithin  auch  die  Kohlenschichten  durch  sie 
höher  gerückt  werden. 

Noch  einmal  mag  darauf  hingedeutet  werden,  dass  eine  Re- 
vision aller  dieser  Floren,  besonders  aber  der  von  Ilefeld,  erst 
sicher  die  Grösse  der  Verschiedenheit,  welche  jetzt  beträchtlich 
hervortritt,  wird  beurtheilen  lassen. 


Briefliche  M ittlieilung. 


Herr  H.  I Bücking  an  Herrn  W.  IIaucjiecorne. 

Ueber  basaltische  Gesteine  der  nördlichen  Rhön. 

Kiel,  den  23.  Juli  1882. 

Die  l Untersuchung  der  von  Herrn  von  Könen  mir  gütigst  überlassenen 
Handstücke  und  Dünnschliffe  von  basaltischen  Gesteinen  aus  dem  von 
ihm  geologisch  bearbeiteten  Gebiete  in  der  nördlichen  Rhön  ist  zwar 
noch  nicht  vollständig  abgeschlossen,  hat  aber  doch  bereits  Resultate  er- 
geben, die  ganz  kurz  schon  jetzt  mitzutheilen  von  Interesse  ist,  zumal 
über  die  Rhöngesteine  noch  so  wenig  zuverlässige  Angaben  aus  neuerer 
Zeit  existiren.  Bezüglich  der  Nomenclatur  schliesse  ich  mich  hierbei  den 
Ausführungen  an,  welche  ich  in  dem  Jahrbuche  der  Preuss.  geologischen 
Landesanstalt  für  1880,  S.  149  f.,  gegeben  habe. 

Wie  zu  erwarten  war,  besitzen  die  Tephrite  (Nephelintephrite) 
eine  weitere  Verbreitung  in  der  Rhön.  An  die  bereits  beschriebenen 
Vorkommnisse  vom  Kirschberg  und  vom  Kleienberg  bei  Rasdorf,  sowie 
nördlich  von  Leimbach  bei  Eiterfeld  (vergl.  Jahrb.  d.  geol.  Landesanst. 
1880,  S.  159  f.)  schliessen  sich  an:  der  Tephrit  vom  Rückersberg  bei 
Hünteld,  ferner  die  Tephrite  vom  Wieselsberg  nordöstlich  von  Rosbach 
bei  Hünfeld1),  von  denen  eine  plagioklasreiche  und  eine  plagioklasarme 
Varietät  unterschieden  werden  kann,  der  Tephrit  vom  Stoppelsberg  bei 
Neukirchen  (Steinbruch  und  Burg  Hauneck),  die  Tephrite  von  der  Burg 
Landeck  und  vom  Löhehen  bei  Schenklengsfeld,  und  der  Tephrit  vom 
Schorn,  ’/ä  Meile  nordwestlich  von  Dermbach. 

Ueber  die  anderen  basaltischen  Gesteine  zu  überwiegen  scheinen  die 
Basanite  (Nephelinbasanite).  Ausser  dem  früher  (a.  a.  O.  S.  166  f.)  be- 
schriebenen Basamt  vom  Hundskopf  bei  Salzungen  wurden  noch  Gesteine 

*)  Im  Jahrb.  d.  geol.  Landesanst.  für  1880,  S.  152,  ist  dieser  Tephrit  irrthümlich 
als  Phonolitk  bezeichnet  worden. 


II.  Bücking,  Briefliche  Mittlieilnng. 


605 


von  folgenden  Fundorten  als  Basanit  bestimmt:  1)  vom  Appelsberg-  bei 
Hünfeld,  2)  von  einer  Stelle  zwischen  Wieselsberg  und  Appelsberg, 
3)  vom  westlichen  Abhang  des  Appelsberges,  oberhalb  der  Gegenhauk 
bei  Kirchhasel,  4)  vom  Schenkelsberg  bei  Hünfeld,  5)  vom  Hübelsberg 
bei  Rasdorf  (plagioklasreich),  6)  vom  Bühlchen  und  7)  vom  kleinen 
Biihlchen  nordwestlich  von  Oberbreitzbach , 8)  vom  Trumbachsköpfchen 
(Hornblende -führend)  und  9)  vom  Pfaffenstrauch  bei  Schenklengsfeld, 
10)  vom  Forsthaus  Leibolz  bei  Eiterfeld,  11)  von  der  Winterliede 
zwischen  Steinbach  und  Burghaun,  12)  von  einer  Kuppe  südlich  von 
Rotenkirchen,  13)  von  der  Lieshauk  bei  Mannsbach,  14)  von  der  Nord- 
seite des  Helleberges  bei  Rasdorf,  15)  von  der  Landwehr  bei  Geisa, 
16)  700  Schritt  westlich  von  Wiesenfeld  bei  Geisa,  17)  von  der  östlichen 
Kuppe  des  Spielbergs  bei  Geisa,  18)  zwischen  Spielberg  und  Mittelberg 
bei  Geisa,  19)  500  Schritt  südwestlich  vom  Dachberg  bei  Rasdorf, 
20)  vom  Gehülfensberg  bei  Rasdorf,  21)  vom  Buchwald  südwestlich  von 
Rasdorf  (Nordostspitze,  Nordwestspitze  und  Nordwestkuppe  des  Buch- 
waldes), 22)  von  der  Südseite  des  Zellerkopfes  im  Geisaer  Wahl, 
23)  »im  Stockig«,  500  Schritt  westlich  von  Oechsen,  24)  von  der  Esels- 
kuppe südwestlich  von  Vacha,  25)  nördlich  von  Vitzerode  bei  Vacha, 
26)  vom  Poppenkopf. 

Als  Basanitoid  zu  bezeichnende  Gesteine  fanden  sich  nur  an  fol- 
genden 5 Punkten:  1)  1500  Schritt  südlich  von  Bremen  östlich  Geisa, 
2)  am  Hubenberg  bei  Buttlar,  3)  am  Schorn  bei  Dermbach,  4)  am 
Stallberg  bei  Rasdorf,  5)  am  Mauersberg  zwischen  Rasdorf  und  Hünfeld. 

Nächst  dem  Basanit  am  meisten  verbreitet  ist  wohl  der  Nephelin- 
basalt. Er  liegt  von  den  schon  früher  (a.  a.  O.  S.  154)  namhaft  ge- 
machten Punkten,  nämlich  vom  Setzeiberg  bei  Rasdorf,  vom  Pietzeistein 
bei  Spahl,  vom  Buchwald  südlich  von  Rasdorf,  vom  Soisberg  bei  Manns- 
bach, vom  Steinberg  südöstlich  von  Schenklengsfeld,  vom  Ulsterberg  bei 
Vacha,  vom  Beyer  bei  Dermbach,  von  der  Südseite  des  »Vorderen  Wald« 
und  von  der  Sachsenburg  im  Geisaer  Wald,  ferner  vor:  von  einem  Punkt 
nordöstlich  von  Gerstengrund  am  Geisaer  Wald,  von  einem  Punkt 
1200  Schritt  südlich  von  Bremen,  von  der  Westseite  des  Dietrichsberges 
bei  Lengsfeld,  vom  »Stein«  1000  Schritt  östlich  von  Kirchhasel,  vom 
Fürsteneck  und  vom  Lichtberg  bei  Eiterfeld. 

Der  Plagioklasbasalt  tritt  gegenüber  den  Nephelin-führenden  basal- 
tischen Gesteinen  entschieden  zurück.  In  der  nördlichen  Rhön  sind  zum 
Plagioklasbasalt  die  Basalte  von  folgenden  Fundorten  zu  rechnen:  Der 
Dolerit  von  Lenders,  der  Basalt  vom  Hirtenbrunnen  südwestlich  vom 
Stein  bei  Dermbach,  vom  Dreienberg  bei  Friedewald,  von  dem  Punkt 
1000  Schritt  östlich  von  Malges  bei  Eiterfeld,  von  der  Branderskuppe 
bei  Eiterfeld,  vom  Standorfsberg  bei  Buttlar,  vom  Steinbruch  in  Kirch- 


GOG 


H.  Bücking,  Briefliche  Mittheilung. 


hasel,  aus  dem  Brunnen  in  KirchHasel,  von  einem  Punkt  1500  Schritt 
östlich  vom  Neuwirthshaus  zwischen  Kirchhasel  und  Rasdorf,  und  vom 
Gehülfensberg  bei  Rasdorf  (hier  Hornblende-führend). 

Was  den  früher  beschriebenen  Augitandesit  von  dem  Wege  nach  dem 
Wieselsberg  nördlich  von  Kirchhasel  bei  Hünfeld  (Tschermak’s  mineralog. 
und  petrograph.  Mitth.,  I.,  1878,  S.  538  f.)  anlangt,  so  wäre  es  vielleicht 
angezeigt,  dieses  Gestein  mit  dem  Plagioklasbasalt  zu  vereinigen,  zumal 
sonst  aus  diesem  Theil  der  Rhön  keine  Augitandesite  bekannt  sind  und 
das  Gestein  in  seinem  ganzen  Habitus  wesentlich  von  den  Augitandesiten 
der  südlichen  Rhön  abweicht  und  sich  vielmehr  den  eigentlichen  Plagioklas- 
Basalten  nähert.  Indessen  fehlt  dem  Gestein  gänzlich  der  Olivin,  wenn 
man  nicht  etwa  die  eigenthümlichen  (a.  a.  O.  S.  540  beschriebenen),  an 
ein  Glimmermineral  erinnernden  Einsprenglinge,  welche  einen  ausser- 
ordentlich starken  Pleochroismus  zwischen  hellröthlichbraun  (bis  orange) 
und  dunkelgrünlichgrau  (resp.  olivengrün)  erkennen  lassen,  als  aus  Olivin 
her  vorgegangen  ansehen  wollte,  was  wohl  aber  so  lange  noch  unzulässig 
ist,  als  diese  Gebilde  nicht  chemisch  untersucht  werden  können,  oder  aus 
verwandten  Gesteinen  nicht  ähnliche  Zersetzungsproducte  des  Olivins  auf- 
gefunden werden.  Weitere  Untersuchungen,  insbesondere  an  frischeren 
Stücken,  wenn  solche  zu  erlangen  sind,  werden  gewiss  über  die  Deutung 
dieser  Gebilde  Aufschluss  zu  geben  im  Stande  sein. 

Unter  den  Limburgiten  scheint  der  Limburgit  des  2.  Typus,  dessen 
Basis  mit  Chlorwasserstoffsäure,  zum  Theil  wenigstens,  gelatinirt  unter 
Abscheidung  von  Ghlornatriumwürfeln,  am  verbreitetsten  zu  sein.  Ausser 
dem  schon  beschriebenen  Vorkommen  vom  Hundskopf  bei  Lengsfeld 
(Jahrb.,  1880,  S.  185)  wurden  ähnliche  Limburgite  auch  vom  Schleitberg 
und  vom  Mittelberg  östlich  vom  Schleitberg  bei  Geisa,  aus  einem  Gange 
am  Südende  von  Wölf  bei  Eiterfeld  und  vom  Bilstein  bei  Oechsen  (letzterer 
Hornblende-führend)  untersucht. 

Irgend  welche  Schlüsse  aus  den  Ergebnissen  der  rein  mineralogischen 
Untersuchung  der  erwähnten  basaltischen  Gesteine  auf  ihre  geologische 
Stellung  und  Verbreitung  zu  ziehen,  halte  ich  für  unzulässig,  solange  die 
gegenseitigen  Beziehungen,  welche  die  genannten  Gesteine  hinsichtlich 
ihres  Auftretens  zeigen,  noch  nicht  hinlänglich  genau  bekannt  sind. 


Abhandlungen 


von 

ausserhalb  der  Geologischen  Landesanstalt 
stehenden  Personen. 


% 


Die  Entwickelung  des  Plaeners 

im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes 
bei  Lengericb. 

Von  Herrn  R.  Windmöller. 

(Hierzu  Tafel  XIX.) 


* 

Bei  dem  Bau  der  Yenlo-Hamburger  Bahn  während  der  Jahre 
1869  — 1871  wurde  die  Gebirgskette  des  Teutoburger  Waldes  bei 
Lengerich,  etwa  2 Meilen  vor  dem  nordwestlichen  Ende  derselben 
bei  Bevergern,  durchbrochen,  und  sind  dadurch  namentlich  die 
dem  Plaener  angehörenden  Glieder  der  Kreideformation,  die  hier 
nur  noch  allein  an  der  Zusammensetzung  der  Hügelzüge  Antheil 
nimmt,  in  vorzüglicher  Weise  aufgeschlossen  worden.  Theils  in 
Folge  dieses  Bahnbaues,  theils  auf  Grund  des  ausgezeichneten 
Materials,  welches  diese  Schichten  in  sich  schliessen,  wurde  dann 
in  den  folgenden  Jahren  am  südlichen  Abhange  des  Gebirgszuges 
zu  beiden  Seiten  von  Lengerich  eine  Reihe  von  Kalksteinbrüchen 
angelegt,  welche  gleichfalls  gute  Aufschlüsse  der  mittleren  und 
oberen  Schichten  des  Plaeners  darbieten. 

Da  während  des  Bahnbaues  selbst  keine  geognostischen  Beob- 
achtungen angestellt  und,  soweit  mir  bekannt,  auch  später  diese 
Schichten  nicht  näher  untersucht  worden  sind,  so  werde  ich  auf 
Grund  meiner  Beobachtungen  und  des  ausschliesslich  von  mir 
selbst  während  der  Jahre  1879  und  1880  an  Ort  und  Stelle 
gesammelten  paläontologischen  Materials,  die  Gliederung  dieser 
Schichten  und  Parallelisirung  derselben  mit  den  gleichalterigen 
benachbarter  Gebiete  zum  Gegenstand  dieser  Arbeit  machen. 


4 


R.  Windmöi.ler,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


Bemerken  muss  ich  dabei,  dass  das  Ergebniss  meiner  Beob- 
achtungen vollständiger  sein  würde,  wenn  diese  zur  Zeit  des  Bahn- 
baues selbst  hätten  angestellt  werden  können,  da  das  bei  dem 
letzteren  offen  gelegte  Profil  jetzt  nur  noch  zum  Theil  in  den 
beiden  Einschnitten  der  Gebirgskette  gut  zu  beobachten  ist,  wäh- 
rend die  im  Tunnel  anstehenden  Schichten  nur  noch  unvollkommen 
in  den  kleinen,  in  der  Mauerung  offen  gebliebenen  Nischen  sicht- 
bar sind.  Jedoch  sind  auch  diese  Schichten  in  den  oberhalb  und 
zu  beiden  Seiten  des  Tunnels  gelegenen  Kalksteinbrüchen  und 
Mergelgruben , ferner  in  den  Einschnitten  der  Chausseen  von 
Lengcerich  nach  Tecklenburg  und  Osnabrück  ziemlich  gut  aufge- 

O O O O 

schlossen  und  treten  ihre  Köpfe  oberhalb  Lengerich  an  dem  un- 
bewaldeten,  kahlen  Bergrücken  zu  Tage,  so  dass  ich  im  Stande 
zu  sein  glaube,  ein  zusammenhängendes  Bild  jener  Schichten  geben 
zu  können. 

Es  dürfte  dies  nicht  ohne  Interesse  sein,  da  die  Schichten 
des  Plaeners  im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes 
nirgendwo  in  gleicher  Vollständigkeit  aufgeschlossen  sind,  auch 
die  Arbeiten,  welche  sich  eingehender  mit  der  geognostischen  Zu- 
sammensetzung dieses  Theiles  des  Gebirgszuges  befassen,  und 
unter  denen  namentlich  die  Abhandlungen  Ferd.  Römer  s1)  und 
v.  Dechen’ s 2)  hervorzuheben  sind,  fast  ausschliesslich  der  ältei'en 
Literatur  angehören. 

Römer,  der  eine  Gliederung  des  Plaeners  noch  nicht  vornimmt, 
giebt  von  demselben  folgende  Beschreibung:  Es  ist  ein  dünn- 
geschichteter,  meistens  durch  schief  gegen  die  Schichtenfläche  ge- 
richtete Absonderungen  in  flach  nierenförmige  Stücke  getheilter, 
weisser  Kalkstein,  der  einerseits  durch  Aufnahme  von  Kieselerde 
fest  und  splitterig  und  andererseits  durch  Aufnahme  von  Thon 
mergelig  wird.  Obgleich  die  ganze  Schichtenfolge  jedenfalls  eine 
Mächtigkeit  von  mehreren  100  Fuss  hat,  so  lassen  sich  doch 


1 ) Ferd.  Römer,  über  die  geognostische  Zusammensetzung  des  Teutoburger 
Waldes  zwischen  Rheine  und  Bielefeld  und  der  Hügelzüge  bei  Bentheim.  Neues 
Jahrbuch  für  Mineralogie  etc.  Jahrg.  1850,  p.  385. 

2)  v.  Dechen,  der  Teutoburger  Wald.  Verhandlungen  d.  naturhist.  Vereins 
für  Rheinl.  u.  Westf.,  Jahrgang  1856,  pag.  331. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


Ö 


weitere  Abtheilungen  in  demselben  nicht  unterscheiden.  Nur  im 
Allgemeinen  beobachtet  man,  dass  der  unterste  Theil  der  ganzen 
Schichtenfolge  vorherrschend  mergelig  und  locker  ist  und  sich 
durch  seine  reichere  Versteinerungsführung  vor  den  höheren 
Schichten  auszeichnet1).  Derselbe  bemerkt  ferner,  dass  im  nord- 
westlichsten Theile  von  Borgholzhausen  bis  Bevergern  der  Plaener 
unmittelbar  auf  dem  Hilssandsteine  ruht,  und  dass  der  Flammen- 
mergel, der  im  übrigen  Theile  des  Gebirgszuges  das  Liegende  des 
Plaeners  bilde,  hier  vermisst  werde2). 

Auch  v.  Dechen,  der  noch  näher  auf  das  oro-  und  strati- 
graphische Verhalten  der  Gebirgskette  eingeht,  nimmt  keine  weitere 
Gliederung  vor.  Derselbe  scheint  ebenfalls  der  Ansicht  Römer’ s 
zu  sein,  dass  der  Plaener  im  nordwestlichsten  Theile  des  Gebirgs- 
zuges unmittelbar  auf  dem  Hilssandsteine  ruhe,  denn  er  sagt8): 
»dann  zeigt  sich  zwischen  dem  Plaener  und  dem  Hilssandsteine 
des  Clusebrinks  (zwischen  Hiller  und  Borgholzhausen)  ein  dunkles 
mergeliges  Gestein,  welches  hier  zum  ersten  Male  auftritt  und  ob- 
gleich  von  etwas  abweichendem  Ansehen,  doch  nur  für  die  obere 
Abtheilung  des  Gault  oder  Flammenmergel  gehalten  werden  kann, 
der  in  dem  folgenden  Abschnitte  des  Teutoburger  Waldes  ganz 
regelmässig  und  ununterbrochen  das  Liegende  des  Plaeners  bildet.« 

Wenn  wir  nun  von  den  Arbeiten  II.  Credner’s,  Schlüter’ s 
und  Schloenbacii’s,  welche  die  Altersbestimmung  der  im  Plaener 
an  einigen  Localitäten4)  eingelagerten  Grünsande  zum  Gegenstände 
haben5),  absehen,  so  finden  wir  in  der  neueren  Literatur  nur  noch 
bei  Schlüter6)  gelegentlich  der  Beschreibung  und  Angabe  der 

Ferd.  Römer,  1.  C.  pag.  386. 

2)  Ebenda  pag.  400. 

3)  v.  Dechen,  1.  c.  pag.  351. 

4)  Yergl.  v.  Dechen,  Geol.  Karte  der  Rheinprovinz  und  der  Provinz  West- 
falen, Section  Lftbeke  und  Bielefeld. 

5)  Die  hierüber  erschienene  Literatur  ist  bei  Schlüter,  Verbreitung  der  Ce- 
phalopoden  in  der  oberen  Kreide  Norddeutschlands  in  der  Zeitschrift  d.  Deutsch, 
geol.  Gesellsch.  Bd.  28,  pag.  478  angegeben. 

6)  Schlüter,  Cephalopoden  der  oberen  deutschen  Kreide,  Paläontographica 

Bd.  21  und  Bd.  24. 

Schlüter,  Kreidebivalven,  zur  Gattung  Inoceramus , Paläontographica  Bd.  24, 
pag.  249. 


6 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaenors 


Verbreitung  der  Cephalopoden  und  Inoceramen  in  der  oberen 
deutschen  Kreide  einige  Notizen,  welche  sich  auf  die  Entwicke- 
lung und  die  Gliederung  des  Plaeners  im  nordwestlichen  Theile 
des  Teutoburger  Waldes  beziehen. 

Diese  Angaben,  auf  welche  wir  z.  Th.  noch  zurückkommen 
werden,  und  welche  sich,  soweit  die  Aufschlüsse  bei  Lengerich 
selbst  in  Frage  kommen , auf  die  Bemerkungen  beschränken,  dass 
daselbst  im  Varians- Plaener  Inoceramus  virgatus , und  im  Turon 
Crioceras  ellipticum  und  Hamites  multinodosus  vorkomme,  sind  je- 
doch nicht  so  vollständig,  dass  wir  dadurch  ein  umfassendes  Bild 
der  hier  zu  betrachtenden  Schichten  erhalten,  wie  wir  ein  solches 
von  diesem  Autor  über  den  Plaener  im  südlichen  Theile  dieses 
Gebirgszuges  bereits  besitzen1)  und  welches,  wie  wir  am  Schlüsse 
dieser  Arbeit  sehen  werden,  in  einzelnen  Punkten  nicht  unwesent- 
lich von  dem  abweicht,  was  wir  hier  geben  werden. 

Ehe  ich  zur  Betrachtung  der  einzelnen  Glieder  übergehe,  sei 
mir  noch  gestattet,  an  dieser  Stelle  meinem  hochverehrten  Lehrer, 
Herrn  Professor  Dames,  für  die  wirksame  Unterstützung,  welche 
mir  derselbe  durch  Rath  und  That  bei  dieser  Arbeit  hat  zu  Theil 
werden  lassen,  meinen  herzlichsten  Dank  auszusprechen. 


Der  Teutoburger  Wald  bildet  bei  Lengerich  zwei  parallele 
Hügelzüge,  welche  in  der  Richtung  N.  54°  W.  — S.  54°  Ö.  streichen. 
Der  nördliche,  vom  Wealden  und  Hilssandsteine  gebildete  Rücken 
erreicht  im  Hohleberg,  an  der  Chaussee  von  Lengerich  nach  Osna- 
brück, die  Höhe  von  153  Meter,  während  der  südliche  vom  Plaener 
gebildete  Zug,  der  hier  die  aussergewölmliche  Breite  von  etwa 
1600  Meter  besitzt,  am  Finkenberge  die  Höhe  von  147  Meter  er- 
reicht. Lengerich  selbst,  unmittelbar  am  Südfusse  des  letzteren 
Zuges  gelegen,  hat  eine  Meereshöhe  von  73  Meter.  Beide  Hügel- 


*)  Schlüter,  die  Schichten  des  Teutoburger  Waldes  bei  Altenbeken,  Zeit- 
schrift der  Deutschen  geol.  Gesellsch.  Bd.  18,  pag.  35. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


7 


züge  werden  durch  ein  mit  Diluvium  ausgefülltes  Thal  getrennt, 
unter  welchem  neben  den  unteren  Schichten  der  Oberen  Kreide, 
wahrscheinlich  auch  die  des  Gaults  verborgen  sind.  Die  Schichten 
streichen  im  Allgemeinen  den  Hügelzügen  parallel  in  der  Richtung 
von  40 — 50°  gegen  Nordwest,  fallen  anfänglich  in  den  liegendsten 
Schichten  mit  60  — 70°  gegen  Südwest,  verflachen  sich  aber  all- 
mählich, so  dass  sie  an  dem  der  Münstersehen  Ebene  zugewendeten 
Fusse  des  Plaeners  nur  noch  %ine  Neigung  von  20 — 15°  besitzen. 

Das  zwischen  beiden  Hügelzügen  liegende  Thal  ist  am  Hohle- 
berg  durch  Erosion  eines  kleinen  Baches  gegen  Norden  geöffnet. 
Durch  diese  Oeffnung  führt  die  von  Osnabrück  kommende  Bahn; 
sie  folgt-  einige  Zeit  dem  Laufe  des  Baches  aufwärts  und  schneidet 
sich  dann  in  die  Schichten  des  Diluviums,  im  weiteren  Verlaufe 
in  die  der  jüngeren  Glieder  der  Kreide  ein,  welche  dadurch  in 
erwünschter  Weise  aufgeschlossen  sind. 


I.  Unterer  Plaener. 

(Etage  Cenomanien  d'Orb.) 

I.  Zone  des  Pecten  asper  und  Catopygus  carinatus.  Tourtia. 

Die  ältesten,  in  dem  obigen  Profile  deutlich  aufgeschlossenen 
Schichten  der  Kreide  gehören  der  Tourtia  au.  Die  Schichtenfolge 
derselben  ist  auf  einen  dunkelblauen,  mergeligen,  nur  unvollkommen 
aufgedeckten  Gestein,  auf  dessen  Altersbestimmung  wir  gleich 
zurückkommen  werden,  aufgelagert  und  besteht  aus  drei  verschie- 
denen Schichtengruppen,  welche  sich  theils  durch  ihren  petrogra- 
phischen  Charakter,  theils  auch  durch  ihren  organischen  Inhalt 
von  einander  unterscheiden.  Die  unterste  Gruppe  bilden: 

a.  Die  Schichten  mit  Belemnites  ultimus. 

Das  Gestein  derselben  besteht  durchweg  aus  gelben,  thonigen, 
dickgeschichteten  Mergelbänken,  welche  eine  Gesammtmächtigkeit 
von  75  Meter  besitzen.  An  der  Luft  zerfallen  dieselben  vollständig 

O 

zu  thonig  anzufühlenden  Bröckchen. 


8 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


Von  organischen  Resten  fand  sich  in  diesen  Schichten  aus- 
schliesslich, aber  häutig  die  oben  genannte  Art.  Was  die  Alters- 
bestimmung dieser  Zone  betrifft,  so  geht  aus  dem  häufigen  Vor- 
kommen von  Belemnites  ultimus  in  diesen  Schichten  die  Zugehörig- 
keit  derselben  zur  Tourtia  hervor.  Dann  kommt  auch  Bel.  ultimus 
als  grosse  Seltenheit  im  Varians-Plaener  vor;  er  hat  jedoch  seine 
Hauptverbreitung  in  der  unteren  Tourtia,  sowohl  im  subhercyni- 
schen  als  auch  westfälischen  Gebiete,  nie  aber  ist  er  im  Gault 
aufgefunden  worden. 

Erwägen  wir  nun,  dass  der  obige  Belemnit  in  dem  Gebiete 
nördlich  vom  Harz  gerade  in  den  Schichten  besonders  häufig  vor- 
kommt, welche  dem  Flammenmergel  unmittelbar  aufgelagert  sind, 
wie  z.  B.  im  Chaussee-Einschnitt  bei  Neuwallmoden,  so  wird  es 
dadurch  höchst  wahrscheinlich,  dass  mit  dieser  Schichtengruppe 
auch  bei  Lengerich  die  Tourtia  abschliesst  und  dass  das  liegende, 
unvollkommen  aufgedeckte  Gestein  dem  Gault  und  zwar  dem 
Flammenmergel  angehört,  welcher  im  südöstlichen  Theile  des 
Teutoburger  Waldes  und  weiter  nördlich  bei  Rheine  das  Liegende 
des  Plaeners  bildet  und  in  unserem  Gebiete  bisher  noch  nicht  nach- 
gewiesen wurde. 

b.  Schichten  mit  Avicula  gryphaeoides. 

Ueber  den  Schichten  mit  Belemnites  ultimus  folgt  in  petro- 
graphischer  und  paläontologischer  Beziehung  scharf  geschieden, 
die  mittlere  Schichtengruppe  der  Tourtia.  Dieselbe  besteht  aus 
kieselig-thonigen , dunkelblauen , im  verwitterten  Zustande  asch- 
grauen, mächtigen  Mergelbänken,  welche  durch  zahlreiche,  schief 
gegen  die  Schichtenfläche  gerichtete  Absonderungen  zerschnitten 
sind.  Die  Schichten  umschliessen  ausser  kleinen  flachlinsen-  oder 
walzenförmigen,  kalkigen  Concretionen  von  meist  hellgrauer  Farbe, 
noch  deutlich  krystallisirte  Schwefelkiesknollen.  An  der  Luft  zer- 
fällt das  Gestein  vollständig  in  kleine,  eckige  Stücke. 

Auch  diese  Schichten  sind  nur  in  dem  nördlichen  Einschnitte 
der  Balm  in  einer  Mächtigkeit  von  etwa  140  Meter  aufgeschlossen. 
Versteinerungen  finden  sich  in  denselben  änsserst  spärlich  und 
meist  schlecht  erhalten.  Dieselben  sind  folgende: 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


9 


Serpula  sp. 

Belemnites  nov.  sp. 

Naticcc  cf.  Gentii , Gein. 

Plicatula  inflata,  Sow. 

Avicula  gryphaeoides,  Sow. 

Pecten  cf.  orbicularis,  Sow. 

Terebratulina  rigida,  Sow. 

Gellep ora  sp. 

Ciclaris  cf.  vesiculosa,  Golde. 

Da  von  sämmtlichen  liier  angeführten  Petrefacten  nur  Avicula 
gryphaeoides  häufiger  vorkommt,  so  könnte  man  geneigt  sein,  diese 
Schichten  als  Flammenmergel  anzusprechen.  Allein  das  Alter 
dieser  Gruppe  ergieht  sich,  abgesehen  von  dem  äusserst  seltenen 
Vorkommen  von  Plicatula  inflata  und  Terebratulina  rigida , dem 
Mangel  aller  sonst  für  den  Flammenmergel  bezeichnenden  Ver- 
steinerungen, aus  der  sicheren  Stellung  der  einschliessenden  Glieder. 
Auch  kommt  Avicula  gryphaeoides  auch  an  anderen  Orten  schon 
in  der  Tourtia  vor,  wie  z.  B.  am  Flarz  *)  und  in  dem  Höhenzuge 
am  Südrande  des  Malchiner  See’s2). 

c.  Schichten  mit  Avicula  gryphaeoides  und  Ammonites  varians.  (Ver- 
steinerungsarmer Plaenermergel,  Schlüter)  3). 

Die  dritte  der  Tourtia  angehörige  Schichtengruppe  besteht 
aus  braungelben,  tlionigen,  im  oberen  Theile  aus  mehr  grauen, 
kalkigen  und  bröckeligen  Mergeln , welche  in  Lagen  geordnete, 
kopfgrosse  Kugeln  eines  z.  Th.  sehr  festen,  hellgrauen,  z.  Th. 
mergeligen,  dunkleren  Kalksteins  umschliessen.  Die  Gesammt- 
mächtigkeit  dieser  Schichten  beträgt  etwa  40 — 50  Meter.  Ihre 
unmittelbare  Auflagerung  auf  die  mittlere  Gruppe  ist  verdeckt,  da 
die  oberen  Schichten  der  letzteren  schon  im  Tunnel  anstehen, 

x)  v.  Strombeck,  die  Gliederung  des  Plaeners  im  nordwestlichen  Deutschland 
nächst  dem  Harze.  Zeitschrift  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  1857,  Bd.  9,  pag.  465. 

2)  F.  E.  Koch  - Güstrow.  Was  haben  wir  von  einer  geognostischen  Unter- 
suchung Mecklenburgs  zu  erwarten.  Archiv  d.  Ver.  d.  Freunde  der  Naturgesch. 
in  Mecklbg.  Jahrg.  1873. 

3)  Schlüter.  Die  Schichten  des  Teutoburger  Waldes  bei  Altenbeken,  1.  c. 
pag.  56, 


10 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


jedoch  treten  sie  gleich  oberhalb  desselben  am  nördlichen  Berg- 
abhange in  einem  Hohlwege  zu  Tage  und  sind,  da  sie  vielfach 
als  Dungmittel  benutzt  werden,  ausserdem  in  verschiedenen  Mergel- 
gruben aufgeschlossen,  welche  sich  am  nördlichen  Bergabhange 
vom  Fusswege  nach  Leeden  bis  nach  dem  Einschnitt  der  Chaussee 
nach  Tecklenburg  hinziehen.  Zu  erwähnen  sind  namentlich  die 
Mergelgruben  von  Brockmann,  Sclndtenerkendorf  und  Stapenhorst. 

Die  in  diesen  Schichten  enthaltenen  organischen  Einschlüsse  sind: 

Serpula  sp. 

Ammonites  Coup  ei.  Brongn. 

Baculites  baculoides , Mnt. 

Pecten  membranaceus,  Nilss. 

Inoceramus  orbicularis,  Münst. 

Avicula  gryphaeoides , Sow. 

Ostrea  vesicularis , Lam. 

Plicatula  inflata , Sow. 

Terebratulina  rigida , Sow. 

Megerlia  lima , Defr. 

Rliynchonella  Martini , Münst. 

Diastopora  sp. 

Die  Cephalopoden  und  Inoceramen  finden  sich  namentlich 
eingeschlossen  in  den  tlionigen  Kalksteinkugeln.  Ich  zähle  diese 
Schichten  wegen  des  Vorkommens  von  A eie.  gryphaeoides  zur 
Tourtia. 

2.  Zone  des  Ammonites  varians  und  Hemiaster  Griepenkerli 
(Varians-Plaener). 

Die  Grenzschichten  gegen  die  Tourtia  bilden  eine  etwa  2 Meter 
mächtige,  graugelbe,  tlionige  Mergelbank,  welche  Hemiaster  Grie- 
penkerli, v.  Stromb.  , führt,  der  von  mir  in  höheren  und  tieferen 
Schichten  nicht  beobachtet  wurde.  Darauf  folgen  anfangs  graue 
und  blaue  Mergel  und  mergelige  Kalke  in  Wechsellagerung, 
welche  nach  oben  zu  in  blaue,  dickgeschichtete  Kalksteinbänke 
übergehen.  Nicht  selten  findet  man  in  denselben  äusserlich  in 
Brauneisenstein  umgewandelte,  strahlige  Schwefelkiesknollen.  Auf- 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


11 


geschlossen  sind  diese  Schichten,  welche  eine  Gesammtmächtigkeit 
von  etwa  114  Meter  besitzen,  ausser  in  einzelnen  kleinen  Brüchen 
und  Wasserrissen  an  der  Nordseite  des  unbewaldeten  Bergrückens 
oberhalb  Lengerich,  in  den  Einschnitten  der  Chausseen  von  Lenge- 
rich nach  Tecklenburg  und  Osnabrück.  Auch  sind  diese  Schich- 
ten z.  Th.  noch  in  den  N:~  hen  im  Tunnel  sichtbar. 

Von  organischen  Einschlüssen  wurde  gefunden: 

Ammonites  varians,  Sow. 

» Mantelli,  Sow. 

Hamites  simple® , d Orb. 

Anisoceras  Saussureanus,  Pictet  (=  ? Anisoc.  plicatile , 
Schlüter) 

Turrilites  cenomanensis,  Schlüter 

Baculites  baculoides , Mnt. 

Inoceramus  orbicularis,  Münster 

» virgatus,  Schlüter  (=  I.  Lamarcki , Golde.) 

Lima  cenomanensis,  d’Orb. 

Pecten  orbicularis,  Sow. 

Pinna  ? 

Terebratula  bi/plicata,  Sow. 

Terebratulina  rigida,  Sow. 

» chrysalis,  V.  Sci-ILOTH. 

Mergelia  lima,  Defr. 

Peltastes  clathratus , Ag. 

Discoiclea  cylindrica,  Ag. 


3.  Zone  des  Ammonites  Rhotomagensis  und  Holaster  stibglobosus 
( Rhotomagensis-  Plaener). 

Die  blauen,  dickgeschichteten  Kalksteinbänke  werden  über- 
lagert von  gelblichen  Kalken,  die  durch  Eisenoxydhydrat  häufig 
bräunlich  gefleckt  sind.  Darauf  folgen  bläulichweisse , bis  50 
Centimeter  mächtige,  fast  aus  reinem  kohlensaurem  Kalk  bestehende 
feste  Kalksteinbänke,  welche  an  der  Luft  leicht  verwittern  und 
dabei  in  splitterige  bis  flachmuschelige  Stücke  zerfallen.  Einschlüsse 
von  Brauneisensteinknollen  und  strahligen  Schwefelkieskugeln  sind 


12 


R.  Windmöllek,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


auch  in  diesen  Schichten  nicht  selten.  Die  Gesammtmächtigkeit 
dieser  Schichten  beträgt  etwa  42  Meter. 

Aufgeschlossen  sind  dieselben  in  den  Einschnitten  der  Chausseen 
von  Leugerich  nach  Tecklenburg  und  Osnabrück,  ferner  an  den 
Wegen,  welche  oberhalb  Leugerich  über  den  Bergrücken  führen, 
sowie  in  zahlreichen  unbedeutenden  Brüchen  auf  dem  Kamm  des 
Berges.  Wegen  ihrer  technischen  Nutzbarkeit  zur  Darstellung 
von  Weisskalk1)  sind  die  oberen  Schichten  dieser  Zone  noch  in 
mehreren  bedeutenden  Steinbrüchen  unmittelbar  am  Südabliange 
des  steilen  Bergrückens,  auf  der  Stelle  vom  Einschnitt  der  Chaussee 
nach  Tecklenburg  bis  nach  dem  Finkenberge  hin,  in  vorzüglicher 
W eise  blossgelegt.  Ich  nenne  hier  den  Steinbruch  von  v.  Diepen- 

o o 

brock-Grüter,  Beck,  Köiinen  u.  Grosspeter,  Rietbrock  u. 
Kröner. 

Die  organischen  Einschlüsse  der  Schichten  dieser  Zone  sind: 

Oxyrhina  Mantelli,  Ag. 

Ammonites  varians , Sow. 

» Mantelli , Sow. 

» Rhotomagensis,  Brongn. 

Scaphites  aequalis,  Sow. 

Turrilites  cenomanensis , Schlüt. 

» Scheuchzerianus,  Bose. 

Baculites  baculoides,  Mnt. 

Pleurotomaria  lineraris , Mnt.  (=  PL  distincta , Dujard., 
A.  Römer) 

Inoceramus  cf.  orbicularis,  AIünst. 

Lima  cenomanensis , d’Orb. 

Lima  simplex,  d Orb.,  Geinitz 

Plicatula  inflata , Sow. 

Ostrea  cf.  liippopodium , Nilss. 

Exogyra  cf.  sigmoidea,  Rss. 

Terebratula  biplicata , Sow. 

Rhynchonella  Grasiana,  d’Orb. 

» Mantelliana , Sow. 


) Die  Production  von  Weisskalk  betrug  im  Jahre  1880:  4000000  Kilogramm. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengericli. 


13 


Discoidea  cylindrica,  Ag. 

Holaster  subglobosus , Leske 
Pentacrinus,  sp. 

Die  hier  angeführten  Petrefacten  wurden  zum  grössten  Theil 
in  den  unteren,  fleckigen  Schichten  gefunden,  während  die  oberen 
weissen  Kalke,  welche  den  »Armen  Rhotomagensis  - Schichten « 
v.  Strombeck’s  entsprechen,  trotz  der  bedeutenden  Aufschlüsse, 
nur  Discoidea  cylindrica , Holaster  subglobosus , Ostrea  cf.  hippopodium, 
Exogyra  cf.  sigmoidea  und  Pentacrinus  sp.  lieferten,  welche  letztere 
drei  Arten  in  den  unteren  Schichten  dieser  Zone  nicht  gefunden 
wurden.  Charakteristisch  für  diese  Zone  überhaupt  ist  das  häufi- 
gere Vorkommen  von  Discoidea  cylindrica  und  Holaster  subglobosus , 
während  die  Inocerainen  die  in  der  vorhergehenden  Zone  häufig 
waren,  hier  vollständig  zurücktreten. 

II.  Oberer  Plaener. 

(Etage  Turonien  d’Orb.) 

4.  Zone  des  Actinocamax  plenus? 

Auf  den  festen  Kalksteinbänken  der  »Armen  Rliotomagensis- 
Scliickten  ruht  ein  annähernd  2 Meter  mächtiges,  gelbliches  bis 
gelblichgrünes,  wulstiges  Gestein  von  eigentliümlich  mergeliger 
Beschaffenheit,  welches  beim  Brennen  eine  grauschwarze  Farbe 
annimmt.  Darauf  folgen  dann  dunkelblaue,  gelbgefleckte,  dünn- 
schieferige Mergel  in  einer  Mächtigkeit  von  ca.  6 Metern,  zwischen 
welche  sich  in  der  oberen  Partie  einige  dickere  Mergelbänke  von 
graugelber  Farbe  einschieben. 

Aufgeschlossen  sind  diese  Schichten  am  Galgenknapp  zu  beiden 
Seiten  der  Chaussee  nach  Osnabrück,  ferner  oberhalb  der  Irren- 
anstalt und  in  dem  oberen  Steinbruch  von  Rietbrock  und  Kröner. 

Was  die  Altersbestimmung  dieser  Schichten  anbetrifft,  in 
welchen,  trotz  vielfacher  Untersuchungen,  keine  Versteinerungen 
gefunden  wurden,  so  ist  es  fraglich,  ob  die  unteren  wulstigen 
Schichten  nicht  als  Uebergangsschichtcu  anzusehen  und  der  Zone 


14 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


des  Ammonites  Rhotomagensis  und  Holaster  subglobosus  zuzurechnen 
sind.  Dahingegen  gehören  die  Mergelschiefer  unstreitig  dem  oberen 
Plaener  an,  da  sie  sich  petrographisch  von  den  Schichten  der  zu- 
letzt genannten  Zone  sehr  gut  unterscheiden,  während  sie  durch 
das  Auftreten  der  festeren  Mergelbänke  in  demselben , mit 
denen  der  nächst  jüngeren  Zone  des  Inoceramus  labiatus  eng  ver- 
bunden sind.  Ziehen  wir  daher  uicht  vor,  diese  Schichten  einerseits 
zum  Rhotomagensis -Plaener,  andererseits  zum  Mytiloides  - Plaener 
zu  stellen,  so  haben  wir  dieselben  als  Aequivalentbildung  der  neuer- 
dings von  Hebert  und  Schlüter1)  unterschiedene  Zone  des  Acti- 
nocamax  plenus  zu  betrachten.  Schlüter,  welcher  diese  letztere 
Zone  in  Westfalen  bei  Mülheim  über  Essen,  Bochum,  Langendreer 
bis  Dortmund  nachgewiesen  hat,  wo  dieselbe  aus  einem  lockeren 
an  der  Luft  rasch  zerfallenden,  kalkigthonigen  Mergel  besteht,  in 
dem  dicke  Glaukonitkörner  eingebettet  liegen,  bemerkt,  dass  in  ihr, 
im  Gegensatz  zu  den  hangenden  und  liegenden  Schichten,  fossile 
Reste  äusserst  sparsam  seien.  Da  die  hangenden  Schichten  auch 
in  unserem  Gebiete  überreich  sind  an  Resten  des  Inoceramus  la- 
biatus , so  dürften  hiernach  zu  urtheilen,  diese  unteren  versteinerungs- 
leeren Schichten  wohl  der  letzteren  Zone  angehören,  doch  bedarf 
dies  noch  weiterer  Untersuchungen.  Der  Nachweis  der  Zugehörig- 
keit dieser  Schichten  zur  Zone  des  Actinocamax  plenus  wäre  aus 
dem  Grunde  interessant,  weil  die  letztere  in  Deutschland,  im 
Gegensatz  zu  den  französischen  und  englischen  Verhältnissen,  da 
wo  die  des  Ammonites  Rhotomagensis  entwickelt  ist,  nicht  hat  nach- 
gewiesen werden  können. 


5.  Zone  des  Inoceramus  labiatus  und  Ammonites  nodosoides 
(Mytiloides -Plaener). 

Die  Schichten  dieser  Zone,  welche  aus  graugelben  und  gelben 
dünngeschichteten  Mergelkalken  und  thonigen  Mergeln  bestehen 
und  eine  Gesammtmächtigkeit  von  etwa  24  Metern  besitzen, 


D Schlüter,  Verbreitung  der  Cephalopoden  in  der  oberen  Kreide  Nord- 
deutschlands. Zeitschr.  der  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  28,  p.  469. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich.  15 


bieten  nur  am  Galgenkapp  hart  an  der  Chaussee  nach  Osnabrück 
wenige  gute  Aufschlüsse  dar.  Sie  sind,  wie  schon  erwähnt  wurde, 
erfüllt  mit  Resten  des  Inoceramus  labiatus  Schlotii.,  neben  welchen 
nur  noch  Terebratula  semiglobosa  Sow.  und  Rhynchonella  Cuvieri 
vereinzelt  gefunden  wurde. 


6.  Zone  des  Inoceramus  Brongniarti  und  Ammonites  Woolgari 
(Brongniarti-Plaener). 

Die  Grenzschichten  gegen  den  Mytiloides  - Plaener  bilden  drei 
gelblichgraue,  quarzitische  Kalksteinbänke,  von  denen  die  mittlere, 
die  bei  Weitem  dickere,  eine  Mächtigkeit  von  ungefähr  10  Centim. 
besitzt.  Da  das  Material  dieser  Schichten  in  früheren  Jahren  zum 
Chausseebau  verwendet  wurde,  so  sind  dieselben  gut  aufgeschlossen 
und  lassen  sich  am  Galgenknapp  zu  beiden  Seiten  der  Chaussee, 
in  ziemlich  gerader  Richtung  eine  Zeit  lang  verfolgen.  Auf  diesen 
Bänken  ruhen  dann  die  Schichten  des  Brongniarti-Plaeners,  welche 
anfangs  aus  dünngeschichteten,  bläulichweissen  Kalksteinbänken 
bestehen.  Die  Kalke  lieben  ein  ähnliches  Ansehen,  wie  die  Schichten 
des  oberen  Rhotomägensis  - Plaeners , unterscheiden  sich  aber  hin- 
sichtlich ihrer  chemischen  Zusammensetzung  dadurch,  dass  sie 
einen  grösseren  Gehalt  an  Kieselsäure  und  Thonerde  aufweisen, 
welcher  in  den  folgenden  Schichten  noch  mehr  zunimmt  und  bis 
15  pCt.  steigt.  Mit  der  Zunahme  dieser  Beimengungen  ändert 
sich  auch  das  Aussehen  des  Gesteins;  es  nimmt  eine  graue  Farbe 
an  und  bekommt  einen  erdigen  Bruch.  Gleichzeitig  stellen  sich 
graue  und  blaue,  mehr  oder  minder  bröckelige  Mergel  ein,  welche 
von  nun  an  regelmässig,  in  10  — 30  Centim.  mächtigen  Bänken, 
mit  den  festeren  Kalken  wechsellagern.  Die  letzteren  besitzen  nach 
zwei  Analysen  J)  des  Herrn  Dr.  Sciilem  folgende  Zusammen- 
setzung : 


Die  nachstehenden  Analysen  sind  mitgetheilt  in  der  Broschüre:  »Die  West- 
fälischen Kalke,  deren  Vorkommen  und  Verwendung«.  Herausgegeben  von  der 
Westfäl.  Kalk -Industrie  A.  Wicking  & Co.  in  Recklinghausen  1879.  Irrthümlicher 
Weise  werden  darin  unsere  Schichten  zu  den  Mucronaten-Schickten  gezählt. 


16 


R.  Windimöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


I. 

II. 

Kieselsäure 

. 4,80 

5,10 

Thonerde 

. 7,77 

8,25 

Kohlensaurer  Kalk  . 

. 79,52 

80,51 

Kohlensäure  Magnesia  . . 

. 6,39 

5,27 

98,48 

99,13 

Sie  bilden  ebenso  wie  die  der  folgenden  Zone,  wegen  ihres  hohen 
Kieselsäure-  und  Thonerdegehalts,  der  in  Form  fein  vertheilten 
Thones  dem  kohlensauren  Kalk  beigemischt  ist,  ein  vorzügliches 
Material  für  die  Darstellung  von  Wasser-  oder  hydraulischem  Kalk. 
Zu  diesem  Zwecke  werden  sie  denn  auch  in  zahlreichen  Brüchen 
gewonnen1),  welche  sich  am  Südabhange  der  Bergkette  von  der 
Chaussee  nach  Tecklenburg  bis  nach  dem  Finkenberge  oberhalb  des 
Bahnhofs  Lengerich  hinziehen  und  daher,  ebenso  wie  der  südliche 
Einschnitt  der  Bahn,  vortreffliche  Aufschlüsse  dieser  Schichten 
darbieten. 

Die  Schichten  lieferten  an  fossilen  Resten: 

Fischwirbel. 

Serpula  Seebachii,  nov.  sp. 

Serpula  (?)  Amphisbaena,  Goldf. 

Ammonites  Carolinus,  d’Orb. 

Ammonites  (?),  sp.  nov. 

Crioceras  elUpticum , Mnt. 

Pleurotomaria  lineraris , Mnt. 

Inoceranius  Brongniarti , Sow.,  v.  Stromb. 

Terebratula  semiglobosa , Sow. 

Rliynchonella  Cuvieri,  d’Orb. 

Stomatopora  sp. 

Salenia  granulosa,  Forbes 

Holaster'  planus , Mnt. 

Inf ulaster  excentricus,  Forbes 

Anancliytes  striatus , Goldf. 

Micraster  breviporus,  d’Orb. 

Spongia  sp. 

Chondrites  furcillatus,  A.  Römer. 


) Die  Production  an  Wasserkalk  im  Jahre  1880  betrug  an  10000000  Kilogramm. 


im  nordwestlichen  Tlieile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerieh. 


17 


Die  Verth  eilang  der  Petrefacten  ist  derart,  dass  in  den  unteren 
Schichten  die  Terebrateln  und  Rhynehonellen,  in  den  oberen 
Schichten  die  Echiniden  vorherrschen,  während  die  Inoceramen 
gleichmässig  in  diesen  Schichten  vertheilt  sind. 

7.  Zone  des  Heteroceras  Reussianum  und  Spondylus  spinosus 
(Scaphiten-PHaener). 

Die  Schichten  dieser  Zone  unterscheiden  sich  hinsichtlich  ihres 
petrographischen  Charakters  nur  wenig  von  denen  des  Brongniarti- 
Plaeners.  Nur  im  Allgemeinen  kann  man  sagen,  dass  sie  eine 
mehr  hellgraue  Farbe  und  die  Kalke  eine  grössere  Festigkeit  be- 
sitzen. Dagegen  zeigt  sich  eine  wesentliche  Verschiedenheit  in 
Betreff  der  organischen  Einschlüsse,  die  sich  namentlich  in  dem 
Zurücktreten  der  Inoceramen  und  der  Entwickelung  einer  reichen 
Cephalopodenfauna  zu  erkennen  giebt.  Eine  scharfe  Grenze  lässt 
sich  jedoch  nicht  ziehen.  Nehmen  wir  als  solche  eine  sich  in  der 
einförmigen  Schichtenreihe  ziemlich  gut  auszeichnende,  etwa  1 Meter 
mächtige  graue  Mergelbank  an,  was  den  Verhältnissen  wohl  ziem- 
lich genau  entsprechen  dürfte,  so  beträgt  die  Mächtigkeit  dieser 
Zone  etwa  63  Nieter,  während  die  des  Brongniarti-Plaeners  dann 
174  Meter  ausmacht. 

Der  Scaphiten-Plaener  bildet  östlich  von  Lengerieh  den  süd- 
lichen Fuss  des  Hügelzuges  und  ist  daselbst  im  südlichen  Ein- 
schnitte der  Bahn,  im  Steinbruch  von  Ilohendahl  oberhalb  der 
Unterführung  der  Chaussee  nach  Lienen,  sowie  in  einem  Stein- 
bruch oberhalb  Tiemann , an  der  Grenze  des  Lengericher  Kirch- 
spiels, aufgeschlossen.  Westlich  von  Lengerieh  wird  derselbe  schon 
vom  Diluvium  verdeckt. 

Die  organischen  Einschlüsse  dieser  Zone  sind: 

Ammonites  peramplus,  Mnt. 

» Neptuni,  Geinitz. 

» Austeni,  Siiarpe. 

Scaphites  Geinitzii,  d’Orb. 

Crioceras  ellipticum,  Mnt. 

» sp.  nov. 


[2] 


18 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


Hamites  ellipticus , A.  Römer  (non!  Mantell). 

» sp. 

» cf.  multinoclosus,  "Schlüter. 

Heteroceras  Reussianum,  D Orb. 

» polyplocum , A.  Römer. 

(- Turrilites  Saxonicus,  Schlüter.) 
Inoceramus  Brongniarti , Sow.,  v.  Stromb. 

» cf.  undulcitus , Mant. 

Ostrea  hippopodium , Nilss. 

Terebratulci  semiglobosa,  Sow. 

Terebratulina  rigida , Sow. 

» cf.  striatula,  Mnt. 

Rhynchonella  Clivien,  d’Orb. 

Ananchytes  striatus,  Ooldf. 

Holaster  planus,  Mnt. 

Inf ulaster  excentricus,  Forbes. 

Micraster  sp. 

Ausserdem  fanden  sich  neben  unbestimmbaren  Resten  von 
Spongien,  noch  mehrere  Arten  von  Bryozoen  und  vielleicht  auch 
die  Gattung  Spirorbis. 


Organische  Einschlüsse. 

I.  Unterer  Plaener. 

S.  Zone  des  Pecten  asper  und  Catopigus  carinatus-Tourtia. 

a.  Schichten  mit  Belenmites  ultinms. 

Belemnites  ultimus , d’Orb. 

Schlüter,  Cephalopoden,  Palaeontogr.  Bd.  24,  p.  184, 
Taf.  52,  Fig.  1 — 5. 

Die  zahlreichen  Bruchstücke  dieses  Belemniten  stimmen  voll- 
ständig mit  der  von  Schlüter  an  obigem  Orte  gegebenen  Be- 
schreibung und  Abbildung  überein. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


19 


Diese  Art  unterscheidet  sich  von  Belemnites  minimus  durch 
den  runden,  am  Alveolarende  längsovalen  Querschnitt  der  Scheide; 
auch  kommen  bei  derselben  nicht  jene  Formschwankungen  vor, 
welche  den  Belemnites  minimus  auszeichnen. 

b.  Schichten  mit  Avicula  gryphaeoides. 

Serpula  sp. 

Die  gewundene,  mehrfach  in  sich  zurücklaufende,  kalkige 
Röhre,  welche  ganz  mit  der  erweiterten  Basis  aufgewachsen  ist, 
nimmt  nur  allmählich  an  Dicke  zu  und  misst  am  stärkeren  Ende 
3 Millimeter.  Die  Oberfläche  derselben  ist  wulstig  und  mit  einigen 
concentrischen,  schwachen  Runzeln  versehen. 

Belemnites  sp.  nov. 

Die  kleine,  nur  10  Millimeter  lange  Scheide,  an  der  die  Spitze 
selbst  abgebrochen  ist,  besitzt  eine  spindelförmige  Gestalt;  jedoch 
ist  die  Siphonalseite  mehr  herausgebogen,  die  entgegengesetzte 
mehr  geradlinig,  wodurch  die  Spitze  eine  nicht  centrale  Lage  er- 
hält. Der  Querschnitt  der  Scheide  ist  längsoval.  Man  misst  an 
dem  vorliegenden  Stücke  zwischen  Bauch  und  Rücken  3,5  Milli- 
meter, während  der  Durchmesser  zwischen  den  Seiten  nur  3 Milli- 
meter beträgt. 

Die  Oberfläche  der  Scheide  ist  am  unteren,  spitzen  Ende 
deutlich  längsgerunzelt,  im  übrigen  Theile  glatt.  Das  obere  Ende 
desselben  führt  an  der  Siphonalseite  eine  scharfe  Rinne,  auch  be- 
merkt man  auf  den  Seiten  eine  flache,  bis  über  den  dicken  Theil 
fortsetzende,  flache  Furche. 

Die  nicht  centrale  Lage  der  Spitze,  namentlich  aber  die 
Runzelung  der  Scheide  unterscheidet  diesen  Belemniten  von  Bel. 
ultimus  und  Bel.  minimus. 

Natica  cf.  Gentii , Geinitz. 

Geinitz,  Elbthalgebirge  I,  p.  244,  Taf.  54,  Fig.  16. 

Der  etwas  verdrückte  Steinkern,  welcher  mit  der  von  Geinitz 
abgebildeten  Natica  Gentii  grosse  Aehnlichkeit  besitzt,  gestattet 
wegen  seines  schlechten  Erhaltungszustandes  keine  sichere  Be- 
stimmung. 

O 


[2*] 


20 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


Plicatula  inflata,  Sow. 

Goldfuss,  Petrefacta  Germaniae,  p.  112,  Taf.  107,  Fig.  6a. 

Es  wurde  in  diesen  Schichten  nur  ein  kleines,  noch  nicht 
ausgewachsenes,  gut  erhaltenes  Exemplar  gefunden,  welches  mit 
der  Fig.  6 a.  1.  c.  vortrefflich  übereinstimmt. 

Avicula  gryphaeoides , Sow. 

A.  Römer,  Kreidegebirge,  p.  74,  Taf.  VIII,  Fig.  16. 

Nicht  selten,  aber  in  der  Regel  schlecht  erhalten. 

Pecten  cf.  orbicularis , Sow. 

Sowerby,  The  mineral  conchologie  of  Great  Britain  t.  186. 

Die  bis  1 5 Millimeter  grossen,  schlecht  erhaltenen  Schalen  be- 
sitzen einen  fast  kreisrunden  Umriss,  sind  flach  und  mit  concen- 
trischen  blätterigen  Anwachslinien  bedeckt.  Die  Gestalt  der  Ohren 
lässt  sich  nicht  mehr  erkennen.  Nicht  sehr  selten. 

Terebratulina  rigida , Sow. 

Schloenbach,  Kritische  Studien  etc.,  Paläontogr.  Bd.  1 3, 
p.  238,  Taf.  28,  Fig.  3. 

Ist  nur  in  zwei  Exemplaren  von  mir  gefunden  worden. 

Cellepora  sp. 

Aufgewachsen  auf  der  oben  erwähnten  Serpida  sp. 

Cidaris  cf.  vesiculosa,  Golfe. 

Cotteau,  Pal.  franp.  Echinides,  p.  222,  PI.  1050,  Fig.  10 
bis  16. 

Das  nur  6 Millimeter  lange,  walzenförmige  Bruchstück  eines 
Stachels  trägt  16  schmale,  feingekörnte  Längslinien,  die  durch 
concave  Zwischenräume  von  einander  getrennt  werden. 

c.  Schichten  mit  Avicula  gryphaeoides  und  Ammonites  varians. 

Serpida  gordialis,  v.  Schloth. 

Es  liegen  aus  diesen  Schichten  zwei  in  den  Mergelgruben 
von  Stapeniiorst  und  Brockmann  gefundene,  etwa  20  Millimeter 
lange,  3 Millimeter  im  Durchmesser  haltende  Röhren  vor.  Die- 
selben  sind  glatt,  rund  und  nur  wenig  gebogen. 

Ammonites  varians,  Sow. 

Schlüter,  Cephalopoden , Pal.  Bd.  21,  p.  10,  Taf.  4, 
Fig.  1 — 12. 


im  nordwestlichen  Tlieile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


21 


Nicht  selten,  namentlich  in  der  Mergelgrube  von  Schulte- 
herkendorf. 

Ammonites  Coupei , Brong. 

Schlüter,  Cephalopoden , Pal.  Bd.  21,  p.  11,  Taf.  4, 
Fig.  13 — 14. 

Das  einzige,  aus  der  Mergelgrube  von  Schulteherkendorf 
stammende  Exemplar  hat  einen  Durchmesser  von  45  Millimeter, 
trägt  auf  dem  letzten  Umgänge  an  der  Bauchkante  16,  und  in  der 
Nähe  der  Nabelkante  1 1 grosse  Höcker.  Die  grösste  Dicke  fällt 
mit  der  inneren  Höckerreihe  zusammen. 

Bacitlites  baculoides  Mnt. 

Schlüter,  Cephalopoden,  Pal.  Bd.  24,  p.  139,  Taf.  39, 
Fig.  14.  15. 

Findet  sich  nicht  sehr  selten  an  allen  Aufschlusspunkten. 
Nach  Schlüter  wurde  derselbe  bisher  in  der  Tourtia  des  nord- 
westlichen Deutschlands  nicht  beobachtet. 

Inoceramus  orbicularis,  Münster  bei  Schlüter,  Syn.  Ino- 
ceramus  latus,  Mant.  bei  Golde. 

Schlüter,  Kreidebivalven,  Pal.  Bd.  24,  p.  260. 

An  allen  Aufschlusspunkten,  aber  nicht  häufig. 

Pecten  membranacus,  Nilss. 

Geinitz,  Elbthalgebirge  I,  p.  191,  Taf.  43,  Fig.  8 — 10. 

Die  11  Millimeter  lange,  dünne  Schale  besitzt  einen  fast  kreis- 
runden Umriss  und  ist  ein  wenig  ungleichseitig.  Die  Ohren  sind 
ziemlich  gross  und  an  den  Ecken  gerundet.  Vom  Wirbel  strahlen 
zahlreiche,  unter  der  Lupe  deutlich  erkennbare  Linien  aus,  welche 
von  concentrisclien  Anwachsstreifen  durchbrochen  werden.  Ge- 
funden wurde  diese  Schale  in  der  Mergelgrube  von  Brockmann. 

Avicula  gryphaeoides,  Sow. 

Die  aus  diesen  Schichten  stammenden  Exemplare  zeigen  eine 
feine,  gitterförmige  Streifung  der  Schale  in  der  Nähe  des  Wirbels. 

Nicht  selten. 

Plicatula  inflata , Sow. 

Golde.,  Petr.  Germ.,  p.  112,  Taf.  107,  Fig.  6 b. 

Es  wurden  nur  zwei  ausgewachsene,  fast  glatte  Individuen  in 
der  Schulteherkendorf  sehen  Mergelgrube  gefunden. 


22 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


Terebratulina  rigida , Sow.,  vergl.  p.  20. 

Nicht  häufig. 

Megerlia  lima , Defrancii. 

Schloenbach,  Brachiopoden,  Geogn.  palaeont.  Beiträge  I, 
p.  469,  Taf.  22. 

Der  Umriss  der  kleinen  Schalen  ist  bald  mehr  längsoval,  bald 
mehr  gerundet  fünfseitig.  Die  Oberfläche  derselben  ist  dicht  mit 
kleinen  Tuberkeln  besetzt.  Die  kleinere  Dorsalschale  ist  in  der 
Wirbelgegend  abgeplattet  und  zeigt  häufig  in  der  Mitte  eine  vom 
Wirbel  ausgehende  dunkle  Linie. 

In  der  Mergelgrube  von  Brockmann  etc.  nicht  selten. 

Rhynchonella  Martini , Mant. 

Syn.  Rhynchonella  brevirostris , Römer. 

Schloenbach,  Brachiopoden,  Geogn.  palaeont.  Beiträge, 
p.  277,  Taf.  28,  Fig.  3. 

Mit  der  vorigen  Art,  aber  seltener. 

Diastopora  sp. 

Aufgewachsen  auf  Plicatula  inflata. 


2.  Zone  des  Ammonites  varians  und  Hemiaster  Griepenkerli. 

Ammonites  varians , Sow.,  vergl.  p.  20. 

Häufig  an  allen  Aufschlusspunkten. 

Ammonites  Mantelli,  Sow. 

Schlüter,  Cephalopoden,  Pal.  Bd.  21,  Taf.  5.  6,  Fig.  1 
und  2. 

Neben  mehreren  reich  mit  Höckern  besetzten  Gehäusen  zeigt 
sich  auch  ein  Bruchstück,  bei  dem  auf  der  letzten  Windung  die 
Rippen,  ohne  Knoten  zu  bilden,  ununterbrochen  über  die  Extern- 
seite  laufen.  Ob  in  demselben  Ammonites  Mantelli  oder  Ammonites 
navicularis  Mant.  vorliegt,  lässt  sich  nicht  feststellen,  da  die  inneren 
Windungen  nicht  mehr  vorhanden  sind.  Denn  Schlüter  macht 
a-ls  Hauptunterschied  den  geltend , dass  Am.  navicularis  in  der 
Jugend  noch  eine  Reihe  von  Tuberkeln  auf  der  Siphonalseite 
trage,  welche  bei  Am.  Mantelli  fehlt.  Häufig  an  allen  Aufschluss- 
punkten. 


im  nordwestlichen  Tlioile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengcricli. 


23 


Ilamites  siniplex , d’Orb. 

d’Orb.,  Pal.  franc.  Ter.  cret.  tom.  I,  p.  550,  P].  934,  Fig.  12 
bis  14. 

Das  ziemlich  gut  erhaltene  Gehäuse,  welches  die  beiden  langen 
geraden  Seiten  und  den  Haken  zeigt,  nimmt  nur  sehr  langsam  an 
Dicke  zu  und  zeigt  einen  längsovalen  Querschnitt.  Die  Ober- 
fläche der  Schale  ist  mit  zahlreichen  rundlichen,  scharf  hervor- 
tretenden Rippen  bedeckt,  welche  schräg  nach  hinten  gerichtet 
über  die  Flanken  laufen,  auf  der  Innenseite  am  schwächsten,  auf 
der  Aussenseite  am  stärksten  erscheinen.  Die  Zwischenräume  sind 
ebenso  breit  wie  die  Rippen.  Man  zählt  bei  6 Millimeter  Durch- 
messer auf  20  Millimeter  Länge  20  Rippen.  Das  vorliegende  Ge- 
häuse stimmt  mit  der  Darstellung  d’Orbigny’s  gut  überein  bis  auf 
den  Umstand,  dass  die  Rippen  nicht  scharf  (anulaires) , sondern 
rundlich  sind.  Nach  ihm  kommt  dieser  Hamit  sowohl  im  Ceno- 
man als  auch  im  Senou  vor.  Schlüter  führt  in  seinem  Werke 
über  die  Cephalopoden  der  oberen  deutschen  Kreide  keinen  Ha- 
miten aus  dem  Cenoman  auf. 

Anisoceras  Saussureanus,  Pictet. 

? Syn.  Anisoceras  plicatale,  Schlüter. 

Pictet,  Sainte-Croix  II,  p.  67,  Taf.  50,  Fig.  1 — 3. 

Schlüter,  Cephalopoden,  Pal.  Bd.  21,  p.  114,  Taf.  34, 
Fig.  6—8. 

Das  schwach  gekrümmte,  wenig  an  Stärke  zunehmende  Bruch- 
stück des  Gehäuses  besitzt  einen  längsovalen  Querschnitt.  Das- 
selbe ist  mit  dünnen,  geraden,  ringförmigen  Rippen  bedeckt,  von 
denen  jede  dritte  oder  vierte  mit  vier  Knoten  verziert  ist; 
je  einer  derselben  liegt  auf  der  Ober-  und  Unterseite,  zwei 
auf  der  Aussenseite.  Die  letzteren  sind  in  der  Richtung  der 
Windunofsebene  zusammenffedrückt  und  erscheinen  dadurch  zahn- 

o o 

artig.  Die  von  Pictet  an  obigem  Orte  gegebene  Abbildung 

stimmt  hiermit  gut  überein.  Von  der  von  Schlüter  1.  c.  ge- 
gebenen Abbildung  und  Beschreibung  Anisoceras  plicatile  weicht 
unser  Gehäuse  dadurch  ab,  dass  die  Rippen  geradlinig  verlaufen 
und  nicht  auf  der  Innen-  und  Aussenseite  nach  vorn,  auf  den 
Flanken  nach  hinten  gebogen  sind.  Auch  ist  die  schräge  Stellung 


24 


E.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


der  Höcker  kaum  bemerkbar.  Nach  Pictet  kommt  diese  Art  vor 
in  den  gres  verts. 

Schlüter  nennt  Anisoceras  plicatile  aus  dem  Rotomagensis- 
Plaener  von  Lichtenau  i.  W. 

Unser  Exemplar  stammt  aus  dem  Einschnitt  der  Chaussee 
von  Lengerich  nach  Tecklenburg. 

Turrilites  cenomanensis , Schlüter  1875. 

Schlüter,  Cephal.,  Pal.  Bd.  24,  p.  131,  Taf.  37,  Fig.  6 
bis  8. 

Sehr  häufig  an  allen  Aufschlusspunkten. 

Baculites  baculoides , Mnt.,  vergl.  p.  21. 

Ebenfalls  nicht  selten. 

Inoceramus  orbicularis,  Münst.  bei  Schlüter. 

Häufig. 

Inoceramus  virgatus,  Schlüter  1876. 

Schlüter,  Kreidebivalven,  Pal.  24,  p.  275. 

Syn.  Inoceramus  Lamarckii,  Goldf.,  Petr.  germ.  Taf.  111, 
Fig.  2. 

Inoceramus  striatus , Mnt.,  Golde,  bei  v.  Strombeck. 

Zusammen  mit  der  vorigen  Art,  aber  seltener. 

Lima  cenomanensis , D Orb. 

d’Orb.,  Pal.  franp.  Ter.  cret.  tom.,  p.  552,  PI.  421,  Fig.  11 
bis  15. 

Diese  Art,  welche  sich  auch  in  der  nächstfolgenden  Zone  vor- 
findet, unterscheidet  sich  von  der  nachstehenden  Lima  granulata , 
Nilss.  durch  die  grössere  Zahl  der  Kippen  und  weniger  breiten 
Zwischenräume . 

Selten  am  nördlichen  Bergabhange  oberhalb  Lengerich,  Beeten 
cf.  orbicularis,  Sow.,  vergl.  p.  20. 

Es  liegt  nur  eine  unvollkommen  erhaltene  Schale  vor,  welche 
gleichfalls  am  obigen  Orte  gefunden  wurde. 

Pinna  ? 

Der  in  einem  kleinen  Bruche  am  Wege  nach  Stapenhorst  ge- 
fundene, 30  Millimeter  lange,  flach  kegelförmige  Steinkern  zeigt 
keine  charakteristischen  Merkmale,  welche  eine  weitere  Bestimmung 
zulassen. 


im  nordwestlichen  Tlieile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich.  25 


Terebratulina  rigid a,  Sow.,  vergl.  p.  20. 

Diese  kleine  Art,  welche  sich  in  den  unteren  Schichten,  ober- 
halb der  Schicht  mit  Hemiaster  Griepenkerli  nicht  selten  findet, 
wurde  in  den  höheren  dieser  Zone  nicht  beobachtet. 

Terebratulina  chrysalis,  v.  Sci-ilotii. 

Schloenbach,  Kreidebracliiopodeii,  Pal.  13,  p.  277,  Taf.  38, 
Fig.  3. 

Ebenda,  nicht  häufig. 

Terebratida  biplicata , Sow. 

Schloenbach,  Brachiopoden  d.  nordd.  Cen.  1.  c.,  p.  433, 
Taf.  21,  Fig.  6. 

An  allen  Aufschlusspunkten,  namentlich  in  den  oberen  Schichten 
nicht  selten. 

Megerlia  cf.  lima  Defr. 

Schloenbach,  Brachiopoden  1.  c.,  Taf.  22,  Fig.  8. 

Die  aus  den  oberen  Schichten  stammenden,  ziemlich  grossen 
Steinkerne  zeigen  einen  gerundet  fünfseitigen  Umriss  und  einen 
nach  der  Rückseite  aufgebogenen  Stirnrand,  welcher  bei  der  von 
Schloenbach  gegebenen  Abbildung  geradlinig  verläuft. 

Peltastes  clathratus,  Agassiz. 

Weicht,  Thom.  Monograph,  of  the  fossil.  Echinid  of  creta- 
ceous  form.,  Pal.  Soc.  Vol.  XII,  p.  156,  PI.  32. 

Cotteau,  Pal.  franp.  Ter.  cret.  Echinides  reg.,  p.  118, 
PL  1028,  Fig.  8—18. 

Der  folgenden  Beschreibung  liegen  zwei  Exemplare  zu  Grunde, 
von  denen  das  besterhaltene  9 Millimeter  breit  und  6 Millimeter 
hoch  ist.  Die  Schale  besitzt  eine  kugelige  Gestalt,  ist  am  Scheitel 
abgeplattet  und  geht  durch  abgerundete  Kanten  in  die  flache 
Basis  über.  Die  schmalen,  nur  wenig  gebogenen  Ambulacralfelder 
tragen  zwei  Reihen  gedrängt  stehender  Körnchenwarzen,  deren 
Zahl  etwa  10  ausmacht.  Die  gleichfalls  nur  wenig  gebogenen 
Porenstreifen  sind  mit  rundlichen,  schräg  stehenden  Doppelporen 
versehen.  Auf  den  breiten  Interambulacralfeldern  erheben  sich 
3 Paar  gekerbte,  nicht  durchbohrte  Stachelwarzen  (von  denen  sich 
einige  durch  ihre  besondere  Grösse  auszuzeichnen  pflegen),  den 
schmalen  Mittelgürtel  zieren  zwei  wellig  gebogene  Wärzchenreihen, 


26 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


neben  welchen  noch  einige  andere,  unregelmässig  zerstreute  Wärz- 
chen auftreten.  Das  Peristom  wird  durch  10  kleine  Einschnitte 
in  10  fast  gleiche  Theile  zertheilt.  Der  After,  welcher  eine  rund- 
lich viereckige  Gestalt  besitzt,  ist  durch  eine  überzählige  Platte 
aus  dem  Scheitel  in  der  Medianebene  nach  hinten  gerückt.  Von 
der  Schale  hebt  sich  das  grosse  Scheitelschild,  welches  nahezu  die 
ganze  obere  Seite  bedeckt,  scharf  ab.  Die  einzelnen  Platten  des- 
selben sind  durch  breite  und  tiefe  Einschnitte  von  einander  ge- 
trennt und  erscheinen  dadurch  stark  gekerbt.  Das  von  Cotteau 
1.  c.  Fig.  13  abgebildete  Scheitelschild  stimmt  mit  dem,  welches 
unsere  Exemplare  zeigen,  gut  überein. 

Dieser  Echinid  unterscheidet  sich  durch  die  kleine  rundliche 
Form,  durch  das  grosse  Scheitelschild  mit  den  zahlreichen  tiefen 
Einschnitten,  sowie  durch  die  flache  Basis  von  den  übrigen  ver- 
wandten Arten. 

In  Deutschland  kommt  diese  Art  vor  in  der  Kreide  von  Lüne- 
burg; nach  WriGHT  ist  sie  häufig  im  oberen  Grünsand  von  War- 
minster, nach  Cotteau  selten  im  Cenoman  von  Le  Havre  (Seine 
inferieure),  La  Perriere  (orne),  Craie  ä Scaphites.  Unsere  Exem- 
plare wurden  in  den  tiefsten  Schichten  der  oben  genannten  Zone 
am  nördlichen  Bergabhange  gefunden. 

Discoidea  cylindrica,  Agassiz. 

Agassiz,  Echinides  Suisses,  Tab.  6,  Fig.  13.  15. 

Wurde  nur  einmal  in  diesen  Schichten  im  Einschnitt  der 
Chaussee  nach  Tecklenburg  gefunden. 

Hemiaster  Griepenkerli,  Stromb. 

Desor,  Synopsis  d.  Echinides  fossiles,  p.  377. 

Das  grösste  mir  vorliegende  Exemplar  misst  in  der  Länge 
55  Millimeter,  in  seiner  grössten  Breite  am  Ende  des  vorderen 
Drittels  52  Millimeter  und  in  seiner  grössten  Höhe  31  Millimeter. 
Der  Umriss  der  Schale  ist  herzförmig,  hinten  leicht  durch  das 
unten  flach  concave  Analfeld,  vorn  stärker  durch  den  Sinus  ge- 
furcht. Der  Scheitel  fällt  mit  dem  Punkte  der  höchsten  Höhe 
zusammen  und  liegt  in  der  Mitte,  ein  wenig  nach  vorn.  Der  kiel- 
artige  Rücken  verläuft  vom  Scheitel  nach  dem  Hinterrande  hori- 
zontal, und  fallen  die  Seiten  von  demselben  allmählich  ab.  Die- 


im  nordwestlichen.  Tlieile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


27 


selben  gehen  ohne  Kanten  in  die  flache  Basis  über,  auf  welcher 
jedoch  das  Plastrum  deutlich  hervorspringt.  Der  vordere  Theil 
der  Schale  zeigt  einen  breiten,  flachen  Sinus,  der  in  der  Nähe 
des  Randes  auf  der  Unterseite  am  tiefsten  ist,  sich  nach  oben  zu 
mehr  zusammenzieht  und  verflacht,  aber  deutlich  bis  zum  Scheitel 
sichtbar  bleibt.  Der  Mund  liegt  am  Ende  des  vorderen  Fünftels. 
Derselbe  scheint  eine  querzweilippige  Gestalt  zu  besitzen.  Der 
After  ist  längsoval  und  liefet  im  oberen  Tlieile  des  gerundet  drei- 
seitigen  Analfeldes,  welches  mit  dem  Rücken  einen  Winkel  von 
120°  einschliesst.  Die  Ambulacralfelder  sind  schmal,  die  Interam- 
bulacralfelder,  deren  grosse  Platten  auf  der  Oberseite  der  Schale 
polsterartig  gewölbt  sind,  breit.  Das  unpaare,  im  Sinus  gelegene 
Ambulacrum  unterscheidet  sich  von  den  übrigen  durch  seine 
schmälere  Form  und  die  andere  Ausbildung  seiner  Poren. 
Die  letzteren  sind  klein  und  rund ; die  zusammengehörigen, 
deren  Verbindungslinie  schräg  nach  innen  und  unten  gerichtet 
ist,  werden  durch  ein  stark  hervortretendes  Körnchen  getrennt. 
Der  Raum  zwischen  den  Doppelporen  in  den  Porengängen  ist 
breiter  als  diese  selbst  und  mit  zahlreichen  feinen  Körnchen 
erfüllt. 

Die  anderen  der  getuloiden,  paarigen  Ambulacren  sind  fast 
doppelt  so  lang,  als  die  hinteren.  Die  Ausbildung  der  Poren  ist 
in  allen  vieren  gleich.  Die  am  Scheitel  fast  runden,  weiter  unten 
querovalen,  schräg  stehenden  Poren  werden  hier  durch  eine  Rippe 
verbunden.  Der  Raum  zwischen  denselben  in  den  Porengängen 
ist  ebenso  breit  wie  die  Poren  und  mit  einer  einzigen,  der  Rippe 
und  den  Poren  parallelen  Reihe  von  Körnchen  besetzt.  Der 
zwischen  den  Porenstreifen  liegende  Theil  der  Ambulacren  ist 
nahezu  glatt.  An  dem  compacten  Scheitelschild  lassen  sich  deut- 
lich die  vier  grossen  Oeffhungen  der  Genitaltäfelchen  erkennen, 
weniger  gut  die  der  Augentäfelchen. 

Die  Schale  ist  auf  der  ganzen  Oberfläche  mit  kleinen  durch- 
bohrten und  gekerbten  Wärzchen  bedeckt,  welche  von  zahlreichen 
Körnchen  umgeben  werden.  Nur  auf  der  Basis  sind  die  hinteren 
Ambulacralfelder  zu  beiden  Seiten  des  Plastrums  fast  glatt,  während 
dieses  selbst  bis  hart  zum  Mundrande  mit  Wärzchen  bedeckt  ist. 


28 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


Eine  fein  granulirte,  gerundet  vierseitige  Peripitalfasciole  umgiebt 
die  blattförmigen  Ambulacren. 

Das  hier  beschriebene  Exemplar,  welches  ich  mit  den  Origi- 
nalen der  oben  genannten  Species  verglichen  habe,  und  welches 
damit  vollständig,  soweit  sich  erkennen  liess,  übereinstimmt,  weicht 
von  der  von  Desor  1.  c.  gegebenen  Diagnose  darin  ab,  dass  die 
vorderen  und  hinteren  Ambulacren  nicht  fast  gleich  (presque 
egaux)  sondern  wesentlich  ungleich  sind  und  im  Verhältniss  von 
2 : 1 stehen. 

Die  Art  fand  sich  in  einem  kleinen  Einschnitt  am  Fusswege 
nach  Leeden  und  in  einem  Hohlwege,  der  nach  der  Mergelgrube 
von  Schulteherkendorf  führt. 


3.  Zone  des  Ammonites  Rhotamagensis  und  Holaster  subglobosus. 

Oxyrhina  Mantelli , Ag. 

Geinitz,  Elbthalgebirge  II,  p.  207,  Taf.  38,  Fig.  5. 

Es  wurde  nur  einmal  oberhalb  der  Irrenanstalt  ein  20  Milli- 
meter langer,  an  der  Basis  8 Millimeter  breiter  und  5 Millimeter 
hoher  Zahn  gefunden. 

Ammonites  varians,  Sow.,  vergl.  p.  20. 

blicht  selten  in  den  unteren  fleckigen  Schichten. 

Ammonites  Mantelli , Sow.,  vergl.  p.  22. 

Mit  der  vorigen  Art 

Ammonites  Rhotomagensis , Brongn. 

Schlüter,  Cephal.,  p.  15,  Taf.  6,  Fig.  2. 

Nicht  selten.  Die  Gehäuse  erreichen  eine  Grösse  von  300 
Millimeter  und  darüber. 

Scaphites  aequalis , Sow. 

Schlüter,  Cephal.,  Pal.  21,  p.  72,  Taf.  23,  Fig.  1 — 4. 

Häufig  in  den  fleckigen  Schichten. 

O o 

Turrilites  cenomanensis , Schlüter,  vergl.  p.  24. 

Wurde  in  diesen  Schichten  nur  einmal  gefunden  und  zwar 
oben  am  Bergrücken,  oberhalb  Lengerich. 

Turrilites  Scheuchzerianus,  Bose. 

Schlüter,  Cephal.,  Pal.  24,  p.  123,  Taf.  36,  Fig.  11. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich.  29 


Von  dieser  durch  die  einfachen  scharfen  Rippen  leicht  kennt- 
lichen Art  wurde  nur  ein  Bruchstück  am  Finkenberge  gefunden. 

Baculites  baculoides,  Mnt.,  vergl.  p.  21. 

Nicht  häufig. 

Pleurotomaria  lineraris,  Mnt. 

Syn.  Pleurotom.  perspectivu , Sow. 

» » distincta , Dujard,  A.  Römer. 

Geinitz,  Elbthalgebirge  II,  p.  165,  Taf.  29,  Fig.  10. 

Es  liegt  nur  ein  gut  erhaltenes  Gehäuse  aus  den  unteren 
Schichten  vor. 

Lima  cenomanensis , d’Orb.,  vergl.  p.  24. 

Sehr  selten  am  nördlichen  Bergabhange. 

Lima  cf.  simplex , d’Orb.,  Geinitz,  Elbthalgebirge  I,  p.  205, 
Taf.  43. 

Es  wurde  nur  eine  nicht  vollständig  erhaltene  Schale  am 
Fusswege  nach  Leeden  gefunden.  Dieselbe  ist  20  Millimeter  lang, 
schief  eirund  und  auf  der  ganzen  Oberfläche  mit  zahlreichen  feinen, 
von  concentrischen  Anwachsringen  durchbrochenen  Streifen  ver- 
sehen. Die  mit  obiger  Ai’t  verwandte  Lima  Hoperi  ist  breiter 
und  zeigt  diese  Streifung  nur  an  den  Buckeln  und  neben  den 
geraden  Schlosskanten,  während  der  mittlere  Theil  der  Schale 
glatt  ist. 

Ostrea  cf.  hippopodium,  Nilss. 

Geinitz,  Elbthalgebirge  I,  p.  177,  Taf.  39,  Fig.  13. 

Die  20 — 25  Millimeter  grossen  Schalen  sind  in  der  Regel  nur 
mit  dem  Wirbel  angewachsen.  Die  linke  Schale  ist  hochgewölbt, 
länglich  rund  und  nach  vorn  mehr  oder  weniger  flügelartig  aus- 
gezogen. Die  Oberfläche  derselben  ist  mit  schwachen  blätterigen 
Anwachsringen  versehen ; unter  dem  schnabelartig  nach  vorn  über- 
gebogenen, in  der  Regel  aber  abgestumpften  Wirbel  liegt  die 
dreiseitige  Ligamentgrube.  Zu  beiden  Seiten  derselben  ist  die 
Schale  am  Rande  gekerbt.  Diese  Kerbung  bleibt  fast  bis  zum 
Unterrande,  neben  einer  sich  allmählich  von  den  Rändern  ent- 
fernenden kreisförmigen  Rinne  sichtbar.  Der  Muskeleindruck  liegt 
ein  wenig  nach  vorn,  in  der  Mitte  der  Schale.  Die  rechte  Klappe 
ist  blätterig,  concav  und  nur  in  der  Nähe  des  Wirbels  gewölbt. 


30 


R.  Windmöller  , die  Entwickelung  des  Plaeners 


Die  hier  beschriebene  Art,  deren  äussere  Gestalt  am  besten 
durch  die  von  Geinitz  1.  c.  gegebene  Abbildung:  wiedergegeben 

O O O ö O 

ist,  zeichnet  sich  von  der,  mir  aus  dem  Scaphiten  - Plaener 
vorliegenden  Ostrea  hippopodium  durch  stärkere  Wölbung  der 
Schale  aus. 

Nicht  selten  in  den  oberen  Schichten  dieser  Zone. 

Exogyra  cf.  sigmoidea , Rss. 

Geinitz,  Elbthalgebirge  I,  Taf.  41,  Fig.  14 — 27. 

Der  Erhaltungszustand  der  wenigen,  nur  in  einem  Steinbruch 
am  Galgenknapp  in  den  obersten  Schichten  gefundenen  Exemplare 
bestattet  keine  vollkommen  sichere  Bestimmung;. 

Terebratula  biplicata,  Sow.,  vergl.  p.  25. 

Nicht  selten  in  den  unteren  Schichten. 

Rhynchonella  Mantelliana,  Sow. 

Geinitz,  Elbthalgebirge  I,  p.  166. 

Unsere  Individuen,  welche  mit  den  in  der  Königlichen  Berg- 
akademie auf  bewahrten,  zahlreichen  Exemplaren  der  Schloenbacii- 
schen  Sammlung  vortrefflich  übereinstimmen , zeigen  einen  deut- 
lichen Sinus  und  weichen  dadurch  von  den  Abbildungen  bei 
Schloenbacii  und  Geinitz  ab.  Letzterer  bemerkt  jedoch,  dass 
die  obige  Art  häufig  der  Rh.  pisurn  sehr  ähnlich  werde,  welche 
einen  deutlichen  Sinus  besitzt.  Von  dieser  letzten  Art  unterscheidet 
sie  sich  durch  die  geringere  Zahl  der  scharfen  dachförmigen 
Rippen. 

Rhynchonella  Grasana,  D Orb. 

Schloenbach,  Brachiop.  d.  nordd.  Gen.,  p.  496,  Taf.  23, 
Fig.  8.  9. 

Sehr  selten,  mit  der  vorigen  Art  in  den  unteren  Schichten. 

Discoiclea  cylindrica,  Ag. 

Häufig. 

Holaster  subglobosus,  Ag. 

Zettel,  Palaeontologie,  Bd.  I,  p.  535,  Fig.  394. 

Häufig-  mit  der  vorigen  Art. 

Pentracrinus  sp. 

Das  kleine  Stielglied  besitzt  einen  gerundet  fünfseitigen  Umriss. 

O O o 

Die  Gelenkfläche  zeigt  5 lauzettliclie , bis  zum  Rande  gehende 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich.  31 


Blätter,  welche  von  kleinen  Zähnchen  begrenzt  werden.  Die  un- 
vollkommene Erhaltung  gestattet  keine  nähere  Bestimmung. 

Wurde  nur  einmal  in  den  obersten  Schichten  dieser  Zone 
am  Galgenknapp  gefunden. 


II.  Oberer  Plaener. 

4.  Zone  des  Actinocamax  plenus? 

In  den  zu  dieser  Zone  gerechneten  Schichten  wurden  keine 
Versteinerungen  gefunden. 

5.  Zone  des  Inoceramus  labiatus  und  Ammonites  nodosoides 
(üytiloides- Plaener). 

Inoceramus  mytiloides,  Mnt. 

Inoceramus  labiatus,  v.  Schlotii. 

Goldf.,  Petr.  Germ.,  p.  118,  tab.  113,  Fig.  4. 

Ueberaus  häufig  am  Galgenknapp. 

Terebratula  semiglobosa , Sow. 

Sow.,  Min.  Concli.,  p.  48,  pl.  15,  Fig.  9. 

Ich  sammelte  nur  zwei  grosse  verdrückte  Exemplare  in  den 
oberen  Schichten,  links  von  der  Chaussee  nach  Osnabrück. 

Rhynchonella  Cuvieri , d Orb.  j Geinitz,  Elbthalg.  II, 
Syn.  Rhynchonella  plicatilis,  Sow.  ( Taf.  7,  Fig.  5 — 15. 
Wurde  nur  einmal  gefunden,  zusammen  mit  der  letzteren  Art. 


6.  Zone  des  Inoceramus  Brongniarti  und  Ammonites  Wollgari 
(Brongniarti -Plaener). 

Fischwirbel.  Der  im  südlichen  Einschnitte  der  Bahn  gefun- 
dene Wirbel  ist  20  Millimeter  breit,  8 Millimeter  hoch,  kreisrund 
und  vorn  und  hinten  von  2 flachen  Ilohlkegeln  begrenzt.  Von 
der  Mitte  strahlen  zahlreiche,  feine  radiale  Rippen  aus,  welche 


32 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


durch  concentrische  Anwachsringe  durchbrochen  werden.  Die 
Farbe  der  Rippen  ist  schwarz,  die  der  Ausfüllungsmasse  gelblich 
braun. 

Serpula  (?)  Amphisbaena  Goldf.  sp.  Syn.  Gastrochaena  Am- 
phisbaena  Goldf.,  Geinitz  I,  pag.  231,  Taf.  52,  Fig.  8. 

Das  25  Millimeter  lange,  5 Millimeter  breite  Bruchstück  der 
walzenförmigen  Röhre  ist  wenig  gekrümmt  und  zeigt  nur  eine  ge- 

o ö o O o 

ringe  Wachstlmmszunahme.  Aeusserlich  ist  dieselbe  glatt  und  nur 
von  feinen  3 — 4 Millimeter  von  einander  entfernten,  kantigen 
Ringen  umgeben. 

Schlüter1)  hebt  besonders  hervor,  dass  die  wurmförmigen 
Röhren  dieser  Art  in  Westfalen  niemals  in  Treibholz  steckend, 
sondern  nur  von  der  gewöhnlichen  Gebirgsmasse  umschlossen,  ge- 
funden wurden.  Dasselbe  gilt  auch  von  unserem  Exemplar.  Er 
führt  diese  Art  an  aus  der  Zone  des  Actinocamax  plenus  und  be- 
zweifelt das  Vorkommen  in  jüngeren  Schichten,  wofür  aber  das 
vorliegende  Bruchstück,  welches  dem  tiefsten  Brongniarti  - Plaener 
angehört  und  in  einem  Steinbruch  an  der  Südseite  des  Galgen- 
knapps  gefunden  wurde,  spricht. 

Serpula  Seebachii , nov.  sp. 

Die  dünne  leicht  gebogene  Röhre  ist  der  ganzen  Länge  nach 

O o o ö 

aufgewachsen.  Dieselbe  besitzt  einen  runden  Querschnitt  und 
misst  im  Durchmesser  am  vorderen,  dickeren  Ende  bei  11  Milli- 
meter Länge  1,5  Millimeter. 

Aeusserlich  ist  die  Schale  mit  zahlreichen  Längslinien  geziert 
und  von  hohen,  kantigen,  2 — 3 Millimeter  von  einander  entfernten 
Ringen , welche  der  Basis  gegenüber  winkelig  nach  vorn  aufge- 
bogen sind,  umgeben.  Die  Röhre  erscheint  dadurch  gegliedert. 

Unsere  Art  unterscheidet  sich  durch  die  eigenthümliche  Ver- 
zierung der  Schale  leicht  vor  allen  anderen  Formen.  — Wurde 
nur  einmal  im  Steinbruch  von  Welp,  in  den  oberen  Schichten 
dieser  Zone  gefunden. 


x)  Schlüter,  Verbreitung  der  Cephalopoden  in  der  oberen  Kreide  Nord- 
deutscklands.  Zeitsckr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  28,  pag.  470.  Anmerkg.  u.  Pal. 
Bd.  24,  pag.  217. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


33 


Ammonites  Carolinus , D Orb. 

Schlüter,  Cephal.,  Pal.  21,  pag.  27,  Taf.  9,  Fig.  6. 

Das  nur  theilweise  erhaltene  Gehäuse  besitzt  einen  Durch- 
messer von  etwa  25  Millimeter.  Auf  der  flachen  Seite  des  letzten 
Umganges  zählt  man  31  scharfe,  leicht  nach  vorn  gebogene  ein- 
fache Rippen,  welche,  nach  der  Bildung  eines  kleinen  Höckers, 
mit  einem  zahnartigen  Vorsprunge  an  der  Bauchkante  enden.  Nur 
an  wenigen  Stellen  bemerkt  man  auf  der  Aussenseite  einen  scharf 
abgesetzten  Kiel.  Die  von  Schlüter  gegebene  Abbildung  stimmt 
mit  unserem  Exemplare  vollständig  überein. 

Dasselbe  wurde  in  den  untersten  Schichten  dieser  Zone  zu- 
sammen mit  Serpula  (?)  Amphisbaena  gefunden. 

Ammonites  (?)  Schlüteri  nov.  sp. 

Das  50  Millimeter  lange  Windungsfragment  lässt  den  Quer- 
schnitt nicht  mehr  erkennen.  Die  flachgewölbte  Seite  desselben 
ist  mit  einfachen,  gleich  starken,  runden,  kräftigen  Rippen  bedeckt, 
welche  an  der  Bauchkante  paarweise  aus  einem  spitzen  Höcker 
entspringen  und  leicht  gekrümmt , unter  sich  parallel  über  die 
Flanken  laufen.  Die  concaven,  zwischen  alten  Rippen  (auf  den 
Seiten)  gleichen  Zwischenräume  sind  ebenso  breit  wie  die  Rippen 
selbst.  Man  zählt  auf  die  angegebene  Länge  24  Rippen,  ihr  Ab- 
stand beträgt  2 Millimeter. 

Die  deutsche  Kreide  und,  soweit  ich  aus  der  mir  zugänglichen 
Literatur  ersehen  konnte,  auch  die  Kreideterritorien  der  übrigen 
Länder,  weisen  keine  ähnliche,  durch  die  eigenthümliche  Berippung 
leicht  kenntliche  Form,  von  der  es  jedoch  zweifelhaft  bleibt,  ob 
sie  der  Gattung  Ammonites  oder  Crioceras  angehört,  auf.  Ich 
belege  sie  daher  nach  Herrn  Prof.  Schlüter  mit  dem  obigen 
Namen. 

Das  beschriebene  Exemplar  stammt  aus  dem  unteren  Stein- 
bruch von  Rietbröck  und  Kröner. 

Crioceras  ellipticum,  Mnt. 

Schlüter,  Cephal.  Pal.  21,  p.  100,  Taf.  30,  Fig.  11  u.  12. 

Die  in  den  Steinbrüchen  im  Kienebrink  gesammelten,  etwas 
verdrückten  Gehäuse  stimmen  in  der  Sculptur  der  Schale  voll- 
ständig mit  der  Darstellung  dieser  Art  bei  Schlüter  überein. 


[3] 


34 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


Pleurotomaria  lineraris , Mnt.  vergl.  p.  29. 

Es  wurde  nur  das  Fragment  einer  Windung  in  dem  Stein- 
bruch  von  Kolmen  und  Grosspeter  gefunden,  welches  den  Quer- 
schnitt der  gekanteten,  gekielten  Umgänge  und  die  Verzierung 
derselben,  durch  Querstreifeu  fein  gekörnte  Längslinien  deutlich 
erkennen  lässt. 

Inoceramus  Brongniarti , Sow.,  v.  Strombrok. 

Schlüter,  Kreidebivalven,  Päl.  JBd.  24,  p.  263. 

Diese  Art  ist  ungemein  häufig  in  dieser  Zone  und  erreicht 
eine  Grösse  bis  zu  400  Millimeter.  Vollständige,  gut  erhaltene 
Schalen  sind  jedoch  äusserst  selten.  In  der  Kegel  sind  dieselben 
verdrückt  und  bekommen  dadurch  ein  mehr  oder  weniger  fremd- 
artiges Ansehen. 

Terebratula  semiglobosa , Sow. 

Geinitz,  Elbthalgebirge  II,  pag.  23 — 24,  Taf.  7,  Fig.  4a 
und  4 b. 

Die  namentlich  in  den  unteren  Schichten  häufige,  kleine  globose 
Form  übersteigt  selten  die  Grösse  von  14  Millimeter. 

Au  allen  Aufschlusspunkten. 

Rhynclionella  Cuvieri , d’Orb.  vergl.  pag.  31. 
häufig  zusammen  mit  der  vorigen  Art. 

Stomatopora  sp. 

Aufgewachsen  auf  einem  grossen  Gehäuse  von  Ilolaster  planus  ? 

Salenia  granulosa , Forbes. 

Wright,  Monograph  of  the  fossil  Echinid.  of  cret  Form. 
Pal.  Soc.  Vol.  XII,  pag.  156,  pl.  50. 

Cotteau,  Pal.  franp.,  ter.  cret.  Echin.  reg.  p.  167,  T.  1089, 
Fig.  6 — 21. 

Diese  an  dem  granulirten  Scheitelschild  leicht  kenntliche  Form, 
welches  krustenartig  fast  den  ganzen  oberen  Theil  der  Schale  be- 
deckt und  auf  den  Interambulacralfeldern  tiefer  hinabreicht  als  auf 
den  Ambulacralfeldern , ist  durch  Wright  an  obigem  Orte  gut 
abgebildet.  Schlüter1)  bemerkt,  dass  der  Rand  des  Scheitel- 


*)  Schlüter,  die  Schickten  des  Teutob.  Waldes  bei  Altenbeken,  Zeitsckr. 
d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  18,  p.  64. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengericli. 


35 


schikies  gewöhnlich  von  feinen , an  den  Augentäfelchen  am  deut- 
lichsten sichtbaren  Körnchen  umgeben  werde,  was  sich  an  unserem 
Exemplare  nicht  erkennen  lässt. 

Diese  Art  hat  eine  grosse  horizontale  und  verticale  Verbrei- 
tung. Schlüter  erwähnt  sie  aus  dem  Mytiloides-Plaener  von 
Altenbeken,  nach  Wright  kommt  sie  vor  im  »lower  chalk«  von 
Dower,  nach  Cotteau  ist  sie  gemein  im  Senomien  von  Vernouillet 
und  Giverney. 

Unser  Exemplar  wurde  in  den  jüngeren  Schichten  der  oben 
genannten  Zone,  in  dem  Steinbruch  von  Kolmen  und  Grosspeter 
gefunden. 

Holaster  planus,  Mnt. 

Behrens,  Kreideablagerungen  auf  Wollin,  Zeitschr. 
d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  30,  p.  246,  Taf.  11, 
Fia;.  1. 

O 

Nicht  selten  in  den  oberen  Schichten  au  allen  Aufschluss- 
punkten, seltener  in  den  unteren  festen  Kalken. 

Inf ulaster  excentricus , Forbes. 

Ueber  diese,  mit  der  vorigen  vorkommenden  Art  verweise  ich 
auf  pag.  43. 

Ananchytes  striatus , Golde. 

Goldf.  Petr.  Germ.  I,  pag.  146,  pl.  44,  Fig.  3. 

Behrens  1.  c.  p.  248. 

Nicht  sehr  selten  in  den  oberen  Schichten  an  allen  Auf- 
schlusspunkten. 

Micraster  breviporus , d’Orb. 

d'Orb.,  Pal.  fraup.,  Ter.  cret.  pag.  215,  Pl.  869. 

Behrens,  1.  c.  pag.  243. 

Nur  ein  schlecht  erhaltenes  Exemplar  aus  dem  Steinbruch  von 
Welp  im  Kienebrink. 

Spongia  sp. 

In  den  Schichten  dieser  Zone  findet  man  nicht  selten  Spongien- 
reste,  aber  immer  schlecht  erhalten  und  so  mit  dem  Gestein  ver- 
wachsen, dass  eine  Bestimmung  nicht  möglich  ist. 

[3*] 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


36 

Von  Pflanzenresten  fand  sich 

Chondrites  furcillatus , N.  A.  Römer. 

A.  Römer,  Kreidegeb.  pag.  1,  Taf.  1,  Fig.  1. 

Hosius  u.  v.  d.  Mark,  Flora  der  westf.  Kreidef.,  Pal. 

Bd.  26,  pag.  199. 

Nicht  selten,  oft  ganze  Schichten  durchwehend. 

7.  Zone  des  Keteroceras  Reussianum  und  Spondylus  spinosus 
(Scaphiten-Plaener). 

Ammonites  peramplus,  Mnt. 

Schlüter,  Cephalop.  pag.  31,  Taf.  10,  Fig.  7 — 13. 

Die  nicht  seltenen  Gehäuse  dieser  Art  stimmen  vollständig 
mit  der  Darstellung  bei  Schlüter  überein. 

Die  Gehäuse  aus  dem  ersten  Entwickelungsstadium,  von  denen 
das  grösste  mir  vorliegende  60  Millimeter  im  Durchmesser  misst, 
tragen  wenige  kräftige,  an  der  steilen  Nabelkante  aus  runden, 
dicken  Höckern  entspringende  Rippen,  welche  nach  vorn  gebogen 
über  die  gerundete  Externseite  laufen,  wo  sie  durch  2 — 3 kürzere 
Rippen,  welche  nicht  die  halbe  Seitenhöhe  erreichen,  von  einander 
getrennt  werden. 

Das  grosse  170  Millimeter  Durchmesser  haltende  Gehäuse  aus 
dem  zweiten  Entwickelungsstadium  zeigt  statt  der  Rippen  nur  1 3 
wellige  Falten,  die  an  der  runden  Nabelkante  entspringen,  sich 
auf  den  Seiten  verbreitern,  aber  nicht  bis  zur  Externseite  fort- 
setzen. Einmal  scheint  neben  der  Verbreitung  auch  eine  Gabelung 
dieser  Falten  einzutreten. 

Ammonites  Neptuni,  Geinitz. 

Schlüter,  Cephalop.,  Pal.  21,  pag.  36,  Taf.  II,  Fig.  1. 

Das  vollständigere  der  seltenen,  aber  an  allen  Aufschluss- 
punkten gefundenen  Gehäuse  besitzt  einen  Durchmesser  von  33  Milli- 
meter und  lässt  drei  Umgänge  erkennen.  Derselbe  ist  weit  ge- 
gabelt  und  trägt  auf  dem  letzten  halben  Umgänge  12,  auf  dem 
vorletzten  eine  grössere  Zahl  von  kräftigen  Rippen.  Letztere  ent- 
springen in  einem  kleinen  Knoten  an  der  Nabelkaute,  laufen  mehr 
oder  weniger  stark  nach  vorn  gekrümmt  über  die  Seiten  und  enden, 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich.  37 


nach  der  Bildung  eines  zahnartigen  Höckers  in  der  Nähe  der 
Bauchkanten,  an  diesen  mit  einem,  den  Höckern  ähnlichen,  zahn- 
artigen Vorsprunge.  Die  Externseite  trägt  einen  sägeförmigen 
Kiel.  — Die  von  Schlüter  1.  c.  Fig.  1 gegebene  Abbildung  stimmt 
mit  unserem  Exemplare  gut  überein. 

Ammonites  Austeni , Si-iarpe. 

Geinitz,  Elbthalgeb.  Taf.  34,  Fig.  2. 

Schlüter,  Cephalop.,  Pal.  Bd.  21,  pag.  38. 

Die  bis  70  Millimeter  im  Durchmesser  messenden,  engge- 
nabelten Gehäuse  bestehen  aus  wenigen,  rasch  an  Höhe  zunehmen- 
den Umgängen,  von  denen  der  letzte  stark  2/3  des  vorhergehenden 
umschliesst.  Der  Querschnitt  der  Gehäuse  ist  sehr  verschieden, 
da  wahrscheinlich  bei  allen  eine  Verdrückung'  stattgefunden  hat. 
Es  liegen  sowohl  flach  scheibenförmige  Exemplare  vor  als  auch 
solche  mit  längsovalem  Querschnitt,  bei  denen  das  Verhältniss  der 
Breite  zur  Höhe  1 : 2 beträgt,  wobei  die  grösste  Breite  unterhalb 
der  halben  Höhe,  dem  Nabel  genähert  liegt. 

Die  Oberfläche  ist  mit  zahlreichen  Rippen  verziert,  welche 
sich  an  der  steilen,  gerundeten  Nabelfläche  leicht  erheben,  anfangs 
gerade,  dann  stark  nach  vorn  gekrümmt  über  die  Seiten  und  den 
gerundeten  Rücken  laufen.  Jede  vierte  bis  siebente  Rippe  ist 
bedeutend  stärker  und  breiter  als  die.  übrigen  und  wird  von  einer 
schwachen  Einschnürung  der  Schale  begleitet.  Man  zählt  auf  dem 
letzten  Umgänge  eines  Individuums  5,  auf  dem  halben  eines 
anderen  4 dieser  starken  Rippen.  Zwischen  je  zweien  der  langen 
Rippen  stellen  sich  am  Bauche  2 oder  3 kürzere  ein,  welche  theils 
nicht  bis  zur  halben  Seitenhöhe  fortsetzen,  theils  darüber  hinweg- 
laufen, ohne  jedoch  die  Nabelkante  zu  erreichen.  An  einem 
Gehäuse  zeigt  sich  auch  zuweilen  eine  Gabelung  der  Rippen.  Die 
Zahl  der  Rippen  am  Bauche  schwankt  bei  unseren  Exemplaren 
zwischen  80  — 100;  die  Stärke  derselben  variirt  ausserordent- 
lich, namentlich  zeigen  die  flach  scheibenförmigen  Gehäuse  wahr- 
scheinlich in  Folge  der  Verdrückung  nur  eine  sehr  schwache 
Berippung. 

Die  von  Geinitz  I.  c.  gegebene  Abbildung  stimmt  mit  un- 
serer Art  gut  überein,  während  diejenige  bei  Schlüter,  welche 


38 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


von  einem  sehr  grossen  Individuum  entnommen  ist,  weniger  zu- 
treffend ist. 

Nicht  selten  an  allen  Aufschlusspunkten. 

i Scaphites  Geinitsii , d Orb. 

Schlüter,  Cephalop.,  Pal.  21,  p.  75,  Taf.  23,  Fig.  12 — 22, 
häufig  an  allen  Aufschlusspunkten  mit  der  vorigen  Art. 

Crioceras  ellvpticum , Mnt. 

Schlüter,  Cephalop.,  Pal.  21,  p.  100,  Taf.  40,  Fig.  11  u.  12. 

Neben  mehreren  anderen  liegt  mir  ein  besonders  schön  er- 
haltenes Gehäuse  vor. 

Höchst  wahrscheinlich  gehört  das  von  Schlüter  abgebildetp 
Exemplar  aus  dem  Turon  von  Lengerich  ebenfalls  diesem  Hori- 
zonte an. 

Crioceras  Teutobur gerne,  nov.  sp. 

Es  wurde  nur  das  Bruchstück  eines,  einen  weiten  Bogen 
bildenden  Gehäuses  gefunden.  Die  Rohre  nimmt  nur  langsam  an 
Stärke  zu.  Bei  einer  Länge  von  60  Millimeter  beträgt  die  Höhe 
am  vorderen  Ende  11  Millimeter,  am  hinteren  Ende  9 Millimeter 
Der  Querschnitt  ist  längsoval.  Die  Oberfläche  des  Gehäuses  ist 
mit  einfachen  auf  den  Seiten  leicht  nach  vorn  gebogenen  Rippen- 
bedeckt, welche  um  mehr  als  die  Eigenbreite  von  einander  entfernt 
stehen.  Dieselben  verlieren  auf  der  Innenseite  an  Deutlichkeit, 
während  sie  kräftig  über  die  Aussenseite  fortsetzen  und  daselbst 
an  den  Bauchkauten  zwei  kleine  Knoten  tragen.  Man  zählt  auf 
20  Millimeter  Länge  1 1 Rippen.  Am  nächsten  verwandt  mit  dieser 
Art  ist  Toxoceras  Turoniense,  Schlüter1)  aus  dem  Cuvieri-Plaener 
von  Rothenfelde,  welcher  eine  sehr  ähnliche  Wachsthumszunahme 
und  Krümmung  zeigt,  sich  aber  durch  rundliche,  flache  knoten- 
lose Rippen,  deren  Zwischenräume  ebenso  breit  sind,  unterscheidet. 

Von  Toxoceras  (?)  Aquisgranen.se , Schlüter2)  sp.  und  Ancy- 
loceras  retrorsum,  Schlüter3)  unterscheidet  sie  sich  bei  Aehnlich- 
keit  der  Curve,  durch  die  anders  gestalteten  Rippen,  welche  bei 
jenen  Arten  stark  nach  rückwärts  gebeugt  und  knotenlos  sind. 

1)  Schlüter,  Cephalop.,  Pal.  21,  p.  103,  Taf.  31,  Fig.  4. 

2)  Ebendas.,  pag.  10'2,  Taf.  31,  Fig.  6 — 8. 

3)  Ebendas.,  pag.  07,  Taf.  30,  Fig.  5 — 10. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerieh. 


39 


Schliesslich  mag  noch  erwähnt  werden,  dass  das  von  Schlüter1) 
abgebildete,  zn  Crioceras  ellipticum  gezogene  Gehäuse,  welches  bei 
Langenholzen  gefunden  wurde,  einige  Aehnlichkeit  in  der  Berippung 
zeigt,  sich  aber  durch  eine  viel  schnellere  Wachsthumszunahme 
auszeichnet. 

Hamites  ellipticus,  A.  Römer. 

A.  Römer,  Kreidegeb.  p.  93,  Taf.  14,  Fig.  5. 

Römer  giebt  von  obiger  Art  folgende  Diagnose:  »Stark  zu- 
sammengedrückt, bis  6'"  dick  und  3’”  breit,  allmählich  gebogen  über 
den  schmalen  Rücken  weglaufend  und  an  dessen  Kante  jederseits 
einen  spitzen  Höcker  tragend ; sie  liegen  fast  horizontal  und  scheinen 
an  der  Bauchseite  zu  verschwinden;  bei  6'”  Dicke  am  Rücken  auf 
6'”  Länge  5 — 6 Falten.«  Das  mir  vorliegende  55  Millimeter  lange, 
15  Millimeter  hohe  und  8 Millimeter  breite  Bruchstück  gehört 
dem  geraden  Theil  dieses  Hamiten  an  und  stimmt  mit  der  obigen 
Diagnose  vortrefflich  überein  bis  auf  den  Umstand,  dass  die 
Rippen  nicht  gebogen,  sondern  geradlinig  verlaufen.  Auch  die 
Abbildung  dieser  Art  bei  Römer  zeigt  nur  gerade  Rippen. 

Schlüter2),  welcher  Hamites  ellipticus , Mant.  mit  Crioceras 
ellipticum  vereinigt,  wirft  die  Frage  auf,  ob  die  von  Römer 
gegebene  Abbildung  incorrect  sei.  Unser  Bruchstück  beweist 
jedoch,  dass  dieselbe  correct,  dagegen  die  Beschreibung  in  Bezug 
auf  den  Verlauf  der  Rippen  incorrect  ist,  oder  mit  anderen 
Worten,  dass  das,  was  A.  Römer  als  Hamites  ellipticus , Mant. 
bezeichnet,  nicht  dasselbe  ist,  was  Mantell  3)  unter  diesem 
Namen  aufführt. 

Es  ist  daher  diese  Art  als  Hamites  ellipticus , A.  Römer,  auf- 
recht zu  erhalten,  während  Hamites  ellipticus , Mnt.  zu  Crioceras 
ellipticum , Mnt.  bei  Schlüter  gezogen  werden  muss. 

Was  Ferd.  Römer4)  als  Hamites  ellipticus  aus  dem  Scaphiteu- 
Plaener  von  Oppeln  und  der  Mucronaten-Kreide  von  Krakau  ab- 


x)  Schlüter,  Cephalop.,  Pal.  24,  pag.  164,  Tat.  43,  Fig.  1,  2. 

3)  Ebendas.  Pal.  21,  pag.  100. 

3)  Mantell,  geol.  of  Sussex,  pag.  122,  Tab.  23,  Fig.  9. 

4)  Ferd.  Römer,  Geol.  von  Oberschlesien,  pag.  322,  Tab.  37,  Fig.  11  und 
pag.  356,  Tab.  39,  Fig.  6. 


40 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


bildet,  ist  durchaus  von  unserer  Art  verschieden  und  in  keiner 
Weise  zu  verwechseln. 

Ich  fand  das  vorliegende  Exemplar  im  Steinbruch  oberhalb 
der  Unterführung. 

Hamites  sp. 

Die  vollständig  flachgedrückten,  fast,  geraden,  nur  wenig  an 
Stärke  zunehmenden  Bruchstücke  der  Röhren  sind  mit  einfachen 
geraden , oder  sehr  leicht  nach  vorn  gebogenen  Rippen  bedeckt, 
welche  um  mehr  als  die  Eigenbreite  von  einander  entfernt  stehen. 
Dieselben  sind  auf  der  Innenseite  wenig  deutlich  und  laufen,  all- 
mählich sich  verstärkend,  in  schräger  Richtung  nach  vorn  über  die 
Flanken  und  den  Bauch.  Man  zählt  auf  40  Millimeter  Länge  bei 
12  Millimeter  Höhe  19  Rippen. 

Schlüter1)  bildet  ähnliche  Hamitenreste  aus  dem  Cuvieri- 
Plaener  von  Paderborn  ab,  mit  denen  die  unseligen  wohl  zu  ver- 
einigen sein  dürften.  Sie  unterscheiden  sich  von  jenen  durch  die 
weniger  runden,  weiter  von  einander  stehenden  Rippen,  während 
sie  dieselbe  Krümmung'  der  Curve  und  eine  ähnliche  Wachsthums- 

o 

Zunahme  aufweisen. 

Fundort:  Einschnitt  der  Bahn. 

Hamites  cf.  multinodosus,  Schlüter. 

Schlüter,  Cephalop.,  Pal.  21,  p.  106,  Taf.  32,  Fig.  1 u.  2. 

Das  15  Millimeter  lange  Bruchstück  der  Röhre  besitzt  einen 
längsovalen  Querschnitt.  Die  Oberfläche  ist  mit  einfachen,  geraden, 
dicken,  runden  Rippen  verziert,  deren  Zahl  auf  die  angegebene 
Länge  8 beträgt.  Die  letzte  dieser  Rippen  ist  bedeutend  stärker 
als  die  übrigen.  Alle  tragen  etwa  auf  der  Mitte  der  Seiten  feine, 
dünne  Knoten.  Diese  Merkmale  kommen  auch  dem  von  Schlüter2) 
abgebildeten  Hamites  multinodosus  zu,  welcher  ebenfalls  aus  dem 
Turon  von  Lengerich  stammt.  Einen  näheren  Vergleich  gestattet 
jedoch  die  schlechte  Erhaltung  unseres  Fragmentes  nicht. 

Derselbe  wurde  im  Steinbruch  oberhalb  der  Unterführung 
gefunden. 


1)  Schlüter,  Cephal.,  Pal.  21,  pag.  106,  Tat,  32,  Fig.  3—5, 

2)  Ebendas,  pag.  106,  Taf.  32,  Fig.  1.  2. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich.  41 


Heteroceras  Reussianum , d'Orb. 

Schlüter,  Cephalop.,  Pal.  21,  p.  105,  Taf.  32,  Fig.  13. 

Die  an  allen  Aufschlusspunkten  gesammelten  Exemplare  ge- 
hören namentlich  der  Varietät  an,  welche  Schlüter  1.  c.  Fig.  13 
abbildet. 

Heteroceras  polyyilocum,  A.  Römer,  Kreidegeb.,  Taf.  14, 
Fig.  1 . 2. 

Syn.  Turrilites  Saxonictis,  Schlüter. 

Schlüter,  Cephalop.,  Pal.  24,  p.  135,  Pal.  21,  Taf.  35, 
Fig.  10. 

Von  den  mir  vorliegenden  3 Exemplaren,  welche  an  den  ver- 
schiedenen Aufschlusspunkten  der  obigen  Schichten  gefunden 
wurden,  zeigt  das  am  besten  erhaltene  die  beiden  letzten  Windungen 
des  rechtsgewundenen  Gehäuses.  Der  Querschnitt  der  Umgänge 
ist  längsoval,  scheint  aber,  wie  aus  einem  anderen  Windungs- 
fragment  hervorgeht,  in  ursprünglichem,  nicht  verdrückten  Zustande 
mehr  rund  gewesen  zu  sein.  Die  Umgänge,  welche  nur  eine 
geringe  Wachsthumszunahme  zeigen,  berühren  sich,  und  es  zeigt 
jeder  vorhergehende  die  Eindrücke  des  Folgenden.  Nur  der  letzte 
Tlieil  der  Röhre  verlässt  die  Spirale  und  bildet  einen  kurzen 
Haken. 

Das  Gehäuse  ist  mit  zahlreichen,  scharfen  Rippen  bedeckt, 
deren  Zahl  auf  dem  vorletzten  halben  Umgänge  etwa  35  beträgt. 
Dieselben  laufen  entweder  der  Längsaxe  parallel,  oder  leicht  nach 
rückwärts  gekrümmt  über  die  convexe  Aussenseite,  während  sie 
auf  der  Innenseite  undeutlich  werden.  Am  Unterrande  der  ersteren 
gabeln  sich  bisweilen  die  Rippen  oder  es  schieben  sich  daselbst 
noch  häufiger  neue  ein.  Sehr  selten  treten  sie,  bevor  sie  die 
Aussenseite  wieder  verlassen,  wieder  zusammen.  Am  Mundsaum 
bekommt  das  Gehäuse  eine  Einschnürung  und  springt  die  vor- 
letzte Rippe  »kragenartig«  vor. 

Schlüter  bemerkt  bei  der  Beschreibung  des  Turrilites 
Sawonicus,  dass  diese  Art  wegen  der  ähnlichen  Berippung  meist 
mit  Heteroceras  polyplocum  verwechselt  worden  sei.  »Ich  habe«, 
sagte  er  weiter,  »niemals  Exemplare  — es  liegen  rechts  und  links 
gewundene  vor  — mit  freien  Windungen  gesehen.  Die  Art  bleibt 


42 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


durchweg  viel  kleiner  als  Heteroceras  polyplocum,  und  es  ist  niemals 
gesehen,  dass  die  mannichfachen , individuellen  Verschiedenheiten, 
welche  für  jene  Art  charakteristisch  sind,  wie  die  bald  schlankere 
Thurmgestalt,  bald  niedrige  Kegelform,  die  Bildung  von  Höcker- 
reihen, die  hakenförmige  Endigung  der  Wohnkammer  und  die 
Kaputze  der  Mündung  etc.  sich  an  Turrüites  Saxonicus  wieder- 
finden. Hierzu  kommt,  dass  T.  Saxonicus  dem  mittleren  Plaener, 
Het.  polyplocum  der  obersten  Mucronaten-  Kreide  eigenthümlich, 
in  allen  Zwischenschichten  nichts  ähnliches  bekannt  ist«. 

H ierzu  ist  zu  bemerken : 

1)  dass  eins  unserer  dem  Scap luten- Plaener  angeliörehiden 
Exemplare  die  hakenförmige  Endigung  der  Wohnkammer 
zeigt  und  in  Folge  dessen  nicht  zur  Gattung  Turrüites , 
sondern  zu  der  von  d’Orbigny  aufgestellten  Gattung 
Heteroceras  l)  gehört ; 

2)  dass  dasselbe  auch  die  Einschnürung  am  Mundsaum,  »die 
Kaputze  der  Mündung«  wie  Heteroceras  polyplocum  besitzt; 

3)  dass  auch  die  mir  vorliegenden  Gehäuse  eine  ziemlich 
bedeutende  Grösse  erreichen.  So  misst  das  oben  be- 
schriebene am  Mundsaum  25  Millimeter  im  Durchmesser, 
während  der  des  fast  kreisförmigen  Querschnitts  eines 
anderen  Exemplares,  an  dem  der  Haken  nicht  vorhanden 
ist,  36  Millimeter  beträgt; 

4)  dass  auch  viele  Gehäuse  von  Heterocas  polyplocum  aus  der 
Mucronaten-Kreide  ausser  den  Rippen  keine  weitere  Orna- 
mentik zeigen,  und  also  die  Höckerreihen  sehr  oft  voll- 
ständig fehlen. 

Nach  alledem  scheint  mir  ein  wesentlicher  Unterschied  zwischen 
Turrüites  Saxonicus  aus  dem  Scaphiten- Plaener  und  Heteroceras 
polyplocum  aus  der  Mucronaten-Kreide  nicht  vorhanden  zu  sein. 
Denn  dass  bei  den  aus  den  zuerst  genannten  Schichten  stammenden 
Gehäusen  die  Windungen  näher  an  einander  treten,  ist  vielleicht 
nur  Folge  einer  seitlichen  Congression. 

!)  C’est  une  Turrüites , dont  le  dernier  tour  devient  libre  et  se  contourne  en 
crosse  comme  diez  les  Ancyloceras , d’Ohbigny.  Prodi',  tom.  II,  p.  102. 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


43 


Auf  Grund  der  Form  Schwankungen,  welche  die  Exemplare 
der  Mucronaten-Kreide  bisweilen  auszeichnen,  allein  eine  Trennung 
dieser  beiden  Arten  vorzunehmen , scheint  mir  nicht  thunlich. 
Auffällig  jedoch  bleibt  es  immerhin,  dass  die  zwischen  dem  Sca- 
phiten-Plaener  und  der  oberen  Mucronaten-Kreide  liegenden 
Schichten  keine  ähnlichen  Formen  aufweisen. 

Inoceramus  Brongniarti , Sow.,  v.  Stromb.,  vergl.  p.  34. 
Selten. 

Inoceramus  fundulatus  Mant. 

Goldf.,  Petr.  Germ.,  Tab.  1 ] 2,  Fig.  1 . 

Nur  ein  Exemplar,  welches  im  Steinbruch  oberhalb  der  Unter- 
führung gefunden  wurde.  Ich  stelle  dasselbe  wegen  der  breiten 
Form  und  der  hohen,  scharfen  Falten  zu  der  obigen  Art. 

Ostrea  hippopodium  Nilss. 

Geinitz,  Elbthalgeb.  II.,  p.  179,  Taf.  8,  Fig.  6. 

Behrens,  Kreideablagerungen  1.  c.  p.  260. 

Aufgewachsen  auf  Inf  ulaster  excentricus ; selten. 

Terebratula  semiglobosa , Sow.,  vergl.  p.  34. 

Häufig  an  allen  Aufschlusspunkten. 

Terebratidina  striatula  Mnt. 

Geinitz,  Elbthalgeb.  II.,  Taf.  7,  Fig.  16.  17. 

Nur  ein  Exemplar  aus  dem  Bruch  oberhalb  der  Unterführung. 

Terebratulina  rigida , Sow.,  vergl.  p.  20. 

Sehr  häufig  an  allen  Aufschlusspunkten. 

Rhynchonella  Cuvieri , d'Orb.,  vergl.  p.  31. 

Wie  die  vorige  Art. 

Anancbytes  striatus , Goldf.,  Petr.  Germ.  I,  p.  146,  p.  44, 
Fig.  3. 

Behrens,  Kreideablagerungen  1.  c.  p.  248. 

Sehr  häufig. 

Holaster  planus , Mnt.,  vergl.  p.  35. 

Sehr  häufig  mit  der  vorigen  Art. 

Inf  ulaster  excentricus , Forbes. 

Behrens,  Kreideabl.  1.  c.  Bd.  30,  p.  246,  Taf.  11,  Fig.  2. 
Die  mir  vorliegenden  Exemplare,  welche  vortrefflich  mit  der 
Abbildung  und  Beschreibung  bei  Behrens  übereinstimmen,  ge- 


44 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


statten  mir  noch  Folgendes  zur  Charakterisirung  der  Art  hinzu- 

o o 

zufügen : 

Die  Poren  des  unpaaren,  im  tiefen  Sinus  gelegenen  Ambu- 
lacrums  sind  rund,  äusserst  klein,  jedoch  noch  mit  blossem  Auge 
erkennbar.  Die  Porenpaare  stehen  in  den  Porengängen  ziemlich 
weit  von  einander  entfernt  und  sind  schräg  nach  innen  und  unten 
gerichtet.  Die  Poren  der  paarigen  Ambulacren  sind  ebenfalls 
klein,  am  Scheitel  rund,  weiter  unten  quer  oval.  Die  weit  aus- 
einanderstehenden Porenpaare  liegen  sämmtlich,  so  weit  sich  er- 
kennen lässt,  hart  am  Unterrande  der  Porentäfelchen.  Die  Poren- 
gänge lassen  sich  bis  zum  Rande  einer  deutlich  erkennbaren,  sein- 
fein  gekörnten  Marginalfaseiole d)  verfolgen,  welche  die  Schale  in 
etwa  1/s  der  Plöhe  umzieht.  — Die  vier  runden  Oeffnungen  der 
Genitalplättchen  am  verlängerten  Scheitelschilde  sind  ziemlich 
gross. 

Die  ganze  Schale  ist  mit  vielen  kleinen,  durchbohrten  und 
gekerbten  Wärzchen  bedeckt,  welche  von  Körnchen  umgeben 
werden.  Unterhalb  der  Fasciole  sind  die  Wärzchen  grösser  und 
stehen  daselbst  gedrängter.  Nur  die  Begrenzungswände  des  Sinus, 
welche  von  einer  Reihe  von  schwachen  (perlschnurartig  an  ein- 
ander gereihten)  Knötchen  gebildet  werden,  zeigen  am  steilen  über- 
gebogenen Theil  bis  zum  Scheitel  mehrere  parallele  Reihen 
stärkerer  Wärzchen,  welche  alle  übrigen  an  Grösse  übertreffen; 
die  Zahl  derselben  in  jeder  Reihe  schwankt  zwischen  1 und  3. 
Die  Stacheln  sind  sehr  klein  und  dünn,  besitzen  eine  cylindrische 
bis  pfriemförmige  Gestalt  und  zeigen  unter  der  Lupe  eine  feine 
Längsstreifung. 

Micraster  sp. 

Der  unvollkommene  Erhaltungszustand  des  einzigen,  im  Stein- 
bruch oberhalb  der  Unterführung  gefundenen  Exemplars  gestattet 
keine  nähere  Bestimmung. 

O 


x)  Zettel  (Paläontologie  Bd.  I,  p.  536)  sagt  bei  der  Beschreibung  der  Gattung 
Infulaster , dass  dieselbe  eine  Subanalfasciole  besitzt,  erwähnt  dagegen  von  einer 
Randfasciole  nichts.  Unser  Exemplar  zeigt  die  erstere  nicht  und  in  Ueberein- 
stimmung  mit  der  von  Dksor  ( Synopsis  p.  348)  gegebenen  Diagnose  des  Inf. 
Borchhardi  Hag.,  welcher  mit  unserer  Art  synon.,  nur  eine  Randfasciole. 


im  nordwestlichen  Tlieile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich. 


45 


Aufgewachsen  auf  Ananchytes  fand  sich,  ausser  einigen  der 
Gattung  Diastopora  und  Stomatopora  angehörigen  Bryozoen,  eine 
kleine,  spiral  eingerollte  Kalkröhre,  welche  oben  zur  Gattung 
Spirorbis  gestellt  wurde.  Ich  vermag  die  Zugehörigkeit  derselben 
zur  obigen  Art  nicht  näher  zu  prüfen,  bemerke  aber,  dass  die 
letztere,  in  den  paläozoischen  Ablagerungen  häufige  Art,  nach 
Zittel  t)  auch  in  jüngeren  Formationen,  ja  sogar  recent  vor- 
kommt. 

Ausser  den  hier  angeführten  Petrefacten  liegen  noch  unbe- 

o o 

stimmbare  Steinkerne  von  Gastropoden  und  Spongien  vor. 

Zur  besseren  Uebersicht  gebe  ich  p.  50 — 52  eine  Tabelle  über 
die  Vertheilung  der  Petrefacten  in  den  verschiedenen  Zonen. 

Es  erübrigt  nun  noch  einen  kurzen  Vergleich  über  die  Ent- 
wickelung des  Plaeners  in  den  verschiedenen  Theilen  des  Teuto- 
burger Waldes  anzustellen,  wobei  namentlich  die  Gegend  von 
Altenbeken  zu  berücksichtigen  ist,  da  von  dort  die  Schichten  durch 
Schlüter* 2)  am  besten  bekannt  geworden  sind. 

Es  fällt  uns  zunächst  dabei  die  ungewöhnlich  mächtige  Ent- 
wickelung der  Tourtia  in  unserem  engeren  Gebiete  auf,  von  der 
an  anderen  Orten  wie  bei  Altenbeken  und  an  der  kleinen  Egge 
zwischen  Kohlstedt  und  Extersteine3)  nur  die  oberen  Schichten 
des  »Versteinerungsarmen  Plaenermergels«  bekannt  geworden  sind, 
während  die  unteren  Schichten  mit  Bdemnites  ultimus  und  Aoicula 
gryphaeoides  nirgendwo  weitere  Aufschlüsse  bieten. 

Auch  die  Grenzschicht  gegen  die  Tourtia  mit  Hemiaster  Grie- 
penkerli , welcher  bereits  dem  Varians-Plaener  angehört,  wurde  nur 
bei  Lengerich  beobachtet.  Der  letztere  selbst,  so  wieder  Rhotoma- 
gensis-Plaener  zeigen  an  allen  Aufschlusspunkten  (Altenbeken, 
Lichtenau,  Iburg,  Riesenbeck  etc.)  eine  ähnliche  Entwickelung. 
In  dicken  Bänken  abgesonderte  Kalke  und  Mergelkalke  bilden  das 
vorherrschende  Gestein.  Die  Grenze  zwischen  beiden  Zonen  ist 
überall  keine  ganz  scharfe  und  giebt  sich  fast  ausschliesslich  durch 

*)  Zittel,  Paläontologie  Bd.  I,  p.  564. 

2)  Schlüter,  die  Schickten  des  Teutoburger  Waldes  bei  Altenbeken,  Zeitschr. 
d.  D.  geol.  Ges.  ßd.  18,  p.  56. 

3)  Schlüter,  Verbreitung  d.  Cepkalop.  ebenda  Bd.  28,  p.  457. 


46 


R.  Windmöi.ler,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


das  häufigere  Vorkommen  oder  Zurücktreten  einiger  charak- 
teristischer Species  zu  erkennen. 

Ob  die  dem  Rhotomagensis-Plaener  bei  Lengerich  aufgelagerte, 
wenig  mächtige  Schichtenfolge,  welche  als  fraglich  zur  Zone  des 
Actinocamax  plenus  gestellt  wurde,  auch  an  anderen  Punkten  vor- 
kommt, oder  ob  sie  den  bei  Altenbeken  auftretenden,  versteinerungs- 
leeren, roth  gefärbten  Mergelkalken,  welche  dem  Mytiloides-Plaener 
angehören,  entspricht,  lässt  sich  bei  dem  Mangel  aller  Versteine- 
rungen nicht  feststellen. 

Der  Mytiloides-Plaener  selbst  ist  durch  das  massenhafte  Vor- 
kommen von  Inoceramus  labiatus  charakterisirt  und  besteht  aus 
rasch  verwitternden  Plaenermergeln  und  Mergelkalken  (wie  bei 
Lengerich)  oder  es  treten  zunächst  roth  gefärbte  Mergelkalke  im 
Liegenden  auf  (zwischen  Altenbeken  und  Schwanei),  welche 
wiederum  an  anderen  Orten  (bei  Oerlinghausen)  mit  grauen 
Mergeln  wechsellagern. 

Die  Zone  des  Inoceramus  Brongniarti  und  Ammonites  Woolgari 
ist  in  unserem  Gebiete  als  eigentlicher  Brongniarti -Plaener  ent- 
wickelt,  die  Galeritenfacies  tritt  nicht  auf.  Sie  zerfällt  an  allen 
Aufschlusspunkten  in  eine  untere,  feste,  kalkige  und  eine  obere, 
mergeligere  Schichtenfolge.  Die  wenigen  organischen  Einschlüsse 
sind  überall  wesentlich  dieselben.  Auch  diese  Zone  besitzt  bei 
Lengerich  eine  bedeutende  Mächtigkeit,  während  sie  weiter  südlich 
nur  als  schmales  Band  auftritt. 

Eine  wesentlich  verschiedene  Ausbildung,  sowohl  in  petro- 
graphischer  als  auch  paläontologischer  Beziehung  hat  die  nächst 
jüngere  Zone  des  Heterocer as  Reussianum  und  Spondylus  spinosus 
erfahren.  Dieselbe  besteht  im  südlichen  Theile  des  Teutoburger 
Waldes  bei  Neuenbeken  aus  einem  glaukonitisclien,  wulstigen, 
festen,  dunklen  Gestein,  welches  fast  ausschliesslich  Micraster  brevi- 
porus , Terebratula  semiglobosa  und  vereinzelt  auch  Spondylus  spi- 
nosus führt.  Im  weiteren  Verlaufe  nach  Nordwesten  tritt  sie  bei 
Oerlinghausen  und  Brackwede  als  typischer  Scaphitenplaener  auf, 
verwandelt  sich  in  der  Gegend  von  Borgholzhausen  nordwestlich 
von  Bielefeld  in  einen  conglomeratartigen  Grünsand  — welcher  in 
der  Literatur  unter  dem  Namen  »Grünsand  von  Rothenfelde«  be- 


im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerieh.  47 


kan  nt  ist  — um  wiederum  bei  Lengericli  die  Facies  der  eigent- 
lichen  Scapbitenschichten  zu  zeigen. 

Die  folgende  Zone  des  Inoceramus  Cuvieri  und  Epiaste/'  brems , 
mit  welcher  der  Plaener  da,  wo  er  vollständig  entwickelt  ist,  ab- 
schliesst,  zeigt  eine  überaus  mächtige  Entwickelung  in  der  Gegend 
von  Paderborn  und  tritt  im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger 
Waldes  zum  letzten  Male  bei  Rothenfelde  inselartig  aus  dem 
Diluvium  hervor. 


In  der  nachstehenden  Tabelle  (p.  48  u.  49),  welche  ich  nach 
Schlüter1),  v.  Strombeck2)  und  Ewald3)  zusammengestellt  habe, 
gebe  ich  eine  vergleichende  Uebersicht  über  die  gleichalterigen 

o O o o 

Schichten  des  Plaeners  im  nordwestlichen  und  südlichen  Theile 
des  Teutoburger  Waldes,  im  südlichen  Westfalen  und  im  nord- 
westlichen Deutschland  nächst  dem  Harze. 


1)  Schlüter,  die  Schichten  des  Teutoburger  Waldes  bei  Altenbeken,  Zeitschr. 
d.  D.  geol.  Gesellsch.  Bd.  18,  p.  56. 

Schlüter,  Verbreitung  d.  Cephalop.  Bd.  24,  p.  205. 

2)  von  Strombeck,  Gliederung  des  Plaeners  im  nordwestl.  Deutschi,  nächst 
dem  Harze,  Zeitschr.  d.  D.  geol.  Ges.  Bd.  9,  p.  465. 

3)  Schloenbach,  Brachiop.  d.  nordd.  Cenomanbild.,  Benecke  I. 


48 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


Vergleichende  XJebersicht  der  IPlaenerbildungen  von 


Benennung  der 
Schichten  nach 
Schlüter 

Nordwestlicher  Theil  des  Teuto- 
burger Waldes  bei  Lengerich 

Südlicher  Theil  des  Teutoburger 
Waldes  bei  Altenbeken 

Zone  des 
Inoceramus 
Cuvieri  und 
Epiaster 
brevis 

Weissgraue,  dünngeschichtete, 
magere  Kalke  (Schichten  mit 
Epiaster  brevis ) 

<D 

rt 

a> 

Zone  des 
Ileteroceras 
Reussianum 
u.  Spondylus 
spinös  us 

Graue,  dünngeschichtete  Kalke 
und  Mergel 

Feste,  wulstige,  dunkelgraue 
Kalke  mit  Glaukonitkörnern 
(Schichten  mit  Mieraster  Leskei) 

Plh 

<X> 

«33 

Zone  des 
Inoceramus 
Brongniarti 
u.  Ammonites 
Woolgari 

Graue  und  graublaue  Kalke 
. und  Mergel 

bläulich  - weisse,  dünnge- 
schichtete, feste  Kalke 

Mergelige , dünngeschichtete 
graue  Kalke 

Feste,  zellig  angefressene  Kalke 

o 

Zone  des 
Inoceramus 
labiatus  und 
Ammonites 
nodosoides 

Mergelige,  gelbliche  graue  Kalke 
und  Mergel 

Grauweisse,  vielfach  zerklüftete 
Mergel  und  rothe,  mergelige, 
feste  Kalke 

Zone  des 
Actinocamax 
plenus 

Dunkelblaue,  fleckige 
Mergelschiefer 
Gelblich  - grünliches , 
wulstiges  Gestein 

Zone  des 
Actinoc. 
plenus ? 

Zone  des 
Ammonites 
Rotomagensis 
u.  Holaster 
subglobosus 

Bläulickweisse,  dick  geschichtete 
feste  Kalke 

Gelbige,  fleckige  Kalke 

Weisse  feste  Kalke 
Weisse  Kalke  und  Mergel 

P 1 a e n e r 

Zone  des 
Ammonites 
varians  und 
llemiaster 
Griepenkerli 

Blaue,  dickgeschichtete  Kalke 
nach  unten  abwechselnd  mit 
bröckeligen  Mergelbänken 

Mergel  mit  llemiaster  Griepenkerli 

Blaue  in  dicken  Bänken  ab- 
gesonderte, feste  Kalke 

Unterer 

Zone  des 
Pecten  asper 
u.  Catopygus 
carinatus 
( Tourtia) 

V ersteinerungsarmer  Plaener- 
mergel  mit  Lagen  von  Kalkstein- 
kugeln; Schichten  mit  Ammo- 
nites varians  u.  Avic.  gryphaeoides 

blaues , bröckeliges , quarzig 
thoniges  Gestein;  Schichten  mit 
Avic.  gryph. 

Gelbliche  Mergel  mit  Belemnites 
ultimus 

Versteinerungsarmer  Plaener- 
mergel,  mit  Lagen  von  Kalk- 
steinkugeln 

Flammenmergel 

? 

Schichten  mit  Ammonites  plend. 
und  Avic.  gryph. 

im  nordwestlichen  Theile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lenker  ich. 


49 


Lengerich  und  derjenigen  benachbarter  Grebiete. 


Nordwestliches  Deutschland  nächst 
dem  Harze 

Südliches  Westfalen 

Mergelige  Kalke  und  Mergel  mit  Grün- 
sandlagen (Cuvieri  - Schichten) 

Weissgraue  dünngeschichtete,  magere 
Kalke,  z.  Th.  glaukonitisch 

Graue  und  schneeweisse  Kalke,  fest  und 
dann  von  muscheligem  Bruche,  oder  milde 
und  kreideartig 
(Scaphiten  - Schichten) 

Grünsand  von  Soest 

Graue  und  schneeweisse  Kalke,  fest  und 
dann  von  muscheligem  Bruche,  oder  milde 
und  kreideartig  (Brongniarti-Schichten  und 
Galeriten  - Schichten) 

Gelblich  - weisse,  dickgeschichtete,  milde 
Mergel 

Fleischrother,  mergeliger  Kalk,  ziemlich 
fest,  z.  Th.  von  muscheligem  Bruche. 
Meist  sehr  zerklüftet 

Hellgraue,  rasch  verwitternde  Plaener- 
mergel 

Lockerer,  kalldg-thoniger  Mergel  mit  ein- 
gebetteten, dicken  Glaukonitkörnern 

Grauweisse , massige  Kalke,  j Arme  Rhoto- 
meist fest,  selten  milde  und  > magensis- 
kreideartig  1 Schichten 

Feste  graue  Kalke  mit  Neigung  zur  ungerad- 
schieferigen  Absonderung,  abwechselnd 
mit  grauen  bröckeligen  Mergelbänken 

T urriliten  - Schichten 

Feste  graue  Kalke  und  Mergel  wie  in  der 
vorigen  Zone 

Schichten  mit  Anc.  Mantelli , Holaster 
carinatus , Hemiaster  GriepenkerU 

Grüngefärbter,  glaukonitisclier,  sandiger 
Mergel,  ohne  Thoneisensteinkörner 

Grüne  thonige  Sande  und  Mergel  (Grün- 
sand mit  Belemnites  ultimus  und  Avicula 
gryphaeoides ) 

Unterer  Grünsand  mit  eingestreuten 
braunen  Thoneisensteinkörnern 

F lammeu  m ergel 

Productive  Kohlenformation 

[4] 


50 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


No. 

Bezeichnung  der  Art 

Unterer  Plaener 

Oberer  Plaener 

Zone  des  Pecten  \ 
asper  u.  Catopygus 
carinatus 

Zone  des  Ammoni- 
tes varians  u.  Heini- 
aster Griepenkerli  \ 

• hö  § 

£ d 
0^0 

£ .CO  o 

CO  ^ 09 
<D  Ö ^ 

O oo 

ß 

N 

Zone  des  Acti- 
nocamax  plenus 

Zone  des  Inocera- 
inus  labiatus  und 
Am.  nodosoides 

Zone  des  Inoceräm. 
Brongn.  u.  Ammo- 
nites Woolgari 

Zone  d.  Heteroceras 
Reussianum  und 
Spondylus  spinosus 

Zone  des  Inoc. 
Guvieri  und  Epi- 
aster brevis  . 

1 

Oxyrhina  Mantelli  Ag 

+ 

2 

Fischwirbel 

4- 

3 

Serpula  sp 

4- 

4 

» gordialis  

+ 

5 

» Seebachii  nov.  sp.  . . . 

+ 

6 

» ampkisbaena  Goldf.  . . 

+ 

7 

Spirorbisf 

4- 

8 

Relemnites  ultimus  d’Okb.  . 

+ 

9 

» nov.  sp 

+ 

10 

j Bacvlites  baculoides  Mant.  . . . 

4- 

4- 

+ 

11 

Turrilites  Cenomanensis  Schlüt. 

+ 

+ 

12 

» Scheuchzerianus  Bose. . 

+ 

13 

Anisoceras  Saussureanus  Pier. 

+ 

14 

HeteroceraspolyplocumA.R0ifiv.il 

4- 

15 

» Reussianum  d’Okb.  . . . 

• 

4- 

16 

Hamites  simplex  d’Okb 

+ 

17 

» ellipticus  A.  Römer  . . 

4- 

18 

» cf.  multinodosus  Schlüt. 

4- 

19 

» sp 

. 

4- 

20 

Crioceras  ellipticum  Mant.  Schl. 

4- 

21 

» Teutoburgense  nov.  sp. 

4- 

22 

Sca.phites  aequalis  Sow 

+ 

23 

Scaph.  Geinitzii  d’Orb 

4- 

24 

Ammonites  varians  Sow 

+ 

4- 

+ 

25 

» Coupei  Brongn 

+ 

26 

» Mantelli  Sow 

+ 

+ 

27 

» Rhotomagensis  Defk.  . . 

4- 

28 

» Carolinus  d’Orb 

im  nordwestlichen  Tlieile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Longericli.  51 


No. 

Bezeichnung  der  Art 

Unterer  Plaener 

Oberer  Plaener 

Zone  des  Pecten 
asper  u.  Catopygus 
carinatus 

Zone  des  Ammoni- 
tes varians  u.  Hemi- 
aster  Griepenkerli 

Zone  des  Ammon. 
Rhotomagensis  und 
Holaster  subglobosus 

Zone  des  Acti- 
nocamax  plenus 

Zone  des  Inocera- 
mus labiatus  und 
Am.  nodosoides 

Zone  des  Inoceram. 
Brongn.  u.  Ammo- 
nites Woolgari 

Zone  cP  Heteroceras 
Reussianum  und 
Spondylus  spinosus 

Zone  des  Inoc. 
Cuvieri  und  Epi- 
aster brevis 

29 

Ammonites  peramplus  Mant.  . . 

■ 

30 

» Austern  Sharpe  .... 

31 

» Neptuni  Gein 

32 

» ? Schlüteri  nov.  sp.  . . 

. 

4- 

33 

Pleurotomaria  linearis  Mant.  . 

+ 

+ 

34 

Natica  cf.  Gentii  Gein 

4- 

35 

Pinna  ? 

+ 

36 

Avicula  gryphaeoicles  Sow.  . . 

+ 

37 

Inoceramus  orbicularis  Münst. 

+ 

+ 

4- 

38 

» virgatus  Scheut 

* 

+ 

39 

» mytiloides  Mant 

• 

4- 

40 

» Brongniarti  Sow.  v.  Strom. 

4- 

+ 

41 

» undulalus  Mant 

4- 

42 

Plicatula  inflata  Sow 

+ 

4- 

+ 

43 

Lima  cenomanensis  d’Orb.  . . . 

+ 

+ 

44 

» simplex  d’Orb.  Gein.  . . . 

. 

+ 

45 

Pecten  cf.  orbicularis  Sow.  . . 

+ 

4- 

46 

» membranaceus  Nilss.Gein. 

+ 

47 

Exogyra  cf.  sigmoidea  Gein.  . 

4- 

48 

Ostrea  vesicularis  Lam 

+ 

49 

» hippopodium  Nn.ss. . . . 

4- 

? 

+ 

50 

Terebratulina  rigida  Sow.  . . . 

+ 

+ 

4- 

51 

» chrysalis  v.  Schlot.  . . 

4- 

52 

» striatula  Mant 

. 

4- 

53 

Megerlia  lima  Defr 

4- 

4- 

54 

Terebratula  biplicata  Sow.  . . 

+ 

4- 

55 

» semiglobosa  Sow 

+ 

+ 

4- 

56 

Rhynchonella  Grasiana  d’Orb. 

l • 

4- 

52 


R.  Windmöller,  die  Entwickelung  des  Plaeners 


No. 

Bezeichnung  der  Art 

Unterer  Plaener 

Oberer  Plaener 

Zone  des  Pecten 
asper  u.  Catopygus 
carinatus 

Zone  des  Ammoni- 
tes  varians  u.  Hemi- 
aster  Griepenkerli 

Zone  des  Ammon. 
Rhotomagensis  und 
Holaster  subglobosus 

Zone  des  Acti- 
nocamax  plenus 

Zone  des  Inocera- 
mus  labiatus  und 
Am.  nodosoides 

Zone  des  Inoceram. 
Brongn.  u.  Ammo- 
nites  Woolgari 

Zone  d.  Ileteroceras 
Reussianum  und 
Spondylus  spinosus 

Zone  des  Inoc. 
Guvieri  und  Epi- 
aster brevis 

57 

Rhynclionella  Martini  Mant.  . . 

+ 

58 

» Mantelliana  Sow.  . . . 

+ 

59 

» Ouvieri  d’Okb 

+ 

+ 

+ 

GO 

Cidaris  cf.  vesiculosa  Goldf.  . 

+ 

61 

Peltastes  clathratus  Ag 

+ 

62 

Salenia  granulosa  Forb 

+ 

63 

Discoidea  cylindrica  Ag 

+ 

+ 

64 

Ananchytes  striatus  Goldf.  . . 

+ 

+ 

65 

Holader  subglobosus  Leske  . . 

+ 

66 

» planus  Mont 

+ 

+ 

67 

Inf ulaster  excentricus  Fokb.  . . 

+ 

+ 

68 

Micraster  breviporis  d’Orb.  . . 

+ 

? 

69 

HemiasterGriepenkerli  v.Stromb. 

70 

Pentacrinus  sp 

* 

+ 

71 

Cellepora  sp 

+ 

72 

Diastopora  sp 

+ 

+ 

73 

Stomatopora  sp 

+ 

74 

Spongia 

+ 

+ 

75 

Chondrites  furcillatm  A.  Römer 

+ 

im  nordwestlichen  Tlieile  des  Teutoburger  Waldes  bei  Lengerich.  53 


Benutzte  Literatur. 


Agassiz,  L.  et  Desor,  E.  Description  des  Echinides  fossiles  de  la  Suisse. 
Neuchätel  1839—1840. 

Beiirens,  G.  Ueber  die  Kr  ei  d e ab  lag  e r u u gen  auf  der  Insel  Wollin.  Zeit- 
schrift der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft  Bd.  30,  Jahrg.  1878. 

Cotteau,  G.  Paleontologie  frainjaise.  Terrains  cretaces.  Echinides 
reguliers.  Vol.  VII,  1862 — 1867. 

v.  Dechen,  K.  Der  Teutoburger  Wald,  eine  geognostische  Skizze.  Ver- 
handlungen des  naturhistorischen  Vereins  für  Rheinland  und  West- 
phalen.  Jahrgang  1856. 

Desor,  E.  Synopsis  des  Echinides  fossiles.  Paris  et  Wiesbaden  1855 
bis  1859. 

Geinitz.  Elbthalgebirge  I.  und  II.  1871  — 1875.  In:  W.  Dunker  und 
K.  A.  Zittel;  Palaeontographica,  Bd.  20,  Theil  I u.  II. 

Goldfuss.  Petrefacta  Germaniae  1826 — 1844. 

d’Orbigny.  Paleontologie  franyaise.  Terrains  cretaces. 

Pictet.  Sainte- Croix,  tome  II,  1858 — 1860. 

Römer,  F.  A.  Die  Versteinerungen  des  norddeutschen  Kreidegebirges  1841. 

Römer,  Ferd.  Ueber  die  geognostische  Zusammensetzung  des  Teuto- 
burger Waldes  zwischen  dem  Rheine  und  Bielefeld  und  der  Hügel- 

o o 

ziige  etc.  Jahrgang  1850  d.  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges. 

Schl oenb ach,  U.  Kritische  Studien  über  Kreidebraehiopoden.  Palaeonto- 
graphica Bd.  13,  1866. 

Schloenbach,  U.  Ueber  die  Brachiopoden  der  norddeutschen  Cenoman- 
bildungen. Geognostische,  palaeontologische  Beiträge  von  Benecke, 
München  1857. 

Schlüter,  Cl.  Die  Schichten  des  Teutoburger  Waldes  bei  Altenbeken. 
Zeitschrift  der  Deutschen  geolog.  Gesellschaft  Bd.  18,  Jahrgang  1866. 

Schlüter,  Cl.  Cephalopoden  der  oberen  deutschen  Kreide.  Palaeonto- 
graphica Bd.  21  und  Bd.  24,  1872—1877. 


54 


R.  Windmölleb,  die  Entwickelung  des  Plaeners  etc. 


Sharpe.  Description  of  the  fossil  Remains  of  Molluska,  found  in  the 
chalk  of  England  1859. 

Sowerby.  Mineral  Conchology  of  Great  Britain  1812 — 1846. 

v.  Strombeck.  Gliederung  des  Plaeners  im  nordwestlichen  Deutschland 
nächst  dem  Harze.  Zeitschrift  der  Deutschen  geolog.  Gesellschaft 
Bd.  9,  Jahrgang  1857. 

Wrigiit,  Thom.  A Monograph  of  the  fossil  Echinodermata  from  the 
cretaceous  formations.  Paleontographical  Society.  Vol.  XII,  1864 
bis  1871. 

Zittel,  Karl,  A.  Handbuch  der  Palaeontologie  Bd.  I.  München  1879. 


Die  Löwenberger  Kreidemulde, 

mit  besonderer  Berücksichtigung  ihrer  Fortsetzung 
in  der  preussischen  Ober- Lausitz. 

Von  Herrn  G.  Williger. 

(Hierzu  Tafel  XX  u.  XXI.) 


Die  neueren  Aufschlüsse  im  Ueberquader  zn  Ullersdorf  a.  Qu., 
einige  neue  Funde  im  senonen  Quadersandstein  zu  Hochkirch  O.-L. 
und  vor  Allem  das  merkwürdige  Auftreten  der  »glasirten  Blöcke« 
in  der  Nähe  des  Queis  veranlassten  zu  einer  Untersuchung  der 
Kreideablagerungen  zunächst  in  der  preussischen  Ober- Lausitz. 
Da  es  aber  unmöglich  ist,  das  Alter  der  daselbst  auftretenden 
Schichten  zu  bestimmen  ohne  Parallele  mit  den  am  Nordabhange 
des  Riesengebirges  in  Schlesien  abgelagerten  Kreidegliedern,  so 
musste  ich  nothwendigerweise  von  denselben  ausgehen.  Es  kann 
nicht  überraschen,  dass  ich,  bei  dem  heutigen  Stand  unserer  Kennt- 
nisse in  der  Kreideformation,  von  der  Stellung  der  verschiedenen 
Glieder  eine  ganz  andere  Auffassung  erlangen  musste,  als  die 
Autoren,  welche  bisher  über  die  Löwenberger  Kreidemulde  ge- 
schrieben haben.  Ich  meine  besonders  Drescher,  der  im  Jahre  1863 
seine  palaeontologisch  ganz  ausgezeichnete  Abhandlung  über  die 
»Kreidebildungen  der  Gegend  von  Löwenberg«  in  der  Zeitsclu-.  d. 
Deutsch,  geol.  Ges.  veröffentlichte.  Diese  legte  ich  vor  Allem 
meinen  Bestrebungen  zu  Grunde;  auch  konnte  ich  alle  schon  von 
ihm  citirten  Fossilien  noch  benutzen.  Seit  seiner  Zeit  sind  allerdings 
an  den  verschiedensten  Punkten  tlieilweise  von  mir,  meist  aber  von 
Seiten  des  Herrn  Dresler  zu  Löwenberg  und  des  Görlitzer  Mu- 


56 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


seums  eine  Anzahl  neuer  Petrefacten  gesammelt,  die  einen  ein- 
gehenderen Vergleich  mit  anderen  Kreidegebieten  ermöglichten. 

Ö o O O 

ln  Folge  dessen  ist  besonders  die  Gliederung  des  nordschlesischen 
Turons  und  Senons  eine  schärfere  geworden;  der  Vollständigkeit 
halber  muss  ich  aber  auch  das  Cenoman  in  den  Bereich  dieser 
Arbeit  ziehen,  obwohl  ich  nur  wenig  Neues  in  demselben  aufzu- 
finden  vermochte.  Endlich  konnte  ich  zum  Schluss  nicht  umhin,  das 
interessante  Diluvium,  welches  den  östlichen  Tlieil  der  Mulde  tlieil- 
weise  überdeckt,  und  die  Tertiärschichten,  welche  westlich,  beson- 
ders auf  der  linken  Seite  des  Queis  noch  im  Gebiet  der  Mulde 
auftreten,  so  weit  zu  schildern,  als  es  die  Aufschlüsse  gestatten. 

Die  hierbei  benutzte  Literatur  ist  folgende: 

v.  Raumer.  Ueber  das  Gebirge  Niederschlesiens,  1819. 
v.  Dechen.  Das  Flötzgebirge  am  nördlichen  Abhange  des  Riesengebirges. 
Karst.  Arch.,  Bd.  XI,  1838. 

A.  Römer.  Versteinerungen  des  norddeutschen  Kreidegebirges,  1841. 
Reuss.  Versteinerungen  der  böhmischen  Kreide. 

Geinitz.  Petrefacten  von  Kieslingswalde,  1843. 

Beyrich.  Ueber  die  Entwickelung  des  Flötzgebirges  in  Schlesien.  Karst. 
Arch.,  Bd.  XVII,  1844. 

H.  B.  Geinitz.  Das  Quadersandsteingebirge  in  Deutschland,  1849. 
Beyrich.  Ueber  die  Lagerung  der  Kreideformation  im  schlesischen  Ge- 
birge, 1855.  - 

Drescher.  Ueber  die  Kreidebildungen  der  Gegend  von  Löwenberg. 

Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.,  Bd.  15,  1863. 

A.  Kunth.  Ueber  die  Kreidemulde  bei  Lahn.  Dieselbe  Zeitschr.  Bd.  15. 
v.  Strombeck.  Ueber  den  Pläner  Westfalens,  1859. 

Ueber  die  Kreide  des  Zeltbergs  bei  Lüneburg,  1863.  Zeit- 
schrift d.  Deutsch,  geol.  Ges.,  Bd.  15. 

Glocker.  Geognostische  Beschreibung  der  Ober-Lausitz,  1857. 

Peck.  Nachträge  und  Berichtigungen  zu  Vorstehendem,  in  »Abhandlungen 
der  naturforschenden  Gesellschaft  zu  Görlitz,  12.  Bch,  S.  186«. 
Beyrich.  Roth’s  Erläuterungen  zur  geognostischen  Karte  von  Nieder- 
schlesien, 1867. 

Geinitz.  Das  Elbthalgebirge.  Palaeontographica  von  W.  Dunker  und 
K.  A.  Zittel,  Bei.  20,  Tlieil  I und  II. 

Cii.  Barrois.  La  zone  ä Belemnites  plenus,  etudes  sur  le  Cenoman  et 
le  Turon  du  bassin  de  Paris,  1875. 

Deutsche  Töpfer-  und  Ziegler-Zeitung,  redig.  von  Hoffmann. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


57 


Thonindustriezeitung,  redig.  von  Seeger. 

Läspeyres.  Das  Oligocän  von  Halle.  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges. 
Bd.  24. 

Credner.  Das  Oligocän  des  Leipziger  Kreises.  Dieselbe  Zeitschr.  Bd.  30, 
pag.  6 1 5. 

Ausserdem  zerstreute  Notizen  in  anderen  Bänden  der  Zeit- 
schrift der  Deutschen  geologischen  Gesellschaft. 

o o 


Auf  dem  Granit  des  Riesengebirges  aufgelagert,  ist  es  zuvör- 
derst der  silurische  Urthonschiefer,  welcher  durch  sein  Auftreten 
die  Anordnung  sämmtlicher  aufeinanderfolgender  Formationen  be- 
stimmt. Es  lässt  sich  gegen  Norden  hin  genau  die  Grenze  fest- 
setzen, die  von  den  jüngeren  Schichten  nicht  überschritten  wird, 
und  zwar  wird  dieselbe  bezeichnet  durch  vereinzelte  Ablagerungen 
bei  Goldberg,  Ober- Alzenau , Mittlau,  Thomaswaldau  und  weiter 
nördlich  in  der  Heide  bei  Bunzlau  und  Klitschdorf.  Zwischen 
dieser  Linie  und  den  Thonschiefern  direct  am  Nordabhange  des 
Riesengebirges  liegen  die  jüngeren  Flötzformationen  in  einer  grossen 
Mulde,  welche  sich  in  südöstlicher  Richtung  in  3 schmalen,  fast 
parallelen  Buchten  in  den  Urthonschiefer  hineinverzweigt.  Es  lagert 
auf  dem  Silur  das  Rothliegende,  im  Haupt-  und  allen  3 Neben- 
busen sehr  mächtig  entwickelt.  Darauf  folgt  als  ein  schmales 
Band  der  Zechstein  und  nur  vereinzelt  an  den  Rändern  auf- 
tretend der  Buntsandstein  und  Muschelkalk  sowie  zuletzt  als  das 
innerste  Glied  — nur  allein  vollständig  im  Löwenberg-Bunzlauer 
Hauptbusen  vorhanden  — die  ganze  obere  Kreideformation.  In 
die  mittlere,  lange,  bei  Schönau  beginnende  Bucht  ist  nur  das 
Rothliegende  eingedrungen;  im  Innern  des  südlichen  Busens  von 
Lahn  wurden  auch  noch  ausser  dem  Muschelkalk  die  übrigen 
Glieder  wie  im  Hauptbusen  bis  zum  Unteren  Turon  incl.  abgesetzt. 
Diese  Lähner  Kreidemulde  hat  Künth  1863  näher  beschrieben. 
Es  lässt  sich  aus  den  Resultaten  im  Hauptbusen,  der  übrigens 
ohne  sichtbaren  Zusammenhang  mit  ersterer  steht,  auch  auf  das 
Alter  der  Glieder  in  derselben  Verschiedenes  folgern,  wie  auch  sie 
wiederum  dazu  dient,  Manches  im  Hauptgebiete  aufzuklären. 


58 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Dieses,  die  nördlich  gelegene  Goldberg-Löwenberg-Bunzlauer 
Kreidemulde,  folgt  in  grosser  Ausdehnung  im  Allgemeinen  der 
Hauptrichtung  des  ganzen  Sudetenzuges  von  Südosten  nach  Nord- 
westen, und  ihre  südliche  Grenze  bildet  eine  Linie  von  Löwenberg 
über  Neuland,  Giessmannsdorf,  Naumburg  a.  Qu.  in  die  preussische 
Ober-Lausitz  hinein  bis  zur  Neisse.  Die  nördliche  Grenze  da- 
gegen wird  bezeichnet  durch  die  Ortschaften : Hartmannsdorf, 

Warthau,  Looswitz,  Bunzlau,  Wehrau  und  Tiefenfurt. 

Petrographisch  meist  aus  Sandstein,  Letten  und  Thonen,  nach 
oben  hin  auch  aus  schwachen  Kohlen-  und  Thoneisensteinflötzen 
bestehend,  bilden  die  Kreideschichten  dieser  Gegend  im  Osten  noch 
ansehnliche  Bergzüge,  verflachen  sich  aber  nach  Nordwesten  all- 
mählich und  werden  dann  vom  Oligocän  und  dem  Diluvium  der 
nordostdeutschen  Tiefebene  überdeckt. 

Schon  lange  steht  es  fest,  dass  diese  Kreideablagerungen,  wie 
die  im  Süden  des  Riesengebirges,  in  Sachsen,  Böhmen  und  Schlesien 
nur  der  »Oberen  Kreide«  angehören,  und  ihre  räumliche  Ausdehnung 
ist  vollständig  genau  beschrieben;  meine  Untersuchungen  geben 
aber  eine  Ausbreitung  der  einzelnen  Schichten,  welche  von  dei’- 
jenigen  völlig  abweicht,  die  auf  der  geologischen  Karte  von  Nieder- 
Schlesien  und  einer  vorliegenden  Manuscriptkarte  Dreschers 
angegeben  ist. 

Ich  werde  in  Nachstehendem  versuchen,  eine  möglichst  genaue 
Schilderung  der  ganzen  Mulde  nach  den  einzelnen  Formations- 
gliedern zu  geben  und  beginne  mit  den 


!.  Ablagerungen  des  Cenoman -Systems. 

w ie  es  Kunth  von  der  Lähner  Midde  im  Speciellen  beschreibt, 
so  ruht  auch  das  Cenoman  im  Hauptbusen  überall  auf  Buntsand- 
stein, wie  dies  z.  B.  bei  Hartmannsdorf,  Plagwitz,  Alois  und  Lö- 
wenberg deutlich  zu  sehen  ist,  und  zwar  scheinbar  vollständig 
concordant  aufgelagert  mit  derselben  Neigung;  der  Schichten  gegen 
das  Muldeninnere.  Man  erkennt  stets  leicht  die  Grenze  zwischen 
dem  gelblichen,  mürben  und  durchaus  versteinerungsleeren  Bunt- 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


59 


Sandstein  und  dem  grobkörnigen,  festen,  stets  fossilienführenden 
Sandstein  des  Cenomans,  wie  dies  besonders  gut  das  Profil  auf 
dem  Wege  von  Löwenberg  über  das  Schiesshaus  nach  Stamnitz- 
dorf  zeigt. 

Nur  eine  einzige  mächtige  Sandsteinschicht  repräsentirt  das 
Cenoman  im  Norden  der  Sudeten.  Im  Allgemeinen  sind  es  ge- 
rundete,  stecknadelkopfgrosse  Quarzkörner,  welche  den  Sandstein 
zusammensetzen;  an  einigen  Stellen  jedoch  wird  er  conglomeratisch 
und  schliesst  dann  unregelmässige  scharfe  Quarzstücke  ein,  die 
meist  von  heller  Farbe  sind,  jedoch  auch  roth,  braun  etc.  gefärbt 
erscheinen.  Sporadisch  linden  sich  in  ihm  auch  Kieselschiefer- 
stücke und  weisse  Glimmerblättchen  eingeschlossen.  Das  Binde- 
mittel ist  im  Ganzen  kieseligthonig,  doch  herrscht  an  verschiedenen 
Orten  bald  die  Kieselsäure,  bald  der  Thongehalt  vor;  wo  der 
Sandstein  conglomeratisch  ist,  scheint  besonders  Kieselsäure  das 
gewöhnliche  Bindemittel  zu  sein.  Eisenoxydhydrat  färbt  den  Stein, 
besonders  im  verwitterten  Zustande,  oft  gelblichroth ; durch  Aus- 
laugung hat  sich  dieser  Eisengehalt  stellenweise  knollenförmig  an 
den  Kluftflächen  abgesetzt. 

Mächtige  Quadern  bilden  durchweg  die  Absonderungsformen, 
die  an  manchen  Orten,  wo  die  Schichten  stärkere  Aufrichtung 
erfahren  oder  Wasserläufe  Einschnitte  bewirkt  haben,  z.  B.  in  den 
Thälern  von  Nieder-Mois,  Langenvorwerk,  Niederstamnitzdorf  und 
am  Buchholz,  malerische  Partieen  darstellen,  im  Ganzen  aber  stets 
ausgezeichnet  das  Streichen  und  Fallen  der  Schichten  erkennen 
lassen. 

Das  Cenoman  bildet  im  Allgemeinen  einen  räumlich  schmalen, 
stets  aus  der  Ebene  hervorragenden  Saum  um  die  jüngeren  Schichten 
der  Mulde,  und  zwar  hat  es  seine  grösste  Entwickelung  im  öst- 
lichen Theile  des  Südrandes  und  verschwindet  allmählich  nach 
Nordwesten  unter  Diluvialablagerungen. 

o o 

Zunächst  stellt  es  einen  ununterbrochenen  Höhenzug  dar,  dessen 
Schichtung  im  Einfallen  zwischen  10°  und  25°  schwankt  und  der 
sich  in  mehr  oder  weniger  steilen  Wänden  mit  dem  gewöhnlichen 
Absatz  der  Auflagerung  über  dem  meist  thalartig  vertieft  liegenden 
Buntsandstein  erhebt.  Besonders  ist  das  Cenoman  in  diesem  Zuge 


60 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


erschlossen  durch  Brüche  am  Vorwerksbusch,  Buchholz,  Jungfern- 
stübchen, Schiesshausberg,  Neuländer  Harte  nnd  anf  den  Kessel- 
bergen bei  Herzogswaldau.  Zuletzt  tritt  das  Cenoman  noch  westlich 
von  Herzogswaldau  in  einigen  Erhebungen  auf,  reicht  aber  nicht 
bis  an  den  Queis. 

Wo  das  thonige  Bindemittel  im  Sandstein  vorherrscht,  giebt 
er  nur  einen  mittelmässigen  Baustein.  Ein  verändertes  Ansehen 
zeigt  er  aber  plötzlich  auf  der  Neuländer  Harte;  hier  ist  er  durch 
quarziges  Bindemittel  ungeheuer  fest,  theilweise  gefrittet  und  dabei 
grobkörnig  durch  eckige  Quarzstücke.  Mithin  eignet  er  sich  treff- 
lich zu  Mühlsteinen,  uud  es  sind  zu  deren  Gewinnung  hier  schon 
seit  unbekannter  Zeit  schwungfest  betriebene  Brüche  im  Gange. 
Auch  der  Einfallswinkel  ist  hier  nicht  der  gewöhnliche  von  10°, 
vielmehr  sind  die  Schichten  hier  bis  zu  50°,  stellenweise  bis  zu 
70°  aufgerichtet.  Sie  sind  ausserdem  zuweilen  sehr  verworfen 
und  zerklüftet  sowie  ausgezeichnet  durch  grosse  milchweisse, 
emailleartige  Rutschflächen,  welche  50 — 70°  einfallen  und  sich 
meist  nach  verschiedenen  Richtungen  hin  durchsetzen.  Der  Sand- 
stein unter  diesen  Flächen  ist  quarzitartig,  die  emailleartige  Lage, 
bis  2 Millimeter  stark,  spiegelglatt  und  in  der  Einfallsrichtung  mit 
eigenthümlichen  Parallelstreifungen  versehen,  wie  sie  ähnlich 
Gletscherschliffe  zeigen.  Frei  daliegende  Flächen  haben  lange 
Zeit  in  gewissen  Kreisen  die  Vermuthung  genährt,  man  habe 
wirkliche  Gletscherschliffe  vor  sich ; der  Umstand  aber,  dass  diese 
Gesteinsflächen  nicht  oberflächige  sind,  sondern  das  ganze  Gestein 
unter  Tage  in  den  verschiedensten  Richtungen  durchsetzen,  meist 
aber  es  parallel  dem  Einfallen  und  senkrecht  darauf  durchkreuzen, 
beweist  die  positive  Unmöglichkeit  dieser  Annahme.  — Jedenfalls 
sind  die  Schichten  hier  durch  gewaltige  Hebung:  oder  seitlichen 
Stoss  aufgerichtet  und  zerbrochen.  Indem  dabei  eine  Partie  an 
der  andern  mit  furchtbarer  Gewalt  und  Schnelligkeit1)  empor- 
getrieben wurde,  entstanden  durch  die  Reibung  und  die  dabei 
freiwerdende  Wärme  die  Frittung  und  Schleifung  der  Rutsch- 
flächen. 

fl  Auch  bei  langsamer  Wirkung  konnten  gekritzte  Rutschflächen  entstehen, 

D.  Red, 


G-.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


61 


Am  Nordrande  der  Mulde  findet  sich  das  Cenoman  in  be- 
deutend geringerer  Verbreitung,  ist  aber  durch  seine  Gesteins- 
beschaffenheit  und  einige  wenige  Einschlüsse  sicher  als  solches  zu 
erkennen.  Seine  Lagerung  ist  sehr  deutlich  ausgesprochen,  zu- 
vörderst im  Hangenden  des  Muschelkalks  von  Gross  - Hartmanns- 
dorf, an  dessen  Bogen  sich  die  cenomanen  Sandsteinkuppen  genau 
anschliessen.  Nördlich  von  Giersdorf  und  westlich  von  Alt- Warthau, 
beginnt  das  Cenoman  in  einem  langen  Zuge  in  nordwestlicher 

O O O 

Richtung  sich  sehr  charakteristisch  zu  einem  niedrigen  Rücken, 
der  sogenannten  Steinmauer,  zu  erheben,  zu  dem  südwestlich  eine 
Erhebung  des  obersenonen  Sandsteins  parallel  läuft.  Vom  Diluvium 
weiterhin  unterbrochen  und  bedeckt,  zeigt  sich  nur  eine  Partie 
noch  östlich  bei  Looswitz  in  verlassenen  Steinbrüchen,  die  ehe- 
mals das  Baumaterial  für  Bunzlau  geliefert  haben.  Ein  ähn- 
licher alter  Bruch  findet  sich  näher  an  Bunzlau  an  dem  so- 
genannten Drysselberge.  Am  linken  Boberufer  steht  cenomaner 
Sandstein  zuletzt  noch  nördlich  der  Klitschdorfer  Strasse  in  der 
Nähe  von  Doberan  mitten  im  sogenannten  Buch -Walde  und  im 
Liegenden  des  Oberen  Quadersandsteins  an.  Damit  hat  sein  Auf- 
treten ein  Ende,  denn  der  weiterhin  bei  Wehrau  auf  dem  Muschel- 
kalk lagernde  Sandstein  gehört  seiner  Gesteinsbeschaffenheit  und 
den  wenigen  Fossilien  nach,  die  aus  ihm  bekannt  sind,  zum 
Oberen  Senon. 

Merkwürdig  ist  das  Auftreten  des  Cenomans  östlich  vom 
Bober,  mehr  im  Muldeninnern , hervorgerufen  durch  eine  ge- 
waltsame Faltung  des  Buntsandsteins  und  der  darüberliegenden 
Schichten.  Das  Dorf  Plagwitz  liegt,  wie  Profil  1 auf  Taf.  XXI 
zeigt,  in  dem  Spaltungsthal  auf  Buntsandstein.  Ebenso  sind 
die  untersten  Schichten  des  von  ihm  nordwestlich  gelegenen 
Lüften-,  und  nördlich  gelegenen  Hirseberges  und  südlich  befind- 
lichen Steinberges  noch  von  Buntsandstein  gebildet,  während 
darüber  in  sehr  verschiedenen  Neigungswinkeln  (am  Fusse  des 
Steinberges  z.  B.  unter  5°,  am  Gipfel  unter  80°)  Cenomansand- 
stein gelagert  ist.  Das  Einfallen  der  Schichten  am  Steinberg  und 
östlich  nach  Süden  und  am  Lüften-  und  Hirseberg,  wo  über  dem 
Cenoman  noch  Turon  auftritt,  nach  Norden,  beweist  hinlänglich, 


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G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


dass  liier  eine  faltenartige  Aufbiegung  stattgefunden  hat.  Beybich  Q 
folgert  hieraus,  »dass  die  Erschütterungen,  welche  die  Erhebung 
der  Schichten  des  Flötzgebirges  an  den  Ablagerungsrändern  her- 
vorrief,  z.  B.  am  Cenoman  der  Harthe  und  bei  Wehrau,  nicht  auf 
die  Ränder  beschränkt  blieb,  sondern  gleiclunässig,  auch  weit 
davon  entfernt,  die  Massen  in  Bewegung  versetzte«.  Schon 
v.  Dechen  hat  in  Karsten  s Archiv,  Bd.  11,  p.  84  — 170  die 
Lagerungs- Verhältnisse  bei  Plagwitz  genau  beschrieben. 

Die  Erhaltung  der  wenig  artenreichen  Fossilien  aus  dem 
Cenoman  ist  die  schlechteste,  da  sämmtliche  Kalkreste  ausgelaugt 
und  die  zurückgebliebenen  Abdrücke  in  Folge  des  groben  Kornes 
des  Sandsteins  stets  nur  sehr  undeutlich  erhalten  sind.  Sämmt- 
liche nachstehend  verzeiclmete  Versteinerungen  befinden  sich  im 
Besitz  des  Herrn  Cantor  Dresler  zu  Löwenberg.  Seit  Drescher’s 
und  Kunth’s  Beschreibungen  haben  sich  durchaus  keine  neuen 
Arten,  wohl  aber  die  bekannten  an  anderen  Fundorten  in  grösserer 
Häufigkeit  gezeigt.  Ich  gebe  ein  vollständiges  Verzeichniss  der- 

ö O O o O 

selben  mit  den  Fundstellen: 

1.  Serpula  liexagona  A.  Eöm.,  Nordd.  Kreideg.,  p.  100, 
Taf.  XVI,  Fig.  5,  findet  sich  an  allen  Fundstellen  und  ist 
besonders  aus  der  Lälmer  Mulde  bekannt. 

2.  Nautilus  elegans.  Sow. ; Gein.  Quaders.,  p.  100,  bekannt 
von  Alois  und  der  Neuländer  Harte. 

3.  Ammonites  Rhotoniagensis  Brongn.  ; Gein.,  Quad.,  p.  112, 
in  sehr  schönen  Exemplaren  von  bis  2 Fuss  Durchmesser 
von  Alois,  der  Harte  etc. 

4.  Dentalium  glabrum  Gein.,  Charakteristik  des  sächsischen 
Kreidegebirges,  p.  74,  Taf.  XVIII,  Fig.  28,  nur  von 
Taschenhof  bei  Goldberg. 

5.  Inoceramus  striatus  Mant.  ; Stromb.  , Zeitsclir.*  2)  Bd.  VI; 
Gein.,  Elbthalg.  Abth.  II.  Drescher  benennt  das  vor- 
liegende Exemplar,  einen  als  Bruchstück  erhaltenen  Stein- 
kern von  der  Neuländer  Harte:  Inoc.  Cuvieri ; dasselbe  ge- 


x)  Vergl.  Roth,  Erläut.,  S.  283. 

2)  Bedeutet  stets  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


63 


hört  aber  sicher  zu  Inoc.  striatus , wie  ihn  Kunth  auch 
von  Schmottseifen  beschreibt. 

6.  Ostrea  diluviana  Lin.;  ( in  in.  , Quacl.  6,  p.  198,  hat  sich 
nach  Kunth  nur  in  der  Lälmer  Mulde  am  Lerchenberge 
gefunden. 

7.  Exogyra  eolumba  Lam.  ; Gein.  , Quad.  p.  202,  sehr  häufig 
bei  Nieder- Mois,  Taschenhof,  Neuländer  Harte,  Alt- 
Warthau,  am  Steinberg,  Hirseberg  etc. 

8.  Pecten  asper  Lam.;  Gein.,  Quad.,  p.  184,  das  häufigste 
überall  aufgefundene  Fossil. 

9.  Pecten  serratus  Nilss.  = hispidus, , Golde.,  Gein.;  Quad., 
p.  182,  von  Plagwitz,  Nieder -Mois  und  in  der  Lähner 
Mulde. 

10.  Pecten  aequicostatus  Lam.;  Gein.,  Quad.,  p.  186,  in  der- 
selben Häufigkeit  wie  P.  asper , besonders  bei  Nieder-Mois 
und  in  der  Lähner  Midde. 

11.  Pecten  quinqueco Status  Sow. ; Gein.,  Quad.,  p.  186,  von 
Nieder-Mois  und  dem  Schiesshausberge. 

12.  Pecten  quadricostatus  Sow.;  Gein.,  Quad.,  p.  186,  von 
Küntii  aus  Schmottseifen  angeführt. 

13.  Lima  canalifera  Goldf. ; Gein.,  Quad.,  p.  190,  nur  aus 
der  Lähner  Mulde  bekannt. 

14.  Rhynchonella  Mantelliana  Sow. ; Davids.,  57,  Tat'.  12; 
Gein.,  Quad.,  p.  210,  von  Nieder-Mois  und  aus  der 
Lähner  Mulde. 

15.  Cidaris- Stachel , und  zwar  von  Cid.  vesiculosus  Goldf., 
Petref.  Germ.,  Taf.  40,  p.  2,  vom  Lerchenberge. 

Zu  diesen  15  sicher  bestimmbaren  Fossilien  treten  noch  einige 
andere  undeutlich  erhaltene  hinzu,  nämlich: 

ein  Bruchstück  eines  Pecten  von  Schmottseifen,  den 
Kunth  zu  P.  acuminatus  Gein.  rechnet; 
ein  Steinkern  einer  Lima , die  mit  Unrecht  von  Drescher 
für  Lima  Hoperi  gehalten  wurde,  eher  als  Lima  simplex 
d’Orb.  angesprochen  werden  kann ; 
ein  undeutlicher  Steinkern  von  Ostrea , nach  Kunth 
Ostrea  carinata  Lam.  ; 


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G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


eine  Lima , ähnlich  der  Lima  pseudocardium , Reuss; 

Gein.,  Elbthalg.  I,  Taf.  42,  p.  14.  15;  ferner 
Steinkerne  einer  unbestimmbaren  Rhynchonella  und  end- 
lich eine  unbestimmbare  Scyphia. 

Von  allen  angeführten  Fossilien  sind  nur  4 nicht  charak- 
teristisch für  das  Cenoman,  nämlich  Dentalium  glabrum , Pecten 
aequicostatus , Pecten  quinquecostatus  und  Lima  canalifera , weil  sie 
ausser  im  Cenoman  noch  in  höherem  Niveau  auftreten  und  auch 
dort  erst  ihre  Hauptentwickelung  finden;  alle  anderen  haben  aber 
zumeist  feste  Stellung  im  Cenoman. 

Wie  es  scheint,  sind  alle  3 Schichten  des  Cenomans,  die  in  an- 
deren Ablagerungsgebieten  getrennt  auftreten,  nämlich  die  Tourtia , 
die  Varians-  und  die  Rhotomagensis- Schichten,  hier  in  ein  und  dem- 
selben Niveau  vereinigt.  Serpula  hexagona  ist  nach  Kuntii  reines 
Tourtia- Petrefact,  Naictilus  elegans  schon  aus  der  Tourtia  mit  Pecten 
asper , nach  v.  Strombeck  aber  auch  im  obersten  Turon  bekannt;  er 
ist  ein  treuer  Begleiter  des  Ammonites  Rhotomagensis , welcher  selbst 
nach  v.  Strombeck,  Schlüter  u.  A.  nie  aus  seinem  Niveau,  dem 
obersten  Cenoman,  heraustreten  soll,  wiewohl  er  in  einigen  Exem- 
plaren auch  aus  der  Yariansschicht  des  Harzes  und  ebenso  aus 
dem  untersten  Turon,  dem  Mytiloidenpläner , beschrieben  ist. 
Bezeichnend  für  die  Yariansschicht  ist  das  Auftreten  des  Inocera- 
mus  striatus , der  nach  v.  Strombeck  darin  seine  Hauptentwicke- 
lung hat,  sonst  aber  vom  Gault  bis  ins  oberste  Cenoman  zu  finden 
ist.  Ostrea  diluviana  wiederum  ist  aus  dem  Grünsand  von  Essen 
und  dem  Unter -Pläner  von  Plauen  als  leitendes  Tourtiapetrefact 
bekannt,  zugleich  mit  Pecten  asper , nach  welchem  in  Frankreich 
die  ganze  Schicht  benannt  ist,  der  aber  nach  BäRROIS  und 
v.  Strombeck  noch  im  Varianspläner  vorkommt.  Exogyra  columba 
ist  nach  Gein.  in  allen  Cenomanschichten  zu  finden,  ebenso 
Pecten  serratus , aequicostatus , quinque-  und  quadricostatus , dagegen 
ist  Rhynchonella  Mantelliana  nur  aus  Varians-  und  Rhotomagensis- 
schichten  beschrieben. 

Man  ersieht  hieraus,  dass  hauptsächlich  Tourtiapetrefacten, 
repräsentirt  durch  Pecten  asper  und  Ostrea  diluviana , auftreten, 
nur  nebensächlich  Vertreter  der  Yariansschicht,  dagegen  wieder 


6.  Williger  , die  Löwenberger  Kreidemulde. 


65 


die  charakteristischen  Leitformen  der  Rhotomagensisschicht , und 
zwar  alle  in  derselben  Sandsteinbank,  ohne  petrograpliische  oder 
sonstige  Unterschiede  in  der  Ablagerung.  — Hält  man  fest,  dass 
sowohl  Pecten  asper  als  auch  Ammonites  Rhotomagensis  nur  für 
ihre  Horizonte  in  anderen  Gebieten  leitend  sind,  so  ist  hier,  bei 
dem  merkwürdigen  gemeinsamen  Auftreten  beider  Petrefacten,  das 
Cenoman  unseres  Gebietes,  wie  schon  oben  erwähnt,  keiner  be- 
sonderen Abtheilung  zuzuschreiben,  sondern  man  gelangt  zu  dem 
Schluss,  welchen  Kunth  schon  gezogen,  dass  nämlich  die  Cenoman- 
ablagerung hier,  zwischen  der  Grenze  der  Tourtia  und  derjenigen 
der  Ammonites  Rhotomagensis  - Stufe  liegend,  dem  ganzen  System 
ohne  untergeordnete  Schichten  zu  parallelisiren  ist. 


II.  Ablagerungen  des  Turonsystems. 

Gerade  entgegengesetzt  der  bisherigen  Auffassung  über  die 
Turonbildungen  in  der  Löwenberger  Mulde  glaube  ich  beweisen 
zu  können,  dass  dieselben  im  Vergleich  zu  den  anderen  darin  auf- 
tretenden Abtheilungen  der  Kreide  eine  räumlich  sehr  ausgedehnte 
Entwickelung  haben. 

Drescher  theilt  sein  Turon  in  2 Abtheilungen  nach  petro- 
graphisclien  Gesichtspunkten.  Indem  er  betont,  wie  von  unten 
herauf  die  Turonablagerungen  mit  kalkfreiem  Letten  beginnen,  der 
allmählich  nach  oben  hin  Kalk  aufnimmt,  dann  durch  weitere  Auf- 
nahme von  Sand  in  vollständigen  Sandstein  übergeht,  welcher 
seinen  Abschluss  in  einer  Bank  reinen  Kalksteins  findet,  unter- 
scheidet er  als  Unterturon:  kalkig -thonige,  und  als  Oberturon : 
sandige  Mergel  und  Mergelkalksteine.  Wohl  zu  beachten  ist,  dass 
er  das  Turon  abschliesst  mit  der  schon  angeführten  Kalkbank,  deren 
Auftreten  an  verschiedenen  Stellen  nachzuweisen  ist.  — Geht  man 
aber  weiter,  so  findet  man  im  Hangenden  davon  wieder  Sand- 
steine mit  typischen  Turonfossilien  in  mächtiger  Ablagerung,  die 
bisher  für  Untersenon  angesprochen  wurden  und  endlich  als  Schluss 
der  Abtheilung  wiederum  lettige  Schichten , mit  charakteristischen 
oberturonen  Petrefacten. 


LH 


66 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Parallelisirt  man  die  petrographische  Entwickelung  mit  den 
fossilen  Einschlüssen,  so  findet  man  eine  vollkommene  Drei- 
theilung  des  Tnrons  nach  denselben  Gesichtspunkten,  wie  in 
anderen  Gegenden  Deutschlands: 

Es  tritt  das  ganze  Untersenon  Drescher’s  am  südlichen 
Muldenrande  noch  zum  Turon  und  auch  am  nördlichen  Rande  lässt 
es  sich  nachweisen  im  Liegenden  der  einzigen  aufgeschlossenen, 
untersenonen  Schicht  am  Nordrande  des  Riesengebirges. 

Merkwürdig  ist,  dass  sämmtliche  Turongesteine  von  relativ 
wenig  fester  Beschaffenheit  sind.  In  Folge  dessen  treten  sie  überall 
nur  in  einem  Längsthal  zwischen  den  Bergen,  die  aus  den  festen 
Cenoman-  und  Senongesteinen  bestehen,  auf.  Diese  geringe  Festig- 
keit. hat  den  Fluthen  des  Bobers  wenig  Widerstand  zu  leisten 
vermocht,  so  dass  er  sich  am  südlichen  Muldenrand  eine  grosse 
Strecke  nur  im  Turon  hinzieht,  bis  er  sich  am  Husarensprunge 
bei  Sirgwitz  durch  das  Senon  hindurchgewaschen  hat.  Der  Kalk- 
gehalt ferner  bildet  überall  eine  fruchtbare  Grundlage  für  den 
Ackerbau,  während  die  felsigen  Cenoman-  und  Senongebiete  meist 
nur  Kieferwaldungen  fortkommen  lassen. 

1.  Unterturon,  Schichten  mit  Belemnites  plenus  und 
Inoceramus  mytiloides. 

Dieses  Glied  ist  identisch  mit  der  unteren  » kalkig  -thonigen 
Ablagerung«  Drescher’s  und  besteht  im  Allgemeinen  aus  einer 
etwa  10  Meter  mächtigen  Schicht  von  plastischem,  mit  Glimmer- 
blättchen gemengten  Thonmergel  von  grauer  Farbe,  der  mehrfach 
von  schwachen  Thoneisensteinflötzen  und  sandsteinartigen  Lagen 
durchzogen  wird.  Nach  oben  hin  wird  der  Mergel  mehr  schieferig, 
dünn  geschichtet,  erhält  eine  hellere  Farbe  und  geht  zuletzt  in 
einen  ganz  festen,  klingenden  Mergelschiefer  über,  auf  den  dann 
die  sandigen  Ablagerungen  des  Mittleren  Turons  folgen. 

Ehe  ich  an  die  Schilderung  der  räumlichen  Verbreitung  gehe, 
verweise  ich  auf  das  typische  Profil  vom  Vorwerksbusch  östlich  bei 
Löwenberg  aus  der  sogenannten  »Lettengrube«  (s.  Profil  2,  Taf.  XXI). 
Auf  dem  cenomanen  Quader,  dessen  Gipfel  den  Obelisken  und 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


67 


das  »Buchholz«  trägt,  liegt  im  Thale  die  »Lettengrube«,  in  der 
man  allerdings  nicht  die  Auflagerung  auf  das  Cenoman  sieht,  wohl 
aber  noch  Stücke  des  festen,  sandigen  Thoneisensteins  findet,  der 
an  anderen  Orten  in  der  Stärke  von  10 — 15  Zoll,  z.  B.  bei  Deut- 
mannsdorf auf  dem  Kretschamberge  und  höchst  deutlich  auf  dem 
Lerchenberge  der  Lähner  Mulde,  den  Uebergang  vermittelt. 
Sämmtliche  Schichten  fallen  unter  25°  ein.  • — Man  sieht  zu  unterst 
eine  Schicht  schwarzen,  mehr  thonartigen  Mergels  von  2—3  Meter 
Mächtigkeit,  der  zur  Ziegelfabrikation  gewonnen  wird.  In  ihm 
finden  sich  wie  auch  in  den  oberen  Schichten  ganz  schwache, 
0,5  Centimeter  mächtige  Kohlenflötzchen,  ausserdem  aber  in  grosser 
Menge  Schwefelkiesknollen,  die  gewöhnlich  fossile  Reste  einhüllen, 
an  der  Luft  aber  äusserst  schnell  zerfallen.  Getrennt  durch  eine 
2 — 3 Zoll  betragende  Zwischenlage  von  feinblätterigem,  graublauem 
Schieferthon  folgt  ein  über  10  Meter  mächtiger  Mergelschiefer  von 
hellbläulicher  Farbe,  welcher  allmählich  immer  fester  wird  und  in 
einer  kalkigen  Bank  endigt.  Darauf  lagern  mürbe  Sandsteine, 
die  ihren  Einschlüssen  nach  zum  Mittleren  Turon  gehören. 

Dasselbe  Profil  bietet  sich  weiter  nordwestlich  auf  dem  rechten 
Boberufer  am  untersten  Abhange  des  Lettenberges;  ferner  treten 
die  unteren  Letten  noch  auf,  bedeckt  von  den  mittelturonen,  san- 
digen Schichten  des  Hospitalberges  am  Burgthore  der  Stadt 
Löwenberg.  Dann  zeigen  sie  sich  in  grösserer  Verbreitung  nord- 
westlich von  Löwenberg  in  einem  zusammenhängenden  Thale,  in 
welchem  die  Chaussee  Löwenberg-Langenvorwerk  sich  hinzieht  . Hier 
sieht  man  mehrere  Mergelgruben  in  der  Nähe  des  Schiesshauses  auf 
dem  Cenomanquader,  und  endlich  erscheinen  sie  bei  Langenvorwerk 
selbst.  Weiter  setzt  sich  das  Thal  fort  zwischen  den  beiden  Ketten 
der  cenomanen  Neuländer  Harte  und  den  mittelturonen,  auch  aus 
Sandsteinbänken  bestehenden  Mittelbergen  (vergl.  Profil  3).  Thone 
im  lockeren  Mergel  treten  vielfach  an  den  Wegen  zu  Tage  und 
lassen  sich  weiterhin  noch  nördlich  der  Kesselberge  und  im  Lie- 
genden der  Herzogswaldauer  senonen  Sandsteinbrüche  verfolgen. 
Noch  jenseits  des  Queises  sind  diese  Mergel  nachgewiesen  in 
Ullersdorf  a.  Qu.  bei  Gelegenheit  des  Brunnenabteufens  in  der 
doi’tigen  Brauerei.  Damit  endigt  ihre  Verbreitung  am  Südrande. 

[5*] 


68 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Nachzuholen  ist  noch,  dass  die  oberen  festen  Mergelschiefer 
allein  deutlich  zu  beobachten  sind  auf  cenomanem  Sandstein  in 
einem  NW.  — SO.  streichenden,  schmalen  Zuge  vom  Hahnwald 
bis  Pilgramsdorf  und  Neuwiese;  ebenso,  mehr  zum  nördlichen 
Muldenrande  hin,  in  einem  Hohlwege  auf  der  Höhe  des  Kretscham- 
berges bei  Deutmannsdorf.  Sonst  ist  nichts  von  ihnen  am  nörd- 
liehen  Muldenrande  aufgedeckt  oder  bekannt,  — Jener  beim  Cenoman 
besprochenen  Erhebung  des  Buntsandstein  von  Plagwitz  sind  auch 
die  Turonschichten  gefolgt,  wie  obige  Profile  1 und  3 angeben. 
Nördlich  vom  Hirseberge  kann  man  an  verschiedenen  Orten  sowohl 
die  untere  Thonlage  als  die  darüber  liegenden  Mergelschiefer 
beobachten.  Ueber  ihnen  steht  dann  noch  in  grösserer  Mächtig- 
keit das  Mittelturon  in  einem  langen,  deutlich  zu  verfolgenden 
Sandsteinzuge  an. 

O 

Die  aus  den  beschriebenen  Schichten  bekannten  Fossilien 
stammen  besonders  aus  der  Lettengrube  vom  Vorwerksbusch,  dann 
aber  auch  aus  den  Mergelgruben  von  Langenvorwerk  und  aus 
den  Letten  und  Schieferthonen  vom  Hirseberge.  Ich  beginne  die 
Fossilien  aufzuzählen,  welche  aus  den  untersten  dunklen,  thonigen 
Schichten  stammen : 

Osmeroides  Lewesiensis  Mant.  (Schuppen), 

Aulolepis  Reussii  Gein.  (Schuppen), 

Macropoma  Mantelli  Ag.  (Koprolithen), 

Pycnodus  scrobiculatus  Reuss  (Zähne), 

Corax  heterodon  Reuss  (Zähne), 

Otodus  appendiculatus  Ag.  (Zähne), 

Oxyrhina  Mantelli  Ag.  (Zähne), 

» angustidens  Reuss  (Zahn), 

Lamna  rapkiodon  Ag.  (Zähne), 

Placoiden  -Wirbel. 

Alle  diese  Formen  sind  von  Drescher  schon  näher  be- 
schrieben. 

Ptychodus  latissimus  Ag.  (Zahn), 

Actinocamax  plemcs  Blainv.,  Dunk.  u.  Fitt.  p.  186,  Taf.  52. 

Mehrere  Exemplare  des  letzteren  sind  aus  dem  Letten  von  der 
Lettengrube,  auch  vom  Hirseberge  neuerdings  aufgefunden  und 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


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wohl  identisch  mit  dem  aus  der  Lähner  Mulde  vom  Lerchenbeme 
durch  Kunth  bekannt  gewordenen,  undeutlichen  Exemplar  Belem- 
nites  lanceolatus  Sow. 

Er  ist  ungefähr  doppelt  so  gross  als  Belemnitella  vera  d’Orb.  t), 
hat  in  der  dicken  Partie  einen  ovalen,  an  der  siphonalen  Seite 
einen  flachen , an  der  antisiphonalen  einen  mehr  gewölbten 
Querschnitt.  Derselbe  ist  am  Alveolarende  mehr  dreiseitig.  Die 
Oberfläche  zeigt  weder  Runzelung,  noch  Körnelung. 

Chemnitzia  cf.  Reussiana  Gein.  ? 

Elbthalg.  I.,  S.  241,  T.  53,  f.  4—6. 

Mehrere  langgezogene  Steinkerne  mit  3 — 4 Umwindungen, 
etwa  6 Centimeter  lang,  liegen  vor.  Sie  gleichen  ungefähr  der 
aus  dem  Cenoman  Sachsens  bekannten  Chem.  Reussiana  Gein. 

Pleurotomaria  sp.  ind.,  ein  undeutliches  Exemplar  aus  der 
Lähner  Mulde,  nach  Kunth. 

Ostrea  carinata  Lam.  \ 

» sulcata  Goldf.  ^ Aus  der  Lähner  Mulde. 

» lateralis  Nilss.  ) 

» hippopodium  Nilss.,  aus  der  Lettengrube. 

Beeten  Dresleri  Dresch.  ( in  grosser  Häufigkeit  an  allen 
» orbicularis  NlLSS.  \ Orten. 

Spo?idylus  striatus  Goldf.  , ein  deutliches  Exemplar  aus 
der  Lettengrube,  Goldf.,  Petref.  Germ.,  T.  106,  f.  5. 

Rhjjnclionella  Mantelliana  Sow.  ) nur  aus  der  Lähner 
» plicatilis  » ) Mulde. 

Megerlia  lima  Defr. 

‘S pongium  saxonicum  Gein.,  Lettengrube. 

Von  diesen  Fossilien  ist  Ostrea  carinata  und  Ostr.  hippopodium 
aus  dem  Cenoman  Sachsens  und  Westfalens  beschrieben.  Ostrea 
sulcata  Goldf.  = Ostrea  semiplana  Sow.  kommt  nach  Geinitz 
vom  Cenoman  bis  ins  Senon  vor.  Ostrea  lateralis  ist  nach  dem- 
selben Autor  Cenomanpetrefact.  Pecten  orbicularis  geht  nach 

v.  Strombeck  vom  Flammenmergel  bis  in’s  Turon.  Rliyncho?iella 
Mantelliana  und  Rh.  plicatilis  dagegen  gehören  speciell  den  Ino- 

x)  Welche  indess  nach  H.  B.  Geinitz,  Elbthalgeb.  II,  S.  180  mit  ihm  iden- 
tisch ist.  D.  R. 


70 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


ceramus  mytiloides- Schichten  an.  — Wir  haben  also  hier  Cenoman- 
und  Turonfossilien  vereinigt.  Ihren  festen  Horizont  bekommt  aber 
die  Schicht  durch  das  Auftreten  des  Belemn.  plenus. 

Erst  in  neuerer  Zeit  haben  verschiedene  Autoren  auf  ihn  eine 
eigene  Stufe  gegründet,  und  zwar  wird  dieselbe  von  Charles 
BäRROIS  in  La  zone  ä belemnites  plenus , 1.  c.  als  oberstes  Cenoman 
aufgefasst,  indem  er  nachweist,  dass  sich  dort  der  Bel.  plenus 
zwischen  der  Zone  des  Ammon.  Rhotomagensis  und  der  des  Inoc. 
mytiloides  befindet.  Dagegen  weist  ihr  Hebert  in  » Comparaison 
de  la  craie  des  cötes  d Anglet  er  re  avec  celle  de  France«  ihren 
Platz  als  tiefstes  Glied  des  Turon  an. 


Nach  Barrois 

Nach  Hebert 

Mytiloidenschicht 

Terebratula  gracilis- 
= Inoc.  Brongniarti- Schicht 

( Inoc.  labiatus 
l Belemn.  plenus 

Echinoc.  subrotund. 

Turon 

\ 

Belemn.  plenus 1 “ 

Amm.  Rhotomagensis  . . . \ f 

» varians 1 § 

Plocoscyphia  maudrina  . . / 

Ilolaster  subglobosus 

Cenoman. 

Bei  Barrois  sowohl  als  bei  Hebert  folgt  über  der  Zone  des 
Belemn.  plenus  die  des  Inoc.  mytiloides  und  darüber  die  des  Inoc. 
Brongniarti.  Dem  Beispiele  Hebert’s  folgt  Schlüter,  der  die 
Zone  des  Belemn.  plenus  auch  als  unterstes  Glied  des  Rothen 
Pläners,  v.  Stromb. , auffasst,  und  derselbe  Platz  muss  ihm  wohl 
der  ganzen  petrographischen  Entwickelung  wegen  hier  in  der 
nordschlesischen  Kreide  eingeräumt  werden. 

Vergleicht  man  die  Fossilien,  welche  nach  Barrois  den  Bel. 
plenus  in  der  französischen  Kreide  begleiten,  mit  den  oben  ange- 
führten, so  findet  man  als  den  beiden  Gebieten  gemeinsam,  ausser 
dem  Bel.  plenus: 

1)  Fast  alle  aufgeführten  Fischreste. 

2)  Ostrea  lateralis  Nilss. 

3)  » hippopodium  NiLSS. 


6.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


71 


4)  Rhynchonella  Mantelliana  Sow. 

5)  » plicatilis  Sow. 

6)  Spondylus  striatus  Goldf. 

7)  Pecten  orbicularis  Nilss. 

Somit  kann  man  also  die  unterste  dunkle  Lettenschicht,  mit 
der  das  Turon  in  der  Löwenberger  Mulde  anfängt,  als  die  Zone 
des  » Belemnites  plenus « auffassen. 

Aus  den  darüber  folgenden  Mergelschiefern  sind  bekannt: 
Spongium  saxonicum  Gein. 
wie  aus  allen  Schichten  der  nordschlesischen  Kreide. 

Inoceramus  mytiloides  Mant. 

Schon  Drescher  führt  ein  Exemplar  aus  den  oberen  Mergeln 
der  Lettengrube  an,  das  aber  nur  schlecht  erhalten  war,  ein 
besseres  stammt  vom  Hirseberg  und  ein  drittes  von  Neuwiese  aus 
derselben  Schicht.  (Alle  befinden  sich  im  Besitze  des  Herrn  Cantor 
Dresler  zu  Löwenberg.) 

Pecten  Dresleri  Dresch. 

» orbicularis  » 

Exogyra  lateralis  Nilss.,  vom  Hirseberg. 

Modiola  siliqua  Math.,  » » 

Manon  megastoma  A.  Röm.,  vom  Hirseberg. 

Nirgends  fand  sich  hier  der  Inoceramus  Brongniarti , der  in 
dem  über  der  Kalkschicht,  die  übrigens  versteinerungsleer  zu  sein 
scheint,  auftretenden  Sandsteine  in  grosser  Häufigkeit  vorkommt. 
Mit  Sicherheit  ist  also  zu  schliessen,  dass  dieser  Mergelschiefer 
der  »Zone  des  Inoceramus  mytiloides « oder  der  des  Rothen  Mergels 
in  anderen  Gegenden  Deutschlands  entspricht,  da  eben  das  Vor- 
kommen des  Inoc.  mytil.  leitend  ist  und  die  andern  wenigen  Reste 
nur  untergeordnete  Bedeutung  haben. 

2.  Mittelturon,  Zone  des  Inoceramus  Brongniarti  Sow. 

Unter  dieser  Abtheilnng  fasse  ich  die  sandigen  Mergel  und 
Mergelkalksteine,  d.  h.  das  Oberturon  Drescher’s,  sowie  den 
grössten  Theil  seiner  Untersenonen-Schicht  zusammen,  welche  den 
Inoceramus  Brongniarti  in  bedeutender  Menge  führt.  Durch  den 


| sehr  häufig. 


72 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


äusseren  Gesteinshabitus  verleitet,  hat  Drescher  Mittelturone- 
Schichten  zu  den  Untersenonen- Schichten  (von  Neu -Warthau) 
gerechnet,  obwohl  die  ganze  Art  der  Ablagerung  und  die  Ein- 
schlüsse nothwendig  dazu  führen  müssen,  diese  Sandsteine  mit 
seinen  nur  in  geringer  Mächtigkeit  auftretenden  »sandigen  Mergeln« 
zu  parallelisiren. 

Es  ist  im  Allgemeinen  festzuhalten,  dass  diese  Abtheilung  im 
Liegenden  als  sandiger  Mergel  auftritt,  dann  in  mürben  Sandstein 
übergeht  und  nur  ungefähr  in  ihrer  Mitte  eine  Kalksteinbank  von 
circa  1 Meter  Mächtigkeit  einschliesst,  die  stets  vom  Inoceramus 
Brongniarti  erfüllt  ist  und  die  nach  Drescher  die  oberste  Grenze 
des  Turon  sein  sollte.  Es  ist  gerade  dieses  mittlere  Glied  des 
Turon  sehr  mächtig  entwickelt,  besonders  im  östlichen  Theile 
der  Mulde. 

Schon  im  Vorwerksbusch  sehen  wir  das  Untere  Turon  von 
einem  Sandstein  überlagert,  der  den  Inoc.  Brongn.  führt.  Weiter- 
hin südlich  von  Löwenberg,  auf  dem  Hospitalberge,  lagert  eben- 
falls auf  dem  unteren  Mergel  eine  mächtige  Schicht  eines  mürben, 
leicht  zerreiblichen,  feinkörnigen,  thonig-kalkigen  Sandsteins,  der 
nur  geringen  Kalkgehalt  hat  und  keinerlei  Schichtung  zeigt.  Nach 
oben  zu  wird  er  allmählich  kalkhaltiger,  wechselt  in  der  Farbe 
und  endigt  in  der  schon  besprochenen  Kalkbank.  Derselbe 
Schichtencomplex  zeigt  sich  nordwestlich  bei  Löwenberg  mit  einem 
Einfallen  von  15 — 25°  und  SO. — NW.-Streiclien,  besonders  an 
den  Schichtenköpfen  aufgedeckt  auf  dem  Popelberge  und  der  daran 
stossenden  Kette  der  Mittelberge.  • — Hier  am  Popelberge  ist  aber 
die  darauf  folgende  Gesteinsgruppe  noch  näher  zu  betrachten.  Es 
folgt  ein  stark  thoniger,  mürber  Sandstein  in  Bänken  von  10  Meter 
Mächtigkeit,  desgleichen  auf  den  Mittelbergen,  in  dem  man  ebenso 
wie  in  der  folgenden  Schicht  das  Leitfossil,  den  Inoc.  Brongniarti , 
noch  in  derselben  Häufigkeit  findet.  Diese  letzte  Schicht  besteht 
aus  einem  festen  Sandstein  von  gröberem  Korn  und  gelblicher 
Farbe,  welcher  häufig  rothbraune  Adern  zeigt.  Im  Ganzen 
ist  dieser  Sandstein  an  anderen  Arten  von  Einschlüssen  ziem- 
lich arm,  und  es  sind  die  wenigen  darin  vorhandenen  schlecht 
erhalten, 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


73 


Ganz  dieselbe  Schichtenfolge  mit  denselben  Fossilien  findet 
sich  noch  am  Nordwestabhauge  des  Braunauei’  Berges  zwischen 
Sirgwitz  und  Braunau  und  am  Süd-  und  Westabhange  des  Kappel- 
berges zwischen  Braunau  und  Ludwigsdorf  entwickelt.  Gerade 
der  auf  dem  Rücken  des  Kappelberges  anstehende  Sandstein 
wurde  von  Drescher,  da  er  durch  sein  weisses,  thoniges  Binde- 
mittel ein  getüpfeltes  Ansehen  erhält,  mit  dem  Untersenon  Neu- 
Warthau’s,  das  ein  ähnliches  Gestein  zeigt,  identificirt,  obwohl  der 
Inoceramus  Brongniarti  hier  in  grösster  Häufigkeit  auftritt  und  in 

Neu- Warthau  gar  nicht  zu  finden  ist.  Nach  Schlüter  ist  der 
© 

hioc.  Brongn.  noch  im  Oberturon  bekannt;  einzelne  Exemplare 
finden  sich  sogar  noch  im  Untersenon,  aber  nie  in  solchen  Massen 
wie  hier,  wo  er  ganze  Bänke  bildet. 

Im  östlichen  Theile  der  Mulde  haben  die  mittelturonen  Ge- 
steine allerdings  mehr  und  mehr  ihren  Mergelcharakter  verloren 
und  zeigen  sich  sogar  als  reine  Sandsteine.  Dass  sie  aber  deshalb 
einem  anderen  Niveau  von  Drescher  zugeschrieben  werden,  ist 
jedenfalls  nicht  richtig;  denn  einmal  bleibt  das  Leitfossil,  der 
hioc.  Brongniarti , in  ihnen  und  zum  andern  muss  man  bedenken, 
dass  jedenfalls  die  Zuflüsse  von  SO.  kamen,  sich  also  die  schwere- 
ren sandigen  Theile  nahe  dem  Einflüsse  im  Osten  ablagerten, 
während  die  leichteren  kalkig-thonigen  Substanzen  weiter  getragen 
wurden  und  die  Veranlassung  gaben,  dass  weiter  im  W.  mehr 
mergelige  Gesteine  abgesetzt  wurden. 

In  der  Verlängerung  des  Kappelberges  südlich  von  Deut- 
mannsdorf am  Buchberg  präsentirt  sich  deshalb  das  Mittelturon 
als  grobkörniger  Sandstein , ebenso  nördlich  von  der  Strasse  von 
Löwenberg  nach  Goldberg  am  Ilahnwald  und  weiterhin  bei 
Pilgramsdorf  und  Neuwiese. 

Drescher  verfolgt  den  ganzen  Zug  noch  weiter  in  der  Meinung, 
untersenone  Schichten  vor  sich  zu  haben,  und  zwar  über  die 
Katzbach  bis  zum  Rabendocken.  Letztere  Felswand  scheint  aller- 
dings dem  Senon  anzugehören , da  von  hier  nicht  der  Inoc. 
Brongniarti , wohl  aber  Lima  canalifera  und  Asterias  Schulsii  be- 
kannt sind,  die  an  anderen  Orten  der  senonen  Ablagerung  auf- 
treten.  Es  scheinen  somit  die  turonen  Ablagerungen  im  Osten 


74 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


des  südlichen  Muldenflügels  bei  Hermsdorf  und  Pilgramsdorf  zu 
endigen. 

Am  nördlichen  Muldenflügel  zeigt  sich  unsere  Schicht  zuerst 
wieder  am  Kretschamberge  bei  Deutmannsdorf  als  grobkörniger 
Sandstein,  ähnlich  dem  von  den  Mittelbergen,  auf  unterturone 
Mergel  gelagert.  Es  folgt  auf  sie  ein  Sandstein  mit  charakte- 
ristischen untersenonen  Fossilien  und  endlich  obersenoner  Quader, 
der  in  mehreren  Brüchen  gewonnen  wird. 

Es  lässt  sich  vermuthen,  dass  auch  bei  Neu -Warthau  im 
Hangenden  des  cenomanen  Zuges  turone  Schichten  abgelagert 
sind,  da  zwischen  diesem  und  dem  Senon  eine  breite  Senkung  sich 
befindet,  die,  vom  Diluvium  bedeckt,  nirgends  Aufschlüsse  zeigt. 

Hiermit  wäre  die  ungefähre  Verbreitung  dieses  Gliedes  an- 
gegeben, das  sich  übrigens  im  Lälmer  Busen  nicht  mehr  findet. 

Die  schon  durch  Drescher  bestimmten  Fossilien  haben  sich 
seitdem  durch  einige  neue  Arten  vermehrt;  ich  führe  alle  im  Zu- 
sammenhänge auf: 

1.  Spongium  saxonicum  Gein.,  überall. 

2.  Serpula  gordialis  Schloth.,  Mittelberge. 

3.  Natitilus  sp.  ind.,  Mittelberge. 

4.  Ammonites  peramplus  Mant.  ? Ein  fragliches  Bruch- 
stück von  Conradswaldau,  sehr  comprimirt,  mit  starken 
stumpfen  Rippen,  die  über  den  Rücken  laufen  und 
sich  nach  vorn  biegen.  Dieser  Ammonit  ist  bezeichnend 
besonders  für  das  Oberturon,  kommt  nach  Schlüter 
jedoch  auch  schon  mit  dem  Inoceramus  Brongniarti  vor. 

5.  Turritella  cf.  Kirsteini  Gein.,  Elbthalg.  I.,  p.  240,  grosse 
Exemplare  mit  der  Schale,  von  den  Mittelbergen. 

6.  Natica  canaliculata  Mant.,  Mittelberge. 

7.  Natica  vulgaris  ReüSS,  Mittelberge. 

8.  Avellana  Archiaciana  d’Orb.,  Mittelberge. 

9.  Rostellar ia  vespertilio  Goldf.,  Mittelberge. 

10.  Pleurotomaria  perspectiva  d’Orb.,  Mittelberge. 

1 1 . Panopaea  gurgitis  Sow.,  Mittelberge ; auch  in  Hockenau 
am  Fusse  des  Hockenberges  beim  Brunnengraben  in 
einer  Teufe  von  25  Meter  gefunden. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


75 


12.  Goniomya  designata  Goldf.,  Mittelberge. 

13.  Pholadomyct  caudata  A.  Röm.,  Mittelberge,  auch  von 
Langenvorwerk. 

14.  Cytlierea  plana  Sow.,  Mittelberge. 

15.  Lucina  lenticularis  Goldf.,  Mittelberge. 

16.  Cucullaea  glabra  Sow.,  Mittelberge. 

17.  Modiola  siliqua  Math.,  Mittelberge. 

18.  Inoc.  Brongniarti  Sow.,  überall. 

19.  Inoc.  latus  Sow.,  Popelberg,  Mittelberge. 

20.  Pecten  quinquecostatus  Sow.,  Mittelberge. 

21.  Pecten  ptychodus  Sow.,  auf  den  Mittelbergen  durch 
Prof.  F.  Römer  gefunden. 

22.  Lima  canalifera  Gein.,  Popelberg. 

23.  Lima  aspera  Mant.,  Popelberg. 

24.  Spondylus  spmosus  Sow.,  Popelberg. 

25.  Ostrea  semiplana  Sow.,  Mittelberge. 

26.  Exogyra  lateralis  Nilss.,  Popelberg  und  Mittelberge. 

27.  Rhynchonella  plicatilis  Sow.,  Popelberg  und  Mittelberge. 

28.  Rhynchonella  Martini  Bronn,  Popelberg  und  Mittel- 
berge. 

29.  Rhynchonella  Cuvieri  d’Orb.,  Mittelberge. 

30.  Biradiolites  cornu-pastoris  d’Orb.,  Hospitalberg. 

31.  Cyphosoma  granulosum  Goldf.,  Mittelberge. 

32.  Cyphosoma  radiatum  Gein.,  Elbthalg.  II.,  p.  8,  Popel- 
berg und  Mittelberge. 

33.  Micraster  cor  testudinarium  Goldf.,  ebendaher. 

34.  Micraster  lacunosus  Goldf.,  Mittelberge. 

35.  Holaster  suborbicularis  Defr.,  Popelberg. 

36.  Holaster  granulosus  Goldf.,  Popelberg  und  Mittel- 
berge. 

37.  Micrabacia  coronula  d’Orb.,  Mittelberge. 

38.  Scyphia  heteromorpha  ReüSS,  Mittelberge. 

39.  Scyphia  radiata  Mant.,  Mittelberge. 

40.  Scyphia  tenuissima  Mant.,  Mittelberge. 

Bezeichnend  für  diese  Zone  ist  besonders  das  massenhafte 

Auftreten  des  Inoceramus  Brongniarti , nach  welchem  die  ganze 


76 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Schicht  benannt  ist.  Von  gleicher  Bedeutung;  ist  das  Vorkommen 
des  Micraster  cor  testudinarium  Golde.  , wonach  Hebert  dieselbe 
Stufe  benannt  bat.  Nach  letzterem  Autor  zerfällt  das  Turon  in 
3 Hauptgruppen : 

Craie  ä Micraster  cor  anguinum , 

» ä » cor  testudinarium, 

» ä Inoceramus  mytiloides. 

F erner  sind  von  Wichtigkeit  Inoceramus  latus  Sow.  und  Spon- 
dylus  spinosus  Sow. , welche  beide  besonders  im  Brongniarti-  und 
dem  darauf  folgenden  Scaphitenpläner  nach  v.  Strombeck  auf- 
treten.  Aehnlicb  verhält  es  sieb  mit  der  Rliynchonella  plicatilis 
Sow. , Martini  Bronn  und  Cuvieri  d’Orb.  Cyphosoma  radiatum 
ist  mit  Cyphosoma  granulosum  immer  dem  Micraster  cor  testudi- 
narium vergesellschaftet.  — Ueber  das  wichtige  Auftreten  des  Bira- 
diolites  cornu  pastoris  d’Orb.  bat  schon  Drescher  geschrieben.  Die 
übrigen  Fossilien  kommen  tbeils  schon  im  Cenoman  vor,  meist  aber 
erhalten  sie  den  Höhepunkt  ihrer  Entwickelung  im  Senon,  wie  die 
nachfolgende  Tabelle  zeigen  wird. 

Es  ergiebt  sich,  das  diese  Schicht  mit  dem  »weissen  Pläner« 
v.  Strombeck’ s zu  identificiren  ist;  es  scheinen  aber  die  im  Harz 
und  anderweitig  darin  entwickelten  Schichten  mit  dem  Galerites 
albogalerus  zu  fehlen. 

3.  Oberturon,  Zone  des  Scaphites  Geinitzii. 

Nördlich  der  Mittelberge  am  Südrande  der  Kreidemulde  zieht 
sich  als  Fortsetzung  des  Boberthaies  ein  ganz  ausgezeichnetes 
Längsthal  hin.  Da  ein  starkes  Alluvium  die  Oberfläche  bedeckt, 
so  ist  im  Allgemeinen  noch  nicht  festgestellt,  welche  Gesteine  der 
Kreideperiode  hier  die  Grundlage  bilden;  nur  ein  einziger  Auf- 
schluss gestattete  vor  einigen  Jahren  Einsicht  in  die  Verhältnisse. 
Man  weiss,  dass  die  Inoceramus  Brongniarti-  Schichten  mit  Sand- 
steinen und  bröckelnden  Mergeln  endigen.  Im  Hangenden  der- 
selben wurde  1876  in  der  Nähe  des  DüNKEL  schen  Gehöfts  von 
Wenig-Rackwitz  ein  Brunnen  ausgeschachtet,  und  man  durchteufte 
dabei  unter  dem  Alluvium  ein  starkes  Raseneisenerzlager,  dar- 


G.  Williger,  die  Lo wonberger  Kreidemulde. 


77 


unter  eine  mächtige  Schicht  hellgrauen  Mergels  und  traf  dann  auf 

O O O 

dunkler  gefärbte  Mergel.  In  beiden  Abtheilungen  fanden  sich 
zahlreiche  Fossilien,  doch  waren  sie  im  grauen  Mergel  von  sein- 
schlechter  Erhaltung.  Sehr  zu  beklagen  ist,  dass  diese  Fund- 
stelle sobald  erlosch;  nur  wenige,  allerdings  wichtige  Fossilien  sind 
daraus  erhalten  geblieben. 

Scaphites  Geinitzii  d’Orb.  ; Gein.,  Elbthalg.  II,  Taf.  35, 

p.  191. 

Zwei  sehr  deutliche  Exemplare  mit  stark  comprimirter  Schale 
zeigen  zahlreiche  Rippen  an  der  comprimirten  Seitenfläche,  die  im 
Anfänge  als  längliche  Höcker  erscheinen. 

ßaculites  bohemicus  Schloenbach;  Gein.,  Elbthalg.  II, 
Taf.  35. 

Einige  Bruchstücke  zeigen  ovalen  Querschnitt  mit  gut  erhal- 
tenen Höhenlinien;  an  einem  Stück  sind  undeutliche  Rippen  wahr- 
zunehmen, aber  von  Furchen  ist  nichts  zu  sehen.  Die  Stücke 
stimmen  mit  der  Abbildung  Schlüter’s  überein. 

Ammonites  sp.  ind. 

Es  fanden  sich  einige  Exemplare  von  Ammonitenbrut,  welche 
Einschnürungen  zeigten  und  demnach  jedenfalls  zur  Gruppe  der 
Ligaten  gehören ; zweifelhaft  ist  es  natürlich , ob  wir  Brut  von 
Arnm.  peramplus,  der  als  Ligat  die  Scaphitenschicht  charakterisirt, 
vor  uns  haben. 

Rissoa  concinna  A.  Röm.;  Gein.,  Elbthalg.  II.,  p.  162. 

In  Schwefeskies  verwandelt,  zeigt  das  Exemplar  eine  kugel- 
förmige Schale,  und  es  sind  die  5 erhaltenen  Umgänge  mit  Spiral- 
linien besetzt.  Der  untere  Rand  der  Umgänge  ist  gerundet.  Aus 
dem  Plänerkalk  von  Strehlen  mit  dem  Scaphites  Geinitzii  be- 
schrieben. 

Turritella  multistriata  Reuss;  Gein.,  Elbthalg.  II,  Taf.  29, 

p.  161. 

Zwei  Exemplare,  als  Steinkerne  erhalten,  entsprechen  der  Ab- 
bildung genau.  Diese  Art  ist  aus  dem  ganzen  Turon  bekannt, 
von  Geinitz  aber  speciell  aus  dem  Scaphitenpläner  von  Strehlen 
und  Baculitenmergel  von  Priesen  beschrieben. 


78 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Actaeon  ovum  d’Orb.,  Paleontol.  franp.,  terr.  cret.  II,  p.  123, 
Taf.  167,  Fig.  19.  20. 

Das  Exemplar  stimmt  fast  genau  mit  der  gegebenen  Abbil- 
dung, siebt  einer  Avellana  ähnlich  und  wird  von  Geinitz  aus  den 
Scaphitenschichten  angeführt. 

Teinostoma  Stoliczkai  ? Gein.,  Elbthalg.  II.,  Taf.  56,  Fig.  14. 

Könnte  auch  zu  T.  cretacea  d’Orb.  p.  257  1.  c.  gerechnet 
werden,  da  die  Erhaltung  eine  genaue  Bestimmung  nicht  zulässt. 
Uebrigens  gehören  beide  Allen  dem  Scaphitenpläner  an. 

Rotelia  sp.  ind. 

Ein  kleines,  nicht  bestimmbares  Exemplar,  jedenfalls  zur 
Gattung  Rotella  gehörig. 

Nucula  producta  Nilss.;  Reuss  XXXIV,  17 — 20. 

Sowohl  Abbildung  als  Beschreibung  stimmen  mit  vorliegendem 
Exemplar,  das  aus  dem  Pläner  von  Priesen  beschrieben  ist. 

Pileolus  sp.  Koninckianus ? Ryckii. ; Gein.,  Elbthalg.  I., 

p.  248. 

Die  patellaartige  Schale  zeigt  kreisrunden  Umriss,  hebt  sich 
in  der  Mitte -zu  einem  Scheitel  und  endigt  in  einem  Knoten,  von 
dem  schmale,  dicht  stehende  Rippen  auslaufen.  Der  Unterrand 
ist  nicht  zu  beobachten.  1 Centimeter  breit  und  5 Millimeter  hoch, 
ähnelt  das  Exemplar  auch  dem 

Pileolus ? subcentralis , d’A.,  cf.  Gein.,  Elbthalg.  I,  Taf.  57, 
Fig.  9. 

Endlich  liegen  noch  zwei  schlecht  erhaltene  Inoceramen  vor 
aus  dem  grauen  oberen  Mergel.  Sie  zeigen  die  grösste  Aehnlich- 
keit  mit  Inoceramus  Brongniarti , haben  aber  flachere  Schalen  und 
sind  daher  wohl  zu 

Inoceramus  annulatus  Goldf.  zu  stellen,  den  Schlüter 
aus  dem  Cuvieripläner  anführt. 

Damit  wäre  diese  eigenartige  Fauna,  die  sich  besonders  durch 
äusserst  zierliche  Formen  auszeichnet,  bis  auf  einige  unbestimmbare 
Bruchstücke,  erschöpft. 

Alle  die  angeführten  Fossilien  entsprechen  unter  den  Kreide- 
schichten am  Nordrande  des  Harzes  derjenigen,  die  v.  Strombeck 
nach  dem  Scaphites  Geinitzii  benannt  und  als  Oberes  Turon  auf- 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


79 


fasst,  ebenso  stimmen  sie  überein  mit  den  Vorkommnissen  aus 
dem  sächsischen  Scaphitenpläner. 

Zweifelhaft  bleibt  es,  ob  die  oberen  grauen  Mergel  zur  Cuvieri- 
zone  zu  rechnen  sind.  Drescher  stellte  das  ganze  Turon  der 
Mulde  parallel  der  STROMBECK’schen  Schicht  mit  dem  Scaphites 
Geinit zii , wiewohl  er  annimmt,  dass  in  demselben  auch  der  so- 


Harz 

Westfalen 

Lö wenberg 

'S  o \ 

-g  a Belemnitella  quadrata 

CO  ( 

Belemnites  quadr. 

Schichten  von 
Neu -Warthau  etc. 

g / Pläner  mit  Inoceramus 
~ \ Ouvieri 

Graue  Mergel; 
Oberer  Grünsand 

Sandige  graue  Letten  von 
Gross  - Rackwitz  ? 

/ 

CO  \ 

<D  j 

/ Pläner  mit  Scaph.  Geinitz  ii 
O \ 

fehlt 

Letten  mit  Scaph.  Gein ., 
Baculites  hohem,  etc.  von 
Gross  - Rackwitz 

a / 

S 1 Weisser 

H ) Pläner  mit 

• | Inoc.  Bron- 

^ / gniarti 

Pläner  mit 
Galerit. 
albogalerus 

Weisser  Mergel 

Kalkhaltige  Sandsteine 
mit  Inoc.  Brongn.  und 
Micraster  cor  testadin. 
Mittelb.,  Popelb.,  Hospital- 
berg, Neuwiesen  etc. 

1 Rother  Pläner 

fehlt 

Helle  Mergel  bis  Kalk- 
stein in  der  Lettengrube, 
Langenvorwerk , Luwigs- 
dorf  etc.,  mit  Inoc. 
mytiloides 

a | 

o ] fehlt 

H J 

CO  \ 

Mergel  mit  Inoc. 
mytiloides 

u 

03  1 

■+J  I 

£ 1 fehlt 

fehlt 

Zone  des  Belemn.  plenus, 
dunkler  Letten  des  Hirse- 
u.  Lerchenberges  und  der 
Lettengrube 

/ Pläner  mit  Am.  Rhotom. 

fehlt 

Sandsteinzug  der  Harte, 
Braunau,  Hahnwald,  Neu- 
W arthau  etc.,  mit  Am- 
monites Rhotomag.  und 
Pecten  asper 

§ 1 Pläner  mit  Ammonites 

S / varians 

O \ 

ö \ 

Unterer  Grünsand 
mit  Eisenstein- 
körnern 

f Tourtia  mit  Pecten  asper 

\ 

Unterer  Grünsand 
ohne  Eisenstein- 
körner 

Flammenmergel.  Gault. 

Steinkohlen- 

formation 

Buntsandstein. 

80 


G.  Willtger,  die  Löwenberger  Kreidenmlde. 


genannte  »weisse  Pläner«  mit  Inoceramus  Brongniarti  vorhanden  sei. 
Aus  Vorstehendem  folgt  aber,  dass  in  unserem  Gebiete  das  Turon 
in  allen  seinen  Schichten  so  regelmässig'  abgelagert  ist,  wie  fast 
an  keinem  anderen  Orte;  nur  die  Faciesentwickelung  des  Galantes 
conicus  ( albogalerus ),  welche  am  Harz,  am  Zeltberge  und  in  West- 
falen auftritt,  scheint  zu  fehlen.  - — Vorstehende  Tabelle  soll  einen 
Vergleich  unseres  Gebietes  mit  der  Kreide  des  Harzes  und  dem 
Pläner  Westfalens  übersichtlich  zur  Anschauung  bringen. 

o ö 


III.  Ablagerungen  des  Senonsystems. 

Nach  dem  Vorgänge  Beyrich’s  hat  Drescher  eine  dreifache 
Gliederung  des  Senons  in  der  Löwenberger  Mulde  vorgenommen. 
Er  theilt  dasselbe  ein  in: 

Ueberquader,  die  innere  Ausfüllung  der  Mulde; 

Oberes  Senon,  ein  fortlaufender  Zug  von  festem  Sandstein 
und 

Schichten  von  Neu-Warthau,  denen  er  eine  ganz  besonders 
grosse  Entwickelung  einräumt. 

Wie  aus  Vorhergehendem  ersichtlich,  ist  aber  der  grösste 
Theil  dieser  letzteren  Schichten  für  das  Mittelturon  in  Anspruch 
genommen ; der  Rest  erhält  eine  schärfer  abgegrenzte  Stellung, 
ebenso  das  »Obere  Senon«  Drescher's.  Der  Ueberquader  muss 
eine  bedeutende  Einschränkung  erleiden,  da  er  lange  nicht  die 
räumliche  Entwickelung  hat,  die  ihm  Drescher  zuertheilt. 

Im  Uebrigen  ist  die  BEYRicifsche  Dreitheilung  des  nordschle- 
sisclien  Senon  ebenso  nach  petrographischen  wie  nach  Unterschieden 
der  Fauna  eine  äusserst  scharfe. 

Besonders  der  Nordrand  der  Mulde  ist  in  diesem  System  von 
den  Diluvialfluthen  stark  zerstört,  Bruchstücke  davon  sind  aber 
noch  im  Innern  der  Mulde  in  Kiesmassen,  mit  nordischen  Silur- 
und  Feuersteingeschieben  gemengt,  abgelagert,  so  bei  Kunzendorf 
und  Hohlstein,  indem  die  Bergzüge  des  südlichen  Muldenrandes 
dem  Diluvium  einen  Damm  entgegensetzen. 


G.  Williger  , die  Löwenberger  Kreidemulde. 


81 


1.  Untersenon,  Quadrateiikreide, 

cf.  Drescher’s  »Schichten  von  Neu -Warthau«. 

Zwischen  dem  Oberen  Tnron  und  dem  Oberen  Senon  befindet 
sich  gewöhnlich  eine  breite  Thaleinsenkung,  in  welcher  mürbe 
Sandsteine  auftreten;  nirgends  aber  sind  bisher  in  letzteren  Fos- 
silien aufgefunden,  bis  auf  einen  wichtigen  Punkt  im  Norden  der 
Mulde:  Neu -Warthau  (vergl.  Profil  4).  Südwestlich  von  dem 
cenomanen  Sandsteinrücken,  zwischen  diesem  und  den  Brüchen  im 
Oberen  Quader,  befindet  sich  eine  vom  Diluvium  ganz  bedeckte 
Bodeneinsenkung,  durch  welche  mehrere  tiefer  eingeschnittene 
Wege  führen  und  Sandsteinschichten  entblössen.  Letztere  ähneln 

o 

äusserlich  den  Inoceramus  Brongniarti- Schichten  der  Mittelberge; 
man  findet  aber  nur  in  einem  Hohlwege  fossile  Reste,  und  zwar 
unmittelbar  im  Liegenden  des  Obersenon.  Die  Schichten  streichen 
SO. — NW.,  fallen  ca.  3°  ein  und  bestehen  nur  aus  dünngeschich- 
tetem Sandstein  von  ziemlich  fester  Beschaffenheit.  Aus  ihnen 
stammen  alle  nachstehend  verzeichneten  Fossilien,  die  sich  seit 
Drescher’s  Beschreibung,  den  Arten  nach,  nicht  vermehrt  haben. 
Aehnliche  Schichten  zeigen  sich  nur  bei  Ober-Deutmannsdorf  am 
Kretschamberge  über  turonen  Mergel-  und  Sandsteinschichten  und 
unter  obersenonem  Quader.  Es  stammen  von  da: 

Turritella  multistriata  ReüSS 
Pyrula  sp.  ind.,  ein  Bruchstück, 

welche  zwei  Arten  natürlich  die  Stellung  nicht  genau  bezeichnen, 
wiewohl  eine  Pyrula  in  dieser  Mulde  erst  in  den  Neu-Warthauer 
Schichten  gefunden  ist.  — Am  südlichen  Muldenrande,  östlich  der 
Strasse  Ludwigsdorf- Seitendorf  dicht  am  Wege  zeigt  sich  eine 
kleine  Entblössung  eines  mürben,  thonigen  Sandsteins,  dessen  La- 
gerung und  einige  wenige  Fossilien  die  Zugehörigkeit  zu  den  Neu- 
Warthauer TJntersenonschichten  wahrscheinlich  machen.  Es  stammt 
daher : 

Turritella  inique  - ornata  Dr. 

Pectunculus  ventruosus  Gein. 

Aehnliche  Sandsteine  stehen  ferner  nördlich  Kesselsdorf  am 
Fusse  des  Oberen  Quadersandsteins  an,  doch  sind  hieraus  keine 

[6] 


82 


G.  Williger  , die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Fossilien  bekannt.  Ueber  ihnen  lagert  der  gelbe,  grobkörnige  Sand- 
stein, welcher  stets  das  Liegende  des  feinkörnigen,  weissen  Mucro- 
natensandsteins  bildet. 

Die  aus  der  oben  beschriebenen  Schicht  von  Neu -Warthau 
stammenden  Fossilieu  sind: 

1 . Knochenfischwirbel. 

2.  Mesostylus  Faujasi  Desm.  ; Quenst.  Handb.  d.  Petre- 

factenk.,  1167,  S.  316. 

3.  Poilieipes  angustatus  Dein. 

4.  Serpula  filiformis  Sow. 

5.  Ammonites  Orbignyanus  Dein. 

6.  Baculites  incuroatus  Duj. 

7.  Turritella  multistriata  Reuss 

8.  » inique-ornata  Dr. 

9.  Ä vellana  Archiaciana  d Orb. 

10.  Natica  canaliculata  Mant. 

11.  » Römeri  Reuss 

12.  Trochus  plicato  - carinatus  Goldf. 

13.  Rostellar ia  vespertilio  Goldf. 

14.  » crebricosta  Zek. 

15.  Fusus  Nereidis  Münst. 

16.  Pyrula  coronata  A.  Röm. 

17.  Dentalium  glabrum  Geir. 

18.  Panopaea  gurgitis  Sow. 

19.  Pholadomya  caudata  A.  Röm. 

20.  » nodulifera  Münst. 

21.  Magdala  Ger  mar  i Gieb. 

22.  Tellina  plana  A.  Röm. 

23.  » coshdata  Goldf. 

24.  Venus  Gold/ussi  Gein. 

25.  » faba  Sow. 

26.  » ovalis  Sow. 

27.  » c aper  ata  Sow. 

28.  Cytherea  elongata  Reuss 

29.  » plana  Sow. 

30.  Cardium  tubuliferum  Goldf. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


83 


31.  Isocar dia  cretacea  Goldf. 

32.  Astarte  acuta.  ReüSS 

33.  Crassatella  arcacea  A.  Röm. 

34.  Lucina  lenticularis  Goldf. 

35.  Trigonia  aliformis  Park. 

36.  Pectunculus  ventruosus  Gein. 

37.  Area  cf.  Raulini  d’Orb. 

38.  Cucullaea  glabra  Sow. 

39.  Pinna  diluviana  Schloth. 

40.  Myoconcha  gracilis  Dr. 

41.  Modiola  semiornata  d Orb. 

42.  » radiata  Münst. 

43.  Avicula  triloba  A.  Röm. 

44.  Inoceramus  latus  Maxt. 

45.  Pecten  virgatus  Nilss. 

46.  » decemcostatus  Goldf. 

47.  » quadricostatus  Sow. 

48.  » quinqueco Status  Sow. 

49.  » cf.  Dresleri  Dr. 

50.  Lima  granulata  Nilss. 

51.  » cf.  canalifera  Goldf. 

52.  Ostrea  carinata  Sow. 

53.  » semiplana  Sow. 

54.  Micraster  lacunosus  Goldf. 

55.  Eschara  dichotoma  Goldf. 

56.  lleteropora  dichotoma  Goldf. 

Dies  sind  die  mit  Sicherheit  bestimmbaren  Fossilien  von  Nen- 
Wartlmu  selbst  (cf.  Drescher  1.  c.). 

Turritella  Nerinea  A.  Röm. 

Rostellaria  papilionacea  Goldf. 

Cerithium  Requienianum  d’Orb. 

Gastrochaena  Amphisbaena  Goldf. 

Cytherea  subdecussata  A.  Röm. 

Avicula  pectiniformis  Gein. 

Per  na  cretacea  Reuss 
» lanceolata  Gein. 


[6*] 


84 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Ostrea  larca  Lam. 

Inoceramus  Brongniarti  Sow. 

Nucleolites  carinatus  Goldf. 

Holaster  suborbicularis  Defr. 

Asterias  tuberculifera  De. 

» S chulzii  Gott., 

welche  Drescher  noch  mit  aufführt,  gehören  nicht  in  diese  Zone, 
sondern  stammen  theils  aus  turonen , theils  aus  obersenonen 
Schichten. 

In  Neu -Warthau  sind  auch  die  ersten  Pflanzenreste  beob- 
achtet : 

Creclneria  denticulata  Zenk. 

Sequoia  Reichenbachi  Gein. 

Ein  Pinuszapfen- Abdruck,  nach  Göppert  Pinus  longissimus , 
wahrscheinlich  aber 

Pinus  Quenstedti  Heer,  16  Centimeter  lang,  2 Centimeter 
breit,  mit  quer  - rhombischen , 12  Millimeter  langen,  10  Millimeter 
breiten  Zapfenscheiden;  aus  dem  Oberquader  der  arktischen  Zone 
nach  Geinitz  bekannt  und  vielleicht  zu  Pinus  pseudostrobus  Linde. 
oder  Pinus  macrophylla  Lindl.  gehörig.  Ferner  ein  Blattabdruck, 
nach  Göppert  Salix  sp.,  wahrscheinlich  aber 

Proteoides  longus ? Heer;  Gein.  Elbthalgeb.  I,  S.  308. 
Ausserdem  noch  unbestimmbare  Holzreste  mit  Astnarben. 

Drescher  hat  mit  grosser  Sorgfalt  vorstehend  verzeichnete 
Fossilien  mit  denen  aus  anderen  norddeutschen  Ablagerungen  ver- 
glichen und  kommt  zu  dem  Resultate,  dass  die  thonigen  Sand- 
steine von  Neu -Warthau  mit  denen  des  Salzberges  bei  Quedlin- 
burg und  den  unteren  Schichten  von  Kreibitz  und  Kieslingswalde 
identisch  sind.  Diese  werden  aber  zu  der  »Zone  der  Belemnitella 
quadrata  d'Orb.«  gerechnet,  obgleich  weder  in  Kreibitz,  noch  in 
Kieslingswalde  dieses  Fossil,  ebensowenig  wie  in  Neu -Warthau, 
aufgefunden  ist.  B.  quadrata  findet  sich  vielmehr  erst  in  den 
entsprechenden  westlicheren  und  nördlicheren  Schichten  Deutsch- 
lands, die  durch  ihren  reichen  Kalkgehalt  theilweise  als  reine 
Kreide  sich  als  Tiefseeablagerung  documentiren,  während  wir  es 
in  unserem  Gebiete  mehr  mit  einer  lvüstenfacies  zu  thun  haben, 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


85 


wofür  der  geringe  Kalkgehalt  und  das  oft  conglomeratische  Aus- 
sehen des  Sandsteins  spricht. 

Merkwürdig  ist  ferner  das  völlige  Fehlen  der  Brachiopoden 
in  dieser  Zone. 


2.  Der  Obere  Quadersandstein. 

(Mucronatenkreide.) 

Wesentlich  leichter  als  die  Auffassung  der  vorhergehenden, 
ist  die  Zusammenfassung  der  jetzt  zu  beschreibenden  Zone,  welche 
nicht  nur  petrographisch  an  allen  Orten,  wo  sie  auftritt,  ein  gleich- 
artiges Aussehen  zeigt,  sondern  auch  meist  in  ununterbrochenem 
Zusammenhänge  steht,  ausserdem  stets  durch  dieselben  Fossilien 
charakterisirt  wird.  Dieser  von  Beyrich  »Oberer  Senonquader« 
genannte  Schichtencomplex  ist  stets  eine  sehr  massige  Ablagerung 
von  durchweg  feinkörnigem  Sandstein,  der  sich  nach  dem  äusseren 
Ansehen  leicht  in  2 Abtheilungen  scheiden  lässt. 

Wie  in  Sirgwitz,  Wenig  - Rackwitz , Kesselsdorf,  besonders 
deutlich  aber  in  Neu -Warthau  zu  beobachten  ist,  folgt  auf  die 
aus  mürbem,  thonigem  Sandstein  bestehende  Quadratenschicht  zu- 
erst ein  dichter,  rothbrauner  bis  hellgelber  Sandstein,  der,  im 
Wesentlichen  ziemlich  versteinerungsarm,  doch  dieselben  Fossilien, 
wie  die  darüber  lagernde  Schicht  enthält  und  allmählich  durch 
Abnahme  des  Eisengehalts  in  den  oberen  weissen  festen  Sandstein 
übergeht.  An  verschiedenen  Stellen  bildet  eine  bestimmte  Schicht 
eine  scharf  markirte  Grenze  zwischen  beiden  Gesteinsarten,  die  in 
der  Stärke  von  ca.  1 Meter  ganz  von  der  Nerinea  Geinitzii  Golde. 
und  einigen  anderen  Gastropoden  erfüllt  ist,  von  Drescher  aber 
irrthümlich  als  oberste  Grenze  des  Senonquaders  beschrieben  wurde, 
auf  die  also  unmittelbar  der  Ueberquader  folgen  musste.  Es  lässt 
sich  aber  nachweisen,  dass  sie  stets  innerhalb  des  Oberen  Quaders 
auftritt;  so  bei  Giersdorf,  Warthau  und  Welirau;  am  südlichen 
Rande  nur  bei  Gähnsdorf. 

Die  oberste  Grenze  der  ganzen  Entwicklung  bildet  eine  ver- 
steinerungsleere Schicht  rothen  Thones,  ungefähr  1 Meter  mächtig, 
die  an  allen  Orten  durch  Steinbrüche  deutlich  erschlossen  ist  und 


86 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidenmlde. 


über  welcher  gewöhnlich  ein  bunter  Wechsel  von  mürbem  Sand- 
stein, Thonen,  Letten,  Kohlenflötzchen,  stets  mit  charakteristischen 
Ueb  er  quaderversteiner  ungen,  folgt. 

Der  Zng  des  Senonqnaders  steigt  überall  mit  scharfem  Absatz 
und  steilen  Gehängen  über  die  Niederung  auf,  die  durch  die  losen 
Gesteine  des  Untersenon,  resp.  Turon  bedingt  wird,  verflacht  sich 
aber  nach  dem  Innern  der  Mulde  stets  und  ist  an  keiner  Stelle 
durch  äussere  Form  von  dem  folgenden  Ueberquader  getrennt. 
Geht  man  am  nördlichen  Muldenrande  von  Osten  ans,  so  trifft 
man  zuvörderst  auf  den  Sandstein  dieser  Zone  am  Hockenberg  bei 
Hockenau.  Hier  wird  in  Steinbrüchen  der  Abbau  eines  gleich- 
förmigen festen  Sandsteins  von  feinem  Korn  und  vorherrschend 
gelblichbrauner  Farbe  betrieben,  aus  dem  folgende  Fossilien 
stammen : 

Omphalia  ventricosa  Dr. 

Nerinea  Geinitzii  Golde. 

Actaeonella  Beyrichii  Dr. 

Natica  canaliculata  Mant. 

Cardinia  ovalis  DE  Kon. 

Pinna  diluviana  Schloth. 

Avicula  pectiniformis  Gein. 

Ostrea  larva  Lam. 

Inoceramus  Lamarcki  Park. 

Nucleolites  carinatus  Golde. 

Micraster  cor-anguinum  Lam. 

Holaster  suborbicularis  Defr. 

Asterias  tuberculifera  Dr. 

» Schulsii  Cott. 

Stellaster  albensis  Ge  in. 

Von  Pflanzen: 

Credneria  cuneifolia  Zenk. 

Debeya  serrata  Miqu.  , T.  LIII,  Fig.  11,  mit  in  Theilung 
begriffenen  Blättchen. 

Westwärts,  den  nördlichen  Muldenrand  weiter  verfolgend, 
trifft  man  auf  dem  Kretschamberge  Lei  Ober-Deutmannsdorf  einen 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


87 


ganz  ähnlichen,  nur  etwas  gröberen  Sandstein  von  derselben  Farbe, 
welcher  auf  stark  thonigem  Sandstein  mit  dem  Inoceramus  Brong- 
niarti  zu  lagern  scheint. 

Ausserdem  findet  man  Oberes  Senon  mit  westlichem  Einfallen 
unter  33°  bei  Giersdorf.  Hier  zeigt  es  sich  deutlich,  dass  die 
Nerineenschicht  auf  dem  röthlichgelben  Sandstein  lagert;  dieselbe 
ist  thonig- sandig;  die  folgenden  Schichten  sind  durch  Diluvium 
verdeckt.  Es  stammt  von  hier: 

Omphalia  ventricosa  Dr. 

» undulata  Dr. 

» ornata  Dr. 

Eulima  turrita  Zek. 

Nerinea  Geinitzii  Goldf. 

» incavata  Bronn 
Actaeonella  Beyrichii  Dr. 

Natica  canaliculata  Mant. 

» vulgaris  ReüSS 
Pterodonta  inflata  d’Orb. 

Panopaea  regularis  d'Oeb. 

» gurgitis  Goldf. 

Pholadomya  caudata  A.  Röm. 

Venus  faba  Sow. 

Cytherea  subdecussata  A.  Röm. 

» elongata  ReüSS 
Protocardia  Hillana  Sow. 

Cardium  tubuliferum  Goldf. 

Crassatella  arcacea  A.  Röm. 

Lucina  lenticularis  Goldf. 

» Cornueliana  d’Orb. 

Trigonia  aliformis  Park. 

Pectunculus  lens  Nilss. 

Cucullaea  glabra  So w. 

Modiola  reversa  Nilss. 

Avicula  pectiniformis  Gein. 

Perna  lanceolata  Gein. 

Ostrea  cf.  hippopodium  Nilss. 


88 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Endlich  kommen  vor  ganze  Stämme  von 

Protopteris  Singen  Göpp.  ; Flora  d.  Quads.  1842,  T.  53, 
f.  1 — 2 = Caulopteris  punctata  Sternb.  = Protopteris 
Cottai  Corda,  aus  Böhmen. 

Caulopteris  sp.  ind.,  Göpp.,  Flora  d.  foss.  Farn.,  p.  449. 

Ueber  den  Schichten,  welche,  als  der  Quadratenkreide  zuge- 
hörig, von  Neu -Warthau  beschrieben  wurden,  findet  sich  ein  zu- 
sammenhängender Zug  von  gelbem  und  weissem  Sandstein,  welcher 
unter  3°  SSW.  einfällt.  Man  sieht  zu  unterst  mürben  Sandstein 
der  Quadratenschicht,  darauf  10  Meter  braunen,  festen  Sandstein, 
2 — 3 Meter  gelben,  mit  der  Nerinea  Geinitzii  Golde.  und  darüber 
etwa  15  Meter  festen,  weissen  Hausandstein,  auf  dem  eine  Schicht 
bunten  Thones  lagert,  etwa  1,5  Meter  mächtig,  bedeckt  von  mürbem 
Sandstein  und  Diluvium.  Folgende  Fossilien  sind  daraus  ge- 
sammelt : 

Spongium  saxonicum  Geest. 

Nerinea  Geinitzii  Golde. 

Pholadomya  caudata  A.  Köm. 

Trigonia  aliformis  Park. 

Credneria  denticulata  Zenk. 

Weiter  am  nördlichen  Muldenrande  findet  sich  erst  auf  der 
Strasse  Bunzlau-Klitschdorf  rechts  am  Wege  hinter  dem  Chaussee- 
hause ein  verlassener  Steinbruch  in  dem  gelben  Sandstein  unserer 
Zone.  Im  Plangenden  desselben  war  vor  einigen  Jahren  ein 
Schacht  auf  Ueberquaderkolile  niedergebracht,  doch  zeigte  sich  das 
Flötz  nicht  abbauwürdig.  Der  Steinbruch  kommt  jetzt  wieder  in 
Angriff,  da  gerade  der  gelbe  Sandstein  einen  jetzt  hoch  geschätzten 
Baustein  liefert,  vermöge  seiner  Eigenschaft,  im  Lauf  der  Zeit 
nicht  schwarz  zu  werden,  wie  es  mit  dem  weissen  geschieht.  Beson- 
ders beziehen  Berliner  Bauunternehmer  von  Neu-Warthau  den  gelben 
Sandstein.  Aus  ihm  ist  z.  B.  das  grosse  Gebäude  der  Versiche- 
rungsgesellschaft »Germania«,  Französische  und  Friedrich-Strassen- 
Ecke,  errichtet. 

Zum  letzten  Mal  am  nördlichen  Muldenflügel  bat  der  Queis 
obersenonen  Sandstein  in  malerischen  Felsen  bei  Klitschdorf  ent- 
blösst ; doch  lässt  sich  die  ganze  Ablagerung  dort  nur  im 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


89 


Zusammenhänge  mit  dem  Ueberquader  schildern.  Das  Vorkom- 
men der  Nerinea  Geinitzii  charakterisirt  diesen  Sandstein  als 
Obersenon. 

Am  südlichen  Muldenrande  trifft  man  zuvörderst  bei  Gähns- 
dorf,  3/4  Meilen  nördlich  von  Löwenberg,  unsere  Zone  wieder. 
D er  Sandstein  fällt  hier  unter  15°  nach  NO.  ein,  ist  fest  und  fein- 
körnig; aus  dem  Liegenden  ist  das  Vorkommen  der  Nerinea  Gei- 
nitzii Goldf.  bekannt.  Sonstige  Fossilien  von  hier  sind 

Nautilus  patens  Kner;  Schlüter  p.  178,  Taf.  50.  Er  misst 
15  Centimeter  Durchmesser,  ist  als  Steinkern  ohne  äussere  Schale 
erhalten.  Die  Mundöffnung  ist  deutlich,  so  hoch  als  breit;  vom 
Sipho  zeigt  das  Exemplar  nichts.  Die  Art  der  Berippung  ist  be- 
sonders bezeichnend;  die  Rippen  bestehen  lediglich  in  schwachen, 
linienartig  erhabenen,  aber  stark  markirten  Streifen,  laufen  an  der 
Seite  erst  bogig- radial  und  machen  dann  auf  dem  Rücken  eine 
starke  Biegung  nach  hinten.  Auf  1 Centimeter  kommen  etwa 
3 Rippen.  Wie  an  dem  von  Lüneburg  beschriebenen  Exemplar 
ist  nichts  von  Zwischenrippen  vorhanden.  Eine  weitere  Ab- 
weichung ist  der  geschlossene  Nabel,  welcher  sonst  nur  bei  ganz 
jungen  Exemplaren  fehlen  soll.  Die  Species  ist  nur  aus  den 
Mucronatenschichten  von  Lüneburg  und  aus  Galizien  aus  der 
Nähe  von  Lemberg  bekannt. 

Turritella  multistriata  ReüSS 
Actaeonella  Beyrichii  De. 

Pholadomya  cauclata  A.  Röm. 

Venus  faba  Sow. 

Cytherea  plana  Sow. 

Gyprina  sp. 

Lucina  lenticularis  Golde. 

Trigonia  aliformis  Park. 

Ausserdem  Stammreste  von 
Caulopteris  sp.  ind. 

Die  Fortsetzung  dieses  Gähusdorfer  Sandsteins  zeigt  sich  in 
dem  Sandsteinrücken  des  Hohlsteiner  Schlosses  und  Parks,  in  dem 
malerischen  Schottensteine  und  weiter,  öfter  von  Basalten  durch- 


90 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemnlde. 


brochen,  bis  an  den  Husarensprung  am  Bober.  Etwas  südwest- 
lich vom  Schottenstein  wird  ein  kleiner  Bruch  in  einem  braunen 
bis  rothen  Sandstein  betrieben,  welcher  nur  in  seinen  oberen  Schich- 
ten fest  ist  und  der  keine  Fossilien  bisher  geliefert  hat.  Da  der 
Stein  nördlich  einfällt  nnd  im  Hangenden  desselben  unterhalb  der 
ehemaligen  Eichhornschenke  ein  weisser  Sandstein  gebrochen  wird, 
so  haben  wir  es  wohl  hier  mit  einer  der  unteren  Neu -Warthauer 
entsprechenden  Schicht  des  Oberen  Senonqnaders  zu  tlmn.  — In 
dem  Bruche  an  der  Eichhornschenke  zeigt  sich  über  der  etwa 
10  Meter  mächtigen  Bank  des  weissen  Sandsteins  3 Meter  rother 
Thon,  dann,  zwischen  einer  etwa  2 Meter  mächtigen  Eetten- 
schicht  eingebettet,  ein  Kohlenflötz  von  10  Zoll.  Darüber  lagert 
Diluvium. 

Aus  dem  weissen  Sandstein  stammen: 

( Baculites  subbaculoides  Gein.  ?) 

Turritella  multistriata  Reuss 

Panopaea  gurgitis  Goldf. 

Plioladomya  nodulifera  Münst. 

» caudata  A.  Röm. 

Protocardia  PLillana  Sow. 

Isocardia  Guerangeri  d’Orb. 

Cardium  tubuliferum  Goldf. 

Avicula  pectiniformis  Gein. 

Perna  lanceolata  Gein. 

Auf  der  linken  Seite  des  Bobers  erhebt  sich  bei  Wenig- 
Rackwitz  der  Steinberg  mit  den  grossartigsten  Brüchen  in  der 
ganzen  Mulde.  Der  Sandstein  fällt  hier  in  mächtigen  Schichten 
unter  15°  nördlich  ein.  Darüber  ist  das  ganze  System  des  Ueber- 
quaders  aufgeschlossen.  Es  finden  sich  dieselben  Fossilien,  wie 
bei  Sirgwitz.  Im  directen  Zusammenhänge  stehen  die  Kessels- 
dorfer  Brüche,  welche  denselben  Sandstein  wie  Sirgwitz  und 
Wenig  - Rackwitz  liefern,  und  aus  denen  stammen: 

Serpula  gordialis  Schlotii. 

Nautilus  (^sub-')  laevigatus  i>  Orb.  : Gein.  Elbthalgeb.  II, 
S.  182,  Taf.  32,  Fig.  1 - 3. 


G.  Williger,  dio  Löwenberger  Kreidemulde. 


91 


Ammonites  Orbignyanus  Gein. 

» subtricarinatus  d’Orb. 

Turritella  multistriata  ReüSS 
» Nerinea  A.  Röm. 

Natica  canaliculata  Mant. 

Leguminaria  truncatula  ReüSS 

Panopaea  gurgitis  Golde. 

Pholadomya  nodulifera  Münst. 

» caudata  A.  Röm. 

Venus  faba  Sow. 

Cytherea  plana  Sow. 

» subdecussata  A.  Röm. 

» elongata  ReüSS 

Protocardia  Rillana  Sow. 

Lucina  lenticularis  Goldf. 

Trigonia  aliformis  Park. 

Pectunculus  ventruosus  Gein. 

Asterias  Schulzii  Gott. 

Weiter  setzt  sich  dieser  Höhenzug  über  Hähnchen  ohne  Auf- 
schlüsse fort.  Erst  vom  Strassenbeme  östlich  Herzogswaldan  an  sind 
wieder  Brüche  im  Betriebe.  Es  wird  hier  ein  Sandstein  gebrochen, 
welcher  unten  mehr  grobkörnig  ist,  nach  oben  zu  feiner  wird, 
dann  aber  häutig  Quarzadern,  »Glasschwielen«  genannt,  führt. 
Im  Hang-enden  ist  wieder  eine  über  1 Meter  mächtige  Schicht 
bunten  Thones. 

Aus  dem  Sandstein  sind  bekannt: 

Belenmitenreste  in  bröckeligen  Steinkernen. 

Ammonites  Orbignyanus  Gein. 

» subtricarinatus  D Orb. 

Nerinea  Geinitzii  Goldf. 

Pholadomya  nodulifera  Münst. 

» caudata. ; A.  Röm.  und 

Koprolithen,  ein  Ellipsoid  von  5 und  2 Centimeter  Durch- 
messer darstellend,  werden  hier  gefunden.  — Auf  der  Fort- 
setzung der  Schicht  steht  ein  grosser  Theil  der  Stadt  Naumburg, 
zuletzt  am  Queis  das  Kloster.  Auf  der  anderen  Seite  des  Queises 


92 


G.  Williger  , die  Löwenberger  Kreidemulde. 


auf  Ober-Lausitzer  Gebiet  ist  sie  erschlossen  im  Dorfe  Ullersdorf 
südlich  vom  Rädelberg  und  zeigt  auch  hier  einen  weissen,  fein- 
körnigen Sandstein,  der  unter  10°  einfällt.  Hieraus  stammt: 

Ammonites  subtricarinatus  d’Obb. 

Pinna  diluviana  Schloth. 

» subdecussata  Sow. 

Pholadomya  caudata  A.  Röm. 

H ier  auf  dem  Ober-Lausitzer  Gebiet  hat  das  Diluvium  schon 
mehr  die  Kreideablagerungen  überdeckt,  als  in  Schlesien.  Was 
Glocker  in  seiner  geognostischen  Beschreibung  als  Obere  Kreide 
bei  Siegersdorf  anspricht,  ist  entweder  Ueberquader  oder  tertiärer 
Quarzit. 

Erst  bei  Waldau  wieder  steht  westlich  der  Eisenbahn  in  der 
Nähe  der  Kirche  ein  weisser  Sandstein  an,  den  folgende  Fossilien 
als  Oberes  Senon  charakterisiren  : 

Nautilus  sublaeoigatus  d Orb.  ; Gein.  Elbtlialg.  I,  S.  277. 

Ammonites  Orbignyanus  Gein. 

Scaphites  inflatus  A.  Röm. 

Panopaea  regularis  d’Orb. 

» gurgitis  Golde. 

» plicata  Gein. 

Goniomya  (=  Lysianassa ) designata  Goldf. 

Pholadomya  nodulifera  Münst. 

» caudata  A.  Röm. 

» aequivalvis  Goldf. 

Protocardia  Piillana  Sow. 

Trigonia  aliformis  Park. 

Pectunculus  sublaevis  Sow. 

Cuctdlaea  glabra  Sow. 

Pinna  diluviana  Schloth. 

Inoceramus  Lamarcki  Münst. 

Modiola  ßagellifera  Forbes;  Gein.  Elbtlialg.  II,  S.  55. 

Ananchytes  sp.  ind. 

Weiterhin  zeigt  die  Gegend  von  Schützenhain,  Hochkirch, 
Langenau  wieder  mehr  Aufschlüsse.  An  ersterem  Ort  steht  der 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


93 


Sandstein  südlich  der  Strasse  an  und  wird  von  einer  starken  Lage 
Raseneisenerz  bedeckt.  Es  ist  derselbe  Sandstein  wie  bei  Hoch- 
ldrch  und  lieferte: 

Nautilus  laevigatus  d’Okb. 

Ammonites  Orbignyanus  Gehst. 

Cytherea  plana  Sow. 

» elongata  ReüSS. 

Im  westlich  davon  gelegenen  Bruche  von  Hochkirch,  welcher 
zur  Pfarre  dieses  Ortes  gehört,  zeigen  die  Schichten  nordwestliches 
Einfallen.  Zu  unterst  steht  fester,  weisser  Sandstein  an,  darüber 
5 Meter  feinkörniger,  sehr  mürber,  dann  folgen  2 Meter  Porzellan- 
thon, darüber  gröberer  Sandstein  mit  »Glasschwielen«,  zuletzt  unter 
dem  Diluvium  nochmals  weisser  Thon.  Nur  aus  dem  untersten 
Sandstein,  der  allein  verwertliet  werden  kann,  stammen  nach- 
folgende Petrefacten : 

Nautilus  laevigatus  d’Orb. 

Ammonites  Orbignyanus  Gein. 

Hamites  trinodosus  Gein. 

Scaphites  aequalis  Sow.  ? 

» inflatus  A.  Röm.  ? 

Turrilites  polyplocus  A.  Röm. 

Belemnitella  mucronata  Schlotte, 
letztere  als  Steinkerne,  wohl  erhalten,  gekennzeichnet  durch  die 
keulenförmige,  doch  schlanke  Scheide.  Der  Mucro  ist  nicht  er- 
halten, auch  sind  bei  dem  grobkörnigen  Material  etwaige  Gefäss- 
eindrüclce  nicht  zu  sehen;  ebensowenig  ist  der  Rand  der  Alveola 
und  die  Furche  vorhanden.  Allein  die  mit  den  Abbildungen  und 
vorliegenden  Exemplaren  gleiche  äussere  Gestalt  charakterisirt 
die  Species. 

Natica  canaliculata  Mant. 

Rostellari  vespertilio  Goldf. 

Panopaea  gurgitis  Goldf. 

Pholadomya  nodulifera  Goldf. 

» caudata  A.  Röm. 

Goniomya  designata  Goldf. 

Tellina  sp. 


94 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Venus  ovalis  Sow. 

» Goldfussi  Gein. 

Cytherea  plana  Sow. 

» elongata  ReüSS 
Cyprina  Ligeriensis  d’Orb. 

Protocardia  Hillana  Sow. 

Cardium  tubuliferum  Goldf. 

Luciiia  lenticularis  Goldf. 

Pectunculus  sublaevis  Sow. 

» lens  Nilss. 

» ventruosus  Gein. 

Cucullaea  glabra  Sow. 

Pinna  quadr angularis  Goldf. 

» decussata  Goldf. 

» diluviana  SCHLOTH. 

Mytilus  reversus  Sow. 

Avicula  pectiniformis  Gein. 

Inoceramus  Cripsi  Mant.  ; Goldf.  Petref.  Germ.  II,  Taf.  112, 
Fig.  4. 

Die  dicken,  wulstförmigen  Anwachsstreifen  bewirkten  die  Ver- 
wechselung mit  Inoceramus  Brongniarti , den  Drescher  von  Idoch- 
kirch  citirt. 

Lima  sp.  ind. 

Ostrea  cf.  hippopodium  Nilss. 

Micraster  cor-anguinum  Lam. 

Holaster  suborbicularis  Defr. 

» granulosus  Goldf. 

( Ananchytes  sp.  ind.) 

Spongium  saxonicum  Gein. 

» nodosum  Gein. 

Credneria  sp.  ind. 

Es  sind  hier  auf  schwachen  Thonlagern  zwischen  dem  Sand- 
stein Fussspuren  von  Sauriern  beobachtet,  ebenso  bei  Herzogs- 
waldau,  von  den  Arbeitern  »Teufelsgriffe«  genannt. 

Wenig  westlich  von  Hochkirch  ist  in  einem  Bruche,  der  zu 
Ober-Langenau  gehört,  ein  Profil  zu  sehen,  welches  an  das  von 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


95 


»Fechner,  Naturgeschichte  von  Görlitz«  p.  13  angeführte,  erinnert. 
Die  Schichten  fallen  unter  15°  ein,  sind  bedeckt  von  Diluvial- 
kies und  Lehm  und  zeigen  von  oben  nach  unten  5 Meter  grob- 
körnigen  Sandstein,  1 Meter  losen  Sand,  2 Meter  gelblichen  Thon 
und  zuletzt  feinkörnigen  Sandstein  wie  bei  Hochkirch. 

Südlich  von  Langenau  liefern  noch  einige  kleine  Brüche 
schlechtere  Bausteine,  nördlich  aber  im  Hirche’schen  Bruch  sieht 
man  wieder  Ueberquader  auf  Oberem  Senon.  Es  zeigt  sich  hier 
zwischen  grobkörnigem  oberen  und  feinkörnigem  unteren  Sand- 
stein eine  Schicht  von  3 Meter  buntem  Thon,  der  früher  für  die 
Tiefenfurter  Steingutfabrik  gewonnen  wurde. 

Ungefähr  in  der  Mitte  der  Bahnstrecke  Kohlfurt  - Pen  zig  be- 
finden  sich  sowohl  nördlich  als  südlich  der  Bahn  verlassene  Brüche 
und  Sandsteinkuppen;  doch  ist  aus  der  Lagerung  nicht  zu  ersehen, 
ob  sie  etwa  schon  dem  Ueberquader  angehören;  auch  vermochte 
ich  keine  Fossilien  darin  zu  finden. 

Ein  neuer  Complex  von  Sandsteinablagerungen  zeigt  sich  bei 
Penzighammer  mitten  in  der  Görlitzer  Heide,  wo  in  verschiedenen, 
stark  vom  Diluvium  bedeckten  Sandsteinriffen  einige  Steinbrüche 
betrieben  werden,  in  denen  man  ein  Einfallen  der  Schichten  nach 
ONO.  unter  60°  beobachtet.  Der  Sandstein  ist  weiss,  mit  thonigem 
Bindemittel,  und  es  wechseln  in  ihm  häufig  grob-  und  feinkörnige 
Lagen.  Nur  Spongium  saxonicum  Gein.  ist  sehr  häufig  darin  zu 
finden.  Im  nördlichsten  Bruche  lagert  über  dem  Sandstein  1 Meter 
rother  Thon  und  darüber  grobkörniger  Sandstein.  Endlich  tritt 
zum  letzten  Mal  bei  Nieder-Bielau  in  der  Nähe  der  Neisse  eine 
Sandsteinpartie  auf,  die  unter  60°  direct  nach  Osten  einfällt.  Der 
Stein  ist  grobkörnig  und  gelb  gefärbt.  Ueber  ihm  tritt  wieder 
rother  Thon  auf  und  aus  diesem  stammt: 

Nerinea  Geinitzii  Goldf. 

Mytilus  reversus  Sow. 

T erebratula  compressa  Lam., 

woraus  man  die  Zugehörigkeit  zur  Mucronatenschicht  scliliessen 
kann. 

Ausser  den  beschriebenen  Stellen  ist  nichts  vom  Auftreten 
des  Obersenons  in  der  Mulde  bekannt. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


96 


Es  bleibt  jetzt  nur  noch  eine  Zusammenstellung  der  Fossilien 


übrig. 


Diese  sind : 


OH 


Serpula  gordialis  Schloth.  . . 

Nautilus  laevigatus  d’Orb.  . . 

» patens  Kner  .... 
Ammonites  Orbignyanus  Gein.  . 

» subtricarinatus  d’Orb. 
Baculites  subbaculoides  Gein.  . 
Hamites  trinodosus  Gein.  . . 

Scaphites  aequalis  Sow.  . . . 

inflatus  A.  Röm.  . 
Turrilites  polyplocus  A.  Röm.  . 
Belemnitella  mucronata  Schloth. 
Turritella  Nerinea  A.  Röm. 

» multistriata  Reuss 
Omplialia  ventricosa  Dr.  . . 

» undulata  Dr.  . . . 

» ornata  Dr.  . . 

Eulima  turrita  Zek 

Nerinea  Geinitzn  Goldf. 

» incavata  Bronn  . ,. 
Actaeonella  Beyrichi  Dr.  . . 

Natiea  canaliculata  Mant.  . . 

» vulgaris  Reuss  . . 

Rostellaria  vespertilio  Golde.  . 
Pterodonta  inflata  d’Orb. 
Leguminaria  truneatula  Reuss 
Panopaea  gurgitis  Goldf.  . . 

Pholadomya  nodulifera  Goldf. 
Panopaea  plicata  Gein.  . . 

» regularis  d’Orb.  . . 


+ 

+ 


+ 


6.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


97 


Inocer. 

Brongn.- 

pläner 

Scaphiten- 

pläner 

Quadraten- 

kreide 

Pholadomya  aequivalvis  Goldf 

» caudata  A.  Rom 

+ 

+ 

Goniomya  designata  Goldf 

Tellina  sp.  ind 

Venus  immersa  Sovv 

» ovalis  Sow 

+ 

+ 

» Goldfussi  Gein. 

+ 

Cytlierea  plana  Som.  . 

+ 

» elongata  Redss 

+ 

» subdecussata  A.  Rom 

Protocardia  Ilillana  Sow 

Cardium  tubuliferum  Goldf 

+ 

Isocardia  Guerangeri  d’Orb.  

Oyprina  Ligeriensis  d’Orb 

Crassatella  arcacea  A.  Rom 

+ 

Lucina  lenticularis  Goldf 

+ 

+ 

Trigonia  aliformis  Park.' 

+ 

Pectunculus  sublaevis  Sow 

» lens  Nilss 

» ventruosus  Gein 

+ 

Cucullaea  glabra  Sow 

+ 

+ 

Pinna  quadrangularis  Goldf 

» decussata  Goldf 

+ 

» diluviana  Schloth 

Modiola  flagellifera  Fore.  

» reversa  Sow 

Mytilus  reversus  Sow 

Avicula  pectiniformis  Gein 

+ 

Perna  lanceolata  Gein 

+ 

Inoceramus  Oripsi  Mant 

» Lamarcki  Park.  . . 

Ostrea,  larva  Lam 

» cf.  hippopodium  Nilss 

[7] 


98 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Inocer. 

Brongn.- 

pläner 

Scaphiten- 

pläner 

Quadraten- 

kreide 

Terebratula  compressa  Lam 

Nucleolites  carinatus  Goldf 

Micraster  cor  - anguinum  Lam 

Holaster  suborbicularis  Dei  k 

» granulosus  Goldf 

Ananchytes f 

Asterias  tuberculifera  Du 

» Schulzii  Cott 

Stellaster  Albensis  Gein 

Spongium  saxonicum  Gein 

» nodosum  Gein 

+ 

+ 

Credneria  denticulata  Zenk 

» cuneifolia  Zenic 

Debeya  serrata  Miqu 

Protopteris  Singen  Göpp 

Caulopteris  sp.  Göpp 

+ 

Es  ergiebt  sich  nach  vorstehender  Tabelle,  dass  keines  der 
angeführten  78  Fossilien  schon  im  Cenoman  oder  Unterturon  be- 
kannt ist.  Mit  dem  Mittelturon  gemeinsam  sind: 

Natica  canaliculata  Mant. 

» vulgaris  ReüSS 
Rostellaria  vespertilio  Goldf. 

Panopaea  gurgitis  Sow. 

Pholadomya  caudata  A.  Röm. 

Goniomya  designata  Goldf. 

Lucina  lenticularis  Goldf. 

Cucullaea  glabra  Sow. 

Holaster  suborbicularis  Defr. 

» granulosus  Goldf. 

Mit  dem  Oberturon  gemeinsam  ist  nur  Turritella  multistriata 
ReüSS,  dagegen  ist  die  Verwandtschaft  mit  der  Quadraten- 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde.  99 

schiebt  grösser,  da  ersichtlich  33  pCt.  der  Fossilien  damit  über- 
einstimmen. 

Der  Inoceramus  Brongniarti  Sow.  reicht  nicht  bis  in  dieses 
Niveau,  auch  ist  er  schon  in  der  Neu-Warthauer  Kreide  nicht 
mehr  bekannt;  die  Angabe  Drescher’ s beruht  jedenfalls  auf  Ver- 
wechselung mit  dem  Inoceramus  Lamarcki  Park. 

Merkwürdig  ist  das  Auftreten  gewisser  Cfastropoden  in  be- 
stimmten Schichten  und  das  fast  gänzliche  Fehlen  der  Brachio- 
podeu.  Die  wenigen  Pflanzenreste  aus  der  Quadratenkreide 
werden  hier  schon  häufiger  und  nehmen  im  Ueberquader  an 
Arten  und  Anzahl  noch  zu,  so  dass  dort  ganze  Kolilenflötze 
auftreten. 

Besonders  bezeichnend  für  die  Stellung  der  Zone  sind  von 
Thierresten : 

Nautilus  laeoigatus  d’Orb. 

» patens  Kner 

Ammonites  Orbignyanus  Gein. 

» subtricarinatus  d'Orb. 

Belemnitella  mucronata  Schloth. 

Inoceramus  Lamarcki  Park. 

Ostrea  larva  Lam., 

welche  alle  charakteristisch  für  das  Obersenon  sind. 

Merkwürdig  ist  die  palaeontologische  Uebereinstimmung  mit 
der  Kreide  von  Ahlten,  Haldem,  Lemberg  und  Lüneburg  und  die 
Abweichungen  von  der  Rügener  Kreide,  worauf  schon  v.  Strom- 
beck aufmerksam  machte,  indem  er  erstere  Ablagerungen  für 
Küstenfacies  und  die  letztere  für  Tiefseefacies  erklärte.  Gerade 
diese  Abtheilung  der  Kreide  ist  für  die  Gegend  von  grösster 
industrieller  Wichtigkeit,  da  die  daraus  stammenden  Bau-  und 
Bildhauersteine,  besonders  in  der  letzten  Zeit,  sehr  gesucht 
werden. 


100 


6.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidomulde. 


?).  Oberstes  Serum  = Ueberquader  Beyrich’s. 

Schon  in  der  vorigen  Abtheilung  ist  mehrfach  daraufhingewiesen 
worden,  dass  nicht  die  Nerineenschicht,  wie  Di  iescher  annimmt, 
den  Uebergang  zum  Ueberquader  vermittele,  sondern  vielmehr  ein 
tieferes  Niveau  einnehme,  und  dass,  wenn  eine  Veränderung  der 
Schichtenfolge  in  Combination  mit  dem  Auftreten  ganz  neuer 
Geschlechter  zweierlei  Abtheilungen  einer  Formation  scheiden  soll, 
der  Ueberquader  erst  mit  einer  Schicht  rothen  Thones  beginnt, 
die  stets  über  dem  oberen  senonen  Sandstein  auftritt.  Dieser 
Thon  schliesst  zwar  nirgends  Petrefacten  ein,  aber  der  auf  ihn 
stets  folgende  mürbe  Sandstein  zeigt  immer  die  charakteristischen 
Leitfossilien  des  Ueberquaders:  Cyrena  cretctcea  Dr.  und  Cardium 
Ottoi  Dr. 

Petrographiscli  hat  der  Ueberquader  ein  ganz  anderes  An- 
sehen als  alle  vorhergehenden  Abtheilungen  der  Kreide ; es  folgen 
hier  im  bunten  Wechsel:  mürbe  Sandsteine,  die  im  Ausgehenden 
gewöhnlich  zu  Sand  werden,  Thone  der  verschiedensten  Qualität 
und  Farbe,  mächtige  Lettenschichten,  und  darin  eingebettet, 
unzählige  Thoneisenstein-  und  Kohlenflötze  von  nur  ganz  geringer 
AI  ächtigkeit.  Die  Profile  der  verschiedenen  Ablagerungsgebiete 
ergeben  keine  Uebereinstimmung  in  der  Reihenfolge  der  Schichten, 
so  dass  das  Profil  Drescher's  von  Wenig-Rackwitz  nicht  typisch, 
doch  aber  charakteristisch  ist. 

Die  Ansicht,  welche  Drescher  aufstellt,  und  welche  auch  an 
anderen  Orten  vertreten  wird,  dass  nämlich  der  Ueberquader  in 
zwei  streng  geschiedenen  Atodificationen  auftritt,  einmal  in  dem 
angedeuteten  System,  dann  aber  auch  in  Gestalt  lockerer  An- 
häufungen von  Sand  und  Kies  mit  klumpigen  Ausscheidungen 
eines  sehr  harten  kieseligen  Sandsteins,  besser  Quarzits,  ausge- 
zeichnet durch  eine  glänzende,  wie  polirte  Oberfläche,  ist  entschieden 
unrichtig.  Diese  Quarzite  sind  vielmehr  nicht  als  Ueberquader  auf- 
zufassen, sondern  zur  oligocänen  Abtheilung  des  Tertiär  zu  stellen. 
Der  eigentliche  Ueberquader  aber  gehört  unbedingt  noch  zur  Kreide, 
und  zwar  als  deren  oberstes  Glied,  wiewohl  in  neuerer  Zeit  oft 
Vergleiche  die  Ansicht  zu  befördern  schienen,  er  sei  schon  tertiär. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


101 


Demzufolge  fällt  ein  grosser  Tlieil  der  Gebiete,  die  bisher 
zum  Ueberquader  gerechnet  wurden,  fort,  und  es  erweist  sich, 
dass  letzterer  vollständig  an  die  allgemeinen  Grenzen  der  Kreide- 
mulde gebunden  ist,  sich  meist  im  Innern  der  Mulde  concentrirt 
und  sonst  nur  weiter  westlich  äusserst  beschränkt  an  den  Rändern 
des  Ablagerungsgebietes  im  Hangenden  des  Mucronatensandsteins 
auftritt. 

Die  grosse  Wichtigkeit  des  Ueberquaders  für  die  Industrie 
der  Gegend  veranlasst  mich,  auf  eine  detaillirte  Beschreibung  ein- 
zugehen. 

Beginnen  wir  mit  dem  östlichen  Theile  des  Südrandes,  zu 
dem  wir  Alles  rechnen,  was  noch  nördliches  Einfallen  zeigt,  so 
finden  wir  den  Ueberquader  zuerst  deutlich  erschlossen  mit  einer 
sehr  charakteristischen  Fauna  bei  Sirgwitz,  nördlich  von  Löwen- 
berg. Oestlich  von  der  Strasse  nach  Bunzlau,  unterhalb  der 
sogenannten  »Eichhornschenke«,  findet  sich  der  oben  erwähnte 
Bruch  im  Quader  der  Mucronatenschicht.  Lieber  dem  Sandstein 
sieht  man  zunächst  3 .Meter  feinen  Thon,  der  trotz  seiner  vor- 
züglichen Eigenschaften  nicht  benutzt  wird;  darüber  folgt  1 Meter 
Letten,  0,262  Meter  -schwarze  anthracitische  Kohle,  wieder  1 Meter 
Letten  und  dann  mürber  Sandstein.  Auf  dem  Kohlenflötze  ist 
vor  Zeiten  Bergbau  betrieben,  wie  Haldenreste  erweisen,  doch 
schwerlich  mit  Gewinn.  Aus  dem  Sandstein  im  Hangenden  stam- 
men die  meist  schon  von  Drescher  aufgeführten  Fossilien: 
Serpula  sp.  ind. 

Turriteüa  multistriata  ReüSS 
» nodosa  A.  Röm. 

» inique  - ornata  Dr. 

Omphalia  ornata  Dr. 

Eulima  turrita  Zeig 
Rostellaria  ornata  d’Orb. 

Voluta  semiplicata  Münst. 

Dentalium  glabrum  Gein. 

Leguminaria  truncatula  ReüSS 
Pholadomya  nodulifera  Goldf. 

» caudata.A.  Röm. 


102 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Mactra  Carter oni  d’Orb. 

Anatina  lanceolata  Gehst. 

Tellina  plana  A.  Röm. 

Arcopagia  numismalis  d’Orb. 

Venus  ovalis  Sow. 

» faba  Sow. 

Cythera  plana  Sow. 

Cyrena  cretacea  De. 

Cyrena  sp.  ind. 

Cardium  productum  Sow. 

» tubuliferum  Goldf. 

Isocardia  cretacea  Goldf. 

Crassatetta  arcacea  A.  Röm. 

Lucina  lenticularis  Goldf. 

Trigonia  aliformis  Park. 

Area  cf.  Raulini  d’Orb. 

Cucullaea  glabra  Sow. 

» propinqua  ReüSS 

Pinna  diluviana  Schloth. 

Mytilus  Galliennei  d’Orb. 

» cf.  lanceolatus  Sow. 

Modiola  siliqua  Math. 

Lima  plana  A.  Röm. 

Aehnliche  Verhältnisse  zeigen  sich  östlich  an  der  Hohlsteiner 
Ziegelei,  wo  unter  Diluvialkies  eine  Schicht  Letten,  darunter  sandige 
Letten  mit  Kohlentrümmern  und  zuletzt  rother  Letten  mit  einzelnen 
Stücken  Thoneisenstein  aufgedeckt  sind. 

Weiter  nördlich  auf  der  rechten  Boberseite  sind  Aufschlüsse 
im  Ueberquader  erst  wieder  bei  Ivunzendorf  und  Ullersdorf.  An 
ersterem  Orte  liefert  ein  bergmännischer  Betrieb  Thone,  die  den 
von  Tschirne  durch  Olschewsky  in  der  »Töpfer-  und  Ziegler- 
Zeitung  1879«  beschriebenen  ganz  ähnlich  sind.  Sie  liegen  in 
Flötzen  zwischen  Sandstein  eingebettet.  Westlich  davon,  links 
von  der  Strasse,  ist  Ueberquader  an  der  Ullersdorfer  Ziegelei  auf- 
gedeckt.  Es  lagern  hier  auf  mürbem  Sandstein,  der  schwach  nach 
NO.  einfällt,  einige  Centiineter  Letten,  darauf  2 Meter  Thon  und 


G.  Williger,  die  Löwenborger  Kreidemulde. 


1 03 


zum  Schluss  wieder  Sandstein.  Im  Thon  zeigen  sich  Stammstücke 
in  Pechkohle  verwandelt,  ebenso  im  Sandstein  solche  Ins  zn  25  Fuss 
Länge  (cf.  Göppert,  Jahrb.  f.  Min.  etc.  1865,  p.  399).  Die  Grenze 
des  Thons  und  Sandsteins  lieferte  gut  erhaltene  Blattabdrücke  der 
Arten : 

Gleichenia  Dresleriana  Göpp.;  Syst.  fil.  foss.  und 
Cunninghamites  oxycedrus  Presl.  ; Dunk.  & Meyer,  Palaeont. 
Bd.  4,  p.  179,  T.  32  u.  33,  wie  sie  nach  Schimper  bei 
Niederschöna  in  Sachsen,  ferner  bei  Blankenburg,  Lem- 
berg, Aigen  bei  Salzburg  in  der  Oberen  Kreide  Vor- 
kommen. 

Phyllicites  laevigatus  Miqu.,  p.  9,  T.  1 , F.  2 ; von  Göppert, 
T.  I,  III,  F.  9 u.  10  abgebildet. 

Debeya  serrata  Miqu.,  nach  Göppert  Phyllites  Geinitzianus , 
mit  ausgezeichnet  gedrehten  Blättern,  deren  Ränder 
scharfe  Zähnelunec  zeigen. 

Acer,  sp.  ind.,  von  Göppert  bestimmt. 

Salicites  dubius , latioribus  et  angustioribus  foliis , nach 
Göppert. 

Ueberschreitet  man  westlich  gehend  den  Bober,  so  findet  man 
am  vollständigsten  den  Ueberquader  erschlossen  über  den  gross- 
artigen Sandsteinbrüchen  von  Wenig-Rackwitz  nach  Wenig- Walditz 
hin,  und  zwar  mit  einem  Einfallen  Aron  16n  NO.  Drescher  hat 
das  Profil,  welches  sich  am  Wege  bietet,  schon  auf  das  Genaueste 
beschrieben. 

Es  wechseln  hier  mit  Sandsteinschichten  4 mächtige  Thon- 
und  mehrere  schwache  Thoneisenstein-  und  Kohlenflötze.  Auf 
letztere  wurde  vor  einigen  Jahren  ein  Schacht  niedergebracht,  der 
nachstehendes  Profil  bot: 

feinkörniger  mürber  Sandstein,  gelb  bis  rotli  gefärbt, 
fester  weisser  Sandstein, 
gelber  mürber  » , 

dunkelgrauer  » , erfüllt  mit  massenhaften  Ueber- 

resten  von  Turritella , Cyrena  cretacea  etc., 
oberstes  Koblenflötz,  0,105  Meter  mächtig,  mit  Brandschiefer, 
glimmeriger  Letten,  grün  bis  schwarz,  mit  Cyrenen, 


104 


G.  Williger,  die  Löwenberger  .Kreidemulde. 


thonige  Lage  mit  Cyrena , Cardium  etc.  In  ihr  treten 
weisse  feste  Thonpartieen  auf  mit  schlecht  erhaltenen 
Pflanzenabdrücken, 
kalkhaltiger  Sandstein, 

0,105  Meter  Thoneisenstein, 
gelber  Sandstein, 

0,523  Meter  bauwürdige  Kohle, 

Letten. 

Aus  dem  Thoneisenstein  stammte: 

Turritella  nodosa  A.  Köm. 

Omphalia  ornata  Dr. 

Cyrena  cretacea  Dr. 

Cardium  Ottoi  G ein. 

Cucullaea  propin  qua  ReüSS 
Mytilus  Cottae  A.  Köm. 

Plicatvla  Roemeri  D Örb. 

Blätter  von:  Adianturn  sp.  ind.  Göpp. 

Alethopteris  sp.  ind.  Göpp. 

Taeniopteris  » » » 

Gleichenia  Dresleriana  » 

cf.  Göppert  »Ueber  die  fossile  Kreideflora 
und  ihre  Leitpflanzen«,  Zeitschr.  d.  D. 
geol.  Ges.,  Bd.  17. 

Cannophyllites  sp.  ind.  Göpp.,  ebendaher. 
Cunninghamites  oxycedrus  Ppresl. 

cf.  dieselbe  Abhandlung. 

Sequoia  Reichenbachi  Gein. 

In  dem  Letten  sind  gefunden: 

Ganoid-  Schuppen. 

Glyphaea  ornata  A.  RöM. 

Turritella  nodosa  » 

» multistriata  ReüSS 
» inique  - ornata  Dr. 

Omphalia  ornata  Dr. 

Rostellaria  ornata  d’Orb. 

Cyrena  cretacea  Dr. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


105 


Cardium  Ottoi  Dr. 

Pholadomya  candata  A.  Rom. 

Avicula  pectiniformis  Gein. 

Plicatula  Roerneri  d’Orb. 

Alethopteris  sp.  ind. 

Sequoia  Reichenbachi  Gein. 

Aus  dem  dunkelen  Sandstein  wurden  erhalten: 
Die  3 Turritellenarten,  ferner 
Cardium  Ottoi  Gein. 

» tubuliferum  Goldf. 

Cyrena  cretacea  Dr. 

Aus  den  obersten  Sandsteinlagen : 

Hamites  Römeri  = 11.  intermedius  Gein. 
Turritella  multistriata  ReüSS 
» nodosa  A.  Röm. 

Cerithium  Requienianum  d’Orb. 

Rostellaria  ornata  Dr. 

» Reussii  Gein. 

Eulima  turrita  Zek. 

Fusus  Nereidis  Münst. 

Voluta  semiplicata  Münst. 

Turbo  sp.  ind. 

Acmaea  dimidiata  ReüSS,  II,  8. 

Leguminaria  truncatula  ReüSS 
Panopaea  gurgitis  Goldf. 

Pholadomya  nodulifera  Goldf. 

» caudata  A.  Röm. 

Anatina  lanceolata  Gein. 

Tellina  plana  A.  Röm. 

Cytherea  plana  Sow. 

» elongata  ReüSS 
Venus  faba  Sow. 

» ovalis  Sow. 

Cyprina  rostrata  Gein. 

» cretacea  Dr. 

Cardium  Ottoi  Goldf. 


106 


G.  Williger,  die  Löwenborger  Kreidemulde. 


Cardium  tubuliferum  Goldf. 

Isocardia  cretacea  Goldf. 

Lucina  lenticularis  Goldf. 

Trigonia  aliformis  Park. 

Area  Geinitzii  (Elbthalg.  II,  p.  55). 

Pectunculus  ventruosus  Gein. 

Cucullaea  glabra  Sow. 

» propinqua  Reuss 

Pinna  diluviana  Schloth. 

Mytilus  Galliennei  d'Okb. 

» Cottae  A.  Röm. 

Modiola  siliqua  Math. 

Avicula  pectiniformis  Gein. 

» » » 

» triloba  A.  Röm. 

Perna  lanceolata  Gein. 

Lima  plana  A.  Röm. 

Germllia  solenoides  Gein. 

Heteropora  dichotoma  Goldf. 

Aus  dem  weissen  festen  schieferigen  Thone: 

Blätter,  die  zu 

Laurus  cretacea  Ett.  und 

Andromeda  Parlatorii  Heer 
zu  gehören  scheinen. 

Ausserdem 

Sequoia  Reichenbachi  Gein. 

Es  finden  sich  von  letzterer  zahlreiche  Bruchstücke,  die  ohne 
Schwierigkeit  zu  dieser  Species  gezogen  werden  können.  Die 
Blätter  sind  schmal,  lanzettlicli,  mit  sichelförmig  gekrümmter 
Spitze  und  am  Stengel  herablaufender  Basis.  Von  Zapfen  sind 
mehrere  Bruchstücke  vorhanden,  die  sämmtlich  sich  als  Durch- 
schnitte in  der  Längsrichtung  darstellen.  Der  Hauptcharakter 
der  Sequ.  Reichenbachi , die  breiten,  in  der  Mitte  mit  einer  grossen 
rhombischen  Vertiefung  versehenen  äusseren  Scheiben  der  Zapfen- 
schuppen, kann  an  ihnen  deutlich  beobachtet  werden. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


107 


Die  zahlreichen  Synonyma  deuten  auf  eine  weite  Verbreitung 
dieser  Sequoia  in  der  Kreidezeit.  Sie  ist  bis  jetzt  bekannt  von 
folgenden  Localitäten:  Aus  Unterquader,  Unterpläner  und  Pläner- 
kalk in  Sachsen  von  Strehlen,  Hundorf  und  Weinböhla,  Cenoman 
und  Oberturon  Böhmens,  Unterquader  von  Moletein  in  Mähren, 
Urgonschichten  von  Wernsdorf,  Cenoman  Grönlands  und  Spitz- 
bergens (Korne),  von  Waltersdorf  und  zwar  im  Schieferthon  des 
Quadersandsteins;  Untersenon  von  Westfalen  und  Südfrankreich 
(Bausset);  Norische  (obere)  Kreide  von  Nordamerika;  Quadraten- 
kreide  von  Quedlinburg;  Mastrichtschichten  zu  Anderlues  in 
Belgien. 

Göppeet  und  Drescher  führten  sie  auf  als  Geinitzia  cretacea 
Endl. 

Weiter  im  Hangenden  von  Wenig-Rackwitz  finden  sich  bei 
Wenig-Walditz  Thongruben,  die  Ueberquaderthon  zwischen  Sand- 
steinschichten abbauen. 

Das  schon  bei  Sirgwitz  und  dann  bei  Wenig -Rackwitz  auf- 
tretende Kohlenflötz  bat  in  seiner  westlichen  Fortsetzung;  mehrfach 
Versuche  zum  Bergbau  hervorgerufen.  An  der  Strasse  von 
Andreasthal  hat  man  früher  ein  20  zölliges  Flötz  abgebaut,  und 
jetzt  wird  wiederum  ein  Schacht  auf  dasselbe  abgeteuft. 

Als  Fortsetzung  des  Zuges  Kunzendorf- Ullersdorf  ist  das 
Thonvorkommen  bei  Neuen  nordwestlich  von  Löwenberg  zu  be- 
trachten. Aus  dem  Sandstein  von  hier  hat  Göppert  in  seiner 
Flora  des  Quadersandsteins 

Münsteria  Schneideriana  Göpp. 

Cylindrites  spongioides  Göpp. 

beschrieben,  die  wohl  identisch  mit  Spongium  saxonicum  Ge  in.  sind. 

Ehemals  wurde  auch  südlich  von  Neuen  Bergbau  getrieben 
und  weiter  westlich  bei  Ottendorf,  östlich  von  Naumburg  a..  Qu., 
doch  sind  die  Verhältnisse,  unter  denen  das  geschah,  nicht  bekannt; 
jetzt  sieht  man  nur  dicht  an  letztgenanntem  Dorfe  östlich  der 
Strasse  Sandstein  anstehen,  der  unter  5°  nördlich  einfällt  und  aus 
dem  nur  Cyrena  cretacea  Dr.  bekannt  ist. 

In  der  Görlitzer  Sammlung  befinden  sich,  in  Thoneisenstein 
erhalten,  von  Ottendorf: 


108 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Cyrena  cretacea  De. 

Cardium  Ottoi  Dein. 

Cucullaea  glabra  Sow. 

Mytilus  Cottac  A.  Röm. 

Sequoia  Reiclienbachi  Dein. 

Im  H äugenden  des  Mucronatensandsteinzuges  von  H erzogs- 
waldau  sind  östlich  von  Nanmburg  dieselben  Thone  zwischen 
Sandstein  abgelagert,  wie  sie  später  von  Tschirna  beschrieben 
werden  sollen. 

Ueberschreitet  man  den  Qneis,  so  ist  dicht  bei  Ullersdorf, 
westlich  von  Naumburg,  der  Ueberquader  im  Hangenden  des 
Oberen  Quaders  durch  die  Gruben  des  Herrn  Hersel  aufs  Beste 
erschlossen.  (Yergl.  Profil  5.)  Zuunterst  lagert  eine  mächtige  Letten- 
schicht, welche  mehrere  Flötze  von  Kohlen  und  Brandschiefer  ein- 
schliesst.  Nur  das  oberste  Kohlenflötz,  0,471 — 0,523  Meter  mächtig, 
ist  abbauwürdig.  Dazwischen  liegen  in  grosser  Anzahl  Thoneisen- 
steinflötze,  nie  über  0,105  Meter  mächtig,  deren  Erz  nach  einer 
Analyse  des  Herrn  Dr.  Peck  einen  Gehalt  von  22  pCt.  Eisen  hat. 
Alle  Schichten  sind  ausnahmslos  von  Petrefacten  erfüllt.  Der 
unter  dem  abgebauten  Flötze  befindliche  sandige  Schieferthon  ist 
reich  an  Glimmerblättchen  und  enthält  nur  Pflanzentrümmer.  Das 
Flötz  selbst  besteht  aus  0,523  Meter  reiner  Kohle,  welche  pech- 
schwarz und  stark  glänzend  ist.  Der  Strich  ist  braun  bis  schwarz, 
und  im  Ansehen  variirt  sie  zwischen  böhmischer  Braunkohle  und 
Antliracit,  auch  kommt  sie  im  Brennwerthe  der  Steinkohle  gleich. 
Im  Hangenden  der  Kohle  treten  0,157  Meter  pechschwarze,  ver- 
steinerungsleere Brandschiefer  auf.  Aus  den  folgenden  blaugrauen 
Letten,  in  denen  sich  förmliche  Bänke  kalkiger  Mollusken-Schalen 
finden,  stammen: 

Turritella  nodosa  A.  Röm. 

» multistriata  Reuss 
» inique  - ornata  De. 

Omphalia  ventricosa  De. 

» ornata  De. 

Dentalium  glabrum  Gein. 

Cyrena  cretacea  Dr. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


109 


Cyrena  tenuistriata  Klocke 
Area  propinqua  ReüSS 
» Geinitzii  ReüSS 
Cardium  Ottoi  Goldf. 

Cyprina  sp.  ind.  Beyr. 

Sequoia  Reichenbcichi  Gehst. 

Beachtenswerth  ist  das  häufige  Vorkommen  kleiner  Stückchen 
Iietinit. 

Im  Thoneisenstein  fanden  sich: 

Serpula  iniqua  Klocke 
» sp.  ind. 

Turritella  nodosa  ReüSS 
» inique  - ornata  De. 

» multistriata  ReüSS 
Omphalia  ventricosa  Dr. 

» ornata  Dr. 

Dentalium  glabrum  Dein. 

Venus  ovalis  Sow. 

Cardium  lineolatum  ReüSS 
» Ottoi  Golde. 

Lima  plana  A.  Röm. 

Mytilus  Cottae  A.  Röm. 

Cyprina  sp.  ind. 

Im  XLI.  Bande  des  Lausitzer  Magazins  hat  Klocke  die 
Schichtenfolge  näher  beschrieben  und  die  Ansicht  aufgestellt,  da 
er  in  einem  der  oberen  Thoneisensteintlötze  nur  marine  Fossilien 
fand,  dass  rein  marine  und  brackische  Schichten  hier  abwechselten 
und  dass  wir  demnach  hier  ein  Ausflussbassin  von  Süsswasser 
in  das  Kreidemeer  vor  uns  hätten , in  welchem  eine  brackische 
Fauna,  aber  nie  Bewohner  des  tieferen  Meeres  lebten.  In  die 
allgemeine  Versumpfung,  die  durch  die  Kohlenflötze  angezeigt 
sei,  wäre  dann  wiederholt  das  Meer  eingedrungen,  welches  die 
Thoneisensteine  abgesetzt  hätte.  Die  ganze  Erscheinung  erklärt 
er  durch  wiederholte  Hebung  und  Senkung  der  Küste.  Auf  dem 
Kolilenflötz  baut  die  Grube  »König  Wilhelm«,  welche  jährlich 
gegen  60000  Centner  Kohle,  und  zwar  meist  Stückkohle  für  den 


110 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Bedarf  der  zugehörigen  Thonwaarenfabrik  liefert.  Das  Streichen 
der  Schichten  ist  h.  71/25  das  Einfallen  aber  ein  sehr  verschiedenes, 
gewöhnlich  14°,  aber  auch  24 — 28°  und  stellenweis  sogar  45°, 
was  für  eine  ungleiclnnässige  Aufrichtung  der  Schichten  spricht. 
Der  Abbau  wird  mit  schwebenden  Strecken  und  Pfeilerverhieb 
geführt  und  hat  auffallende  Knickungen,  schwache  Sprünge  und 
Ueberschiebungen  des  Flötzes  aufgedeckt. 

O O 

Im  Hangenden  des  oberen  Lettens  folgt  ein  feinkörniger 

O O o 

Sandstein  ohne  Versteinerungen,  der  in  seinen  oberen  Partieen 
3 Flötze  von  feinem  Thon  einschliesst,  die  unter  28°  einfallen. 
D as  Hangende  und  liegende  Flötz,  je  1 Meter  mächtig,  enthalten 
feinen  weissen  Thon,  das  mittlere  dagegen,  nur  0,523  Meter  mächtig, 
zeigt  buntgefärbten.  Eine  Analyse  des  letzteren,  der  als  färbende 
Beimengung  zu  gewissen  Zwecken  in  der  Thonwaarenindustrie 
verwandt  wird,  ergab: 


W asser  

. . 9,74 

Kieselsäure  .... 

. . 31,53 

Quarz 

. . 24,41 

Thonerde  .... 

. . 26,64 

Eisenoxyd  .... 

. . 6,36 

Kalk 

. . 0,95 

Magnesia  .... 

. . 0,27 

99,90. 

Die  Zusammensetzung  dieses  Thonflötzes  ist  aber  nicht  gleich- 
massig,  besonders  schwankt  der  Eisengehalt.  Nur  auf  den  weissen 
Thonflötzen  wird  ein  rationeller  Bergbau  durch  streichenden  und 
schwebenden  Strebbau  getrieben.  Vorläufig  ist  das  Hangende 
Flötz  im  Angriff.  Es  zeigt  ein  Sandsteinmittel,  welches  von 
1 Centimeter  bis  1 Meter  schwankt,  im  letzteren  Falle  den  Abbau 
erschwert,  aber  als  gutes  Versatzmaterial  dient. 

Der  Thon  wird  möglichst  in  grossen  Stücken  gewonnen  und 
über  Tage  sortirt.  Die  Gesammtförderung  der  besten  Sorte,  welche 
meist  in  die  Waldenburger  Porzellanfabriken  geht,  beträgt  jährlich 
60000  Centuer.  Dieser  Thon  ist  fast  frei  von  Eisen,  Kalk  und 
Magnesia  und  zeigt  folgende  Zusammensetzung: 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


111 


Wasser  .... 

. . . 10,88 

Kieselsäure  . 

. . . 56,45 

Thonerde 

. . . 29,50 

Eisenoxyd  . 

. . . 0,97 

Kalk 

. . . 0,43 

99,23. 


Die  geringeren  Sorten,  welche  meist  durch  kohlige  Streifen 
verunreinigt  sind,  werden  in  der  bekannten  Hersel’schen  Fabrik 
zu  feuerfesten  Verblendsteinen  etc.  verarbeitet. 

Tertiär  und  Diluvium  verbergen  eine  Strecke  weit  die  han- 
genden Schichtenfolgen  bis  zur  Thongrube  von  Tschirna  in  der 
Mitte  zwischen  Ullersdorf  und  Siegersdorf,  die  einen  Thon  von 
derselben  Qualität  liefert,  wie  die  von  Colonie  Naumburg,  Neuen, 
Wenig -Walditz  etc.  Er  lagert  zwischen  Sandstein  und  schliesst 
oft  Kohleustücke  ein. 

Seine  Zusammensetzung  fand  ich  bestehend  aus: 


W asser  . 

9,17 

Quarz 

....  7,94 

Kieselsäure  . 

....  52,09 

Thonerde 

....  29,02 

Eisenoxyd  . 

....  1,43 

Magnesia 

....  0,13 

Kalk  . . . 

....  0,34 

100,12. 

Diese  gleichfalls  vorzüglichen  Thone  erhalten  ihre  Haupt- 
verwendung in  den  Siegersdorfer  Werken  zu  feuerfesten  Steinen. 

Was  am  Südrande  der  Mulde  sonst  noch  dem  Ueberquader 
angehört,  ist  meist  schon  bei  der  Beschreibung  des  Obersenon 
erwähnt.  Es  sind  Thone  und  Sandsteine,  die  im  Hangenden  der 
Mittelsenonschichten  bei  Hochkirch,  Ober -Langenau  und  Penzig- 
hammer  auftreten  und  aus  denen  von  Langenau  nur : 

Turritella  nodosa  A.  Röm.  und 
Dentalium  glabrum  Gein. 
bekannt  sind. 


112 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Weniger  als  am  Südflügel  der  Mulde  ist  der  Ueberquader 
am  Nordrand  vertreten.  Bei  Neu-Warthau  (vergl.  Profil  4)  ist  er 
zunächst  durch  Brunnen  abteufen  nach°;ewiesen.  Es  lagern  auf 
der  schon  oben  erwähnten  1 Meter  starken  rotlien  Thonschicht 
3 Meter  Sandstein,  darauf  2,5  Meter  schwarzer  Letten.  Wechselnde 
Lagen  von  Kies  und  Lehm,  die  dem  Diluvium  angehören,  bedecken 
das  Ganze. 

Ueberquaderthone  und  Kohlenflötzchen  sind  beim  Brunnen- 
bohren bei  den  Dörfern  Alt-  und  Neu- Jäschwitz  aufgefunden. 
Am  Besten  ist  aber  der  Ueberquader  erschlossen  bei  Bunzlau. 
Schon  am  Wege  von  Neu-Warthau  liegen  2 Thongruben  im 
Ueberquader;  dieselben  sind  aber  in  noch  grösserer  Anzahl  vor- 
handen zwischen  den  Alt-  und  Neu-Jäschwitzer  Strassen.  Kommt 
man  von  Süden,  so  liegt  rechts  von  dem  Neu-Jäschwitzer  Wege 
in  der  Haide  eine  zusammenhängende  Reihe  von  Thongruben,  die 
aber  jetzt  nicht  im  Betriebe  sind.  Die  Thone  sind  hier  zwischen 
Sandstein  gelagert  und  fallen  nach  SO.  ein.  Oestlicli  Bunzlau 
um  den  Dryssel  trifft  man  wieder  grossartige  Thongruben,  in 
denen  mächtige  Thonlager  unter  1 bis  3°  einfallen  und  lettige 
Schichten  einscldiessen.  Der  Thon  ist  hier  meist  bunt;  gelbe, 
dunkel-  und  hellrotlie,  blaue,  weisse  Färbungen  wechseln  be- 
ständig ab. 

Die  weitaus  grösste  Bedeutung  haben  aber  die  Thone  auf 
der  linken  Boberseite,  südlich  Bunzlau  im  Tillendorfer  Gebiete. 
Sie  treten  hier  als  eine  Reihe  von  Flötzen,  stets  ungefähr 
1 Meter  stark,  im  Sandstein  des  Ueberquaders,  ungefähr  unter 
15°  einfallend,  auf.  Der  Abbau  geschieht  theils  durch  Tage- 
bau, theils  durch  unterirdischen  Betrieb.  In  manchen  Flötzen 
scliliesst  der  Thon  hier  merkwürdige  Concretionen  ein,  die,  bis 
zu  0,262  Meter  im  Durchmesser,  in  einer  Hülle  von  Tlioneisenstein 
ein  Pulver  von  Schwefeleisen,  Thon  und  kohligen  Resten  ent- 
halten. 

Die  Qualität  des  Tliones  ist  sehr  verschieden,  man  sondert 
ihn  streng,  verkauft  die  besseren  Sorten  in  Glasfabriken  zur  Her- 
stellung der  Häfen;  das  übrige  dient  zur  Bereitung  des  welt- 
berühmten »Bunzlauer  Geschirrs«.  Einige  Analysen  sind  bekannt. 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


113 


In  Quenstedts  Mineralogie  wird  ein  rother  Thon  beschrieben, 
der  folgendermaassen  zusammengesetzt  ist: 


nach  Klaproth 

nach  Richters 

W asser 

. . . 11 

6,08 

Kieselsäure 

. . . 61 

27,31 

Quarz  . 

. . . — 

42,20 

Thonerde  . 

. . . 27 

20,97 

Eisenoxyd 

. . . 1 

1,35 

Magnesia  . 

. . . — 

0,15 

Kali  . . 

. . . — 

0,32 

Natron 

. . . — 

0,52 

100. 

98,90. 

uerer  Zeit  hat  Olschewsky  den 

eigen 1 1 i eben  T öpferth on 

md  fand: 

Ich  fand: 

Wasser 

. . 6,28 

8,32 

Kieselsäure 

. . 68,48 

68,07 

Thonerde  . 

. . 21,88 

20,08 

Kalk  . . 

. . — 

0,34 

Magnesia  . 

. . 0,37 

— 

Eisenoxyd 

. . 1,62 

1,97 

98,78. 

98,78. 

bei  Tiefenfurt  finden  sich  Ueberquaderthone  nxit  Kohlen- 

vorher  aber 

sclioix  bei  Wehrau 

- Klitschdorf. 

trümmern, 

Der  Queis  hat  sich  an  den  letzten  zwei  Orten  sehr  tief  ein- 
geschnitten  und  eine  Reihenfolge  von  Schichten  entblösst.  Kommt 
man  von  Norden,  so  sieht  man  auf  dem  linken  Ufer  Buntsandstein 
ohne  Versteinerungen  anstehen;  darüber  lagert,  jetzt  meist  abgebaut, 
in  senkrechte  Stellung  aufgerichteter  Muschelkalk,  sowohl  am  rechten 
wie  am  linken  Ufer  aufgeschlossen.  Ueber  ihm  ist,  besonders  hart  am 
linken  Ufei’,  Sandstein  der  Kreide  entwickelt,  welcher  nach  dem  Vor- 
kommen der  Nerinea  Geinitzii  Goldf.  wohl  als  »Oberer  Quader« 
anzusprechen  ist.  Aix  den  malerischen  Felsbildungen  erkennt  man 
dieselbe  Aufrichtung,  die  der  Muschelkalk  erfahren  hat.  Im  Hangen- 
den des  letzteren,  der  am  linken  Ufer  noch  in  grossen  Brüchen 
abgebaut  wird,  sieht  man  aber  in  den  westlichen  Aufschlüssen  nur 

[8] 


114 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


noch  eine  äusserst  schwache  Partie  Sandstein,  auf  welche  unmittel- 
bar sandige  Letten  folgen,  die  durch  Verwitterung  theilweise  ganz 
zu  Sand  zerfallen  sind.  Sie  schliessen  ein  schwaches  Kohlenflötz 
ein.  Ganz  ähnlich,  nur  besser  erschlossen,  sind  diese  Vorkommen 
auf  dem  rechten  Ufer.  Ueber  dem  jetzt  abgebauten  Muschelkalk 
folgt  eine  Schicht,  die  aus  Kalk-  und  Sandsteintrümmern  besteht, 
darauf  fester  Sandstein  und  nun,  von  Letten  begleitet,  einFlötz  äusserst 
unreiner  Kohle,  welches,  etwa  0,523  — 1,308  Meter  mächtig,  unter 
80°  einfällt.  Die  Kohle  ist  in  einzelnen  Partieen  schwarz  glänzend, 
spröde,  zeigt  beim  Verbrennen  viel  Rückstände,  besonders  von 
Kieselsäure,  die  nach  F.  Römer  unter  dem  Mikroskop  Diatomeen 
vermuthen  lässt  (Jahresbericht  der  Blätter  für  vaterl.  Cultur, 
1878,  p.  49).  Die  Kohle  löst  sich  theilweise  in  Kalilauge  und 
zeigt  braunen  Strich.  Ueber  dem  Klötze  folgt  ein  mächtiger 
brauner  Sandstein,  der  im  Jahre  1804  beim  Schürfen  mittelst 
Stölln  gegen  40  Meter  weit  durchfahren  ist.  In  ihm  finden  sich 
häufig  schwarz  glänzende  Früchte,  die  von  Göppert  (Schlesische 
Ztg.  v.  30. /7.  78.  und  St.  Anz.  No.  41,  1878)  Palmacites  legitimus 
genannt  wurden;  Geinitz  aber  beschreibt  sie  im  selben  Jahre 
»Neues  Jahrb.  f.  Min.«  als  Cycadeospermum  Schmidtianum.  Er 
stellt  sie  also  zu  den  Cycadeen,  während  wir  geneigt  sind,  eine 
grössere  Verwandtschaft  mit  Cupuliferen  zu  folgern.  Geinitz 
beschreibt  sie  folgendermaassen : »Dreikantige,  ovale  Samen  von 
25  Millimeter  Länge  und  20  Millimeter  Dicke,  die  an  ihrer 
undeutlich  dreiseitigen,  rundlichen  Basis  ein  ziemlich  grosses  ein- 
gedrücktes Anhaftefeld  besitzen.  Sie  sind  an  der  Seite  gewölbt, 
nach  vorn  mit  drei  starken  Längskanten  versehen,  die  zuletzt  in 
eine  dreikantige  Ecke  auslaufen  (ähnlich  dem  Samen  von  Divon 
edule  Lindb.  aus  Mexiko).  Ihre,  an  der  Basis  entspringenden, 
etwas  ungleichen  flachen  Längsstreifen  werden  nach  der  Mitte  hin 
undeutlich  und  verschwinden  nach  vorn  hin  oft  gänzlich,  so  dass 
man  statt  ihrer  meist  nur  noch  mehr  vereinzelte,  ziemlich  unregel- 
mässige schmale  Längsrisse  bemerkt,  die  sich  von  aussen  in  die 
dicke  Rinde  des  Samens  einsenken.  Die  drei  Längskanten  unter- 
scheiden die  vorliegenden  Samen  wesentlich  von  anderen  aus 
gleichalterigen  Schichten. « 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


115 


Aehnliche  Früchte  besitzen  aber  Corylus  und  Fagus  und 
es  scheint,  dass  die  vorliegenden  die  Mitte  zwischen  beiden  ein- 
nehmen. Für  die  Annahme,  dass  sie  besser  den  Cupuliferen  als 
den  Cycadeen  einzureihen  sind,  spricht  erstlich  die  gänzliche 
Abwesenheit  von  Cycadeenblättern,  dann  das  Vorhandensein 
von  leider  nur  fragmentarischen  Blattstücken,  die  am  besten  mit 
Blättern  von  Fagus  zu  vergleichen  sind. 

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Dass  der  Sandstein,  in  dem  sie  Vorkommen,  noch  dem  Ueber- 
quader  angehört,  beweisen  die  aus  einem  schwachen  Thoneisen- 
steinlager im  Hangenden  desselben  am  sogenannten  Ziegelberge 
bekannten  Fossilien: 

Turritella  nodosa  A.  Rom. 

Fusus  Nereidis  Münst. 

Pyrula  cf.  coronata  A.  Röm. 

Eulima  turrita  Zek. 

Cyrena  cretacea  Dr. 

Cardium  Ottoi  Gein. 

Cytherea  elongata  ReüSS 
Area  Geinitzii  » 

Ostrea  sp.  ind. 

Cyrena  » » 

Weiterhin  stehen  noch  rothe  und  gelbe  Tlione,  zwischen 
Sandstein  gelagert,  an.  Südlicher  treten  bei  Aschitzau  dicht  am 
Queis  nochmals  versteinerungsleere  Sandsteine  auf,  die  fast  horizontal 
gelagert  sind  und  jedenfalls  zum  Ueberquader  gehören. 

Sämmtliche  Fossilien  aus  dem  Ueberquader  weist  folgende 
Tabelle  nach: 


Mucro- 

naten- 

kreide 


Qua- 

draten- 

kreide 


Serpula  iniqua  Klocke  . . 

» sp.  ind 

Glyphaea  ornata  A.  Rom.  . 
Hamites  intermedius  Gein.  . 
Turritella  multistriata  Reuss 


+ 

[8*] 


G.  Williger,  die  Löwenbergor  Kreidemulde. 


116 


Mucro- 

Qua- 

naten- 

draten- 

kreide 

kreide 

Turritella  nodosa  A.  Röm.  . 

» inique  ornata  Dr. 
Cerithium  Requienianum  d’Orr 
Omplialia  ornata  Dr. 

» ventricosa  Dr. 
Eidiina  turrita  Zek.  ... 
Rostellaria  ornata  d’Orb. 

» Reussii  Gein. 


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Voluta  semiplicata  Münst. 
Fusus  Nereidis  Münst.  . 


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Pyrula  cf.  coronata  A.  Röm. 
Dentalium  glabrum  Gein. 
Acmaea  dimidiata  Reuss 
Leguminaria  truncatula  Reuss 
Panopaea  gurgitis  Goi.df.  . 
Plioladomya  nodulifera  Golde. 

» caudata  A.  Röm. 
Mactra  Carter oni  d’Orb. 
Anatina  lanceolata  Gein. 
Tellina  plana  A.  Rom.  . 
Arcopagia  numismalis  d’Orb. 

Venus  ovalis  Sow 

» faba  Sow 

Cyprina  rostrata  Gein.  . . . 

Gytherea  plana  Sow 

» elongata  Reuss 
Cyrena  tenuistriata  Kt.ocke 
> cretacea  Dr.  . . 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidenmlde. 


117 


Mucro- 

natenkreide 

Quadraten- j 
kreide 

Turon 

Cardium  Ottoi  Gein 

» product um  Sow 

» tubuliferum  Goldf 

+ 

+ 

» lineolatum  Reuss 

lsocardia  cretaeea  Goldf 

Crassatella  arcacea  A.  Rom 

Lucina  lenticularis  Goldf 

+ 

+ 

Trigonia  aliformis  Park 

+ 

+ 

Area  cf.  Raulini  d’Orb 

» propinqua  Reuss 

» Geinitzi  Reuss  

Pectuncuhis  ventruosus  6ms 

+ 

Cucullaea  glabra  Sow 

+ 

+ 

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» propinqua  Reuss 

Pinna  diluviana  Schi.oth 

+ 

4- 

Mytilus  Galliennei  d’Orb 

» Cottae  A.  Rö^i 

» cf.  lanceolatus  Sow 

Modiola  siliqua  Math 

+ 

Avicula  pectiniformis  Gein 

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+ 

» triloba  A.  Röm 

Ferna  lanceolata  Gein 

+ 

Lima  plana  A.  Röm 

Ostrea  sp.  ind 

Gervillia  solenoides  Gein 

Plicatula  Römeri  d’Orb 

Heleropora  dichotoma  Reuss 

+ 

Spongium  saxonicum  Gein 

+ 

+ 

4- 

» nodosum  Gein 

+ 

+ 

Von  Pflanzenresten: 

Acliantum  sp.  ind.  Göre 

Alethopteris  sp.  ind.  Göfp 

118 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


Mucro- 

natenkreide 

Quadraten- 

kreide 

Turon 

Taeniopteris  sp.  ind.  Göpp 

Gleichmut  Dresleriana  Göpp 

Cannopliyllites  sp.  ind.  Göpp 

Ounninghamites  oxijcedrus  Pp.esl 

Cycadeospermwm  Sclmidtianum  Gein.?,  = Fagus  sp.  ind. 

Sequoia  Reichenbächi  Gein 

Debeya  serrata  Miqu 

Salix  sp.  ind.  Göpp 

Acer  sp.  ind.  Göpp 

Laurus  cretacea  Ett 

Andromeda  Pariatori  Heek 

Mit  dem  Turon  hat  hiernach  der  Ueberquader  noch  10  pCt., 
mit  der  Qnadratenschiclit  30  pCt.  und  mit  der  Mucronatenschicht 
37  pCt.  der  Fossilien  gemein.  Die  Formen,  welche  ausschliesslich 
aus  ihm  bekannt  sind,  belaufen  sich  auf  25,  von  denen  die  Turri- 
tellen  und  Omphalia- Arten , Cyrena  cretacea,  Cardium  Ottoi  und 
tubuliferum , Area  Geinitzi , Mytilus  Cottae , Plicatula  Römeri  be- 
sonders häufig  und  für  den  Ueberquader  bezeichnend  sind.  Da 
fast  sämmtliche  auch  in  senonen  Kreidebildungen  anderer  Gegenden, 
besonders  am  Harz  und  in  Sachsen,  auftreten,  so  ist  der  Ueber- 
quader der  nordschlesischen  Kreide  mit  Sicherheit  als  das  oberste 
Glied  des  Senon  zu  betrachten. 

Nachfolgende  Tabelle  möge  das  Verhältniss  erläutern,  in  dem 
unsere  nordschlesische  Kreide  zu  den  Ablagerungen  derselben 
Formation  in  anderen  Ländern  steht. 

Es  bestätigt  sich  hier  in  der  niederschlesischen  Kreide  der 
Ausspruch,  den  v.  Strom  heck  in  seiner  »Abhandlung  über  die 
Kreide  von  Lüneburg«,  Zeitsehr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  Bd.  15,  p.  175 
gethan  hat,  nämlich:  »dass  in  dem  grossen  Kreidebassin,  welches 
das  nördliche  Deutschland,  Belgien,  das  nördliche  Frankreich,  das 
südliche  England  und  die  baltischen  Länder  umfasst,  in  der  Kreide- 


G.  Willige»,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


119 


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120 


G.  Williger  , die  Löwenberger  Kreidemulde. 


bildung  oberhalb  der  Gaults  gleiche  Faunen,  selbstverständlich  in 
verschiedenen  Facies,  und  zwar  in  gleicher  Folge  übereinander 
Vorkommen,  die  lithologische  Beschaffenheit  aber  an  den  Rändern, 
namentlich  im  SO.,  sandig  oder  mergelig  ist  und  erst  in  weiterer 
Entfernung;  an  Kalkgehalt  zunimmt.« 

Der  Umstand,  dass  unser  Kreidegebiet  sein  Entstehen  nur 
einer  Bucht  des  grossen  Kreidemeeres  verdankt,  wie  bereits  im 
Eingänge  entwickelt  ist,  lässt  uns  zu  gleicher  Zeit  erkennen,  wie 
dieselbe  im  Laufe  der  Zeit,  vielleicht  unter  Mitwirkung  säcularer 
Erhebung,  ausgefüllt  wurde,  so  dass  ihre  Tiefseefauna  allmählich 
in  eine  brackische  überging,  und  zuletzt  massenhaft  eingeschwemmte 
oder  vielleicht  sogar  an  Ort  und  Stelle  gewachsene  Pflanzen,  den 
Stoff  zur  Entstehung  förmlicher  Kohlenflötze  gaben. 


IV.  Ueber  die  Quarzite  im  westlichen  Theile  der 
Kreidemulde. 

In  einer  Verbreitung,  wie  dies  die  rothen  Punkte  auf  bei- 
folgender Karte  angeben,  treten  in  dem  westlichen  Theile  der 
Mulde  und  über  ihre  Grenzen  hinaus,  harte  kieselige  Sandsteine 
oder  Conglomerate  mit  glasiger  wie  polirter  Oberfläche  als  Aus- 
scheidungen im  Sande  oder  Kiese  auf;  die  bisher  als  eine  zweite 
Modification  des  Ueberquaders  angesehen  wurden. 

Es  sind  diese  Quarzitblöcke  von  der  verschiedensten  Grösse;  von 
Faustgrösse  wachsen  sie  bis  zu  Blöcken  von  0,94,  1,57— 3,14  Meter 
Durchmesser  an,  ja  sie  können  — und  dann  treten  sie  lagerartig 
mit  deutlicher  Schichtung  auf  — • so  grosse  Dimensionen  anneh- 
men, dass  regelmässige  Steinbrüche  in  ihnen  betrieben  werden. 
Sie  sind  äusserst  fest  und  zäh;  indem  ein  kieseliges  Bindemittel 
die  losen  Sande  und  Kiese,  welche  sie  noch  theilweise  einhüllen, 
cementirt  hat.  Die  Politur  nimmt  die  ganze  Oberfläche  ein,  über- 
zieht gleichmässig  die  Vertiefungen  und  Erhebungen,  und  man 
kann  aunehinen,  dass  sie  sich  schon  bei  Entstehung  des  Gesteins 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


121 


gebildet  und  bei  der  völligen  Unzersetzbarkeit  desselben  allen 
Einwirkungen  der  Atmosphäre  widerstanden  habe. 

Wo  man  diese  Blöcke  auch  findet,  sie  scheinen  stets  auf  der 
ursprünglichen  Lagerstätte  noch  zu  ruhen,  und  nur  durch  die 
Gewalt  der  atmosphärischen  Wasser  und  der  Erosionskraft  der 
Flüsse  mögen  sie  aus  dem  umgebenden  Sand  herausgespült  sein. 
Da  der  Stein  ein  ausnehmend  gutes  Strassenbaumaterial  abgiebt, 
so  gewähren  mehrere  in  letzter  Zeit  in  ihm  betriebene  Brüche 
gute  Aufschlüsse. 

Wie  er  aber  zu  anderen  Schichten  gelagert  ist,  sieht  man  am 
Besten  in  den  Thongruben  der  »Siegersdorfer  Werke«,  nördlich 
Naumburg  a.  Q.  dicht  hinter  der  Eisenbahn.  Einer  mächtigen  Ab- 
lagerung von  feuerfestem  Tlione  folgt  hier  eine  Schicht  des  be- 
sprocheneu  Quarzits,  in  Lagen  abgesondert,  bis  über  1 Meter 
mächtig  und  von  losem  Sand  und  Kies  begleitet.  Auf  ihm  ruht 
mit  etwas  westlichem  Einfallen  eine  grosse  Schichtenfolge  von 
Thonen  geringerer  Güte  und  Letten  mit  Braunkohlentrümmern, 
die  theilweise  in  Markasit  übergegangen  sind.  Das  Ganze  wird 
vom  Diluvium  bedeckt.  Westlich  davon  tritt  in  dem  oberen  Letten 
ein  schwaches  Braunkohlen  fl ötz  auf,  über  dem  ein  neues  Thonlager 
zu  ruhen  scheint,  welches  von  Septarien  ganz  erfüllt  und  unge- 
fähr 4,71  Meter  mächtig  ist. 

Vergleicht  man  diese  Lagerung  mit  der  Beschreibung  von 
Laspeyres  über  das  Oligocän  von  Halle,  Zeitschr.  d.  Deutsch, 
geol.  Ges.  1872,  und  von  H.  Credner  über  das  Unterol igocän 
von  Leipzig  (dieselbe  Zeitschr.  Bd.  30),  so  lässt  sich  der  »untere 
Siegersdorfer  Thon«  mit  dem  »Kapselthon« , dem  er  auch  an 
Qualität  gleicht,  identificiren.  Es  folgt  darauf  die  »Stufe  der 
Knollensteine«,  die  hier  nicht  lose  im  Sande  liegende  Quarzite 
sind,  sondern  ein  festes  Lager  bilden,  wie  es  auch  mehrfach 
bei  Halle  und  Leipzig  beobachtet  worden  ist.  Darüber  befindet 
sich  die  »Stufe  des  Unterflötzes«  im  Liegenden  und  Hangenden 
von  Thon  und  Lettenschichten  begleitet,  und  erst  dann  scheinen 
die  »Septarienthone«  zu  folgen.  — Dieselbe  Parallele  mit  dem 
Unteroligocän  von  Leipzig  lässt  sich  auch  an  anderen  Auf- 
schlüssen durchführen. 


122 


G.  Williger  , die  Löwenberger  Kreidemnlde. 


Seltsam  erscheint  es,  dass  die  Quarzite  gewöhnlich  auf  Hügeln 
anstehen,  was  sich  aber  so  erklären  lässt,  dass  die  Diluvialfluthen  oder 
spätere  Erosion  die  übrigen  Theile  durchrissen  und  an  gewissen  Stellen 
gleichsam  Inseln  stehen  gelassen  haben.  Die  festen  Quarzite  schützten 
die  sandige  Unterlage  vor  dem  völligen  Wegwaschen,  doch  wurden 
sie  theilweise  unterspült,  so  dass  sie  dann  an  den  Rändern  der 
Hügel  herabgesunken  erscheinen,  was  vielfach  die  Täuschung  ver- 
anlasst hat,  sie  fielen  nach  irgend  einer  Richtung  hin  ein,  während 
sie  doch  im  Allgemeinen  horizontal  abgelagert  sind,  soweit  sie 
Schichtung  erkennen  lassen.  Gerade  die  horizontale  Schichtung 
beweist,  dass  sie  nicht  zum  Ueberquader  gehören,  der  doch  stets 
der  allgemeinen  Einfallsrichtung  der  übrigen  Kreideglieder  Folge 
geleistet  hat.  — Man  kann  die  Lagerung  des  Quarzits  noch  genau 
beobachten  auf  dem  Rädelberg  bei  Ullersdorf,  der  auf  Mucronaten- 
sandstein  ruhend,  aus  Sand  besteht  und  oben  eine  mächtige  Schicht 
des  Quarzits  in  horizontaler  Schichtung  trägt.  Dasselbe  zeigt  sich 
auf  den  Hügeln  zwischen  Siegersdorf  und  Ullersdorf.  Ein 
schöner  Aufschluss  ' wurde  durch  einen  Schacht  der  Porzellan- 
thongrube auf  dem  Heideiberge  gegeben.  Man  durchteufte  hier 
unter  einer  Lage  Humus  2 Meter  Quarzit,  darunter  mehrere 
Meter  Kies  und  Sand,  welcher  letztere  durch  bituminöse  Stoffe 
braun  gefärbt  erschien.  Man  gelangte  in  stark  wasserhaltigen 
Kies  und  setzte  das  Abteufen  dann  nicht  mehr  fort.  Alle  diese, 
jedenfalls  dem  Oligocän  ungehörigen  Schichten  lagen  horizontal 
über  dem  darunter  mit  45°  einfallenden  Sandstein  des  Ueber- 
quader. 

Ein  neuer  Aufschluss  bei  Rothwasser  durch  die  dortige  Braun- 
kohlengrube bestätigt  den  vorigen.  Im  Liegenden  des  Braun- 
kohlenflötzes  hat  man  den  Quarzit,  der  hier  nicht  so  fest  ist.  Lieber 
dem  12,55  — 15,69  Meter  mächtigen  Flötz  folgen  über  22  Meter 
Thone  der  verschiedensten  Art,  dann  ca.  6,28  Meter  wasserhaltiger 
Sand  und  Kies,  darüber  12,55  Meter  wieder  Thon  und  zum  Schlüsse 
Kies  und  Ackererde.  — In  den  Braunkohlen  wurden  hier  sehr  häufig 
Früchte  gefunden,  die  denen  aus  Klitschdorf  als  Cycadeospermum 
Schmidt ia num  Gein.  bestimmten  ganz  ähnlich  sehen;  nur  sind  sie 
stets  um  1/3  kleiner  und  schlanker.  Die  ganze  Ablagerung  in 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


123 


Rothwasser  lässt  es  aber  nicht  zu,  ein  gleiches  Alter  der  Kohle 
mit  derjenigen  von  Klitschdorf  anzunehmen,  welche  Ansicht  das 
Vorkommen  der  Früchte  befördern  könnte. 

Bei  Rothwasser  ist  eben  das  Oligocän  schon  mehr  entwickelt, 
als  in  der  Nähe  des  Queises  bei  Ullersdorf  und  Siegersdorf,  wo 
wir  es  nur  mit  den  Rändern  der  Ablagerung  und  den  untersten 
Schichten  des  norddeutschen  Unteroligocän  zu  thun  haben. 

Schon  von  Lauban  an  sind  im  Thal  des  Queis  fortlaufend 
die  Quarzite  aufgedeckt,  am  bekanntesten  aber  sind  die  Ab- 
lagerungen bei  Wehrau  und  Klitschdorf,  wo  sich  der  Fluss  mit 
Gewalt  durch  diese  Felsen  und  weiterhin  durch  den  aufgerichteten 
Kreidesandstein  und  Muschelkalk  Bahn  gebrochen  hat.  Die  Quar- 
zite, welche  an  den  Ufern  und  etwas  weiter  in  der  Heide  an  der 
sog.  »Felsenkammer«  in  deutlich  horizontaler  Lagerung  bis  zu 
10  Meter  mächtig  beobachtet  werden  können,  sind  hier,  vom  Fluss 
meist  unterwühlt,  überstürzt  und  gaben  Veranlassung  zu  maleri- 
schen Fällen.  In  einzelnen  Brüchen  in  der  Felsenkammer  erkennt 
man  als  Liegendes  der  Quarzite  Sand,  ebenso  am  linken  Ufer 
auf  dem  Wege  nach  Tiefenfurt,  wo  sie  jetzt  meist  schon  fort- 
gebrochen sind. 

Von  hier  stammen  die  einzigen  aufgefundenen  Blattabdrücke: 

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Flabellaria  chamaeropifolia  Göpp.  , Flora  des  Quadersand- 
steines, 1842; 

Dicotyledonenblätter,  vielleicht  von  Carpinus,  ebenda, 
Taf.  51,  4; 

Cinnamomum  Scheuchzeri  Heer,  cf.  Peck,  »Nachtr.  zur 
geogn.  Beschr.  der  Ob. -Lausitz«, 
welche  alle  auch  für  das  tertiäre  Alter  des  Quarzits  sprechen. 

Vergleicht  man  die  aufgezeichneten  Punkte,  so  findet  man 
leicht,  dass  die  Quarzite  im  Allgemeinen  in  der  Richtung  von  N. 
nach  S.  in  der  Nähe  des  Queis  lagern,  der  jedenfalls  die  Ursache 
ihrer  Entblössung  war;  doch  zeigen  sie  sich  auch  noch  weiter 
westlich,  allerdings  meist  von  mächtigen  Tertiärablagerungen 
jüngeren  Alters  bedeckt,  so  bei  Rothwasser,  Flohrsdorf,  Kalt- 
wasser, Jänkendorf,  Moholz  bei  Niesky,  auch  bei  Muskau.  Hier 
bilden  sie  eine  wenig  mächtige  Bank  über  guten  Töpferthonen ; 


124 


G.  Williger,  die  Löwenberger  Kreidemulde. 


über  ihnen  folgen  Sande,  Letten  mit  Braunkohlenflötzen  und  im 
Hangenden  wieder  Thone.  Man  hat  also  dieselben  Stufen  wie 
bei  Halle  und  bei  Siegersdorf. 

»Dass  hier  im  Innern  der  Kreidemulde  und  darüber  hinaus 
das  Unteroligocän  so  zerstückelt  auftritt,  ist  das  Resultat  einer 
Erosion,  die  sich  in  um  so  bedeutenderem  Maasse  bethätigen  musste, 
als  ihr  einerseits  die  vorzüglich  betroffenen  Tertiärablagerungen, 
die  Kiese  und  Sande  der  Knollensteinzone,  nur  sehr  geringen 
Widerstand  boten,  und  andererseits  das  oberflächige  Verbreitungs- 
gebiet dieser  Etage  auf  dem  festen  Untergründe  der  Kreide  dem- 
jenigen Theile  des  Queises  angehört,  wo  er  noch  eine  beträchtliche 
Schnelligkeit  und  Erosionsfähigkeit  besitzt.  In  Folge  dessen  ist 
die  äusserste,  nur  von  dem  untersten  Gliede  des  Unteroligocän, 
der  Knollensteinetage,  gebildete  Zone  des  Tertiärgebietes  auf  dem 
rechten  Ufer  des  Queises  und  in  seiner  nächsten  Nähe  auf  dem 
linken,  zum  grössten  Theil  wieder  vernichtet,  so  dass  nur  kleine, 
die  Gipfel  der  Hügel  krönende  Inseln  oder  in  schützende  Ver- 
tiefungen eingelagerte  Becken,  ja  selbst  nur  Haufwerke  von 
Knollenstein  oder  einzelne  Blöcke  als  Reste  der  einst  allgemein 
verbreiteten  Decke  liegen  geblieben  sind.« 


Beschreibung  des  Stroiitianit -Vorkommens 
in  der  Gegend  von  Drensteinfurt, 

sowie  des  daselbst  betriebenen  Bergbaues. 

Von  Herrn  Paul  ÜVÜenze!  in  Bochum. 


I.  Geognostische  Uebersicht  der  Umgegend  von 
Drensteinfurt. 

Das  Vorkommen  der  in  der  Umgegend  von  Drensteinfurt  im 

O O 

westfälischen  Kreidegebirge  aufsetzenden  Strontianitgänge  hat  wegen 
des  auf  letzteren  betriebenen,  jugendlichen  Bergbaues  auch  in 
weiteren  Kreisen  grösseres  Interesse  erlangt  , so  dass  eine  Be- 
Schreibung  dieses  seltenen  Mineralvorkommens  vielleicht  erwünscht 
sein  dürfte,  zumal  über  die  wahre  Natur  und  Bedeutung  des  Vor- 
kommens  in  bergbaulicher  Hinsicht  in  der  einschlägigen  Literatur 
wenig  veröffentlicht  ist  und  manche  in  der  Tagespresse  über  diesen 
Gegenstand  publicirten  Mittheilungen  zur  Verbreitung  irrthümlicher 
Ansichten  Veranlassung  gegeben  haben. 

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Die  das  Gebiet  der  Umgegend  von  Drensteinfurt  bildenden 
sogenannten  Mucronatenmergel,  welche  ihren  Namen  den  in  ihren 
Schichten  häufig  vorkommenden  Alveolen  des  Belemnites  mucro- 
natus  verdanken,  sind  als  marine  Bildungen  in  einer  Bucht  oder 
in  einem  nach  Norden  geöffneten  Becken  zur  Ablagerung  gelangt. 

Dieses  Becken  erstreckt  sich  in  südlicher  Richtung  bis  nach 
Lippstadt  und  Hamm,  wo  es  von  der  Lippe  begrenzt  wird,  nach 
Südwesten  bis  zu  einer  Linie,  welche  ihrem  Verlauf  nach  etwa 
durch  die  Städte  Hamm,  Senden,  Coesfeld,  Ahaus  zu  bezeichnen 
ist,  während  dasselbe  nach  Osten  und  Nordosten  allmählich  sich 


Paul  Menzel,  Beschreibung  des  Strontianit -Vorkommens 


126 

einsenkt,  und  unweit  Stromberg,  Oelde,  Warendorf  und  in  der 
Gegend  von  Münster  in  bedeutenderer  Mächtigkeit  vom  Diluvium 
und  Alluvium  überlagert  wird. 

Nach  Süden  und  Südwesten  treten  am  Rande  des  Gebietes 
der  Mucronatenschi chten  die  Quadratenmergel  zu  Tage,  welche 
schon  ihrem  äusseren  Ansehen  nach  sich  durch  eine  mehr  bläu- 
liche Färbung-  leicht  von  den  weissgrauen  Mucronatenmergeln 
unterscheiden  lassen. 

In  diesem  vorbezeichneten  Gebiete  ist  strontianitführender 
Mucronatenmergel,  soweit  bis  jetzt  Aufschlüsse  über  das  Vorkommen 
von  Strontianit  vorliegen,  auf  einer  Fläche  von  etwa  16  Quadrat- 
meilen verbreitet,  welche  sich  in  nördlicher  Richtung  bis  zu  den 
Städten  Senden,  Münster , Warendorf,  in  östlicher  Richtung  bis 
Beckum,  Ennigerloh,  Warendorf,  in  südlicher  Richtung  bis  Beckum, 
II  amm,  Herbern  und  in  westlicher  Richtung  bis  Herbern,  Asche- 
berg und  Senden  ausdelmt. 

Das  Terrain  trägt  hier  durchweg  den  Charakter  des  Flach- 
landes, was  besonders  für  die  Gegend  von  Drensteinfurt,  Asche- 
berg, Rinkerodde,  Albersloe,  Sendenborst  und  Ahlen  hervorzuheben 
ist,  während  dasselbe  bei  Beckum,  Hamm  und  Lüdinghausen  und 
selbst  westlich  von  Münster  hügeliger  wird. 

Von  Wasserläufen  ist  nur  die  Werse  erwähnenswerth , ein 
linkes  Nebenflüsschen  der  Ems,  welches  zwischen  Ahlen  und 
Beckum  entspringend  das  in  Rede  stehende  Terrain  von  Ahlen 
nach  Drensteinfurt  in  westlicher,  von  hier  über  Albersloe  in  nörd- 
licher Richtung  durclifliesst. 

Dort,  wo  die  Mucronatenmergel  unmittelbar  zu  Tage  an- 
stehen oder  doch  Verwitterungseinflüssen  zugänglich  waren,  sind 
sie  in  eine  lockere,  z.  Th.  lettige  Masse  zersetzt,  was  auch  oft  bei 
denjenigen  Schichten  der  Fall  ist,  welche  direct  unter  der  0,5  bis 
3 Meter  mächtigen  Decke  von  Lehmablagerungen  liegen. 

Den  Uebergang  zu  dem  gesunden  und  festeren  Gebirge  bildet 
eine  Lage,  welche  sich  als  ein  Gemenge  von  Thon,  Mergelstücken, 
Lehm  und  Sand  darstellt  und  häufig  von  einer  sehr  wasserreichen 
Kies-  oder  Sandschicht  begleitet  ist.  Da  die  Mergelschichten  die 
Tagewasser  nicht  momentan,  sondern  nur  allmählich  durch  ihre 


in  der  Gegend  von  Drensteinfurt. 


127 


Klüfte  eindringen  lassen,  so  ist  es  erklärlich,  dass  in  diesen 
Districten  während  der  Regenzeit  Ueberschwemmungen  häufig  ein- 
treten. 

Das  gesunde  Mergelgebirge,  wie  es  an  vielen  Orten  schon 
bei  einer  Teufe  von  3 bis  4 Meter  aufgeschlossen  ist,  zeigt  eine 
sehr  regelmässige  Schichtung  in  25  bis  30  Centimeter  mächtige, 
horizontal  gelagerte  Bänke. 

Die  obersenone  Kreide  ist  bekanntlich  in  Westfalen  in  Form 
von  Mergeln  entwickelt,  unter  denen  die  Mucronatenmergel  das 
oberste  Niveau  einnehmen.  Dieselben  gehören  nach  der  von 
Schlüter  gegebenen  Eintheilung  der  westfälischen  Kreideformation 
zur  Abtheilung  der  Coeloptychienkreide,  die  sich  in  folgende  3 Zonen 
gliedert  : 

1)  Zone  der  Becksia  Soekelandi  oder  Obere  Quadratenkreide ; 

2)  Zone  des  Ammonites  Coesfeldensis , des  Micraster  glyphus 
und  der  Lepidospongia  rugosa  oder  Untere  Mucronaten- 
kreide; 

3)  Zone  des  Heteroceras  polyplocum , Ammonites  Wittekindi , 
Scapliites  pulcherrimus  und  Belemnites  mucronatus  oder  Obere 
Mucronatenkreide. 

Ausser  Bel.  mucronatus , dessen  Alveole  häufig  in  der  Acker- 
krume gefunden  wird,  werden  von  von  der  Mark  noch  als  wichtige 
Versteinerungen  der  der  Zone  3 entsprechenden  oberen  Mucro- 
natenmergel folgende  genannt: 

Am.  Coesfeldensis , Baculites  anceps , 

Cho ndrites  T argionii, 

Calamitopsis  Koenigii , 

Nerium  Bochlii. 

Von  der  Mark  unterscheidet  von  den  Oberen  Mucronaten- 
mergeln  als  noch  jüngere  und  durch  das  Auftreten  von  Pflanzen 
und  von  Fischresten  merkwürdige  Schichten  die  von  ihm  benannten 
Schichten  von  Sendenhorst,  welche  seit  dem  Jahre  1881  auch 
von  Schlüter  als  noch  zum  Obersenon  gehörig  anerkannt  sind. 

Ueber  die  Zusammensetzung  des  Mucronatenmergels  giebt  eine 
von  von  der  Mark  in  den  Verhandlungen  des  naturhistorischen 
Vereins  für  die  Rheinlande  im  Jahre  1849  veröffentlichte  Analyse 


128 


Paul  Menzel,  Beschreibung  des  Strontianit -Vorkommens 


Aufschluss,  welche  ergiebt,  dass  dieser  Mergel  vorwiegend  aus 
kohlensaurem  Kalk  mit  Beimengungen  von  etwas  Thonerde,  Eisen- 
oxyd, Magnesia,  Kali  und  Kieselsäure  besteht.  Namentlich  wurde 
der  Mergel  auch  eingehender  auf  eilten  etwaigen  Gehalt  an  (kohlen- 
saurem) Strontian  geprüft,  von  welchem  nicht  die  geringsten 
Spuren  aufzufinden  waren. 

Die  vorerwähnte  Analyse  führte  zu  folgenden  Resultaten: 

A.  In  Chlorwasserstoffsäure  lösliche  Bestand- 

theile = 0,851  Gramm; 

B.  in  Chlorwasserstoffsäure  unlösl.  Bestand- 

theile = 0,149  Gramm. 


CaC03 
Mg  C 03 
Fe2  03 

A1203. 


A.  in  HCl  löslich: 

= 0,819  Gramm 

. . . . = 0,002  » 

. . . . = 0,001 

= 0,006  » 


B 

Si02  . 
A1203  . 
Fe203  . 
CaO 
MgO  . 
K20  . 


in  HCl  unlöslich: 

= 0,108  Gramm 
. . . = 0,025 

. . . = 0,009  » 

. . . = 0,003  » 

= Spur 

. . . = 0,004  » 


Summa  = 0,977  Gramm. 

An  einzelnen  Stellen  ist  der  Mergel  sehr  rein  kalkig  ent- 
wickelt und  ist,  wie  z.  B.  am  Herrensteinberg  und  hei  Beckum, 
ein  werthvolles  Produkt  für  Kalkbrennereien  und  Cementfabrikation. 


II.  Öse  Strontianitgänge  der  staronaienkreide. 

Der  Strontianit  setzt  in  dem  in  vorigem  Abschnitte  beschrie- 
benen Gebiete  überall  in  Gängen  auf,  welche  bei  einem  zwischen 
70°  und  80°  variirenden  Einfallen  die  horizontal  o-elagerten  Mu- 
cronatenschichten  fast  rechtwinkelig  durchschneiden.  Ein  grosser 


in  der  Gegend  von  Drensteinfurt. 


129 


Theil  der  bis  zum  Jahre  1880  aufgeschlossenen  Gangadern  war 
in  einer  Richtung  von  NNO.  nach  SSW.,  ein  anderer  Theil  in 
einer  solchen  von  OON.  nach  WWS.  theils  unmittelbar  durch  den 
Bergbaubetrieb,  theils  durch  Schürfarbeiten  verfolgt  worden. 

Von  denjenigen  Strontianitgängen,  auf  welchen  wegen  des  auf 
denselben  umgehenden  Bergbaues  am  besten  Aufschluss  über  das 
Gangverhalten  zu  erlangen  ist,  sind  hervorzuheben: 

1)  die  Gänge  bei  Drensteinfurt, 

2)  die  Gänge  zwischen  Rinkerodde  und  Ascheberg, 

3)  die  Gänge  bei  Albersloe, 

4)  die  Gänge  bei  Ahlen. 

Ausser  diesen  sind  seit  dem  Jahre  1881  noch  Gänge  bei 
Beckum,  Vorhelm  und  Sendenhorst  durch  Schächte  in  Angriff  ge- 
nommen; dem  Verfasser  war  es  nur  gestattet,  die  auf  den  sub  2 
bis  4 genannten  Gängen  im  Jahre  1880  in  Betrieb  stehenden 
Gruben  zu  befahren  und  sich  auf  diesen  über  das  Gangvorkommen 
zn  informiren,  während  demselben  auf  einer  im  August  1881  aus- 
geführten Instructionsreise  nur  von  dem  Vorstand  der  Cölner 
Gesellschaft  eine  nochmalige  Besichtigung  der  zwischen  Rinkerodde 
und  Ascheberg  belegenen  Gruben  erlaubt  wurde. 

Bis  zum  Jahre  1881  existirten  nur  auf  den  bei  Drensteinfurt 
gelegenen  Re  ICH  ardt1  s ch  e n Gruben  Grubenrisse,  doch  ist  neuer- 
dings auch  von  den  Verwaltungen  der  übrigen  Gruben  die  An- 
fertigung solcher  Risse  concessionirten  Markscheidern  übertragen 
worden. 

Dieses  Material  war  indessen  dem  Verfasser  nicht  zugänglich 
und  so  musste  leider  auf  eine  Auftragung;  der  Gänge  auf  die 

O o o 

LiEBENOw’sche  Karte  (Sectionen  Münster  und  Dortmund)  ver- 
zichtet werden. 

Im  Grossen  und  Ganzen  findet  jedoch  eine  Abweichung  des 
Gangverhaltens  in  den  verschiedenen  Gangcomplexen  nicht  statt, 
so  dass  mit  der  Beschreibung  der  sub  2 bis  4 genannten  Gänge 
das  Gangverhalten  des  westfälischen  Strontianitvorkommens  cha- 
rakterisirt  sein  dürfte. 

Hinsichtlich  der  bei  Drensteinfurt  aufsetzenden  Gänge  ist  von 
Herrn  Ingenieur  Venator,  derzeitigem  Director  der  Reichardt- 

[9] 


130 


Paui,  Menzel,  Beschreibung  des  Strontianit -Vorkommens 


sehen  Gruben,  in  einem  in  der  Herbstversammlung  des  naturh. 
Yer.  d.  pr.  Rh.  u.  Westf.  am  2.  October  1881  in  Bonn  gehaltenen 
Vortrage  berichtet,  dass  unter  den  reichhaltigsten  Gängen  ein 
Gang  auf  eine  Länge  von  4500  Metern,  ein  anderer  auf  eine  Länge 
von  500  bis  600  Metern  aufgeschossen  ist,  die  Gangmächtigkeit 
jedoch  sehr  variirt  und  sich  auf  den  edelsten  Gangpartieen  auf 
2,5  Meter  im  Maximum  beläuft. 

Nach  den  auf  den  Lagerplätzen  jener  Gruben  aufgestapelten 
Strontianitstücken  zu  urtheilen,  dürfte  indessen  die  normale  Mäch- 
tigkeit nicht  über  30  Centimeter  betragen. 

Hie  Gänge  zwischen  Rinkerodde  und  Ascheberg  waren  im 
Herbste  1880  bis  zu  einer  Teufe  von  15  Metern  und  sind  im 
Herbste  1881  bis  zu  einer  Teufe  von  30  Metern  aufgeschlossen. 
Sie  besitzen  durchschnittlich  ein  Einfallen  von  80°.  Es  treten  hier 
sowohl  Parallelgänge  als  auch  Kreuzgänge  und  Gangtrümer  auf. 
Die  Mächtigkeit  schwankt  ausserordentlich  und  beträgt  im  Maxi- 
mum 30  Centimeter. 

Es  sind  bis  jetzt  dort  in  zwei  Richtungen  Gangadern  durch 
Tiefbau  verfolgt  worden,  von  denen  die  einen  von  NNO.  nach 
SSW.,  die  anderen  von  O.  nach  W.  sich  erstrecken.  In  ersterer 
Richtung  wurden  Gangadern  auf  eine  Länge  von  4 Kilometern, 
in  letzterer  bis  auf  eine  Länge  von  2 Kilometern  erschürft.  Ob 
aber  diese  Adern  durchgehenden  Gangspalten  angehören,  scheint 
sehr  zweifelhaft.  Es  macht  vielmehr  den  Eindruck,  als  ob  das 
ganze  Gebirge  in  verschiedenen  Richtungen  von  oft  sehr  unregel- 
mässig verlaufenden  Gangadern  netzförmig  durchschnitten  wird. 

Die  Ausfüllungsmasse  der  Gangspalten  besteht  vorwiegend 
aus  Strontianit,  welchem  sich  noch  Kalkspath,  Mergel  und  etwas 
Schwefelkies  beigesellen  kann,  welcher  letztere  in  Form  von 
Knollen  oder  Nieren  meist  an  den  Saalbändern  eingelagert  oder 
in  Form  von  kleinen  pyritoedrischen  Krystallen  den  Kalkspath- 
rhomboedern  aufgewachsen  ist. 

Bezüglich  der  Vertheilung  der  Mineralien  im  Gange  ist  vorab 
zu  bemerken,  dass  vorzugsweise  nach  dem  Ausgehenden  zu  die 
Gangspalte  mit  Mergel  ausgefüllt  ist,  in  welchem  Stücke  von 
Strontianit  und  Kalkspath  unregelmässig  vertheilt  liegen,  wobei 


in  der  Geerend  von  Drensteinfurt. 


131 


diese  in  Folge  von  Verwitterungsein  flössen  die  Eigenschaft  er- 
langt haben,  leicht  zu  zerfallen  und  zu  zerbröckeln. 

Am  Ausgehenden  sind  demnach  die  Gänge  aufgelockert  und 
mächtiger  als  im  gesunden  Gebirge,  woraus  sich  ferner  erklärt, 
dass  an  solchen  Stellen  die  Lehmdecke  und  Ackerkrume  lose  um- 
herliegende Stücke  von  Strontianit  und  Kalkspath  enthalten. 

Da  somit  auch  die  Saalbänder  des  Ganges  hier  nicht  mehr 
scharf  zu  erkennen  sind,  so  mag  dieser  Umstand  bei  Schürf- 
arbeiten sehr  häufig  zu  Ueberschätzungen  der  wirklichen  Gang- 
mächtigkeit geführt  haben. 

Nach  der  Teufe  hin  werden  die  Gänge  edler  und  geschlossener 
und  die  Mineralien  sind  dann  in  der  Weise  in  der  Gangspalte 
vertheilt,  dass  an  jedem  der  beiden  Saalbänder  zunächst  ein  dünner 
Streifen  Kalkspath  ansitzt,  von  welchem  aus  nach  der  Mitte  des 
Ganges  zu  der  Strontianit  in  krystallinischen , faserig -büschel- 
förmigen Massen  angeschossen  ist  und  entweder  den  ganzen  Raum 
ausfüllt,  indem  die  Krystalle  beiderseitig  ineinandergreifen,  oder  in 
der  Mitte  Drusenräume  offen  lässt. 


e d c d e 


In  vorstehendem  Gangprofile  ist  diese  für  die  Strontianitgänge 
der  westfälischen  Kreide  charakteristische  Gangausfüllung  skizzirt. 
Es  bedeuten  darin  e die  horizontalen  Schichten  des  oberen  Mucro- 
natenmergels , d die  an  beiden  Saalbändern  auftretenden  Kalk- 
spathstreifen,  c die  Hauptausfüllungsmasse  des  Strontianits,  welche 
inmitten  des  Ganges,  wie  bei  a angedeutet  ist,  Drusenräume 
enthält,  die  mit  Mergel  ausgefüllt  sein  können,  oder  doch  wie 

[9*1 


132 


Paul  Menzel,  Beschreibung  des  Strontianit -Vorkommens 


bei  b noch  eine  beiderseitige  Verwachsung  der  Krystalle  erken- 
nen lässt. 

Der  Kalkspath  fehlt  bisweilen  ganz,  wo  dann  der  Gang  ganz 
edel  ist,  während  andererseits,  namentlich  bei  starken  Verschmäle- 
rungen des  Ganges,  der  Kalkspath  ganz  vorherrschen  kann  und 
der  Strontianit  alsdann  ausgekeilt  erscheint.  Endlich  sind  auch 
schon  mächtigere  Gänge  erschürft  worden,  die  nur  mit  reinem 
Kalkspath  erfüllt  sind.  — In  der  Gangmasse  der  hier  in  Rede 
stehenden  Gänge  sind  ausserdem  noch  eigenartige  Verwachsungen 
von  Strontianit  und  Mergel  zu  beobachten,  welche  0,5  bis  1 Centi- 
meter  breite,  abwechselnde  Streifen  von  Strontianit  und  Mergel 
aufweisen,  die  den  Saalbändern  parallel  verlaufen. 

Der  Strontianit  steht  auf  allen  diesen  Gängen  keineswegs  in 
gleichmässig  anhaltenden,  plattenförmigen  Massen  an,  es  finden 
vielmehr  sowohl  im  Streichen  als  auch  im  Einfallen  Auskeilungen 
und  Verdrückungen  der  Gangmasse  statt,  indem  die  Gangspalte 
sich  so  weit  verengt,  dass  das  Mineral  nur  noch  eine  sehr  schmale 
Ader  bildet,  die  meistens  in  Kalkspath  ausläuft,  bis  schliesslich 
blos  ein  Lettenbesteg  das  Vorhandensein  einer  weitergehenden 
Kluft  anzeigt. 

Das  von  den  vorbeschriebenen  Gängen  Gesagte  hat  auch  für 
die  bei  Albersloe  in  der  Bauernschaft  Arenliorst  und  für  die 
zwischen  Drensteinfurt  und  Ahlen  in  der  Bauernschaft  Brochhausen 
erschlossenen  Gänge  Gültigkeit.  Es  bleibt  nur  zu  bemerken,  dass 
gerade  diese  letztgenannten  sich  am  Ausgehenden  sehr  verwittert 
zeigten. 

Bis  zum  Herbste  des  Jahres  1880  waren  in  der  Bauernschaft 
Arenliorst  in  einer  Richtung  von  NNO.  nach  SSW.  Gangadern 
auf  eine  Länge  von  1 Kilometer  und  in  der  Bauernschaft  Broch- 
hausen in  ähnlicher  Richtung  solche  auf  eine  Länge  von  2 Kilo- 
meter durch  Schächtchen  und  Schürfgräben  nachgewiesen  worden. 
Auch  sind  hier  Gangtrümer  aufgefunden , die  theils  west- 
liches, theils  östliches  Einfallen  haben  und  ganz  unregelmässig 
verlaufen. 

Als  sonstige  Fundpunkte,  welche  zugleich  die  äussersten 
Punkte  desjenigen  Gebietes  angeben,  in  welchem  bisher  Stron- 


in  der  Gegend  von  Drensteinfurt. 


133 


tianit.  nachgewiesen  ist,  werden  genannt  der  Herrensteinberg  und 
Kurhenberg  nordwestlich  von  Hamm,  wo  Strontianit  zuerst  ent- 
deckt und  dann  weiterhin  bis  Herbern  verfolgt  wurde,  ferner  un- 
weit Hamm  die  Westenmark,  wo  das  Vorkommen  dieses  Minerals 
in  Mergelgruben,  und  Vorenhaus,  wo  es  bei  Fundamentirung 
eines  Schornsteins  und  beim  Suchen  nach  Ziegelerde  cönstatirt 
wurde. 

Nordwestlich  von  Münster  ist  Strontianit  zwischen  Nienberge 
und  Altenberge,  ferner  in  dem  zwischen  Münster,  Telgte  und  Wol- 
beck belegenen  Terrain  aufgefunden  worden,  und  endlich  sind 
als  östlichste  Punkte  zn  nennen:  Sendenhorst,  Ennigerloh  und 
Beckum,  wo  das  Mineral  in  Kalksteinbrüchen  angetroffen  wurde. 

Bezüglich  der  physikalischen  und  chemischen  Beschaffenheit 
des  westfälischen  Strontianits  ist  noch  Folgendes  zu  sagen:  Krystalle 
mit  regelmässig  ausgebildeten  Krystallflächen  kommen  im  Allge- 
meinen selten  vor.  Die  schönsten  Krystalle,  welche  von  Herrn 
Venator  in  Drensteinfurt  gesammelt  wurden,  sind  von  Laspeyres 
in  einer  in  den  Verh.  d.  naturh.  Ver.  d.  pr.  Ith.  u.  Westf. , Bd.  33, 
1876  veröffentlichten  Abhandlung  eingehend  beschrieben  worden. 
An  den  Krystallen,  welche  sich  im  Besitze  des  Herrn  v.  D.  Mark 
in  Hamm  befinden,  sind  nachstehende  Krystallflächen,  welche  be- 
kanntlich dem  rhombischen  Systeme  und  speciell  der  Aragonit- 
reihe angehören,  beobachtet  worden: 

1)  Längsfläch e(Brachypinakoid),  welche  an  einzelnen  Krystallen 
vorwiegend  ausgebildet  ist  und  dadurch  ein  mehr  tafelför- 
miges Aussehen  derselben  bedingt; 

2)  verticale  Säule  ( Prisma ); 

3)  zwei  Längssäulen  (Brachy dornen),  von  denen  die  spitzere 
in  der  Kantenzone  der  stumpferen  Längssäule  und  der 
Längsfläche  anftritt ; 

4)  zwei  Pyramiden,  eine  stumpfere  und  eine  spitzere. 

Es  kommen  auch  solche  Krystalle  vor,  deren  pyramidal  zu- 
laufende Flächen  tonnenförmig  gewölbt  sind,  eine  Erscheinung,  die 
auf  das  Auftreten  einer  grösseren  Anzahl  stumpferer  und  spitzerer 
Längssäulen  und  Pyramiden  zurückzuführen  ist,  indem  diese  Flächen 
schmal  ausgebildet,  mehr  oder  weniger  in  einander  übergehen  und 


134 


Paul  Munzel,  Beschreibung  des  Strontianit -Vorkommens 


daher  auch  keine  deutlichen  Combinationskanteu  mehr  erkennen 
lassen. 

In  den  derberen,  kristallinischen  Stücken  waltet  immer  ein 
büschelförmiges,  faseriges  und  garbenförmiges  Gefüge  vor,  wohin- 
■ reffen  die  sehr  selten  auftretende  feinkörniffe  Structur  mit  einem 
sehr  hohen  Gehalt  an  Calciumcarbonat  verbunden  ist. 

Der  Strontianit  ist  durchsichtig  bis  durchscheinend  und  besitzt 
Glasglanz.  Die  Härte  ist  = 3,5,  das  specifische  Gewicht  nach 
Zirkel  3,6  bis  3,8,  nach  von  der  Mark  für  den  Strontianit  vom 
Herrensteinberg  = 3,613.  Die  Schwankungen  in  der  Angabe  des 
speerfischen  Gewichtes  finden  ihre  Erläuterung  in  der  chemischen 
Zusammensetzung  dieses  Minerals,  welches  Calciumcarbonat  als 
isomorphe  Beimischung  in  variabler  Menge  enthält. 

Wenn  einzelne  Strontianite  einige  Zeit  der  Verwitterung  aus- 
gesetzt  sind,  so  bilden  sich  an  ihrer  Oberfläche  braunrotlie  Flecke, 
welche  ihre  Entstehung  einem  Gehalt  an  Eisenoxyd  verdanken. 
Bemerkenswerth  ist,  dass  von  von  der  Mark  in  einem  Kalkspath 
eines  Strontianitganges  ein  Gehalt  von  0,52  pCt.  Strontimncarbont 
nachgewiesen  worden  ist.  Es  erinnert  dies  an  das  von  Genth 
erwähnte  Vorkommen  von  strontianhaltigem  Kalkspath,  dem  Stron- 
tianocalcit,  welcher  sich  bei  Girgenti  auf  Sicilien  vorfindet. 

Eine  von  von  der  Mark  ausgeführte  Analyse  des  Strontianits 
vom  Herrensteinberge  ergab: 

SrÖ  . . — 63,56  pCt. 

CaO  . . . . = 4,80  » 

C 02  . . . . — 30,85  » 

Si02  . . . . = Spur 

Summa  = 99,21  pCt. 

Zwei  Analysen  von  II.  Redicher  führten  zu  folgenden  Re- 
sultaten : 


I. 


II. 


SrC03  . . 

= 94,70  pCt.  . 

. = 93,09  pCt. 

CaC03  . 

= 5,22  » . 

= 6,82  » 

Fe203  . . 

= Spur 

= Spur 

h2o  . . 

= 0,08  » 

= 0,08  » 

Summa 

= 100,00  pCt. 

= 99,99  pCt. 

in  der  Gegend  von  Drensteinfurt. 


135 


Was  endlich  die  Frage  über  die  Entstehungsweise  der  west- 
falischen Strontianitgänge  anbetrifft,  so  dürfte  wohl  die  Möglich- 
keit einer  Gangspaltenbildung  durch  Einwirkung  von  seitlichem 
Gebirgsdrucke  und  damit  zusammenhängenden  Schichtenstörungen 
und  Translocationen  für  die  vorliegenden  Verhältnisse  ausgeschlossen 
sein,  da  ja  die  Schichtung  des  Mukronatenmergels  bei  der  gleich- 
mässigen,  horizontalen  Ablagerung  keinerlei  Schichtenstörungen 
aufzuweisen  hat.  Dagegen  scheint  die  von  von  der  Mark  zuerst 
ausgesprochene  Ansicht,  dass  die  Gangspaltenbildung  nach  der 
Trockenlegung  des  Mergelgebirges  infolge  der  damit  in  Zusammen- 
hang zu  bringenden  Contraction  der  noch  plastischen  Gebirgs- 
masse  erfolgt  sei,  grosse  Wahrscheinlichkeit  für  sich  zu  haben. 
Berücksichtigt  man  dann  die  Gesetze  der  Löslichkeit  des  kohlen- 
sauren Kalkes  und  des  kohlensauren  Strontian  in  kohlensäure- 
reichem Wasser,  so  lässt  sich  auch  die  Structur  der  Gangmasse 
der  hier  in  Rede  stehenden  Mineralgänge  recht  wohl  erklären 
durch  den  Vorgang  einer  krystallinisehen  Ausscheidung  genannter 
Carbonate  aus  einer  Mineralsolution,  welche  die  Gangspalten  von 
oben  her  infiltrirte.  Nach  Lassaigne  ist  nämlich  ein  Theil  kohlen- 
saurer Strontian  in  833  Theilen  und  1 Theil  kohlensaurer  Kalk  in 
1136  Theilen  eines  mit  Kohlensäure  gesättigten  Wassers  löslich, 
und  nach  Bischof  löst  sich  1 Theil  kohlensaurer  Kalk  in  1000  Theilen 
eines  solchen  Wassers  bei  einer  Temperatur  von  10°C.  und  einem 
Drucke  von  750  Millimeter  Barometerstand.  Es  wird  demgemäss 
aus  einer  Mineralsolution  von  Bicarbouaten  des  Kalkes  und  des 
Strontians  unter  Entweichen  von  Kohlensäure  und  Verdunsten  von 
Wasser  zuerst  das  etwas  schwerer  lösliche  Calciumcarbonat  als 
Kalkspath  sich  an  den  Saalbändern  der  Gangspalte  abgesetzt 
haben,  und  hierauf  erst  das  Strontiumcarbonat  auf  dem  Kalk- 
spathe  von  beiden  Seiten  nach  der  Mitte  des  Ganges  hin  zur  Ab- 
scheidung gelangt  sein.  Da  in  den  Gängen  Mergelstücke  und 
darin  auch  Alveolen  von  Belemnites  mucronatus , von  Strontiauit 
incrustirt,  sich  vorgefunden  haben,  so  ist  weiter  zu  folgern,  dass 
während  des  Processes  der  Gangbildung  die  Gangspalten  offen 
gelegen  haben  müssen,  so  dass  die  Tageswasser  derartige  Trümmer- 
stücke in  dieselben  haben  hineinspülen  können. 


136 


Paul  Menzel,  Beschreibung  des  Strontianit -Vorkommens 


Die  Zeit  der  Gangbildung  der  westfälischen  Strontianitgänge 
würde  also  vor  die  Zeit  der  diluvialen  Ablagerungen  fallen  und 
somit  auf  die  Zeitperiode  der  Tertiärformation  zurückzuführen  sein. 


III.  Die  bergbauliche  Gewinnung  und  die  Verwerthung 
des  Strontianits. 

Das  in  Westfalen  im  Jahre  1839  zuerst  am  Herrensteinberg 
unweit  Hamm  entdeckte  Vorkommen  von  Strontianit  hatte  anfangs 
nur  mineralogisches  Interesse.  Als  dann  aber  Strontianit  von 
Apothekern  wahrscheinlich  nur  zur  Verwerthung  in  der  Pyro- 
technik angekauft  wurde,  fing  man  an,  das  Mineral  in  Gräben 
und  Schächtchen  zu  brechen.  Derartige  Gräbereien  wurden  meist 
von  den  Grundeigentümern  selbst  betrieben  und  so  erfolgte  denn 
auch  die  Gewinnung  nur  in  Tagebauen  bis  zu  einer  Teufe  vqu 
höchstens  6 Metern. 

Man  arbeitete  zudem  nur  während  der  Sommermonate,  wo 
man  die  Wasser  schlimmsten  Falles  noch  mittelst  kleiner  Hand- 
pumpen bewältigen  konnte  und  stellte  den  Betrieb  die  Winter- 
monate hindurch  ganz  ein. 

Erst  nachdem  man  die  Verwendung  des  Strontianits  bei  der 
Zuckerfabrikation  schätzen  gelernt  hatte,  und  bei  der  nunmehrigen 
lebhafteren  Nachfrage  dem  Mineral  ein  grösserer  Absatz  gesichert 
war,  konnte  die  bergmännische  Gewinnung  des  Strontianits  in  Be- 
tracht gezogen  werden. 

Seit  dem  Jahre  1874  Hess  Herr  Dr.  Reichardt,  Besitzer 
von  Zuckerfabriken  in  Dessau,  in  der  Nähe  von  Drensteinfurt, 
Schürfarbeiten  auf  Strontianit  betreiben.  Auf  den  hierbei  er- 
schürften Gängen  hat  die  Dessauer  Gesellschaft  seit  den  letzten 
sieben  Jahren  Bergbau  getrieben  und  gegenwärtig  drei  Tiefbau- 
schächte in  Betrieb,  aus  welchen  das  Mineral  angeblich  aus  einer 
Teufe  von  40  Meter  gehoben  wird. 

Die  Lösung  der  Wasser  geschieht  hier  durch  kleine  Saug- 
und  Hebepumpen. 


in  der  Gegend  von  Drensteinfurt. 


137 


Dasjenige  rohe  Haufwerk,  welches  verwachsene  Stücke  von 
Strontianit  und  Mergel  enthält,  wird  auf  festliegenden  Rättern 
separirt  und  einer  weiteren  Aufbereitung  auf  Setzmaschinen  unter- 
worfen. 

Ferner  bauen  gegenwärtig  auf  Strontianit  die  Strontianit- 
Gesellschaft  Görne  & Co.,  welche  bei  Ahlen  und  Vorhehn  Gruben 
besitzt,  die  Magdeburger  Strontianitgesellschaft,  deren  Gruben  bei 
Albersloe  und  Sendenhorst  gelegen  sind,  sowie  die  Bergbaugesell- 
schaft Seelig  & Co.  zu  Oelde. 

Die  Ausrichtung  der  Gänge  erfolgt  durch  kleine  Schächtchen 
von  beispielsweise  3,20  bis  3,70  Meter  Länge  und  1,3  Meter  Breite 
im  Querschnitte.  Dieselben  sind  entweder  im  Gange  selbst  nieder- 
gebracht, so  dass  schon  beim  Abteufen  eine  Gewinnung  von 
Strontianit  erfolgen  konnte,  oder  sie  sind  in  das  Liegende  des 
Ganges  gelegt  und  erfordern  alsdann  zur  Ausrichtung  des  Ganges 

o O o O o 

kurze  Querschläge.  Umstehende  Skizze  vom  Schachte  Bernhard 
in  der  Bauernschaft  Brochhausen  möge  zur  weiteren  Erläuterung 
dienen. 

Zur  Bewältigung  der  Wasser  benutzte  man  beim  Abteufen 
kleine  Hebepumpen  von  Zink  mit  einem  Kolbendurchmesser  von 
130  Millimeter,  welche  entweder  als  Handpumpen  oder  mittels 
Kunstkreuz  durch  eine  Locomobile  betrieben  und  später  gegen 
definitive,  gusseiserne  Pumpen  von  210  Millimeter  (8")  Durch- 
messer ausgewechselt  werden. 

Die  Vorrichtung  des  Ganges  erfolgt  durch  1,6  Meter  hohe  und 
1,3  Meter  breite  Strecken,  welche  zu  beiden  Seiten  des  Schachtes 
im  Gange  aufgefahren  werden  und  wegen  der  verhältnissmässig  sehr 
geringen  Gangmächtigkeit  von  etwa  30  Centimeter  und  darunter 
das  Nachreissen  einer  erheblichen  Masse  Nebengesteins  bedingen. 
Wegen  der  Gebrächheit  des  Mergels,  der  gegen  Verwitterung  und 
namentlich  gegen  Einwirkung  des  Wassers  wenig  widerstandsfähig 
ist,  bedarf  es  einer  sorgfältigen  Verzimmerung  der  Strecken  und 
eines  Verziehens  der  Firste  und  Stösse  mittels  Abschwarten. 

Auf  den  Schächten  der  Cölner  Gesellschaft  werden  10  bis 
15  Meter  hohe  Felder  vorgerichtet,  welche  firstenbauartig  rück- 
wärts nach  dem  Schachte  zu  zum  Verhieb  kommen  sollen. 


138  Paul  Menzel,  Beschreibung  des  Strontianit-Vorkommens 

Profil  des  Schachtes  Bernhardt. 


Diejenigen  Pai’allelgänge,  welche  nicht  zu  entfernt  liegen,  werden 
durch  Querschläge  von  der  Hauptstrecke  aus  aufgeschlossen. 

Abbau  wurde  im  Herbste  des  Jahres  1880  nur  auf  den 
ItElCHAEDT’schen  Gruben  und,  so  viel  dem  Verfasser  darüber  be- 
kannt geworden  ist,  nach  der  Methode  des  Firstenbaues  geführt. 


in  der  Gegend  von  Drensteinfurt. 


139 


Es  darf  jedoch  hier  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  man  sich 
hinsichtlich  der  Reichhaltigkeit  und  des  gleichmässigen  Aushaltens 
der  Gangadern  früher  vielfach  Illusionen  gemacht  hat.  So  darf 
es  den  Bergbautreibenden  nicht  verdriessen,  auch  dann  noch 
Klüfte  weiter  zu  verfolgen,  wenn  selbst  auf  eine  Länge  von  30 
bis  40  Meter  Strontianit  in  den  Strecken  nicht  ansteht.  Auch  hat 
man  beim  Auf  brechen  in  die  Firste  der  Strecken  dort  Strontianit 
gefunden,  wo  in  der  Strecke  selbst  keine  Anbrüche  gemacht 
worden  waren. 

Bei  einem  so  unregelmässigen  Aushalten  der  Gangadern  im 
Streichen  sowohl  als  auch  im  Einfallen  der  Klüfte  ist  es  denn 
auch  erklärlich,  dass  die  Förderung  eine  sehr  unregelmässige  ist 
und  es  Vorkommen  kann,  dass  periodisch  Monate  lang  axif  einem 
einzelnen  Schachtfelde  kein  Strontianit  gebrochen  wird. 

Es  empfiehlt  sich  daher  nicht,  den  Grubenbetrieb  auf  einen 
einzelnen  Punkt  zu  concentriren  durch  Anlage  grösserer  Tiefbau- 
schächte, sondern  eine  grössere  Anzahl  kleiner  Tiefbauschächte 
an  den  verschiedensten  Punkten  im  Betriebe  zu  erhalten,  um 
dann  wenigstens  auf  einigen  Schächten  frische  Anbrüche  zu  be- 
sitzen,  welche  dem  Bergbautreibenden  ein  einigennaassen  sicheres 
Förderquantum  garantiren.  Ein  solches  Verfahren  liegt  auch  dem 
Grubenbetriebe  der  meisten  Bergbaugesellschaften  zu  Grunde. 

Die  Wetterführung  wird  einfach  durch  Lichtschächte  oder 
durch  Wetterlutten,  welche  unmittelbar  aus  den  Bauabtheilungen 
zu  Tage  ausgehen,  regulirt. 

Als  Fördermaschinen  dienen  am  zweckmässigsten  kräftige, 
stationäre  Locomobilen,  welche  gleichzeitig  die  Wasserhaltung  be- 
sorgen können  dadurch,  dass  sie  mittelst  Lenkstange  und  Kunst- 
kreuz mit  dem  Pumpengestänge  in  Verbindung  gesetzt  werden. 

Die  aus  Eisendraht  bestehenden  Förderseile  laufen  über  Seil- 
scheiben, welche  10  Meter  hoch  über  dem  Tagesniveau  auf  dem 
freiliegenden  hölzernen  Schachtgerüst  verlagert  sind.  Die  beiden 
Förderschalen  nehmen  je  einen  Wagen  auf,  welcher  6 Scheffel 
Haufwerk  fasst. 

Der  auf  den  unreineren  Gangpartieen  gewonnene  Strontianit 
bedarf  noch  einer  Aufbereitung,  welche  indessen  bei  dem  erheb- 


140 


Paul  Menzel,  Beschreibung  des  Strontianit-Vorkommens 


liehen  Unterschiede  des  specifischen  Gewichtes  von  Strontianit 
= 3,6,  von  Kalkspath  = 2,7,  Mergel  = 2 und  Schwefelkies 
= 4,9  keine  Schwierigkeiten  bereiten  kann. 

Hinsichtlich  der  Verbreitung  des  Strontianit -Vorkommens  auf 
einem  Flächengebiete  von  16  Quadratmeilen  kann  wohl  behauptet 
werden,  dass  der  westfälische  Strontianitbergbau  zukünftig  noch 
grössere  Ausdehnung  gewinnen  wird.  Auch  ist  die  Lage  der 
Gruben  bezüglich  der  Communications-  und  Transportverhältnisse 
im  Allgemeinen  eine  günstige,  da  die  Förderproducte  auf  verhält- 
nissmässig  kurze  Wegestrecken  nach  den  Bahnhöfen  Rinkerodde, 
Drensteinfurt,  Ahlen,  Beckum  etc.  per  Achse  zu  transportiren  sind. 
Zudem  beabsichtigt  die  Gesellschaft  Görke  & Co.  eine  Pferde- 
bahn von  ihren  Gruben  nach  Ahlen  anzulegen. 

Schwierigkeiten  dagegen  erwachsen  dem  Bergbau  dadurch, 
dass  derselbe  wegen  der  Unverleihbarkeit  des  Strontianits  nicht 
den  Schutz  des  Beiggesetzes  geniesst  und  namentlich  des  Expro- 
priationsrechtes entbehrt,  das  Bergbaurecht  sich  also  lediglich  auf 
einen  Pachtvertrag  zwischen  Bergbauunternehmer  und  Grundbesitzer 
begründet. 

Insbesondere  bietet  die  Erwerbung  zusammenhängender  Felder 
in  demjenigen  Terrain  Schwierigkeiten  dar,  wo  der  Grund  und 
Boden  sich  in  Händen  von  Kleingrundbesitzern  befindet. 

Ferner  ist  die  kurze  Dauer  der  Pachtverträge,  welche  in  ein- 
zelnen Fällen  nur  auf  5 Jahre  zum  Abschluss  kamen,  der  Ent- 
wickelung des  Bergbaubetriebes  sehr  hinderlich.  Die  Pachtver- 
träge, welche  z.  B.  zwischen  der  Cölner  Gesellschaft  und  den 
Grundbesitzern  auf  eine  Dauer  von  10  Jahren  abgeschlossen  sind, 
verpflichten  den  Bergbautreibenden  zu  einer  Abgabe  von  75  Pf. 
pro  Centner  des  im  Tagebau,  von  50  Pf.  pro  Centner  des  durch 
einen  Haspelschacht  und  von  25  Pf.  pro  Centner  des  durch  einen 
Maschinenschacht  gewonnenen  Strontianits  und  zu  einer  jährlichen 
Pachtabgabe  von  36  Mark  für  1/^  Hektar  des  Landes,  welches  dem 
Grundbesitzer  zum  Zwecke  bergbaulicher  Anlagen  entzogen  wird, 
wohingegen  es  dem  Bergbautreibenden  Vorbehalten  bleibt,  den 
Vertrag  jederzeit  notariell  aufnehmen  zu  lassen  und  sein  Bergbau- 


in  der  Gegend  von  Drensteinfurt. 


141 


recht  während  der  in  dem  Vertrage  stipulirten  Zeit  an  einen 
Dritten  zu  übertragen. 

In  weit  höherem  Maasse  ist  es  zu  bedauern,  dass  die  Berg- 
arbeiter nicht  unter  dem  Schutze  des  Berggesetzes  stehen,  und 
es  würde  gewiss  sehr  741  wünschen  sein,  dass  der  Bergbaubetrieb 
wenigstens  mit  Rücksicht  auf  die  Sicherheit  der  Arbeiter  der  berg- 
baulichen Aufsicht  der  Bergbehörden  unterstellt  und  dass  durch  die 
Institution  eines  Knappschaftsvereins  in  einer  den  Anforderungen 
der  heutigen  Zeit  entsprechenden  Weise  für  die  Hinterbliebenen 
der  Verunglückten,  die  Kranken  und  Invaliden  gesorgt  würde. 

Die  volkswirtschaftliche  Bedeutung  des  Strontianitbergbaues 
ist  vorwiegend  abhängig  von  der  Verwertung  des  Strontianits 
bei  der  Zuckerraffinerie. 

Die  für  die  Verwendung  des  Strontians  in  der  Pyrotechnik, 
bei  der  Glasfabrikation  und  der  neuerdings  in  Frage  kommenden 
Herstellung  von  kaustischem  Natron  erforderlichen  Quantitäten 
stehen  in  keinem  Vergleich  zu  dem  bei  der  Zuckerraffinerie  zu 
verwendenden  Strontianitquantum. 

Das  von  Fleischer  entdeckte  und  in  den  Dessauer  Zucker- 
fabriken zuerst  angewandte  Strontianitverfahren  beruht  im  Wesent- 
lichen in  der  Herstellung  eines  Strontiumsaccliarates  in  der  Melasse, 
indem  der  in  letzterer  noch  rückständige  Zucker  an  Strontium- 
oxyd chemisch  gebunden  wird.  Dieser  Zucker  wird  alsdann  durch 
Einleiten  von  Kohlensäure  zu  krystallinischer  Ausscheidung  ge- 
bracht. Der  Strontianit  ist  daher  vorher  zu  calciniren,  um  daraus 
die  Strontianerde  oder  Strontiumoxyd  zu  gewinnen.  — Bezüglich 
des  Verbrauchs  an  Strontianit  bei  einer  neu  einzurichtenden  Zuckei’- 
raffinerie  soll  nach  einer  ans  der  Essener  Zeitung  entnommenen 
Mittheilung  die  Einrichtung;  des  Strontianitverfahrens  anfangs  2000 
bis  3000  Centner  Strontianit  erfordern,  welcher  zum  Theil  wieder 
zu  gewinnen  ist,  so  dass  unter  letzterer  Voraussetzung  der  Jahres- 
bedarf für  den  Weiterbetrieb  sich  noch  auf  etwa  3000  Centner 
belaufen  würde. 

Bei  dem  Aufschwünge,  welchen  (allein)  unsere  heimische 
Zuckerfabrikation  in  den  letzten  Decennien  genommen  hat,  ist  die 


142 


Paul  Menzel,  Beschreibung  des  Strontianit -Vorkommens 


Frage  naheliegend,  inwieweit  der  vermuthlich  in  Westfalen  noch 
anstehende  Strontianit  den  Bedürfnissen  dieses  bedeutenden  In- 
dustriezweiges an  Strontianerde  genügen  dürfte. 

o O O 

Eine  eingehendere  Erörterung  dieser  Frage  kann  aber  erst 
auf  Grund  statistischer  Angaben  über  die  bisherige  Förderung  der 
Strontianitgruben  statthaben.  Leider  sind  hierüber  weder  Zahlen 
veröffentlicht,  noch  dem  Verfasser  von  den  Gruben  Verwaltungen 
mitgetheilt  worden. 


Nach  Maassgabe  der  bisher  im  Strontianitbergbau  gemachten 

o o o 

Erfahrungen  über  das  Verhalten  und  die  Mächtigkeit  der  Gänge 
dürfte  man  wohl  zu  der  Annahme  berechtigt  sein,  dass  die  bereits 
bestehenden  Bergbaugesellschaften  noch  auf  eine  ansehnliche  Reihe 
von  Jahren  hinaus  denjenigen  Bedarf  an  Strontianit  beschaffen 
können,  welcher  von  den  gegenwärtig  nach  dem  Strontianit- 
verfaliren  arbeitenden  Zuckerraffinerien  beansprucht  wird. 

Sollte  dagegen  die  Strontianitgewinnung  stärker  als  bislang 
Gegenstand  der  Speculation  werden,  wozu  der  hohe  Verkaufspreis 
von  9 bis  10  Mark  pro  Centner  veranlassen  könnte,  so  dürfte  bei 
einer  sehr  intensiven  Ausbeutung  eine  verhältnissmässig  baldige 
Erschöpfung  der  Lagerstätten  zu  befürchten  sein. 

Es  ist  somit  eine  allgemeinere  Verwendung  des  Strontianits, 
welche  der  gesammten  Zuckerfabrikation  zu  gute  käme,  kaum  zu 
erwarten. 

Bezeichnend  ist  in  dieser  Hinsicht,  dass  man  wegen  Mangels 
an  anderweitigen  abbauwürdigen  Strontiauit-Lagerstätten  eine  even- 

O O O 

tuelle  Verwendung  des  Cölestin  in  Erwägung  gezogen  hat.  Einer 
Umwandlung  von  Strontiumsulfat  in  Strontiumcarbonat  mittels 
Magnesit  nach  dem  Sciieibler  sehen  Verfahren  sollen  zwar  keine 
praktischen  Schwierigkeiten  entgegenstehen,  dahingegen  scheinen 
die  auf  Veranlassung  englischer  Gesellschaften  ausgeführten  Unter- 
suchungen  der  Cölestinlager  bei  Girgenti  auf  Sicilien  zu  keinen 
günstigen  Resultaten  geführt  zu  haben.  Diese  Lager  werden  zwar 
als  momentan  reichhaltig  geschildert,  beschränken  sich  indessen 
nur  auf  Ablagerungen  an  der  Oberfläche,  so  dass  hier  bei  stärkerer 
Ausbeutung  eine  vorzeitige  Erschöpfung  vorauszusehen  ist. 


in  der  Gegend  von  Drensteinfurt. 


143 


Das  Bedürfniss  nach  Beschaffung  eines  billigeren  und  in  be- 
liebig grossen  Quantitäten  andauernd  zu  beziehenden  Materials 
dürfte  wohl  dazu  geführt  haben,  die  Verwendung  von  gebranntem 
Dolomit  in  Aussicht  zu  nehmen,  in  welchem  als  wirksame  Be- 
standtheile  gleichzeitig  Kalk  und  Magnesia  in  Betracht  kommen. 
Inwieweit  die  ScHEiBLEü’sche  Methode,  mittels  gebrannten  Dolomits 
aus  den  werthlosen  Abgängen  der  Zuckerfabrikation  den  noch 
rückständigen  Zucker  zu  gewinnen  unter  gleichzeitiger  Herstellun 
eines  guten  Düngemittels,  in  der  Praxis  Einführung  finden  wir 
und  geeignet  ist,  das  Strontianitverfahren  zu  ersetzen,  ist  gegen- 
wärtig noch  eine  unentschiedene  Frage,  deren  endgültige  Beant- 
wortung  erst  die  durch  eingehende,  fachmännische  Versuche  er- 
zielten Resultate  herbeiführen  können. 


& Cfq 


Fossile  Hölzer 

ans  der  Sammlung  der  Königlichen  geologischen 
Landesanstalt  zu  Berlin. 

Von  Herrn  Conwentz  in  Danzig. 


Vorbericht  der  Redaktion. 

Im  Folgenden  werden  die  Ergebnisse  einer  Reihe  von  Untersuchungen  ge- 
boten, deren  Ausführung  sich  Herr  Dr.  Conwentz,  Director  des  Westpreussischen 
Provinzial- Museums  zu  Danzig,  mit  dankenswerther  Bereitwilligkeit  unterzogen 
hat.  Gegenstand  derselben  war  eine  Reihe  fossiler  Hölzer  aus  den  Sammlungen 
der  geologischen  Landesanstalt.  In  Abschnitt  I sind  den  Quartärbildungen, 
Alluvium  und  Diluvium,  angehörende,  in  Abschnitt  II  tertiäre  und  ältere  Hölzer 
zusammengestellt. 

Die  im  Alluvium  gefundenen  sogenannten  Rollhölzer  No.  1 und  2 sind  auch 
ihrer  Abstammung  nach  als  alluvial  zu  bezeichnen,  während  von  den  diluvialen 
Hölzern  nur  eins,  No.  3 (deshalb  auch  als  diluviales  Rollholz  bezeichnet),  als 
wahrscheinlich  auch  zur  Diluvialzeit  gewachsen  betrachtet  werden  darf,  alle 
übrigen  (No.  4 — 19,  bezw.  22?)  aber  echte  Geschiebehölzer  sind,  d.  h.  aus  älteren 
Formationen  stammend  als  Geschiebe  im  Diluvium  znm  Absatz  kamen. 

Die  Braunkohlenhölzer  des  zweiten  Abschnittes  dürfen  zweifellos  als  auch  zur 
Tertiärzeit  gewachsen  betrachtet  werden.  — Von  nachweislich  in  älteren  For- 
mationen gefundenen  Hölzern  folgen  sodann  noch  zwei  Kieselhölzer,  das  eine  aus 
dem  Lias,  das  andere  aus  dem  Posidonomyenschiefer  desselben. 

Wo  solches  noch  möglich  war,  ist  der  betreffenden  Beschreibung  und  Be- 
stimmung noch  ein  kurzer  Fundbericht  vorausgeschickt.  Von  fast  sämmtlichen 
mikroskopisch  untersuchten  Hölzern  befinden  sich  drei  Dünnschliffe  (Quer-, 
Radial-  und  Tangentialschliff)  bei  den  Originalen  und  werden  in  der  Sammlung 
der  Landesanstalt  aufbewahrt. 

Kurz  zusammengefasst  ergeben  die  CoNWENxz’schen  Bestimmungen  den 
folgenden  Ueberblick: 

I. 

Hölzer  aus  der  Quartärformation. 

a)  Alluviales  Rollholz. 

/ No.  1.  Ainus  sp.,  von  Büsum. 

A » 2.  Fraxinvs  cf.  excelsior  L.,  aus  Holstein. 


I 


Conwentz,  Fossile  Hölzer  aus  der  Sammlung  etc. 


145 


b)  Diluviales  Rollholz. 

No.  3.  Laubholz  aus  Cyprinenthon,  von  Succase  bei  Elbing. 

c)  Diluviale  Geschiebehölzer. 

XNo.  4.  Cupressinoxylon  sp.,  vom  Kreuzberge  bei  Berlin. 

X » 5.  Desgl.  von  Alt -Rottstock. 

, » 6.  7.  Desgl.  von  Oderberg. 

» 8.  Desgl.  von  Stolpe. 

/•  » 9.  Desgl.  von  Mecklenburg. 

» 10.  Desgl.  von  Reuchlitz. 

» 11.  Desgl.  von  Gr.  - Almerode. 

A » 12.  Desgl.  von  Sossenheim  am  Taunus. 

^ » 13.  Cupressinoxylon  pacln/derma  Göpr.,  von  SondorshÖvcd  in  Jütland. 

^ » 14.  Cupressinoxylon  cf.  pachyderma  oder  Pinites  ponderosus  Göpp.  , von  Dorf 
Garden. 

y»  15.  Rlnzocupressinoxylon  cf.  opacum  Göpp.  sp.,  aus  Holstein. 
w,  » lß.  Rlnzocupressinoxylon  sp.,  von  Gardelegen. 

y » 17.  18.  Cornoxylon  erraticum  n.  sp.  Conw.,  wahrscheinlich  aus  Holstein, 
y » 19.  Cornoxylon  Holsatiae  n.  sp.  Conw.,  von  Oester  - Börstel  (Holstein). 

X » 20.  Coniferenholz  von  Niederlöhme, 
y » 21.  Desgl.  von  Danndorf. 

X » 22.  Unbestimmbares  Geschiebe  von  Mitten walde. 

X » 23.  Kieselhölzer  von  Brostau.  (NB.  Der  Fundort  wird  angezweifelt.) 
a.  Laubholz. 

y b.  Psaronius  sp.  der  Section  Helmintholithus  Stknzel. 

c.  Fasciculites  confertus  n.  sp.  Stknzel. 

d.  Fasciculites  germanicus  n.  sp.  Stknzel. 


No.  1. 

» 2. 


» 4. 
» 5. 
» 6. 

No.  7. 

V » 8. 


II. 

Tertiäre  und  ältere  Hölzer. 

a)  Braunkohlenhölzer. 

Rlnzocupressinoxylon  subaequale  Göpp.,  von  Kranichfeld. 

Cupressinoxylon  cf.  subaequale  Göpp.  mit  Rhizocupressinoxyla  Conw.,  von 
Dorheim. 

Cupressinoxylon  ßssuni  Göpp.,  von  Schurgast. 

Cupressinoxylon  cf.  pachyderma  Göpp.,  von  Giesel. 

Glyptostrobus  teuer  Kn.,  von  Salzhausen. 

Coniferenholz  von  Schossnitz. 

b)  Aeltere  Hölzer. 

Araucarites  sp.  aus  Posidonomyenschiefer,  von  Wenzen. 

Araucarioxylon  latiporosum  Kp..  aus  Mittl.  Lias,  von  Salzgitter. 


[10] 


146 


Conwentz  , Fossile  Hölzer  aus  der  Sammlung 


I. 

Hölzer  aus  der  Quartärformation. 

a)  Alluviales  Rollholz  (Flottholz). 

No.  1. 

Alluviales  Rollholz  der  Küstenwatteu  von  Büsum. 

(Meyn  leg.) 

Das  Holz  ist  aus  Zellen  und  Gefässe'n  zusammengesetzt 
Erstere  sind  polygonal,  mit  abgerundeten  Ecken,  und  auf  den 
Längswänden  einfach  oder  gehöft  getüpfelt.  Die  Gefässe  sind 
theils  unregelmässig  gruppirt,  theils  radial  angeordnet;  ihre  Form 
ist  ursprünglich  rund  und  wird  eckig,  wenn  sie  zu  mehreren  bei- 
sammen stehen.  Die  verticalen  Wandungen  werden  von  kleinen 
Tüpfeln  dicht  bekleidet.  Die  schief  verlaufenden  Querwände  sind 
leiterförmig  durchbrochen;  bis  18  einzelne  Sprossen,  welche  ziemlich 
eng  aneinander  liegen,  bilden  eine  Leiter.  Die  Markstrahlen  sind 
einreihig  und  werden  bis  18  Stockwerke  hoch.  Tangential  er- 
scheinen deren  Zellen  tonnenförmig,  isodiametrisch  oder  etwas 
höher  als  breit;  die  radialen  Wände  sind  getüpfelt. 

Aus  obiger  Beschreibung  erhellt,  dass  das  fragliche  Exemplar 
ein  Erlenholz  ist.  Die  Species  lässt  sich  mit  Sicherheit  nicht  fest- 
stellen, da  der  anatomische  Bau  der  einzelnen  Arten  nicht  wesent- 
lich von  einander  abweicht. 

Ainus  sp. 


No.  2. 

Alluviales  Rollholz  aus  Holstein.  (Meyn  leg.) 

Dies  Exemplar  ist  bei  Weitem  nicht  so  gut  erhalten,  wie  das 
vorige.  Das  Holz  besteht  aus  langgestreckten  Prosen chym-  und 
kurzgegliederten  Parenchymzellen,  sowie  Gefässen  von  zweierlei 
Art.  Dieselben  kommen  entweder  einzeln  oder  öfter  zu  zweien,  stets 
in  concentrischen  Reihen  angeordnet  vor.  Die  Gefässe  des  Herbst- 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin. 


147 


holzes  sind  gewöhnlich  spärlicher  und  immer  auffallend  enger  als 
die  des  Frühjahrsholzes.  Die  verticalen  Wände  erscheinen  getüpfelt 
und  ohne  Spiralen ; welcher  Art  die  Durchbrechung  ist,  lässt  sich 
mit  Sicherheit  nicht  feststellen,  doch  war  von  einer  leiterförmigen 
keine  Spur  wahrzunehmen.  Die  Markstrahlen  sind  ein-  oder 
zweireihig  und  niedrig  gebaut. 

Die  vorerwähnte  Vertheilung  der  Gefässe  ist,  unter  den  hier 
in  Betracht  kommenden  Bäumen,  allein  für  die  Esche  charak- 
teristisch. Daher  stehe  ich  nicht  an,  trotz  der  sehr  mangelhaften 
Erhaltung,  das  gedachte  Stück  auf  diese  Gattung  zurückzuführen. 
Es  darf  nicht  Wunder  nehmen,  dass  ein  eschenes  Rollholz  an  der 
holsteinschen  Ostseeküste  aufgefunden  wird,  zumal  Fünen  und 
Rügen  sehr  ausgedehnte  und  alte  Bestände  an  Fraxinus  excelsior 
noch  aufzuweisen  haben.  Demgemäss  können  Bruchstücke  hiervon 
leicht  in  die  See  gerathen  und  an  der  nahen  holsteinschen  Küste 
wieder  ausgeworfen  werden. 

Fraxinus , cf.  excelsior  L. 


b)  Diluviales  Rollholz. 

No.  3. 

Diluviales  Rollholz  aus  Cyprinenthon  von  Succase 
bei  Elbing.  (G.  Berendt  leg.) 

Das  untersuchte  Stück  entstammt  dem  echten  Cyprinenthon  (Jentzsch’s 
Yoldiathon)  *),  bezw.  einer  der  diesen  Thon  am  Steilufer  zum  Haff  abbauenden 
Ziegeleigruben  bei  dem  Orte  Succase. 

Die  regelrecht  abgerollten,  in  ihrer  Erhaltung  die  Mitte  zwischen  alluvialem 
Roll-  oder  Flottholz  und  tertiärem  Braunkühlenholze  haltenden  Holzstücke,  deren 
die  Sammlung  noch  mehrere  besitzt,  kommen  dort  in  Gemeinschaft  mit  Schaal- 
resten  von  Yohlia  arctica , Cyprina  islandica  und  Astarte  borealis  und  mit  Knochen 
vom  Schellfisch  ( Gadus  aegleßnus)  zerstreut  in  den  fetten  Thon  eingebettet  vor. 

Da  die  Erhaltung  des  untersuchten  Stückes  keine  entschiedene  Bestimmung 
zuliess,  so  sollen  anderweite  Stücke  in  der  Folge  zur  Untersuchung  gelangen. 

Das  Holz  wurde  im  frischen  Zustande  von  einem  Pilz  befallen 
und  arg  angegriffen.  Demzufolge  ist  es  so  schlecht  conservirt,  dass 

*)  A.  Jentzsch,  Schrift,  d.  phys.  ökon.  Ges.  zu  Königsberg  1S76,  S.  139. 
G.  Berendt,  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  XXXI,  S.  692. 


[10*] 


148 


Co.wyentz  , Fossile  Hölzer  aas  der  Sammlung 


es  nur  mit  Mühe  gelang,  die  Laubholznatur  festzustellen.  Eine 
nähere  Bestimmung  ist  durchaus  unmöglich. 

L a u b h o 1 z. 


c)  Diluviale  Geschiebeliölzer. 

No.  4. 

Geschiebeholz  vom  Kreuzberge  bei  Berlin. 

(K.  A.  Lossen  leg.) 

Das  15,5  Centimoter  lange,  5 — 7 Centimeter  Durchmesser  zeigende  Stück 
entstammt  einer  der  seither  eingegangenen  und  jetzt  bebauten  Sandgruben  auf 
dem  eigentlichen  Kreuzberge,  mithin  den  Sand-  und  Grandschichten  des  Unteren 
Diluviums. 

Das  ganze  Stück  besteht  aus  Kieselsäure,  welche  sich  im 
Innern  der  Holzzellen  massenhaft  in  einzelnen  Krystallen  ab- 
geschieden hat.  Hierdurch  und  durch  fein  vertheilte  Eisenver- 
bindungen  wird  das  mikroskopische  Bild  der  Dünnschliffe  sehr 
erheblich  getrübt. 

Die  Jahresringe  erreichen  eine  verschiedene  Dicke  von  0,40 
bis  2,00  Millimeter.  Die  Trache'iden  sind  vorherrschend  zweireihig 
getüpfelt,  wobei  die  benachbarten  Tüpfel  stets  auf  gleicher  Höhe 
stehen.  Holzparenchym  ist  häufig  vorhanden.  Die  Markstrahlen 
sind  einreihig,  bis  24  Etagen  hoch.  Auf  der  radialen  Wand  der 
Zellen  sind  zuweilen  querovale  Tüpfel  sichtbar. 

Dies  Holz  ist  dem  der  folgenden  Nummer  sehr  ähnlich  und 
beide  haben  wahrscheinlich  derselben  Baumart  angehört. 

Cupressinoxylon  sp. 

No.  5. 

Geschiebeholz  aus  Alt-Hottstock.  (G.  Berendt  leg.) 

Das  15  Centimeter  lange,  3,5  Centimeter  breite  Stück  wurde  bei  den  grossen 
Ausschachtungen  der  Berlin  - Wetzlarer  Eisenbahn  behufs  Gewinnung  von  Kies 
bei  dem  Dorfe  Rottstock,  zwischen  Brück  und  Belzig,  in  einem  hier  sehr  mäch- 
tigen Grandlager  des  Unteren  Diluviums  gefunden. 

Das  Versteinerungsmaterial  wird  wie  bei  dem  vorigen  von 
krystallinisclier  Kieselsäure  gebildet,  welche  durch  anderweitige 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin. 


149 


anorganische  Beimengungen  verunreinigt  ist;  diese  beiden  Factoren 
bedingen  gleichzeitig  die  Undeutlichkeit  des  mikroskopischen  Bildes. 

Die  Jahresringe  haben  eine  sehr  verschiedene  Weite,  welche 
zwischen  0,25  bis  2,00  Millimeter  wechselt.  Sie  werden  gleich- 
massig  aus  Tracheiden  zusammengesetzt,  deren  Hoftüpfel  häufig 
durch  Quarzkrystalle  verdeckt  oder  zerstört  sind.  In  manchen 
Zellen  schliessen  sie  sich  eng  und  regelmässig  aneinander,  so  dass 
hierdurch  ein  Bild  hervorgerufen  wird,  welches  an  die  polygonale 
Tüpfelung  der  Araucarien-Tracheiden  recht  lebhaft  erinnert.  Wo 
die  Tüpfel  conservirt  sind,  erscheinen  sie  gross,  manchmal  quer- 
gezogen, mit  rundem  porus,  in  einer  oder  zwei  Reihen  gleich  hoch 
gestellt.  Das  Holzparenchym  tritt  häufig  auf  und  führt  noch  zu- 
weilen Harz.  Die  Markstrahlen  sind  einreihig  und  werden  bis  zu 
24  Stockwerken  hoch.  Die  Tüpfel  der  Strahlzellen  sind  nicht 
deutlich  erhalten. 

Das  gedachte  Exemplar  gehört  einem  cypressenähnlichen 
"Holze  an: 

Cwpressinoxijlon  sp. 


No.  6 und  7. 

Geschiebeholz  aus  Oderberg.  (G.  Berendt  leg.) 

Das  eine  der  Stücke  misst  21  Centimeter  in  der  Länge  bei  einer  Breite  vpu 
6,5  und  einer  Dicke  von  1 Centimeter,  das  andere  nur  1)  Centimeter  in  der  Länge 
bei  einem  Durchmesser  von  7,5  und  6 Centimeter.  Sie  wurden  bald  nacheinander 
an  ziemlich  derselben  Stelle  des  Steilgehänges  zum  Oderbruch,  östlich  Oderberg, 
im  Sand  und  Grand  des  Unteren  Diluviums  gefunden. 

Diese  beiden  Stücke  sind  durch  krystallinische  Kieselsäure 
versteinert  und  unvollkommen  erhalten.  Die  Jahresringe  sind 
gleichmässig  eng  und  erscheinen  namentlich  in  No.  2 häufig  ver- 
drückt. Sie  bestehen  durchweg  aus  Tracheiden,  deren  radiale 
Wand  meistens  mit  zwei  Reihen  gleich  hoch  gestellter  Hoftüpfel 
bekleidet  ist.  Unterbrochen  wird  dies  Gewebe  von  harzführen- 
dem Holzparenchym , dessen  Querschnitt  dem  der  benachbarten 
Tracheiden  gleichkommt.  Die  Markstrahlen  sind  einreihig  und 
erreichen  eine  Höhe  von  20  Stockwerken. 


150 


Conwentz,  Fossile  Hölzer  aus  der  Sanxmlun; 


Zufolge  der  krystallinischen  Ausbildung,  welche  in  nahezu 
allen  Zellen  sehr  merklich  hervortritt,  hat  die  Deutlichkeit  der 
Structurverhältnisse  ungemein  gelitten.  Daher  war  es  schlechter- 
dings nicht  möglich,  die  qu.  Stücke  definitiv  zu  bestimmen,  in- 
dessen geht  aus  obigen  Angaben  zur  Genüge  hervor,  dass  sie 
einem  Baume  aus  der  Verwandtschaft  der  Cupressineen  oder 
Abietineen,  wahrscheinlich  der  ersteren,  angehört  haben.  Dem- 
gemäss können  sie  als 

cf.  Cupressino xylon  sp. 

bezeichnet  werden. 

No.  8. 

Geschiebeholz  von  Stolpe. 

Das  Holz  ist  in  frischem  Zustande  durch  Pilzmycel  vielfach 
angegriffen  worden,  so  dass  die  feineren  Structurverhältnisse  nicht 
unversehrt  erhalten  bleiben  konnten.  Ueberdies  ist  es,  wahr- 
scheinlich nach  Einwirkung  säurehaltiger  Gewässer,  mehr  oder 
weniger  aufgequollen,  ehe  es  durch  krystallinische  Kieselsäure 
versteinert  wurde.  Stellenweise  treten  noch  verschiedene  anorga- 
nische Verunreinigungen  hinzu. 

Die  Jahresringe  sind  ungleichmässig  dick  und  variiren  zwischen 
0,30  und  2,50  Millimeter.  In  diesen  weiteren  herrscht  die  mittlere 
Schicht  vor,  weshalb  das  qu.  Bruchstück  einem  Stammholze 
angehört  haben  muss.  Auf  der  radialen  Seite  der  Trachei'den 
stehen  die  Tüpfel  in  2 bis  3 Reihen  nebeneinander  und  gleich  hoch; 
der  porus  ist  zuweilen  infolge  der  Pilzeinwirkung  geschwunden. 
Das  Holzparenchym  ist  kurzgegliedert  und  häufig  verbreitet.  Die 
Markstrahlen  sind  einreihig,  bis  17  Stockwerke  hoch.  Der  Zell- 
querschnitt erscheint  tangential  elliptisch  bis  rund.  Tüpfel  sind 
auf  den  Wandungen  der  Strahlzellen  nicht  sichtbar. 

Cupr essino xylon  sp. 

No.  9. 

Geschiebeholz  aus  Mecklenburg.  (L.  Meyn  leg.) 

Das  Holz  war  bereits  verquollen,  ehe  es  durch  krystallinische 
Kieselsäure  versteinert  wurde. 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin. 


151 


Die  Jahresringe  sind  ungleichmässig,  bis  2,50  Millimeter  dick. 
Die  Trache'iden  sind  von  kleinen  Krystallen  erfüllt  und  ausserdem 
treten  anderweitige  Verunreinigungen  (?  Eisenoxydulhydrat)  auf, 
so  dass  die  Tüpfel  nur  hier  und  da  angedeutet  erscheinen.  Das 
Holzparenchym  führt  oft  noch  einen  harzigen  Inhalt.  Die  Mark- 
strahlen sind  einreihig,  bis  20  Stockwerke  hoch;  selten  werden 
einzelne  hiervon  durch  Theilung  zweireihig. 

o ö 

cf.  Cupressinoxylon  sp. 

No.  10. 

Verkieseltes  Holz  von  Beuchlitz. 

Dieses  Stück  war  bereits  in  Zersetzung  begriffen,  ehe  es  in 
krystallinische  Kieselsäure  umgewandelt  wurde,  und  deshalb  ist 
die  organische  Structur  stellenweise  nur  undeutlich  erhalten.  Die 
1,50  bis  3,00  Millimeter  weiten  Jahresringe  bestehen  aus  drei 
Schichten  Trache'iden,  woraus  hervorgeht  , dass  das  qu.  Exemplar 
dem  Stammholz  einer  Conifere  angehört  hat.  Auf  der  radialen 
Wand  der  Trache'iden  stehen  Hoftüpfel  entfernt  einreihig,  auch 
zerstreut,  aber  selten  zweireihig;  auf  der  tangentialen  Wandung 
waren  keine  Tüpfel  sichtbar.  Zerstreutes  Holzparenchym  kommt 
häufig  vor  und  ist  oft  noch  mit  Harz  angefüllt. 

Die  Markstrahlen  sind  einreihig  und  werden  bis  15  Stock- 
werke hoch.  Die  radiale  Wand  der  Strahlzellen  ist  wohl  mit 
Tüpfeln  bekleidet  gewesen,  doch  liess  sich  mit  Sicherheit  die 
Form  und  die  Beschaffenheit  derselben  nicht  erkennen. 

Der  obige  Befund  weist  darauf  hin,  dass  unser  Holz  zur 
Gattung  Cupressinoxylon  gehört.  Schon  in  früherer  Zeit  ist  bei 
Halle  eine  als  Braunkohle  und  als  verkieseltes  Holz  sehr  häufig 
vorkommende  Cyp ressenart  von  Andrä  (Botanische  Zeitung,  6.  Jahrg., 
S.  633)  beobachtet  und  als  Calloxylon  Hartigii  (=  Cupressinoxylon 
Hartigii  Göppert)  beschrieben  worden.  Daher  lag  die  Vermuthung 
nahe,  dass  das  obige  Exemplar  hierzu  gehöre;  jedoch  lehrte  ein 
Vergleich  eine  wesentliche  Verschiedenheit  beider  Hölzer,  vor- 
nehmlich in  der  Anordnung  der  Tüpfel.  Die  schlechte  Erhaltung 


152 


Conwkntz  , Fossile  Hölzer  aus  der  Sammlun. 


lässt  eine  anderweite  Bestimmung  als  inopportun  erscheinen,  und 
so  mag  das  fragliche  Holz  vorläufig  als 

Cupressinox y Ion  sp. 

bezeichnet  werden. 


No.  11. 

Geschiebeholz  von  Gr. -Almerode. 

Die  hierzu  gehörigen  Bruchstücke  sind  sehr  schlecht  erhalten; 
das  Versteinerungsmaterial  bildet  krystallinische  Kieselsäure,  welche 
durch  diverse  anderweitige  anorganische  Einlagerungen  verun- 
reinigt wird. 

Die  Jahresringe  sind  mit  blossem  Auge  deutlich  zu  erkennen 
und  wechseln  zwischen  0,50  bis  3,50  Millimeter  Breite.  Sie  be- 
stehen durchweg;  aus  nahezu  gleichförmigen  und  gleichmässig  ver- 
dickten  Trache'iden,  so  dass  ein  Unterschied  zwischen  der  Structur 
des  Herbst-  und  Frühjahrholzes  kaum  merkbar  ist;  er  wird  aber 
durch  die  fremden  Einlagerungen  sehr  scharf  bezeichnet,  welche 
vornehmlich  auf  der  Grenze  der  Jahresringe  stattgefunden  haben. 
Die  Hoftüpfel  der  Trache'iden  sind  sehr  undeutlich;  sie  stehen 
wahrscheinlich  gleich  hoch  in  zwei  Reihen.  Holzparenchym  ist 
mehrfach  vorhanden. 

Die  Markstrahlen  sind  bis  25  Etagen  hoch;  die  Tüpfelung 
der  Wände  ist  nicht  mit  Gewissheit  anzugeben. 

Trotz  der  schlechten  Conservirung  geht  aus  obigem  Befunde 
zur  Genüge  hervor,  dass  die  qu.  Stücke  zur  Gattung  Cupressino- 
xylon  gehören.  Auf  einer  der  mir  mitgeschickten  Etiquetten  dieser 
Nummer  befindet  sich  die  Bezeichnung 

»Kieselholz  von  Sequoia«-. 

Ich  weiss  nicht,  worauf  diese  Bestimmung  gegründet  ist  und 
bemerke,  dass  die  mir  eingesandten  Dünnsclilitfe  die  Zugehörigkeit 
zu  dieser  Gattung  keineswegs  erkennen  lassen.  Der  Bau  der 
Sequoia  galt  als  so  übereinstimmend  mit  dem  der  Cnpressineen, 
dass  die  fossilen  Hölzer  beider  unter  dem  Namen  Cupressinoxylon 
zusammengefasst  werden  mussten.  Erst  neuerdings  will  Schröter 
(Untersuchungen  über  fossile  Hölzer  aus  der  arctischen  Zone, 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin. 


153 


Zürich  1880)  in  der  Tüpfelung  der  radialen  Wand  der  Mark- 
strahlenzellen eine  constante  Differenz  aufgefunden  haben.  — Wie 
oben  erwähnt,  sind  diese  feineren  Structurverhältnisse  in  unseren 
Dünnschliffen  nicht  erhalten;  daher  kann  ich  wohl  die  Möglichkeit 
zugeben,  dass  die  qu.  Hölzer  Sequoia  angehören,  mit  Sicherheit 
vermag  ich  sie  aber  nur  als 

Cupressinoxylon  sp. 

zu  bezeichnen. 


No.  12. 

Verkieseltes  Holz  von  Sossenheim  bei  Soden  am 
Taunus;  Kiesgruben.  (E.  Weiss  leg.) 

Das  Holz  ist  24  Centimeter  lang  und  2,5  bis  4 Centimeter 
dick;  es  zeigt  am  oberen  und  unteren  Ende  je  eine  Astnarbe. 
Die  Versteinungsmasse  besteht  aus  einem  Gemenge  von  amorpher 
und  krystallinischer  Kieselsäure.  Bevor  das  Stück  petrificirt  wurde, 
war  es  durch  parasitische  Pilze  stellenweise  zersetzt  und  ausserdem 
stark  gedrückt  worden.  Daher  ist  die  Erhaltung  unvollständig 
und  ermöglicht  nicht  eine  specifische  Bestimmung. 

Die  Jahresringe,  welche  deutlich  und  weit  (bis  6 Millimeter) 
sind,  bestehen  aus  Tracheiden  und  Holzparenchym.  Jene  tragen 
auf  der  radialen  Wandung  eine  Reihe  grosser  Hoftüpfel;  das 
Parenchym,  welches  sehr  häufig  auftritt,  führt  Harz.  Die  Mark- 
strahlen sind  von  einerlei  Art:  einreihig  und  von  mittlerer  Höhe; 
ich  zählte  bis  17  Stockwerke  übereinander.  Die  Structurverhält- 
nisse der  Wandung  der  Strahlenzellen  sind  nicht  erkennbar. 

Aus  obigen  Angaben  erhellt,  dass  das  vorliegende  Holz  einem 
cypressenähnlichen  Baume  angehört  hat: 

Cupressinoxylon  sp. 

No.  13. 

Geschiebeholz  aus  altem  Diluvium  von  Sondershöved 
in  J ü 1 1 a n d.  ( L.  Meyn  leg.) 

Dies  PIolz  ist  von  braunkohleartiger  Beschaffenheit  und  schwerer 
als  destillirtes  Wasser.  Die  Jahresringe  sind  eng  und  lösen  sich 


154 


Conwentz,  Fossile  Hölzer  aus  der  Sammluni 


an  beiden  Enden  des  Bruchstückes  theilweise  auseinander.  Die 
Trache'iden  sind  ausserordentlich  stark  verdickt  und  häufig:  derartig 
zusammengedrückt,  dass  ihre  Contouren  kaum  erkennbar  bleiben. 
Im  Herbstholz  hat  die  Dicke  der  Zellwände  nach  Innen  soweit 
zugenommen,  dass  das  lumen  nur  noch  als  einfacher  Strich  oder 
auch  garnicht  mehr  sichtbar  ist.  Wahrscheinlich  ist  diese  auf- 
fallende Dickwandigkeit  nicht  ursprünglich , vielmehr  erst  auf 
der  Lagerstätte  durch  Einwirkung  schwefelsäurehaltiger  Gewässer 
secundär  hervorgerufen.  Aus  der  Masse  der  mehr  oder  weniger 
rothbraun  gefärbten  Trache'iden  heben  sich  einzelne  unregelmässig 
vertheilte  Gruppen  von  glänzend  goldgelben  ab;  diese  treten  vor- 
nehmlich auf  dem  Querschnitt  deutlich  hervor.  Wo  die  Tüpfel 
sichtbar  sind,  erscheinen  sie  auf  der  radialen  Seite  einreihig,  etwas 
entfernt  stehend,  mit  verticalem  Spalt;  auf  der  tangentialen  Wand 
befinden  sich  kleinere  Tüpfel,  deren  Spalt  gleichfalls  vertical 
verläuft. 

D as  regelmässige  Gewebe  der  Trache'iden  wird  häufig  durch 

o o O 

harzführendes  Holzparenchym  unterbrochen,  welches  oft  eine  con- 
centrisclie  Anordnung  erkennen  lässt.  Die  Markstrahlen  sind 
einreihig  und  erreichen  eine  Höhe  bis  zu  16  Stockwerken.  Die 
Tüpfelung  dieser  Zellenwände  ist  nicht  sichtbar. 

Obiger  mikroskopischer  Befund  verweist  das  untersuchte  Holz 
in  die  Gattung  Cupressinoxylon.  Die  ausgeprägte  Dickwandigkeit 
der  Zellen  und  die  dadurch  bedingte  specifische  Schwere  cypressen- 
ähnlicher  Braunkohlenhölzer  ist  von  Göppert  dazu  benützt  worden, 
eine  besondere  Species:  pachyderma  zu  begründen.  Unser  Holz 
differirt  von  der  hierfür  gegebenen  Diagnose  unwesentlich  durch 
etwas  höhere  Markstrahlen,  daher  können  wir  es  ohne  Weiteres  als 
ein,  voraussichtlich  aus  dem  Oligocaen  stammendes  Geschiebeholz: 
Cupr essino xylon  pachyderma  Göpp. 

bezeichnen. 

No.  14. 

Geschiebeholz  aus  Dorf  Garden. 

Das  Holz  ist  von  braunkohleähnlicher  Beschaffenheit,  erscheint 
äusserlich  bräunlich  und  auf  horizontalem  Bruch  schwärzlich;  im 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin. 


155 


Wasser  sinkt  es  unter.  Mikroskopisch  erweist  es  sich  als  sehr 
stark  gequollen  und  verdrückt,  so  dass  die  Structurverhältnisse 
wenig  erkennbar  sind.  Die  Contonren  der  Tracheiden  sind  wenig 
oder  garnicht  deutlich,  das  Bild  der  Markstrahlen  ist  ebenso  ver- 
schwommen und  tangential  schlechterdings  nicht  sichtbar.  Auf 
den  Zellwänden  ist  von  einer  Tüpfelung  keine  Spur.  Im  Quer- 
schnitt sind  Harzmassen  ziemlich  dicht  in  concentrischen  Kreisen 
angeordnet.  Da  jene  eine  verschiedene  Grösse  zeigen,  so  bleibt 
es  zweifelhaft,  ob  sie  durchweg  in  Holzparenchym  oder  auch  in 
Harzgängen  abgelagert  sind. 

o O O O 

Das  qu.  Stück  gehört  sicherlich  einer  Conifere  an  und  muss 
entweder  zur  Gattung 

Cupr essino xylon  (cf.  p achy derma  Göpp.) 

oder 

Pinites  (cf.  ponderosus  Göpp.) 

gestellt  werden. 


No.  15. 

Geschiebeholz  aus  Holstein.  (Meyn  leg.) 

Dies  kleine  Bruchstück  ist  in  krystallinische  Kieselsäure  um- 
gewandelt. 

Die  Jahresringe  sind  ungleich  dick,  0,2  bis  1,0  Millimeter, 
und  stark  gedrückt,  so  dass  sie  im  frischen  Zustande  wohl  eine 
grössere  Weite  werden  besessen  haben.  Sie  bestehen  nur  aus 
zwei  Tracheiden,  die  unvermittelt  aneinander  grenzen.  Auf  der 
radialen  Wand  stehen  Hoftüpfel  entfernt  in  einer  Reihe.  Harz- 
führendes Holzparenchym  tritt  häufig  auf.  Die  Markstrahlen  sind 
stets  einreihig  und  gewöhnlich  nur  ein  oder  zwei  Stockwerke  hoch; 
als  Maximum  fand  ich  7 Etagen  übereinander.  Die  Tüpfelung  ihrer 
Wände  war  nicht  deutlich  zu  erkennen. 

Zufolge  obiger  Diagnose  ist  das  vorliegende  Stück  ein  Cypressen- 
wurzelholz  und  muss  daher  zu  Rhizocupressinoxylon  Coxw.  gestellt 
werden.  Soweit  die  Beschreibungen  und  Zeichnungen  der  bislang 
veröffentlichten  cypressenähnlichen  Stammhölzer  einen  Vergleich 


156 


Conwentz,  Fossile  Hölzer  aus  der  Sammlung 


ermöglichen,  steht  obiges  dem  C.  opacum  Göpp.  nahe  und  kann 
daher  als 

Rhizocupressino xylon  (Conw.)  cf.  opacum  Göpp. 
bezeichnet  werden. 


No.  16. 

Geschiebe  holz  aus  der  Gegend  von  Gardelegen. 

(Scholz  leg.) 

Das  betreffende  16  Centimeter  lange,  3 Centimeter  breite  Stück  wurde  ober- 
flächlich in  dem  meist  direct  den  Sand  des  Unteren  Diluviums  in  dünner  Decke 
oder  auch  nur  als  Steinbestreuung  bedeckenden  Oberen  Sande,  dem  Geschiebe- 
sande der  Gegend  von  Gardelegen,  gefunden. 

Das  Holz  ist,  bevor  es  in  krystallinische  Kieselsäure  um- 
gewandelt wurde,  von  einem  parasitischen  Pilze  angegriffen  worden, 
dessen  Mycelium  noch  hier  und  da  erkannt  werden  kann.  Die 
Jahresringe  sind  eng  und  bestehen  aus  zwei  Schichten  im  Quer- 
schnitt rechteckiger  Trachelden.  Die  der  inneren  sind  radial 
gedehnt  und  dünnwandig,  dagegen  die  der  äusseren  radial  gekürzt 
und  stark  verdickt.  Diese  beiden  Schichten  werden  nicht  durch 
eine  mittlere,  aus  fünf-  bis  sechsseitigen,  massig  dicken  Tracheiden 
gebildeten  Schicht  verbunden,  sondern  setzen  schroff  gegeneinander 
ab.  Daraus  geht  hervor,  dass  das  vorliegende  Stück  einem  Wurzel- 
holze angehört. 

Die  radiale  Wand  der  Tracheiden  ist  mit  einer  oder  zwei 
Reiben  von  Hoftüpfeln  bekleidet,  welche  nebeneinander  meistens 
gleich  hoch,  oft  aber  auch  unregelmässig  gestellt  sind.  Harz- 
führendes Holzparenchym  tritt  häufig  auf. 

Die  Markstrahlen  sind  einreihig  und  bis  22  Stockwerke  hoch. 

o 

Auf  der  radialverlaufenden  Wand  der  Strahlzellen  befinden  sich 
in  einer  Traclieidenbreite  2 bis  3,  meist  schiefgestellte  linsen- 
förmige  Tüpfel. 

Zufolge  obiger  Diagnose  ist  das  besagte  Holz  zu 
Rhizoc up ressinoxylon  Con w. 


zu  stellen. 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin.  157 

No.  17  und  18. 

Geschiebeholz,  wahrscheinlich  aus  Holstein.  (Meyn  leg.) 

Die  beiden  nur  6 und  3 Centimeter  langen  Stücke  gehören,  wie  ein  Theil 
der  vorbesprochenen,  einer  aus  dem  Nachlasse  des  verstorbenen  Dr.  L.  Meyn  in 
den  Besitz  der  geologischen  Landesanstalt  übergegangenen  Sammlung  an  und 
waren  hier  ohne  Fundorts  vermerk  in  Gemeinschaft  mit  anderen  Holsteinschen 
Geschieben  aufbewahrt. 

Das  eine  der  beiden  kleinen  Stücke  (16)  ist  durch  amorphe 
Kieselsäure,  das  andere  (17)  durch  ein  Gemenge  von  amorpher 
und  krystallinischer  Kieselsäure  versteinert  worden;  letzteres  ist 
ausserdem  mit  Gyps  imprägnirt.  Beide  zeigen  einen  geringen 
Gehalt  an  kohlensaurem  Kalk.  Bevor  sie  verkieselt  wurden,  waren 
sie  durch  die  Einwirkung  parasitischer  Pilze  stark  zersetzt,  deren 
Mycel  an  vielen  Stellen  der  Dünnschliffe  noch  deutlich  erhalten 
ist.  Dazu  kommt,  dass  das  ganze  Gewebe,  wahrscheinlich  infolge 
einer  Einwirkung  schwefelsäurehaltiger  Gewässer  auf  primärer  oder 
späterer  Lagerstätte,  stark  verquollen  ist.  Aus  diesen  Umständen 
resultirt  die  ausserordentlich  schlechte  Conservirung  der  Structur- 
verhältnisse  des  Holzes,  welche  daher  nur  unvollständig  nachfolgend 
geschildert  werden  können. 

Jahresringe  sind  nicht  vorhanden.  Das  Holz  besteht  aus 
Tracheiden,  Parenchym  und  Gefässen;  letztere  zeigen  leiterförmig 
durchbrochene  Querwände,  in  denen  ich  bis  25  Sprossen  zählte. 
Die  Markstrahlen  sind  von  zweierlei  Art:  einreihige,  aus  vertical 
sehr  gedehnten  Zellen  zusammengesetzt,  und  zwei-  bis  dreireihige, 
deren  Zellen  vorherrschend  radial  gestreckt  sind. 

Auf  Grund  der  leiterförmig  durchbrochenen  Querwände  und 
der  zweierlei  Markstrahlen  können  diese  Hölzer  zu  Cornoxylon  m. 
gestellt  werden,  wenngleich  die  Tüpfelung  u.  s.  w.  unbekannt  ist. 
Von  dem  unter  No.  19  zu  beschreibenden  Holze  C.  Holsatiae  unter- 
scheiden sie  sich  durch  weniger  sprossige  Leitern  und  schmälere 
Markstrahlen.  Obwohl  es  nicht  unmöglich  ist,  dass  sie  als  jüngere 
Ast-  oder  Zweigstücke  zu  jenem  als  Stamm  gehören,  so  halte  ich 
es  zunächst  doch  für  opportun,  sie  als 

Cornoxylon  erraticum  n.  sp. 
von  jenem  abzutrennen. 


158 


Conwentz,  Fossile  Hölzer  aus  der  Sammlung 


Strata  concentrica  non  distincta.  Lignum  e tracheidibns, 
cellnlis  parenchymatosis  et  vasibus  compositum.  Vasa  uniformia 
frequentiora,  aequabiliter  distributa,  saepe  radialiter  disposita,  disse- 
pimentis  obliquis  scalariformibus,  scalis  20 — 25.  Radii  medulläres 
lieteromorphi : minores  uniseriales,  maiores  2 — 3 seriales. 

Inter  lapides  provolutos  formationis  dilnvialis  probabiliter 
Ilolsatiae. 


No.  19. 

Geschiebeholz  von  Oester  - Börstel  (Holstein). 

(L.  Meyn  leg.) 

Das  vorliegende  Holz  war  bereits,  ehe  es  krystalliniscli  ver- 
kieselt  wurde,  in  einem  hohen  Grade  der  Zersetzung  begriffen. 
An  vielen  Stellen  der  Dünnschliffe  sieht  man  das  Mycelinm  und 
zuweilen  auch  Sporen  des  parasitischen  Pilzes.  Infolge  dessen 
sind  die  Structurverhältnisse  im  Einzelnen  nicht  immer  vollständig 
erhalten,  überdies  ist  das  Bruchstück  gequetscht  worden,  so  dass 
auch  hierdurch  das  anatomische  Bild  mehr  oder  weniger  gestört 
wird.  Immerhin  genügte  der  mikroskopische  Befund,  um  dies 
Holz  bestimmen  zu  können. 

Jahresringe  sind  weder  mit  blossem,  noch  mit  bewaffnetem 
Auge  zu  erkennen.  Der  Holzkörper  besteht  aus  Tracheiden, 
Parenchymzellen  und  Gefässen.  Erstere  haben  einen  unregel- 
mässig-polygonalen Querschnitt  und  sind  mässig  bis  stark  ver- 
dickt ; sie  besitzen  auf  den  Längswandungen  gehöfte  Tüpfel, 
welche  seltener  in  einer,  meistens  in  zwei  bis  drei  Reihen  stehen. 
Die  Gefässe  sind  von  gleicher  Grösse,  also  einerlei  Art,  und 
erscheinen  gleichmässig  im  Holzkörper  vertheilt,  wobei  sich  oft 
eine  radiale  Anordnung  erkennen  lässt.  Sie  stehen  fast  durchweg 
einzeln,  selten  einmal  zu  zweien  oder  dreien.  Ihre  verticalen 
Wände  sind,  wie  die  der  Tracheiden,  mit  kleinen  gehöften  Tüpfeln 
ziemlich  dicht  bekleidet,  deren  porus  oft  horizontal  spaltenförmig 
ausgezogen  ist.  Die  Coinmunication  der  übereinander  befind- 
liehen  Gefässe  wird  durch  leiterförmige  Durchbrechungen  der 
geneigten  Querwände  vermittelt;  in  einer  solchen  Leiter  habe 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin.  1 59 

ich  bis  36  Sprossen  gezählt,  von  denen  einzelne  noch  verzweigt 
waren. 

Der  Holzkörper  wird  von  Markstrahlen  von  zweierlei  Art  durch- 
setzt, welche  ziemlich  dicht  bei  einander  stehen.  Die  kleinen  sind 
gewöhnlich  einreihig,  höchstens  in  den  mittleren  Etagen  zweireihig 
und  werden  ans  auffallend  hohen  Zellen  gebildet.  Der  verticale 
Durchmesser  kommt  dem  radialen  oft  gleich  oder  übertrifft  ihn 
noch  um  etwas  und  ist  drei-  bis  vier-,  ja  mehrfach  grösser  als  der 
tangentiale.  Hingegen  bestehen  die  grossen  Markstrahlen  aus  drei 
bis  fünf,  auch  sechs  Zellreihen  neben  einander  und  sind  aus  zwei 
verschiedenen  Zellformen  zusammengesetzt.  Die  der  untersten  und 
obersten  (einreihigen)  Stockwerke  eines  Strahles  stimmen  mit  den 
eben  beschriebenen  genau  überein,  wogegen  die  Zellen  des  Mittel- 
körpers  in  ihrer  Gestalt  nachfolgend  abweichen.  Während  jene 
in  verticaler  Richtung  gedehnt  sind,  haben  diese  eine  vorherrschend 
radiale  Streckung  erfahren.  Der  radiale  Durchmesser  übersteigt 
den  verticalen  oft  um  das  zehnfache  oder  gar  noch  mehr;  tangential 
gesehen  sind  diese  Zellen  isodiametrisch.  Zwischen  den  beiden 
vorerwähnten,  wesentlich  verschiedenen  Zellarten  tritt  häufig  noch 
eine  Mittelform  auf,  welche  die  seitliche  Einfassung  der  grossen 
Markstrahlen  bildet.  Diese  sind  tangential  höher  als  breit,  aber 
in  der  radialen  Ansicht  breiter  als  hoch.  Demgemäss  wächst  die 
Zellhöhe  im  Körper  der  Markstrahlen  von  innen  nach  aussen 
und  erreicht  in  den  obersten  und  untersten  Stockwerken  das 
Maximum,  während  der  radiale  Durchmesser  umgekehrt  propor- 
tional zunimmt. 

In  der  Tüpfelung  der  verschiedengestalteten  Markstrahlzellen 
ist  auch  ein  Unterschied  vorhanden.  Während  die  radial  gedehnten 
auf  allen  Wandungen  mit  einfachen  kleinen  Tüpfeln  versehen  sind, 
zeigen  die  übrigen  auf  ihren  radialen  Wänden  rundliche  oder 
elliptisch  breitgezogene  Hoftüpfel. 

Was  die  Bestimmung  des  vorliegenden  Holzes  betrifft,  so 
dürfte  es  wegen  der  leiterförmig  durchbrochenen  Querwände  der 
Gefässe  und  der  zweierlei  Markstrahlen  in  die  Verwandtschaft  von 
Cornus  zu  verweisen  sein,  mit  dem  es  auch  im  Uebrigen  gut 
übereinstimmt.  Meines  Wissens  sind  bislang  keine  Hölzer,  wohl 


160 


Conwentz,  Fossile  Hölzer  aus  der  Sammlun; 


aber  Blätter  von  Cornus  mehrfach  in  tertiären  Ablagerungen  auf- 
gefunden  worden,  und  auch  aus  der  norddeutschen  Braunkohle 
bezeichnet  Heer  ein  Blatt  als  Cornus  rhümni/olia  O.  Wer.? 
(Mioceue  baltische  Flora,  Königsberg  1869,  pag.  41).  Vielleicht 
gelingt  es  später  einmal,  unser  Holz  mit  anderweitigen  Kesten  in 
Beziehung  zu  bringen;  bis  dahin  empfiehlt  es  sich,  dasselbe  als 
Cornoxylon  Holsatiae  n.  sp. 

zu  bezeichnen. 

Ligni  strata  concentrica  non  distincta,  trache'ides  poris  areolatis 
2 — 3 serialibus,  cellulae  parenchymatosae  frequentiores.  Vasa  uni  - 
formia  crebra,  aequabiliter  distributa,  saepe  radialiter  disposita; 
parietes  verticales  eorum  poris  areolatis  magis  minusve  confertis 
obsiti,  dissepimenta  obliqua  scalariformia  scalis  30  — 36.  Radii 
medulläres  corpore  elongato  heteromorphi : minores  uni-  vel  biseriales 
e cellulis  tangentialiter  altissimis,  maiores  3 — 5 — 6 seriales  e 
cellulis  tangentialiter  isodiametricis  compositi  sunt,  lllorum  parietes 
verticales  poris  areolatis,  horum  poris  simplicibus  instructi. 

Inter  lapides  provolutos  formationis  diluvialis  ad  Oester-Borstel 
Holsatiae. 


No.  20. 

Geschiebeholz  von  Niederlöhme.  (E.  Läufer  leg.) 

Das  betreffende,  nach  den  Jahresringen  in  viele  kleine  rundliche  Scherben 
zerblätterte  Holz  wurde  in  der  beim  Dorf  Nieder-Löhme  belegenen  Ziegeleigrube 
gefunden.  Dieselbe  baut  den,  Uebergänge  zum  Unteren  Geschiebemergel  bildenden 
Thonmergel,  welcher  von  einer  Folge  Unterer  Sandschichten  überlagert  wird,  deren 
Decke  wieder  eine  dünne  Schicht  Oberen  Sandes  (Geschiebesandes)  bildet.  Ob  das 
auf  der  Solde  der  Grube  gefundene  Holzgeschiebe  dem  Oberen  oder  Unteren  Sande 
entstammt,  Hess  sich  nicht  mehr  feststellen. 

Das  untersuchte  Bruchstück  ist  gleichfalls  in  krystallinische 
Kieselsäure  umgewandelt,  aber  bei  weitem  schlechter  erhalten  als 
die  obigen.  Die  Jahresringe  sind  kaum  1 Millimeter  stark  und 
bestehen  aus  Tracheiden,  die  nur  hier  und  da  einzelne  Holz- 
tüpfel erkennen  lassen.  Eingelagertes  Holzparenchym  ist  zuweilen 
sichtbar. 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin. 


161 


Aus  diesen  Angaben  erhellt  zwar  mit  Sicherheit,  dass  das 
qu.  Exemplar  ein 

C o u i f e r e n holz 

ist,  indessen  bleibt  es  zweifelhaft,  welcher  Familie  es  angehört  hat. 
Wahrscheinlich  stammt  es  aus  der  Verwandtschaft  der  Abietineen 
oder  Cupressineen. 


No.  21. 

Geschiebeholz  von  Danndorf  bei  Vorsfelde. 

(F.  Wahnschaffe  leg.) 

Die  nur  wenige  Centimeter  langen,  in  dünne  Lamellen  spaltenden  Splitter 
fanden  sich  in  der  den  Bonebecl- Sandstein  bei  Danndorf  direct  überlagernden 
sandigen  Diluvialschicht  (»localen  Grundmoräne«)  x)  in  Gemeinschaft  mit  zahl- 
reichen Trümmern  des  genannten  Sandsteins  und  vereinzelten  nordischen  Ge- 
schieben. Nach  Angabe  der  dortigen  Arbeiter  soll  das  Geschiebeholz  dort 
häufiger  und  in  grossen  Stücken  vorgekommen,  beziehungsweise  seiner  Härte 
halber  zu  Schleifsteinen  benutzt  worden  sein. 

Da  die  hierzu  gehörigen  Stücke  von  sehr  geringem  Umfange 
sind,  habe  ich  es  unterlassen,  Dünnschliffe  anzufertigen  und 
konnte  daher  nur  kleine  Splitter  untersuchen.  Dieselben  zeigen 
den  anatomischen  Bau  höchst  undeutlich,  zumal  sich  die  Kiesel- 
säure wieder  in  kleinen  Krystallen  ausgeschieden  hat. 

Die  Jahresringe  sind  1,0  bis  1 ,3  Millimeter  dick  und  bestehen 
aus  Tracheiden,  deren  radiale  Wand  mit  1 bis  2 Reihen  Hoftüpfeln 
bekleidet  ist.  Harzführendes  Holzparenchym  tritt  zuweilen  auf. 
Die  Höhe  der  Markstrahlen  habe  ich  nicht  ermitteln  können; 
einige  Male  fand  ich  den  radialen  Umfang  der  Strahlzellen  nicht 
oblong,  sondern  gestreckt-rhombisch,  an  die  Structur  der  Araucarien 
erinnernd. 

Die  gedachten  Bruchstücke  sind 

Coniferenh  ol  z 

aus  der  Verwandtschaft  der  Abietineen  oder  Cupressineen. 


')  s.  Wahnschaffe  in  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Ges.  XXXII,  S.  787. 

[11] 


162 


Conwentz,  Fossile  Hölzer  aas  der  Sammlung 

No.  22. 


Diluviales  Braunkohlengeschiebe  von  Mittenwalde. 
(F.  Wahnschaffe  leg.) 

Die  stets  abgerollten,  meist  kugeligen  Braunkolilengesckiebe  fanden  sich  in 
einer  der  Thongruben  am  Westufer  des  Motzener  Seees,  unweit  Mittenwalde,  und 
zwar  in  einem  Grandbänkchen  »im  Unteren  Diluvialsand«.  Das  in  der  Grube 
aufgeschlossene  Profil  zeigt: 

Oberen  Diluvialsand  (Geschiebesand)  1 bis  1,5  Meter, 

Unteren  Diluvialmergel  7 bis  9 Meter, 

Unteren  Diluvialsand  4 bis  5 Meter  mit  eingelagerten  Grandbänkchen, 
Unteren  Diluvial -Thonmergel. 

Dies  Stück  ist  kein  Braunkohlenholz,  sondern  erdige  Braun- 
kohle, welche  aus  sehr  verschiedenen  Blatt-,  Holz-  und  anderen 
Resten  besteht,  die  schlechterdings 

u n b e s t i m mbar 

sind. 


No.  23. 

Kieselhölzer  von  B r o s t a u. 

Die  mit  diesem  Namen  bezeichneten  5 Stücke  waren  zwar 
sämmtlich  in  krystallinische  Kieselsäure  versteinert,  erwiesen  sich 
aber  hinsichtlich  ihrer  anatomischen  Structur  als  durchaus  ab- 
weichend von  einander  und  drei  wesentlich  verschiedenen  Abtliei- 
lungen  des  Pflanzenreiches  angehörig. 

a.  Das  eine  mit  No.  7 versehene  Exemplar  ist  am  schlechte- 
sten erhalten.  Der  Querschliff  lässt  wohl  Holzzellen  und  Gebisse 
stellenweise  erkennen,  indessen  ist  die  Yertheilung  und  sonstige 
Beschaffenheit  derselben  mit  Sicherheit  nicht  festzustellen.  Etwaige 
Längsschnitte  würden  voraussichtlich  auch  kein  befriedigendes 
Resultat  ergeben,  so  dass  dies  Stück  nur  als 

Laubholz 

bezeichnet  werden  kann. 

Die  Betrachtung  der  vier  übrigen  Stücke  ergab,  dass  zwei 
derselben  Baumfarnen  und  die  zwei  anderen  Palmenstämmen  an- 
gehört haben.  Infolge  dessen  übersandte  ich  sie  zur  näheren 

O O 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin. 


163 


Untersuchung  an  den  Monographen  dieser  beiden  Ordnungen, 
Herrn  Professor  Dr.  Stenzel  in  Breslau. 

b.  Derselbe  bestimmte  die  beiden  mit  No.  1 und  4b  bezifferten 
Stücke  als 

Psaronius  sp.  sect.  Helmintholithus. 

c.  Die  beiden  Palmenstämme,  mit  No.  4 und  8 bezeichnet, 
erwiesen  sich  als  zwei  neue  Arten,  welche  von  Prof.  Stenzel 
nachfolgend  diagnosticirt  wurden : 

No.  4.  Fasciculites  parenehymate  continuo,  e cellulis  rotundatis 
vel  subcompressis  composito;  fasciculis  fibro-vascularibus  exterioribns 
confertis,  interioribus  plus  plusque  distantibus  minoribus;  fasciculo 
vasculari  parvo  terete , 2 — 4 vasa  magna  et  saepius  complura 
minora  gerente;  libro  e cellulis  magnis  sclerenchymatosis  liunine 
minimo  composito;  fasciculis  fibrosis  dispersis  corona  cellularum 
sphaericarum  cinctis. 

Fasciculites  confertus  n.  sp.  Stenz. 

No.  8.  Fasciculites  parenehymate  parce  et  parve-lacunoso, 
cellulis  rotundatis  vel  subcompressis;  fasciculis  fibro-vascularibus 
aequabiliter  dispersis,  poriun  distantibus,  strictis,  1 millimeter 
crassis,  e fasciculo  vasculari  terete  duo  vasa  magna  et  interdum 
pauca  minora  gerente  compositis  et  libro  e cellulis  sclerenchymatosis 
lumine  minimo  constante;  fasciculis  fibrosis  nullis. 

Fasciculites  g ermanicus  n.  sp.  Stenz. 

Ich  kann  es  hier  nicht  unterlassen,  bezüglich  der  Richtigkeit 
des  Fundortes,  welcher  für  diese  vorerwähnten  fünf  Hölzer  an- 
gegeben ist,  meine  Bedenken  auszusprechen.  In  Rudolph,  Orts- 
lexicon  von  Deutschland  1868,  finde  ich  nur  einen  Ort  »Brostau« 
erwähnt,  welcher  eine  Viertelmeile  WSW.  von  Glogau  liegt. 
Wenn  dies  der  Fundort  obiger  Laub-,  Palmen-  und  Farnstämme 
ist,  so  könnten  sie  dort  nur  als  Geschiebe  vorgekommen  sein. 
Die  beiden  erstgenannten  sind,  aller  Wahrscheinlichkeit  nach, 
tertiären  Alters,  wogegen  verkieselte  Psaronien  bislang  nur  aus 
dem  Perm  bekannt  sind.  Nun  hat  man  aber  unter  den  im  nord- 
deutschen Flachlande  vorkommenden  Geschieben,  meines  Wissens, 
noch  keinerlei  aus  der  permischen  Formation  nachgewiesen;  daher 

[11*1 


164 


Conwentz,  Fossile  Hölzer  aas  der  Sammlurij 


scheint  es  mir  fraglich,  ob  das  obige  Brostau  wirklich  der  Fundort 
jener  Hölzer,  besonders  der  Psaronien,  sei.  Sollten  jedoch  weitere 
Nachforschungen  die  Richtigkeit  dessen  ergeben,  so  wäre  hierdurch 
festgestellt,  dass  auch  die  permische  Formation  unter  unseren 
Diluvialgeschieben  vertreten  ist 1). 


II. 

Tertiäre  und  ältere  Hölzer. 

a)  Braunkohlenhölzer. 

No.  1. 

Braunkohlenholz  von  Kranichfeld  an  der  Ilm, 
Thüringen. 

Die  hierhergehörigen  Stücke  sind  auffallend  leicht  und  zeigen 
mehrere  Bohrgänge  von  ca.  4 Millimeter  Durchmesser,  welche  den 
Plolzkörper  in  verschiedener  Richtung  durchsetzen.  Auf  dem  mir 
mit  übersandten  Zettel  heisst  es:  »Braunkohle  von  Kranichfeld 

von  lebenden  Borkenkäfern  befallen,  c.  Senft«.  Diese  Angabe 
beruht  indess  auf  einem  Irrthum,  da  Borkenkäfer  wohl  zwischen 
Rinde  und  Holz,  nie  aber  in  letzterem  selbst  fressen.  Vielmehr 
erinnern  jene  Gänge,  die  natürlich  aus  der  Vegetationszeit  des 
bezüglichen  Baumes  herrühren,  an  diejenigen,  welche  von  den 
Larven  der  Gattung  Sir  ex  in  der  Gegenwart  angelegt  werden. 

Die  Jahresringe  sind  eng,  0,07  bis  0,27,  höchstens  1 Milli- 
meter dick.  Sie  bestehen  aus  zwei  Schichten  rechteckiger  Trache- 
iden:  die  der  inneren  sind  radialgedehnt,  dünnwandig  und  die 
der  äussern  radialgekürzt,  dickwandig;  letztere  bilden  oft  nur  eine 


B Das  äussere  Ansehen  dieser  Kieselhölzer  von  Brostau,  welche  sich  in  der 
Landessammlung  befinden,  ist  ein  ganz  gleiches,  namentlich  auch  bezüglich  ihrer 
erbsgelben  Farbe,  so  dass  es  nicht  wahrscheinlich  ist,  dass  dieselben  von  ver- 
schiedenen Fundorten  herstainmen  sollten.  . , t?  j 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin. 


165 


oder  zwei  Reihen.  Die  radiale  Wand  der  Frühjahrstrache'iden 
ist  mit  grossen  Tüpfeln  dicht  bekleidet,  welche  zn  2 oder  3 neben- 
einander stehen ; in  den  Herbsttracheiden  kommen  die  Tüpfel, 
wenn  überhaupt,  nur  einreihig  vor.  Auf  der  tangentialen  Seite 
befinden  sich  bedeutend  kleinere  Tüpfel  zerstreut,  meist  mit  schiefer- 
spaltenförmiger Innenöffnung.  Holzparenchym  tritt  häufig  auf  und 
ist  mit  Harzballen  angefüllt;  im  Querschnitt  stimmt  es  mit  dem 
der  umgebenden  Zellen  überein. 

Die  Markstrahlen  sind  einreihig  und  2 — 3 bis  22  Stockwerke 
hoch,  in  der  Tangentialansicht  nur  halb  so  breit,  wie  die  benach- 
barten Trache'iden.  Die  einzelne  Zelle  erscheint  tangential  oblong, 
wenig  höher  als  breit,  mit  abgestumpften  Ecken,  bis  tonnenförmig. 
Auf  der  radialen  Wandung  stehen  3 oder  2 linsenförmige  Tüpfel 
gewöhnlich  nur  in  einer  Reihe;  wenn  in  zweien,  so  alterniren 
dieselben. 

Unter  den  bislang  mir  bekannt  gewordenen  Diagnosen  von 
Braunkohlenhölzern  trifft  die  des  Cup ressino xij lo n subaequale  fast 
genau  mit  dem  obigen  mikroskopischen  Befunde  zusammen.  Da 
nun  die  eigenthümliche  Zusammensetzung  der  Jahresringe  darauf 
hinweist,  dass  unser  Exemplar  ein  Wurzelholz  ist,  so  kann  es 
bezeichnet  werden  als 

Rhizo  cupr  essino  xylo  n (Conw.)  tsub  ae  quäle  Göpp. 

Uebrigens  darf  hier  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  die  heutigen 
Sirex- Larven  nur  im  oberirdischen  Holz  der  Nadelbäume  fressen, 
womit  die  vorerwähnte  Beobachtung,  dass  die  qu.  Stücke  Wurzel- 
holz seien,  in  Widerspruch  steht.  Indessen  kann  man  vielleicht 
annehmen,  dass  dieselben  grösseren  blossgelegten  Wurzeln  angehört 
haben,  in  welche  die  obengedachten  oder  verwandte  Larven 
vom  Stamm  aus  hineingelangt  sind. 

No.  2. 

Braunkohlen  holz  von  Dorheim  in  Hessen. 

Diese  drei  Exemplare  sind  wenig  schwerer  als  die  von  Kranich- 
feld und  eines  derselben  ist  gleichfalls  durch  Käferlarven  ange- 


Conwentz,  Fossile  Hölzer  aus  der  Sammlunj 


166 

fressen.  Die  hierdurch  entstandenen  Gänge  erinnern  an  diejenigen, 
welche  heutzutage  von  Astynomus-  ( Lamia -)  und  Rhagium- 
Larven  in  Coniferenstämmen  unter  der  Rinde  angelegt  werden. 
Sie  enthalten  noch  den  Larvenkoth  in  grosser  Menge  und  da- 
zwischen winden  sich  feine  Würzelchen,  von  denen  weiter  unten 
die  Rede  sein  soll. 

Die  Jahresringe  sind  hier  0,13  bis  0,70  Millimeter  dick  und 
regelmässig  aus  drei  Schichten  zusammengesetzt.  Harzführendes 
Holzparenchym  ist  vorhanden.  Die  Markstrahlen  werden  bis 
25  Stockwerke  hoch;  niedrige  sind  selten.  Die  Tüpfelung  der 
Tracheiden  und  Markstrahlen  stimmt  mit  der  in  voriger  Nummer 
überein. 

Hieraus  erhellt,  dass  die  fraglichen  Hölzer  nicht  einem  Pinus 
angehört  haben,  wie  auf  dem  beigelegten  Zettel  vermerkt  war, 
sondern  zu  Cupressino  xylon  gestellt  werden  müssen ; und  zwar  zeigt 
es  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  dem  vorigen. 

Cupressinoxylon  cf.  sub ae quäle  Göpp. 

Die  obengedachten  feinen  Würzelchen,  welche  plattgedrückt 
und  ganz  schlecht  conservirt  sind,  lassen  dennoch  eine  annähernde 
Bestimmung  zu.  Es  gelang  nämlich  durch  Maceration  einen 
eigenthümliehen  Verdickung sring  blosszulegen,  wie  derselbe  nur  in 
der  vorletzten  Rindenschicht  von  Taxineen  - und  Cupressineen- 
Wurzeln  auftritt. 

In  alten  Nadelwäldern,  zumal  solchen,  welche  von  der  Cultur 
nicht  beeinflusst  werden,  ist  es  eine  häufige  Erscheinung,  dass,  wenn 
Bäume  Umfallen,  sich  auf  den  stehenbleibenden  Stumpfen  nach  einiger 
Zeit  junge  Keimpflanzen,  vornehmlich  derselben  Ai't,  ansiedeln. 
Dieselben  senden  ihre  Wurzeln  und  Würzelchen  unter  die  Rinde 
in  das  Holz  hinein,  und  falls  es  sich  an  einzelnen  Stellen  weniger 
consistent  zeigt,  werden  diese  ganz  besonders  von  jenen  durch- 
drungen. Unter  solchen  Umständen  hat  sich  auch  z.  Z.  das 
qu.  Braunkohlenholz  befunden  und  demzufolge  erklären  sich 
die  Wurzeleinschlüsse  als  cypressenälmlichen  Bäumchen  unge- 
hörige : 

Rhizoc up r e s s i noxyla  Con w. 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin.  1G7 

No.  3. 

Braunkohlenholz  von  Weissdorf  bei  Schurgast 
in  Nieder  - Schlesien. 

Die  Jahresringe  sind  nahezu  gleichmässig  eng  und  erreichen 
kaum  1 Millimeter  Stärke.  Sie  bestehen  aus  drei  Schichten,  deren 
mittlere  meistens  vorherrscht;  daher  erscheint  im  Querschnitt  die 
Mehrzahl  der  Trache'iden  hexagonal.  Dieselben  sind  nur  massig 
verdickt,  weshalb  das  Holz  im  Wasser  noch  schwimmt.  Die 
radiale  Wandung  ist  mit  entfernt  einreihig  stehenden  Tüpfeln  be- 
kleidet, deren  Hof  nicht  immer  sichtbar  geblieben  ist.  Die  dem 
Hohlraum  zugekehrten  Mündungen  des  Porencanales  sind  schief 
spaltenförmig  ausgezogen,  wodurch  die  Tracheidenwand  ein  spiralig 
gestreiftes  bis  rissiges  Ansehen  erhält.  Auf  der  tangentialen  Seite 
stehen  zerstreut  kleinere  Tüpfel,  welche  dieselbe  Erscheinung  in 
schwächerer  Ausbildung  zeigen.  Harzführendes  Holzparenchym  ist 
häufig,  eigentliche  Harzgänge  fehlen. 

Die  Markstrahlen  sind  einreihig,  bis  15  Stockwerke  hoch  und 
bedeutend  schmäler  als  die  benachbarten  Zellen.  Die  radiale 
Wand  der  Strahlzellen  ist  mit  kleinen  runden  Tüpfeln  bekleidet, 
welche  in  Tracheidenbreite  einzeln  oder  zu  zweien  neben-  oder 
auch  untereinander  zu  stehen  kommen. 

Cupressino xylon  fissum  Göpp. 


No.  4. 

Braunkohlenholz  von  Giesel  in  den  Vogelsbergen 
(Kreis  F u 1 d a). 

Das  Holz  ist  schlecht  erhalten  und  schwerer  als  destillirtes 
Wasser.  Die  Jahresringe  sind  eng  und  bestehen  aus  drei  Schichten 
sehr  stark  verdickter  Trache'iden.  Auf  dem  Querschnitt  zeichnen 
sich  einzelne,  unregelmässig  gruppirte,  durch  goldglänzende  Fär- 
bung aus.  Die  radiale  Wand  ist  undeutlich  mit  einer  oder  zwei 
Reihen  von  Hoftüpfeln  bekleidet;  auf  der  tangentialen  stehen 
kleinere,  von  einander  entfernt.  Holzparenchym  kommt  häufig 
vor  und  enthält  meistens  noch  Harz. 


168 


Cowentz,  Fossile  Hölzer  aus  der  Sa.mmlun: 


Die  Markstrahlen  sind  einreihig,  bis  20  Stockwerke  hoch; 
die  Radialwand  der  Strahlzellen  zeigt  gewöhnlich  zwei  kleine  rund- 
liche Tüpfel  über  jeder  Trachei'denbreite. 

Cupr  essinoxylon  cf.  pachy derma  Göpp. 

No.  5. 

Braunkohlenholz  von  Salzhansen  in  Hessen-Darmstadt, 

bei  Nidda. 

Das  Hauptexemplar  repräsentirt  ein  stark  zusammengedrücktes 
Stamm-  oder  Aststück  mit  engen  Jahresringen ; es  sinkt  im  Wasser 
unter.  Die  Tracheiden  des  Frühjahrsholzes  sind  dünnwandig,  die 
des  Herbstholzes  massig  verdickt  und  spiralig  gestreift;  beide  zei- 
gen auf  der  Radialwand  eine  Reihe  Hoftüpfel.  Holzparenchym 
ist  häufig  vorhanden  und  mit  Harz  angefüllt. 

Die  Markstrahlen  sind  gleichartig,  einreihig,  1 bis  6 Zellen 
hoch  und  tangential  etwa  so  breit  wie  die  benachbarten  Tracheiden. 
Die  radiale  Wand  ist  mit  grossen  rundlichen  Tüpfeln  versehen,  die 
einzeln  oder  zu  zweien  über  jeder  Holzzelle  beisammen  stehen. 

Der  obige  mikroskopische  Befund  ergiebt,  dass  das  qu.  Stück 
ein  cypressenartiges  Holz  ist,  und  die  grossen  Markstrahltüpfel 
verweisen  es  im  Besonderen  zur  Gattung  Glyptostrobus.  Da  von 
Salzhausen  bereits  zwei  verschiedene  Glyptostrobus-  Fruchtzapfen 
beschrieben  worden  sind  (Ludwig,  Fossile  Pflanzen  aus  der 
ältesten  Abtheilung  der  Rheinisch  - Wetterauer  Tertiärformation. 
Palaeontographica,  Bd.  VIII,  pag.  69  sq.),  so  lässt  sich  unser  PIolz 
nicht  ohne  Weiteres  auf  eine  bestimmte  Species  zurückführen. 
Kraus  (Mikroskopische  Untersuchungen  über  den  Bau  lebender 
und  vorweltlicher  Nadelhölzer.  Würzb.  Naturw.  Zeitschr.,  Bd.  V, 
pag.  194  sq.),  welcher  früher  schon  Gelegenheit  fand,  Glyptostrobus- 
liolz  zu  untersuchen,  hat  dies  als  Glyptostrobus  teuer  abgetrennt. 
Unsere  Beschreibung  stimmt  mit  der  von  ihm  gelieferten  Diagnose 
und  Zeichnung  genau  überein;  daher  ist  das  obengedachte  Braun- 
kohlenholz gleichfalls  als 

Glyptostrobus  teuer  Kr. 


zu  bezeichnen. 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin.  169 

No.  6. 

Braunkohlenholz  von  Schossnitz. 

(Auf  der  Etiquette  mit  »Grünberg«  bezeichnet.) 

Dies  Holz  ist  sehr  erheblich  comprimirt  und  modificirt  worden, 
so  dass  Details  kaum  noch  erkannt  werden  können.  Aeusserlich 
haftet  bernsteinähnliches  Harz  an.  Soviel  lässt  sich  indessen  dem 
mikroskopischen  Bilde  mit  Sicherheit  entnehmen,  dass  das  fragliche 
Stück  einer 

C o u i f e r e 

angehört  hat. 

O 


b)  Aeltere  Hölzer. 

No.  7. 

Kieselholz  von  Wenzen  in  Braunschweig.  (Aus  dem 
Posidonomyenschiefer  des  Oberen  Lias.) 

Die  beiden  hierzu  gehörigen  Exemplare  sind  durch  amorphe 
Kieselsäure  und  kohlensauren  Kalk  versteinert;  von  letzterem  wurde 
auch  ein  Sprung  ausgefüllt,  welcher  eins  der  beiden  Stücke  durch- 
setzt. Das  andere  Holz  hat  wahrscheinlich  nahe  unter  der  Kinde 
des  Stammes  gesessen,  da  es  eine  Astnarbe  sehr  deutlich  zeigt.  Die 
Jahresringe  sind  in  beiden  Exemplaren  sichtbar  und  werden  bis 
4 Millimeter  weit.  Die  Hölzer  bestehen  durchweg  aus  Trachei'den, 
deren  Zusammenhang  wahrscheinlich  schon  in  frischem  Zustande 
durch  Einwirkung  von  Fäulniss  sehr  gelockert  worden  ist;  auch 
sind  dieselben  ausserordentlich  dünnwandig  geworden.  Hierunter 
hat  die  Deutlichkeit  der  Structurverhältnisse  sehr  gelitten,  so  dass 
dieselben  nur  an  wenigen  Stellen  annähernd  erkannt  werden  können. 
Die  Tracheiden  sind  auf  ihrer  radialen  Seite  mit  Hoftüpfeln  be- 
kleidet, welche  fast  immer  continuirlich  einreihig  stehen;  nur  einige 
Male  sah  ich  dieselben  in  zwei,  wie  es  schien  alternirenden, 
Keiheu  nebeneinander.  Holzparenchym  und  Harzgänge  fehlen  in 
den  mir  vorliegenden  Schliffen  gänzlich.  Die  Markstrahlen  sind 
ebensowenig  zusammenhängend  wie  die  Holzzellen,  ln  dem  einen 
der  Stücke  (5)  zeigen  sie  die  Eigenthümlichkeit,  dass  die  horizon- 

[11**] 


170 


Gonwentz  , Fossile  Hölzer  aus  der  Sammlung 


talen  Zellwände  derartig  nach  oben  und  unten  ausbiegen,  dass 
ein  biconvexer  oder  gestreckt -rhombischer  Zwischenraum  entsteht. 
Infolge  dessen  ist  die  Wand  im  Allgemeinen  schlecht  conservirt; 
wo  dieselbe  erhalten,  erscheint  sie  mit  grossen  breitelliptischen 
Poren  besetzt,  von  denen  je  eine  auf  eine  Trache'idenbreite 
kommt.  Die  Sti’ahlen  werden  bis  10,  manchmal  auch  bis  20  Stock- 
werke hoch. 

Obiger  Befund  macht  es  wahrscheinlich,  dass  die  vor- 
erwähnten beiden  Holzstücke  einer  Araucaria  angehören;  indessen 
scheint  mir  eine  nähere  Bestimmung  bezw.  Neubenennung  der- 
selben,  in  Anbetracht  des  schlechten  Erhaltungszustandes,  nicht 
am  Platze  zu  sein. 

cf.  Araucarites  sp.  (=  Ar aucarioxylon  Kr.). 

No.  8. 

Kiesel  holz  vom  Gr  all  berge  bei  Salzgitter,  Hannover. 

(Aus  dem  Mittleren  Lias.) 

Dies  Stück  ist  ebenso  wie  die  vorigen  in  amorphe  Kieselsäure 
und  Kalkspath  umgewandelt.  Aeusserlich  haftet  demselben  Glanz- 
kohle von  bräunlichem  oder  schwärzlichem  Strich  an  und  auch  im 
Innern  sind  kleinere  Spalten  sowie  die  Hohlräume  vieler  Zellen 
durch  dieselbe  ausgefüllt. 

Die  Jahresringe  sind  0,80  bis  3,00  Millimeter  weit  und  bestehen 
durchweg  aus  mässig  verdickten  Trackeiden.  Auf  der  i'adialen 
Wand  derselben  befinden  sich  sehr  grosse  Hoftüpfel,  ausnahmelos 
einreihig  und  häufig  so  nahe  bei  einander  stehend,  dass  sie  sich 
gegenseitig  berühren  und  abplatten.  Harzgänge  und  harzführendes 
Holzparenchym  fehlen  gänzlich.  Die  Markstrahlen  sind  einreihig, 
bis  15  Etagen  hoch.  Deren  Zellen  besitzen  auf  ihrer  radialen 
Wandung  cjuergezogene  elliptische  oder  abgerundet  - viereckige, 
sehr  grosse  Poren.  Gewöhnlich  nimmt  je  eine  die  Breite  der 
benachbarten  Tracheiden  ein,  seltener  befinden  sich  zwei  neben- 
einander. 

Die  nähere  Untersuchung  der  obengedachten  peripherischen 
Kohlenreste  ergab,  dass  dieselben  nicht  zufällig  adhärirten,  sondern 


der  Königlichen  geologischen  Landesanstalt  zu  Berlin. 


171 


organisch  mit  dem  verkieselten  Kerne  zusammenhingen.  In  ein- 
zelnen  Fällen  gelang  es  noch,  die  Structurverhältnisse  derselben 
festzustellen,  welche  eine  völlige  Uebereinstimmung  mit  den  bereits 
geschilderten  erwiesen.  Demzufolge  wird  es  höchst  wahrscheinlich, 
dass  sich  das  bezügliche  Holz  bereits  in  einem  braun-  oder  schwarz- 
kohleartigen Zustande  befunden  hat,  ehe  der  Versteinerungsprocess 
daran  vollzogen  wurde;  einige  Partieen  sind  davon  unberührt 
geblieben. 

Meines  Wissens  ist  ein  derartig  gebautes  Holz,  wie  das  obige, 
bislang  erst  einmal  aufgefunden  und  beschrieben  worden.  Und 
zwar  fand  Cramer  (in  Heer,  Flora  fossilis  arctica,  Zürich  1868, 
pag.  176)  unter  den  fossilen  Hölzern  von  » Green  Harbour«  auf 
Spitzbergen  ein  solches  Stück,  welches  er  mit  dem  Namen  Pinites 
latiporosus  belegte.  Indessen  geht  aus  der  Diagnose  und  den 
Abbildungen  zur  Genüge  hervor,  dass  es  nicht  zu  Pinites , sondern 
in  die  Verwandtschaft  der  Araucarien  gehört,  weshalb  auch  Kraus 
(in  Schimper,  Tratte  de  paleontologie  vegetale,  Paris  1870  — 72, 
t.  II,  pag.  384)  jenen  Namen  ohne  Weiteres  in  Araucarioxylon 
latiporosum  umgeändert  hat. 

Das  geologische  Alter  des  von  Cramer  beschriebenen  Holzes 
und  des  unserigen  ist,  wenn  nicht  das  nämliche,  doch  nur  un- 
wesentlich verschieden.  Jenes  gehört  wahrscheinlich  dem  Unteren 
Jura  an  und  dies  dem  Mittleren  Lias.  Demzufolge  ist  unser  Holz, 
soweit  es  sich  ohne  Vergleich  der  Original-Schliffe,  bezw.  -Schnitte 
überhaupt  constatiren  lässt,  identisch  mit: 

Araucarioxylon  latiporosum  Kr.  (Cramer). 


A.  W.  Schade’s  Buchdruckerei  (L.  Schade)  in  Berlin,  Stallschreiberstr.  45/46. 


Berichtigungen. 

Abhandlungen  von  Mitarbeitern  der  Königl.  geologischen  Landesanstalt. 


pag.  6'-' 

Zeile  13 

von  oben  lies  Medianleiste  statt  Meridianleiste. 

» 

63 

» 17 

» 

» 

» 

Fig.  11  u.  12  statt  Fig.  10  u.  11. 

» 

91 

Anmerkung 

lies  Procluctus  semireticulatus  statt  Productus  semistriatus. 

» 

157 

Zeile  24 

von  oben  lies 

nur  statt  mir. 

» 

158 

» 3 

» 

» 

» 

sagt  statt  sagte. 

» 

» 

» 23 

» 

» 

streiche  das  Komma  hinter  dem  Worte  Niveau. 

» 

» 

letzte  Zeile  lies  Heft  1 

statt  Heft  II. 

» 

162 

Zeile  25 

von  oben  lies 

aussen  gewöhnlich  statt  aussergewöhnlich. 

» 

164 

» 8 

» 

» 

» 

Seiten  rändern  statt  Seiten  wänden. 

» 

» 

» 28 

» 

» 

» 

Verdickung  statt  Verdeckung. 

166 

» 11 

» 

» 

» 

verschiedenaltrige  statt  verschiedenartige. 

» 

168 

» 17 

» 

» 

streiche  die  Worte  »die  Oolithkante«. 

» 

» 

» 34 

» 

» 

lies 

Kalkbänkchen  statt  Sandbänkchen. 

» 

169 

» 10 

» 

» 

» 

in  statt  an. 

» 

» 

» 27 

» 

» 

» 

gregarius  statt  qregorius. 

» 

205 

Anmerkung, 

, Zeile  8 von  unten  lies  Steinheid  statt  Steinheit. 

» 

262 

Text,  letzte  Zeile 

lies 

alles  dies  statt  alles. 

» 

396 

Zeile  17 

von  oben 

lies  Nieder-Dresselndor f statt  Nieder-Diesselndorf. 

» 

» 

» 18 

» 

» 

» 

Merenberg  statt  Mänberg. 

» 

397 

» 15 

» 

» 

» 

He  r sch  backe  r Wald  statt  Hirschbacher  Wald. 

» 

401 

» 14 

» 

» 

» 

Wied b ach  stalt  Wildbach. 

» 

417 

» 2 

» 

» 

» 

die  trotz  ihres  statt  die  sieh  trotz  ihres. 

» 

497 

» 3 

» 

» 

» 

Thalsandes  statt  Thalrandes. 

Abhandlungen  von 

ausserhalb  der  Geolog.  Landesanstalt  stehenden  Personen. 

pag.  14 

Zeile  5 von 

oben 

lies 

denselben  statt  demselben. 

» 

18 

» 8 

» 

unten 

» 

Catopygus  statt  Catopigus. 

» 

21 

»16 

» 

» 

» 

membranaceus  statt  membranacus. 

» 

22 

» 3 

» 

oben 

» 

Defr.  statt  Defrancii. 

» 

23 

» 2 

» 

» 

» 

PI.  134  statt  PI.  934. 

pag.  24 

Zeile  8 ' 

ron 

unten  lies  (neue  Zeile)  • Pecten  cf.  orbicularis  Sow.,  vergl. 

p.  24  statt  cf.  orbicularis  Sow.,  vergl.  p.  20. 

» 

26 

» 18 

» 

» 

» 

(Orne)  statt  (orne). 

» 

27 

» 16 

» 

» 

» 

Die  vorderen  der  petaloiden  statt  Die  anderen 

der  getuloiden. 

» 

28 

» 1 

» 

oben 

» 

Peripeta.lfasciole  statt  Peripitalfasciole. 

» 

» 

» 2 

» 

unten 

» 

Bose  statt  Bose. 

» 

29 

» 6 

» 

oben 

» 

perspectiva  statt  perspectivu. 

» 

30 

» 12 

» 

unten 

» 

Grasiana  statt  Grasana. 

» 

» 

» 3 

» 

» 

» 

Pentacrinus  statt  Pentracrinus. 

» 

31 

» 6 

» 

» 

» 

Woolgari  statt  Wollgari. 

» 

35 

» 7 

» 

oben 

» 

Senonien  statt  Semonien. 

» 

36 

» 5 

» 

unten 

» 

Dasselbe  statt  Derselbe. 

» 

» 

» 4 

» 

» 

» 

genabelt  statt  gegabelt. 

» 

39 

» 8 

» 

oben 

» 

von  den  Rippen  obiger  Art  statt  von  obiger  Art. 

» 

40 

» 2 

» 

unten 

» 

Dasselbe  statt  Derselbe. 

» 

42 

Anmerkung. 

, Zeile 

1 von  unten  lies  comme  chez  statt  comme  diez. 

» 

» 

Text,  letzte  Zeile  lies  Compression  statt  Congression. 

» 

43 

Zeile  9 von 

oben 

lies 

cf.  undulatus  statt  fundulatus. 

» 

45 

» 7 

» 

unten 

» 

welche  statt  welcher. 

» 

» 

» 6 

» 

» 

» 

sowie  der  statt  so  wieder. 

» 

48 

» 2 

» 

.» 

» 

splendens  statt  plend. 

» 

52 

» S 

» 

» 

» 

breviporus  statt  breviporis. 

» 

117 

» 1 

» 

oben 

» 

Cardium  Ottoi  statt  Cardium  Ottoi. 

Taf.I 


E.OhmaiLr;  del.et  lith. 


E,  Ohmami  de],  et  litt, 


Taf.I. 


-*  * * '»*»  ‘ ■> 
. ‘ * • » • • 


20  a. 


16.  C/O 


E . Ohmairn  del. et  lith . 


L 


Taf  IV. 


Lith.v.E.Otanann. 


Gez.v.E.E.  Schrnid 


Tai!  IV 


Lith.v.E. Ohmarm 


J ' 
• ■ 


' 


Taf.V. 


E.Ohmann  gez.u.Htk. 


Sohlen 


Mrezssbcuih 


^IKlTillcp 


. Cufr  s clor  Per  _ 


Die  Rchliecke 
2264 


^BirT 


VieK-B. 


Scheffels 


Die  ^ 
rcltstüdt 

e r < 

2604 


SpitzeB. 

I ocL. 

Ä.  <£.  HiiJmcrpfalz 
2V*8 


Rosen -B. 


XccngeB. 


^7  Pischhach- 


Wallend! 

- Unter-! 


3fittelb  acKaKeüLe 


Lin^slM 


_^WuT*zei- 


Xf'  Äpels 
mteRand  B. 
YeuTiaus^ 


isebene 


Xöffetbom 
. 2483 


2500\ 


■'dsthal 


"DxeW 


* BxlbcrfsX 

rx-Qu. 

typ  leite 
Vv\,  2627 


’oppCTiKeüm’rB. 

2640 


BttöKiefi'rle 


=fT?  2470 
Virumpen 

Die  ! 
2633  ff 
cLurrc  \\ 


Pichte 


JKcK-B. 

2047 


Kalte  Leite 


B reiten -Bi 
\ 2687 


KalenB. 


Steinach 


Reck-B, 

2644 


2042 

Sonntags 

'harnmer- 

!Jw\  ^Mittel 


ia.AK#elB/ 


PhylhliscTic 


2Q67 


Schiefe f 


Taf.  VI. 


Berliner  litho^r. Institut 


Fichtenhain 

— JRiteZpt 


'^Vassbcuh 


DieRchhecke 


Deesbach 

\Die  Schanze 


Sd\efTela- 


leUstadt , 

e r ( 


- 1 HO  ooo. 


hach  seinen  im  Aufträge  derDirection  dJiglgeolq 
gischenLandescnista.lt  a usg eftidaten  A umanm cn 
und  mit  Ergänzungen  nach  der  Richter 'sehen 
1 Harte,  des  thiiring.  Schie/ergebiigesentmarien 

w,v  3C.  JLoictz^. 


5^/  Fiacjihadi- 


WallencU 

^ Urder-k 


-VfuTXel- 


2568 


Mbosbernepbcue 


*eLs-B.2ß70' 


löffelbom 


Die  HoKrtV nur  th. 


Zeupclf 


llüldB.  AS'eis* 


’appenhei/ni'rß. 


Lungcnbncha 


0b7w\Lauscfia 
JV  CrrrTlü-i' 


DaaKiafcrbf 


Srümpcn  • 


Gfchegs 

n 


darre 

Fichte 


IW* 

Schnvflien 


2U5 

I BmleB . 


JKehB. 


Burüsandstein  in 


Rothliegendes 
und  PorpfuyrU . 


guarzitisch 

Schie/er. 


Mittel  - 


'.ml ägerungen  ran  Einlagerungen  ron  Einlagerungen  'im  Graugrüne  ac.cnni  • llulbphx  Ui  tische  und 
rneiss  u grunitar  • ft rnphibolg  es  leinen . hohlercichem  Schie/ej;  biische  Thonschie/er  leldspalhhaltige 
tigen  Gesleinen  JSesel -u  ^Ua unschi c/en  Schieler  m.  Thon  seht  der 


PhylliliSi 

Schie/lv 


Die gang/brniigen  Porphyrit  - / 'orkonunnisse  int  Schiefer  sind  wetjgelussen 


Geognosf.iibersichtskarte 

DER 

cambrisch-phyllitischen 
SCHIEFER-REIHE 

in  der  siidttTstlkhen  Partie  “SK. 


thüringischen 


od. 

Hilhncrpfalz 


(roch' 

Farben-Erklärune 


/y  Strofi sm 

*ThaSby!  / Hä?- 


I ! 


Berliner  litliogi-.l  n 


' 


r 


c 


Taf.VH 


' Gre  z . v:  Ii.L  ore  tz . 


Li  th.  .v;  Piltz 


TaJ'.YUI. 


Berliner  lithogr.  Institut . 


Yerwerfxuu) . 


ettenkohZe 


Dihcriallehm  . 


-AllxLviuin . 


ÄbgeriLtschi&JlIasseJV. 


■m::m  I,  I I [ IHM 

J)ilu nnlschnttcr  ß,l„ru,HcJun  . Jtluri.un  JhJrr„l«c)te.V„a*,:, 


Die  Seeberge  und  der  Gaigenberg  bei  Gotha. 


il  icht  erib  orn 


Abtenstein, 


Mi  tte  u 


Lerchen. 

Köpfet 


;S  qhob  ekstevu 


Sch-TveftocV 


mackeui , 


Wo  tfsro  irrte 


BocleSprung 


RobenhL , 


)chluft 


»the  Bruch 


Achterrrumns  <<v'. 


JRehR, 


Berliner  litho£r.  Institut 


7 ooo  isooiMcter  = 

7,  s Kilometer. 


d von  St  Andreas ber 


Taf.  X. 


28°io' 


Yervrerfungsspciltxai , 
Erz  - u.Mineralgcinge 


Qitarzporphyr  ic. 
Melaphgr 


i 


Granit  -und  Gabbro . 


Diabas. 


dlhcriitm. . 


Diluvium. 


JiuigereRajidforiiut , 
tionerv  clesHaj'z  es. 


Eulm  -Grauwacke 
ult  Schiefer. 


MHHI 

JEuZm  rjfieselschzefoj'. 


Daupt  -Quarz  itin 
Sp  reiferen  ’-Sandstein. 


Wieder  Schiefer. 


Tanner  GrciictracJce. 


MitiAl 


ScKn«Tnrh  - 


Sitherh 


■GLAU! 


v\  Boilc  Sprung 


RaienU. 


: Bfurh ' 


5*CürWipp«^^ 


Pupmhril"' 


•Icttznhnhl/*  • 


Maassstah:  /.  100  000. 


Berliner  litho^r.  Int 


TSOoJfclet 

l.sKUamc 


Yenrerf ui gs spalten 
Erz-u.Mincralgängi 


Quarzporphyr  u 
Jlelaphyr. 


Granit  und  Gabbro. 


Diabas. 


Alluvium . 


Diluvium . 


Jüngere  Randfomui 
tionen  tlesHarzes. 


Kulm  -Grauwacke 
u,- Schiefer. 


Kulm-Kieselschiefer. 


Haupt  -Quarzit  w. 
Spiriferen  -Sandstein 


Wieder  Schiefer. 


Tannen  Grauwacke  . 


* 


en 


y>  & 


DTe  Zahlen  sind  ubsol  JJo/t 
niittl .Meeresspiegel . 


Diluvial  -Thon,, 
mergeL 


MaaTsstab:l:25  000 


Berliner  lithJxistitut 

oooo  Meter 


Jiuigej'e.  Diluvia  l - 
Sch  ich  ton . 


Alluvium  unil 
Wasser. 


.Ahr ((um  derZie,, 

tfelezejb. 


WV\ 

Streich  Innen  der  Thon  satted . 
Tri  ich  u / ///s  ~ii  nd  Jluldcnlinicn 


♦ 


Lagerungsverhältnisse 


Taf.  an. 


WCrdrjp's  cfrcl 


Ilc'i# 


WERDER 


■ AVu.-A  \ 


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TT.TXM. 


MiiafNstub:  1:25  000 


KorlinerliÜLliisliluI 


des  Diluvial -Thonmergels  bei  Werden. 


Gezeichnet  v.  Elaufer.  Berliner  lithogr.  Institut. 

dB  BiJunialthniunrrgeL  dms  J)ilu  oialmerqelsanxl  ds  Unterer  DiJuvialsand . dm  Unterer  Dilii  via hn erqcL 
t ds  /teste  des  oberen  THluniabnerqeLs . A Abraum  11  Braunkohle  mit  Kalktu/U 


Tal.  XV. 


' 


Aufschlüsse  im  Diluvium  an  der  Stargard-Cüstriuer  Eisenbahn. 


Profile  über  die  Lagerung  der  diluvialen  Nordsee 


Tai',  xvn. 


Taf.XVffl. 


Gez.v.A.Jentzsch. 


Lüh.  v.W  Pütz. 


Taf.  XIX. 


Taf.  XIX. 


Berliner  lithogr.lnstitul. 


Schichtenprofil  des  Pläners  bei  Lengerich. 


Bron^niai’ti-Pl. 


1 e/ujerich  orß  erg 
v 

9täveo-i«-  dev  fftafe  v 


MytrPl.  Rotoma^rPl.  Yarians-Pl. 


T ourtia 


Bahneinschnitt 


Flammenmergel 


Farben  Erklärung 

zu  der 

Geologischen  Karte  der  Umgegend  von  Lengerich. 


I arian&Pliiner 


Scaphiten  -Plan  er. 


Bro/uptiarli- 

Pläner. 


Versteifter unt/sarme/' 
Plänermergel . 


I 


Schichten  mit 
Av’iciUa.  tfryphaeoides. 


Geologische  Karte 

der  Umgegend  von 


AI ytiloides  - 
Pläner. 


.1 cti/i  octun  me  - 
Alertfel- 


Botorn  a .qensis  - 
Pläner. 


Schichten  mit 
Bclenmites  ultimus. 


Dunkelblaue  Alertfel 
(FlammenmeraeU. 


' o N 


Taf.  XX 


pSermflorf 


W\ffl  \\W 


i.'Lirhl*:n 


(’uriili-iuiotf' 


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IlKlHltvId, 


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W'iiu-My 


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Vi  ii’irii  / ' 


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Kullrlirn 


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Syfimva.'r.'n" 


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II  i r/.titi.'Vi  /ll(l  r. 


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pWfigl1  ffimrfJi 


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ulia/iUtA 


ör.-iilil/. 


>'vudlir[  Vu 


fiirtsiuXfißiliirC] 


jünÄflämu 


»TLiiiiiurlü^f 


;J\ri.<l  I » lu-liuli 


II, .Irl 


Maaisstab  1:100000. 


Silur -Form 


IhmLsandstein-Fomi . Muschelkalk -Fonn . 


Roll  liierendes . 


Kreide  -Fprmatioi 


Ctmoman 


Eruptiv- Gestein. 


Letten ...  Mergel,.  KaUc-Ebila^ entnxj . Sandstein  . 

[llXV.IJL.I)illlV. 


1 


..I 


Eisenstein- 


KoUen- 


Flötze . 


Taf.XXr 


1.  Profil  von  Mois  durch,  das  Boberthal  nach  Plagwitz 
1 : 32  000. 


2. Profil  durch  die  verschiedenen  Turon-Schichten 
der  Lettengrube  östLLöwehberg  . 

1 : 12  000. 


4 .Profil  durch  die  Schichten  von  Neu  Warthau. 
1:33000. 


3.  Profil  durch  die  Neuländer  Haide, Mittelberge, 
"Wenig-Rackwitz  u.den  Steinberg  daselbst. 


Cenoman..  Unter-  MilLel  - Ober.- 
Turon. 


Ober  - TTebcrquader. 

Sennn,. 


5. Profil  des  Ueberquaders  bei  Ullersdorf  a/g. 
1:800. 

Joseph  Sch. 


BimtsanilKt.  Musclißllcalk . Cenoman  . 


mergelig  All  uv.  u.I)  iliEV. 


Eisens  tein  -